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… und jetzt deine erste Tour

Erklimmen wirst du nun auf jeden Fall dich selbst: Ich würde dich zunächst gerne näher kennenlernen. Der folgende Abschnitt steht für deine Kreativität zur Verfügung. Ich bitte dich, dass du dich selbst links unten hinmalst. Das kann ein Kopf, ein Strichmännchen oder ein Symbol sein. Im Anschluss daran male einen Weg durch und auf ein Bergmassiv hinauf. Es verkörpert dein Leben. Zeichne viele Gipfel, Anhöhen und Hochplateaus ein. Jetzt schreib bitte zu jedem Gipfel, zu jedem markanten Punkt, zu jeder Zacke einen Begriff, der dir Freude macht. Das sind die Höhen deiner Tour, die Meilensteine deines Lebens. Bei mir gibt es ganz viele Gipfel und Zacken. Da stehen meine Familie, meine Hobbys, meine Firma, die Entwicklung, die ich persönlich und mit meinem Unternehmen gemacht habe, mein Drang, Menschen zu helfen, Orientierung zu finden, meine Werte, meine Reisen und natürlich meine Berge. Spür dich in dein Bild hinein. Kennzeichne die Gipfel, die dir besondere Freude machen.


Ich bin gespannt, wie es dir bei dieser ersten Übung ergangen ist. In vielen Gesprächen mit Menschen, die diese Übung bereits gemacht haben, durfte ich erfahren und erkennen, dass in vielen Fällen vor allem Erlebnisse und Eindrücke aus der Vergangenheit für die Gipfelschilderungen herangezogen wurden. Schön, was du da bewältigt hast. Ich gratuliere dir zu deinen großen und kleinen Erfolgen im Leben. Nimm dir jetzt noch weitere zwei Minuten Zeit und sei stolz darauf, was du geleistet und geschafft hast.

Spüre nochmals das schöne Gefühl,

 das du hattest, als dein Lebenspartner/​deine Lebenspartnerin in dein Leben kam,

 das du mit deinen Kindern erlebt hast,

 das du beim Erreichen eines großen beruflichen Zieles hattest,

 das du beim Abschluss deiner Ausbildung hattest,

 das du hattest, als du jemandem wirklich helfen konntest,

 das du hattest, als du dich über eine Überraschung wirklich freuen konntest,

 … .

Und wenn du das spürst, bist du dankbar; dankbar dafür, dass es eingetreten ist, und dankbar dafür, dass du es geschafft hast. Das ist Glück, das sind deine Spuren im Tiefschneehang. Hör dir die ersten fünf Minuten der „Alpensinfonie“ von Richard Strauss an, dann weißt du ganz genau, was ich meine. Der erste Teil hat den Titel „Nacht“ und beginnt ganz dumpf und ruhig, so wie die Niederungen des Alltags, in denen wir oft gefangen sind, ohne jeden Höhepunkt. Das ist das nicht fokussierte Leben des Dahinvegetierens, das ich eingangs erwähnt habe. Und dann ist ein Licht am Horizont erkennbar, die Sonne malt mit den Bergrücken eine Silhouette, die Hoffnung ausstrahlt. Das Leben fragt dich und plötzlich trifft uns der erste Sonnenstrahl. Fanfaren erklingen, die Wärme der Sonne wird spürbar und sie macht Mut – Mut, diese jetzt im Sonnenlicht strahlenden Berggipfel zu erklimmen.

Hast du dir die „Alpensinfonie“ angehört? Wenn ja, dann hat sich unsere Beziehung jetzt mächtig vertieft. Wir kennen das Gefühl für unsere persönlichen Gipfel, das nur die Musik hervorzaubern kann. Der Tag hat damit einen neuen unvergesslichen Augenblick bekommen. Ich höre mir die Passage regelmäßig an und jedes Mal wieder bekomme ich dabei ein Hochgefühl.

Glücklich zu sein ist unser oberstes Ziel. Leider begehen wir dabei den Fehler, dass wir das Glück direkt anstreben. Glück ist aber die Folge aus etwas; ein Zustand, der aus etwas resultiert. Dieses Etwas kann das erreichte Werk, das Ziel oder der Gipfel sein, es kann die Beziehung zu einem oder zu mehreren Menschen sein, oder es kann aus der Bestätigung eines Wertes resultieren, der uns wichtig ist und in uns starke Verankerung findet. Wir brauchen also Gründe, Werte, Anlässe und Gelegenheiten, um glücklich zu sein. Ich erfahre kein Glück, wenn ich glücklich sein möchte. Ich werde aber glücklich, wenn ich meine Ziele erreicht habe. Ich erfahre Glück aus der Beziehung zu meinem Partner, und ich erlebe Glück, wenn ich meine Werte und Einstellungen bestätigt finde.

Was hältst du davon, wenn wir die Übung jetzt nochmals machen? Diesmal schauen wir aber in die Zukunft. Du hast auf der nächsten Seite wieder Platz, du malst dich unten links hin, und jetzt beginnt der Weg mit dem morgigen Tag. Du weißt, morgen ist der erste Tag vom Rest deines Lebens. Ganz egal, wie alt du bist und wie viele Gipfel du bei der vorigen Übung aufgemalt hast: Ich möchte jetzt ein echtes Gebirge an Motiven zu deinem persönlichen Glück sehen. Ein Gebirge, das in deiner Zukunft liegt!

Jetzt sind wir schon tief in das Thema Glück eingetaucht. Glück ist der Zustand, den du erreichst, wenn du nach langer Anstrengung am Gipfel ankommen bist. Wie verhält es sich aber jetzt mit dem Erfolg? Gleicht Glück dem Erfolg? Warum haben manche mehr Erfolg als andere? Weil sie vielleicht mehr Glück haben?


Erfolg ist …?

Wir wünschen uns immer „Glück und Erfolg“. Ist das das Gleiche? Erfolg und Glück liegen ganz nahe beieinander. Ich habe mir angewöhnt, das Wort Erfolg anders zu schreiben, nämlich ER-FOLG. Damit will ich zum Ausdruck bringen, dass Erfolg nichts anderes als die Folge einer Begebenheit ist. Für diese Begebenheit zählen wiederum das erreichte Ergebnis, das erreichte Ziel, der errungene Sieg, der Austausch und die Beziehung zu Menschen und die Bestätigung unserer Einstellungen und Werte. ER-FOLG beschreibt also diesen positiven Zustand. Glück ist das Gefühl, mit dem der Erfolg genossen und konsumiert wird. Im Englischen gibt es zwei Worte für Glück. „Luck“ für eine positive Wendung und „happiness“ für den Zustand, glücklich zu sein. Mir geht es hier um „happiness“. Leider neigen wir häufig dazu, den falschen Dingen nachzulaufen: Im Unternehmen sind es der Gewinn, der Umsatz oder der Shareholder Value. Auf der persönlichen Ebene sind es die Zeit beim Marathonlauf, das Handicap beim Golf, die Anzahl der abgenommenen Kilos, die Anzahl der Freunde auf Facebook, die Prominenz der Menschen, die man bei einem Event trifft u. v. m.

Wir sind ganz stark darauf programmiert, Gesellschaftsbildern und damit meist gewissen Standards nachzulaufen, die in Wirklichkeit nichts mit unserem persönlichen ER-FOLG zu tun haben. Meine Schreibweise erleichtert es mir, mich immer daran zu erinnern, dass ich einen Zustand anstrebe, der auf eine besondere Leistung, die Erreichung eines Vorhabens oder als Bestätigung meiner Ausrichtung folgt. Ich konzentriere mich auf das Davorliegende, das Glücksgefühl stellt sich automatisch ein. Aber es braucht eine Grundlage.

Es geht also einzig und allein darum, wie weit du deinen persönlichen Sinn entdeckt und verwirklicht hast. Es geht darum, welche Spuren du auf dieser Welt hinterlässt, was von dir bleibt. Von unserer Zeugung an wird unser Überlebensdrang von der Rechtfertigung unseres Daseins geprägt. Diese Rechtfertigung ist ein starker Motor, der den Menschen auf seinem Weg prägt. Leider sind es oft die Erwartungshaltungen anderer Menschen, denen wir zu entsprechen versuchen. Deswegen sage ich es dir am besten mit den Worten Oscar Wildes: „Sei du selbst! Alle anderen sind schon vergeben.“

Im Wirtschaftsbereich braucht es ein völliges Umdenken. Die bedingungslose Aufopferung für Umsatz, Gewinn, Kostenreduktion und Shareholder Value steuert viele Organisationen in eine Sackgasse ohne Wendemöglichkeit, aus der sie nicht mehr herauskommen. Unternehmen müssen einer sinnstiftenden Aufgabe nachgehen, das heißt, sie müssen etwas schaffen, machen, verhindern, das anderen mehr wert ist, als die dafür aufzubringenden finanziellen Mittel. Die Mittel an sich sind kein Zweck, sondern nur die Folge. Aber frag doch einmal deine Freunde, wofür das Unternehmen steht, in dem sie arbeiten. Was rechtfertigt die Existenz des Unternehmens? Wozu gibt es euch? Das sind Fragen, die vielfach nicht mehr beantwortet werden können. In der einen oder anderen Hochglanzbroschüre finden sich gute Statements, aber geh einmal in die Organisation, frag den Mitarbeiter am Gang, an der Maschine, beim Kopierer: „Wofür steht Ihr Unternehmen? Was ist der Zweck der Existenz?“ Wenn das die eigenen Leute nicht beantworten können, wie sollen das dann ihre Kunden und der Markt erkennen? Erfolgreiche Unternehmen artikulieren all ihr Tun und Handeln über einen eindeutigen Zweck oder „purpose“. Microsoft hat im Jahr 1975 formuliert: „Ein Computer auf jedem Schreibtisch und in jedem Zuhause.“ Die größte Einzelhandelskette der Welt, Wal Mart, sieht ihre Mission darin, einfachen Menschen zu ermöglichen, die gleichen Dinge kaufen zu können wie Wohlhabende. Der Traum von Wikipedia lautet: „Stell dir eine Welt vor, in der jeder einzelne Mensch freien Anteil an der Gesamtheit des Wissens hat.“ Das sind klare Statements für Sinn, Zweck und Erfolg. Umsatz, Gewinn und Shareholder Value sind die Folge dieses Erfolgs.

Wie machst du aus deinem Unternehmen ein purpose-fokussiertes, sinnstiftendes Unternehmen? Wie machen wir dich ER-FOLG-REICH? Auch wenn dich das jetzt gar nicht glücklich macht, die Sache beginnt bei dir. Von dir ist es weitgehend direkt abhängig, wie erfolgreich du deine Organisation machst. Bevor wir uns also dem Unternehmen zuwenden, möchte ich bei dir ansetzen. Ich möchte den Hebel deiner Wirkungskraft erhöhen. Du wirst wirksamer in deinem Tun und Handeln werden. Wenn du jetzt das Gefühl hast, dass du dieses Kapitel besser überspringst, habe ich dich erwischt. Gerade dann möchte ich dir die nächsten Seiten besonders ans Herz legen.

Zur Einstimmung hier eine Lebensweisheit von Hjalmar Söderberg (1869 – 1941), einem der berühmtesten und meistgelesenen schwedischen Schriftsteller des beginnenden 20. Jahrhunderts. Worum geht es uns Menschen denn wirklich? Wo liegt der tiefe Ursprung all unseres Wirkens?

Wir wollen alle geliebt werden.

Werden wir nicht geliebt,

wollen wir bewundert werden.

Werden wir nicht bewundert,

wollen wir gefürchtet werden.

Werden wir nicht gefürchtet,

wollen wir gehasst und missachtet werden.

Wir wollen ein Gefühl in unseren Mitmenschen auslösen,

ganz gleich, um welches es sich dabei auch handeln mag.

Die Seele zittert vor der Leere

und sucht den Kontakt um jeden Preis.

Dieser Aphorismus versinnbildlicht, wie sehr es in unserem Leben um Daseinsberechtigung und Verwirklichung unserer Vorhaben geht. Wir sind dazu geboren, Dinge und Vorhaben umzusetzen und in die Welt zu bringen. Dafür wollen wir geschätzt, geehrt, bewundert und vielleicht sogar geliebt werden. Es geht darum, WERT-Schätzung zu erfahren.

Wenn einem das durch positive Initiativen nicht gelingt, kippt man auf die andere Seite. Aus der Angst vor dem Tod heraus empfinden wir das starke Bedürfnis, Spuren – und wir denken wieder an die Skitour – zu hinterlassen. Eine ganze Reihe historischer Beispiele verdeutlicht diese These. Sie werden ersichtlich in der Geschichte und dem Wirken von Menschen, die ihr Dasein über Hass und Angst manifestiert haben. Dabei wollten sie wahrscheinlich einfach nur geliebt werden. Für mich gibt es nicht das Böse, nur zu wenig Gutes, das gefördert wird.


Man muss nicht vor jeder Skitour den Arzt konsultieren. Normalerweise reicht es, den eigenen Körper zu kennen und sich nicht vom Verstand blenden zu lassen. Das Stichwort hier ist der falsche Ehrgeiz. Ein angeschlagener Körper bremst als schwächstes Glied die gesamte Gruppe. Auch die Seele kann angeschlagen sein. Das passiert vor allem, wenn die Vergangenheit nicht aufgearbeitet ist. Du musst jetzt nicht zum Onkel Doktor gehen, um dich auf deine berufliche Tour vorzubereiten, aber zu wissen, wie man funktioniert, ist eine große Hilfestellung, um Herausforderungen zu meistern. Zunächst möchte ich noch einmal auf die Prägungen zurückkommen. Neben den Antrieben Glück und Erfolg, denen wir alle nachlaufen, versuchen wir auch oft, vor unserer Vergangenheit davonzulaufen, dabei stattet sie dich mit unfassbaren Schätzen aus, die aber nur dann wirken können, wenn sie dir bewusst sind.

Ein großer Schritt: ich und du

Eine schöne Geschichte erzählt von einem weisen Mann, der am Ende seines Lebens Bilanz zog: „Am Anfang wollte ich die Welt verändern. Als ich gesehen habe, dass ich das nicht schaffe, wollte ich mein Land verändern. Als ich gesehen habe, dass ich das auch nicht schaffe, wollte ich meine Stadt verändern. Als ich erkannte, dass ich meine Stadt nicht verändern kann, wollte ich mein Unternehmen verändern. Als ich das nicht geschafft hatte, wollte ich meine Familie verändern. Als ich das nicht geschafft hatte, habe ich begonnen, mich selbst zu verändern. Heute weiß ich, wenn ich zuerst mich selbst verändert hätte, dann hätte ich meine Familie verändert und dann sicherlich mein Unternehmen. Ich hätte meine Stadt verändert, hätte mein Land verändert und vielleicht sogar die Welt.“

Um sich dieser Einsicht zu stellen, muss man sich mit sich selbst beschäftigen. Die Überschrift soll dich nicht irritieren. Es geht hier noch lange nicht um Gruppendynamik, mit der wir uns später beschäftigen. Es geht darum, dass du dich mit dir beschäftigst und siehst, welche Erfahrungen, Fähigkeiten und Ängste du mitbringst, um dich neuen Herausforderungen stellen zu können.

In meiner Familie prägten mich …

… meine Großeltern

Unser Denken, unser Tun und unsere Mission sind maßgeblich von unseren Prägungen und Erfahrungen abhängig. Für mich ist es sehr wichtig, ein wenig auf meine Vorfahren, meine Familie und mein Leben einzugehen, weil ich sicher bin, dass meine Thesen, meine Orientierung und meine Mission direkt daraus ableitbar sind. Außerdem ist es wichtig, zu erkennen, woher wir kommen, um zu wissen, wohin wir gehen wollen. Blättern wir doch einfach mein Familienalbum durch. Vielleicht machst du das auch einmal für dich und ergründest, warum sich deine Geschichte so und so schreibt …

Jetzt hätte ich fast begonnen mit: „geboren am 15. Jänner 1966 in den aufstrebenden Sechzigerjahren“. Viel wichtiger ist aber das, was vorher war. Mein Vater Max Gnesda, ein Herr der alten Schule, geboren 1917, als es in Österreich noch einen Kaiser gab, entstammte mütterlicherseits einer Industriellenfamilie. Das Unternehmen hieß Breviellier & Urban. Die Urbans gehörten als Schrauben- und Bleistiftproduzenten mit sieben Fabriken in der Donaumonarchie zum Geldadel der Jahrhundertwende. Die Buntstiftmarke Jolly ist manchen sicherlich noch ein Begriff. Geld spielte keine Rolle. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als Huf- und Nagelschmied gestartet, wurde innerhalb von drei Generationen ein großes Imperium aufgebaut, vor dem Ersten Weltkrieg besaß die Familie die größte Schraubenfabrik der Welt. Der Tagesablauf im Leben meines Urgroßvaters stellte sich wie folgt dar: Frühstück um neun Uhr, vom Personal serviert, nachdem er vom Diener angekleidet worden war, dann Fahrt mit dem Chauffeur ins Büro. Von zehn bis zwölf Uhr Studium von Akten und Gespräche mit den Direktoren, dann Mittagessen, kurze Pause und am Nachmittag Kartenspiel, vielleicht ein kleiner Ausritt, bevor er am Abend in die Oper ging oder sich einer Gesellschaft anschloss. Eine typische Geschichte für eine aufstrebende Unternehmerfamilie. Vierzig Jahre nach dem Beginn als Huf- und Nagelschmied genoss man höchsten Wohlstand und ein angenehmes luxuriöses Leben. Es kam, wie es kommen musste: Das Unternehmen überlebte zwar den Ersten Weltkrieg, litt gewaltig Ende der 1920er-Jahre beim großen Börsenkrach, schaffte sogar noch den Zweiten Weltkrieg, nahm im Wirtschaftsaufschwung wieder kräftig Fahrt auf und wurde zur größten Schraubenfabrik Europas, bis es dann – stark dezimiert und an überbordender Verwaltung leidend und aufgrund einer Vielzahl von Fehlentscheidungen – in den 1970er-Jahren endgültig unterging und verkauft wurde.

Warum war das geschehen? Zunächst waren die Umstände der Zeit mit Kriegen, dem Untergang der Monarchie und dem Börsenkrach widrig, und zum anderen wurde es von Generation zu Generation schwieriger, zu vermitteln, dass es auf eine gute Idee, Enthusiasmus und eine gehörige Portion Einsatzbereitschaft ankommt. Heute würde man wohl sagen, es handelte sich um Managementfehler. Ich meine, dass Aufstieg und Fall großer Unternehmerdynastien primär mit der Einstellung der agierenden Personen zu tun hat. Es geht um die Wurzeln des Unternehmertums, die ich später noch erläutern werde. Aus Unternehmensverwaltern werden häufig Unternehmensverweser, was nicht weiter verwunderlich ist, wenn man von ihren ikonisierten Vorbildern ausgeht, die sich nicht an neue Bedürfnisse angepasst haben. Vorbilder sind gut und auch sinnvoll, aber Vorbilder unreflektiert in einem Rucksack mit sich zu tragen, die sich wie eine Last auf die Schultern legen, hemmen und beschweren eher. Diese Vorbilder waren früher innovativ. Wenn die Nachkommen an deren Verhaltensweisen und Prozessen festhalten, sind sie es aber nicht. Es ist nicht weiter überraschend, dass große Unternehmerfamilien häufig in dritter oder vierter Generation untergehen.

Meine Sicht der Dinge wurde stark durch meine Kindheit und meine Familie geprägt. Mein Großvater, Dr. Max Gnesda, war Arzt, Chirurg und Primarius an einem Spital. Er wurde 1868 geboren, zwei Jahre nach der österreichischen Niederlage gegen die Preußen bei Königgrätz. Meine Wurzeln liegen tief in der Vergangenheit. Um dir das näher vor Augen zu führen: Im gleichen Jahr hat sich der Architekt van der Nüll das Leben genommen, nachdem er die Kritik zur neuen Wiener Hofoper nicht mehr ertragen konnte, das Wiener Künstlerhaus wurde eröffnet, „Krieg und Frieden“ von Leo Tolstoi erschien und die Oper „Die Meistersinger von Nürnberg“ von Richard Wagner wurde uraufgeführt. Mein Großvater wuchs in Laibach auf. Meine Urgroßeltern besaßen dort das renommierte „Hotel Elefant“. Er war ein großer Liebhaber der Musik, der Berge und der bildenden Künste. Mit vielen Künstlern verband ihn eine innige Freundschaft. Er war Gründungsmitglied der „Gesellschaft der Wiener Musikfreunde“ und besuchte regelmäßig Konzerte und Opern. Sein Herz schlug für Richard Wagner, die „Meistersinger“ wurde seine Lieblingsoper, und Johannes Brahms. Letzteren hat er als Student einmal persönlich in einem Gasthaus angesprochen, eine handschriftliche Notiz mit Widmung von Brahms ist aus dieser Zeit erhalten geblieben. Als Arzt behandelte er viele Künstler, meist kostenlos. Der eine oder andere revanchierte sich mit einem Kunstwerk. So auch Oskar Kokoschka. Das Bild wurde allerdings weitergeschenkt, weil es keinen Anklang in der Familie fand.

Im Jahr 1902 heiratete er die Industriellentochter Auguste Urban, deren Familiengeschichte ich anfänglich geschildert habe. Auguste Urban schenkte vier Kindern das Leben. Allerdings verstarb die erste Tochter bereits im Alter von zwei Jahren. Die zweite Tochter erlag einer Blinddarmentzündung im Alter von sieben Jahren. Einzig meine Tante Mimi, geboren 1909, und mein Vater, geboren 1917, wuchsen in der Familie heran. Mir ist wichtig, dass du das weißt, weil ich überzeugt davon bin, dass der Verlust von Kindern in einer Familie speziell auf nachfolgende Kinder nachhaltige Wirkung hat. Ein befreundeter Arzt hat mir einmal von der Theorie erzählt, dass Kinder, die vorzeitig negativ verlaufenden Schwangerschaften oder verstorbenen Kindern folgen, ganz spezielle Eigenschaften teilen. Sie haben stets den Drang, ihr Dasein durch besondere Aktivität, Leistung und Aufmerksamkeit zu rechtfertigen. „Wenn das Kind überlebt hätte, würde es mich vielleicht gar nicht geben, daher muss ich es dieser Welt erst recht zeigen.“

Vielleicht legst du das Buch jetzt kurz einmal weg und denkst darüber nach, ob dir ähnliche Fälle bekannt sind. Wenn du Erfahrungen damit hast, teilen wir schon etwas, da mich ein ähnliches Schicksal ereilte.

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Дата выхода на Литрес:
22 декабря 2023
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193 стр. 39 иллюстраций
ISBN:
9783990404164
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