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Der Secretair der Marquise Du-Deffand

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Fünftes Kapitel

Zuerst ist hier der Ort, von Duclos und Saint-Lambert zu sprechen. Ich habe Beide gut gekannt, und ich bedarf der Erinnerungen Niemandes, um sie zu schildern, Duclos war ein Mann von Geist, das ist nicht zu bestreiten; aber er war ein schlechter Herr, nach dem Ausdruck Pont-de-Veyle's. Boshaft, neidisch, gallsüchtig, intrigant, war es widerwärtig mit ihm zu leben, er entzweite alle Welt und war niemals mit irgend Jemand zufrieden. Seine Augen drückten dies Alles aus, sein Mund schien von Satire zu geifern, er tadelte die Maßregeln, die seinen Gewohnheiten und Interessen nicht entsprachen, und zog die Großen in den Schmutz, aus Aerger, daß er nicht wie sie sein konnte.

Er wurde indessen doch vom Hofe begünstigt und erhielt Wohlthaten von aller Welt, und war nicht weniger ein Feind von denen, die ihm Gutes thaten. Er war von der Natur der Schlange, kalt, kriechend und giftig; ich habe diesen Mann nie ausstehen können. Er vergalt es mir und hatte sich eine seltsame Art von mir zu reden ausgedacht, wodurch er mich sehr zu verletzen meinte. Als ich mich geweigert hatte, ihn bei mir zu empfangen, verleugnete er meinen Salon und sagte mit seiner schnarrenden Stimme:

– Kennen Sie eine gewisse Madame Du-Deffand, bei welcher sich einige Krautjunker und literarische Plattfüße einfinden?

Diese Krautjunker waren der hohe Adel von Frankreich und diese Plattfüße waren Voltaire, d'Alembert, Montesquieu u. s. w.

Man entschuldige diese Wenigkeit!

Was den Marquis von Saint-Lambert betrifft, der war und ist noch ein literarischer Militair, gewiß ein Mann von guter Gesellschaft und von Geist. Er wurde von den Damen sehr geliebt, Zeugen davon sind Frau von Chatelet und Frau von Houdetot, ohne die anderen zu rechnen. Er hat ein Gedicht »die Jahreszeiten«, und viele Verse geschrieben, große und kleine, womit er nicht geizig war. Er war am Hofe zu Lunéville sehr gut angeschrieben und besonders bei Frau von Chatelet, deren Geliebter er vor Voltaire's Angesicht wurde, und der es einfiel, mit vier und zwanzig Jahren, ein Püppchen von ihm in die Welt zu setzen.

Ich werde nie vergessen, wie unser großer Mann mir diese Nachricht ankündigte, als ich ihn zum erstenmal nach dem Tode seiner Emilie wiedersah.

– Ah! Madame, sagte er zu mir, kommen Sie, meinen Schmerz zu theilen, ich habe unsere berühmte Freundin verloren: ich bin in Verzweiflung, ich bin untröstlich.

Ich wußte wohl, und besser, als irgend Jemand, wie sehr er ihrer überdrüssig war, wie sehr sie ihn durch ihre Launen unglücklich gemacht hatte. Ich stellte mich dennoch sehr überzeugt von seiner Trostlosigkeit; er weinte heiße Thränen.

– Sie wissen, woran sie gestorben ist, fügte er hinzu; Sie wissen, daß der Barbar, der brutale Mensch sie mir mit seinem Monstrum von Kind getödtet hat!

– Ach! ja, versetzte ich mit zerknirschter Miene, dieser Saint-Lambert hat vergessen, daß eine Muse, eine Urania nimmermehr zu einer Amme geeignet war.

Er sah mich an, da er nicht recht wußte, ob ich mich über ihn aufhalte, oder ob es eine poetische Figur sei, welche der Umstand mir eingegeben. Meine erschrockene Physiognomie ließ ihn an meine redliche Meinung glauben.

– Sie reden die Wahrheit, Madame, und er gibt sich für einen Dichter aus, der dumme Kerl! Er würde also nur der Esel des Parnaß sein.

Es war offenbar eine Anspielung auf die »Jungfrau von Orleans«. In dem Augenblick, wo er sich am meisten seiner Wuth und Verzweiflung hingab, trat Pont-de-Veyle ein, der uns eine von jenen scherzhaften Geschichten zum Besten gab, die er zu erzählen pflegte. Voltaire vergaß den Esel, die Schöne und seinen Kummer, und begann laut zu lachen. Es war wieder derselbe Mann, wie ich ihn seit sechzig Jahren gekannt hatte.

Kehren wir zu dem Souper der Frau von Epinay und zu der Unterhaltung zurück, die man dort führte.

Nachdem man verschiedene Gegenstände besprochen hatte, kam die Rede auf die Schamhaftigkeit und die Sprache der Natur.

– Nur diese ist gut, sagte Duclos.

– Ja, wenn Sie sie nicht verdorben hätten; sie hat aber dennoch auf Umwegen auf das hingesteuert, was man Schamhaftigkeit nennt.

– Nicht auf das, was man heutiges Tages und bei uns so nennt. Es gibt wilde Nationen, wo die Frauen nackt gehen und gewiß nicht darüber erröthen.

– So viel es Ihnen gefallen wird, Duclos; aber ich glaube, daß die ersten Keime der Schamhaftigkeit in dem Menschen liegen.

– Ich glaube es, sagte Saint-Lambert; die Zeit, die Reinheit der Sitten, die Unruhe der Eifersucht, tausend Gründe entwickelten sie.

– Und die Erziehung hat hernach aus diesen erhabenen Tugenden eine große Sache gemacht, welche man den Anstand nennt.

– Herr Duclos, es gab eine Zeit, wo unsere ersten Väter nackt waren, wie es die Wilden sind; das ist unzweifelhaft.

»Ja, mein Fürst, alle durch einander, die Fetten, die Strotzenden, die Pausbäckigen, die Unschuldigen und Heiteren! Lassen Sie uns ein Glas leeren!

– Es ist ungewiß, daß diese Kleidung, die überall so gut anschließt, die einzige ist, die uns die Natur gegeben, hat, fuhr das Fräulein Quinault fort.

– Verwünscht sei der Erste, dem es eingefallen, ein, Kleid wie die unsrigen anzulegen.

– Es war irgend ein kleiner häßlicher buckliger Zwerg, mager und mißgestaltet, denn man denkt nicht daran, sich zu verbergen, wenn man wohlgebildet ist.

– Mein Fräulein, mag man nun wohlgebildet sein oder nicht, so hat man doch keine Schamhaftigkeit gegen sich selber.

– Herr Marquis, ich bin Ihrer Ansicht. Ich schwöre Ihnen zu, wenn man mich nicht sieht, erröthe ich nicht.

– Und erst recht nicht, wenn man Sie ansieht. Die Schamhaftigkeit des Herrn Duclos ist ein hübscher Vergleich.

– Meiner Treu, er ist ebenso gut, wie ein anderer. Ich wette, es ist keiner von Ihnen, der nicht, wenn es sehr heiß ist, mit einem Fußstoße alle Decken von seinem Bette wirft. Fort also mit der Schamhaftigkeit, welche schöne Tugend man am Morgen mit Stecknadeln an sich anheftet.

– Es gibt eine Menge Tugenden von reiner Erfindung, das Böse allein ändert sich nicht.

– Mein Fürst, die allgemeine Moral ist die einzig unverletzliche und geheiligte.

– In zwei Worten, meine Herren, es ist die beständige Vorschrift des Vergnügens, des Bedürfnisses und des Schmerzes. Im Anfang, um auf unseren Hammel zurückzukommen, trug man die Kleidungsstücke, weil man Kälte empfand.

– Und warum nicht aus Schamhaftigkeit? fragte Frau von Epinay.

– Und weshalb? zu sein, was man ist? Was ist denn die Schamhaftigkeit? fragte Duclos.

Ich kann Ihnen nur sagen, was ich darunter meine, indem ich Ihnen gestehe, daß ich mir selber jedesmal mißfalle, wenn ich schamhaft bin. Ich empfinde dann so zu sagen eine Sehnsucht nach der Einsamkeit, das Bedürfniß, mich zu verbergen.

– Ich bin nicht so, ich gestehe alle meine Fehler.

– Da Sie sehen, daß Sie sie vergebens verbergen würden, mein lieber Duclos.

– Ah! man verbirgt sich immer, wenn man will.

– Ah! meine Herren, rief Saint-Lambert, die Natur, ist sie nicht die schönste und erhabenste Lehrerin? muß man nicht ihre Stimme anhören, wenn sie spricht, und ihr die Huldigung aller unserer Triebe und unserer Freuden darbringen? Warum verbergen sich also der Jüngling und das Mädchen bei ihrer Liebe? Warum ist die köstlichste aller menschlichen Vereinigungen nicht auch die feierlichste? Warum werden die Neuvermählten nicht von den Priestern und ihren Freunden im Angesicht der Natur zum Ehebette geführt? Köstlicher Weihrauch sollte um diesen Tempel des Hymen duften, die lieblichste Musik sollte sich hören lassen, erhabene und edle Hymnen sollten zur Ehre der Götter gesungen werden, und für das Wesen, welches geboren werden soll. Anstatt sich kleinlichen Ideen der Schamhaftigkeit hinzugeben, die ihr thörichte und komische Thränen entlockt, würde die junge Gattin von der Größe dieser göttlichen Weihe durchdrungen sein, wovon Sie hier die Andeutung sehen.

– Das ist erhaben und herrlich; es ist eines Anakreon und Pindar würdig – es ist ein vollständiges Gedicht.

– Wahrhaftig! ich würde alle Tage zur Hochzeit gehen, wenn es so zuginge.

So fuhr man fort, von Unschicklichkeiten zu reden, die ich hier nicht wiederholen will. Diese Secte von Philosophen achtet nichts, besonders Duclos.

– Das Verlangen ist eine Art von Besitzergreifung, versetzte er, der leidenschaftliche Mann umgeht das Weib, wie der Hund den Knochen umgeht, den er im Rachen fortträgt, bis er ihn in einem Winkel verzehren kann. Ich habe schon gesagt, die Eifersucht ist der Keim der Schamhaftigkeit.

In diesem Styl ging es den ganzen Abend weiter. Dies war die Gesellschaft, dies ist sie geworden – tadelsüchtig und verderbt, sucht sie in der Natur die Entschuldigung ihrer Irrthümer und Fehler und gibt sich nur die eine, geistreich zu sein, nachdem sie pedantisch gewesen. So war es nicht in meiner Jugend. Unter der Regentschaft war die Verderbtheit heiter und unterhaltend und nicht wortreich; so hatte sie einen Grund, es zu sein. Gegenwärtig ist man ernsthaft im Bösen, man langweilt sich im Laster, und ehe man einen Fehler begeht, umgibt man ihn mit Rücksichten, wie das Verbot eines Flurschützen; es ist der vollkommene Verfall, und die, welche nachkommen, werden schöne Dinge erleben.

Sechstes Kapitel

Frau von Epinay kehrte auf's Land zurück, in ihr reizendes Haus in Chevrette oder auf ihr Schloß Evinay, in der Nähe von Enghien und Montmorency. Duclos nistete sich bei ihr ein, er ging alle Tage dorthin und führte sich als Herr dort ein, wie er es überall zu thun die Gewohnheit hatte. Er fand Frau von Epinay nach seinem Geschmack und machte ihr eine jener glühenden Erklärungen, die uns zwischen eine Leiter und einen Abgrund stellen. Man muß ihn überschreiten, oder sich den Hals brechen. Sie nahm dieselbe sehr erstaunt auf, lehnte sie so gut wie möglich ab, um ihn nicht zu verletzen, doch wollte er nicht darauf hören. Er befragte sie, quälte sie, neckte sie, bis sie ihre Liebe zu Francueil und ihren Umgang mit ihm gestanden hatte.

 

Man hatte sie ebenso gewarnt, Mißtrauen gegen Duclos zu hegen, wie dieser ihren Verdacht gegen das Fräulein von Ette und Rousseau zu erregen suchte. Sie beging daher ein großes Unrecht, sich seiner Willkür auszusetzen, dies ist ihr Geheimniß. Er wollte ihr indessen unter einer Bedingung verzeihen: nämlich, daß sie zu Niemanden von der Zärtlichkeit sprechen solle, die er ihr gestanden; sie versprach es, ohne zu bedenken, daß sie sich einen Feind machen werde, der ihr von jetzt an keine Ruhe und keinen Frieden lassen würde, und dessen Tyrannei um so furchtbarer werden würde, weil er sich mit Grund gefürchtet machen könnte.

Ich weiß nicht, ob ich erwähnt habe, daß Francueil verheirathet war, daß er seine Frau nicht liebte und nicht mit ihr lebte. Indessen trat natürlich ein gespanntes Verhältniß ein, welches bald durch die Rückkehr des Herrn von Epinay noch vermehrt wurde, in welche sie ihrer Kinder wegen willigen mußte, und um ihrem alten Vater auf seinem Sterbebette zu gehorchen. Es wurde sogar verabredet, daß sie einander bei ihr nicht sehen sollten; Frau von Epinay hatte den Schmerz, zu erfahren, daß Francueil durchaus Zeuge davon sein wollte, als sie ihn bei ihren Freunden traf. Er hatte sich sehr gegen sie verändert und suchte sie weniger auf, obgleich er bald seine Gewohnheiten im Hause wieder annahm. Herr von Epinay nahm die seinigen gegen die kleine Rosa wieder an und nahm durchaus keinen Anstoß daran. Duclos, der Philosoph, tyrannisirte Beide, trug die Aeußerungen hin und her, ordnete sie auf seine Weise und wurde von Rousseau weniger auffallend und ebenso gefährlich unterstützt. So schwebte sie zwischen zwei Gefahren, die beide gleich sehr zu fürchten waren.

Zu gleicher Zeit machte ihre Schwägerin sie mit der jungen Frau von Versel bekannt, die sehr geistreich und sehr gesucht war; sie bemerkte bald, daß Francueil sie nach seinem Geschmack fand, und daß sie ihn nicht zurückwies. Es war für sie der erste ernstliche Anfall von. Eifersucht; bis dahin hatte sie nur Befürchtungen gehegt. Duclos verfehlte nicht, sie zu benachrichtigen und die Sache mit allen Verzierungen auszuschmücken, die er erfinden konnte.

Frau von Evinay sprach sanft mit Frau von Verse! und wollte ihr Schicksal von ihr selber erfahren. Sie bewog sie daher, in ihr schönes Schloß Epinay zu kommen, wo ihr Mann unsinnige Verschönerungen machte. Frau von Versel kam dorthin, sie Plauderten lange mit einander allein, sie schlossen sich an einander an, die Eine aus vollem Vertrauen, die Andere, um sie zum Reden zu bringen; und die junge Nebenbuhlerin erzählte unverhohlen ihr Leben, ihre Neigungen und ihre Wünsche derjenigen, die sie kennen lernen wollte. Sie sprach von der Liebe auf eine Weise, um sie zu dem Glauben zu bringen, daß sie sie kenne, und die Andere begann an allen Gliedern zu zittern, indem sie dachte, daß es sich um Francueil handelte.

Sie sprach seinen Namen aus, die junge Versel lächelte und fragte sie dringend, ob er in sie verliebt sei. Sie antwortete, er sei es in der That, aber man dürfe nichts davon sagen, weil sie ihm unbedingte Verschwiegenheit versprochen habe.

– Er liebt mich, so daß er fast den Kopf verliert, er begeht Thorheiten für mich, er schwört, daß er daran sterben wird.

– Und Sie?

– Ich! ich liebe ihn nicht, versichere ich Ihnen – durchaus nicht.

– Ah! Sie geben mir das Leben wieder!

– Wie!

– Ohne Zweifel. Er verlangte nur Verschwiegenheit von Ihnen, weil er mich um Ihretwillen aufgab.

– Ah! das Ungeheuer! ich bin sehr froh, daß ich ihn nicht angehört habe. Nein, nein, er ist es nicht, den ich liebe, ich ließ ihn nur reden, um mich von einer schrecklichen Leidenschaft abzubringen, welcher ich widerstehen muß.

– Warum? Liebt man Sie denn nicht?

– Man liebt mich nur zu sehr. Nur – kann man mich nicht lieben.

– Sie, so schön, so reizend!

– Meine liebe Frau von Epinay, der Mann, den ich liebe, der mich liebt, ist der Liebhaber meiner Mutter, begreifen Sie also, warum ich ihn zurückweise? Wir haben den ganzen letzten Sommer tausend Folterqualen gelitten, wo wir genöthigt waren, einander jeden Augenblick zu sehen, unserer Leidenschaft zu widerstehen und meiner Mutter zu verbergen, was wir Beide empfanden. Ah! ich kann Ihnen diese Todesqual nicht schildern, Sie werden sie begreifen. Jetzt bin ich entflohen, ich will ihn nicht mehr sehen, denn ich würde unterliegen.

Man kann sich vorstellen, daß dieses gegenseitige Vertrauen die beiden Frauen zu einander hinzog, und daß es auf Francueil's Kosten geschah. Er rächte sich daß durch, daß er sich in das Leben eines Mannes nach der Mode stürzte und an Herrn von Epinay's Abenteuern Theil nahm, was mir die Meinung nahm, die ich von ihm hegte.

Einige Zeit nachher lernte sie den Mann kennen, den sie während des Restes ihres Lebens lieben sollte, den, der Francueil's Stelle einnehmen sollte, indem er ihr den Kummer ersparte, den dieser ihr verursacht hatte.

Alle Welt weiß ihren Umgang mit dem Baron Grimm, welcher noch fortdauert, und welcher gewiß so lange wie jene dauern wird. Frau von Epinay traf ihn bei Frau von Popelinière, wo Rousseau und Francueil ihn ihr vorstellten, indem sie sie um die Erlaubniß baten, ihn zu ihr führen zu dürfen, was sie sich beeilte zu bewilligen, da seine Unterhaltung ihr unendlich gefiel. – Rousseau liebte ihn sehr auf seine Weise; er rühmte ihn, weil er ihn seit langer Zeit kannte.

– Es ist ein Mann, den Sie empfangen können, sagte er zu ihr, und keiner von den Puppen, die Sie umgeben. Duclos ausgenommen, möchte ich nicht mit Leuten mit so leeren, leichten Köpfen leben.

Grimm war in Regensburg geboren; sein Vater war protestantischer Prediger, und er war damals noch nicht Baron, Er kam nach Frankreich, um dort sein Glück zu suchen, und zeichnete sich bald darauf durch eine kleine Schrift über Musik aus. Diese kleine Schrift war betitelt: »der kleine Prophet von Bochenibrodsche«. Sie hatte großen Erfolg; man riß sich darum und Herr Grimm wurde sogleich bekannt.

– Was fällt denn diesem Zigeuner ein, sagte Voltaire, mehr Geist, als wir zu haben?

Dies war sein Patent. Von diesem Augenblicke an hatte Grimm Geist.

Der Graf von Friesen, der einer der besten Männer war, die man nur sehen konnte, hegte eine lebhafte Freundschaft für ihn. Dieser Graf von Friesen war jung, liebenswürdig, galant, reich; in seiner Schule lernte Grimm die Welt kennen und vergaß sie nicht mehr. Er verstand sie so gut, daß man unwillkürlich seine Baronie und seine vornehme Miene ernsthaft nahm und in ihm den Sohn des Predigers von Regensburg nicht mehr erkannte.

Er war häßlich und hatte eine schiefe Nase.

– Aber seine Nase ist immer nach der guten Seite gerichtet, antwortete Frau von Epinay, als man sie auf diesen unbedeutenden Fehler aufmerksam machte.

Außerordentlich sauber und zierlich, erregte er Rousseau's Wuth, welcher fragte, was man von einem Manne Gutes erwarten könne, der jeden Morgen zwei Stunden damit zubringe, sich die Nägel mit einer Bürste zu putzen.

Der Graf von Friesen starb und ließ Grimm auf dem Straßenpflaster, indem er ihn dem Herzog von Orleans empfahl, der das Vermächtniß annahm und den Philosophen beschäftigte. Endlich ging er mit dem Marschall d'Estrees nach Westphalen und wurde einer von seinen acht und zwanzig Secretairen. Dieser luxuriöse Feldzug hat Spuren in der Erinnerung derjenigen zurückgelassen, die ihn mitgemacht haben. Man kann sich keinen Begriff von der Reihe von Equipagen dieses Generalstabes machen. Man spottete sehr über Grimm, man beschuldigte ihn, mit seinen Gefühlen Komödie zu spielen. Man machte einen Scherz über ihn, der beim Tode des Grafen von Friesen allgemein verbreitet wurde; er hatte seine Verzweiflung bis zu dem Grade übertrieben, daß man ihn zu dem Hotel de Castrics schleppte, um ihn dem Anblick dieses Todes zu entziehen. Er spielte jeden Tag thränenvolle Scenen, so lange er im Angesichte des Hotel war; aber sobald man ihn nicht mehr sehen konnte, und ohne an die benachbarten Häuser zu denken, von wo man ihn beobachtete, steckte er schnell sein Taschentuch in die Tasche und zog ein Buch hervor, um nicht seine Zeit zu verlieren.

Er war sehr verliebt in Fräulein Fel gewesen, die nichts von ihm wollte und sich übertrieben über ihn lustig machte, worüber er sehr aufgebracht wurde; er vergaß sie nie.

Jetzt hat er eine Art diplomatischer Anstellung bei ich weiß nicht welchem Fürsten, und er unterhält eine Correspondenz mit der Kaiserin von Rußland, um ihr zu erzählen, was in Paris vorgeht. Es ist eine Art von Person; man geht zu ihm, und er geht zuerst zu seiner Geliebten, dann zu dem Baron von Helbach zu diesen berühmten Soupers, dann überall hin, selbst zuweilen zu mir, wenngleich sehr selten. Ich empfange jetzt dergleichen Leute nicht mehr, und er langweilt sich sehr mit meiner Gesellschaft. Ich lobe ihn nicht sehr. Fast sogleich verstanden sich Frau von Epinay und er. Es war nicht mehr ein Wahnsinn wie mit Francueil; wohl aber ein sehr zärtliches, sehr hingebendes, sehr ruhiges Gefühl, eins von denen, welche von Dauer sind, weil man sie nicht abnutzt, wie ich und Formont, oder der Präsident oder Pont-de-Veyle. Ich habe immer diese den anderen vorgezogen. Larnage würde dagegen die Kerze an beiden Enden angebrannt haben.

Gerade in demselben Augenblick, und dies war es, was die Sache beschleunigte, begegnete der Frau von Epinay ein sehr ernstliches Abenteuer, wovon ganz Paris voll war, und welches sie beinahe vollständig zu Grunde gerichtet hätte. Man könnte aus dieser Geschichte ein weinerliches Drama machen.

Frau von Juilly hatte Gelyotte aufgegeben; die Frauen, die sich in diese Art von Leuten verlieben, behalten sie gewöhnlich nicht lange. Sie nahm anstatt seiner einen Chevalier de Vertillac, einen vortrefflichen Edelmann von guten Manieren, in den sie ernstlich verliebt war und der sie rächte. Diese schöne Verbindung währte beinahe zwei Jahre und dann starb Frau von Juilly an den Blattern. Frau von Epinay verpflegte sie unablässig.

Als die Kranke sich ihrem Ende nahe fühlte, übergab sie ihrer Schwägerin einen Schlüssel und sagte zu ihr in einem Augenblick, als sie allein waren:

– Herr von Juilly liebt mich wie am ersten Tage, er hat volles Vertrauen zu mir; ich will ihm keinen Kummer zurücklassen, und ich bitte Sie, liebe Schwester, meinen Secretair zu öffnen. Sie werden zwei Packete Briefe darin finden, es sind die des Chevalier; die von Gelyotte habe ich verbrannt. Erweisen Sie mir die Gefälligkeit, sie in's Feuer zu werfen, so daß keine Spur davon übrig bleibt.

– Auf der Stelle?

– Nein, das würde mir zu viel Schmerz verursachen. Sobald ich todt bin, ehe Sie irgend Jemand von der Familie rufen, versprechen Sie mir, und zwar bei dem Haupte Ihrer Kinder, wenn mein Gemahl Verdacht schöpfen sollte, daß Sie ihn um jeden Preis ablenken wollen. Ich würde in Verzweiflung sein, sein Bedauern zu vergiften.

Man versprach ihr Alles, was sie wollte. Eine von ihren Frauen kam in dem Augenblick herein. Eine Viertelstunde später starb die Kranke.

– Gehen Sie, sagte Frau von Epinay, sagen Sie es noch Niemanden, ich will noch einen Augenblick verweilen, um bei dieser armen Dahingeschiedenen zu beten; ich will selber meinen Schwager benachrichtigen, so wird er weniger betrübt sein.

Man ließ sie allein, und sie beeilte sich, die Absichten der Frau von Juilly zu erfüllen; dann ging sie, ihrem Schwager die traurige Nachricht mitzutheilen, der sehr davon ergriffen wurde. Er rühmte überall die Tugenden der Verstorbenen, ihre Liebe zu ihm und das Glück, welches sie ihm bereitet; er machte eine Penelope aus ihr und belustigte dadurch die Welt sehr auf seine Kosten.

Die beiden Brüder hatten seit dem Tode ihres Vaters einen Proceß über einen Theil ihres Vermögens, und der Notar hatte der Frau von Juilly die Acten übergeben. Diese Acten waren Documente gegen Herrn von Epinay und bewiesen klar wie der Tag, daß er Juilly hundert und achtzig tausend Livres zurückzahlen mußte. Als die ersten Thränen getrocknet waren, suchte man die Papiere überall, fand sie aber nirgends.

Man fragte Frau von Evinay, ob sie sie gesehen habe, sie antwortete aber, sie habe keine Kenntniß davon.

– Indessen habe ich sie doch meiner Frau gegeben, wiederholte Juilly, das heißt, der Notar hat sie ihr in meiner Gegenwart eingehändigt, und sie bat sie vor unseren Augen in ihren Secretair gelegt. Sie, meine Schwester, haben mir den Schlüssel dazu übergeben, Sie müssen ihn zuerst geöffnet haben; es ist unmöglich, daß Sie die Papiere nicht sollten bemerkt haben.

 

Frau von Epinay behauptete, daß sie nichts gesehen habe, als die Kammerfrau dazukam und ihrem Herrn erzählte, daß Frau von Epinay aus den Händen der Frau von Juilly den Schlüssel zu ihrem Secretair erhalten habe, daß sie sie fortgeschickt habe, sobald sie gestorben, und daß sie eine Viertelstunde, unter dem Vorwande, zu beten, mit der Leiche allein geblieben, ehe sie ihren Tod angemeldet habe.

– Als ich zurückkehrte, sah ich den Kamin mit Asche von verbrannten Papieren angefüllt, fügte sie hinzu.

Als Frau von Epinay diese Anklage hörte, wurde sie sehr roth und verwirrt. Alle wendeten sich zu ihr, und ihr Schwager fragte sie, ob es wahr sei.

– Ja, mein Herr, antwortete sie zitternd, es ist sehr wahr, daß ich nach dem Befehl der Frau von Juilly Papiere verbrannt habe, die in ihrem Secretair aufbewahrt waren, aber es waren gewiß nicht die, welche Sie suchen.

– Was waren es denn für Papiere, Madame?

– Ich weiß es nicht, ich habe sie nicht gelesen, der Ort war mir angedeutet wurden, und ich durfte sie nur nehmen.

– Wenn Sie sie nicht gelesen haben, wie konnten Sie dann wissen, daß die unsrigen sich nicht dabei befanden?

– Acten gleichen nicht anderen Papieren, und man kann sie nicht verwechseln. Man erkennt das gestempelte Papier leicht.

– Das ist nicht weniger auffallend und sehr unglücklich für Sie, Madame,, sehr unglücklich; da hat Herr von Epinay einen Vortheil von beinahe zweihundert tausend Franken, und zwar nachdem seine Gattin unter den erwähnten Umständen Papiere verbrannt hat; ich wiederhole, es trifft sich sehr unglücklich.

Frau von Epinay konnte, wie man leicht begreift, keine anderen Erklärungen, als diese geben, aber es galt bei Hof und in der Stadt nicht weniger für ausgemacht, daß sie ihren Schwager schlau um diese zweihundert tausend Franken bestohlen habe, und noch dazu im Angesichte der Leiche einer Frau, die sie sehr geliebt und die ihr das Vertrauen einer Schwester geschenkt hatte.

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