Бесплатно

Salvator

Текст
0
Отзывы
iOSAndroidWindows Phone
Куда отправить ссылку на приложение?
Не закрывайте это окно, пока не введёте код в мобильном устройстве
ПовторитьСсылка отправлена

По требованию правообладателя эта книга недоступна для скачивания в виде файла.

Однако вы можете читать её в наших мобильных приложениях (даже без подключения к сети интернет) и онлайн на сайте ЛитРес.

Отметить прочитанной
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

LXXVI
Worin erwiesen ist, daß schlecht erworben Gut nicht gedeiht

Die Sache war so rasch gegangen, daß der Abenteurer nicht gefallen, sondern gestürzt war. Er konnte sich deßhalb auch von dem Verfalle keine Rechenschaft geben; er fühlte nur, daß eine unwiderstehliche Kraft seine Hände packte, sie auf seinem Rücken zusammendrückte und sie mit einer Art, Schraubenmutter festbog, die sich schloß, ungefähr wie das sinnreiche Instrument, das er erfunden, sich an den Knöpfen der Thüre in der Rue Plumet geschlossen hatte.

Nachdem diese Vorsichtsmaßregel getroffen und Graf Ercolano *** so unschädlich gemacht war, wie ein Kind, fühlte sich dieser von der Erde aufgehoben, und von der horizontalen Lage, in der er sich befand, in die verticale Lage, das heißt auf seine Füße gebracht, die dem Menschen, dem die Natur das os sublime den Himmel anzuschauen gegeben, allein natürliche Lage.

Wir müssen es gestehen, Graf Ercolano ***, der wieder in diese Lage gebracht war, sah nicht den Himmel an: er suchte vielmehr den in’s Auge zufassen, mit dem er es zu thun hatte und der ihn auf eine so barsche, wir können sogar sagen, brutale Weise, seine Kraft fühlen lies.

Aber er sah durchaus nichts: der Mensch, wenn es ein solcher war, wußte sich vollständig hinter ihm unsichtbar zu machen.

Da jedoch eine von den Händen dieses Menschen genügte, seine beiden Hände festzuhalten, so fühlte er, wie die andere auf die indiscreteste Weise an ihm herumtastete.

Diese Hand hielt an, seinem Gürtel inne, nahm eines der Pistolen, die darin steckten, und warf es über die Mauer.

Dann machte sie es mit der andern ebenso.

Darauf schickte sie auch den Dolch zu den Pistolen.


Nachdem sie sich ferner vergewissert, daß die beiden Pistolen und der Dolch die einzigen Waffen seien, welche Graf Ercolano *** an sich trug, fuhr sie von dem Gürtel nach dem Halse, den sie auf dieselbe Weise packte, wie die andere Hand die beiden Handgelenke und begann den Hals zu drücken, wie es ungefähr eine Schraube gethan, die von einer starken und gleichmäßigen Kraft in Bewegung gesetzt wird.

Je mehr die Halsschraube sich zudrückte, desto mehr ließ die Schraube an den Händen nach, so daß Graf Ercolano *** nach und nach wieder den Gebrauch seiner Hände bekam, dagegen den seiner Sinne verlor.

Vielleicht wird man sich fragen, wie dieses menschliche Meteor, das den Grafen Ercolano *** in eine so peinliche Lage brachte, den lauernden Blicken eines Mannes entgehen konnte, der so sehr gewöhnt war das Terrain zu sondieren, auf dem er sich bewegte: darauf antworten wir, daß Graf Ercolano ***, als ächter Materialist, sich nur mit der Erde beschäftigt und darob den Himmel ganz versäumt hatte. Wie man gesehen, war das Meteor vom Himmel gefallen oder wenigstens von den dichtbelaubten Aesten eines der Kastanienbäume, welche die Gartenthüre Regina’s beschatteten.

Wenn unsere Leser jetzt zu wissen wünschen, welcher Art dieses unerwartete Meteor war, das auf eine für unsern Abenteurer so unangenehme Weise auf seine Schultern herabfiel und dessen Hand sich seinem Hals so genau anpaßte, so sagen wir ihnen, was sie vielleicht bereits selbst ahnen, daß dieser Meteorstein Niemand anderes, war, als der Schmerzensdulder von Mademoiselle Fisine, das heißt unsre alte Bekanntschaft, der rauhe Zimmermann Barthélemy Lelong, genannt Jean Taureau.

Als Salvator nämlich am Tage vorher Abends um Zehn von Petrus weg gegangen den er durch die Vorzeigung der fünfhundert Tausendfrankenbillets beruhigt hatte, begab er sich zu dem Zimmermann, der, als er ihn sah, ihm sogleich anbot, zwei oder drei Tage, ja eine ganze Woche seiner Arbeit, wenn es sein müsse, opfern zu wollen.

Ich verlange nur einen Deiner Abende,« hatte Salvator geantwortet.

Nachdem er ihn dann unterrichtet, daß er seines Armes bedürfe, ohne ihm eine weitere Erklärung zu geben, hatte er für den andern Abend um neun Uhr ein Rendezvous auf dem Boulevard des Invalides mit ihm ausgemacht.

Nachdem er ihm dort einen dichtbelaubten Kastanienbaum bezeichnet, der sich an einer Seite des Gitters des Hotels befand, hatte er zu ihm gesagt:

»Du steigst aus diesen Baum: Du bleibst darauf, ohne Dich zu rühren. ohne die mindeste Bewegung zu machen, und hältst Dich so verborgen, als Du kannst, bis Mitternacht. Um diese Zelt oder vielleicht schon früher wirst Du einen Mann vor diesem Gitter auf- und abgehen sehen: Du wirst, ihn aufmerksam beobachten und Dich nicht rühren, was er auch thun mag. Um Mitternacht wird von der andern Seite des Gitters eine Dame kommen, die mit diesem- Manne etwas verhandeln und die zehn Pakete mit Tausendfrankenbillets gegen zehn Briefe mit ihm austauschen wird. Du wirst sie gewähren lassen. Beim zehnten Briefe wird die Dame ihm die Worte sagen:,Wir sind quit’ Sobald diese Worte ausgesprochen sind, fällst Du auf diesen Menschen herab, ergreifst ihn an der Gurgel, und drückte sie ihm so lange, bis er Dir die Billets zurückgegeben. Im Uebrigen handelst Du ganz nach den Umständen, bringst ihn ein wenig Um, wenn Du willst, aber nicht ganz, es sei denn, daß es nicht anders geht.«

Man sieht, daß Jean Taureau bereits einen Theil der Befehle Salvators pünktlich vollzogen hatte: sehen wir jetzt, wie er das Uebrige zu Ende führte.

Wir verließen Jean Taureau, wie er dem Grafen Ercolano *** den Hals zusammenschnürte, daß seine Stimme beinahe erstickte: da er jedoch während der Erklärung, die wir soeben unsern Lesern gegeben, sie beständig fort drückte, so streckte dieser nächstens die Zunge heraus.

»So,« sagte Jean Taureau, nachdem er kluger Weise damit begonnen, seinen Gegner zu entwaffnen, »jetzt laß uns sprechen.«

Der Graf Ercolano *** ließ einen erstickten Ton hören.

»Du bist damit einverstanden? Gut!« sagte Barthélemy, der das Brummen des Grafen sich auf seine Weise erklärte; »Du wirst mir jetzt,« fuhr er in unheimlichem Basse fort« »alles zurückgeben, was Dir diese junge Dame so eben gegeben.«

Der Abenteurer zitterte, als wenn er die Trompete des jüngsten Gerichtes gehört und diesmal antwortete er Jean Taureau auch nicht einmal durch ein Brummen.

War er erstickt oder weigerte er sich.

Er erstickt bereits, aber er weigerte sich auch.

Jean Taureau erneuerte sein Verlangen, indem er ihn etwas stärker drückte.

Graf Ercolano *** der wieder Herr seiner Hände war, suchte nun seinerseits den Gegner am Halse zu packen.

»Weg mit den Pfoten!« sagte Jean Taureau.

Und er führte dabei mit der Hand einen Schlag auf das Gelenke des Grafen, daß dieser losließ.

Dann drehte Jean Taureau die Schraube noch einmal um, und Graf Ercolano *** streckte die Zunge noch einen Zoll länger heraus.

Vielleicht wird der Leser fragen, weßhalb Jean Taureau von dem Grafen Ercolano *** eine so peinliche, den Gewohnheiten desselben so entgegengesetzte Sache verlangte, nämlich herauszugeben, was er mal genommen, und er es nicht selbst lieber aus der Tasche holte, was nicht schwieriger gewesen, als ihm seine Pistolen und seinen Dolch aus dem Gürtel zu nehmen und sie über die Mauer zu werfen.

In diesem Falle antworten wir, daß Salvator gesagt hattet »Du wirst ihm den Hals zusammenschnüren, bis er Dir die Billets zurückgegeben,« und daß Jean Taureau, der treu an der gegebenen Vorschrift hielt, nicht nehmen wollte, sondern erwartete, daß man gab, und den Hals des Grafen Ercolano *** immer fester zusammenschnürte, um ihn von selbst zu dieser Entwicklung der Sache zu bringen.

»Ah! so! du willst also nicht antworten?« sagte Jean Taureau, der, nicht in Rechnung ziehend, daß es dem Gesangmeister unmöglich war, einen einzigen Ton hervorzubringen, sich einbildete, es sei blos böser Wille von seiner Seite und, um ihn zum Antworten zu zwingen, den Hals mit der Schraube noch um einen weiteren Zahn zudrückte.

Trotz dieses Druckes oder vielmehr wegen dieses Druckes antwortete dieser weniger als je.

Er machte nur mit jenen beiden Armen verzweifelte Gesten, welche Jean Taureau zu erkennen gaben, es sei vielleicht weniger böser Wille, als er hinter dem Schweigen des Grafen Ercolano *** vermuthete.

Er drehte ihn deßhalb etwas nach Rechts, um in seinem Gesichte lesen zu können, was die Stimme ihm zu sagen sich weigerte.

Das Gesicht war blau angelaufen; die blutigen Augen traten aus ihren Höhlen hervor; die Zunge hing an einer Seite des Mundes bis zur Cravatte heraus.

Jean Taureau begriff die Situation.

»Kann ein Mensch so hartnäckig sein!« sagte er. Und er drehte noch einen Zahn mehr um.

Diesmal gingen tausend Todtenfackeln an den Blicken des Abenteurers vorüber; so lange er nur unter dem Druck litt, hatte er muthig Widerstand geleistet; als er aber die schon ziemlich geschmälerte Luft von Außen sich ganz abgeschnitten fühlte, steckte er rasch die Hand in die Tasche und lies neun von den zehn Paketen mit Bankbillets auf den Bodenfallen, denn man konnte kaum mehr sagen, daß er sie geworfen hätte.

Jean Taureau gab die Hände des Abenteurers frei, ohne jedoch den Hals desselben loszulassen; der arme Mensch keuchte aufs peinlichste.

Während jedoch die reine Nachtluft in die Lungen des Grafen Ercolano *** drang, kehrte auch wieder die Hoffnung in sein Herz zurück.

Als er in der großen Tasche suchte, in die er die Bankbillets gesteckt, hatte er in der Tiefe dieser Tasche ein Messer gefunden, ein gewöhnliches Messer, das er unter allen andern Umständen verachtet hatte, das unter den gegenwärtigen jedoch der Dolch des Erbarmens war.

Der Grund, weßhalb er nur neun statt zehn Pakete auf den Boden hatte fallen lassen, war der:

Er hoffte, während er in seiner Tasche wählte, um das zehnte Paket zu suchen, sein Messer öffnen, und war dies mal geöffnet, das Gleichgewicht zwischen seinen und seines Gegners Kräften herstellen zu können.

 

Jean Taureau zählte, ohne den Grafen Ercolano *** loszulassen, die zerstreuten Pakete und da er nur neun sah, verlangte er das zehnte.

»Lassen Sie mich wenigstens in meiner Tasche suchen,« erwiderte der Gaudieb mit erstickter Stimme.

»Das ist nicht weniger, als billig,« sagte Jean Taureau, »suche!«

»So lassen Sie mich los!«

»Wenn ich die richtige Zahl habe,« antwortete Jean Taureau, »dann werde ich Dich loslassen.«

»Hier ist die Zahl,« sagte der Gaudieb, indem er das zehnte Paket neben die neun ersten warf, zu gleicher Zeit aber in den dunkeln Tiefen seiner Tasche sein Messer öffnete.

Jean Taureau hatte nur eine Zusage gemacht:er hatte zu Graf Ercolano *** gesagt, daß er ihn loslassen werde, sobald er seine Zahl habe; er hatte seine Zahl und lies ihn los.

Graf Ercolano *** hatte sich geträumt, er werde den Zimmermann, wenn er sich hinabbeugte, um die Bankbillets zusammen zu raffen, die drei Schritte von ihm lagen, mit einem Sprung auf den Coloß durchbohren oder wenigstens ihm einen Stich versetzen können; aber das war eine thörichte Erwartung, ein sinnloser Traum; denn Jean Taureau, obgleich er nicht gerade das Pulver erfunden, das für einen so glücklich begabten Menschen eine luxuriöse Zerstörungsart scheinen mußte, Jean Taureau hatte den abscheulichen Plan des Abenteurers geahnt und betrachtete seine Billets nur mit einem Auge.

Es versteht sich von selbst, daß er, den Grafen Ercolano *** mit dem andern beobachtend, in seiner Hand die Klinge des Messers bemerken mußte, das so breit wie ein Waschbläuel war und das des Abenteurers Handgelenke durch Zusammenschnappen zu zerschneiden drohte.

Im nächsten Augenblicke sprang das Messer durch einen einfachen Druck der Muskeln des Vorderarmes aus der Hand des Grafen Ercolano *** während diesem zu gleicher Zeit die Kniee einbrachen und er rücklings zu Boden stürzte.

Jean Taureau stemmte sein Knie aus die Brust des Besiegten, welche ein dumpfes Krachen hören ließ. begleitet von einem erstickten Röcheln; und da er ihn in der Nähe der Pakete zu Boden geworfen, steckte er eines um das andere in seine Tasche. Er war ganz in diese Beschäftigung vertieft, als er zu bemerken glaubte, daß sein röchelnder Feind die Hand nach dem Messer ausstreckte

Jean Taureau sah, daß er der Sache ein Ende machen müsse und mit einem Fausthieb, der das Thiere welcher seinen Namen trug (Stier) zu Boden geschmettert hätte, heftete er so zu sagen den Kopf des Gesangmeisters an den Boden, indem er ihm mit einer Art von Ungeduld, die komisch gewesen, wäre sie nicht von einer so rohen That begleitet gewesen, sagte:

»Will man denn nicht endlich ruhig bleiben?«

Diesmal blieb der Abenteurer freiwillig oder unfreiwillig ruhig. Er war ganz erschöpft.

Jean Taureau zählte seine Billetpakete; es waren nur neun.

Und Salvator hatte ihm doch von zehn gesagt.

Es fehlte ihm also noch eines.

Wie sehr es dem würdigen Zimmermann auch widerstrebte, in den Taschen seines Nächsten zu wühlen, mußte er sich doch entschließen, die des Gauners zu durchsuchen, eine Operation, die er sogleich vornahm.

In der dritten Tasche, die er umdrehte, fand er das zehnte Paket.

Jean Taureau wollte nicht weiter-.

Er stand deßhalb sogleich auf und erwartete, Graf Ercolano *** werde sich gleichfalls erheben.

Nach Verfluß von fünf Minuten merkte er, daß er vergeblich wartete; der Graf gab kein Lebenszeichen von sich.

Jean Taureau nahm seinen Hut ab – es war ein- sehr höflicher Mann dieser Jean Taureau trotz seines, groben Aeußern – und grüßte respektvoll den Abenteurer.

Dieser, sei es, daß er weniger höflich war, als der Zimmermann, sei es, daß seine Erschöpfung es ihm unmöglich machte, bewegte nicht den kleinsten Finger.

Jean Toureau betrachtete ihn zum letzten Male und da er sah, daß er in seiner Unbeweglichkeit verharrte, warf er seine linke Hand mit einer Bewegung, welche sagen wollte: »Das ist schlimm, aber Du hast es nicht anders gewollt, mein Junge! in die Luft.

Dann entfernte er sich langsam, mit beiden Händen in der Tasche, und dem ruhigen und regelmäßigen Schritte eines Menschen, der überzeugt ist, daß er seine Pflicht gethan.

Der Abenteurer kam erst lange Zeit, nachdem Jean Taureau zu Hause gekommen war, wieder zum Bewußtsein, nämlich zu jener frühen Morgenstunde, wenn der Thau vom Himmel auf die Erde herabsteigt.

Dieser Thau, so wohlthätig für Pflanzen und Blumen, ist, wie es scheint, nicht minder wohlthätig für das Thiergeschlecht, als für das Pflanzengeschlecht; denn kaum waren seine ersten Thränen gefallen, als Graf Ercolano *** wie ein Mensch, der sich erkältet hat, nieste.

Fünf Minuten später bewegte er sich, erhob sich, ließ den Kopf wieder sinken, hob ihn nach einmal und fand endlich nach drei oder vier vergeblichen Versuchen sein Gleichgewicht wieder.

Einen Augenblick lang saß er unbeweglich da, wie ein Mensch, der seine Gedanken zu sammeln bemüht ist; dann stöberte er in seinen Taschen und stieß einen furchtbaren Schrei aus.

Das Gedächtnis erwachte offenbar wieder in ihm.

Dies Gedächtnis zeigte ihm einen Abgrund.

Dieser Abgrund war öde und leer, die Tasche, die einen Augenblick lang fünfmal hunderttausend Franken, das heißt fünfundzwanzigtausend Livres Rente in sich geschlossen.

Da Graf Ercolano *** jedoch ein großer Philosoph war, so bedachte er im nächsten Augenblicke wieder, daß, so groß auch sein Verlust sei, dieser noch weit größer hätte sein können, sofern sehr wenig gefehlt, daß er mit seinen fünfmal hunderttausend Franken auch noch etwas weit kostbareres verloren hätte; nämlich sein Leben.

Und das Leben, wenn auch etwas zerstoben und zerquetscht, so doch immer noch im Innern kräftig, war ihm geblieben.

Das war es, wessen er sich zuerst versicherte, indem er mit Entzücken die Luft schlürfte, und tief aufathmete, wie ein Mensch, der seit langes des Genusses beraubt ist, der sich mit dieser Thätigkeit verbindet, dann bewegte er mit Behagen seinen Hals in der Cravatte, wie’s ein Gehenkter etwa machen würde, der den Strick zerschnitten; endlich die Stirne mit dem Aermel seiner Levite trocknend, stand er schwankend auf, sah sich mit etwas dummer Miene um, hustete mit einer schmerzlichen Zusammenziehung der Brustmuskeln, schüttelte den Kopf, als wollte er sagen, es werde einige Zeit dauern, bis er sich von diesem Angriff erhole, drückte den Hut in die Stirne und ohne nach vorne oder zurück, nach rechts oder links zu sehen, wie er es gemacht, als er gekommen war, eilte er so rasch er konnte davon, indem er dem Himmel dankte, daß er ihm ein Leben erhalten, von dem er noch so guten Gebrauch für sein eigenes Glück und für das seiner Nebenmenschen machen konnte.

Und jetzt würden wir glauben, dem Scharfsinn unserer Leser unrecht zu thun, wenn wir einen Augenblick zweifelten, dass sie in dem Gemäldeliebhaber, der sich bei Petrus als sein Pathe unter dem Namen des Capitän Berthaud Monte Hauban eingeführt, in dem Grafen Ercolano ***, in dem Gesangmeister, dem Abenteurer, dem Gauner, welchen Jean Taureau beinahe erdrosselt, nicht unseren alten Bekannten erkannt, den Mann, der zur großen Freude von Petrus am Fastnachtsdienstag dieses Jahres auf der Esplanade des Conservatoriums, die Nase in einem Pappfutteral von drei bis vier Zoll Länge, spazieren ging, den Herr Gibassier, welcher, Dank dem Vertrauen, das er bei Herrn Jackal genoß, von Zeit zu Zeit gewisse lucrative, aber auch gefährliche Unternehmungen machen zu können glaubte.

LXXVII
Wo Mademoiselle Fisine Salvator, ohne es zu wollen,einen großen Dienst erzeigt

Am Tage nach diesen Ereignissen, gegen sechs Uhr Morgens schritt Salvator über die Schwelle der niederen Thüre des Hauses, welches Jean Taureau und seine rothe Freundin, Mademoiselle Fisine,in der Rue de la Bourbe bewohnten.

Lange ehe er in die vierte Etage kam, wo sich die Wohnung des Zimmermanns befand, hörte Salvator die eigenthümliche Gesangssprache, die er wie man sich erinnert, schon zu so zahlreichen Malen gehört, namentlich an dem Tage, wo er gekommen,Barthélemy Lelong zu bitten, ihn nach dem Schlosse von Viry zu begleiten.

Mademoiselle Fisine schleuderte gegen den Zimmermann das ganze Verzeichniß ihrer schärfsten Flüche; der Riese brummte, wie Polyphem, der Acis und Galathea überraschte.«

Und doch handelte es sich, wie wir sehen werden, diesmal nicht um Liebe.

Salvator pochte stark an die Thüre.

Mademoiselle Fisine, mit aufgelösten Haaren, aus dem Kopfe stehenden Augen, die Schultern außer dem Kleide, Mademoiselle Fisine öffnete, mit unanständig entblößter Brust und Hals, schnaubend und roth vor Zorn die Thüre.

»Ei, ei! ich kann nicht ein einziges Mal kommen, ohne Zeuge eurer Streitigkeiten zu sein?«sagte Salvator, indem er die Geliebte des Zimmermanns streng ansah.

»Er hat Unrecht,« sagte die große Person.

»Sie ist eine Gans!« rief Jean Taureau, indem er auf Mademoiselle Fisine losstürzte und die Faust über ihr erhob, um sie zu ermorden.

»Nun denn,« sagte Salvator halb lachend, halb streng, »es ist noch zu früh, um eine Frau zu schlagen, Jean Taureau; man hat nicht die Entschuldigung des Rausches für sich«

»Für diesmal, Herr Salvator,« erröthete der Zimmermann, »kann ich ihnen nicht gehorchen; seit einer Stunde juckt mir der Arm, ich muß ihr durchaus den Kopf zerschlagen.«

Jean Taureau war furchtbar anzuschauen; sein Athem hatte den Ton eines Schmiedeblasebalgs; seine blassen und aufeinandergepreßten Lippen zitterten; seine Augen waren wirr, von Blut unterlaufen und schossen Flammen.

Mademoiselle Fisine, welche schon seit lange gewöhnt war, den Riesen in der Wuth zu sehen, fühlte ihr Blut in den Adern erstarren; sie sah, daß es um sie geschehen wäre, wenn der Commissionär nicht energisch und namentlich rasch in’s Mittel träte; sie stürzte deßhalb auf ihn zu, umschlang ihn mit ihren beiden langen Armen, und sagte mit einem Blick voll Schrecken zu ihm aufschreiend:

»Retten Sie mich; im Namen des Himmels, Herr Salvator, retten Sie mich!«

Salvator machte sich mit dem Ausdruck sichtlichen Abscheus aus dieser Umarmung los; dann schob er die große Person hinter sich, trat auf Jean Taureau zu, ergriff kräftig seine Arme und fragte:

»Nun, was gibt es wieder?«

»Erstens,« antwortete der Hercules, den der Blick Salvators zu bannen schien, »erstens ist sie eine elende, eine infame Creatur, des Bagnos und Schaffotes würdig; zum ihr die Schande des Grèveplatzes zu ersparen, will ich ihr hier den Garaus machen.«

»Aber, was hat sie denn gethan?« fragte Salvator.

»Erstens ist sie eine Gassendirne; sie hat, ich weiß nicht welche, neue Bekanntschaft im Quartier gemacht, so daß man sie nicht mehr im Hause haben kann.«

»Was das betrifft, mein armer Barthélemy, das ist eine alte Geschichte, und wenn sie nichts Neues begangen, so solltest Du daran gewöhnt sein.«

»O, ja, sie hat etwas Neues begangen,« sagte der Zimmermann, mit den Zähnen knirschend.

»Was hat sie Dir denn gethan? Laß hören, sprich!«

»Sie hat mich bestohlen!« heulte Jean Taureau.

»Wie, sie hat Dich bestohlen?« fragte der junge Mann.«

»Ja, Herr Salvator.«

»Was hat sie Dir denn gestohlen?«

»Alles Geld von gestern.«

»Das Geld vom gestrigen Tage ?«

»Das Geld von der Nacht, die fünfmal hunderttausend Franken.«

»Die fünfmal hunderttausend Franken!« rief Salvator, indem er sich umwandte, um Mademoiselle Fisine zu fragen, die er nach immer hinter sich glaubte.

»Sie hat sie bei sich und ich wollte sie ihr nehmen, als Sie kamen; das ist unser Streit!« rief Jean Taureau, während Salvator sich umwandte.

Aber jetzt stießen beide zu, gleicher Zeit einen Schrei aus, denn beide gewahrten zu gleicher Zeit, daß Mademoiselle Fisine verschwanden war.

Hier galt es keine Zeit zu verlieren.

Ohne ein Wort zu wechseln, stürzten die beiden Männer auf die Treppe.

Jean Taureau kam mehr fallend, als gehend, auf der letzten Stufe an.

»Gehen Sie rechte,« sagte Salvator; »ich werde links gehen.«

Jean Taureau eilte so rasch er konnte nach der Esplanade des Observatoriums.

Salvator war mit zwei Sätzen am Ende der Rue de la Boarbe, welche zu gleicher Zeit drei Seiten beherrschte, den Bauhof der Capuziner zur Rechten, vor sich die Rue St. Jacques, und hinter sich das Foubourg.

Er sah soweit als sein Auge reichte; aber um diese frühe Stunde war die Straße leer und die Läden waren nach geschlossen; Mademoiselle Fisine hatte sich mit wunderbarer Schnelligkeit gerettet oder sich in ein benachbartes Haus geflüchtet.

Was thun? wohin gehen?

Salvator war mit Nachforschung beschäftigt, als eine Milchfrau, welche sich an der Ecke der Rue St. Jacques und der Rue de la Bourbe vor einer Weinhandlung niedergelassen, ihm zurief:

 

»Herr Salvator!«

Salvator wandte sich um, als er sich rufen hörte.

»Was wallen Sie?«– fragte er.

»Sie kennen mich nicht wieder, mein lieber Herr Salvator?« fragte die Milchfrau.

»Nein,« antwortete dieser, indem er fortfuhr, bald nach der einen, bald nach der andern Seite zu sehen.

»Ich bin Maquelonne von der Rue aux Fers,« sagte die Milchfrau, »der Handel mit Blumen ging nicht mehr und ich habe mich jetzt auf den Milchhandel gelegt.«

»Ich erkenne Sie jetzt,« sagte Salvator; »aber ich habe für den Augenblick keine Zeit, die Bekanntschaft weiter zu erneuern. Sahen Sie nicht ein großes blondes Frauenzimmer vorüber kommen?«

»Das wie eine Person ohne Lungen durch die Straßen rannte, ja.«

»Wann?«-

»So eben.«

»Welchen Weg nahm sie?«

»Die Rue St. Jacques.«

»Danke!« sagte Salvator, indem er in der angedeuteten Richtung forteilte.

»Herr Salvator! Herr Salvator!« rief die Milchfrau, indem sie aufstand und ihm nachlief.

»Ich habe keine Zeit, wie ich Ihnen schon sagte.«

»Warten Sie einen Augenblick,« rief die Milchfrau; »was wollen Sie von ihr?«

»Ich will sie festnehmen!.«

»Und wohin gehen Sie zu diesem Zweck.«

»Gerade aus.«

»Sie brauchen dann nicht weit zu gehen.«

»Sie wissen also wo Sie eingetreten?« fragte Salvator.

»Ja,« antwortete die Milchfrau.

»Nun, so sagen Sie rasch! Wo ?«

»Da, wohin sie alle Tage geht, ohne daß ihr Mann es weiß,« sagte die Milchfrau, Indern sie zwischen die Nummer 297 – 299 der Straße auf ein Haus deutete, das man im Quartiere Klein Vicetre nannte.

»Sie wissen das gewiß?«

»Ja.«

»Sie kennen sie also?«

»Es ist eine meiner Kunden.«

»Und was thut sie dort?«

»Fragen Sie das keine anständige Person, Herr Salvator.«

»Sie geht also zu einem Herrn?«

»Ja, zu einem Herrn von der Polizei.«

»Der wie heißt?«

»Jambassier, Jacubessier . . . «

»Gibassier!« rief Salvator.

»Ja, so heißt er,« antwortete die Milchfrau.

»Ah, meiner Treu, das ist ein Spiel der Vorsehung,« murmelte Salvator; »ich suchte gerade seine Adresse und Mademoiselle Fisine gibt sie mir. O! Herr Jackal, wie haben Sie Recht, wenn Sie sagen: »Man suche die Frau.« Dank Maquelonne; Ihrer Mutter geht es gut.«

»Ja, Herr Salvator, ich danke und sie ist Ihnen sehr erkenntlich, daß Sie sie beiden Jacurables untergebracht, die gute, arme Frau.«

»Schon gut! schon gut!« rief Salvator.

Und er ging nach Klein Vicetre.

Man muß in dem Quartier Saint Jacques gelebt und es in jeder Hinsicht durchforscht haben, um dieses dunkle, ekelhafte und schmutzige Labyrint, das man Klein Vicetre nannte, zu kennen.

Es war etwas Aehnliches, wie die düsteren und feuchten Keller von Lille, welche einer über den andern erbaut sind.

Salvator kannte den Ort, da er ihn mehr als einmal bei seinen philanthropischen Nachforschungen besucht hatte; es war ihm deßhalb leicht, sich in diesem Labyrinth zurecht zu finden.

Als er im fünften Stocke, das heißt unter dem Dache angekommen war, gewahrte er sieben bis acht Thüren auf dem schmutzigen Corridor.

Er legte sein Ohr an eine der Thüren und lauschte.

Da er kein Geräusch hörte, wollte er in den vierten Stock hinabsteigen, als er durch eine Oeffnung der Treppe, deren Fenster vor langer Zeit zerbrochen und nicht wieder repariert worden, auf dem Absatz des fünften Stockwerks der Treppe rechts die Umrisse von Mademoiselle Fisine gewahrte.

Er stieg rasch die fünf Etagen hinab, und mit Katzenschritten die andere Treppe hinaufschleichend, kam er so leise auf der obersten Stufe an, daß Mademoiselle Fisine, die mit steigender Ungeduld immer heftiger pochte, ihn nicht hörte.

Während sie pochte, rief sie:

»Oeffne doch! ich bin’s, Giba, ich bin’s!«

Aber Gibassier öffnete nicht, wie großen Reiz es auch für ihn hatte, seinen Namen italienisiert zu hören..

Um vier Uhr Morgens nach Hause gekehrt, träumte er ohne Zweifel noch von der Gefahr, der er mit Hilfe seines guten Geistes entgangen, und freute sich im Traume, einer so drohenden, als unerwarteten Gefahr, mit heiler Haut entkommen zu sein . . .

Er hörte an seine Thüre pochen.

Aber Gibassier glaubte, daß er noch träume, überzeugt, daß ihn zu so früher Stunde Niemand so zärtlich liebe, um ihm einen Besuch zu machen, es, sei denn sein Alp; er wandte sich deßhalb entschlossen nach der Wand um, fest entschieden, trotz des Lärms noch einmal einzuschlafen, indem er vor sich hin murmelte:

»Pocht nur zu, pocht nur zu!«

Aber so hatte Mademoiselle Fisine nicht gerechnet. Sie pochte deßhalb unausgesetzt fort, indem sie den Galeerensclaven mit den süßesten Namen rief.

Sie war mitten in ihren zärtlichen Anrufungen, als sie eine Hand fühlte, die sich sanft, obgleich mit einem gewissen gebieterischen Ausdruck, auf ihre Schulter legte.

Sie wandte sich um und sah Salvator.

Sie begriff Alles und öffnete den Mund, um nach Hilfe zu rufen.

»Schweig, Elende!« sagte Salvator zu ihr, »wenn Du nicht Lust hast, daß ich Dich arretieren und augenblicklich in das Gefängniß abführen lasse.«

»arretieren und als was?«

»Zunächst als Diebin.«

»Ich bin keine Diebin, verstehen Siel ich bin ein ehrliches Mädchen!« heulte die Gaunerin.

»Nicht blos bist Du eine Diebin und hast fünfmal hunderttausend Franken bei Dir, welche mir gehören, sondern . . . «

Er sagte ihr ganz leise einige Worte.

Die große Person wurde leichenblaß.

»Ich bin’s nicht,« sagte sie, »die ihn getödtet es ist die Geliebte von Croc-en-Jambe, Bebe la Rousse.«

»Das heißt, Du hieltest das Licht, während sie ihn mit Feuerbockhieben umbrachte. Diese Sache werdet ihr übrigens gemeinschaftlich aufklären, wenn ihr in demselben Gefängniß sitzt. Und jetzt, wirst Du schreien oder ich?«

Die große Person stieß einen Seufzer aus.

»Nun rasch,« sagte Salvator, »ich hohe Eile.«

Zitternd vor Zorn steckte Mademoiselle Fisine die Hand unter das Halstuch und zog aus ihrem Busen eine Hand voll Bankbillets hervor.

Salvator zählte. Es waren sechs Pakete.

»Gut!« sagte er; »noch vier Pakete wie diese und Alles ist abgemacht.«

Zum Glücke für Salvator und vielleicht auch zu ihrem eigenen Glücke, denn Salvator war kein Mann, der sich leicht überfallen ließ, hatte Mademoiselle Fisine keine Waffe bei sich.

»Nun, nun, die vier letzten Pakete.« sagte Salvator.

Fisine suchte mit den Zähnen knirschend in ihrem Busen und zog zwei Pakete heraus.

»Noch zwei,« sagte Salvator.

Die große Person suchte zum dritten Male und zog ein Paket heraus.

»Nun noch eins, das letzte,« mochte der junge Mann, indem er ungeduldig auf den Boden stampfte.

»Es ist alles,« sagte sie,

»Es waren zehn Pakete,« machte Salvator. »Rasch, das letzte, ich warte.«

»Wenn noch ein zehntes da war,« sagte Mademoiselle Fisine entschlossen, »so werde ich es unterwegs verloren haben.«

»Modemoiselle Josephine Dumont,« sagte Salvator, nehmen Sie sich in Acht! Sie spielen da ein schlimmes Spiel.«

Die große Person zitterte, als sie sich bei ihrem Familiennamen nennen hörte.

Sie that so als ob sie noch einmal in ihrem Busen suchte.

»Wenn ich Ihnen schwöre, daß nichts da ist,« sagte sie.

»Sie lügen,« machte Salvator.

»Zum Teufel,« sagte sie schamlos; »suchen Sie selbst.«

»Ich möchte lieber die fünfzigtausend Franken verlieren, als die Haut einer Viper wie Du zu berühren wagen,« antwortete der junge Mann mit dem Ausdruck unaussprechlicher Verachtung. »Aber geh’ voran und beim nächsten Wachthaus wird man Dich untersuchen.«

Und er stieß sie mit dem Ellbogen nach der Treppe, wie wenn er sie mit der Hand zu berühren fürchtete.

»O!« rief sie, »da nehmen Sie Ihr Geld und hole Sie der Teufel sammt demselben!«

Sie nahm aus ihrem Busen das letzte Paket und warf es voll Wuth auf das Pflaster.

»Gut,« sagte Salvator, »und jetzt geh’ und bitte Barthélemy um Verzeihung, vergiß nicht, daß bei der ersten Klage, die ich über Dich laut werden höre, ich Dich in die Hände der Justiz überliefere.«

Mademoiselle Fisine ging die Treppe hinab, indem sie Salvator die Faust zeigte.

Dieser folgte ihr mit dem Blicke, bis sie in den dunkeln Gängen des riesigen Schneckenhauses verschwunden war; als er sie endlich aus dem Gesichte verloren, bückte er sich, hob dass Paket auf, nahm zehn Billets heraus, legte sie in sein Portefeuille und steckte dann die neun unberührten und das zehnte angebrochene in seine Tasche.

Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»