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Die Juweleninsel

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»Ah!« holte der Prior tief Athem.

»Ja. Und dabei habe ich nicht einen geistlichen, sondern einen sehr weltlichen oder vielmehr körperlichen Zweck im Auge.«

»Darf ich um die Mittheilung desselben ersuchen, königliche Hoheit?«

»Ich werde zunächst weiter fragen. Bedarf es zur schleunigen Aufnahme einer Novize der besonderen Befragung derselben?«

»Gewöhnlich, ja. Gibt es aber ernste Rücksichten, welche mit ihrem Seelenheile in Verbindung stehen, so kann oder muß vielmehr die heilige Kirche die ihr verliehene Macht gebrauchen und wird den Eintritt gebieten.«

»Schön; das ist mein Fall! Wird die heilige Kirche nach dem Namen der Novize fragen?«

»Ihr oberster Diener ist dazu verpflichtet, wird ihn aber verschweigen und auch dafür sorgen, daß er den andern Schwestern niemals genannt werden kann.«

»Pah! Dieser oberste Diener wird vielleicht ebenso verschwiegen sein, wie jener unvorsichtige Beichtvater, von dem ich Ihnen erzählte.«

»Vielleicht ist es ihm möglich, Ihnen Garantie für seine Verschwiegenheit zu geben.«

»Das würde mir lieb sein. Worin würde diese Garantie wohl bestehen?«

»Das kann ich jetzt leider noch nicht bestimmen, ich vermag darüber erst dann zu entscheiden, wenn ich den Fall möglichst kennen gelernt habe.«

»So werde ich ihn mittheilen. Sie wissen ja, daß die höchste Macht der heiligen Kirche in der Liebe besteht, und ihr höchstes Ziel ist die Seligkeit, zu welcher man durch diese Liebe gelangt. Ein Mann lernte ein junges schönes Mädchen kennen. Sie liebten sich, und er vermochte sie, sich in die Verborgenheit zurückzuziehen. Sie verschwand. Aber ihre Liebe war eine zu irdische, eine egoistische; sie strebte nach den Gütern und Würden des Geliebten, die ihr doch niemals gehören konnten. Er versagte sie ihr, und nun verwandelte sich die Liebe in einen grimmigen Haß, welcher seine Erlaubniß zu dem ersehnten bräutlichen Verschmelzen der Seelen verweigerte und sie auf das Vorhaben brachte, in die sündhafte Welt zurückzukehren. Er mußte ihr diesen Weg mit Gewalt verschließen. Da er aber nicht die wirksamen Mittel besitzt, ihr die himmlische Liebe wieder zurückzurufen, will er das sündhafte widerstrebende Kind der heiligen Kirche übergeben, damit diese ihre heilsame Macht gebrauche und das verirrte Schaf an sein Herz zurückführe. Er besitzt der irdischen Güter in Menge, um die heilige Kirche für ihre Sorgen und edlen Bestrebungen zu belohnen. Das ist der Fall. Nun sprechen Sie, Hochwürden!«

»Die heilige Kirche kennt dieses Schäflein bereits, wenn ich mich nicht irre, und ist bereit, es zu dem guten Hirten zurückzubringen.«

»Und die Garantie, von welcher Sie vorhin sprachen?«

»Werde ich vollständig geben. Doch muß ich vorher erwähnen, daß die Kirche in solchen schwierigen Fällen verpflichtet ist, ihre Bedingungen zu machen.«

»Ich werde sie hören.«

»Sind Sie bereit, der Kirche jene Schrift auszuantworten, welche die Zigeunerin Ihnen übergab?«

»Ja.«

»Wenn?«

»Ich trage sie bei mir, trenne mich aber nicht eher von ihr, als bis mir die erwähnte Garantie geboten ist.«

»Die Dame, von der Sie sprechen, gehört einem berühmten adeligen Hause an?«

»Ja.«

»Und befindet sich hier in der Nähe?«

»Möglich.«

»Wie viele Personen kennen ihren jetzigen Aufenthaltsort?«

»Nur zwei.«

»Können Sie es der heiligen Kirche ermöglichene bei dem ersten Schritte Gewalt zu vermeiden?«

»Ich hoffe es.«

»So bin ich bereit, Ew. Hoheit zu den frommen Schwestern zu geleiten.«

»Auf dem gewöhnlichen Wege oder unterirdisch auf dem verborgenen?«

»Auf dem ersteren. Der letztere ist nur den Auserwählten bekannt, und unser Verschwinden würde auffallen. In kurzer Zeit ist es Nacht, und dann ist es mir möglich jene Garantie zu geben, von welcher ich vorhin gesprochen habe.«

»Ich werde natürlich bis dahin nicht weiter mittheilsam sein.«

»Bemerken Hoheit hier das kleine Pförtchen in der Mauer? Es ist für die Gartenarbeiter und Laienbrüder angebracht, welche von der strengen Klausur nicht betroffen werden. Dieser Schlüssel öffnet es von außen und von innen. Sie werden ihn wohl nachher brauchen, wenn es dunkel geworden ist. Bitte, nehmen Sie ihn zu sich!«

Sie kehrten in das Klostergebäude zurück und gelangten nachher durch dasselbe auf die Straße, welche nach der entgegengesetzten Seite des Berges führte, wo das Frauenkloster lag. Auch dort kannte man den Prinzen, welcher mit frommer Ostentation empfangen wurde. Speise erhielt er nicht, aber man kredenzte ihm einen alten, sehr guten Wein in einem goldenen Ehrenhumpen, welcher jedenfalls noch aus der Zeit des Faustrechtes stammte. Vielleicht diente er nicht blos zum Willkomm für Ehrengäste, vielleicht schlürften auch die frommen Klosterfrauen zuweilen aus seiner goldenen Tiefe das Getränk der Wahrheit, der Liebe und Begeisterung. Sie sahen nicht aus, als ob sich das Gegentheil von selbst verstehe.

Die Priorin war dem Prior in Beziehung auf ihren Körperumfang vollständig ebenbürtig, und alle Schwestern erfreuten sich eines stattlichen Aeußern, welches allerdings in Folge der strengen Tracht nicht so zur Geltung kommen konnte, als wenn sie dieselbe mit einer andern vertauscht hätten.

»Hat vielleicht eine der frommen Schwestern das Bedürfniß zur heiligen Ohrenbeichte zu kommen?« frug der Prior, als sie sich mit der Oberin im Refektorium befanden.

»Wohl mehrere. Hochwürden haben eine längere Zeit nicht vorgesprochen.«

»So sind vielleicht einige dabei, welche heut der heiligen Pönitenz bedürfen?«

Er betonte die Worte »heilige Pönitenz« so eigenthümlich, und die Priorin warf dabei einen so erschrockenen Blick auf den Prinzen, daß dieser sofort errieth, daß es mit dieser Büßung eine ganz besondere Bewandtniß habe.

»Es ist möglich,« antwortete sie beinahe zögernd. »Soll ich die Schwestern fragen?«

»Fragen Sie,« bat er.

Sie entfernte sich. Um die Lippen des Priors spielte ein schlaues feines Lächeln.

»Errathen Hoheit, was es mit dieser heiligen Pönitenz für eine Bewandtniß hat?«

»Ich ahne es, möchte es aber dennoch nicht errathen.«

»Sie werden Aufklärung finden. Die christliche Kirche hat der herrlichen Gaben so sehr viele, daß sie Vergebung und Gnade mit vollen Händen auszustreuen vermag und jeder gläubigen Seele das bietet, was zu ihrem zeitlichen und ewigen Heile erforderlich ist.«

Die Oberin kehrte zurück und meldete, daß sechs Schwestern um die Erlaubniß bäten, dem frommen hochwürdigen Vater zu beichten.

»Ich werde ihnen den Trost unserer allerheiligsten Religion bringen,« antwortete er. »Beurlauben mich königliche Hoheit für eine Viertelstunde. Die ehrwürdige Schwester wird Sie bis dahin durch die Räume des Hauses begleiten; in der Kirche sehen wir uns wieder.«

Als sie nach einer halben Stunde das Schiff der Kirche betraten, bemerkte der Prinz vier Nonnen, welche am Hochaltare knieten. Es waren lauter junge Schwestern, welche hier ihre stille Andacht verrichteten. Seitwärts saß eine Fünfte auf der Bank; ihrem hübschen Gesichte war ein tiefer Verdruß, welcher beinahe wie ein Schmollen aussah, deutlich anzumerken. Am Beichtstuhle kniete die Sechste und hielt ihr Ohr an die Oeffnung desselben. Der Prior sprach mit sehr ernstem Gesicht in sie hinein. Sie antwortete, und der Prinz sah, daß seine Züge wirklich zornig wurden. Er schien eine Drohung auszusprechen, dann entließ er sie, ohne ihr seinen Segen zu ertheilen. Die Schmollende warf einen höhnischen verächtlichen Blick auf sie.

Diese Sechste war eine Schönheit. Ihre Gestalt zwar wurde von der häßlichen Klostertracht verhüllt, aber ihr Gesicht war von einer wunderbaren Reinheit und ihre Bewegungen ließen errathen, daß sie wohl nicht den niederen Ständen angehört habe. Der Prior verließ den Beichtstuhl und trat zu den Beiden. Die Oberin blickte ihm fragend entgegen.

»Diesen vier reuigen Schwestern habe ich die Pönitenz gestattet,« berichtete er, »der Fünften aber verweigert. Ihrer Seele ist nicht die Sanftmuth der Bitte gegeben, welche auf Gewährung hoffen darf. Die Sechste ist renitent und kommt in die Strafzelle, wo sie sich mit Gottes Hilfe zum rechten Pfade wenden wird. \Vir verlassen Sie jetzt, verehrte Schwester. Der Herr sei mit Ihnen und diesem frommen Hause jetzt und in alle Ewigkeit, Amen!«

Er erhob die Arme und ertheilte ihr seinen Segen.

»Werden Hochwürden die Pönitenz selbst leiten?« frug sie, indem eine leise Röthe über ihr Angesicht flog.

»Allerdings. Der Diener am Weinberge des Herrn darf nicht säumig sein. Er soll sich keiner Arbeit und keiner Anstrengung scheuen, und dann wird der Segen Gottes ihn und die Seinen begleiten auf allen ihren Wegen. Leben Sie wohl!«

Sie verließen das Kloster.

Draußen war es mittlerweile Nacht geworden. Das Schloß zwar ließ sich noch so ziemlich erkennen, aber das Thal lag bereits in tiefem Dunkel unter ihnen. Der Prior schritt nur sehr langsam vorwärts. Man sah, daß er wünschte, es möge vollständig finster werden, ehe sie das Mönchskloster erreichten.

»Jetzt nun bin ich im Stande, Ew. Hoheit die versprochene Garantie zu geben.«

»Worin besteht sie?«

»In der Offenbarung unseres wichtigsten Geheimnisses.«

»Welches?«

»Hoheit, der Weg zur Vollendung ist nicht glatt und eben, sondern mit rauhen schmerzhaften Dornen bewachsen, und das göttliche Wort sagt bereits, daß die Pforte eng und klein sei, durch welche man zum Heile gelangt. Auch die nach Erlösung, nach Seligkeit dürstende Seele strauchelt, aber das Auge der Gnade wacht über ihr und richtet sie auf. Der Geist trachtet nach himmlischen Gütern, aber der Körper ist zuweilen schwach. Die Wünsche und Lüste des Fleisches sind nur schwer zu tödten, und wenn man sie gestorben meint, so erheben sie sich doch oft plötzlich wie ein gewappneter Mann, dem kaum zu widerstehen ist. Dann fliehen die frommen Schwestern dorthin, wo sie Rettung finden, in die Arme der Buße, und ich gewähre ihnen dieses Mittel, um sie zu stärken gegen die späteren Anstrengungen, die sie auf ihrem rauhen einsamen Pfade zu überwinden haben. Die sündhaften Gedanken des Fleisches werden besiegt durch die Kraft der heiligen Pönitenz.«

 

»Und worin besteht nun diese, Hochwürden? Ich bin wirklich wißbegierig.«

»In der Kasteiung und Tödtung des aufrührerischen Fleisches, in der Gewöhnung an eine höhere Kaltblütigkeit und Gleichgiltigkeit gegenüber der Sünde, welche den Körper empört und den Geist mit verderblichen Wünschen erfüllt. Die heilige Pönitenz findet statt in besonders dazu eingerichteten Zellen des Schwesterhauses. Diese liegen verborgen hinter den Kellerräumen und sind mit dem Bruderhause durch einen unterirdischen Gang verbunden.«

»Ah! Die Kasteiung und Abtödtung des Fleisches wird also wohl von den frommen Vätern und Brüdern unternommen?«

»Ja, denn keine der Schwestern ist zu einer solchen priesterlichen Handlung befugt. Die Büßerinnen werden in einzelne Zellen eingeschlossen, welche verriegelt werden, nachdem je ein Bruder bei ihnen Zutritt genommen hat. Er ertheilt ihr die Ruthenschläge auf den entblößten Rücken und bewirkt unter frommen liebevollen Worten das Verschwinden der sündhaften Wünsche und Regungen. Erst dann, wenn sie denselben abgestorben ist, ertheilt er ihr seine Absolution und gibt das Zeichen, daß er die Zelle verlassen will.«

»Interessant, höchst interessant, diese fromme priesterliche Bemühung um das Heil einer strauchelnden Seele!«

»Ja; diese Bemühung aber dient auch zur Uebung für den Bruder selbst. Auch er ist ein schwacher Mensch, den nur die Gnade stärken kann; auch er hat Augenblicke, in denen sein Geist mit dem Körper ringen muß, und dann bittet er die Schwester, ihm die Kasteiung zu ertheilen. An den Thüren der Pönitentiarzellen sind kleine, mit einem Glasfensterchen versehene Klappen angebracht, durch welche es mir und der Priorin möglich gemacht wird, die Büßung zu überwachen.«

»Wie ich vorhin bemerkt habe, kommt es auch vor, daß Sie diese Büßung verweigern?«

»Ja, wenn sie von einer Unwürdigen gefordert wird. Die Reinigung des Körpers und der Seele von den Schlacken der Sünde ist eine hohe Gnadengabe, welche sich die heilige Kirche nicht abzwingen und abtrotzen lassen kann. Es muß in demüthigen Worten um dieselbe gebeten werden. Ich kann nicht verschweigen, Hoheit, daß es zuweilen eine Seele gibt, welche sich nach der Kasteiung nur mit dem Leibe sehnt; dann muß das renitente Fleisch durch eine strenge Verweigerung gezüchtigt werden.«

»Und die sechste Schwester?«

»Kommt in die Besserungszelle. Ich gebot ihr die heilige Pönitenz, sie aber weigerte sich, den Weg der Gnade zu wandeln. Es ist unsere jüngste Schwester, die erst vor Kurzem Profeß gethan hat. Die Rücksicht auf das Heil ihrer Seele macht es erforderlich sie an die strenge Zucht des Klosters zu gewöhnen.«

»Was hat es mit der Besserungszelle für eine Bewandtniß, Hochwürden?«

»Es sind darin alle Vorrichtungen angebracht, welche nöthig sind einer Widerstrebenden die heilige Pönitenz aufzuzwingen, und ich muß sagen, daß dieser Zwang stets gefruchtet hat, es ist niemals ein Rückfall eingetreten. Doch hier liegt das Kloster. Wir werden uns vor den Augen des Bruder Pförtners hier von einander verabschieden. Dann gehen Sie hinter der Mauer weg, doch so, daß Sie nicht bemerkt werden, und treten durch das Pförtchen, welches ich Ihnen vorhin zeigte, in den Garten. Ich werde Sie von der Pforte nach kurzer Zeit abholen.«

»Und dann?«

»Führe ich Sie dahin, wo Sie die Pönitenz genau beobachten können, ohne selbst bemerkt und gesehen zu werden. Das ist die Garantie, welche ich Ihnen bieten will; sind Sie damit zufrieden?«

»Ja.«

»Und beharren Sie bei Ihrem Entschlusse, der heiligen Kirche ein verirrtes Schäflein anzuvertrauen?«

»Allerdings.«

»Wann werden Sie dasselbe in unsere Arme führen?«

»Noch heute, wenn Sie es da bereits aufnehmen können.«

»Ich werde nachher mit der Schwester Priorin darüber sprechen und Sie benachrichtigen. Doch wünsche ich, wie bereits gesagt, daß alle Gewalt und alles Aufsehen dabei vermieden werde. Die Diener der Kirche haben zuweilen Veranlassung so listig zu sein, wie die Kinder der Erde es sind.«

»Es wird sich wohl arrangiren lassen. Hat das Schwesterkloster auch so ein kleines Pförtchen, durch welches man unbemerkt Zutritt nehmen kann?«

»Ja.«

»Dann ist es zu ermöglichen. Besorgen Sie mir den Schlüssel dazu. Eines aber muß ich bemerken: Ich wünsche nämlich nicht, daß die Büßerin, welche ich Ihnen zuführe, von einem Fremden zur heiligen Pönitenz gezwungen werde.«

»Sie betrachten also die Seele der Verirrten als Ihr immerwährendes Eigenthum?«

»Ja; wenigstens so lange, als bis ich sie Ihnen ausdrücklich übergebe.«

»Und wenn sie nun verlangt Buße zu thun?«

»So haben Sie mich zu benachrichtigen. Die heilige Kirche ist reich an himmlischen Gütern, aber sie kann ohne irdischen Besitz nicht sein. Wir Fürsten haben die Macht, ihr den Glanz zu verleihen, der ihr gebührt, und das werden wir gern thun, wenn ihre Diener sich freundlich und hilfreich zu uns stellen.«

»Ich stehe Ihnen zur Verfügung, Hoheit. Aber die Unterschrift – — – ?«

»Erhalten Sie, sobald die betreffende Dame Aufnahme bei den frommen Schwestern gefunden hat. Jetzt nun ist es vollständig dunkel, und ich will gehen. Ich hoffe, daß Sie mich nicht lange warten lassen!«

Er schritt, während der Prior durch das Thor trat, die Straße entlang bis zu der Kapelle, hinter welcher er heute den Neffen des Schloßvogtes getroffen hatte, lenkte dann um dieselbe herum und erreichte die Mauer und das Pförtchen, durch welches er zu treten hatte. Der Schlüssel paßte; die Thür ging auf und wurde von innen wieder verschlossen. Der Prinz hatte die Ueberzeugung, daß er einem höchst interessanten Abenteuer entgegengehe. —

Unterdessen saß Toska in ihrer Wohnung, welche noch kein Mensch geöffnet und wieder betreten hatte. Die Dämmerung war gekommen und der Abend hereingebrochen. Sie hatte kein Licht, um das Zimmer zu erleuchten, aber das Dunkel war ihr wohlthätig. Sie hielt die Augen geschlossen und ließ all ihr Herzeleid und Bangen, alle ihre Hoffnungen und Wünsche an sich vorüberziehen. Ihr war, als sei ein schweres Rad zermalmend durch ihre Seele gegangen, aber nicht diese Seele, sondern nur die Liebe, welche dieselbe bisher erfüllt hatte, war vernichtet worden. Sie fühlte die Kraft in sich, sich zu wehren und zu vertheidigen, und hielt den Griff des Messers, welches sie noch nicht wieder von sich gelegt hatte, fest mit der kleinen Hand umschlossen, die trotz ihrer Zartheit doch im Stande war, eine Waffe kunstgerecht zu führen.

So verging Stunde um Stunde. Sie vermuthete, daß heute irgend etwas gegen sie unternommen werde, aber Niemand kam, kein Schritt ließ sich hören, und die Schloßuhr schlug Mitternacht, ohne daß sich draußen auf dem Korridore etwas geregt hätte. Da endlich, horch! Waren das nicht Laute, als ob sich jemand leise und heimlich nahe? Sie horchte. Sie hatte die Thür auch von innen verriegelt, und Niemand konnte eintreten. Da wurde die Klinke niedergedrückt, und als die Thür nicht nachgab, ließ sich ein vorsichtiges Klopfen vernehmen.

»Wer ist draußen?« frug Toska.

»Ich bin es, Komtesse. Bitte, öffnen Sie!«

»Wer denn?«

»Die Kastellanin!« flüsterte es.

»Ich öffne während der Nacht keinem Menschen.«

»So sind Sie verloren. Haben Sie Vertrauen zu mir?«

»Was wollen Sie?«

»Ich will Sie retten.«

Toska war überrascht. Die Kastellanin war ihr nie als ein Weib erschienen, zu dem man ein besonderes Vertrauen haben konnte. Sollte sie etwa nur hinausgelockt oder durch eine so plumpe List vermocht werden die Thür zu öffnen? Aber wenn es wirklich Rettung sein sollte, die einzige Rettung aus den Händen dieses verhaßten gewissenlosen Menschen, war es dann klug sie zurückzuweisen? Sie bot sich ganz sicher nicht so bald oder vielleicht gar niemals wieder.

»Mich retten? Womit?«

»Ich führe Sie heimlich aus der Burg.«

»Wirklich? Wer gibt mir Sicherheit, daß Sie es ehrlich meinen?«

»Ich gebe Ihnen mein Wort. Sie haben mich schon längst gedauert, Sie armes junges Blut, und ich habe heute das Gelübde gethan Sie zu retten. Vertrauen Sie mir!«

Diese Worte klangen wohl gut und schön. Aber sollte die Kastellanin wirklich ein so mitleidiges, muthiges und entschlossenes Herz besitzen, die Stellung ihres Mannes und ihre eigene Sicherheit durch die Befreiung einer Gefangenen, die ihr noch gar nichts geboten hatte, auf das Spiel zu setzen?

»Sprechen Sie die Wahrheit?«

»Ich habe es der heiligen Mutter Gottes gelobt, Sie aus dem Schlosse zu bringen.«

»Schwören Sie es!«

»Ich schwöre es bei allen Heiligen und bei meiner Seligkeit! Ich habe einen Ihrer Anzüge bereits mitgebracht. Sie sollen ihn anlegen und werden mir heimlich folgen.«

»So treten Sie ein!«

Sie öffnete vorsichtig, so daß nur ein Raum für eine einzige Person blieb, und fühlte sich allerdings außerordentlich erleichtert, als sie bemerkte, daß die Kastellanin allein sei. Hinter derselben wurde die Thür wieder verschlossen.

»So ist es also doch Ihr Ernst mich von hier fortzubringen.«

»Ja, mein heiliger Ernst. Ich weiß, welche Gefahr ich laufe. Mein Mann wird wohl seine Stelle verlieren, aber ich denke, daß die gnädige Komtesse sich dann ein wenig unserer annehmen werden.«

»Ja, das werde ich thun, gute Frau; ich verspreche es Ihnen hiermit sowohl mit der Hand als auch mit dem Herzen. Ich bitte Sie auch um Verzeihung für den Mangel an Freundlichkeit und Vertrauen, den ich Ihnen stets gezeigt habe!«

»O, daran war ich selbst schuld! Ich durfte ja nicht zeigen, wie lieb ich Sie habe und wie gern ich Ihnen geholfen hätte.«

»Brave gute Frau. Aber wird man uns nicht bemerken und aufhalten?«

»Nein. Ich habe für Alles gesorgt. Bitte, wollen Sie sich ankleiden! Wir haben nicht viel Zeit. Licht dürfen wir leider nicht anbrennen.«

»O, es geht auch ohne Beleuchtung!« Und während sie die mitgebrachten Kleider anlegte, frug sie:

»Aber wo werden Sie mich hinbringen? Wohl nur bis auf die Straße? Denn länger können Sie das Schloß doch nicht verlassen.«

»Allerdings, und dies verursacht mir Bedenken.«

»Warum?«

»Sie können doch unmöglich allein fortgehen. Erstens wird man sie verfolgen, und zweitens sind Sie es ja Ihrem Namen und Stande schuldig, sich nicht so hilflos auf der Straße finden zu lassen. Darf ich Ihnen einen Vorschlag machen?«

»Welchen?«

»Es sind nur wenige hundert Schritte bis hinunter zum Kloster der frommen Schwestern. Ich bin sehr viel bei ihnen, und die Frau Priorin ist stets sehr freundlich mit mir. Als ich heute bemerkte, welche Gefahr Ihnen droht, wollte ich meine Seele retten und ging zu ihr. Ich erzählte ihr Alles. Sie darf nichts davon verrathen, aber sie war bereit Ihnen zu helfen. Sie hat mir befohlen, Sie zu ihr zu bringen. Unter ihrem Schutze sollen Sie bleiben, bis nach zwei oder drei Tagen der Prinz in seinen Nachforschungen ermüdet ist, und dann wird sie Ihnen Alles bieten was nothwendig ist, in Sicherheit zu gelangen.«

Toska athmete bei dieser Kunde hoch und freudig auf.

»Ist das wahr, was Sie mir da sagen?«

»Ja. Hier, fühlen Sie den Schlüssel, den mir die Priorin gegeben hat. Er führt durch eine Nebenpforte in das Kloster. Sie sollen auch dort so wenig wie möglich gesehen werden Die Schwestern sind zwar schweigsam und kennen Sie wohl nicht; aber man muß immer vorsichtig sein. Die Frau Priorin meinte, es sei nothwendig Alles zu thun, damit es nicht bekannt werde, daß eine so hohe Dame so lange Zeit ganz allein bei dem Prinzen gewohnt habe.«

»Ich werde Ihnen und der Aebtissin dankbar sein so lange ich lebe. Aber wenn wir dennoch beobachtet und ergriffen werden?«

»Das ist unmöglich. Ich habe alle Thüren und Korridore verschlossen und das Thor bereits ein wenig geöffnet. Es kann Niemand zu uns, wir aber können sehr leicht in das Freie. Sind Sie bald fertig?«

»Nur noch dieses Tuch. So. jetzt bin ich bereit.«

»So bitte, kommen Sie!«

Die Vogtin schritt voran. In einer Anwandlung von Besorgniß ergriff Toska unbemerkt das Messer, welches sie vorhin auf den Tisch gelegt hatte, und steckte es zu sich; dann folgte sie.

Der Weg führte durch mehrere Gänge, welche sämmtlich unbeleuchtet waren. Dann gelangten sie in den vorderen Schloßhof, welchen Toska nur ein einziges Mal, nämlich bei ihrer Ankunft, und dann nicht wieder betreten hatte. Das Thor war wirklich um eine Lücke geöffnet, welche sehr leicht und ohne Geräusch erweitert werden konnte. Sie schlüpften hindurch. Draußen vor demselben holte Toska tief Athem und ergriff beide Hände ihrer Führerin.

 

»Gott sei Dank, ich fühle mich frei! Ich werde diesen Augenblick nie, niemals vergessen. Sie kennen meinen Namen und wissen auch wo ich zu finden bin. Ich kann Ihnen jetzt nicht lohnen, aber kommen Sie zu mir, und ich werde Ihnen Alles vergelten, was Sie jetzt an mir thun.«

»Ich bin davon überzeugt, gnädige Komtesse. Aber kommen Sie. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Es könnte doch jemand erwachen und Argwohn schöpfen, und die Frau Priorin wartet bereits!«

Sie eilten vorwärts. Toska merkte nicht, daß zwei männliche Gestalten ihnen vorsichtig folgten und erst dann wieder umkehrten, als sie hinter dem Pförtchen und der Mauer des Nonnenklosters verschwunden war. Man hatte sie aus der Höhle des Fuchses in diejenige der Hyänen geführt. Sie sollte das Opfer von allen Beiden werden.

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