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Zwanzig Jahre nachher

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XIX
Der Rächer

Alle Vier traten in das Zelt; es war noch kein Plan gemacht, man mußte etwas feststellen.

Der König sank in einen Lehnstuhl und rief:

»Ich bin verloren!«

»Nein, Sire,« entgegnete Athos, »Ihr seid nur verrathen.«

Der König stieß einen tiefen Seufzer aus.

»Verrathen, verrathen durch die Schottländer, in deren Mitte ich geboren bin, die ich immer den Engländern vorzog! Oh, die Elenden!«

»Sire,« sprach Athos, »es ist nicht die Stunde zu Klagen und Anschuldigungen, sondern der Augenblick, wo Ihr zeigen müßt, daß Ihr König und Edelmann seid. Erhebt Euch, Sire! denn Ihr habt wenigstens hier drei Männer, die Euch nicht verrathen werden, … darüber könnt Ihr unbesorgt sein. Ah! wenn wir nur fünf wären,« murmelte Athos, an d’Artagnan und Porthos denkend.

»Was sagt Ihr?« fragte Karl aufstehend.

»Ich sage, Sire, daß es nur ein Mittel gibt. Mylord von Winter bürgt für sein Regiment, er thut es wenigstens so ungefähr, streiten wir nicht um Worte; er stellt sich an die Spitze seiner Leute, wir stellen uns an die Seite Seiner Majestät, wir machen eine Oeffnung in die Armee von Cromwell und erreichen Schottland.«

»Es gäbe noch ein Mittel,« versetzte Aramis; »Einer von uns müßte die Kleidung und das Pferd des Königs nehmen. Während man diesen mit aller Hitze verfolgte, würde der König vielleicht durchkommen.«

»Der Rath ist gut,« sagte Athos, »und wenn Seine Majestät Einem von uns diese Ehre erweisen wollte, so würden wir sehr dankbar dafür sein.«

»Was ist Euere Ansicht von diesem Rathe, Mylord von Winter?« sprach der König und schaute dabei voll Bewunderung die zwei Männer an, deren einzige Sorge es war, auf ihr Haupt die Gefahren zu häufen, die ihn bedrohten.

»Ich denke, Sire, daß, wenn es ein Mittel gibt, Euere Majestät zu retten, Herr d’Herblay dasselbe vorgeschlagen hat. Ich bitte also Euere Majestät untertänig, sogleich ihre Wahl zu treffen, denn wir haben keine Zeit zu verlieren.«

»Aber willige ich ein, so erfolgt dadurch der Tod oder wenigstens das Gefängniß für denjenigen, welcher meinen Platz einnehmen wird.«

»Es entspringt daraus die Ehre für ihn, seinen König gerettet zu haben!« rief der Graf von Winter.

Der König schaute seinen alten Freund mit Thränen in den Augen an, machte das Band des Heiligen Geist-Ordens los, den ertrug, um die zwei Franzosen zu ehren, die ihn begleiteten, und schlang es um den Hals von Winter, welcher knieend dieses furchtbare Zeichen des Vertrauens und der Freundschaft seines Fürsten empfing.

»Es ist richtig,« sagte Athos, »er dient ihm länger, als wir.«

Der König hörte diese Worte, wandte sich voll Rührung um und sprach:

»Meine Herren, wartet einen Augenblick, ich habe jedem von Euch ebenfalls ein Band zu geben.«

Dann ging er an einen Schrank, in welchem seine eigenen Orden eingeschlossen waren, und nahm zwei Insignien des Hosenbandordens heraus.

»Diese Orden können nicht für uns sein,« sprach Athos.

»Warum nicht, mein Herr?« versetzte Karl.

»Diese Orden sind für Könige, und wir sind nur einfache Edelleute.«

»Laßt alle Throne der Erde vorüberziehen,« sagte der König, »und findet mir größere Herzen, als die Euerigen. Nein, nein, Ihr laßt Euch nicht Gerechtigkeit widerfahren, meine Herren, aber ich bin da, um dies zu thun. Auf die Kniee, Graf.«

Athos kniete nieder; der König schlang ihm das Band der Gewohnheit gemäß von der Linken zur Rechten um, hob sein Schwert und sprach statt der herkömmlichen Formel: Ich mache Euch zum Ritter, seid tapfer, treu und redlich:

»Ihr seid tapfer, treu und redlich, ich mache Euch zum Ritter, mein Herr Graf.«

Dann sich an Aramis wendend:

»Nun Ihr, Herr Chevalier.«

Und dieselbe Ceremonie wurde mit denselben Worten wiederholt, während Winter, von Dienern unterstützt, seinen Panzer losmachte, um eher für den König gehalten zu werden.

Als Karl mit Aramis, wie mit Athos geendigt hatte, umarmte er Beide.

»Sire,« sagte Lord Winter, der im Angesichte einer großen Entwicklung seine ganze Kraft und seinen ganzen Muth wieder gewonnen hatte, »Sire, wir sind bereit.«

Der König schaute die drei Edelleute an und sprach:

»Ich muß also fliehen?«

»Durch ein Heer fliehen, nennt man in allen Ländern der Welt angreifen,« erwiderte Athos.

»Ich werde mit dem Schwerte in der Hand sterben,« rief Karl. »Herr Graf, Herr Chevalier, wenn ich je König bin…«

»Sire, Ihr habt uns bereits mehr geehrt, als es einfachen Edelleuten gebührte; die Dankbarkeit ist also auf unserer Seite. Aber verlieren wir keine Zeit mehr, denn wir haben bereits nur zu viel verloren.«

Der König reichte allen Dreien zum letzten Male die Hand, vertauschte seinen Hut mit dem von Winter und ging hinaus.

Das Regiment von Winter war auf einer Plattform aufgestellt, welche das Lager beherrschte; der König wandte sich, gefolgt von den drei Freunden, nach der Plattform.

Das schottische Lager schien endlich erwacht zu sein; die Leute waren aus ihren Zelten und hatten sich in Reihe und Glied gestellt, wie zu einer Schlacht.

»Seht Ihr,« sprach der König, »vielleicht bereuen sie es und sind bereit zu marschieren.«

»Wenn sie bereuen,« versetzte Athos, »so werden sie uns folgen.«

»Wohl, was thun wir?« fragte der König.

»Wir wollen das feindliche Heer beobachten,« erwiderte Athos.

Die Augen der kleinen Gruppe hefteten sich sogleich auf die Linie, die man bei Tagesanbruch für Nebel gehalten hatte, und die nun die ersten Sonnenstrahlen als ein in Schlachtordnung aufgestelltes Heer bezeichneten. Die Luft war rein und durchsichtig, wie es gewöhnlich zu dieser Morgenstunde der Fall ist. Man unterschied vollkommen die Regimenter, die Standarten, so wie die Farbe der Uniformen und der Pferde.

Dann sah man auf einem niedrigen Hügel, etwas vor der feindlichen Front, einen kleinen, gedrungenen, schwerfälligen Mann erscheinen; dieser Mann war von einigen Offizieren umgeben. Er richtete ein Augenglas nach der Gruppe, zu welcher der König gehörte.

»Kennt dieser Mann Euere Majestät persönlich?« fragte Aramis.

Karl erwiderte lächelnd:

»Dieser Mann ist Cromwell.«

»Dann senkt Euern Hut, Sire, damit er die Unterschiebung nicht wahrnimmt.«

»Ah!« sprach Athos, wir haben viel Zeit verloren.«

»Nun den Befehl,« erwiderte der König, »und wir ziehen ab.«

»Gebt Ihr ihn, Sire?« fragte Athos.

»Nein, ich ernenne Euch zu meinem General-Lieutenant,« sprach der König.

»Hört, also, Mylord von Winter,« sagte Athos; »entfernt Euch, Sire, ich bitte Euch; was wir sprechen wollen, geht Euere Majestät nichts an.«

Der König machte lächelnd drei Schritte rückwärts.

»Folgendes ist mein Vorschlag,« fuhr Athos fort: »Wir theilen Euer Regiment in zwei Schwadronen: Ihr stellt Euch an die Spitze der ersten; Seine Majestät und wir stellen uns an die Spitze der zweiten; versperrt uns nichts den Zug, so greifen wir alle mit einander an, um die feindliche Linie zu forciren und uns in die Tyne zu werfen, über die wir schwimmend oder watend gelangen; stößt uns dagegen ein Hindernd auf unserem Zuge auf, so laßt Ihr und Eure Leute Euch bis auf den letzten Mann tödten, wir und der König setzen unsern Weg fort; sind wir einmal am Ufer angelangt, so ist das Weitere unsere Sache; und wären sie drei Glieder hoch aufgestellt, wenn nur Eure Leute ihre Schuldigkeit thun.«

»Zu Pferde,« rief Lord Winter.

»Zu Pferde!« sprach Athos, »Alles ist bedacht und entschieden.«

»Vorwärts, meine Herren,« sagte der König, »vorwärts. Wählen wir das alte Kriegsgeschrei der Franzosen: Mon joie et Saint-Denis! Das Kriegsgeschrei von England wird gegenwärtig von zu vielen Verräthern wiederholt.«

Man schwang sich in den Sattel, der König nahm das Pferd von Winter, Winter das des Königs; Winter stellte sich in das erste Glied der ersten Schwadron, und der König, Athos zu seiner Rechten und Aramis zu seiner Linken, in das erste Glied der zweiten.

Die ganze schottische Armee betrachtete diese Vorkehrungen mit der Unbeweglichkeit und dem Stillschweigen der Scham.

Man sah, wie einige Häuptlinge aus den Gliedern hervortraten und ihre Schwerter zerbrachen.

»Das tröstet mich,« sagte der König, »ich sehe, daß nicht Alle Verräther sind.«

In diesem Augenblick ertönte die Stimme von Lord Winter.

»Vorwärts!« rief er.

Die erste Schwadron fing an, sich in Bewegung zu setzen, die zweite folgte ihr und stieg die Plattform hinab. Ein der Zahl nach ungefähr gleich starkes Regiment Kürassiere entwickelte sich hinter dem Hügel und ritt im schnellsten Galopp entgegen.

Der König zeigte Athos und Aramis, was vorging.

»Sire,« sprach Athos, »für diesen Fall ist vorhergesehen, und wenn die Leute von Lord Winter ihre Schuldigkeit thun, so rettet uns dieses Ereigniß, statt uns zu verderben.«

In diesem Augenblick hörte man Lord Winter, allen Lärmen beherrschend, den die galoppirenden und wiehernden Pferde machten, mit kräftiger Stimme ausrufen:

»Säbel in die Hand!«

Alle Säbel fuhren aus den Scheiden und erschienen wie Blitze.

»Auf! meine Herren,« rief der König ebenfalls, berauscht durch das Getöse und den Anblick; »auf, meine Herren, den Säbel in die Hand!«

Aber diesem Befehle, wobei der König das Beispiel gab, gehorchten nur Athos und Aramis.

»Wir sind verrathen,« sagte der König ganz leise.

»Wir wollen noch warten,« versetzte Athos, »vielleicht haben sie die Stimme Eurer Majestät nicht erkannt und harren noch des Befehls ihres Schwadrons-Chefs.«

»Haben sie nicht den ihres Obersten gehört? Aber seht! seht!« rief der König, sein Pferd mit einem so gewaltigen Riffe parierend, daß es sich auf seinen Hacksen bog, und zugleich das von Athos am Zaume fassend.

»Ah, Feige! ah, Elende! ah, Verräther:« rief Lord Winter, dessen Stimme man deutlich hörte, während seine Leute Reihe und Glied verlassend, sich in der Ebene zerstreuten.

 

Kaum fünfzehn Mann waren um ihn gruppiert und erwarteten den Angriff der Kürassiere von Cromwell.

»Laßt uns mit ihnen sterben!« sprach der König..

»Laßt uns sterben,« wiederholten Athos und Aramis.

»Herbei, ihr treuen. Herzen!« rief Lord Winter.

Diese Stimme gelangte bis zu den zwei Freunden, welche im Galopp hinzueilten.

»Keine Gnade,« rief in französischer Sprache und Lord Winter antwortend eine Stimme, welche sie beben machte.

Lord Winter wurde bei dem Klange dieser Stimme bleich und wie versteinert.

Diese Stimme war die eines Reiters, der auf einem prachtvollen Rappen an der Spitze eines Regiments chargirte, dem er in seinem Eifer zehn Schritte voraneilte.

»Er ist es!« murmelte Lord Winter und ließ, die Augen starr, den Säbel an seiner Seite hinabsinken.

»Der König! der König!« riefen mehrere Stimmen, getäuscht durch das blaue Band und das isabellfarbige Pferd des Lords, »fangt ihn lebendig!«

»Nein, es ist nicht der König!« rief der Reiter, »laßt Euch nicht täuschen. Nicht wahr, Mylord von Winter, Ihr seid nicht der König? Nicht wahr, Ihr seid mein Oheim?«

Und in demselben Augenblicke richtete Mordaunt den Lauf einer Pistole gegen Winter. Der Schuß ging los, die Kugel durchbohrte die Brust des alten Edelmanns, der auf seinem Sattel aufsprang und in die Arme von Athos und Aramis fallend nur noch die zwei Worte: »Der Rächer!« murmelte.

»Erinnere Dich meiner Mutter!« brüllte Mordaunt, während er, vom wüthenden Galoppe seines Pferdes fortgerissen, vorüberjagte.

»Elender!« schrie Aramis, und drückte eine Pistole auf ihn ab, als er ganz nahe an ihm vorüber ritt, aber das Zündkraut allein fing Feuer und der Schuß ging nicht los.

In diesem Augenblick fiel das ganze Regiment über die zwei Männer her, welche Stand gehalten hatten, und die zwei Franzosen wurden umzingelt, gepreßt, eingehüllt. Nachdem sich Athos überzeugt hatte, daß Lord Winter todt war, ließ er den Leichnam los, zog seinen Degen und rief:

»Auf, Aramis, für die Ehre Frankreichs!«

Und die zwei Engländer, die sich zunächst bei den zwei Edelleuten befanden, stürzten Beide tödtlich getroffen von den Pferden.

In demselben Augenblick erscholl ein furchtbares Hurrah und dreißig Klingen funkelten über ihren Häuptern.

Plötzlich stürzt ein Mensch mitten aus den englischen Reihen hervor, die er niederwirft, springt auf Athos zu, umschlingt ihn mit seinen nervigen Armen, entreißt ihm sein Schwert und sagt ihm in das Ohr:

»Stille! ergebt Euch. Mir Euch ergeben, heißt nicht Euch ergeben.«

Ein Riese hat zugleich die Handgelenke von Aramis ergriffen, der sich vergebens dem furchtbaren Drucke zu entziehen sucht.

»Ergebt Euch!« spricht er, ihn fest anschauend.

Aramis hebt den Kopf empor; Athos wendet sich um.

»D’Art…« ruft Athos, dem der Gascogner mit der Hand den Mund verschließt.

»Ich ergebe mich,« sagte Aramis, Porthos sein Schwert reichend.

»Feuer! Feuer!« rief Mordaunt, zu der Gruppe zurückkehrend, bei der die zwei Freunde waren.

»Und warum Feuer?« fragte der Oberste, »Jedermann hat sich ergeben.«

»Es ist der Sohn von Mylady,« sprach Athos zu d’Artagnan.

»Ich habe ihn erkannt.«

»Es ist der Mönch,« sagte Porthos zu Aramis.

»Ich weiß es.«

Zu gleicher Zeit fingen die Glieder an, sich zu öffnen. D’Artagnan hielt das Pferd von Athos, Porthos das von Aramis am Zügel. Jeder von ihnen suchte seinen Gefangenen mit vom Schlachtfelds fortzuziehen.

Diese Bewegung entblößte die Stelle, wohin der Leichnam von Winter gefallen war. Mit dem Instinkte des Hasses hatte Mordaunt den Todten wiedergefunden und er betrachtete ihn, über sein Pferd herabgebeugt, mit einem entsetzlichen Lächeln.

Athos legte, bei aller seiner Ruhe, die Hand an seine Halfter, in denen sich seine Pistolen noch befanden.

»Was macht Ihr?« sprach d’Artagnan.

»Laßt mich diesen Menschen tödten.«

»Keine Geberde, die auf den Glauben führen dürfte, Ihr kennet ihn, oder wir sind alle Vier verloren.«

Dann sich gegen den jungen Mann umwendend, rief er:

»Gute Beute, gute Beute! Freund Mordaunt. Herr du Vallon und ich, wir haben jeder unsern Mann, Ritter vom Hosenbandorden, nicht mehr.«

»Aber mir scheint, es sind Franzosen!« rief Mordaunt und schaute Athos und Aramis mit blutgierigen Augen an.

»Meiner Treue, ich weiß es nicht. Seid Ihr ein Franzose, mein Herr?« fragte er Athos.

»Ich bin es,« antwortete dieser mit ernstem Tone.

»Wohl, mein lieber Herr, Ihr seid nun der Gefangene eines Landsmannes.«

»Aber der König?« sprach Athos ängstlich, »der König?«

»Ei, wir haben den König.«

»Ja,« sagte Aramis, »durch einen schändlichen Verrath.«

Porthos preßte das Handgelenke seines Freundes gewaltig zusammen und sagte lächelnd zu ihm:

»Ei, mein Herr, man führt den Krieg ebensowohl durch Geschicklichkeit, als durch Kraft: schaut.«

Man sah wirklich die Schwadron, welche den Rückzug von Karl beschützen sollte den König umgebend, der allein und zu Fuße in einem großen freien Räume ging, dem englischen Regimente entgegenreiten. Der Fürst war scheinbar ruhig, aber man gewahrte, was er leiden mußte, um ruhig zu scheinen; der Schweiß lief ihm über das Gesicht und er trocknete die Stirne und die Lippen mit einem Tuche ab, das sich jedes Mal mit Blut befleckt von seinem Munde entfernte.

»Da ist Nebuchodonosor,« rief einer von den Kürassieren von Cromwell, ein alter Puritaner, dessen Augen sich bei dem Anblicke des Mannes entflammten, den er den Tyrannen nannte.

»Was sagt Ihr, Nebuchodonosor?« sprach Mordaunt mit einem furchtbaren Lächeln. »Nein, es ist König Karl I., der gute König Karl, der seine Unterthanen plündert, um sie zu beerben.«

Karl schlug die Augen gegen den Frechen auf, der so sprach; er erkannte ihn nicht, aber die ruhige und religiöse Majestät seines Angesichtes machte, daß Mordaunt seine Blicke senkte.

»Guten. Morgen, meine Herren,« sagte der König zu den Edelleuten, die er den einen in den Händen von d’Artagnan, den andern in denen von Porthos sah. »Der Tag war unglücklich, doch das ist, Gott sei Dank, nicht Euer Fehler. Wo ist mein alter Winter?«

Die zwei Edelleute wandten die Köpft ab und schwiegen.

»Suche, wo Straffort ist,« sprach Mordaunt mit seiner scharfen Stimme.

Karl bebte, der Teufel hatte gut getroffen, Straffort war sein ewiger Gewissensbiß, der Schatten seiner Tage, das Gespenst seiner Nächte.

Der König schaute um sich her und erblickte einen Leichnam zu seinen Füßen; es war der von Lord Winter.

Karl stieß keinen Schrei aus, vergoß keine Thräne; es verbreitete sich nur eine Leichenblässe über sein Antlitz; er setzte ein Knie auf die Erde, hob den Kopf von Winter in die Höhe, küßte ihn auf die Stirne, nahm das Band des Heiligen-Geist-Ordens, das er ihm um den Hals geschlungen hatte, und legte es auf seine Brust.

»Lord Winter ist also getödtet?« fragte d’Artagnan, seine Augen auf den Leichnam heftend.

»Ja,« sprach Athos, »und zwar von seinem Neffen.«

»Er ist der Erste von uns, welcher hingeht,« murmelte d’Artagnan; »er war ein Braver, er ruhe im Frieden.«

»Karl Stuart,« sprach nun der Oberste des englischen Regiments, auf den König zureitend, der die Insignien des Königthums wieder angenommen hatte; »Ihr ergebt Euch uns als Gefangener?« .

»Oberst Thomlison,« sprach Karl, »der König ergibt sich nicht; der Mensch weicht nur der Gewalt.«

»Euern Degen.«

Der König zog seinen Degen und zerbrach ihn auf dem Knie.

In diesem Augenblick lief ein Pferd, von Schaum bedeckt, die Augen entflammt die Nüstern weit aufgerissen, herbei und blieb, als es seinen Herrn erkannte, vor Freude Wiehernd stille stehen: es war Arthus.

Der König lächelte, liebkoste es mit der Hand, schwang sich leicht in den Sattel und rief:

»Vorwärts, meine Herren, führt mich, wohin Ihr wollt.«

Dann sich rasch umwendend:

»Halt, es kam mir vor, als bewegte sich Lord Winter; lebt er noch, so verlaßt diesen edlen Mann nicht, bei Allem, was Euch heilig ist.«

»Oh! seid unbesorgt,« erwiderte Mordaunt, »die Kugel hat ihm das Herz durchbohrt.«

»Flüstert kein Wort mehr, macht keine Geberde, wagt keinen Blick, weder was mich, noch was Porthos betrifft,« sagte d’Artagnan zu Athos und Aramis, »denn Mylady ist nicht todt… Ihre Seele lebt in dem Körper dieses Teufels!…«

Und die Abtheilung rückte, Ihren königlichen Gefangenen mit sich führend, gegen die Stadt zu, aber auf halbem Wege brachte ein Adjutant des General Cromwell dem Obersten Thomlison den Befehl, den König nach Holdenby-House zu führen.

Zu gleicher Zeit gingen die Eilboten in allen Richtungen ab, um England und ganz Europa zu verkündigen, der König Karl Stuart sei Gefangener des General Oliver Cromwell.

Die Schottländer betrachteten diese ganze Scene die Muskete bei Fuß und den Claymore in der Scheide.

XX
Oliver Cromwell

»Kommt Ihr zu dem General?« sagte Mordaunt zu d’Artagnan und Porthos, »Ihr wißt, daß er Euch nach dem Treffen beschieden hat.«

»Wir wollen zuerst unsere Gefangenen in sicheren Gewahrsam bringen,« sprach d’Artagnan zu Mordaunt. »Glaubt Ihr wohl, daß Jeder von diesen Herren wenigstens fünfzehnhundert Pistolen Werth ist?«

»Oh! seid unbesorgt,« erwiderte Mordaunt und schaute sie mit einem Auge an, dessen Wildheit er vergebens zu bemeistern suchte; »meine Reiter werden sie bewachen und zwar wohl bewachen, dafür stehe ich Euch.«

»Ich werde sie noch besser selbst bewachen,« versetzte d’Artagnan. »Was braucht man übrigens hierzu? ein gutes Zimmer mit ein paar Posten oder ihr einfaches Wort, daß sie nicht zu entfliehen suchen wollen. Ich bringe die Sache in Ordnung, und wir werden sodann die Ehre haben, uns bei dem General einzufinden und ihn um seine Befehle für Seine Eminenz zu bitten.«

»Ihr gedenkt also bald abzureisen?« fragte Mordaunt.

»Unsere Sendung ist vollbracht, und es hält uns nichts in England zurück, als das Belieben des großen Mannes, zu dem wir abgeschickt worden sind.«

Mordaunt biß sich in die Lippen, neigte sich an das Ohr des Sergenten und sagte zu diesem:

»Ihr folgt diesen Männern, Ihr verliert sie nicht aus dem Blicke, und wenn Ihr wißt, wo sie wohnen, kehrt Ihr zurück und erwartet mich am Thore der Stadt.«

Der Sergent bedeutete durch ein Zeichen, man werde gehorchen.

Statt dem Haufen der Gefangenen zu folgen, die man in die Stadt führte, wandte sich Mordaunt nun nach dem Hügel, von wo aus Cromwell dem Kampfe zugeschaut und wo er so eben sein Zelt hatte aufschlagen lassen.

Cromwell hatte verboten, irgend Jemand bei ihm einzulassen; aber die Schildwache, welche Mordaunt als einen der innigsten Vertrauten des Generals kannte, glaubte, das Verbot betreffe den jungen Mann nicht.

Mordaunt schob also den Vorhang des Zeltes auf die Seite und sah Cromwell, den Kopf zwischen seinen Händen verborgen, an einem Tische sitzen; der General kehrte ihm überdies den Rücken zu.

Mochte Cromwell das Geräusch gehört haben, das Mordaunt durch seinen Eintritt verursachte, oder nicht, er wandte sich nicht um.

Mordaunt blieb an der Thüre stehen.

Endlich, nach Verlauf einiger Minuten, erhob Cromwell seine niedergebeugte Stirne und wandte, als hätte er instinktartig gefühlt, es wäre Jemand da, langsam den Kopf um.

»Ich hatte Befehl gegeben, mich allein zu lassen,« rief er, als er den jungen Mann gewahrte.

»Man glaubte, dieses Verbot ginge mich nichts an,« erwiderte Mordaunt; »wenn Ihr indessen befehlt, so bin ich bereit, mich zu entfernen.«

»Ah! Ihr seid es,« sprach Cromwell, wie durch die Kraft des Willens den Schleier hebend, der seine Augen bedeckte; »da Ihr es seid, so ist es gut, bleibt.«

»Ich bringe Euch meine Glückwünsche.«

»Euere Glückwünsche! Wozu?«

»Zu der Gefangennehmung von Karl Stuart. Ihr seid nun der Herr von England.«

»Ich war es vor zwei Stunden vielmehr,« sprach Cromwell.

»Wie so, General?«

»England bedurfte meiner, um den Tyrannen zu fassen; nun ist er gefaßt … Habt Ihr ihn gesehen?«

»Ja, Herr.«

»Wie benimmt er sich?«

Mordaunt zögerte, aber die Wahrheit schien mit Gewalt über seine Lippen zu treten und er erwiderte:

»Ruhig und würdig.«

»Was hat er gesprochen?«

»Einige Worte des Abschieds an seine Freunde.«

»An seine Freunde!« murmelte Cromwell, »er hat also Freunde?« Dann laut:

»Hat er sich vertheidigt?«

»Nein, Herr, er war von Allen verlassen, mit Ausnahme von drei oder vier Männern, er konnte sich also unmöglich vertheidigen.«

 

»Wem hat er seinen Degen übergeben?«

»Er hat ihn nicht übergeben, er hat ihn zerbrochen.«

»Daran hat er wohl gethan, aber es wäre noch besser gewesen, er hätte sich desselben, statt ihn zu zerbrechen, mit größerem Vortheile bedient.«

Es trat einen Augenblick Stillschweigen ein.

»Der Oberste, der den König, … der Karl geleitete, wurde, wie mir scheint, getödtet?« fragte Cromwell, Mordaunt fest anschauend.

»Ja, Herr.«

»Von wem?«

»Von mir.«

»Wie hieß er?«

»Lord Winter.«

»Euer Oheim!« rief Cromwell.

»Mein Oheim?« versetzte Mordaunt; »die Verräther von England gehören nicht zu meiner Familie.«

Cromwell blieb einen Augenblick nachdenkend, schaute den jungen Mann an und sagte sodann mit der tiefen Schwermuth, welche Shakespeare so gut zeichnet:

»Mordaunt, Ihr seid ein furchtbarer Diener.«

»Wenn der Herr befiehlt,« sprach Mordaunt, »so läßt sich mit seinen Befehlen nicht feilschen. Abraham hat das Messer über Isaak erhoben und Isaak war sein Sohn.«

»Ja,« entgegnete Cromwell, »aber der Herr ließ das Opfer nicht vollbringen.«

»Ich schaute um mich her,« sagte Mordaunt, »und sah weder Bock noch Zicklein in den Gebüschen der Ebene.«

Cromwell verbeugte sich und sprach:

»Ihr seid stark unter den Starken, Mordaunt … Und wie haben sich die Franzosen benommen?«

»Als Leute von Muth, Herr.«

»Ja, ja,« murmelte Cromwell, »die Franzosen schlagen sich und wenn mein Augenglas gut ist, so habe ich sie wirklich im ersten Gliede gesehen.«

»Sie waren dort.«

»Jedoch nach Euch,« sagte Cromwell.

»Das ist der Fehler ihrer Pferde und nicht der ihrige.«

Es trat ein abermaliges Stillschweigen ein.

»Und die Schottländer?« fragte Cromwell.

»Sie haben ihr Wort gehalten und sich nicht gerührt,« antwortete Mordaunt.

»Die Elenden!« murmelte Cromwell.

»Ihre Offiziere verlangen Euch zu sehen, Herr.«

»Ich habe keine Zeit. Hat man sie bezahlt?«

»In dieser Nacht.«

»Sie sollen abziehen, in ihre Gebirge zurückkehren und ihre Schmach dort verbergen, wenn ihre Gebirge hierzu hoch genug sind. Ich habe nichts mehr mit ihnen, sie haben nichts mehr mit mir zu schaffen. Und nun geht, Mordaunt.«

»Ehe ich gehe,« erwiderte Mordaunt, »habe ich noch einige Fragen an Euch zu richten, mein Herr, und eine Bitte an Euch zu thun, mein Meister.«

»An mich?«

Mordaunt verbeugte sich.

»Ich komme zu Euch, mein Held, mein Beschützer, mein Vater, und frage Euch, Meister, seid Ihr mit mir zufrieden?«

Cromwell schaute ihn erstaunt an.

Der junge Mann blieb unempfindlich.

»Ja,« erwiderte Cromwell, »Ihr habt, seitdem ich Euch kenne, nicht nur Euere Pflicht gethan, Ihr seid ein treuer Freund, ein geschickter Unterhändler, ein guter Soldat gewesen.«

»Erinnert Ihr Euch, Herr, daß ich zuerst den Gedanken gehabt habe, mit den Schottländern darüber zu unterhandeln, daß sie ihren König verlassen?«

»Ja, der Gedanke kommt von Euch, das ist wahr; ich ging in der Verachtung der Menschen noch nicht so weit.«

»Bin ich ein guter Botschafter in Frankreich gewesen?«

»Ja, Ihr habt von Mazarin erhalten, was ich verlangte.«

»Habe ich stets eifrig für Eueren Ruhm und Euere Interessen gekämpft?«

»Vielleicht zu eifrig, was ich Euch so eben erst zum Vorwurf machte. Aber worauf zielt Ihr mit allen diesen Fragen ab?«

»Ich will Euch damit sagen, daß der Augenblick gekommen ist, wo Ihr mit Einem Worte alle meine Dienste belohnen könnt.«

»Ah!« rief Oliver mit einer leichten, verächtlichen Bewegung, »es ist wahr, ich vergaß, daß jeder Dienst seine Belohnung verdient, daß Ihr gedient habt und noch nicht belohnt seid.«

»Mein Herr, ich kann es sogleich sein und zwar über meine Wünsche.«

»Wie dies?«

»Ich habe den Preis unter der Hand, ich halte ihn beinahe.«

»Und worin besteht der Preis?« fragte Cromwell. »Hat man Euch Gold geboten? Verlangt Ihr einen Grad? Wünscht Ihr eine Statthalterschaft?«

»Herr, werdet Ihr meine Bitte gewähren?«

»Wir wollen zuerst sehen, worin sie besteht.«

»Herr, wenn Ihr mir sagtet: »»Ihr werdet einen Befehl vollziehen!«« antwortete ich dann je: »»Wir wollen diesen Befehl sehen?««

»Wenn es jedoch unmöglich wäre, Eueren Wunsch zu verwirklichen?«

»Wenn Ihr einen Wunsch hattet und mich mit Erfüllung desselben beauftragtet, erwiderte ich dann je: »»Es ist unmöglich?««

»Aber eine mit so viel Vorbereitungen abgefaßte Bitte…«

»Ah! seid unbesorgt,« versetzte Mordaunt mit einem düsteren Ausdrucke, »sie wird Euch nicht in das Verderben stürzen.«

»Nun wohl,« sprach Cromwell, »ich verspreche Euch, Euerer Bitte zu willfahren, so weit die Sache in meiner Macht liegt; fordert.«

»Man hat diesen Morgen zwei Gefangene gemacht,« antwortete Mordaunt, »ich verlange sie von Euch.«

»Sie haben also ein bedeutendes Lösegeld angeboten?«

»Ich halte sie im Gegentheil für arm.«

Es sind Freunde von Euch?«

»Ja, Herr,« rief Mordaunt, »es sind Freunde von mir, theuere Freunde, und ich würde mein Leben für das ihrige geben.«

»Gut, Mordaunt,« sprach Cromwell, der mit einer gewissen freudigen Bewegung wieder eine bessere Meinung von Mordaunt faßte, »gut, ich gebe sie Tuch, ich will sogar nicht einmal wissen, wer sie sind, macht mit Ihnen, was Ihr wollt.«

»Ich danke, Herr,« rief Mordaunt, »ich danke! mein Leben gehört von nun an Euch, und wenn ich es verliere, bin ich immer noch Euer Schuldner, Ihr habt meinen Dienst herrlich bezahlt.«

Und er warf sich vor Cromwell auf die Kniee und küßte ihm die Hand, unerachtet des Widerstrebens des puritanischen Generals, welcher diese beinahe königliche Huldigung sich nicht erzeigen, lassen wollte oder sich wenigstens den Anschein gab, als wollte er es nicht.

»Wie!« sagte Cromwell, ihn in dem Augenblick, wo er sich erhob, zurückhaltend, »keine andern Belohnungen, kein Gold! keine Grade!«

»Ihr habt mir Alles gegeben, was Ihr mir geben konntet, Mylord, und von diesem Tage an erkläre ich Euch für das Uebrige quitt.«

Und Mordaunt stürzte aus dem Zelte des Generals mit einer Freude, welche aus seinem Herzen und au§ seinen Augen überströmte.

Cromwell folgte ihm mit dem Blicke.

»Er hat seinen Oheim getödtet!« murmelte er, »ach! wie sind meine Diener beschaffen! Vielleicht hat dieser, welcher nichts von mir fordert oder nichts von mir zu fordern scheint, vor Gott mehr von mir verlangt, als diejenigen, welche das Gold der Provinzen und das Brod der Unglücklichen verlangen werden. Niemand dient mir umsonst. Karl, der mein Gefangener ist, hat vielleicht noch Freunde, und ich habe keine.«

Und er versank seufzend wieder in seine von Mordaunt unterbrochene Träumerei.

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