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Der Secretair der Marquise Du-Deffand

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Zwölftes Kapitel

Ich habe versprochen, eines Mannes noch besonders zu erwähnen; ich werde daran erinnert, weil er die erste Person ist, die mir in meiner Wohnung entgegentrat, als ich heimkehrte, nachdem ich Frau von Parabère meine Sorge hatte angedeihen lassen.

Dieser Mann war Milord Bolingbroke. Wohl wenig Leute können wie ich über ihn sprechen, denn wenig haben ihn, wie ich, gekannt und sein Leben verfolgt. Herr Walpole will diesen Namen nicht hören, weil er mit seinem Vater Streitigkeiten gehabt, in denen er nicht eben eine schöne Rolle spielte; aber da er Gegenwärtiges nur erst nach meinem Tode lesen wird, so verzeiht er gewiß meinem Gedächtnisse, daß es sich eines alten Freundes erinnert, und daß ich diesem Freunde Gerechtigkeit widerfahren lasse.

Milord Bolingbroke ist eine der auffallendsten und seltsamsten Erscheinungen dieses Jahrhunderts. Nicht leicht findet man so viel Geist, Gewandtheit und Scharfblick mit so viel Rechtlichkeit, Geradheit und Großmuth in Gedanken und Handlungen vereint. Er hatte zwei Fehler, die ihm in der Meinung Anderer schadeten, ohne indessen sein Betragen zu ändern. Der erste war die Galanterie, der zweite der Leichtsinn. Das Alter und eine wahrhafte Leidenschaft heilten ihn von dem ersten; der zweite war eine Folge der Lebendigkeit seines Geistes, er war mehr scheinbar als wirklich vorhanden, nur Thoren haben ihn dessen angeklagt und Leute, die ausschließlich ernst waren und die Langweile zu ihrem Panier erwähnt hatten, verkannten ihn. Ich habe Lord Bolingbroke sehr geliebt, ich denke oft an ihn und es ist für mich ein hohes Glück, einige Zeilen seinem interessanten und abenteuerlichen Leben weihen zu können, dessen sich jetzt in Frankreich nur wenig erinnern, ausgenommen die Herren von Matignon, seine ergebenen Freunde, Voltaire, Pont-de-Veyle und d'Argental, meine Zeitgenossen – ausgenommen den Marschall von Richelieu, der ebenfalls unser Zeitgenosse ist. Der Letztere erinnert sich aber nur dessen, was ihm Nutzen bringt, eines Ruhms oder eines Vergnügens.

Milord Bolingbroke war eng mit Frau von Feriol liiert; bei ihr war ich mit ihm bekannt geworden, wie ich bereits gesagt habe. Er gefiel mir von Anfang an, und ich gefiel ihm ebenfalls. Schon am folgenden Tage stattete er mir einen Besuch in meiner Wohnung ab, und seit der Zeit hat er seine Besuche nicht unterbrochen.

Da er im Jahre 1672 geboren, so war er damals fast vierzig Jahre alt. Er wäre schön gewesen, hätte man ihm eine furchtbare Nase, eine wahre Nase des Thomas Cocial, des Gevatters des Samso, abnehmen können; sein Benehmen war schön und stolz. Ich konnte es leicht begreifen, daß die Marquise von Villette, die um zehn Jahre älter war als er, bis zu dem Grade in ihm verliebt war, daß sie sich öffentlich als seine Geliebte erklärte und mit ihm wie verheirathet lebte, was man unter einer andern Regierung als der Regentschaft nicht geduldet haben würde.

Milord Bolingbroke stammte aus der berühmten Familie des Saint-Jean oder Saint-John.: diese Engländer haben uns unsere Namen genommen und richten sie nach ihrer Weise zu. Er war mit einer Winchescomb verheirathet, die zur Zeit, als ich ihren Mann kennen lernte, noch lebte, aber seit lange schon wohnten sie nicht mehr zusammen. Mit den Schöngeistern Englanos, mit Pope, Swift und Dryden befreundet, lag er selbst mit Geschmack und Erfolg den Wissenschaften ob. Er hat eine bemerkenswerthe Correspondence und zahlreiche Werke hinterlassen. Seine Beredtsamkeit war in dem Hause der Gemeinen bekannt und seine Reden begannen sein Glück zu gründen: man hatte ihn für das Parlament vorgeschlagen. Die Königin Anna wollte ihn an sich fesseln, und sie fesselte ihn auch wirklich, denn sie gab ihm unaufhörlich, trotz der Intriguen aller Art, Beweise ihres Wohlwollens. Er ward bald Kriegs- und Marine-Minister, und in dieser Stellung kam er häufig mit dem Herzoge Malborough in Berührung. Es war höchst interessant, ihn von diesem berühmten Manne sprechen zu hören. Ich habe dabei manche interessante, und dabei bis jetzt unbekannte Einzelheit bewahrt, und da ich mir vorgenommen habe, in meinen Memoiren alles Interessante, was ich weiß, zu berichten, besonders über historische Personen, so werde ich diese Einzelheiten mittheilen.

Malborough stammte aus einer edeln, aber armen, und nicht berühmten Familie, Der Ursprung seines Vermögens ist außerordentlich, und die Erzählung desselben für eine Frau fast unmöglich. Ich besitze wenig Vorurtheile, und in meinem Alter gehört man keinem Geschlechte mehr an; aber ich weiß, daß Frauen meinen Bericht lesen, und ich achte mich selbst, indem ich meine Leserinnen achte.

Es ist wohl wenig bekannt, daß Jean Churchill, seit jener Zeit Herzog von Malborough, noch sehr jung seine ersten Waffenthaten unter Herrn von Turenne vollbrachte. Er ward darauf Page des Herzogs von York, seit jener Zeit Jakob II. dessen Maitresse Elisabeth Churchill, die Schwester Jean's, war,

Jean und Elisabeth waren bewunderungswürdig schön, man zeichnete sie überall aus. Es war dem Herzoge von York leicht, in den Garden eine Officierstelle für seinen Pagen zu erhalten.

Hier beginnt die Geschichte, dessen Erzählung mich in Verlegenheit setzt. Wenn ich auch meine Sprache und meine Feder drehete und wendete, wie ich wollte, ich würde nie dahin gelangen, mich verständlich.zu machen. Es giebt gewisse Kraftproben, gewisse Seiltanzer-Uebungen. die die Wohlanständigkeit verbiete öffentlich auszuführen. Die Männer haben die Schwachheit, einen großen Werth auf diese Vortheile zu legen, und doch sind wenige, wie es scheint, mit einer solchen Ausdauer begabt.

Bei einem Officier – Gelage entfaltete Churchill einst bewunderungswürdige Talente und eine Kraft, die durch Geschicklichkeit noch vermehrt wurde. Dies genügte, um ihn in den Ruf eines Herkules zu bringen. König Karl II. erfuhr nicht zuletzt die equilibristen Fähigkeiten des schönen Officiers, er zollte dem starken Manne, der die schwersten Gewichte trug, ohne auch nur einen Zoll breit zusammenzusinken, eine wahrhafte Bewunderung, und zog ihn in die Nähe seiner Person, überzeugt, daß ein solcher Gardist ihn besser vertheidigen würde, als zehn andere.

Die Anekdote ward bei Hofe und in der Stadt bekannt. Karl II. hatte damals eine Maitresse, ein sehr schönes Geschöpf, die angeklagt und überführt war, unter der schönen Jugend von London eine Entschädigung für die Majestät ihres königlichen Geliebten zu suchen. Es verlohnt sich der Mühe, bei dieser Maitresse ein wenig stehen zu bleiben, denn sie führte ein höchst sonderbares Leben,

Sie hieß Barbara Villiers, und war die einzige Tochter und Erbin des Vicomte Grandisson; sie heirathete Royer Palmer, Grafen von Castelmaind, und ward bald die Favoritin Karls II,, aus dem sie sich bald einen Diener und Sklaven machte. Ihr zu Liebe ließ er den Großkanzler, Grafen von Clarendon, den sie nicht leiden konnte, in Ungnade fallen.

Barbara Villiers machte sich die Freude, ihn an sich vorübergehen zu lassen, als er die Siegel zurückgegeben hatte, und dabei war sie so unverschämt, ihn zu beleidigen. Mit stoischer Ruhe antwortete der Graf auf diese Beleidigung:

– Geduld, Geduld, Milady, die Zeit bleibt nicht aus, wo sie alt und häßlich sein werden!

Er konnte wahrlich keine größere Beleidigung an sie richten, als diese.

Frau von Castelemaind benutzte indeß, das Alter erwartend, ihre schönen Tage, Man erzählte ihr die Geschichte von Churchill; sie war so neugierig zu wissen, ob diese Geschichte wahr sei, und der starke Soldat blieb nicht hinter seinem Rufe zurück.

Da die gute Frau von Castelemaind ihre Neugierde einmal befriedigt hatte, so wollte sie auch wissen, ob die öffentlichen Theatertänzer und Marktkünstler mit dem künftigen Helden einen Vergleich aushielten, und sie trieb die Prüfungen so weit, daß Karl II. sie erfuhr, und sie trotz seines guten Willens davonjagte. Sie weigerte sich zwar nicht, zu gehen, aber sie forderte eine Entschädigung, und ließ sich zur Herzogin von Cleveland machen.

Ein Edelmann aus der Grafschaft Warwick, Robert Gielding mit Namen, der schon lange in die schöne Herzogin verliebt war, heirathete sie als seine dritte Frau. Seine zweite Frau lebte noch, und als die Frau Herzogin von Cleveland anfing, ihn nicht mehr so liebenswürdig zu finden, klagte sie ihn der Bigamie an und ließ sich von ihm scheiden. Der arme Fielding sollte gehangen werden, aber die Königin Anna begnadigte ihn. Dies geschah ohne Zweifel in Erwägung der Allianz!

Die Herzogin von Cleveland hatte mehre Kinder, unter denen eine Tochter, die in Pontoiso Nonne war. Ihre Mutter schickte der Abtei ein seltsames Geschenk: sie ließ sich mit dem Jesuskinde auf dem Arme malen, und dieses Bild hing man, da es für die Jungfrau Marie gehalten ward, über den Altar. Die junge Nonne hatte ihre Mutter nie gesehen, da sich die Herzogin ihrer Tochter so bald als möglich entledigt hatte, sie wußte demnach nicht mehr, als die andern und verrichtete ihr Gebet vor dem Heiligenbilde. Dies dauerte so lange, bis eine mitleidige Seele die Aebtissin von dieser Profanation in Kenntniß setzte, und man beeilte sich, ihr ein Ende zu machen.

Die Maitressen der Könige von England müssen wohl sehr scheinheilige Damen gewesen sein. Man trifft dies öfter, als man wohl glauben möchte.

Dreizehntes Kapitel

In seiner Eifersucht schickte Karl II, den schönen Churchill aus, um den Herzog von Monmouth, seinen natürlichen Sohn, zu bekämpfen, der in den Armeen Ludwigs XIV. stand,

Er kam nach England zurück, als Jakob II. den Thron bestieg. Dieser liebte ihn und machte ihn zum Pair des Königreichs und zum General. Von dieser plötzlichen Gunst ward natürlich viel gesprochen, denn noch hatte er keine Beweise geliefert, daß er sie verdiente. Der König verheirathete ihn außerdem mit der berühmten Sarah Jerminys, der Tochter des Chevaliers Richard Jerminys von Sandrige, die unter der Königin Anna in England mehr regierte, als ihr Mann.

 

Ich habe sie in ihrem Alter kennen gelernt, als sie eine kleine Reise nach Frankreich machte, wo man sie wie ein Ereigniß betrachtete. Sie hatte noch Ueberreste einer großen Schönheit bewahrt und zeigte einen scharfen Geist; dabei aber war sie zu stolz, zu hochfahrend, um einen angenehmen Eindruck auszuüben. Sie wollte ihre Herrschaft bis in das Schloß von Versailles ausdehnen, das sie nicht betrat, weil sie fürchtete, die Etikette würde ihre Würde beleidigen.

Sarah leitete den Herrn von Malborough, als ob er ein Kind von sechs Jahren wäre. Zur Zeit der englischen Revolution ließ sie ihn alle Arten Niederträchtigkeiten begehen; so bewirkte sie, daß er den König Jakob, seinen Wohlthäter, verließ; er mußte an diesen armen König einen Brief schreiben, der ein wahres Meisterstück von Dummheit und Anmaßung war. Wilhelm beeilte sich, Vortheil daraus zu ziehen, aber Milady Malborough, die ihn zu ihrem Sclaven zu machen glaubte nach Art der Königin Anna, war eben nicht erfreut, als sie sah, daß sie zu den einfachen Herzoginnen gezählt ward und daß man sie behandelte, als ob sie nie das väterliche Schloß verlassen habe.

Ich werde noch eine Abschweifung machen, und Gott weiß, daß ich die Gelegenheit dazu nie versäumt habe; die Philosophen, deren symmetrischer Geist nur stets nach geraden Linien sucht, haben mir dies stets zum Vorwurfe gemacht Aber diesmal werden sie mir die Abschweifung verzeihen, denn es handelt sich darum, eine Geschichte an das Tageslicht zu ziehen, die sehr dunkel geblieben ist. Außerdem ist es auch noch eins von den Dingen, die Niemand sagen wird, wie ich, denn ich allein stehe auf den Ruinen dieses bereits verfallenen Jahrhunderts, und dem, wenn der Anschein in Erfüllung geht, ein anderes, noch verfalleneres folgen muß.

Ich will von dem berühmten Liede sprechen:

Malborough zieht in den Krieg

Man weiß nicht, wer es gemacht hat, und Niemand wird es auch sagen können; man hat ihm zwanzig verschiedene Verfasser untergelegt, wie »den Herrn von la Palisse.« Nun, ich habe dieses Klagelied entstehen sehen, und werde sagen wo und wie.

Frau von Sevigné hatte ein Geschwisterkind, das zwar nicht Bussy war, aber ihm in jeder Beziehung gleich kam.

Dieser Cousin hieß Coulanges.

Die Leser der Frau von Sevigné kennen ihn recht wohl, ebenso auch seine Frau, die wegen ihres hübschen Gesichtes und ihrer geistigen Delicatesse berühmt war.

Beide wurden sehr alt. Der Mann führte von seiner Jugend an bis zu seinem Ende ein nomadisches und seltsames Leben, ein Leben, das ihm, aber auch nur ihm, anstand.

Er brachte einen Monat, nach Umständen mehr oder weniger, mit einem seiner Freunde zu, und er hatte deren viel, sowohl in Frankreich als in den übrigen Ländern der Erde. Da er stets fröhlich, gut und gefällig war, so suchte man ihn wie einen jungen Mann; er machte mittelmäßige Lieder mit unerschöpflicher Leichtigkeit, und richtete diese Lieder an alle Frauen, an alle siegreiche und besiegte Mächte.

Coulanges hatte nie einen eigenen Willen, er fügte sich zunächst den Ereignissen, dann seinen Freunden, und vorzüglich aber seiner Frau Sie lebten stets sehr gut mit einander, und dies erreichten sie dadurch, daß sie sich nie sahen. Von Zeit zu Zeit kehrte er zu ihr zurück, und dann unterwarf er sich dem Despotismus ihrer Gründe^ ohne sie zu bestreiten, oft sogar, ohne sie zu verstehen. Coulanges hatte im Parlamente als vortragender Rath debütirt, aber er verdarb sich diese Stellung durch eine Zerstreuung und durch einen Scherz,

Als er nämlich einmal In dem Prozesse eines gewissen Grapin plaidirte, der von seinem Gegner einen Sumpf zurückforderte, den er sich angemaßt hatte, verwirrte er sich in der Auseinandersetzung dergestalt, daß ihn Niemand mehr verstehen konnte. Er war zu geistreich, um sich Illusionen zu machen, deshalb brach er kurz mit den, Worten ab:

– Wahrhaftig, meine Herren, ich schwimme in Grapin's Sumpfe.

Es war vorbei, er plaidirte nicht mehr.

Mit Frau von Coulanges war es anders: sie blieb so jung, daß sie Andere überreden konnte, sie sei es wirklich. Sie hatte lange Zeit Geliebte und Galane, und war die geistreichste, liebenswürdigste und beißendste Frau von Paris. Als das Alter kam, als sie sah, daß es um sie her leer wurde, zog sie sich nach Saint-Gratien, nach dem großen Teiche von Enghien, zurück. Hier empfing sie die beste und gewählteste Gesellschaft; ihr Geist, ein wenig traurig über die entschwundene Jugend, ward indeß auf Augenblicke noch lebhaft, graziös und fröhlich, wie ehemals. Man citirte sie wie ein Orakel, wie ein Wunder. Als ich einst die Herzogin von Luynes besuchte, führte sie mich zu dieser berühmten Dame, daß ich sie kennen lernen sollte. Ich bin ihr deshalb zu großem Danke verpflichtet.

Sie lebte in bescheidener, aber reizender Zurückgezogenheit; sie gab sich für fromm aus und glaubte auch aufrichtig, es zu sein, weil sie unzählige Paternoster betete und die Kirche und ihren Pfarrer besuchte.

An dem Tage meines Besuche hatte es ein ungewöhnlich guter Zufall gefügt, daß Herr von Coulanges sich in Saint-Gratien befand. Außerdem waren noch einige andere mir bekannte Personen zugegen, wie z, B. die Frau Marschall von Villars, die Frau Herzogin von Nevers, der Herzog von Nevers, ihr Gemahl, und der Herzog von Antin. Ein dummer zudringlicher Mensch näherte sich der Frau Marschall und sagte hastig, indem er fast vor ihren Füßen niedersank:

– Madame, Sie werden sehr glücklich sein: der große Feind und Rival des Herrn Marschalls von Villars ist nicht mehr: der Herr von Malborough ist todt.

– Wie, riefen alle Anwesenden wie mit einer Stimme, Herr von Malborough ist todt?

– Man erzählte es diesen Morgen laut in den Straßen, als ich Paris verließ, fuhr der Lästige fort.

– Herr von Malborough ist todt! wiederholte Coulanges. Das ist ein großes Unglück für den König Wilhelm. Und was sagt die schöne Frau von Malborough dazu?

– Wahrhaftig, mein Herr, ich weiß Nichts! antwortete die Gefragte, die völlig außer Fassung gebracht war.

– Sie wird wahrscheinlich nicht mehr ihr ewiges Rosa-Kleid tragen, fuhr Frau von Coulanges fort. Und dieser Umstand zwingt sie, sich neue Kleidungsstücke zu schaffen, was sie anders wohl nicht gethan haben würde, weil sie so geizig ist.

– Madame, ich will ein Lied auf den Tod Malborough's machen; es ist dies meine Art, die Te Deum zu singen.

– In Ihrem Alter, mein Herr! antwortete die gute Dame, die keine Gelegenheit versäumte, um sich ihrem Gatten angenehm zu zeigen,

– Ich werde es immerhin versuchen, denn man wird ja nicht gehängt, wenn der Versuch mißlingt.

Er begann die erste Strophe, dann die zweite. Hierauf gab Jeder unter allgemeinem Lachen die Idee zu einer neuen Strophe. Die vier Zoffioiers sind von dem Herzoge von Antin, der den Geist und den beißenden Spott seiner Mutter besaß, der Frau von Montespan. So ward das Klagelied nach einer Weise des pont neuf beendet. Frau von Coulanges äußerte, man müsse eine neue, eigene Weise dazu erfinden.

– Das kann gleich geschehen! rief Herr von Revers. Haben wir dort nicht Apollo mit seiner Leier?

Er zeigte auf den kleinen Rameau, der an einem Fenster stand und an den Scheiben trommelte. Rameau's erste Versuche hatten bereits angekündigt, was er später werden sollte.

Man ging zu ihm und drängte ihn so lange, bis er sich endlich an das Clavier setzte und eine Melodie versuchte. Nach einigen Augenblicken hatte er die erfunden, welche die Runde durch die ganze Welt machte. Man war entzückt darüber und versprach sich, das Werk allgemein zu verbreiten. – Da kam, ich weiß nicht wer, Jemand an, und erklärte die Nachricht von dem Tode Malborough's nicht nur für eine Lüge, er kündigte auch noch eine Art Frieden zwischen uns und ihm an.

Man hielt das Besingen eines künftigen Verbündeten für eine Beleidigung seines Hofs, und nach einem gemeinschaftlichen Beschlüsse ward das Lied vergessen. Aber nicht Jeder hat es vergessen, denn einige Jahre später, als der Herzog wirklich gestorben war, erschien es wieder, und zwar anonym.

Coulanges und Rameau lieferten sicherlich an jenem Tage, ohne es zu ahnen, das berühmteste und unsterblichste ihrer Werke. Das Pikanteste bei der Sache ist, daß man es überhaupt eben so wenig vermuthete, als sie selbst.

Vierzehntes Kapitel

Malborough war bei seinen Lebzeiten der habgierigste, räuberischste und geizigste aller Helden; er scharrte zusammen, und wenn Ludwig XIV. ihn sehr theuer hätte erkaufen können, so würden wir die Niederlagen und beklagenswerthen Streiche nicht gehabt haben, die das Ende seiner Regierung bezeichnen.

Der Marschall von Villars behandelte ihn in dieser Beziehung mit großer Verachtung, und der Marschall von Richelieu sprach später in meiner Gegenwart bei der Marschallin von Luxembourg mit einer Art religiösen Diplomatie, die den Churchill stark vertheidigte.

– Aber, Herr Marschall, er hat nur das gehabt, was man ihm gegeben!

– Ah, mein Herr, Sie vergessen Alles, was er genommen hat!

Durchs folgende an den Diplomaten gerichteten Worte machte ich sie schweigen, weil mich die Unterredung langweilte!

– Warum streiten Sie darüber, mein Herr? Kennt sich der Herr Marschall nicht besser, als Sie?

Es hatte ein Jeder seinen Theil. Der Marschall antwortete nicht darauf. So geistreich und schlecht er auch war, bei einer so gut angebrachten Wahrheit blieb er verlegen. Er stellte sich, als ob er über das Wappen von Hannover lachte, aber ich weiß genau, daß er sich verletzt fühlte, und daß er den Parisern nie verzieh, die nicht ermangelten, darüber zu singen.

Kehren wir jetzt zu Milord Bolingbroke zurück.

Er lebte inmitten der Hofintriguen der Königin Anna, und Gott weiß, daß er dabei nicht fehlte. Die Herzogin von Malborough fing es ganz entgegengesetzt an, zu regieren und die Erwählten der Königin sowie ihre Vorliebe für ihren Bruder, den Prätendenten, zu beseitigen. Saint Jean aber neigte sich im Gegentheil den Torys zu: dies war ein ewiger Wechselkampf. Ich kann nicht Alles davon erzählen, es würden starke Bände, und zwar sehr langweilige daraus entstehen. Aber ich erinnere mich eines Zuges der Herzogin Malborough, von dem man in ganz Europa sprach.

Die Königin hatte ihr ihr reich mit Diamanten besetztes Portrait geschenkt; sie, die Diamanten zu verkaufen hatte, behielt trotzdem nicht das Bild, sie legte es bei einer Trödlerin nieder, wo es Jeder sehen konnte. Swift nannte deshalb die Herzogin mit einem Namen, der in der guten Gesellschaft wenig gebräuchlich ist, und da er von einem ehrwürdigen Doctor kommt, werde ich ihn nicht wiederholen.

Die Stunde der Ungnade schlug für Lord Bolingbroke, oder vielmehr für Saint-John, denn damals war er es noch nicht. Die Königin ernannte ihn zum Vicomte Bolingbroke, und machte ihn zum Pair von England. Aber dies war die erste Stufe zu seinem Falle. Die zweite war der Tod des Herzogs Hamilton, seines Freundes. Dieser Edelmann hatte ein Duell im Hyde-Park mit Lord Mohun, Letzterer ward getödtet. In dem Augenblicke, wo der Herzog sich aufrichtete, rannte ihm der Colonel Macarting, der Secundant seines Gegners, den Degen rücklings durch den Leib, und warf seinen Körper auf den des Lords Mohun. Man klagte den Herzog von Malborough dieses feigen Verbrechens an, und beschuldigte ihn außerdem, daß er den Grafen von Oxford habe heimtückisch ermorden wollen, so daß er England, wahrend diese Gerüchte umliefen, verlassen mußte, indem er den Pfeil zurückließ, der den armen Bolingbroke, welchen die in Ungnade gefallene Herzogin nicht leiden konnte, verderben sollte.

Vielleicht aber wäre er in Gunst geblieben, vorzüglich nachdem der Graf von Oxford in Ungnade gefallen war; aber die Königin Anna starb. Sie war eine vortreffliche Frau, vielleicht ein wenig schwach, aber im Allgemeinen gut und großmüthig. Wenige sagten, man habe sie vergiftet, Andere wieder, sie sei an dem zu häufigen Genüsse starker Getränke gestorben, die ihr Gemahl, der Prinz von Dänemark, habe bereiten lassen. Bolingbroke behauptete seinen Platz im Parlamente, und sprach nach dem Tode der Königin laut darüber, was die Wighs aufbrachte. Der Herzog von Sunderland, sein Freund, ließ ihm unter der Hand sagen, daß man ihn, wenn er nicht flöhe, in Anklagezustand versetzen wolle, um ihn auf das Schaffot zu bringen, und könne man dies nicht erreichen, so würde man ihn todtschlagen.

Bolingbroke gab nach. Er schiffte sich in Dover ein und nahm fünfhunderttausend Francs mit sich, den Rest seines Ungeheuern Vermögens ließ er zurück. Damit man ihn nicht anklagte, er bediene sich der Jacobiter-Complots, so hielt er sich in Paris nicht auf, sondern ging nach Saint-Clair in der Dauphiné, an die Ufer des Rhone. Dort forderte er die Rache seiner Feinde heraus, die indessen Mittel fanden, ihn zu erreichen. Man nahm ihm seinen Titel und sein Vermögen, um Beides auf seinen Vater zu übertragen, einen durchaus unbedeutenden Mann, der seine Kinder nicht liebte, und Alles für sich behielt.

 

Bolingbroke war auf seine fünfhunderttausend Francs beschränkt; er fand, daß dies eine magere Portion sei. Die Partei des Prätendenten begriff ihn sehr schnell, und eines schönen Morgens fand sich ein Emissär der Torys und des Fürsten in seiner Abgeschiedenheit bei ihm ein, der den Augenblick seines Zorns benützte, um ihn zu verführen. Er erinnerte ihn zugleich an die Plane der Königin Anna, seiner Wohlthäterin. Er sprach von allen seinen Empfindungen und Leidenschaften und übergab ihm einen Brief Jakobs III., der ihn aufforderte, ihn in Commerci aufzusuchen, um ihn mit seinen Rathschlägen zu unterstützen.

Saint-Jean zögerte lange.

Aber endlich entschloß er sich, seinem legitimen Souverain seine Dienste anzubieten. Dieser ernannte ihn zu seinem Minister, und schickte ihn nach Paris, um Ludwig XIV. um Hilfe anzugehen. Der König, der im Sterben lag, wollte Nichts davon wissen; dies änderte aber in der Sache Nichts.

Nach dem Tode des alten Monarchen wurden die Aussichten noch ungewisser; nichtsdestoweniger aber führte Jakob III., trotz der Rachschläge Bolingbroke's, eine lächerliche Landung in Schottland aus, welche zu Nichts diente, als seine Schwachheit darzuthun. Er schiffte sich fast auf der Stelle wieder ein.

Das Schönste bei der Sache war, daß man sich nun an Bolingbroke hielt, der versucht hatte, ihn daran zu hindern, und daß der Prätendent ihn aus seiner Nähe trieb, indem er ihn anklagte, das Fehlschlagen des Plans bewirkt zu haben. Saint-Jean unterwarf sich, ohne zu murren; er war nicht Jacobiter aus Ueberzeugung, und der Lord Stair, der Gesandte Georg's I. leitete die Rückkehr dieses gewandten Mannes zum Hofe seines Herrn mit großer Umsicht wieder ein.

Gerade um diese Zeit ward Malborough auf seinem Schlosse Blimheim vom Schlage getroffen, und er war ihm nun kein Hinderniß mehr, denn sein Körper lebte nur noch, seine Seele existirte nicht mehr.

Die Herzogin, weniger erschreckt vor dem Wittwenthume, als davor, die Frau eines gelähmten Dummkopfs zu bleiben, hatte zu dem Arzte die berühmten Worte gesagt:

– Retten Sie seinen Ruhm!.

Aber der Arzt war ein gewissenhafter Mann, und zog es vor, ihm das Leben zu retten, was der neuen Artemista nicht besonders gefiel. Sie mußte ihn demnach noch manches Jahr behalten. Vor der Krankheit sind Alle gleich: Die Helden werden Menschen und hören auf, Halbgötter zu sein. Wir andern Sterblichen müssen doch in Etwas entschädigt werden

Jene Zustände waren indessen schwierig; man stritt lange hin und her. Vielleicht hatte es' Bolingbroke eben nicht sehr eilig. Umgeben von allen Schöngeistern und hervorragenden Männern jener Zeit, führte er in Paris ein angenehmes Leben. Er lief allen hübschen Frauen nach, und da er wollüstig und leichtfertig war, liebte er sie Alle, und sie vergalten es ihm. Er gab ihnen, was er hatte, selbst das, was er nicht hatte Dies dauerte bis zu der Zeit, wo er, indem er ein Haus in der Vorstadt Saint-Germain suchte, die Marquise von Villette kennen lernte Sie wohnte in der Straße Saint-Dominique, dem Hotel von Luynes gegenüber. Wir sahen sie oft bei einer Tante, obwohl diese sie nicht liebte; sie fand sie sehr zerstreut. Die Herzogin war dergestalt fromm, daß sie uns fast gänzlich Alle entfernte, ausgenommen bei Gelegenheiten der Wohlanständigkeit.

Frau von Villette war ein Fräulein Deschamps von Marcilly, die Tochter des Gouverneurs der Koppelhunde. Sie hatte ihre Erziehung in Saint-Cyr mit der Herzogin von Caylus genossen, einer noch liebenswürdigen Frau, die ich recht gut gekannt habe, und von der ich später reden werde.

Diese beiden Mädchen hatten ein enges Freundschaftsband geschlossen, und eines Tags, als sich Beide im Sprechzimmer befanden, kam Herr von Villette, der Vater der Frau Caylus an. Er sah Fräulein von Marcilly; lange schon hatte er von seiner Wiederverheirathung gesprochen, er fand das Fräulein reizend, und konnte sich nicht erwehren, es zu äußern.

Das junge Fräulein von Villette antwortete unbesonnen:

– Nun, mein Herr, da Sie mir eine zweite Mutter geben wollen, so heirathen Sie meine gute Freundin.

Herr von Villette behielt diese Worte. Er war Chef eines Geschwaders und ein naher Verwandter der Frau von Maintenon. Es gab keine Familie, die sich durch seine Wahl nicht geehrt fühlte. Einige Wochen nachher erklärte die Familie dem Fräulein von Marcilly, daß sie Marquise von Villette werden solle.

– Ach, ich werde die Mutter meiner Freundin, welch ein Glück! antwortete das unerfahrene Kind.

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