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Der Secretair der Marquise Du-Deffand

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Achtzehntes Kapitel

Erstaunt und verwirrt über diese Vorgänge, folgte ich der Fürstin und den beiden Damen. Wir traten intimen kleinen Speisesaal, der so niedrig wie ein Zwischenstock war; aber er war sehr freundlich, hell und traulich, eine Art indischer Vogelbauer, wohl versteckt, und nur den Eingeweihten zugänglich.

Ein Haushofmeister, die Serviette unter dem Arme, stand neben der Thür. Als er die Fürstin bemerkte, verschwand er.

– Aber, Madame, binden Sie wenigstens Ihre Haare auf, sagte Frau von Mouchy, indem sie sich ihr näherte; man wird sie Ihnen später ordnen. Lassen Sie uns ruhig zu Mittag essen, ich bitte Sie um der Liebe Gottes willen!

– Gott hat hier nichts zu schaffen, Frau von Mouchy; was die Liebe anbetrifft – ah, das ist ein anderes Ding; damit sie uns komme, lassen Sie gefälligst den Grafen rufen.

Die Marquise entfernte sich durch dieselbe Thür, durch die der Haushofmeister verschwunden war. Nach einigen Secunden kam sie zurück; ein Mann folgte ihr. Dieser Mann war groß, stark, sehr häßlich, außerordentlich gemein, hatte ein mit Finnen besäetes Gesicht, ein wiederwärtiges Benehmen, trug Hals und Brust bloß, und glich mit einem Worte allen Dingen, nur nicht dem Tyrannen einer Enkelin von Frankreich. Frau von Berry ging ihm entgegen; ihr Gesicht leuchtete, als sie ihm sagte:

– Kommen Sie, man erwartet Sie, schöner Sieger. Zunächst wollen wir speisen, das Uebrige wird sich finden.

Ohne zu antworten grüßte Herr von Riom zuerst die Prinzessin, dann uns.

Frau von Parabère war nicht die Frau, um bei dieser Feierlichkeit lange auszuharren.

– Wahrhaftig, mein Herr, sagte sie, Sie haben geschworen, den Herrn Regenten seines Charakters zu berauben, und diese gute Prinzessin so zu quälen, daß sie stirbt. Was liegt Ihnen daran, sie in Trauer zu sehen?

– Ich weiß nicht, was Sie wollen, Madame? Ich quäle Niemanden! antwortete er mit der Miene eines gemeinen Menschen.

Welch einen seltsamen Geschmack hatte die Herzogin von Berry!

– Sie handeln klug, wenn Sie Ihre Forderungen verschweigen, mein Herr; aber Sie können ohne Furcht reden. Die Frau Marquise Du-Deffand ist keine Fremde; sie besitzt zu viel Geist, um die Dinge nicht schätzen zu können. Außerdem begreife ich nicht, warum Sie sich in diesem Augenblicke verstecken, da Sie sich doch denen so stark zeigen, die Sie nicht sehen sollten.

Der Graf von Riom hegte einen Grundsatz seines Onkels, des Herrn von Lauzün, dessen Befolgung ihm gelang: er war im höchsten Grade unverschämt. Während er der Welt eine unterwürfige Artigkeit zeigte, behandelte er die Prinzessin mit der gemeinsten Grobheit. Der alte Günstling von Mademoiselle behauptete, daß dies das beste Mittel sei, sich die königliche Eroberung zu erhalten. Als er mir eines Tages dieses schöne System mittheilte, fragte ich ihn, wo er es in Ausübung gebracht habe.

Er konnte nichts darauf antworten.

Als wir einst von der Jagd zurückkehrten, fragte ich ihn:

– Ist es wahr, daß Sie die Enkelin Heinrichs IV. zu Ihrem Kammerdiener gemacht und ihr gesagt haben:

»Louise von Bourbon, ziehe mir die Stiefel aus!«

Der Herzog stieß einen Schrei der Wuth aus.

– Barmherzigkeit, Madame! Wer ist der Schulfuchs, der Ihnen dies gesagt hat? Wiederholen Sie es niemals wieder, oder man möchte glauben, Sie verkehrten mit Laquaien. Ich, Antoine de Compar de Caumont, sollte so mit Mademoiselle reden! Mit Mademoiselle, der stolzesten und erhabensten Prinzessin in der ganzen Welt! Haben denn die Leute, die solche Dummheiten reden, die Fronde, die Einnahme von Orleans und das Kanon der Bastille vergessen? Hätte Ludwig XIV. selbst, hätte es der angebetetste Geliebte selbst gewagt, solche Worte an Mademoiselle zu richten, ich schwöre Ihnen, er wäre nicht lebendig aus ihrem Zimmer gekommen – sie würde ihn sicherlich durch das Fenster geworfen haben. Es ist ein Glück, daß sie nicht an das wirksame Mittel Christinens von Schweden gedacht, daß sie keinen öffentlichen Verweis gegeben hat, daß sie vielmehr entschuldigte, indem sie sagte:

»Wenn dieser Mann sich an ihr vergangen hätte, so wäre er ihr Domestik, die Königin hat wohlgethan, ihn dafür zu bestrafen.«

– Aber Sie waren doch nicht ihr Domestik?

– Nein, ich war ihr Mann.

– Nun, ich sehe, daß Sie in Ihren Worten schlauer sind, als in Ihren Handlungen, und das beruhigt mich wieder. Aber warum erziehen Sie Ihren Neffen auf diese seltsame Weise? Was gedenken Sie aus ihm zu machen?

– Parbleu, meinen Rächer! Ich habe mit dem Hause Bourbon abzurechnen. Ich bewahre ihm den Groll wegen meiner Gefangenschaft, meines Exils, meiner Ungnade, und diese kleine Herzogin wird für die Andern zahlen.

– Sie bewahren diesem armen Hause Bourbon auch noch andere Dinge.

– Was noch, Madame?

– Vermuthlich seine Thaler. Haben Sie nicht das schönste Ihrer Güter von ihm erhalten?

Er hatte auf Alles eine Antwort; hier blieb er stumm.

Kehren wir jetzt in den Luxembourg zu dem unglaublichen Mittagsessen zurück, das ich nicht zu erzählen wagen würde, wenn nicht zweihundert Zeugen ähnlichen Scenen beigewohnt hätten.

Herr von Riom begann mit der Marquise zu scherzen, die stets auf die Trauer und den Reiher zurückkam, und ihre Beute nicht fahren ließ. Der Graf besaß wenig Geist, er schlug sich mit seinen eigenen Worten, ein Unglück, das ihm die Laune verdarb. Frau von Parabère gegenüber blieben seine Manieren gut; die Prinzessin aber behandelte er dergestalt, daß sie weinte.

– Ich weiß wahrhaftig nicht, was ich machen soll, sagte diese unglückliche Frau; ich kann Sie nie zufriedenstellen. Sie scheinen mich als eine Sklavin zu betrachten. Ihre Launen werden endlich unerträglich, und…

– Bah, bah! Man muß Ihren Stolz zügeln, Madame, denn Sie würden sonst Dummheiten begehen und glauben, daß Sie über den Kaiserinnen ständen. Ihre Heerpauken waren einst in Paris von großer Kühnheit, weil der König dort ist. Hat man jemals mit einer solchen Vermessenheit reden gehört? Man muß Ihnen darthun, Madame, daß Sie von demselben Stoffe geformt sind, wie wir; man muß Sie von Zeit zu Zeit an Diejenigen erinnern, die Sie mit Füßen treten, denn Sie würden sonst schlimmer werden, als Satan, und der Blitz würde Sie zerschmettern, wie ihn. Sie sehen, man leistet Ihnen einen Dienst.

Frau von Berry, die so gebieterische und heftige Dame, weinte vor Zorn, und riß sich vor Wuth die Haare aus.

Die Lippen der Frau von Mouchy umspielte ein leises

Lächeln, ein Lächeln, das mir Manches offenbarte.

Ich beobachtete damals schon.

– Ich werde mich bei meinem Vater beklagen, sagte endlich die Herzogin.

– Das ist nicht nöthig, Madame. Der Regent hat zwischen uns nichts zu suchen. Von dem Augenblicke an, daß meine Gewohnheiten Ihnen mißfallen, ziehe ich mich zurück, und ich versichere Sie, es wird nur nicht schwer werden. Außer Ihnen giebt es nichts in diesem Lande, das mich fesselt; ich werde wieder Hasen schießen, und in meinen Bergen nach Wölfen jagen. Da meine Freundschaft für Sie durch eine solche Undankbarkeit belohnt wird, würde es Unrecht sein, Sie noch ferner zu langweilen. Adieu, Madame!

– Nein, nein! rief die thörichte junge Frau.

Dann lief sie weinend zu ihm.

– O, lassen Sie ihn doch gehen, Madame; es fehlt wahrlich nicht an wohlgewachsenen und starken Burschen, die mit diesem kräftigen Jungen, der Ihnen so gefällt, Faustschläge wechseln; es fehlt nicht an geistreichen Burschen, die ihn zum Schweigen bringen, auch nicht an brutalen, die Sie, wie er, behandeln; da es Ihnen Vergnügen macht, werden Sie wenigstens die Veränderung dabei gewinnen.

Aber die Herzogin hörte nicht; sie rief den Grafen zurück, der sich entfernen wollte, und sagte ihm zärtlich:

– Ich werde den Reiher mit Rubinen anlegen.

– Legen Sie den Teufel an, wenn Sie wollen, aber behandeln Sie mich nicht so in Gegenwart einer reizenden Dame, die mich obendrein zum ersten Male sieht. Was wird sie von mir denken? Und dennoch tragen Sie die Schuld daran!

– Ich weiß, was ich denke, aber ich sage es nicht; Sie verrathen es.

Zweiter Band

Erstes Kapitel

Das, was ich im Luxembourg gesehen hatte, war eben nicht einladend für mich, und ich pries mich glücklich, als Frau von Parabère aufstand, um zu gehen. Wir hatten der Toilette der Frau Herzogin von Berry beigewohnt, die weinend und seufzend ihre Rubinen anlegte, und sich dabei durch den Gedanken tröstete, daß der Gesandte von Baiern vor dem folgenden Tage nicht kommen würde.

– Bis dahin, fügte sie hinzu, wird er andern Sinnes sein, und wir haben eine andere Laune.

– Aber wie kommt es, Madame, antwortete die Marquise, daß Sie von Herrn von Riom erdulden, was ich Ihrem Herrn Vater nicht erlauben würde?

– Rabe, darin liegt keine Aehnlichkeit. Ich verspreche Ihnen, diesen Abend im Palais-Royal zu soupiren, und auf einige Stunden den zu vergessen, der mich Alles vergessen läßt.

Die Prinzessin fügte einige für mich sehr liebenswürdige Phrasen hinzu, und lud mich ein, recht oft wiederzukommen. Dies reizte mich zwar wenig, aber ich kam wieder.

Als wir in der Carosse saßen und allein waren, sagte die Marquise mit einer Art Widerwillen:

– Puah! Alle diese Dinge stoßen mich zurück, und ich glaube wirklich, daß Frau von Sabran Recht hat.

– Was hat Frau von Sabran gesagt?

– Als sie einst mit uns Allen bei der Frau Herzogin von Berry soupirte, hat sie eines jener Worte gesagt, die hinreißen, und die man nie vergißt.

– Aber was ist es denn?

– Sie hat gesagt: nachdem Gott den Menschen geschaffen, hat er einen Rest von Koth genommen und daraus die Seele der Fürsten und der Laquaien gebildet. Ich versichere Sie, dies ist wahr. Sehen Sie diese Enkelin von Frankreich an, die sich von einem Gascogner in die Gosse schleppen läßt – von einem Menschen ohne Schönheit, ohne Geist, ohne Talent; und einzig und allein nur deshalb, weil er das Benehmen eines Lastträgers hat, und weil er aussieht, als ob er zuschlagen wollte. Ist das nicht schändlich? Ich wette, daß er sie schon wieder hat auskleiden lassen, und daß er eine andere Ertravagance von ihr fordert. Sie ist immer so gewesen.

 

– Wahrhaftig?

– Ohne allen Zweifel! Vierzehn Tage nach ihrer Hochzeit, nicht nach der Trauung… sie war kaum sechzehn Jahre alt – war sie in Lahaye verliebt, den Stallmeister des Herzogs von Berry. Zuerst hat sie ihm Nichts verweigert, dann fand sie es für gut, mit ihm zu entfliehen, ihre Diamanten bei ihrer Kammerfrau zu lassen, ihrem Vater fünfhunderttausend Livres zu stehlen, und in Holland oder in England ihrer Liebe nachzuhängen.

– Ist es möglich?

– Glücklicherweise fürchtete Lahaye für seinen Hals; er ging zu dem Herzoge von Orleans und entdeckte ihm Alles. Dieser nahm die Kostbarkeiten und das Geld zurück, bat seine Tochter, ihren Liebhaber bei verschlossenen Thüren zu behalten, und hatte nicht den Muth, ihr ein böses Wort zu sagen. Er fürchtete sie mehr, als Ludwig XIV. selbst, und zwar deshalb, weil sie ihn für einen Tyrannen hielt. Armer Philipp! Er wird nie Muth haben, einem schwachen Wesen gegenüber, er wird ihm nie ein Nein entgegenstellen können.

Man begreift wohl, daß mich dies bei meinen Provinzbegriffen in Erstaunen setzte. Ich war davon wie berauscht und empfand das gebieterische Bedürfniß, in meine Wohnung zurückzukehren, um mich zu sammeln. Mir wirbelte der Kopf. Ich bat die Marquise, mich nach Hause zu begleiten; sie drang in mich, mit ihr in die Oper zu gehen. Ich dankte ihr, denn ich befand mich wirklich unwohl.

Nachdem ich ihr das Versprechen gegeben, am andern Morgen sie zu besuchen, trennten wir uns.

Auf der Treppe begegnete ich meiner Cousine; flüchtig grüßend eilte sie vorüber. Man hätte darauf schwören mögen, daß ich verpestet sei. Obgleich ich gegen solche Erscheinungen noch nicht genug abgehärtet war, um mich nicht darüber zu grämen, so forderte ich doch keine Erklärung. Ich war zu stolz, um mich zu rechtfertigen.

Oben an der Treppe erwartete mich mein Laquais; er überreichte mir ehrfurchtsvoll einen Brief, auf dessen Beantwortung man schon lange gewartet hatte. Fräulein Delaunay lud mich in diesem Briefe im Namen der Herzogin von Maine ein, am folgenden Tage nach Sceaux zu kommen. Man wollte eine »weiße Nacht« feiern, es sollte ein »Ritter von der Fliege« aufgenommen werden, und man rechnete um so mehr auf mich, da auch eine Comödie stattfinden sollte. Mir stand eine glänzende Rolle bevor. Eine Carosse der Prinzessin sollte mich holen, denn man nahm an, daß ich noch keine besitze, da ich erst neu angekommen sei.

Glück über Glück! Nun sollte ich auch nach Sceaux kommen! Es gab keinen Vorwand, die Einladung abzulehnen. Aber was würde man im Palais-Royal sagen? Ich war noch zu jung, zu isolirt, um mich in diese Intriguen zu wagen. Das vorherrschende Gefühl in mir war das Erstaunen. Die Neugierde führte mich nach Sceaux. Man sprach ja so viel von diesem Hofe, von dem, was dort vorging, von dem seltsamen Leben, das Frau von Maine führte, und von den Vergnügungen, die sie ihren Freunden bot. Ich traf.meine Vorbereitungen, indem ich der Frau von Parabère schrieb, daß ich für den folgenden Tag nicht frei sei, ohne eine weitere Erklärung hinzuzufügen. Dann dachte ich in meinem Zimmer über das nach, was ich gesehen hatte, und was ich noch sehen sollte.

Ich war nicht lange allein. Man kündigte die Herren Pont-de-Veyle, d'Argental und Milord Bolingbroke an, die zum Souper bei Madame von Feriol kamen, wo man sich einen vergnügten Abend machen wollte. Ich wollte ablehnen, denn ich empfand das Bedürfniß nach Ruhe; aber sie machten sich über mich lustig, und zogen mich mit fort. In einem so tollvergnügten Leben war die Ruhe nicht erlaubt. Man mußte sich ohne Unterlaß amüsiren, und sollte man auch darüber bersten. Ich verlangte nichts Besseres. War ich auch ein wenig verwirrt und noch nicht recht daran gewöhnt, so folgte ich doch dem Beispiele der Andern. Aber meine größte Feindin begann sich zu regen, und ich konnte auf dem Wege des Vergnügens, der nie der meinige war, nicht gleichen Schritt halten.

Es schien, als ob man sich doppelt anstrengte. Es war eine Art Fieber, Man langweilte sich entsetzlich unter dem seligen Könige. Man war dergestalt eingezwängt und maskirt, daß man vor Begierde brannte, die Maske abzuwerfen und sein Gesicht zu zeigen. Gott weiß, was für ein Gesicht man wirklich zeigte!

Wir gingen zu Frau von Feriol. Als sie uns empfing, befand sich Voltaire zu ihrer Rechten, Düclos zu ihrer Linken. Hier sah ich zum ersten Male den Mann, von dem man so verschieden gesprochen hatte. Düclos war um diese Zeit noch sehr jung, er trug schon in seinem Gesichte die Spuren von dem, was er wirklich war, das heißt, seine Physiognomie drückte Verschlagenheit, Schlechtigkeit, Neid und Liebe zur Herrschsucht aus. Er besaß Geist, aber einen gewöhnlichen Geist ohne Grazie und Anziehungskraft. Man liebte Düclos nicht, man duldete ihn. Man suchte ihn nicht, denn man fürchtete seine Epigramme.

Dies Alles war damals noch in der Entwickelung begriffen; er war damals noch nicht einmal in der Literatur aufgetreten, wohl aber in der Welt. Ungeachtet seiner Jugend sah er schon nach Etwas aus; seine Manieren waren unbeholfen, aber man lachte nicht darüber, denn er besaß die Kunst, sie durch einen glänzenden Aplomb zu mildern. Der Abbé Dangeau hatte ihn eingeführt. Dangeau war der Bruder des Marquis, des Historiographen Ludwig's XIV. Der Marquis hatte ihm in der Straße de Charonne eine Art Schule für junge Edelleute gegründet, und dies konnte ihm in seiner Eigenschaft als Großmeister des Sanct-Lazarus-Ordens nicht schwer werden. Düclos, der Sohn eines Kaufmanns aus Saint-Malo, war in diese Schule für Geld und gute Worte aufgenommen. Er zeichnete sich bereits aus. Der Abbé Dangeau, ein sehr bejahrter Mann, hegte eine besondere Vorliebe für ihn, ebenso für zwei andere junge Leute, die alter als er waren: den Grafen und den Chevalier von Aydie, Cousins des Grafen von Riom, desselben, den ich im Luxembourg kennen gelernt. Der gute Abbé nahm seine Schüler oft mit sich, um sie zu bilden, und diese Besuche übten einen entscheidenden Einfluß auf ihr späteres Leben aus.

Vor Allen beschäftigte uns heute Düclos. Er erzählte uns mit Geist seine Postreise von Dinan nach Paris, und wie man ihn »mit den übrigen Packeten« in der rothen Rose in der Straße la Harpe zurückgelassen hatte. Der Freund, dem er empfohlen war, nahm ihn nicht in Empfang, da er erst am folgenden Tage erwartet wurde. Er fand Aufnahme bei guten Leuten, die Mitleid mit ihm hatten und ihn zwei Tage behielten; dann führten sie ihn in die Pension, wo er erwartet ward.

Mit Erstaunen bemerkte ich, daß Düclos für diese Leute durchaus keine Dankbarkeit an den Tag legte; er lachte über seinen Appetit an ihrem Tische und über ihre Verlegenheit. Er besaß durchaus kein Herz, Alles war frostig und trocken in diesem Alter. Wie es scheint, werden die Philosophen so geboren, und man muß ihnen deshalb nicht böse sein.

Zweites Kapitel

Ich kehrte zeitig in mein Zimmer zurück. Ich empfand das Bedürfniß zu schlafen, Und ich schlief. Frau von Feriol ließ mich durch ihren Bruder begleiten. Da Alles ordnungsmäßig zuging, konnte mich meine Cousine heute nicht tadeln. Ich ging schnell zu Bett, und ließ die Betrachtungen vor der Thür.

Am folgenden Morgen stand ich früh, auf, und machte eine den Umständen angemessene Toilette. In Sceaux herrschte eine andere Eleganz, als im Palais-Royal. Es ließen sich Beide nicht vergleichen.

Die Herzogin von Maine amüsirte sich, und wollte, daß man sich bei ihr amüsire; aber dies geschah, wenn auch nicht mit Maß, wenigstens doch mit Distinction. Den geistigen Vergnügungen gab sie den Vorzug, sie hegte und pflegte sie vor allen andern. Seit dem Tode des Königs hatte sie ihren Hof vermindert; er war indeß immer noch zahlreich, und vorzüglich gewählt. Er bildete gewissermaßen einen neutralen Boden, wo man sich amüsirte, ohne sich zu sehr zu compromittiren. Die Frommen fanden wohl ein wenig daran zu makeln, aber man hörte nicht auf sie.

Die große Gunst, in der der Herzog von Maine bei Ludwig XIV. gestanden, hatte ihm eine besondere Sphäre angewiesen; man sah ihm Alles nach. Frau von Maine war weniger gelitten, weniger gerechtfertigt; aber man schonte sie, denn ihr Geist ward gefürchtet. Sie war zwar nicht positiv schlecht, aber sie biß um sich, und hielt die Stücke mit den Zähnen fest.

Ich brannte vor Ungeduld, den Herzog von Maine zu sehen, den Vater Larnage's. Ich hatte für ihn eine entschiedene Schwachheit, von der ich mir keine Rechenschaft geben konnte; sie zog mich mehr nach Sceaux, als alle Vergnügungen, die mich dort erwarteten.

Die Carosse kam um die bestimmte Stunde an. Man hatte einen Mann als Cavalier mitgeschickt, der unter der vorigen Regierung viel von sich reden gemacht, einen Liebhaber der Prinzessin von Conti, der ersten Douairiere, und Tochter Ludwig s XIV., die er mit Fräulein von la Vallière erzeugt.

Dieser schöne Clermont, um den sich die Damen in seiner Jugend rissen, hatte den schlechten Geschmack, Demoiselle Chouin, die Geliebte des Dauphin, auszuzeichnen, und dieses dicke und häßliche Mädchen der liebenswürdigsten Prinzessin von der Welt vorzuziehen. Durch das Postgeheimniß fing der König mehrere Briefe des Galans an seine Geliebte auf. Diese Briefe machten Frau von Conti lächerlich, und verscheuchten jeden Zweifel über die Untreue, deren Opfer sie ward. Er ließ die Prinzessin kommen, schalt sie heftig aus, zeigte ihr die Briefe, und zwang sie, sie ihm laut vorzulesen. Dies war eine stolze Strafe. Hernach verzieh er ihr, exilirte Herrn von Clermont, jagte die Chouin aus dem Hause der Conti, wo sie zu gleicher Zeit Ehrendame und Rivalin war, und Alles trat in das gewohnte Gleis zurück, mit Ausnahme des Herrn Clermont, der die Gelegenheit benutzte, um die Chouin zu entführen, sie erst zu seiner Maitresse und später zu seiner Frau zu machen.

Sie war eine Maintenon im verkleinerten Maßstabe. Trotz ihrer an der Prinzessin begangenen Infamie besaß sie Herz und Geist.

Es giebt Augenblicke unfreiwilliger Verirrung.

Nach dem Tode des Dauphin's zog sie sich mit einer bescheidenen Pension in ein Kloster zurück. Sie empfing Niemanden, mischte sich in Nichts, und starb in der Zurückgezogenheit, völlig unbekannt, und noch zu jung, um zu sterben.

Als ich Herrn Clermont kennen lernte, war er nur noch der Rest eines schönen Mannes; ohne Geist, aber mit einer stolzen Miene, der Emphase eines Mannes, den die Frauen verwöhnt haben, und der sich einbildet, daß er es verdient. Er bewies mir die höchste Artigkeit; trotzdem aber würde ich nicht von ihm gesprochen haben, wenn jener Umstand nicht gewesen, der ihn einst bei Hofe berühmt gemacht, und einen Reflex auf sein ganzes Leben warf.

Wir kamen bei guter Zeit in Sceaux an. Hier war Alles in Bewegung, man bereitete eine große Nacht vor, ein Divertissement, das lange nicht stattgefunden und in diesem Augenblicke alles Andere verdeckte. Fräulein de Launay empfing mich an dem Wagenschlage; sie reichte mir die Hand, und führte mich zu der Prinzessin, die, in Erwartung des Bessern, Gesellschaft hatte.

Diese Gesellschaft glich durchaus nicht denen bei Hofe. Man sprach und lachte nach Gefallen. Ein Jeder äußerte sich, ohne sich um Rang und Etikette zu kümmern. Es herrschte eine reizende Freiheit, die nie an Ausgelassenheit grenzte. Zunächst sah ich dort den Cardinal Polignac, die Marquise von Lambert, den ersten Präsidenten von Mesmos, Herrn de Saint-Aulaire, Madame Drucillet und viele andere Personen, deren ich mich später erinnern werde.

Da fällt mir Davisart und der Abbé von Vaubrun ein. Mein Gott, wie lange habe ich nicht an diese Leute gedacht!

In einer Ecke des Saales sah ich einen Mann, der sich verbarg, als mein Name ausgesprochen ward. Es war Larnage! Larnage bei dem Herzoge von Maine! Larnage, der vielleicht auf dem Punkte stand, von ihm anerkannt zu werden. Larnage, auf dem Wege zu Glück und Ehren! Mein Gott, warum hatte ich nicht gewartet! Es bedurfte ja nichts weiter, als ein wenig Geduld. Er kam mir sehr schön, sehr gut gekleidet vor, und wie es schien, ward er hoch gehalten, was ihn jedoch nicht verwöhnte. Wenn er mir nur den Anfang des Glücks anvertraut hätte, ich würde das Uebrige erwartet haben!

Frau von Maine sagte mir tausend Schmeicheleien, die ihre Hofleute wiederholten, wie sich das von selbst versteht. Es fehlte nicht viel, so hatte ich mich selbst für ein Wunder von Geist und Schönheit gehalten. Glücklicherweise hatte ich mehr als Eitelkeit, ich hatte Stolz. Ich fing mich nicht in der Schlinge, ich schätzte mich nach meinen, Werthe, nicht höher, und ich weiß mir dessen Dank.

 

Man sprach von der Aufführung einer Comödie, und auf der Stelle ertheilte mir die Prinzessin eine Rolle. Ich wollte mich mit meiner Unfähigkeit entschuldigen. Man antwortete mir, daß man mit Augen, wie ich sie hätte, zu Allem fähig sei.

Nun fragte Frau von Maine Herrn von Clermont, warum er Madame d'Estaing nicht mitgebracht habe.

– Madame d'Estaing ist krank, Madame; sie konnte den Befehlen Eurer Hoheit nicht genügen.

– Madame d'Estaing ist krank! Ist es denn wahr, daß wir Madame d'Estaing nicht sehen werden? Ach mein Gott, das schmerzt, das betrübt mich! Arme Madame d'Estaing! Man lasse sogleich Erkundigungen über sie einziehen! Man bringe sie in einer Sänfte her! Sie soll kommen! Wenn sie leidet, werden wir für sie sorgen; aber sie komme!

– Mein Gott, Madame! antwortete Madame von Charson. Ich glaubte nicht, daß Ew. Hoheit um Madame d'Estaing so besorgt wären!

– Ich? Durchaus nicht. Aber ich würde sehr glücklich sein, wenn ich mich über Dinge hinwegsetzen könnte, die mich nicht besorgt machen.

Alles brach in Lachen aus.

Die Prinzessin fand es nicht übel.

Die Unterhaltung hatte ihren Fortgang; sie ward mehr und mehr lebhaft und anziehend. Ich fand so viel Vergnügen daran, daß meine Furchtsamkeit schwand, und daß ich mitsprach. Jeder ermuthigte mich. Der Cardinal von Polignac wandte sich zu mir, und ich hatte das Glück, ihm eins von jenen Worten zu entgegnen, die Glück machen. Und dies machte ein großes Glück. Es wies mir sofort meine Stellung an und verschaffte mir eine geistige Reputation, die ich nie wieder verloren habe.

Man sprach von dem Märtyrerthume des heiligen Donis. Da wandte sich plötzlich der Cardinal zu mir und sagte:

– Ist es wohl begreiflich, Madame, daß dieser Heilige seinen Kopf während zwei Lieues in den Händen den trug?

– Ah, Monseigneur, antwortete ich, nur der erste Schritt ist ein saurer!

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