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Der Secretair der Marquise Du-Deffand

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Achtes Kapitel

Als Voltaire und seine Gottheit abgereist waren, setzten wir unser gewohntes Leben wieder fort, das heißt, es fanden viele Spazierfahrten, viele Jagden und viele Lustpartien statt. Am Abend wurde das Cavagnolspiel gespielt und zuweilen Sprichwörter und Komödien aufgeführt – immer Geist, Verse, Chansons, worin sich der Herzog von Maine vor Allen auszeichnete. Ich liebte diese Gesellschaft sehr und fand ein großes Gefallen daran.

Frau von Staal beklagte sich laut über ihre Herrin, sie versicherte, sie könne nicht mit ihr leben, sie würde fortgehen, und doch blieb sie immer da. Ungeachtet ihrer bekannten Fehler hatte die Herzogin eine Grazie, einen Zauber und eine Manier, sich zu benehmen, die nur ihr eigen war. Man rechtfertigte sie, ehe man sie beschuldigen konnte. Man suchte Entschuldigungen für sie, so sehr wünschte man gut mit ihr zu sein.

Ich sagte oft zu ihr:

– Madame, wenn Sie, anstatt Ihre Zeit damit hinzubringen, mit dem Herzog von Orleans zu zanken, ihn ohne Hindernisse hätten sehen können, so würden Sie Beide Frankreich regiert haben; er hätte Sie angebetet, er würde noch leben und Sie würden einander immer noch lieben.

– Weil wir einander nie geliebt haben würden.

Sie hatte ein trockenes Herz und einen leeren Kopf; auch war sie nur unglücklich durch Eitelkeit und vereitelten Ehrgeiz. Man gebe dem Herzog von Maine wirkliche Ansprüche an den Thron; man mache, daß die Prinzessin die Erste sei, daß sie etwas und Jemand beherrschen könne, und sie würde keine Wünsche mehr aussprechen.

Es geschah in Anet etwas, was uns sehr erschütterte; die arme Herzogin von Estrées glitt auf der Treppe aus, schlug mit dem Kopfe auf die Stufen, blieb ohne Bewußtsein liegen, und es wurde ihr sogleich eine Ader geöffnet. Sie speiste fast wie gewöhnlich zu Abend und versicherte am folgenden Tage, daß sie durchaus nichts empfinde.

Acht bis vierzehn Tage vergingen in einem befriedigenden Zustande. Plötzlich fühlte sie sich ein wenig leidend, und sie ließ sich das Abendessen auf ihr Zimmer bringen; Frau von Fervaques leistete ihr Gesellschaft, und sie lachten viel mit einander. Frau von Fervaques verließ sie um Mitternacht, und die Herzogin legte sich nieder. Kaum in ihrem Bette, ließ sie ihren Kopf auf die Brust sinken und röchelte.

Ihre Frauen stießen ein entsetzliches Geschrei aus und brachten das ganze Haus in Aufruhr. Man lief dorthin, und die Herzogin von Maine voran. Es wurde alle Sorge für die Leidende angewendet; man schickte überall hin reitende Boten, um Aerzte herbeizuholen, da der unsrige seine Unfähigkeit zugestand. Sie kamen zu spät, denn sie lebte nicht mehr.

Dieser Todesfall verbreitete zwei Tage lang Schrecken unter dieser so heiteren Gesellschaft; bis zum Begräbniß war man wie versteinert; als es aber einmal vorüber war, dachte man nicht mehr daran. Ich habe nie ein so schnelles Vergessen erlebt.

Frau von Staal sprach lange darüber.

– Nun sehen,Sie, meine Königin, wenn ich stürbe, würde es eben so sein. Man würde mich vielleicht ein wenig mehr bedauern, da ich nützlicher bin! Aber man würde es nicht so sehr zeigen, da ich keine Herzogin bin!

Was mich betrifft, ich hatte keine Ansprüche an eine Zuneigung, die ich nicht empfand. Ich kehrte mit der Herzogin, von Maine nach Sceaux zurück, wo wir den ganzen Herbst zubrachten. Um Weihnachten machten wir Couplets, die, wie ich versichern kann, sehr geistreich waren. Ich hatte sie alle aufbewahrt, aber das Fräulein de Lespinasse hatte sie, vielleicht aus Nachlässigkeit, mitgenommen, und ich habe sie seitdem nie wiederfinden können. Es ist mir leid, denn ich würde sie hin angeführt haben.

Man versammelte sich gegen acht Uhr in dem Salon zu Sceaux. Es war Musik da welche die beliebtesten Weihnachtslieder spielte, wonach Jeder seine Verse machte. Man ließ die Ereignisse des Hofes und der Gesellschaft die Revue passiren; man verlangte nicht mehr, als daß die Krippe den Vorwand dazu bildete.

Herr von Saint-Aulaire und der Herzog von Maine waren vortrefflich; ich verstand nicht viel davon, denn ich habe meine Gedanken nie zu einem Couplet zerhacken können.

Wir hatten auch Davisart und die Präsidentin Dreuillet, von, der, ich bereits gesprochen zu haben glaube.

Davisart hatte die Thorheit der Aufopferung. Er liebte den Herzog von Maine so sehr, daß er sich für ihn hätte tödten lassen können, und er hatte beständiges Herzklopfen wegen der Ueberzeugung, ihn zum ersten Minister ernennen zu sehen, Es kam kein Courier an, man brachte keinen Brief, ohne daß er rief:

– Er ist endlich an seinem Platze, nicht wahr?'

Und nichts konnte ihm diese Hoffnung nehmen, so lange der Prinz lebte. Selbst bei seinem Tode ging er nicht davon ab. Er verfaßte ihm eine Grabschrift, worin er ihn als den Sohn Jupiters und ersten Minister des Olymp darstellte.

In Folge der Verschwörung wurde Davisart natürlich in die Bastille geschickt, doch glaube ich nicht, daß er tief in dieselbe eingeweiht war.

Er hatte seine Freundin, die Präsidentin Dreuillet, nach Sceaux geführt, in welche die Herzogin von Maine mit Recht vernarrt war, obgleich sie ihr siebzigstes Jahr zurückgelegt hatte; sie besaß einen bewundernswürdigen Geist und machte köstliche Epigramme und Chansons.

Wir speisten eines Abends im Arsenal, wo die Herzogin einen Pavillon am Ufer des Flusses hatte erbauen lassen. Madame Dreuillet war sehr schwach und schien nur eben noch zu athmen. Nach der Suppe bat die Prinzessin sie, zu singen.

Der Präsident Henault, welcher der Herzogin näher saß, sagte ganz leise zu ihr:

– Aber, Madame wir müssen wenigstens fünf oder sechs Stunden an der Tafel sitzen, wenn Sie schon jetzt anfangen, wird sie es nimmermehr bis zu Ende aushalten.

– Sie haben Recht, Präsident, versetzte sie; aber sehen Sie nicht, daß keine Zeit zu verlieren ist und daß diese Frau am Braten sterben kann?

Wir sahen einander an, wir wurden von diesem grausamen Scherze betroffen, obgleich er uns nicht in Erstaunen setzte; wir kannten die Herzogin von Maine und ihr Herz.

Wir hatten auch einen Abbé de Vaubrun, Bruder der Herzogin von Estrées, der sich nicht von der Herzogin entfernte. Ich habe sein Portrait entworfen, wie es damals Mode war; ich finde es wieder und will es hier niederschreiben, es war ein Original.

Der Abbé de Vaubrun ist auf der rechten Seite drei Ellenbogenlängen hoch und zwei und eine halbe auf der linken Seite, was seinen Gang sehr unregelmäßig macht. Er trägt den Kopf hoch und zeigt mit Vertrauen ein Gesicht, welches Anfangs überrascht, aber doch nicht so auffällt, wie die Bizarrerie seiner Züge es zu verlangen scheint. Seine Augen sind gerade das Gegentheil seines Geistes; sie haben mehr Tiefe, als Oberfläche; sein Lächeln bezeichnet für gewöhnlich die Zufriedenheit, die er für die Hervorbringungen seiner Phantasie hegt. Er verliert seine Zeit nicht bei dem Studium, noch bei dem Aufsuchen der soliden Dinge, die ihm nur unter der geringen Anzahl der Leute von Geist und Verdienst Ehre machen., Er beschäftigt sich ernstlich mit allen Kleinigkeiten. Er weiß zuerst die Neuigkeiten des Tages; von ihm erhält man immer das erste Kompliment über die angenehmen Ereignisse. Niemand weiß mit mehr Galanterie eine abgeschmackte Bemerkung zum Besten zu lenken, Niemand kennt besser den Preis der Rücksicht, die man erlangt, wenn man mit hochgestellten oder durch ihre Geburt ausgezeichneten Personen lebt. Er ist sehr gefällig gegen seine Freunde; er läßt es an keiner Pflicht gegen sie fehlen. Man sieht ihn bei ihrem letzten Todeskampfe mit demselben Vergnügen, womit er Zeuge ihres glücklichen Erfolges gewesen. Er hat keine Delicatesse in der Freundschaft, welche Verlegenheit erregt; er begnügt sich mit dem Schein, und er fühlt sich mehr geschmeichelt von den öffentlichen Zeichen der Rücksicht, als von der wirklichen Achtung, Die Herzogin von Maine hat ihn vollkommen ergründet, indem sie von ihm sagte, er wäre das Erhabene des Frivolen.«

Sie konnte ihn um so besser schildern, da sie fast ebenso viel Recht zu derselben Schilderung hatte.

So verging also das Leben in diesem Inneren. Ich glaube nicht mehr davon reden zu müssen; denn in der Folge geschah nichts weiter. Es waren beinahe dieselben Gesichter, dieselben Unterhaltungen. Ich brachte fast alle meine Zeit bis zum Tode der Herzogin von Maine in diesem Hanse zu. Ich werde indessen noch einen Zug hinzufügen.

Man brachte mich gewöhnlich in dem kleinen Schlosse unter, weil ich viel hin und her ging, sowohl nach Paris, als zu meinen verschiedenen Freunden auf ihre Landsitze, nach Montmorency zu Herrn und Madame Du-Châtel, nach Champs zu Madame de la Guiche, und noch zu vielen andern Orten.

In einem Jahre, als ich mich erkältet hatte und wir lange aufblieben, machte man mir den Vorschlag, in dem großen Schlosse zu wohnen, was mir sehr lieblich erschien; ich durste zu allen Zeiten nicht ausgehen, um zu Mittag oder zu Abend zu speisen. Ich nahm es an.

Fräulein Delaunay – denn indem ich meine Notizen nachsehe, bemerke ich, daß sie zu jener Zeit noch nicht verheirathet war – Fräulein Delaunay kam in aller Eile, mich aufzufordern, es nicht zu thun.

– Man hat viel von Ihren Abwesenheiten und von der Unannehmlichkeit gesprochen, ein Zimmer in dem großen Schlosse so oft leer zu haben. Man hat hinzugefügt, daß eine unbedeutende Erkältung und ein Husten nicht von Wichtigkeit sei, daß gewisse Leute auf die geringste Unpäßlichkeit achten, ohne an die Bequemlichkeit und die Unangenehmheit der Andern zu denken. Wenn Sie Ihr Zimmer wechseln, werden Sie Nadelstiche bekommen, das sollen sie sehen.

Ich schwankte nicht. Ich hatte große Lust, ganz fortzugehen, meine Freundin beschwor mich, es ihr zu Liebe nicht zu thun. Ich blieb, aber ich zeigte, daß ich ungern daß mir gegebene Wort wegen des neuen Zimmers zurückgab.

– Ah! Vortrefflich! Antwortete sie mir einfach, Nichts ist mir so zuwieder, als im Corridor an einer verschlossenen Thür vorüberzugehen, ich bin deshalb den Rest des Tages traurig.

 

Dies war aller Dank, den ich dafür erhielt.

Neuntes Kapitel

Ich hatte eine Freundin, von welcher ich auch mit einiger Umständlichkeit reden muß, den diese Feundin hatte auch ihre unglückliche Berühmtheit. Das arme Geschöpf hatte ein trauriges Ende für einige Augenblicke des Glücks, und doch noch ein seltenes Glück. Es handelt sich um Frau von Vintimille. Ich hatte in Sceaux mit ihr Bekanntschaft gemacht, oder vielmehr durch Noailles und die Frau Gräfin von Toulouse, da die Fräulein von Nesles bei Frau von Noailles erzogen worden waren. Ich habe noch nicht von Paris Duvernay und von seinen Brüdern gesprochen, die Anfangs Rathgeber und Freunde der Frau von Prie und dann der Frau von Chateauroux waren; es ist eine Sache, die alle Welt weiß. Man hat sie gegen Ende der Regierung Ludwig des Vierzehnten aus ihren Gebirgen von Savoyen ankommen sehen; sie hielten eine Herberge, wo sie so glücklich waren, daß die Herzogin von Burgund auf ihrer Durchreise bei ihnen einkehrte. Sie bemerkte sie, weil sie hübsche Kinder waren, und ließ sie nach Frankreich kommen, wo sie das bekannte Glück machten.

Frau von Vintimille, die zweite Tochter des Marquis de Nesles, war eine Frau von gutem Herzen, von ausgezeichnetem Geiste, groß und ziemlich schön. Sie lebte sehr gut, ohne daß man von ihr gesprochen, da sie nicht nach Glanz und Ruhm strebte. Ihre Schwestern waren verheirathet. Obgleich die Töchter einer Frau, die wegen ihrer ausschweifenden Lebensweise sehr bekannt war, verschaffte ihnen doch ihr guter Name und ihre anständige Mitgift gute Partien,

Die älteste heirathete den Grafen von Mailly.

Die zweite den Marquis von Vintimille, der von italienischer Abkunft war.

Die dritte den Marquis von Flavacourt.

Die vierte den Marquis von La Tournelle.

Die fünfte den Marquis, späteren Herzog von Lauraguais.

Alle, außer Frau von Flavacourt, wurden die Maitressen des verstorbenen Königs.

Ich habe nichts mehr als die Anderen von Frau von Mailly, von Frau von La Tournelle, die Herzogin von Chateauroux wurde, noch von der Frau von Lauraguais zu sagen. Jeder kennt ihre Abenteuer, man hat sie auf den Dächern erzählt. Frau von Vintimille ist aus vielen Gründen in der Dunkelheit geblieben, wovon der erste war, daß sie sehr jung starb, und dann lag in dem, was ihr begegnete, ein Geheimniß, welches viele Leute zu verbergen ein Interesse hatten.

Frau von Mailly, eine große und edle Frau, wurde auf eine schmachvolle Weise beschuldigt, während man sie hätte beklagen sollen. Frau von Chateauroux, die man als Heldin betrachtete, taugte nichts. Sie war eine Ehrgeizige, und sie hatte wegen ihres Verlustes für diesen Ehrgeiz Alles geopfert.

Sobald ich Frau von Vintimille sah, gefiel sie mir durch die große Schönheit, die in ihrem Gesichte lag. Ich gefiel ihr ebenfalls und es entstand eine große Vertraulichkeit zwischen uns. Es war zu Anfang der Gunst der Frau von Mailly; Frau von Vintimille ging viel zu Hofe, und Frau von Mailly nahm sie mit in die kleinen Zimmer.

Frau von Mailly verehrte Ludwig den Fünfzehnten nicht wegen seiner Macht und seiner Größe, denn sie wollte nichts von ihm annehmen, und er mußte sie zwingen, ihr bescheidenes Vermögen ein wenig zu verbessern. Sie liebte ihn leidenschaftlich; sie war bereit, dieser Liebe alle möglichen Opfer zu bringen und sie hat es reichlich bewiesen.

Sie suchte ihrem Liebhaber jedes Vergnügen zu verschaffen und versammelte um sich alle Personen, die ihm gefielen. Eine einzige zeigte sich als ihre wahre Freundin, und dies war Frau von Vintimille. Sie sagte ihr Alles, sie vertraute ihr ihre geringsten Gedanken an und that nichts, ohne sie zu befragen.

Ich will eins von den geheimsten und auffallendsten Blättern des menschlichen Herzens aufschlagen, einen von jenen Eindrücken, die sich nur erzählen lassen, und die man eben so wenig erklären als ergründen kann. Ich weiß nicht, was ich an der Stelle der Frau von Mailly und ihrer Schwester gethan haben würde, aber gewiß hätte ich nicht wie Beide gehandelt.

Ludwig der Fünfzehnte war zu jener Zeit gewiß der schönste und reizendste Mann in seinem Königreiche. Er vereinte alle Reize des Geistes mit denen des Körpers. Er war gut, er war leutselig, er war tapfer und bezaubernd, Frau von Mailly starb fast vor Furcht, nicht geliebt zu werden; sie wußte wohl, daß er sie nicht gewählt, sondern nur angenommen hatte, Sie war nicht mehr ganz jung, sie war nicht durchaus schön, nur ihr Geist war vom ersten Range, und sie fürchtete, daß der Geist für einen Fürsten dieses Alters nicht die stärkste Anziehungskraft besitzen werde.

Seit einiger Zeit wurde ihre Schwester nachdenkend; sie schien ihre vertrauten Mittheilungen zu fliehen; sie fand Vorwände, nach Versailles oder nach Choisy zu kommen, um sich besonders vom Könige zu entfernen.

Dieser fragte dagegen beständig nach ihr; er beklagte sich über ihre Abwesenheit und wunderte sich besonders darüber.

Frau von Mailly wollte den Grund davon wissen; sie schrieb an ihre Schwester und bat, sie zu besuchen und sich nicht länger abgesondert zu halten, indem sie hinzufügte, wenn sie es ihr verweigere, so würde sie selber kommen, sie zu besuchen.

Frau von Vintimille antwortete, sie wäre im Begriff, Paris auf einige Zeit zu verlassen, und sie bäte ihre Schwester, sich nicht zu bemühen, da sie sie doch nicht auffinden werde. Frau von Mailly konnte sich diese Antwort und diese Abwesenheit nicht erklären. Sie erkundigte sich bei der Marquise und erfuhr endlich, daß sie in Navarre bei der Herzogin von Bouillon sei.

Als der König von dieser Reise hörte, brach er in einen wahrhaften Zorn aus. Er beschuldigte Frau von Mailly, daß sie sie habe abreisen lassen, daß sie sie nicht zu bewachen verstanden und nicht gewußt, wie sie sich verhalten solle, und was sie zu thun habe, damit sie zurückkehre,

– Wenn Eure Majestät es wollen, so will ich sie in Navarre aufsuchen, versetzte die vortreffliche Frau, vielleicht wird sie mir nicht widerstehen,

– Thun Sie das, Gräfin, – reisen Sie sehr schnell dorthin und kehren Sie noch schneller zurück, und wir werden erfreut sein. Ich habe immer gern dieselben Gesichter in meiner Nähe; und dann ist sie Ihre Schwester, und da muß sie mir wohl sehr theuer sein.

Die Gräfin ließ es sich nicht zweimal sagen und reiste nach Navarre ab.

Als Frau von Vintimille sie erblickte, brach sie in Thränen aus.

– Ach! meine Schwester! meine Schwester! rief sie, was willst Du hier?

Sie ging einsam im Park spazieren, neben dem Denkmal, welches man dem Pferde des Herrn von Turenne gesetzt, welches man im Marstalle des Schlosses verpflegt, und dem man nach seinem Tode die Ehre eines Mausoleums hatte zu Theil werden lassen.

Frau von Bouillon sagte zur Frau von Mailly, die arme Frau habe nichts weiter gethan, seitdem sie dagewesen, als daß sie geseufzt und allein spazieren gegangen.

– O Himmel! meine Schwester! was ist Dir? was bedeuten diese Thränen?

– Ich bin krank, meine Schwester, ich bin aus Paris abgereist, um mich zu retten. Ich floh, was ich sah und was mein Uebel nährte; ich würde mich vielleicht geheilt haben, und da kommst Du und erinnerst mich an Alles.

– Ich komme, um Dich zu holen, meine Schwester.

– Mich zu holen? mich! mich zu holen! ist es möglich! Du kommst, mich zu holen?

– Ja, im Auftrage des Königs.

– Sage mir das nicht, sage mir das nicht! rief sie noch mehr weinend.

– Ich verstehe Dich nicht, meine Schwester, Du betrübst mich sehr; liebst Du mich denn nicht mehr?

– Ich Hab? Dich nie so sehr geliebt.

– Sollte ich Dich beleidigt haben, ohne es zu wollen?

– Du! o niemals, mein Gott!

– Hat denn der König —

– Der König! der König! Könnte ich mich beklagen?

– Was ist es denn da? Kein Hofmann würde es an dem haben fehlen lassen, was er Dir schuldig ist, sollte ich denken, oder er würde bald lernen, es zu bereuen. Ich bin nicht rachsüchtig, ich habe nie vom Könige verlangt, irgend etwas zu thun, um meine Würde aufrecht zu halten; aber Du, meine Schwester, ich würde nicht leiden, daß Dir irgend eine Beleidigung widerführe.

– Niemand hat mich beleidigt; ich bin krank, das ist Alles.

– Du willst nicht zurückkehren?

– Das kann nicht geschehen.

– Ich werde indessen nicht ohne Dich zurückkehren. Der König würde es mir nicht verzeihen.

– Sage dem Könige, daß Herr von Vintimille es mir verbietet.

– Herr von Vintimille! ah, meine Schwester, hat sich denn Herr von Vintimille jemals um das bekümmert, was Du thust, und hat er die Macht gehabt, Deinen Willen zu fesseln?

– Meine gute, meine liebe Schwester, ich beschwöre Dich, beharre nicht weiter dabei, laß mich.

Frau von Mailly war Anfangs zu vortrefflich und dann zu schlau, um ihr zu gehorchen

– Du hast einen Kummer, meine Schwester, Du verbirgst ihn mir, die ich Dir alle meine Gedanken sage.

– Ich habe Dir auch alle meine Gedanken gesagt, meine Schwester, ich verberge Dir nichts. Ich bitte Dich, lehre nach Versailles zurück, und verlaß mich.

– Ich werde Dich nicht verlassen, Du wirst mit mir reisen, der König will es, der König wünscht, daß Du mir folgst, und Du wirst mir folgen.

–– Ich werde Dir nicht folgen, ich werde Euch Beide nicht wiedersehen, wenigstens nicht bis ich —

– Bis was —

– Ich habe zu meiner Weigerung nichts hinzuzufügen, meine Schwester, geh!

Der Kampf währte lange. Frau von Mailly versuchte auf jede Weise ihre Schwester zu überreden und sie zu bewegen, zu thun, was sie wünschte. Frau von Vintimille hielt sich gut, und die Gräfin war genöthigt, wieder abzureisen, wie sie gekommen war.

Als er sie allein ankommen sah, drückte das Gesicht des Königs den lebhaftesten.Wechsel aus. Er hörte sie ungeduldig an und unterbrach sie, indem er sagte, Frau von Vintimille würde kommen, das wisse er wohl, und da wolle er sie holen lassen.''

Bei diesen Worten begann Frau von Mailly die Wahrheit zu erkennen, die sie bis jetzt von sich gewiesen hatte. Sie konnte sich die Wahrheit nicht verbergen; die Kälte des Königs während der folgenden Tage bestätigte ihre Befürchtungen.

Sie ging darauf in sich und befragte ihr eigenes Herz. Sie fragte sich, wozu sie fähig sei, um ihrem Liebhaber zu beweisen, wie theuer ihm sein Glück sei und wie gering sie ihr eigenes anschlage, wenn es sich um ihn handle.

Ihr Herz antwortete, daß sie sich ohne Zaudern und gänzlich opfern werde, bei dieser Freude, sich zu opfern, dieser Wuth der schönen Seelen, wofür sie so schlecht belohnt werden.

Sie brachte mehrere Nächte ohne zu schlafen zu; der König zeigte sich selten mehr bei ihr und erschien dort nur des Anstands wegen. Seine üble Laune dauerte fort, die Marquise kam nicht, Frau von Mailly sah ein, daß der Widerstand fortdauerte und daß sie allein ihn zu beseitigen vermöge. Der König vergaß sich sogar so weit, daß er eines Abends bei ihr sagte:

– Wozu nützt die höchste Macht, wenn man nicht im Stande ist, das zu erlangen, was man am meisten wünscht.

Am folgenden Morgen früh ließ sie den Herzog von Richelieu zu sich kommen, den beständigen Vertrauten der Liebesverhältnisse seines Herrn, den Minister seiner Vergnügungen und aller seiner Räthe, welchem er am meisten Vertrauen bewilligte.

– Mein Herr, sagte sie zu ihm, Sie sind der Freund des Königs, Sie sind der meinige, Sie werden mir einen Dienst nicht verweigern.

– Ich bin nur zu glücklich, Ihnen denselben zu leisten, Frau Gräfin, zu glücklich, Ihnen und Seiner Majestät meine Ergebenheit zu beweisen.

– Beantworten Sie mir offen eine Frage. Wollen Sie es?

– Das hängt von den Umständen ab, Madame.

Offen zu antworten! Man kann von einem Hofmanne keinen größeren Beweis der Ergebenheit, als diesen verlangen. Die Gräfin lächelte traurig bei dieser Antwort.

– Ich verlange viel, das ist wahr. Indessen habe ich auf Sie gerechnet. Der König verbirgt Ihnen nichts; Sie müssen also die Ursache seiner Traurigkeit wissen. Welches ist sie? sagen Sie es mir,

– Ich – ich weiß sie nicht, Madame.

– Sie wissen sie wohl – sie kann Ihnen nicht unbekannt sein. Reden Sie also.

– Madame, wenn der König sie mir anvertraut hätte, würde ich sie nicht verrathen.

– Er liebt mich nicht mehr!

– Er liebt Sie, nur —

– Nur? —

– Nein, ich kann Ihnen das nicht wiederholen.

– Ich würde Sie auf meinen Knien darum bitten, gnädigster Herzog, wenn ich nicht wüßte, daß Sie es nicht zugeben würden.

– Meiner Treu, Gräfin, Sie sind am Ende immer eine Frau von Geist, und Sie haben ein so großes Herz, daß Sie vielleicht diese Thorheit begreifen und verzeihen werden.

 

– Reden Sie doch! Sie machen, daß ich sterbe.

– Nun also, der König liebt Sie noch immer; doch liebt er Sie nicht allein; es fehlt Ihnen etwas, wenn Ihre Frau Schwester nicht bei Ihnen ist. Er würde Frau von Vintimille nicht ohne Sie lieben; aber er liebt Sie weniger ohne Frau von Vintimille.

Die arme Frau wurde außerordentlich blaß. Sie konnte nur mit Mühe das Schluchzen unterdrücken.

– Oh! sagte sie, ich wußte es wohl, der König liebt mich nicht, aber es ist grausam für mich, es von Neuem zu hören,

– Ich wollte es nicht —

– Ja, ich habe es verlangt. Noch eine Frage, und dann würde ich Sie bitten, zu überlegen. Weiß meine Schwester etwas davon?

– Ohne Zweifel. Der König hat zu ihr von seinem Gefühl gesprochen, und deshalb ist sie entflohen.

– Er hat sie zurückgerufen?

– Ja, er hat ihr geschrieben. Sie hat sich geweigert, zu kommen, und sie hat ihm geantwortet, daß sie nur einem Cabinetsbefehl gehorchen würde, und er hat nicht gewagt, sie weiter zu treiben.

– Ich danke Ihnen, gnädigster Herzog, das Uebrige ist jetzt meine Sache. Noch eine letzte Frage: Liebte Madame de Vintimille den König? Glauben Sie es?

– Muß ich offen reden?

– Ich bitte Sie darum.

– Nun gut, meine liebe Gräfin, wenn sie ihn nicht geliebt hätte, würde sie sich nicht so schnell entfernt haben.

Frau von Mailly antwortete nichts. Für diese Seelen gibt es Wunden, über welche sie nicht schreien und sich beklagen, die aber nichts auslöscht.

Sie entließ den Herzog, ließ Seiner Majestät sagen, daß sie krank sei, und blieb bis zum folgenden Tage eingeschlossen, ohne irgend Jemand bei sich zu sehen. Was sie in jener Nacht litt, läßt sich begreifen, aber nicht erzählen. Sie stand dem Anscheine nach ruhig auf, rief eine ihrer Frauen herbei, in die sie volles Vertrauen setzte, und gab ihr den Befehl, insgeheim Alles auf ihre Abreise vorzubereiten.

– Mein Gott! wollen die Frau Gräfin den Hof verlassen?

– Nein, mein Kind, ich gehe nach Navarre, um Frau von Vintimille zu besuchen; ich nehme nur Bourguignon mit, ich kann mich vollkommen auf ihn verlassen. Während dieser Zeit bin ich krank, verstehst Du wohl? Niemand wird eingelassen, selbst nicht der König. Man muß gut Wache halten, und meine Abwesenheit darf nicht bekannt werden. Sage Bourguignon, daß er eine Chaise auf dem Wege nach Saint-Cyr bereit hält. Verschaffe mir das Costüm einer Haushälterin oder einer Händlerin, damit ich nicht erkannt werde, mehr verlange ich nicht.

Die ergebene Dienerin machte keine Bemerkung; sie erfüllte getreu die Absichten ihrer Herrin, und als Alles bereit war, benachrichtigte sie sie davon.

– Ich befehle Dir an, daß Niemand hier eintreten darf, nicht einmal er, am wenigsten er!

– Aber, Madame, wenn Seine Majestät die Thür erbrechen sollte?

– Er wird sie nicht erbrechen! dazu hat er nicht Liebe genug.

Hierauf reiste sie ab und stieg vor dem Schweizerteiche, in einem Kopfputze von Zitz und völlig unkenntlich, in den Wagen.

In Navarre angekommen, stieg sie in einem Gasthause ab. Als Frau von Vintimille die Handschrift erkannte, empfand sie ein heftiges Zittern. Sie flößte Mitleid ein, so sehr war sie verändert – dieser Kampf tödtete sie,

– Madame ist da, sie wünscht die Frau Marquise zu sprechen, sagte Bourguignon, sie wird nicht fortgehen, ohne Sie gesehen zu haben. Sie ist verkleidet, um sich nicht zu compromittiren. Soll sie hierherkommen, oder wollen die Frau Marquise ihr ein Rendezvous an einem abgelegenen Orte geben?

– Meine Schwester hier! meine Schwester verkleidet! sie will mich sehen, sie will mit mir reden, aber ich kann es nicht – ich darf es nicht!

Bourguignon behaute, er schilderte den schrecklichen Zustand, worin sich die Gräfin befinde, er erzählte von ihren Qualen und Leiden, deren Ursache er nicht kannte, und von dem festen Entschlusse, Navarre nicht zu verlassen, ohne mit ihrer Schwester gesprochen zu haben.

– Nun gut, sagte diese, so möge sie auf der Stelle kommen; ich bin allein, die Herzogin von Bouillon und ihre Gäste werden den Tag in Evreux bei dem Bischof zubringen, ich will sie empfangen und wir wollen mit einander plaudern. Man weiß, daß ich krank bin, und Niemand wird daran denken, ohne meinen Befehl zu mir zu kommen.

Bourguignon ging, seine Herrin aufzusuchen; er führte sie nach Navarre und ließ sie in das Zimmer der Frau, von Vintimille eintreten, wo er sie zurückließ, um im Vorzimmer zu warten.

Als die beiden Schwestern allein waren, sahen sie einander an, ehe sie mit einander sprachen. Beide waren von der Veränderung ihrer Züge betroffen. Frau von Mailly erschien wie eine Verurtheilte, die zur Hinrichtung geführt wird. Frau von Vintimille athmete kaum. Endlich gewann ihre gegenseitige Zärtlichkeit die Oberhand, und sie warfen sich einander weinend in die Arme.

– Ah! meine Schwester! rief Frau von Mailly, ich überbringe Dir mein Glück, schlage es nicht aus.

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