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Der Secretair der Marquise Du-Deffand

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– Ach, gnädigster Herr, wie dankbar bin ich Ihnen! Sorgen Sie stets so für meine Nahrung, aber beschäftigen Sie sich ferner nicht mehr mit meiner Wohnung.

Der Regent wollte antworten, als die Thür geöffnet ward, und ein Laquais den Grafen von Horn anmeldete. Das Gesicht des Fürsten zog sich augenblicklich zusammen, und Frau von Parabère ward feuerroth. Voltaire lächelte wie immer; aber er vermied es irgend eine Person anzusehen, sein Lächeln sagte genug.

Zwölftes Kapitel

Der junge Mann, der nun eintrat, war auffallend schön und auffallend geputzt; in seiner ganzen Person lag eine ungewöhnliche Distinction, die sich durchaus nicht verkennen ließ. Der Ausdruck seiner großen verschleierten Augen war eine rührende Melancholie, eine verhängnißvolle Traurigkeit, die einen unwiderstehlichen Zauber ausübte. Mit einem kaum merklichen Stolze, der sich unter einer tiefen Achtung verbarg, grüßte er zunächst den Regenten, dann Frau von Parabère affectirt ceremoniell; dann mich, und zuletzt Voltaire. So unerfahren und neu ich auch war, so errieth ich dennoch ein Geheimnis, und einen Zwang; ein Jeder, so schien mir, und vorzüglich der Herzog von Orleans, war unangenehm berührt.

– Ich glaubte, Sie seien abwesend, Herr Graf, sagte er endlich im Tone eines Gebieters, der fragt und tadelt.

– Ich bin in der That nach Deutschland verreist gewesen, gnädiger Herr; aber ich bin zurückgekehrt.

– Ihre Familie hat Sie erwartet, mein Herr; Ihre Mutter hat schriftlich »Madame« gebeten, Sie reisen zu lassen, und wir hatten uns verbindlich gemacht, Sie dem Prinzen, Ihrem Bruder, zurückzusenden.

– Verzeihung, mein gnädigster Herr, in diesen Worten waltet ein kleiner Irrthum ob; die Dinge sind nicht ganz auf diese Weise von Statten gegangen, und deshalb bin ich zurückgekehrt.

– Was heißt das, mein Herr? unterbrach ihn der Regent mit stolzer Hoheit. So hätte ich eine Lüge gesagt?

– Der Himmel behüte mich, so etwas zu denken, gnädigster Herr! Ich will nur sagen, daß man Sie getäuscht hat. Nicht meine Mutter hat um meine Zurückberufung geschrieben, sondern es sind von hier aus falsche Berichte an meine Familie gegangen, die sie über mein Betragen beunruhigt haben. Ich habe mich darüber erklärt, habe die Schriftstücke gesehen und die Verleumdung vernichtet. Sicher, daß man mich in meinen Plänen und Vergnügungen ferner nicht stören wird, bin ich zurückgekehrt.

– Ich wünsche es, mein Herr; aber ich fordere Sie auf, daß Sie sich Madame nicht vorstellen; die Mißachtung ihrer Gefälligkeiten und ihrer Vermittelung wird ihr sicherlich nicht gefallen, und Sie würden übel empfangen werden.

– Ich komme soeben von Ihrer Königlichen Hoheit; meine erhabene Cousine hat mich mit gewohnter Güte empfangen. Sie hat mir Anfangs ein wenig gezürnt, später aber verziehen, indem sie mich von unserm lieben Deutschland und von unsern Verwandten zu reden aufforderte.

Der Regent biß sich in die Lippen.

Der junge Mann spielte den Vorsichtigen.

Die Marquise brachte das Gespräch auf einen andern Gegenstand und zog Voltaire mit hinein, der sich bei Seite hielt, und mit seinem bekannten Teufel von Lächeln beobachtete. Er ließ sich bitten, denn Arouet war in seiner Jugend, wie ich bereits gesagt, kein Hofmann. Er hatte es gern, daß die Großen zu ihm kamen, und er ging ihnen nur entgegen, um über ihre Allmacht zu spotten. Es lag in ihm etwas von einem Regierungsunzufriedenen und von einem rebellischen Bürger. Damals war er noch nicht der Bastard-Edelmann, den wir seit jener Zeit gesehen haben. Frau von Parabère verlor die Geduld darüber und hielt sich an mich.

– Sehen Sie doch, gnädigster Herr, welche schonen Augen und Haare diese kleine Frau aus der Provinz besitzt. Sie könnte uns wahrlich um so mehr eifersüchtig machen, da sie nicht stolz darauf ist und es scheint, als ob Gott sie ebenso bescheiden und schön erschaffen hat, als Frau von Brancas häßlich ist.

Der Regent war zu artig, um mich nach einer solchen Aufforderung nicht anzusehen; er wandte den Kopf nach mir. Sein Auge sagte mir mehr, als Frau von Parabère vielleicht dachte. Ich senkte die Blicke zu Boden.

– Madame, begann der Fürst, werden Sie nicht in das Palais-Royal kommen? Es wird mich freuen, Sie recht oft dort zu sehen.

Ich verstand die Kunst nicht, zu sprechen, ohne etwas zu sagen, zu versprechen, ohne zu versichern. Ich ward roth und antwortete nicht. Die Marquise übernahm die Antwort.

– Morgen, mein gnädigster Herr, morgen werde ich sie bei Frau von Berry und bei Ihrer Königlichen Hoheit einführen; aber wir haben einen Ehemann aus Burgund, der das Wachen nicht liebt und es gern hat, wenn seine Frau ihm in allen Dingen nachahmt. Dieser Ehemann sieht in Ihnen nichts Anderes, als den Antichrist, den Teufel mit Horn und Gabel, und da wir noch jung sind, fürchten wir diese ehrwürdigen Personen, wir wagen nicht…

Der Regent horchte mit halb gesenktem Kopfe und als ob er einen Entschluß faßte.

– Herr Du-Deffand ist ohne Zweifel ein guter Soldat, Madame? Er hat gedient, ich weiß es – wird er eine vertrauliche Sendung übernehmen?

Ich ward roth bis unter die Augen. Da ich nicht dumm war, begriff ich den ganzen Umfang dieser Frage. Es widerstand mir, darauf zu antworten. Die Entfernung meines Mannes beunruhigte mein Gewissen. Ich fühlte, daß er mir eine Stütze, wenn auch eine schwache war, und daß ich, indem.ich an seiner Entfernung mitwirkte, mir das einzige Mittel raubte, den mich umgebenden Verführungen zu widerstehen. Der Vorschlag des Fürsten erschreckte mich.

Die mit aller weiblicher Schlauheit ausgerüstete Frau von Parabère bemerkte es; sie trat dazwischen, ohne mir Zeit zur Antwort zu lassen.

– Nein, nein, gnädigster Herr, was denken Sie? Es ist noch zu früh, um zwei Neuvermählte zu trennen, um diese junge Frau ihres Schützers zu berauben.

– Ja wohl, warf Voltaire ein, man lasse ihnen wenigstens Zeit, sich kennen zu lernen, damit sie sich verabscheuen können, indem sie erfahren warum.

Der Graf von Horn schwieg und sah die Marquise an, als der Regent ihn außer Acht ließ. Der Einzige, der sich von uns Allen nicht beengt fühlte, war sicherlich der Dichter; er lachte über Andere und betrachtete »den kleinen Raben« wie ein Schauspiel, um die Aufmerksamkeit von unserm kleinen Cirkel abzulenken und nach einem andern Orte zu übertragen, er erforschte den Hof und die Stadt, und fand Tugenden, die nicht existirten, Laster, die niemals bekannt gewesen, in der Absicht, ihren königlichen Liebhaber anderswo zu zerstreuen, der diesen Abend sehr geneigt zum Denken erschien.

– Sie kennen die Zänkereien der Frau von Pleneuf und der Frau von Prie, nicht wahr, gnädigster Herr?

– Ich habe davon gehört. Von Prie will seinen Gesandtschaftsposten nicht mehr, er, ist eben so unentschieden, als seine Frau selbst, die eine sehr hübsche Person ist.

– Wer zweifelt daran? Ich finde sie reizend und geistreich.

– Sie ist kaum achtzehn Jahre alt – nicht wahr, Marquise?

– Ich weiß es nicht genau, aber nach ihrem Gesichte zu urtheilen, muß sie noch jünger sein.

– Sie haben heute einen Tag der Gerechtigkeit, und es ist an Ihnen…

– Seien Sie eben so gerecht, als ich, sagte sie leise zu dem Fürsten, und indem sie sich mit einer liebenswürdigen Einfältigkeit ihm näherte. Zürnen Sie diesem armen Grafen von Horn nicht, der es auf keine Weise verdient.

Der Regent biß sich in die Lippen.

– Er! Er ist ein Mensch ohne Treu und Glauben, ohne Ehre, ein Leichtsinniger, ein Spieler!

Sie begann zu lachen, und entließ durch einen Wink den Grafen. Voltaire befand sich bereits in einem andern Saale und betrachtete ein Gemälde. Wir drei blieben allein.

– Philipp, sagte sie, stets noch lachend, sehen Sie mich an, wenn Sie können, und wiederholen Sie Ihre Vorwürfe.

– Ja, ich werde sie wiederholen, er ist ein Leichtsinniger, ein Spieler.

– Und Sie?

– Nun, ich besuche die Spielhäuser nicht, ich laufe auch nicht…

– Nein, weil Sie Alles zu Hause haben. Bekennen Sie offen, Sie zürnen diesem jungen Manne nicht wegen seines Betragens, um das Sie sich wenig kümmern, sondern weil Sie voraussetzen, daß er in mich verliebt ist.

– Sehe ich denn aus wie ein Eifersüchtiger? Ah, meine liebe Marquise, müßte ich mir einmal diese Mühe nehmen, anstatt das Königreich zu regieren, ich würde kaum im Stande sein, Ihre Liebhaber im Zaume zu halten.

– Spotten Sie, so viel Ihnen beliebt, wenn Sie mich nur anhören. Dieser junge Mann liebt mich, es ist wahr.

– Wirklich?

– Ja, er liebt mich, und es giebt deren noch mehre. Warum beunruhigen Sie sich darüber?

– Ich beunruhige mich nicht.

– Ach, gnädigster Herr, dies ist eben nicht schmeichelhaft für mich. Nehmen Sie sich in Acht!

– Madame, ich lasse Ihrer Tugend Gerechtigkeit widerfahren.

Wir waren zu drei; ich hatte große Lust, aufzustehen, denn meine Lage war nicht haltbar. Ich machte eine Bewegung – die Marquise hielt mich zurück, sie wollte ohne Zweifel einen Zeugen haben.

– Mein gnädigster Herr, fuhr sie beharrlich fort, und zwar mit einer gewissen Bewegung, Sie hassen den Grafen von Horn – gestehen Sie es ein?

– Madame, ich hasse nur die Feinde des Königs, ich habe nie die meinigen hassen können. Was meine Nebenbuhler anbetrifft, wenn ich deren habe, so verachte ich sie, oder ich vergesse sie. Ich begreife nicht, warum Sie sich so eifrig dieses Fremden annehmen? Er ist ein Vogel auf der Straße, unwürdig, daß wir uns Beide mit ihm beschäftigen. Mein Haß würde eine unverhoffte Ehre für ihn sein. Ich bitte, reden wir von andern Dingen, es ist schon zu viel. Rufen Sie Voltaire, Ihren Protegé, Sie stehen im Begriffe, Madame Du-Deffand glauben zu machen, daß ich Sie wie ein junger gascognischer Edelmann anbete, und daß ich aus Eifersucht meinen eigenen Schatten fürchte – dies hieße mich sonderbar beurtheilen, bekennen Sie es!

 

Die verschmitzte Marquise hatte ihren Zweck mit einer Kühnheit erreicht, die ich nicht vorauszusetzen gewagt hatte. Ich verstand damals nichts davon, später aber ward mir diese so geschickt angelegte Scene klar, deren Zweck der gute Fürst nicht ahnte. Er blieb noch einige Augenblicke, indem er mit Voltaire und selbst mit dem Grafen von Horn sprach, und zwar mit Letzterem auf eine Weise, als ob nichts vorgefallen wäre. Der Herzog von Orleans war gut, er besaß viel Geist, er führte eine anziehende Unterhaltung, er wußte selbst sehr viel, und wäre er ein schlichter Privatmann gewesen, es hätte wenig seines Gleichen gegeben. Ich war entzückt über ihn. Er verließ uns, indem er einem Jeden, selbst dem Grafen von Horn, eine Artigkeit sagte. Die Marquise begleitete ihn bis in das Vorzimmer, nicht um der Etikette zu genügen, sondern vertraut, den Arm auf seine Schulter gelehnt; sie legte sich durchaus keinen Zwang auf. Auch Voltaire und der Graf entfernten sich bald.

– Wo essen Sie zu Abend? fragte mich die Marquise.

– Zu Hause, mit meinem Manne.

– Wahrhaftig! Bleiben Sie hier. Ich werde meine Thür verschließen, und wir plaudern zusammen.

Dreizehntes Kapitel

Frau von Parabère lachte viel, ich habe es bereits gesagt; sie schien sehr lebhaft und ausgelassen zu sein, sie scherzte über die ernstesten Ereignisse, und dennoch fand ich, daß in dieser Fröhlichkeit etwas Gezwungenes, etwas Schmerzliches lag, wenn ich mich so ausdrücken darf. Sie schien gewaltsam eine Maske vor ihrem Gesichte zu tragen.

Wie fast jeden Abend, so sollte sie auch heute in dem Palais-Royal soupiren. aber aus einer Art Eigensinn leistete sie darauf Verzicht, um bei mir zu bleiben. Ich bemerkte die Veränderung ihrer Laune und fragte sie um den Grund.

– Ah, ah! entgegnete sie, einen Grund! Warum soll ich einen Grund haben? Warum soll ich mir darüber Sorgen machen? Ich habe meine Laune geändert, ohne es zu bemerken, und wenn ich Ihnen den Grund davon sagte, so würden Sie mir nicht glauben. Sprechen wir von andern Dingen, sprechen wir von Ihnen, erzählen Sie mir von Ihren ersten Jahren, von Ihrer Heirath! Sagen Sie mir, ob Sie einen galanten Mann haben, oder ob Sie uns eine Tugend voll Scheinheiligkeit und Frömmigkeit bringen. Das wäre Schade, wahrhaftig, mit einem so hübschen Gesichte wäre es Schade!

Ich hatte durchaus keine Lust, etwas zu erzählen. Obgleich Frau von Parabère mir ungemein gefiel, so machte sie mich dennoch bestürzt, ich war für so etwas nicht geschaffen. Der Antwort auf ihre Frage wich ich dadurch aus, daß ich auf Herrn Du-Deffand und auf die Art, wie unsere Verbindung entstanden, zurückkam. Sie spottete über meine Gutmüthigkeit, wie sie es nannte, und über meinen Entschluß, ihm durchaus treu bleiben zu wollen.

– Aber, Madame, wie kann ich meinen Mann täuschen…

– Man täuscht ihn nicht, meine Liebe, man amüsirt sich. Haben Sie ihn heute getäuscht? Und doch sind Sie hier ohne seine Erlaubniß.

Der Beweisgrund war ein scheinbarer, ich fand keine Antwort darauf. Aber ich war immer noch schüchtern auf diesem Wege, ich ging erschreckt weiter, denn ich fürchtete mich zu verirren und zu verlieren. Aber ich war auch neugierig, und wollte Kenntnisse sammeln; deshalb fragte ich viel. Der Marquise kam nichts gelegener, als daß sie antworten konnte. Wir plauderten wie zwei gute Freundinnen, und ich begann mich zu unterrichten, ich begann vorzüglich Vergnügen an diesem Unterrichte zu finden. Da trat ein Diener ein, und meldete einen Boten des Regenten an.

– Ach, sagte die Marquise mit einem Anfluge von Laune, was will er denn noch von mir? Ich hatte ihn schon vergessen.

Der Bote war ein Page, ein sehr hübscher Page, der Chevalier von Ravannes, eben so schlau als kühn, wie es seine Obliegenheiten erforderten. Er grüßte uns cavaliennäßig, und überreichte ein Billet, das Frau von Parabère mit ihren Fingerspitzen in Empfang nahm. Indem sie las, erröthete sie und biß sich in die Lippen.

– Wie, bin ich nicht Herrin meiner Zeit? Kann ich denn nicht zu Hause mit einer guten Freundin allein bleiben, ohne daß man nach mir schickt, weil das Souper in meiner Abwesenheit ein trauriges ist? Muß ich denn für Zerstreuung sorgen? Ich werde nicht kommen, Herr von Ravannes, sagen Sie dies Sr. Hoheit.

– Madame, Ihre Hoheit erwartet Sie!

– Nun, so mag sie mich erwarten.

– Man erwartet Sie, ebenso auch die Frau Marquise Du-Deffand. Ich bin beauftragt, Sie ganz besonders einzuladen.

– Mich? rief ich erschreckt.

– Ja, Madame! gab er mit einem sehr einnehmenden Lächeln zur Antwort.

– Wie, Madame Du-Deffand? Dann muß ich sie führen, dann muß ich sehen, wie sie diesen Abend zum ersten Male bei einem Souper im Palais-Royal auftritt. Ach, die kleine Frau, die sich vor Allem fürchtet, die uns für der Hölle entflohene Kinder hält! Das ist etwas anderes! Das kommt mir recht! Ich werde gehen – wir werden gehen! Ich werde mich unendlich amüsiren!

– Ich kann die Einladung nicht annehmen, Madame, antwortete ich bewegt.

– Nicht annehmen? Das wäre eine schöne Thorheit! Schlägt man dem Regenten etwas ab?

– Madame, ich habe den Befehl, Sie zu entführen. Ich war dem Weinen nahe.

– Unmöglich! Ich kann durchaus nicht! fuhr ich fort.

– Madame, ich habe den Befehl, nicht ohne Sie fortzugehen.

– Aber Herr Du-Deffand?

– Ich soll ihn, nachdem ich hier meinen Auftrag vollzogen habe, benachrichtigen. Mein gnädigster Herr hat daran gedacht, er denkt an Alles.

– Herr Du-Deffand wird in Zorn gerathen, er wird mir niemals verzeihen!

– Wird er es wagen, gegen den Herzog von Orleans in Zorn zu gerathen?

– Ach, daß ich Unglückliche hierher gekommen bin! Ich hätte auf meinen Mann, auf meine Tante hören sollen. Man hat es mir wohl gesagt, daß ich weiter gehen würde, als ich möchte.'

– Auf Ehre, Chevalier, sie ist bewunderungswürdig. Ich wette, daß sie weinen wird.

Ich hatte große Luft dazu, aber nie fand ich mich mehr daran verhindert. Ravannes und die Marquise brachen in ein lautes Gelächter über mich aus. Dies brachte mich wirklich in Zorn. Es gab indeß noch eine Stimme, die mir ein Ja zuflüsterte. Ich ward durch Furcht, durch einen Rest von Vorunheil zurückgehalten, außerdem hatte ich große Luft mich zu amüsiren, mehr aber noch große Lust das kennen zu lernen, was mich so heftig erschreckte. Ich machte noch einen letzten und schüchternen Einwand.

– Kann ich denn in einem solchen Anzuge gehen?

– Ihr Anzug ist gut, wenn wir ihm noch einige Schmucksachen hinzufügen, und dies ist das Werk eines Augenblicks. Sie werden dann schön, und noch schöner sein, als die andern. Sie fangen an, auf bessere Gedanken zu kommen.

– Nein, nein, Madame, ich will nicht, ich kann nicht!

– Herr von Ravannes, gehen Sie und benachrichtigen Sie Herrn Du-Deffand. Hören Sie nicht auf diese weinende Schöne. Während der Zeit bereiten wir uns vor. Ehe eine Stunde verflossen, wird man bei Tafel sein.

– Madame… mein Herr, unternehmen Sie Nichts! Begreifen Sie denn nicht, daß ich erst Morgen früh nach Hause kommen würde? Und wie wird man mich empfangen!

Das Lachen verdoppelte sich. Ich lachte nicht mit.

– Sie hat Furcht vor der Ruthe. Das ist köstlich! Schade, daß sie einen Mann hat, man würde sie sonst als eine Mündel des Königs einschreiben lassen, und alle Chamronds der Welt würden darüber ihr Latein vergessen. Gehen Sie, Ravannes, gehen Sie schnell! Um die Schwierigkeit zu beseitigen, werden wir sie morgen durch eine Korporalschaft der Wache nach Hause geleiten lassen, durch das respectabelste Corps Europa's – dann wird man sie gut empfangen.

Der Page entfernte sich. Halb freiwillig, halb gezwungen folgte ich Frau von Parabère in das Toilettenzimmer. Sie rief ihre Frauen, die mich wie eine Puppe putzten und coiffirten, ohne daß ich eine Hand anzulegen brauchte. Die Marquise kreiste um mich herum, sie ordnete an und gab Befehle. Ich ließ Alles mit mir geschehen, und mußte bald über mich lächeln, denn ich fand, daß ich schön war. Dies war mehr als die Hälfte des zurückgelegten Wegs.

Der kleine Rabe dachte bei sich, Niemand hat mehr Geschmack. Ich sah, daß sie sich plötzlich umwandelte, die Lebhaftigkeit ihrer Bewegungen setzte mich immer mehr in Erstaunen. Aber ihr Lachen war verschwunden, seit sie sich nicht mehr mit mir beschäftigt; ihr Gesicht hatte einen so ernsten Ausdruck, wie ich ihn früher nicht bemerkt.

– Man zwingt mich, diese Nacht zu kommen, sie sollen mir dafür zahlen! Ich werde Niemanden verschonen, und wir werden dann sehen, wie sie mir meine Freiheit danken.

– So sind Sie schlecht?

– Ich bin wüthend. Es ist mir unerträglich, daß man mich stört, und daß mein Liebhaber mir gegenüber den Fürsten spielt. Ich bin dieses Joches müde.

– Warum brechen Sie es nicht?

– Es brechen! Das ist leicht gesagt; aber was soll ich dann beginnen?

– Es giebt noch so viel Dinge!

– Es giebt keine. Mein liebes Kind, merken Sie sich das, ich habe heute meinen Tag der Wahrheit, und ich theile Ihnen jetzt eine Wahrheit mit: es giebt eine gewisse Existenz, die nothwendig wird, wenn man sie erkannt hat. Man verwünscht sie, man beklagt sie, man rast, man will sie aufgeben; aber man kommt unwillkührlich darauf zurück, man kann eine andere nicht mehr beginnen, alles Uebrige wird zum Ekel, und hieraus entsteht das unmögliche Glück, weil man es nirgends finden kann. Diese Existenz nun ist die meinige, und sie wird die Ihrige werden, zweifeln Sie nicht daran. Lassen wir uns dadurch aber nicht behindern, mit Seiner Hoheit zu Nacht zu essen, und uns zu beeilen, denn man erwartet uns.

Vierzehntes Kapitel

Wir betraten den königlichen Palast. Ich konnte mir über die Vorgänge noch keine Rechenschaft ablegen. Ich ward mit fortgezogen ohne zu wissen wohin, und ohne zu überlegen; ich war mehr als zur Hälfte zufrieden und suchte meine Unruhe zu verscheuchen. Gern hätte ich gesagt, wie eine Person aus dem Alterthume:

»Morgen kommen die ernsten Angelegenheiten.«

Wir stiegen eine kleine Treppe hinan, denn wir gingen zu einem vertrauten Souper. Die Zimmer, die wir betraten, waren durch die Gänge nur wenig erhellt, aber die Marquise kannte sie genau. Ein roth gekleideter Knabe ging vor uns her. Weiterhin fanden wir Kammerdiener, dann Huissiers, und endlich die geöffneten Thüren eines Saales. Ich fühlte, daß ich mich in einer duftenden Atmosphäre befand, in dem Scheine von tausend Kerzen, wo reizende Frauen und elegante Männer plauderten und nach Herzenslust lachten. Ich war geblendet, betäubt, und hörte nicht, daß mich Frau von Parabère dem Regenten vorstellte, den ich Anfangs nicht grüßte, weil ich weder hörte noch sah. Als ich mich ein wenig erholt, unterschied ich den Fürsten, der mir die Hand leichte; ich bemerkte zwei oder drei Schönheiten, die mich prüfend ansahen, und hörte die Marquise, welche nach den Namen der Gäste fragte.

– Wen haben wir diesen Abend, gnädigster Herr?

– Frau von Sabran, Frau von Phalaris, Frau, von Lussan, Frau von Pleneuf; Nocé, Richelieu, Lafare, Simiane, Lauzün… und ich weiß nicht, wen noch.

– Wie, der alte Herzog von Lauzün?

– Setzt Sie das in Erstaunen? Ich war noch erstaunter darüber, denn ich verzeihe ihm das schöne Stück Arbeit nicht, das er mir im Luxembourg gemacht hat; aber er hat mich mit jener Unverschämtheit gebeten, bei mir soupiren zu dürfen, die Sie kennen, und ich habe nicht gewagt, ihn abzuweisen.

– Wird man aus dem Luxembourg kommen?

Der Fürst zuckte mit den Achseln.

– Sprechen Sie nicht davon, diese thörichte Liebe entführt uns ihn – sie will mit ihm allein bleiben; es ist ein wahrer Scandal!

– Ich werde ihm morgen Madame Du-Deffand vorstellen; ich werde es sehen.

Die Herzogin von Berry, die Tochter des Herzogs von Orleans, von der die Rede war, bewohnte den Luxembourg. Sie war in den Herrn von Riom, den Neffen des Herzogs von Lauzün, verliebt. Dieser, ein Mann von mehr als achtzig Jahren, einst der Geliebte von Mademoiselle, hatte seit einigen Jahren erst eine reizende Person geheirathet, die Tochter des Herzogs von Lorges, Schwester der Herzogin von Saint-Simon; er hielt seine Gattin in Passy eingesperrt, und machte sie unglücklich bis zum Sterben. Dies geschah aus einer sehr ungegründeten Eifersucht. Trotzdem aber suchte er sich Maitressen, rühmte sich, solche zu haben, lief den hübschen Frauen nach, und besuchte übel berüchtigte Orte.

Da sein Neffe der Frau von Berry gefiel, gab sie ihm die besten Nachschlage über die Art und Weise sich zu betragen, und brachte die Enkelin Ludwigs XlV. dahin, daß sie heimlich einen Edelmann aus Gascogne Heirathete, wie er selbst einst die Enkelin Heinrichs IV. geheirathet hatte. Dies sind zwei sehr hervorragende Thaten in dem Leben eines Mannes.

 

Lauzün, der übrig bleibende, hatte ein gewöhnliches Gesicht mit einem impertinenten Ausdrucke, und eine kleine von Stolz und Eigendünkel aufgeblähte Gestalt; er besaß viel Geist, eine Sicherheit, die nichts Wanken machte, große Ruhmredigkeit, eine Meinung von sich selbst, die an Verehrung grenzte – mit einem Worte, er war eine jener Persönlichkeiten, aus der man in jugendlicher Verirrung und Hitze einen Geliebten, aber nie einen Freund machen kann. Dies ist nur ein schwacher Umriß von jener außergewöhnlichen Ruine; später wird man ihn besser kennen lernen.

Frau von Parabère näherte sich den Frauen, die sie erwarteten; ich folgte ihr. Frau von Sabran hatte zuerst die Gewogenheit des Regenten mit ihr getheilt; sie hatte ihren Platz der Frau von Phalaris eingeräumt, und erschien jetzt in dem königlichen Palaste nur als Gast.

Die Herzogin von Phalaris, deren Mann der Papst zum Herzoge gemacht hatte – diese Erhebung hatte weiter keine Folgen, man schlug seinen Rang eben nicht hoch an – war eine große, dicke Blondine mit weißer Haut, schmachtenden Augen und einem… zweideutigen Betragen. (Mein kleiner Secretair braucht dieses Wort nicht zu verstehen.)

(Anmerkung des kleinen Secretairs: Er versteht es ganz gut!)

Frau von Phalaris besaß durchaus keine Grazie, aber sie wußte diesen Fehler durch einen andern, für den Regenten äußerst werthvollen zu ersetzen: dies geht uns nichts an.

Die Marquise, die sie nicht leiden konnte, hatte den Entschluß gefaßt, sie zu verspotten; sie begann, sie mit Complimenten über ihre Toilette zu überhäufen, die, beiläufig gesagt, einen sehr schlechten Geschmack verrieth. Sie bestand nur aus Bijouterien, Goldstoff, Perlen, Diamanten und Halsbändern. Das Kleid ließ fast ihre ganze Brust sehen. Auch als ihre Rivalin sagte sie der Frau Sabran, wie heimlich, aber so, daß es alle verstehen konnten:

– Diese gute Herzogin weiß wohl nicht, daß die Männer nur das betrachten, was man ihnen verbirgt.

– Madame, antwortete Frau von Phalaris beleidigt, indem sie auf das einfache Costüm der Marquise anspielte, Sie tragen ein reizendes Hauskleid, es sitzt Ihnen zum Entzücken; aber Sie sehen aus, als ob Sie eben aus dem Bette gestiegen wären.

– Ich mache es nicht wie Sie, Madame; man möchte schwören, daß Sie sich seit gestern Abend nicht schlafen gelegt hätten.

– Dies begegnet wohl mitunter den schönen Frauen unserer Zeit? fragte unschuldig der Herzog von Lauzün. In meiner Jugend gestand man solche Dinge nicht ein, und keiner von uns rühmte sich eines solchen Sieges, unbeschadet des Reversino und des Landsknechts.

– Andere Zeiten, andere Sitten, Herr Herzog. Sie würden heute sicherlich ein ähnliches Glück zur Schau stellen, wenn es Ihnen begegnete.

– Verzeihung, Madame, ich bin nicht der Regent, ich bin, Gott sei Dank, noch weniger als der Graf von Horn, und nicht mehr als der Marquis…

Zum Glück für Frau von Parabère unterbrach die Ankündigung des Souper diese Litanei, denn der boshafte Greis war aller Scham baar, und man konnte ihm gegenüber nie das letzte Wort behalten.

Man ging in den Speisesaal. Welch ein Wunder von Eleganz und Reichthum! Man ließ mich zwischen Herrn von Lauzün und dem Regenten Platz nehmen. Zur Rechten des Letztern saß Frau von Parabère, neben dieser der Herzog von Richelieu.

– Gnädigster Herr, rief unbesonnen Herr von Nocé, werden wir den Kardinal nicht sehen?

– Er erwartet die Erlaubniß der Frau von Parabère, die ihn verbannt hat, wie ich voraussetze. Doch nein, da ist er ja! Setze Dich zu Tische, Abbé, und erzähle uns Neuigkeiten. Wenn Du keine weißt – wer soll uns welche mittheilen?

– Ich weiß nur zu viel, mein gnädigster Herr. Die gewisstste ist, daß ich alt werde und das Gedächtniß verliere.

– Was Haft Du vergessen?

– Mein Souper von gestern.

– So warft Du wohl sehr krank?

– Man setzt Abends, wenn ich arbeite, eine Suppe und ein Geflügel neben mich; geschähe dies nicht, so würde ich oft nüchtern schlafen gehen. Gestern um zehn Uhr bekam ich Hunger, ich fragte nach meinem Souper – meine Leute versicherten, daß ich es gegessen habe, und dennoch…

– Sie müssen es gegessen haben! unterbrach man ihn von allen Seiten.

– Die Geschichte durchläuft ganz Paris, sagte mir Lauzün in's Ohr; sein Haushofmeister hatte ihn vernachlässigt, und man hat für ihn diese Fabel erfunden. Der große Minister glaubt sie!

– Hast Du Deine Officianten nicht getödtet? fuhr der Fürst fort.

– Da hätte man viel zu tödten, von dieser Sorte ist stets vorhanden! Mein gnädigster Herr verlangt Neuigkeiten? Gut, ich habe einige wissenswerthe: zunächst die lauten Klagen der Polizei gegen die Frau Marquise von Parabère.

– Gegen mich?

– Ja, Madame! Sie allein geben uns mehr zu thun, als alle Unterthanen des Königs zusammengenommen.

– Wie?

– Die Rapporte sind voll von Ihnen. Ueberall hört man von Opfern Ihrer Augen, die sich tödten oder vor Verzweiflung sterben. Wir wissen nicht, was wir davon denken sollen.

– Es giebt Leute, die nicht davon sterben, sagte die Gräfin von Lüssan.

– Haben Sie die Güte, Madame, diese Leute aufzunehmen; Sie üben eine Großmuth, die ich Ihnen Dank weiß! antwortete Frau, von Parabère.

– Ah, wenn man einer solchen Kleinigkeit wegen stürbe, rief der Marquis Lasare, so würde keiner von uns Hier sein.

– Wie, eines Korbes wegen?

– Ich erkläre, daß ich nie einen Korb erhalten habe! lief läppisch Herr von Richelieu.

– Und ich erkläre, daß ich nie einen gegeben habe! Ueber diese Unschuld der Frau von Phalaris brachen alle Gäste in ein lautes Lachen aus.

– Mein Gott! Diese Frau wäre mitunter geistreich, wenn sie nicht so dumm wäre, flüsterte die Marquise ganz leise ihrem Nachbar zu.

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