Читать книгу: «Kleinstadt für Anfänger», страница 2

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Ein Hundsfott, wer davon dem derzeitigen Verkehrsminister berichtet.

Damit jedoch noch nicht genug der Besonderlichkeiten an diesem Orte.

Genau gegenüber des Standortes der Wächterfigur, auf der anderen Straßenseite, befindet sich nämlich die sogenannte „Puddingschule“.

Die Pegauer Landwirtschaftliche Schule wurde im Jahre 1896 in dem ursprünglich als Armenhaus errichteten Gebäude in der damaligen Kaiser-Wilhelm-Straße (heute Ernst-Reinsdorf-Straße.) errichtet und erlangte bald deutschlandweit einen guten Ruf. Der Herr Gutsbesitzer Friedrich Hirschfeld, damals zuständiger Kreisvereinsvorsitzender, regte Anfang 1922 die Gründung einer Mädchenabteilung für diese Schule an. Trotz der „Neuheit dieser Sache“ wurden so viele Elevinnen bäuerlichen Tuns an dieser Hauswirtschaftsschule angemeldet, dass eine Erweiterung des Schulbaues notwendig wurde. Die Stadtoberen der feinen Stadt Pegau entledigten sich dafür eines Schandfleckes ihres blühenden Gemeinwesens, des alten Schützenhauses, und so konnte am 4. Februar 1925 das neue Schulgebäude der Landwirtschaftlichen Schule für Mädchen hier an diesem Standort eingeweiht werden.

Es ist in den Annalen der guten Stadt Pegau überliefert, dass bereits in den alten Zeiten die städtische Jugend die landwirtschaftlichen Schüler wegen deren Vorliebe für Pudding neckte und foppte.

Heute ist in dem Gemäuer der ehemaligen „Puddingschule“, die die Möglichkeit ihrer Gründung der Übergabe des Armenhauses in der Kaiser-Wilhelm-Straße verdankte, eine Seniorenresidenz installiert worden. In Armenhäusern lebten vor allem ältere Menschen, die nicht mehr selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen konnten. Sie erhielten dort einen Wohnplatz und tägliche Verpflegung. Nun ist also die landwirtschaftliche Lehranstalt zu ihren Wurzeln zurückgekehrt.

Wir gehen jetzt weiter die Leipziger Straße Richtung Stadtzentrum. An der nächsten Einmündung biegen wir in die kleine Gasse nach rechts ein. Wir treffen uns auf dem Ottomarsplatz wieder.

Wie und warum wir in die Kleinstadt kamen

Es ist in einer Kleinstadt schon seit Jahrhunderten ein bemerkenswertes Ereignis, wenn wieder einmal deutlich wird, dass ein Neubürger in den Straßen der Stadt sein Unwesen treibt. Sofort nach erstem Bekanntwerden dieses Ereignisses setzt sich die Gerüchtemaschinerie in Betrieb und über den ahnungslosen Noch-Fremdling werden Dinge in Umlauf gebracht, die, kämen sie diesem zu Gehör, ihm entweder die Schames- oder die Zornesröte ins Gesicht trieben. So auch bei unserem Einzug in unser neues Domizil. Die Tatsache, dass wir unser neues Zuhause außerhalb des Innenstadtringes gewählt hatten, etwas randständig also, trug nicht gerade zur Steigerung unserer Vertrauenswürdigkeit bei.

Als dann bekannt wurde, dass wir eine kleine Bildergalerie eröffnen wollten und ich gar einer aus der Zunft der Kunstschaffenden sei, erklomm das Misstrauen und mitbürgerliche Neugier ungeahnte Höhen.

Da wir ein Altbauhaus gekauft hatten, das etwas mehr als nur reparaturbedürftig war, musste vor unserem Einzug erst noch sehr viel gebaut, repariert, saniert und bearbeitet werden. Schnell sprach sich herum, dass wir die Arbeiten zum größten Teil selbst ausführten, was uns nach und nach wieder in den Bereich von normalen Menschen rückte.

Auch erkannten die Eingeborenen mit der Zeit, dass die Neuankömmlinge halbwegs höfliche und zurückhaltende Erdenbürger waren und dass man mit ihnen keine größeren Schwierigkeiten haben würde. Bereits vor Eröffnung unserer Galerie hatte sich herumgesprochen, dass in unserem Gefolge weder kiffende noch in ständigem Rotweinrausch ganze Nächte hindurch grölende und feiernde Künstlerbanden die Stadt durchstreifen würden.

Zur Eröffnung unseres kleinen Ladens hielt ich es dann für angebracht, meinen zukünftigen Mitbewohnern kund und zu wissen zu geben, warum wir gerade in ihre Stadt geraten waren.


Regen auf dem Kirchplatz

Ich ergriff das Wort und bekannte ihnen: „… und doch höre ich trotz allen Lärms der Freude, der Vivat-, Hoch-, Hosiannarufe, der Freudenböller und des begeistert erregten Volksgemurmels ob unseres nunmehrigen Hierseins noch hie und da die erstaunte Frage: „Wieso sind die denn jetzt hier? Weshalb, wodurch und vor Allem warum …?“

Ich will es Ihnen sagen. Nicht, weil die ewige Neugier der Massen zu stillen Not täte, sondern weil es ein gar lehrreich Exempel in unserer heutigen Zeit ist:

Alles begann mit einem neuen Jahrtausend in der Menschheitsgeschichte.

In den zehn Jahren davor hatten wir bereits gelernt, dass der, nennen wir ihn heute den Alt-Bundesbürger, ein Meister in der pseudo-intellektuellen Formulierung von Plattitüden ist.

Ich habe schon immer bewundert, wie man selbst das Dümmste so formulieren kann, dass sich die Intelligenz des Landes nachdenklich am Kopfe kratzt, oder wie man selbst das Unangenehmste so auszudrücken vermag, dass der Betroffene durch die Beschäftigung mit dem langwierigen Versuch der Entschlüsselung des Gesagten gar nicht bemerkt, dass die gemeinte Katastrophe bereits über ihn hereingebrochen ist und er den Redner dadurch für einen Visionär zu halten bereit ist.

In unserem Falle war es die Randnotiz in einer Zeitschrift, die da lautete: „Die heute Fünfzigjährigen müssen ihr Lebenskonzept neu überdenken.“ (Zitat Ende)

Klingt das nicht wunderbar? Impliziert das nicht, wir älteren Herrschaften wären noch mindestens so dynamisch wie Berufsanfänger? Wir hätten noch eine Zukunft?

Ändere dein Leben, sei der Schmied deines Glücks, das Glück liegt auf der Straße, ein neues Lebenskonzept bedeutet immer auch: „Wage den Neuanfang, sei der, den du schon immer bewundert hast: Ein Aussteiger, ein Verweigerer, der coole Typ von der Nachbarinsel.“

Ich war beglückt darüber, dass man mir das alles zutraute, hatte ich doch bis zu diesem Zeitpunkt gar keine Ahnung, dass ich ein Lebenskonzept überhaupt bräuchte.

Da lebt einer so still vor sich hin, hat mit den Jahren eine Aufgabe gefunden, die ihn befriedigt und am Leben erhält, glaubt an innere Zufriedenheit und ähnlichen Unsinn, und dann so etwas!

Als die Scham über mein fehlendes Lebenskonzept dem Nachdenken wich, kam ich allerdings bald dahinter, was gemeint war: Du kannst dich nicht mehr darauf verlassen, mit 65 in den Ruhestand zu gehen und vorher zehn Jahre entweder Frührente oder arbeitslos zu feiern.

Die Zeiten sind vorbei!


Die Türme von Pegau

Das finden wir ab diesem neuen Jahrtausend ekelhaft.

Dieses sozialstaatliche Schmarotzertum können sich die heute Dreißigjährigen nun wirklich nicht mehr bieten lassen.

Und noch eine schöne Formulierung aus Politikermund: „Wir müssen uns vom Staate emanzipieren!“, also unabhängig machen, endlich mündig werden.

Der mündige über Fünfzigjährige muss endlich sein Leben und damit vor allem seine Lebensversorgung selbst in die Hand nehmen.

Von wegen Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung sei eine Versicherung im Sinne von Einzahlen und im Bedarfsfalle ausgezahlt bekommen.

Da zahlt sich nichts mehr aus, außer den Gehältern der dort Beschäftigten! Oder wollen Sie, dass diese Tausenden von gut bezahlten Leuten auch noch arbeitslos werden? Sozialpartnerschaft, verstehen Sie? Sie zahlen ein und andere leben davon. So funktioniert sie wieder, die demografische Solidargemeinschaft.

In diesem Sinne zahlt sich schon was aus, aber eben nicht für den Einzahler.

Das geforderte neue Lebenskonzept sieht ja auch vor, dass bis 100 voll gearbeitet wird und dann halbe Tage.

Und jeder ist seines Glückes Schmied und sucht sich selbst einen Job. Seien Sie so frei!

Seien Sie so frei wie zum Beispiel ein Freiberufler.

Seien Sie endlich selbständig und machen Sie sich dasselbe! Denn nur die Schaffung neuer Arbeitsplätze kann die Umsetzung der neuen Lebenskonzepte sozial und staatlich verträglich machen.

Die Erfahrungen der Alten nutzen. Alzheimer als freiberufliche Regierungsberater oder Demente als Rankingagentur für innovative Bankprodukte. In Ansätzen heute schon vorhanden. Aber ausbaufähig!

Es war also anno Domini 2003, als mich ob dieser Erkenntnisse mein einzig geliebtes Eheweib bei der Hand nahm und sprach: „Alter, wir leben hier in unverantwortlicher Zufriedenheit vor uns hin und haben uns bisher keinen einzigen Gedanken darüber gemacht, dass sämtliche bundesdeutschen Finanzminister und Finanzministerinnen, Arbeitsminister und Arbeitsministerinnen, ja, sogar Bundeskanzler und Bundeskanzlerinnen unsertwegen keinen Schlaf mehr finden und ständig bittere Tränen über unsere Zukunft vergießen müssen, sodass sie bereits Kopfweh haben wegen unserer unbesonnen Art, in den Tag hineinzuleben und ihnen unzählige Sorgenfalten darüber wachsen, wer wohl zukünftig für ihr Gehalt aufkommen soll. Die heute Dreißigjährigen reichen da schon rein zahlenmäßig gar nicht aus. Das Volk kann die Welt nicht noch einmal verändern, jetzt muss sich endlich auch mal das Volk ändern. Und Volk bist auch du, mein Lieber, …“

Da wurde ich sehr nachdenklich und erinnerte mich daran, dass es bereits zu DDR-Zeiten so eine Sache war mit der Rente. Hieß nicht „sozialistisch sterben“ den Löffel zwei Tage vor dem 65. Geburtstag abzugeben? Oder erinnern Sie sich nicht mehr an das Gerücht, demzufolge jeder bei Eintritt in das Rentenalter ein gelbes Mützchen bekommen sollte? Jeder Rentner wäre demnach verpflichtet gewesen, das gelbe Mützchen zu tragen und jeder Kraftfahrer sollte am Quartalsende mindestens drei gelbe Mützchen abgeben.

Aus heutiger Sicht ließe sich das noch durch die Zahlung einer Abwrackprämie für Rentenempfänger ergänzen! Bei Abgabe eines gelben Mützchens erhält der Abgebende z.B. eine KFZ-Steuer-Gutschrift von 3,1 Prozent.

Da wir (nämlich mein ehliches Gemahl nebst mir) aber bei aller zu beschließenden Neuorientierung ein Dasein als Politiker von vornherein ausgeschlossen hatten (denn ehrlich währt am Längsten), behielten wir die Wiederbelebung dieses Vorschlags zur Regulierung der Alterspyramide für uns und orientierten uns auf das Wesentliche.

Nach verschiedenen erfolglosen Versuchen gaben wir es auf zu versuchen, aus Rentenanwärtern heute Dreißigjährige zu machen. Das erwies sich leider als der falsche Ansatz.

Doch die Diktatur der Freiheit ließ uns nicht ruhen.

Nach heftigen Debatten und durchdiskutierten Nächten kamen wir dann im vierten Jahre des neuen Säkulums zu der unwiderlegbaren Erkenntnis, dass die Moderne sich nicht nur in der Kunst selbst überlebt habe und die aktuellen Methoden weder in der Finanzpolitik noch im wirklichen Leben zu irgend einem brauchbaren Ergebnis taugen könnten.

Mehr und mehr brach sich die Erkenntnis Bahn: Wir müssen uns wieder auf die Werte der Alten besinnen und diese nicht nur in der Bildungspolitik nach Brauchbarem durchsuchen! Es war nicht alles schlecht, auch nicht damals, als der Märchenwald noch hinter den letzten Häusern des Dorfes begann und noch nicht im Plenarsaal des Bundestages eingeschlossen worden war.

Also beschlossen mein Weib und ich, in die weite Welt hinauszuziehen und unser Glück zu suchen.

Wir schnürten unser Bündel und wanderten über sieben Berge und um sieben Seen, die gerade im Leipziger Neu-Seenland im Entstehen waren, bis wir eines Tages hier in Pegau ankamen.

Wir fuhren (oder wurden gefahren) einmal durch diese gute und schöne Stadt und verliebten uns stande pedes in dieselbe. Hier gab es noch Menschen auf Straßen und Gehwegen, die miteinander schwätzten, war die eine oder andere Person in kleidsamer Kittelschürze beim Weg zum Einkauf noch zu erkennen, zierten viele wunderhübsche, saubere, renovierte Häuschen den Wegesrand und es schien alles so zu sein, wie es sein sollte. Wir hatten unsere Insel gefunden.

Nun sind wir da und Sie müssen mit uns leben, bitteschön.

Darüber hinaus war es uns natürlich auch fürderhin wichtig, an unserem neuen Lebenskonzept weiter zu arbeiten. Nach längeren hitzigen Debatten und Diskussionen kam uns nämlich die Erkenntnis, dass es mit einem einfachen Ortswechsel nicht getan sein könne. Auch wenn wir als Einwohner einer Kleinstadt wesentlich bequemere Bürger für unsere Staatsführung sind, als es Großstädter jemals werden können.

Aber mit unserem Umzug in eine Kleinstadt verzögern wir doch nicht den Zusammenbruch der Sozialsysteme, der unter der jetzigen, spätestens aber unter der nächsten Bundesregierung gesetzmäßig erfolgen muss. Wir müssen uns endlich eigenverantwortlich ökonomisch stabil aufstellen, unabhängig, selbstständig machen und dadurch den Weltfrieden in unserem Land für unsere Bundesregierung zelebrieren lernen. Und wenn uns dieses gelungen ist, Bundeskanzlern oder Bundeskanzlerinnen ihren ruhigen Nachtschlaf zu sichern, dann müssen wir auch bereit sein, diese gewonnene Selbständigkeit in die Welt hinaus zu tragen und auch der dritten und vierten Welt zu vermitteln.


Tauben füttern an der St.Hedwigs Kapelle

Also werden wir bis zu unserem einhundertsten Geburtstag voll arbeiten, dann nach Quakenbrück ziehen, um dort dem gemeinnützigen Verein zur elektronikfreien Kommunikation humanoider Lebensformen unsere Erfahrungen aus den fünfziger bis achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts ehrenamtlich zur Verfügung zu stellen und weitere fünfundzwanzig Jahre später in die Wüste gehen, um dort einen Zirkel für Ikebana, das sogenannte Wüstenikebana, aufzubauen.

Weiter geht unser Lebenskonzept bisher noch nicht. Ich gebe auch zu, mich darob sehr zu schämen. Aber was weiß man denn heute, wie sich die Situation der Krankenkassen in den nächsten zwei bis drei Jahren entwickelt und ob Quakenbrück als selbständige Gemeinde in siebenunddreißig Jahren überhaupt noch existiert? Oder die Wüste?

Männer und Frauen in einer kleinen Stadt

Ich bin nur ein Zugezogener. Einer der Sorte allerdings, die sich bemüht, ein wirklicher, ein tatsächlicher, ein echter zu werden, ein Pegauer Bürger nämlich. Was zugegebenermaßen nicht so einfach ist wie es klingt. Weiß doch inzwischen ein jeder Bewohner ländlicherer Gefilde, dass ein Städter, der aufs Land zieht, zu einer echten Landplage werden kann und von den Ureinwohnern auch so behandelt wird.


Ü 50

Wir sind aus dem Norden, von Pegau aus betrachtet. Sozusagen Fiscköppe; Fischköppe vom Pleißestrand. Halbmenschen aus faschingsarmer Gegend, die ohne es zu wissen, in die heimliche Hauptstadt des Mitteldeutschen Faschingsgeschehens geraten sind. Fasching seit 1964 in ununterbrochener Reihenfolge! Jedes Jahr zwei Programme, ein Umzug, ein neues Prinzenpaar, -zig abgeschnittene Krawatten und ein ganz besonderes Lebensgefühl. Das äußert sich mitunter in Bemerkungen amtierender Vereins-Würdenträger: „Wir sind hier die Meinungsmacher!“ Glauben Sie mir, das kann auch harte Drohung sein.

Ich trug bei meiner Geburt wirklich nicht, wie bei Pegauer Säuglingen üblich, eine Pappnase, und wenn ich aus meinem Kinderwagen schaute, so hatte ich zumeist eine neckische Bommelmütze auf dem Kopf und keine Narrenkappe. Außerdem war das erste Wort, das ich sprechen konnte, „Mama“ und nicht „Helau“. Dennoch war ich in meiner frühen Jugend durchaus ein Freund karnevalistischen Übermuts. Bis mir durch ein einschneidendes, alles veränderndes und hochdramatisches Ereignis an einem bis dato fröhlichen Faschingsabend das weitere Vergnügen an solcherart jugendlich froher Dollerei in lustigen Verkleidungen ein für alle Mal verleidet ward. Es war nämlich wirklich bei buntem Fastnachtstreiben vor nunmehr dreiundvierzig Jahren, da packte mich ein Weib beim Schopfe und ließ mich seither nicht mehr los. Und ich war so pappnasenmäßig in Stimmung und Frohsinn gehüllt, dass ich mich ohne jede Spur von vernünftigerweise instinktiv geleisteter Gegenwehr meinem damit besiegelten Schicksal ergab.

Der Fasching war für lange Zeit erledigt. Manche Männer zerhacken die Bank im Park, auf der sie ihre spätere Gemahlin kennengelernt haben. Ich ging nicht mehr zum Karneval.

Und ich musste auch keine Bank zerhacken, das übernahm für mich der Vorgängerbetrieb der MIBRAG, der baggerte gleich den ganzen Ort, das Dorf Cröbern mitsamt der Gastwirtschaft und dem Saal, in dem gemeinhin dort das Karnevalsvergnügen stattfand, weg.

Bis wir an einem kalten Novemberabend vor einigen Jahren mit „Pegau, Helau!“ und dem Versprechen auf ein gutes Tröpfchen von Freunden ins Volkshaus gelockt wurden. Es war mal wieder Faschingszeit, die Tänzer und die Tänzerinnen waren, wie immer, Weltklasse, die Getränke kamen nicht ganz so flott, das Essen war untere Kreisklasse, alles in Allem unterhielten wir uns dennoch köstlich.

Doch bereits im zweiten Jahr unseres neu geborenen Karnevalsinteresses bemerkte ich, dass fast alle Pegauerinnen von großer Unzufriedenheit mit ihren ehlichen Gemahlen besessen sind und dies auch noch lautstark auf offener Bühne unter dem Vorwand, es sei ja nun die was-weiß-ich-wievielte Jahreszeit und da könne und müsse man über seinen Gatten auch mal lachen dürfen, kund taten. Da ist so ein Spruch: „Mein Mann ist wie eine Zwiebel, ich schäle ihn und der Rest ist bloß noch zum Heulen!“ noch das Harmloseste, was Frauen lauthals ausrufen. Und zwar auf offener Bühne! Und jeder Zweite im Saal kennt den armen Mann persönlich. Ich würde es, ehrlich gesprochen, nicht unbedingt begrüßen, wenn meine Frau allen Mitbürgern verkünden würde, eine Frau ohne Mann sei wie ein Fisch ohne Fahrrad. Ich würde mich doch auch nicht so weit vergessen, dass ich mich vor ein größeres Auditorium zu dem Spruch hinreißen ließe, dass ein Mann mit 20 alle Frauen liebt, mit 30 liebt er nur noch die eine und mit 40 wieder alle, außer der Einen. Würde ich nicht sagen, obwohl, gut gesagt ist es schon. Oder? Da fehlt eigentlich nur noch der Spruch: Frauen sind alle Engel. Wenn ihnen die Flügel vom vielen Herumflattern wehtun, setzen sie sich einfach auf ihren Besen und fliegen nach Hause.

Und immer, wenn wieder eine von diesen so sehr rundlichen Frauen auf der Bühne, und sei es auch nur zur Faschingszeit, ausruft: „Vor 20 Jahren hatte ich meinen Mann zum Fressen gern, heute wünschte ich, ich hätte es getan!“ und der ganze Saal tobt vor Freude, alle Augen gerichtet auf diesen armen Mann, fühle ich mich versucht, aufzuspringen und zu rufen: „Und mit Sicherheit würde Ihr Mann seine bessere Hälfte liebend gern gegen zwei jüngere Viertel eintauschen.“

Den Pegauer Damen voller Übermut, und das bezieht sich bereits schon auf die nachfolgende Generation, die Jungmädchen, (wer mag heute schon wissen, ob man eine 14jährige Tochter mit dem Begriff „Jungfrau“ nicht tödlich beleidigt?), die ihrer Mutter folgend zur Zeit sich noch damit begnügen, über ihre Väter herzuziehen und dabei den Männern im allgemeinen gegenüber einen Ton anschlagen, als seien sie bereits zum dritten Mal geschieden, müsste man mit Professor Hilferdinger aus meinem nächsten Buch endlich einmal klar machen:

„… Wir haben da in letzter Zeit auch erstaunliche Forschungsergebnisse veröffentlicht. Zum Beispiel, dass alle Menschen ein Gehirn haben.

Alle Menschen!

Auch Frauen!

Und das, also das Frauenhirn, gleicht sogar dem des Mannes. Es gibt rein äußerlich keinen Unterschied zwischen dem Gehirn eines Mannes und dem einer Frau.

Nur, dass das einer Frau anders funktioniert!“

Darüber gibt es auch bereits ein Standardwerk, dessen Titel lautet: „Warum Frauen nicht wollen und Männer nicht können“, oder so ähnlich. Habe mir leider den Titel nicht genau gemerkt. Das Buch über stammesgeschichtlich durch Aufgabenteilung in Familie und Gesellschaft bedingte Entwicklungsstände und Zusammenhänge, das Zusammenleben, das Sich-Verstehen (Männer und Frauen passen nicht zusammen, bzw. nur stellenweise) und warum der kleine Unterschied so groß ist. Und darin wird der Frau attestiert, dass sie mehrere Dinge gleichzeitig tun kann. Der Mann aber kann sich immer nur auf eine Sache konzentrieren (Die dicken Pegauerinnen aus der Bütt würden hinzufügen: „Sich selbst“), sonst bringt er überhaupt nichts zustande. Steht da geschrieben, in dem Buch. Und alle Frauen dieser Welt trampeln seitdem darauf ‘rum, dass sie ja Multitasking sind und Männer nur einfach gestrickt und deshalb ein bisschen blöd. Was ja durch das Buch bewiesen wäre und nun: Frauen an die Macht und sperrt die Männer in ihre Hobbykeller oder in den Schweinestall.

Dabei ist das völliger Blödsinn. Ich kann auch mehrere Dinge gleichzeitig. Zum Beispiel: Fußball gucken, essen und meiner Frau mit vollem Mund zärtlich zubrüllen, dass sie doch endlich mal BITTE den Mund halten soll. Hab ich kein Problem damit und klappt alles hervorragend, ohne dass eine der drei gleichzeitig ausgeführten Tätigkeiten nicht zu meiner vollsten Zufriedenheit gelänge.

Und jetzt betrachten wir uns mal das Beispiel Frau:

Eine Frau kann zum Beispiel gleichzeitig sich darüber ärgern, dass ihre neuesten Schuhe doch nicht so ganz zu der Farbe der soeben neu erstandenen Handtasche passen, mit ihrer Freundin telefonisch die neuesten Dummheiten des jeweils eigenen Mannes diskutieren und, sagen wir mal, einparken.

Sicher kann eine Frau das alles gleichzeitig. Aber selbst, oder eben auch in einem weiblichen Gehirn setzen die Denkstrukturen Prioritäten. Während ein männlich strukturiertes Hirn das Einparken an erste Stelle auszuführender Tätigkeiten setzen würde, würde ein Mann also ins Handy rufen: „Warte mal kurz!“, würde dann das Auto abstellen und danach seinem Kumpel in aller Ruhe erklären können, warum er heute nicht in die Kneipe kommen kann. Weil nämlich seine Frau das letzte Geld für so ein Paar bescheuerte neue Schuhe rausgeschmissen hat (das mit der neuen Handtasche weiß er noch gar nicht).

Bei einer Frau läuft das natürlich ganz anders ab:

Während sie konzentriert und ein wenig ärgerlich auf ihre neuen Schuhe starrt, die das Gaspedal getreten halten, und ihrer Freundin erklärt, dass ihr Mann, dieser penetrante Ignorant, nun endgültig jeden Realitätssinn verloren haben müsse „weißt du, was der für ein Theater gemacht hat wegen der Schuhe, dabei musste ich die nehmen, ging gar nicht anders, war das letzte Paar und anderthalb Prozent preisgesenkt“, kracht und klirrt es hinten.

Der Wagen ist eingeparkt.

Parken nach Gehör.

Sicher, die Frau hat alles gleichzeitig gemacht. Aber mit welchem Ergebnis!

Und sich dann abends im Negligee auf die Ottomane brezeln und zwitschern: „Ach, Liebling, schau doch lieber mich an als das blöde Auto!“

Und dann annehmen, damit wäre alles wieder in Ordnung.

Fehlt bloß noch, dass sie sagt, was sie denkt: „Die Farbe von der alten Karre hätte sowieso nicht zu meinen neuen Schuhen gepasst.“

Da hat sie vorsichtshalber den Kauf der Handtasche von heute Vormittag noch gar nicht erwähnt!

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Дата выхода на Литрес:
23 декабря 2023
Объем:
185 стр. 42 иллюстрации
ISBN:
9783957442437
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