Читать книгу: «Die Welt unter Strom», страница 8

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Anstalten für Geistesgestörte füllten sich mit Patienten, die an der Influenza erkrankt waren; Menschen, die unterschiedlich stark an Depressionen, Manie, Paranoia oder Halluzinationen litten. „Die Zahl der Aufnahmen erreichte ein nie zuvor gesehenes Ausmaß“, berichtete Albert Leledy 1891 in der Beauregard Anstalt in Bourges. „Die Aufnahmen für das Jahr übertreffen die des Vorjahres“, berichtete Thomas Clouston, Superintendierender Arzt der Anstalt Royal Edinburgh Asylum for the Insane im Jahr 1892. „Keine Epidemie einer Krankheit hat solche mentalen Auswirkungen gehabt“, schrieb er. Im Jahr 1893 überprüfte Althaus zahlreiche Artikel über Psychosen nach Influenza und die Vorgeschichte von Hunderten seiner eigenen und anderer Patienten, die in den letzten drei Jahren nach der Grippeerkrankung geistig gestört waren. Es erstaunte ihn, dass sich die meisten Psychosen nach Influenza bei Männern und Frauen in der Blütezeit ihres Lebens zwischen 21 und 50 Jahren entwickelten, dass sie am wahrscheinlichsten nach meist milden oder leichten Erkrankungsfällen auftraten und dass mehr als ein Drittel dieser Menschen noch nicht genesen war.

Die häufige Abwesenheit von Atemwegserkrankungen wurde auch bei der noch tödlicheren Pandemie von 1918 festgestellt. In seinem Lehrbuch von 1978 schrieb Beveridge, der sie miterlebt hatte, dass die Hälfte aller Influenzapatienten bei dieser Pandemie keine der frühen Symptome wie Nasenausfluss, Niesen oder Halsschmerzen hatte.43

Die Altersgruppen sind ebenfalls nicht ausschlaggebend, wenn es hier um eine Ansteckung gehen soll. Bei anderen Arten von Infektionskrankheiten wie Masern und Mumps gilt: Je aggressiver ein Virusstamm ist und je schneller er sich ausbreitet, desto schneller bauen Erwachsene Immunität auf und desto jünger ist die Bevölkerung, die jedes Jahr an ihm erkrankt. Laut Hope-Simpson bedeutet dies, dass während der Zeit von Pandemien die Influenza hauptsächlich sehr kleine Kinder angreifen sollte. Aber die Influenza trifft nach wie vor hartnäckig die Erwachsenen. Das Durchschnittsalter liegt fast immer zwischen zwanzig und vierzig, egal ob während einer Pandemie oder nicht. Das Jahr 1889 war keine Ausnahme: Die Influenza erwischte bevorzugt starke junge Erwachsene in der Blütezeit ihres Lebens, als würde sie böswillig die Stärksten anstelle der Schwächsten unserer Spezies ins Visier nehmen.

Dann gibt es die Verwirrung über Tierinfektionen, die Jahr für Jahr in den Nachrichten auftauchen und uns alle Angst machen, dass wir durch Schweine oder Vögel mit Influenza infiziert werden könnten.

Die unangenehme Tatsache ist jedoch, dass im Laufe der Geschichte seit Tausenden von Jahren alle Arten von Tieren gleichzeitig mit Menschen an der Grippe erkrankt sind. Als die Armee des bayerischen Königs Karlmann 876 n. Chr. an der Influenza erkrankte, dezimierte dies auch die Hunde und Vögel.44 In späteren Epidemien, einschließlich der des 20. Jahrhunderts, wurde allgemein berichtet, dass bei Hunden, Katzen, Pferden, Maultieren, Schafen, Kühen, Vögel, Hirschen, Kaninchen und sogar Fischen Erkrankungen zur gleichen Zeit wie bei den Menschen ausbrechen.45 Beveridge nannte zwölf Epidemien im 18. und 19. Jahrhundert, in denen Pferde an der Grippe erkrankten, generell ein oder zwei Monate vor den Menschen. Tatsächlich wurde diese Verbindung als so zuverlässig angesehen, dass Symes Thompson Anfang Dezember 1889, als er eine grippeähnliche Krankheit bei britischen Pferden beobachtete, an das British Medical Journal schrieb und einen bevorstehenden Ausbruch beim Menschen vorhersagte – eine Prognose, die sich kurze Zeit später als richtig erwies.46 Während der Pandemie von 1918–1919 kamen Affen in Südafrika und Madagaskar in großer Zahl ums Leben, auch Schafe im Nordwesten Englands, Pferde in Frankreich, Elche im Norden Kanadas und Büffel in Yellowstone.47 Das ist aber ohnehin kein Geheimnis. Weder bekommen wir die Grippe von Tieren, noch bekommen die Tiere sie von uns. Wenn Influenza durch abnormale elektromagnetische Bedingungen in der Atmosphäre verursacht wird, sind alle Lebewesen gleichzeitig betroffen, einschließlich Lebewesen, die nicht dieselben Viren teilen oder eng zusammen leben.

Was die Entlarvung des Eindringlings, d. h. der Influenza, so erschwert, ist, dass es sich hierbei um zwei verschiedene Dinge handelt. Influenza ist erstens ein Virus und zweitens auch eine klinische Krankheit. Die Verwirrung entsteht, weil die menschliche Influenza seit 1933 durch den in diesem Jahr entdeckten Organismus und nicht durch klinische Symptome definiert wird. Wenn eine Epidemie auftritt und Sie an derselben Krankheit leiden wie alle anderen, aber ein Influenzavirus nicht aus Ihrem Hals isoliert werden kann und Sie keine Antikörper dagegen entwickeln, haben Sie angeblich keine Influenza. Tatsache ist jedoch, dass Influenzaviren zwar auf irgendeine Weise mit Krankheitsepidemien assoziiert werden, aber es wurde nie bewiesen, dass sie diese verursachen.

Beobachtungen in einem Zeitraum von 17 Jahren durch Hope-Simpson in und um die Gemeinde Cirencester in England haben gezeigt, dass Influenza – ungeachtet der allgemein vertretenen Meinung – innerhalb eines Haushalts nicht ohne Weiteres von einer Person zur anderen übertragen werden kann. In 70 Prozent der Fälle erkrankte sogar während der „Hongkong-Grippe“ von 1968 nur eine Person pro Haushalt an der Grippe. Wenn eine zweite Person auch die Grippe hatte, erkrankten beide oft am selben Tag, was bedeutete, dass eine Person nicht von der anderen angesteckt wurde. Manchmal zirkulierten verschiedene kleinere Varianten des Virus im selben Dorf, sogar im selben Haushalt. Einmal hatten zwei junge Brüder, die sich ein Bett teilten, unterschiedliche Varianten des Virus; das beweist, dass sie sich nicht gegenseitig angesteckt haben konnten. Ja, das beweist sogar, dass nicht einmal ein und dieselbe Person beide angesteckt haben konnte.48 1958 kam William S. Jordan, wie auch P. G. Mann im Jahr 1981, zu ähnlichen Schlussfolgerungen über die mangelnde Verbreitung innerhalb von Familien.

Ein weiterer Hinweis darauf, dass etwas mit den vorherrschenden Theorien nicht stimmt, ist das Scheitern von Impfprogrammen. Obwohl bewiesen ist, dass Impfstoffe eine gewisse Immunität gegen bestimmte Grippevirusstämme bieten, haben prominente Virologen im Laufe der Jahre zugegeben, dass Impfungen Epidemien nicht aufhalten konnten und dass sich die entsprechende Krankheit immer noch so verhält wie vor tausend Jahren.49 Nach einer Überprüfung von 259 Impfstudien aus dem British Medical Journal über einen Zeitraum von 45 Jahren kam Tom Jefferson kürzlich zu dem Schluss, dass Influenza-Impfstoffe im Wesentlichen keinen Einfluss auf die tatsächlichen Ergebnisse wie Schulabwesenheiten, verlorene Arbeitstage und grippebedingte Krankheiten und Todesfälle hatten.50

Unter Virologen ist es ein beschämendes Geheimnis, dass es von 1933 bis heute keine experimentellen Studien gibt, die belegen, dass Influenza – weder das Virus noch die Krankheit – jemals durch normalen Kontakt von Mensch zu Mensch übertragen wird. Wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, sind alle Bemühungen einer experimentellen Mensch-zu-Mensch-Übertragung gescheitert. Und das sogar inmitten der tödlichsten Krankheitsepidemie, die die Welt je erlebt hat.

KAPITEL 8
Das Rätsel auf der Isle of Wight

Im Jahr 1904 fing auf der Isle of Wight das große Bienensterben an.

Von dieser ruhigen Insel aus, 37 Kilometer lang, 20 Kilometer breit und vor Englands Südküste gelegen, schaut man über den Ärmelkanal zu den fernen Ufern Frankreichs. In den vorangegangenen zehn Jahren beschäftigten sich zwei angesehene Persönlichkeiten auf beiden Seiten des Kanals mit einer neu entdeckten Art von Elektrizität. Einer von ihnen war ein Arzt und Physiker, der andere ein Erfinder und Unternehmer. Die Arbeit beider sollte sehr unterschiedliche Auswirkungen auf die Zukunft unserer Welt haben.

Am westlichsten Ende der Isle of Wight, in der Nähe von The Needles („Die Nadeln“), einer der Küste vorgelagerten Kreideformation, errichtete 1897 ein attraktiver junger Mann namens Guglielmo Marconi seine eigene „Nadel“, einen Turm, der so hoch wie ein zwölfstöckiges Gebäude war. Darauf setzte er die Antenne für den ersten dauerhaft platzierten Radiosender der Welt. Marconi entließ mit den Drähten eine Elektrizität, die mit fast einer Million Zyklen pro Sekunde nahe dem Megahertz-Bereich vibrierte, und ließ sie durch die Luft strahlen. Er machte sich keinerlei Gedanken darüber, ob dies überhaupt sicher sei.

Einige Jahre zuvor, und zwar 1890, hatte ein bekannter Arzt, der Direktor des Labors für Biologische Physik am Collège de France in Paris, bereits Untersuchungen zu der wichtigen Frage begonnen, die Marconi in dieser Form nicht stellte: Wie wirkt sich Elektrizität im Hochfrequenzbereich konkret auf lebende Organismen aus? Jacques-Arsène d’Arsonval war sowohl im Bereich der Physik als auch der Medizin hoch angesehen, und noch heute erinnert man sich seiner aufgrund der vielen Beiträge, die er auf beiden Gebieten geleistet hat. Er entwickelte hochempfindliche Geräte zur Messung von Magnetfeldern sowie der Wärmeerzeugung und Atmung bei Tieren. Er trug zu Verbesserungen des Mikrofons und Telefons bei. Außerdem entwickelte er eine neue medizinische Therapie, die d’Arsonvalisation oder Hochfrequenztherapie, die noch heute in den Ländern des ehemaligen Ostblocks praktiziert wird. Im Westen avancierte sie zur Diathermie, bei der Radiowellen therapeutisch zur Erzeugung von Wärme im Körper eingesetzt werden. Aber die reine d’Arsonvalisation ist eine medizinische Anwendung mit schwachen Radiowellen ohne die Erzeugung von Wärme, um so die in den frühen 1890er-Jahren von d’Arsonval entdeckten Effekte zu erhalten.


Jacques-Arsène d’Arsonval (1851–1940)

Er war der Erste, der beobachtete, dass die damals praktizierte Elektrotherapie keine einheitlichen Ergebnisse erbrachte. Daraufhin fragte er sich, ob dies darauf zurückzuführen sei, dass die Art und Weise, wie die Elektrizität angewendet wurde, nicht präzise genug war. Er entwarf daher eine Induktionsmaschine, die in der Lage war, vollkommen glatte Sinuswellen „ohne Spitzen oder Haken“1 zu erzeugen, die einem Patienten nicht schaden würden. Als er diese Stromstärke an menschlichen Probanden testete, stellte er – ganz wie er vorausgesagt hatte – fest, dass bei einer Dosis im therapeutischen Maßstab kein Schmerz verursacht wurde, sondern vielmehr starke physiologische Auswirkungen auftraten.

„Wir haben gesehen, dass bei sehr stetigen Sinuswellen Nerven und Muskeln nicht stimuliert werden“, schrieb er. „Der Durchfluss des Stroms ist dennoch für eine tiefgreifende Veränderung des Stoffwechsels verantwortlich, wie der Verbrauch einer größeren Menge an Sauerstoff und die Produktion von erheblich mehr Kohlendioxid zeigt. Wenn sich die Gestalt der Welle jedoch ändert, erzeugt jede elektrische Welle eine Muskelkontraktion.“2 D’Arsonval hatte bereits vor 125 Jahren den Grund entdeckt, warum die heutigen digitalen Technologien, deren Wellen nichts als „Spitzen und Haken“ haben, so viele Krankheiten verursachen.

Als Nächstes experimentierte D’Arsonval mit hochfrequenten Wechselströmen. Mit einer Modifikation des Funkgeräts, das Heinrich Hertz einige Jahre zuvor entwickelt hatte, setzte er Menschen und Tiere Strömen von 500.000 bis 1.000.000 Zyklen pro Sekunde aus. Die Anwendung erfolgte entweder durch direkten Kontakt oder indirekt durch Induktion aus der Ferne. Damit ähnelten sie den Frequenzen, die Marconi bald von der Isle of Wight aussenden würde. Bei keinem der Probanden stieg die Körpertemperatur an, bei allen sank jedoch der Blutdruck erheblich, ohne dass – zumindest bei menschlichen Probanden – dies von ihnen bewusst wahrgenommen wurde. D’Arsonval maß die gleichen Veränderungen des Sauerstoffverbrauchs und der Kohlendioxidproduktion wie bei niederfrequentem Strom. Diese Tatsachen bewiesen, schrieb er, „dass die höheren Frequenzströme tief in den Organismus eindringen“.3

Diese frühen Ergebnisse hätten jeden, der mit Radiowellen experimentierte, zum Nachdenken bringen müssen, bevor die ganze Welt ihnen ausgesetzt wurde – zumindest hätten sie zur Vorsicht gemahnen müssen. Marconi war jedoch mit d’Arsonvals Arbeit nicht vertraut. Der Erfinder war größtenteils Autodidakt und ahnte nichts von den möglichen Gefahren des Radios und hatte keine Angst davor. Daher hatte er beim Einschalten seiner neuen Sendeanlage auf der Insel nicht die geringste Sorge, dass er sich selbst oder anderen Schaden zufügen könnte.

Wenn Radiowellen gefährlich sind, hätte vor allem Marconi darunter leiden müssen. Mal sehen, ob das zutraf.

Bereits 1896, nach anderthalb Jahren des Experimentierens mit Funkgeräten auf dem Dachboden seines Vaters, begann der zuvor gesunde 22-jährige junge Mann an hohem Fieber zu leiden. Er führte es auf Stress zurück und litt für den Rest seines Lebens an diesen wiederkehrenden Fieberanfällen. Um 1900 spekulierten seine Ärzte, dass er als Kind vielleicht unwissentlich rheumatisches Fieber gehabt hätte. Bis 1904 waren seine Schüttelfrost- und Fieberanfälle so stark geworden, dass man glaubte, es handele sich um einen Malaria-Rückfall. Zu dieser Zeit beschäftigte er sich mit dem Aufbau einer permanenten Hochleistungsfunkverbindung über den Atlantik zwischen Cornwall (England) und der Kap-Breton-Insel (Nova Scotia in Kanada). Weil er glaubte, dass größere Entfernungen längere Wellen erforderten, errichtete er auf beiden Seiten des Ozeans riesige Drahtnetz-Antennen über große Flächen hinweg, die an mehreren fast 100 Meter hohen Türmen angebracht waren.

Am 16. März 1905 heiratete Marconi Beatrice O’Brien. Im Mai, nach ihren Flitterwochen, zog sie zu ihm in das Funkstationshaus in Port Morien am Kap-Breton, umgeben von 28 riesigen Funktürmen in drei konzentrischen Kreisen. Über dem Haus breiteten sich von einem Mittelpfosten ausgehend 200 Antennendrähte wie die Speichen eines großen Regenschirms mit einem Umfang von fast zwei Kilometern aus. Kurz nach ihrem Einzug setzte bei Beatrice ein Ohrenklingeln ein.

Nach drei Monaten an diesem Ort erkrankte sie schwer an Gelbsucht. Als Marconi sie nach England zurückbrachte, lebten sie unter der anderen Monsterantenne in der Poldhu Bay in Cornwall. Sie war während dieser ganzen Zeit schwanger, und obwohl sie vor der Geburt nach London zog, war ihr Kind den größten Teil seines neunmonatigen fetalen Lebens mit starken Radiowellen bombardiert worden. Es lebte nur wenige Wochen und starb an „unbekannten Ursachen“.


Von: W. J. Baker, A History of the Marconi Company, St. Martin‘s Press, N. Y., 1971

Etwa zur gleichen Zeit erlitt Marconi selbst einen vollständigen Zusammenbruch und war von Februar bis Mai 1906 fast andauernd fiebrig und hatte Fantasien. Zwischen 1918 und 1921 litt Marconi während der Entwicklung von Kurzwellengeräten immer wieder an Depressionen und Selbstmordgedanken.

Während der Flitterwochen mit seiner zweiten Frau Maria Cristina im Jahr 1927 kollabierte er mit Schmerzen in der Brust. Diagnostiziert wurde eine schwere Herzerkrankung. Zwischen 1934 und 1937, während seiner Mithilfe bei der Entwicklung der Mikrowellentechnologie, hatte er nicht weniger als neun Herzinfarkte, von denen der letzte im Alter von 63 Jahren tödlich war.

Leute aus seinem Umfeld versuchten ihn manchmal zu warnen. Bereits nach seiner ersten öffentlichen Vorführung auf der Salisbury Plain im Jahr 1896 bekam er Briefe von Zuschauern, in denen sie verschiedene Nervenempfindungen beschrieben, die sie erlebt hatten. Als seine Tochter Degna diese später anlässlich der Recherchen für eine Biografie über ihren Vater las, war sie insbesondere von einem Brief einer Frau berührt, „die schrieb, dass seine Wellen ihre Füße gekitzelt haben“. Degna berichtete, dass ihr Vater häufig solche Briefe erhielt. 1899 baute Marconi die erste französische Station in der Küstenstadt Wimereux. Dort wurde er von einem Nachbarn überrascht, der ihn „mit einem Revolver“ bedrohte. Der Mann behauptete, dass die Funkwellen bei ihm starke innere Schmerzen verursachten – doch Marconi tat solche Geschichten als Hirngespinste ab.

Ein möglicherweise noch ominöseres Vorzeichen war es, dass Königin Victoria von England, die in Osborne House (ihrem Anwesen am nördlichen Ende der Isle of Wight) residierte, eine Gehirnblutung erlitt und am Abend des 22. Januar 1901 starb. Zur selben Zeit setzte Marconi ungefähr 20 Kilometer entfernt einen neuen, leistungsstärkeren Sender in Betrieb. Er hoffte, am nächsten Tag mit dem 300 Kilometer entfernten Poldhu kommunizieren zu können. Das war zwar doppelt so weit wie jede vorherige Funkübertragung – aber es gelang ihm. Am 23. Januar schickte er ein Telegramm an seinen Cousin Henry Jameson Davis und sagte: „Voller Erfolg. Bitte sage nichts darüber. Gezeichnet William.“

Und dann waren da noch die Bienen.

1901 gab es bereits zwei Marconi-Stationen auf der Isle of Wight – Marconis ursprüngliche Station, die nach Niton am südlichen Ende der Insel neben den Leuchtturm von St. Catherine verlegt worden war, und die von der Küstenwache betriebene Culver-Signalstation am östliche Ende, bei Culver Down. Bis 1904 kamen noch zwei weitere dazu. Laut einem Artikel, der in jenem Jahr von Eugene P. Lyle in der Zeitschrift World’s Work veröffentlicht wurde, waren nunmehr vier Marconi-Stationen auf der kleinen Insel in Betrieb. Sie kommunizierten mit einer stetig wachsenden Anzahl von Marine- und Handelsschiffen vieler Nationen, die durch den Kanal dampften und mit ähnlichen Geräten ausgestattet waren. Zur damaligen Zeit war es die weltweit größte Konzentration von Funksignalen.

1906 erwarb die Lloyd’s Signal Station, eine halbe Meile östlich des Leuchtturms von St. Catherine’s gelegen, ebenfalls eine drahtlose Anlage. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Situation mit den Bienen so ernst, dass die Landwirtschafts- und Fischereibehörden den Biologen Augustus Imms vom Christ’s College in Cambridge zur Aufklärung des Falles hinzuzogen. 90 Prozent der Honigbienen waren ohne ersichtlichen Grund von der gesamten Insel verschwunden. Die Bienenstöcke waren alle voll mit Honig. Aber die Bienen konnten nicht einmal mehr fliegen. „Man sieht oft, wie sie an Grashalmen oder den Stützen des Bienenstocks hochkrabbeln. Dort bleiben sie dann, bis sie vor lauter Schwäche wieder auf die Erde fallen und bald darauf sterben“, schrieb er. Schwärme gesunder Bienen wurden vom Festland importiert, aber es war nutzlos: Innerhalb einer Woche starben die frischen Bienen zu Tausenden.

In den kommenden Jahren verbreitete sich die „Isle of Wight“-Krankheit wie eine Seuche in ganz Großbritannien und im Rest der Welt. Teile Australiens, Kanadas, der Vereinigten Staaten und Südafrikas meldeten große Bienenverluste.4 In Italien, Brasilien, Frankreich, der Schweiz und Deutschland wurde auch von der Krankheit berichtet. Obwohl jahrelang die eine oder andere parasitäre Milbenart beschuldigt wurde, widerlegte der britische Bienenpathologe Leslie Bailey diese Theorien in den 1950er-Jahren und betrachtete die Krankheit selbst als eine Art Mythos. Offensichtlich seien die Bienen gestorben, sagte er, aber ganz bestimmt nicht an einer Ansteckung.

Im Laufe der Zeit starben immer weniger Bienen an der „Isle of Wight“-Krankheit, da sich die Insekten an die Veränderungen in ihrer Umgebung – was immer auch der Grund dafür gewesen sein mag – anzupassen schienen. Orte, die zuerst davon betroffen waren, erholten sich auch zuerst.

Dann, im Jahr 1917, als die Bienen sogar auf der Isle of Wight ihre frühere Vitalität wiederzugewinnen schienen, ereignete sich etwas, das die elektrische Umgebung der übrigen Welt veränderte: Die Regierung der Vereinigten Staaten entschloss sich plötzlich, Millionen von Dollar für ein Intensiv-Programm zu mobilisieren, um Armee, Marine und Luftwaffe mit den modernsten Kommunikationsmöglichkeiten auszustatten. Der Eintritt der Vereinigten Staaten in den Ersten Weltkrieg am 6. April 1917 führte zu einer Ausbreitung des Rundfunks, die so plötzlich und schnell erfolgte wie die Ausbreitung der Elektrizität im Jahr 1889.

Wieder waren es die Bienen, die die ersten Warnsignale aussandten.

„Charles Schilke aus Morganville in Monmouth County an der Ostküste der Vereinigten Staaten, ein Imker mit umfangreicher Erfahrung im Betrieb von etwa 300 Kolonien, berichtete von einem großen Bienenverlust aus den Bienenstöcken in einem seiner Höfe in der Nähe von Bradevelt“, hieß es in einem Bericht, der im August 1918 veröffentlicht wurde.5 „Tausende von toten und sterbender Bienen lagen bzw. krabbelten in der Nähe des Bienenstocks herum und sammelten sich in Gruppen auf Holzstücken, Steinen und Vertiefungen im Boden. Bei den hiervon betroffenen Bienen schien es sich fast ausschließlich um junge erwachsene Arbeitsbienen zu handeln, ungefähr in dem Alter, in dem sie normalerweise die erste Feldarbeit verrichten würden. Es wurden jedoch auch alle Altersgruppen der älteren Bienen gefunden. Zu diesem Zeitpunkt wurde noch nichts Abnormales im Bienenstock festgestellt.“

Dieser Ausbruch beschränkte sich auf Morganville, Freehold, Milhurst und Gebiete im Umfeld von New Jersey, nur wenige Kilometer seewärts von einem der mächtigsten Radiosender der Welt entfernt, nämlich demjenigen in New Brunswick. Die Regierung hatte ihn kurz zuvor übernommen, um ihn für Kriegszwecke einzusetzen. Im Februar dieses Jahres wurde ein Alexanderson Wechselstromgenerator mit einer Leistung von 50.000 Watt installiert, um eine weniger effiziente Funkvorrichtung von 350.000 Watt zu ergänzen. Beide versorgten eine mehrere Hundert Meter lange Antenne mit Strom. Sie bestand aus 32 parallelen Drähten, die zwischen zwölf 120 Meter hohen Stahltürmen gespannt waren und militärische Kommunikation über den Ozean an das Kommando in Europa sendeten.

Das Radio kam nun im Ersten Weltkrieg voll zum Einsatz. Für die Fernkommunikation gab es keine Satelliten und keine Kurzwellengeräte. Die Vakuumröhren waren noch nicht perfektioniert und Transistoren erschienen erst Jahrzehnte später auf der Bildfläche. Es war die Ära immenser Radiowellen, ineffizienter Antennen, die so hoch wie kleine Berge waren, und Funkenstreckensender, die Strahlungen wie Schrot über das gesamte Funkspektrum streuten und alle anderen Signale störten. Die Ozeane wurden mit roher Gewalt überquert, 300.000 Watt Strom wurden an diese berghohen Antennen geliefert, um eine Strahlungsleistung von vielleicht 30.000 Watt zu erreichen. Der Rest wurde als Wärme abgegeben. Ein Morsecode konnte gesendet werden, aber keine Sprache. Der Empfang war sporadisch und unzuverlässig.

Nur wenige der Großmächte hatten die Gelegenheit gehabt, eine Kommunikation mit ihren Kolonien in Übersee aufzubauen, bevor der Krieg 1914 dazwischenkam. Das Vereinigte Königreich hatte zu Hause zwei extrem leistungsstarke Sender, aber keine Funkverbindungen zu einer der Kolonien. Die erste derartige Verbindung befand sich noch im Bau in der Nähe von Kairo. Frankreich hatte eine leistungsstarke Station am Eiffelturm und eine andere in Lyon, aber keine Verbindung zu einer seiner Überseekolonien. Belgien hatte eine leistungsstarke Station im Kongo, sprengte aber nach Kriegsausbruch seine Heimatstation in Brüssel. Italien hatte eine leistungsstarke Station in Eritrea und Portugal hatte eine in Mosambik und eine in Angola. Norwegen hatte einen ultrastarken Sender und Japan und Russland hatten auch jeweils einen. Nur Deutschland hatte beim Aufbau der Funkverbindungen mit den Kolonien, einer Art kaiserlichen Funkkette, große Fortschritte gemacht. Aber innerhalb weniger Monate nach der Kriegserklärung wurden alle Überseestationen – in Togo, Daressalam, Yap, Samoa, Nauru, Neupommern, Kamerun, Kiautschou und Deutsch-Ostafrika – zerstört.6

Kurz gesagt, das Funkwesen steckte zu dieser Zeit noch in den Kinderschuhen und war noch am Krabbeln. Die Versuche des Neulings, aufrecht zu gehen, wurden durch den Ausbruch des Krieges in Europa behindert. In den Jahren 1915 und 1916 machte das Vereinigte Königreich Fortschritte bei der Installation von 13 Langstreckenstationen in verschiedenen Teilen der Welt, um mit seiner Marine in Kontakt zu bleiben.

Als die Vereinigten Staaten 1917 in den Krieg eintraten, veränderte sich die Lage sehr schnell. Die Marine der Vereinigten Staaten hatte bereits einen riesigen Sender in Arlington, Virginia, und einen zweiten im Darién in der Panamakanalzone. Im Mai 1917 begann ein dritter in San Diego zu senden, ein vierter in Pearl Harbor am 1. Oktober desselben Jahres und ein fünfter in Cavite auf den Philippinen am 19. Dezember. Die Marine übernahm auch private und ausländische Stationen in Lents, Oregon; im Süden San Franciscos, Kalifornien; Bolinas, Kalifornien; Kahuku, Hawaii; Heeia Point, Hawaii; Sayville, Long Island; Tuckerton, New Jersey und New Brunswick, New Jersey. Bis Ende 1917 sendeten 13 amerikanische Stationen Nachrichten über zwei Ozeane.

50 weitere Radiosender mit mittlerer und hoher Leistung waren rings um die Vereinigten Staaten und ihre Herrschaftsgebiete verteilt, um mit Schiffen zu kommunizieren. Die Marine stellte über 10.000 Sender mit niedriger, mittlerer und hoher Leistung her und rüstete ihre Schiffe damit aus. Anfang 1918 schlossen mehr als 400 Studierende pro Woche ihre Funkkurse bei der Marine ab. Innerhalb nur eines Jahres, zwischen dem 6. April 1917 und Anfang 1918, baute und betrieb die Marine das größte Funknetz der Welt.

Amerikas Sender waren weitaus effizienter als die meisten der zuvor gebauten. Als 1913 in Arlington ein 30-Kilowatt-Poulson-Lichtbogensender installiert wurde, stellte sich heraus, dass er dem dortigen 100-Kilowatt-Funkenapparat so weit überlegen war, dass die Marine den Lichtbogen als bevorzugte Ausrüstung einführte und Sets mit immer höheren Leistungskapazitäten bestellte. Der im Darién installierte Lichtbogensender hatte eine Leistung von 100 Kilowatt, der in San Diego 200 Kilowatt, und die in Pearl Harbor und Cavite jeweils 350 Kilowatt. Im Jahr 1917 wurden 30-Kilowatt-Lichtbogensender auf Marineschiffen installiert, die die Sender auf den meisten Schiffen anderer Nationen in den Schatten stellten.

Trotzdem war der Lichtbogensender im Grunde nur eine Funkenstrecke, über die Strom kontinuierlich – anstatt schubweise – floss. Er verunreinigte die Luftwege immer noch mit unerwünschten Oberschwingungen, übertrug Sprache schlecht und war nicht zuverlässig genug für eine kontinuierliche Kommunikation bei Tag und Nacht. Also probierte die Marine ihren ersten Hochgeschwindigkeitsgenerator aus, den sie in New Brunswick übernommen hatte. Wechselstromgeneratoren hatten überhaupt keine Funkenstrecken. Wie feine Musikinstrumente erzeugten sie reine, kontinuierliche Wellen, die scharf gestimmt und für kristallklare Sprach- oder telegrafische Kommunikation moduliert werden konnten. Ihr Erfinder, Ernst Alexanderson, entwarf auch eine dazu passende Antenne, die die Strahlungseffizienz um das Siebenfache erhöhte. Bei einem Vergleichstest mit dem zeitgesteuerten 350-Kilowatt-Funken an derselben Station hatte der 50-Kilowatt-Generator eine größere Reichweite.7 Ab Februar 1918 setzte die Marine deshalb auf den Wechselstromgenerator, um eine kontinuierliche Kommunikation mit Italien und Frankreich zu gewährleisten.

Im Juli 1918 wurde dem System, das die Marine in Sayville übernommen hatte, ein weiterer 200-Kilowatt-Lichtbogensender hinzugefügt. Im September 1918 ging ein 500-Kilowatt-Lichtbogensender auf einer neuen Marinestation in Annapolis, Maryland, auf Sendung. In der Zwischenzeit hatte die Marine für New Brunswick einen zweiten, stärkeren Wechselstromgenerator mit einer Leistung von 200 Kilowatt bestellt. Er wurde im Juni installiert und ging auch im September ununterbrochen auf Sendung. New Brunswick wurde sofort zum leistungsstärksten Sender der Welt und übertraf damit Deutschlands Vorzeigesender in Nauen. Er war der erste, der sowohl Sprach- als auch Telegrafienachrichten klar, kontinuierlich und zuverlässig über den Atlantik sandte. Man konnte sein Signal auf einem großen Teil der Erde hören.

Die Krankheit, die als Spanische Grippe bezeichnet wurde, wurde in diesen Monaten geboren. Sie stammte nicht aus Spanien. Aber sie tötete zig Millionen Menschen auf der ganzen Welt und wurde im September 1918 auf einen Schlag noch tödlicher. Einigen Schätzungen zufolge hat die Pandemie mehr als eine halbe Milliarde Menschen oder ein Drittel der Weltbevölkerung getroffen. Selbst der Schwarze Tod des 14. Jahrhunderts hat nicht so viele Menschen in so kurzer Zeit getötet. Kein Wunder, dass jeder Angst vor ihrer Rückkehr hat.

Vor einigen Jahren gruben Forscher in Alaska vier Leichen aus, die seit 1918 gefroren im Permafrost lagen. Sie waren in der Lage, RNS aus einem Influenzavirus im Lungengewebe einer der Leichen zu identifizieren. Dies war der Monsterkeim, der angeblich so viele Menschen in der Blütezeit ihres Lebens gefällt hat; die Mikrobe, die einem Schweinevirus ähnelt, gegen deren Rückkehr wir ewige Wachsamkeit walten lassen müssen, damit sie die Welt nicht wieder dezimiert.

Es gibt jedoch keine Hinweise darauf, dass die Krankheit von 1918 tatsächlich ansteckend war.

Die Spanische Grippe hatte ihren Ursprung offenbar Anfang 1918 in den Vereinigten Staaten, schien sich auf Marineschiffen auf der ganzen Welt auszubreiten und trat zuerst an Bord dieser Schiffe sowie in Seehäfen und Marinestützpunkten auf. Der größte frühe Ausbruch, bei dem etwa 400 Menschen hart getroffen wurden, ereignete sich im Februar in der Funkschule der Marine in Cambridge, Massachusetts.8 Im März breitete sich die Influenza in den Heerlagern aus, in denen die Nachrichtentruppe in der Verwendung von Funkgeräten geschult wurde: 1.127 Soldaten erkrankten an der Influenza im Camp Funston in Kansas und 2.900 in den Lagern von Oglethorpe in Georgia. Ende März und April breitete sich die Krankheit auf die Zivilbevölkerung und die ganze Welt aus.

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22 декабря 2023
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9783962572211
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