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Zwanzig Jahre nachher

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XXVI
Die Lanzknecht-Partie

Es war in der That neun Uhr Abends, die Posten waren um acht Uhr abgelöst worden und seit einer Stunde hatte die Wache des Kapitän Groslow angefangen.

D’Artagnan und Porthos mit ihren Degen bewaffnet, Athos und Aramis, jeder einen Dolch in der Brust verborgen, begaben sich nach dem Hause, das diesen Abend Karl Stuart als Gefängniß diente. Die zwei Letzteren folgten ihren Sieger, demüthig und scheinbar unbewaffnet, wie Gefangene.

»Meiner Treue!« rief Groslow, als er sie erblickte, »ich zählte nicht mehr auf Euch.«

D’Artagnan näherte sich ihm und erwiderte leise:

»Herr du Vallon und ich zögerten wirklich einen Augenblick, ob wir kommen sollten.«

»Warum?« fragte Groslow.

D’Artagnan bezeichnete ihm mit dem Auge Athos und Aramis.

»Ah! ah! wegen der Gesinnung? daran ist wenig gelegen,« sprach Groslow. »Im Gegentheil,« fügte er lachend bei, »wenn sie ihren Stuart sehen wollen, so werden sie ihn sehen.

»Bringen wir die Nacht in dem Zimmer des Königs zu?« fragte d’Artagnan.

»Nein, aber in dem anstoßenden Zimmer, und da die Thür offen bleiben wird, so ist es gerade, als ob wir in dem Zimmer selbst wären. Ihr habt Euch mit Geld versehen? Ich erkläre Euch, daß ich heute Abend ein Höllenspiel zu spielen gedenke.«

»Hört Ihr?« sagte d’Artagnan und ließ das Gold in seinen Taschen klingen.

»Ah, gut!« sprach Groslow. Und er öffnete die Thüre des Zimmers. »Ich will Euch den Weg zeigen,« sagte er und ging voraus.

D’Artagnan wandte sich nach seinen Freunden um: Porthos war sorglos, als ob es sich um eine gewöhnliche Partie handelte; Athos war bleich, aber entschlossen; Aramis wischte mit seinem Sacktuche seine von einem leichten Schweiße befeuchtete Stirne ab.

Die acht Wachen waren auf ihren Posten; vier befanden sich in dem Zimmer des Königs. zwei an der Verbindungsthüre, zwei an der Thüre, durch welche die vier Freunde eintraten. Beim Anblicke der Schwerter lächelte Athos: es war also keine Schlächterei mehr, sondern ein Kampf.

Von diesem Augenblicke an schien seine ganze gute Laune wiederbelebt.

Karl, den man durch die offene Thüre erblickte, lag ganz angekleidet auf seinem Bette; es war nur eine wollene Decke über ihn geworfen. Zu seinen Häupten saß Parry und las mit leiser Stimme, doch laut genug, daß es der König, der mit geschlossenen Augen zuhörte, vernahm, ein Kapitel aus einer katholischen Bibel.

Ein schlechtes Unschlittlicht, das auf einem schwarzen Tische stand, beleuchtete das ergebene Antlitz des Königs und das unendlich weniger ruhige Gesicht seines treuen Dieners.

Von Zeit zu Zeit unterbrach sich der gute Parry, im Glauben, der König schliefe wirklich; dann öffnete dieser die Augen und sagte:

»Fahre fort, mein guter Parry, ich höre.«

Groslow ging bis auf die Schwelle des Zimmers, setzte absichtlich den Hut auf, den er in der Hand gehalten hatte, um seine Gäste zu empfangen, betrachtete einen Augenblick das einfache, rührende Bild eines alten Dieners, der seinem gefangenen König aus der Bibel vorlas, versicherte sich, daß jeder Mann auf dem ihm bezeichneten Posten war, und schaute sodann, sich gegen d’Artagnan umwendend, mit triumphierender Miene den Franzosen an, als wollte er ein Lob über seine Taktik ernten.

»Vortrefflich!« sagte der Gascogner, »bei Gott! Ihr wäret ein ausgezeichneter General.«

»Glaubt Ihr etwa,« versetzte Groslow, »der Stuart werde entweichen, so lange ich auf der Wache bin?«

»Nein, gewiß nicht,« erwiderte d’Artagnan, »wenn es ihm nicht Freunde vom Himmel regnet.«

Das Gesicht von Groslow strahlte.

Da Karl während dieser Scene seine Augen beständig geschlossen hielt, so konnte man nicht sagen, ob er die Frechheit des puritanischen Kapitäns wahrgenommen hatte. Aber sobald er den Klang der Stimme von d’Artagnan hörte, öffneten sich unwillkürlich seine Augenlider.

Parry bebte und unterbrach sich im Lesen.

»Woran denkst Du, daß Du Dich unterbrichst?« sagte der König, »fahre fort, mein guter Parry, wenn Du nicht müde bist.«

»Nein, Sire,« erwiderte der Kammerdiener.

Und er fuhr fort zu lesen.

Im ersten Zimmer war ein Tisch bereitet, und auf diesem mit einem Teppich bedeckten Tische befanden sich zwei brennende Lichter, Karten, zwei Becher und Würfel.

»Meine Herren,« sagte Groslow, »ich bitte, setzt Euch: ich Stuart gegenüber, den ich so gerne sehe, besonders da, wo er ist, Ihr, Herr d’Artagnan, mir gegenüber.«

Athos wurde roth vor Zorn, d’Artagnan schaute ihn, die Stirne faltend, an.

»Gut, sprach d’Artagnan; »Ihr Herr Graf de la Fère, auf der Rechten von Herrn Groslow, Ihr Herr Chevalier d’Herblay zu seiner Linken, Ihr Herr du Vallon neben mir. Ihr wettet auf mich und diese Herren auf Herrn Groslow.

D’Artagnan hatte so Porthos neben sich und sprach mit ihm mit dem Knie, Athos und Aramis sich gegenüber und hielt sie unter seinem Blicke.

Bei dem Namen des Grafen de la Fère und dem des Chevalier d’Herblay öffnete Karl seine Augen wieder, erhob unwillkürlich sein edles Haupt und umfaßte mit einem Blicke alle Personen dieser Scene.

In diesem Momente wandte Parry einige Blätter seiner Bibel um und las ganz laut folgenden Vers des Jeremias:

»Der Herr spricht: höret die Worte der Propheten, meiner Knechte, welche ich mit großer Sorge geschickt und zu Euch geführt habe.«

Die vier Freunde wechselten einen Blick. Die Worte, welche Parry gelesen, deuteten ihnen an, daß ihre Anwesenheit von dem König dem wahren Beweggrunde zugeschrieben wurde.

Die Augen von d’Artagnan funkelten vor Freude.

»Ihr fragtet mich so eben, ob ich bei Geld wäre,« sagte d’Artagnan und legte zwanzig Pistolen auf den Tisch.

»Ja,« erwiderte Groslow.

»Nun wohl,« versetzte d’Artagnan, »ich aber sage Euch: nehmt Euren Schatz in Acht, mein lieber Herr Groslow, denn ich stehe Euch dafür, wir gehen nicht von hinnen, ohne ihn Euch geraubt zu haben.«

»Das wird nicht geschehen, ohne daß ich ihn vertheidige,« entgegnete Groslow.

»Desto besser,« rief d’Artagnan. »Schlacht, mein lieber Kapitän, Schlacht! Ihr wißt oder wißt nicht, was wir verlangen.«

»Ah! ja, ich weiß es Wohl,« erwiderte Groslow, in sein plumpes Gelächter ausbrechend; »Ihr Franzosen sucht nur Wunden und Beulen.«

Karl hatte wirklich Alles gehört, Alles verstanden. Eine leichte Rothe stieg ihm in das Gesicht, die Soldaten sahen ihn allmälig seine müden Glieder ausstrecken und unter dem Vorwande einer durch den glühenden Ofen erzeugten übermäßigen Hitze nach und nach die schottische Decke abwerfen, unter der er, wie gesagt, ganz angekleidet lag.

Athos und Aramis bebten vor Freude, als sie sahen, daß der König angekleidet war.

Die Partie begann. Diesen Abend wandte sich das Glück auf die Seite von Groslow; er hielt Alles und gewann beständig. Hundert Pistolen gingen von der einen Seite des Tisches auf die andere über, Groslow war von einer tollen Heiterkeit.

Porthos, der die fünfzig Pistolen, die er am Tage vorher gewonnen, wieder verloren hatte, und noch über dreißig von den seinigen dazu, war sehr verdrießlich und stieß d’Artagnan mit dem Knie, als wollte er ihn fragen, ob es noch nicht bald Zeit wäre, zu einem andern Spiele überzugehen; Athos und Aramis schauten ihn auch von Zeit zu Zeit mit einem forschenden Auge an, aber d’Artagnan blieb unempfindlich.

Es schlug zehn Uhr. Man hörte die Runde vorüberkommen.

»Wie viel solche Runden macht Ihr?« sagte d’Artagnan, neue Pistolen aus der Tasche ziehend.

»Fünf,« erwiderte Groslow, »alle zwei Stunden eine.«

»Das ist klug,« versetzte d’Artagnan. Und nun warf er Athos und Aramis einen Blick zu. Man hörte die Tritte der Patrouillen, welche sich entfernten.

D’Artagnan erwiderte zum ersten Male die Kniestöße von Porthos mit einem ähnlichen Stoße.

Angelockt durch den Reiz des Spieles und durch den auf alle Menschen so mächtig wirkenden Anblick des Goldes, näherten sich die Soldaten, welche ihrem Befehle gemäß in dem Zimmer des Königs bleiben sollten, allmälig der Thüre, erhoben sich auf den Fußspitzen und schauten d’Artagnan und Porthos über die Schultern; die von der Thüre näherten sich ebenfalls und unterstützten auf diese Art die Wünsche der vier Freunde, welche sie lieber Alle unter der Hand haben, als genöthigt sein wollten, ihnen in alle vier Ecken des Zimmers nachzulaufen. Die zwei Wachen an der Thüre hatten beständig das Schwert entblößt, nur stützten sie sich auf die Spitze und schauten den Spielern zu.

Athos schien immer ruhiger zu werden, je mehr der Augenblick herannahte; seine weißen, aristokratischen Hände spielten mit den Louisd’or, die er mit einer Leichtigkeit krümmte und wieder gerade bog, als wären sie von Zinn gewesen; weniger seiner Herr, wühlte Aramis beständig in seiner Brust; ungeduldig, weil er immer verlor, ließ Porthos sein Knie mit aller Gewalt arbeiten.

D’Artagnan wandte sich um, schaute maschinenmäßig zurück und sah, wie Parry zwischen zwei Soldaten stand und Karl, auf seinen Ellbogen gestützt, die Hände faltete und ein glühendes Gebet an Gott zu richten schien. D’Artagnan begriff, daß der Augenblick gekommen war, daß sich Jeder an seinem Posten befand und daß man nur das Wort »Endlich« erwartete, welches, wie man sich erinnern wird, als Signal dienen sollte.

Er schleuderte Athos und Aramis einen vorbereitenden Blick zu und Beide rückten ihren Stuhl leicht zurück, um sich frei bewegen zu können.

Er gab Porthos einen zweiten Kniestoß; dieser stand halb auf, als wollte er seine steifen Beine wieder gelenkig machen, und versicherte sich beim Aufstehen, daß sein Degen leicht aus der Scheide gehen würde.

»Sacrebleu!« rief d’Artagnan, »abermals zwanzig Pistolen verloren. In der That, Kapitän Groslow, Ihr habt zu viel Glück, das kann nicht so fortdauern.«

 

Und er zog noch zwanzig Pistolen aus seiner Tasche.

»Noch einen Coup, Kapitän. Diese zwanzig Pistolen auf einen Satz, auf einen einzigen, den letzten.«

»Es gilt, zwanzig Pistolen.« versetzte Groslow.

Und er schlug, wie dies gebräuchlich ist, zwei Karten um, einen König für d’Artagnan, ein Aß für sich.

»Einen König,« sprach d’Artagnan, »das ist ein gutes Vorzeichen. Meister Groslow,« fügte er bei, »gebt auf den König Acht!«

Trotz seiner Selbstbeherrschung vibrirte die Stimme von d’Artagnan auf eine so seltsame Weise, daß sein Partner bebte.

Groslow fing an, die Karten eine nach der andern umzuschlagen. Schlug er zuerst ein Aß um, so hatte er gewonnen, schlug er einen König um, so hatte er verloren.

Er schlug einen König um.

»Endlich!« sagte d’Artagnan.

Bei diesen Worten erhoben sich Athos und Aramis, Porthos wich einen Schritt zurück. Dolche und Schwerter glänzten. Aber plötzlich öffnete sich die Thüre und Harrison erschien auf der Schwelle, begleitet von einem in einen Mantel gehüllten Manne.

Hinter diesem Manne sah man die Musketen von fünf bis sechs Mann glänzen.

Groslow schämte sich, mitten unter Weinflaschen, Karten und Würfeln ertappt zu werden, und stand rasch auf. Harrison schenkte ihm aber keine Aufmerksamkeit, trat, gefolgt von seinem Gefährten, in das Zimmer des Königs und sprach:

»Karl Stuart, es ist der Befehl eingetroffen, Euch ohne den geringsten Aufenthalt bei Tag ober bei Nacht nach London zu führen. Bereitet Euch, sogleich aufzubrechen.«

»Von wem ist der Befehl?« fragte der König.

»Von General Oliver Cromwell,« antwortete Harrison, »und hier ist Herr Mordaunt, der ihn überbracht hat und beauftragt ist, denselben vollziehen zu lassen.«

»Mordaunt,« murmelten die vier Freunde, sich gegenseitig anschauend.

D’Artagnan raffte Alles Geld zusammen, das er und Porthos verloren hatten, und steckte es in seine weite Tasche; Athos und Aramis stellten sich hinter ihn. Bei dieser Bewegung wandte sich Mordaunt um, erkannte sie und stieß einen Schrei wilder Freude aus.

»Ich glaube, wir sind gefangen,« sagte d’Artagnan ganz leise zu seinen Freunden.

»Noch nicht,« erwiderte Porthos.

»Oberster!« rief Mordaunt, »laßt dieses Haus umzingeln, Ihr seid verrathen. Diese vier Franzosen haben sich aus Newcastle geflüchtet und wollen ohne Zweifel den König entführen. Man verhafte sie.«

»Oh! junger Mann,«« sprach d’Artagnan, den Degen ziehend, »das ist ein Befehl, der sich leichter sagen, als vollstrecken läßt.« Dann beschrieb er mit seinem Schwerte einen, furchtbaren Kreis und rief: »Abgezogen, Freunde! abgezogen!«

Zu gleicher Zeit stürzte er nach der Thüre und warf zwei Soldaten nieder, welche dieselbe bewachten, ehe sie ihre Musketen anzuschlagen vermochten; Athos und Aramis folgten ihm; Porthos bildete die Nachhut, und bevor Oberster, Offiziere, Soldaten sich zu erkennen Zeit gehabt hatten, waren alle Vier auf der Straße.

»Feuer!« rief Mordaunt, »schießt auf sie!«

Zwei oder drei Musketen wurden wirklich abgefeuert, jedoch ohne einen andern Erfolg, als daß sie die vier Flüchtlinge zeigten, welche sich unversehrt um die Straßenecke wandten.

Die Pferde waren am bezeichneten Orte, die Bedienten hatten nur ihren Herren die Zügel zuzuwerfen, und diese schwangen sich mit der Leichtigkeit vollendeter Reiter in den Sattel.

»Vorwärts!« rief d’Artagnan, »die Sporen gegeben, festgehalten!«

Und sie sprengten, d’Artagnan folgend, fort und schlugen den Weg ein, den sie bereits am Tage gemacht hatten, das heißt, den Weg nach Schottland. Der Flecken hatte weder Thore noch Mauern und sie kamen folglich ohne Schwierigkeiten hinaus.

Fünfzig Schritte vor dem letzten Hause hielt d’Artagnan an und rief: »Halt!«

»Wie, Halt?« sprach Porthos; »mit verhängten Zügeln, wollt Ihr sagen?«

»Keineswegs,« versetzte d’Artagnan, »diesmal wird man uns verfolgen; wir wollen sie aus dem Flecken ziehen und uns auf der Straße nach Schottland nachreiten lassen; haben wir sie im Galopp vorüberkommen sehen, so schlagen wir die entgegengesetzte Straße ein.«

Einige Schritte von dieser Stelle floß ein Bach, über den eins Brücke gebaut war; d’Artagnan führte sein Pferd unter den Bogen dieser Brücke, seine Freunde folgten ihm.

Sie waren kaum zehn Minuten hier, als sie den raschen Galopp einer Reitertruppe vernahmen. Fünf Minuten nachher zog diese Truppe über ihren Köpfen hin, weit entfernt, zu vermuthen, diejenigen, welche sie suchten, wären nur durch die Dicke eines Brückengewölbe.von ihnen getrennt.

Elftes bis vierzehntes Bändchen

I
London

Als das Geräusch der Pferde sich in der Ferne verloren hatte, stieg d’Artagnan wieder zu dem Rande des Flüßchens hinauf und fing an die Ebene zu durchlaufen, wobei er so gut als möglich die Richtung von London in das Auge zu fassen suchte. Die drei Freunde folgten ihm schweigend, bis sie, nachdem sie einen großen Halbkreis beschrieben, das Städtchen weit hinter sich gelassen hatten.

»Diesmal,« sagte d’Artagnan, als er sich ferne genug von dem Ausgangspunkte meinte, um vom Galopp in den Trab überzugehen, »diesmal glaube ich, daß entschieden Alles verloren ist und daß wir nichts Besseres thun könnten, als uns nach Frankreich wenden. Was sagt Ihr zu dem Vorschlage, Athos, findet Ihr ihn nicht vernünftig.«

»Ja, theurer Freund,« erwiderte Athos, »aber Ihr habt einst ein edleres, vernünftigeres Wort ausgesprochen, Ihr sagtet: »»Wir werden hier sterben.«« Ich erinnere Euch an dieses Wort.«

»Oh!« rief Porthos, »der Tod ist nichts, und er soll uns auch nicht beunruhigen, weil wir nicht wissen, was er ist, aber der Gedanke einer Niederlage peinigt mich. Nach der Wendung der Dinge sehe ich ein, daß wir mit London, mit den Provinzen, mit ganz England zu kämpfen haben und am Ende kann es nicht fehlen, daß wir geschlagen werden.«

»Wir müssen diesem großen Trauerspiele bis zum Schlüsse beiwohnen,« sprach Athos, »und werden, was auch kommen mag, vor seiner völligen Entwickelung England nicht verlassen. Denkt Ihr wie ich, Aramis?«

»In jeder Beziehung, Graf; dann gestehe ich Euch auch, es wäre mir nicht unangenehm, Mordaunt wiederzufinden; es scheint mir, wir haben eine Rechnung mit ihm in Ordnung zu bringen, und es ist nicht unsere Gewohnheit, ein Land zu verlassen, ohne solche Schulden zu bezahlen.«

»Oh! das ist etwas Anderes,« sprach d’Artagnan, »dieser Grund leuchtet mir ganz ein. Ich bekenne, daß ich, um den fraglichen Mordaunt wieder zu finden, wenn es sein soll, ein ganzes Jahr in London bleiben werde. Nur müssen wir uns bei einem sichern Manne und so einquartieren, daß kein Verdacht dadurch erregt wird, denn Herr Cromwell muß uns zu dieser Stunde suchen lassen, und so viel ich zu beurtheilen vermag, spaßt Herr Cromwell nicht. Athos, kennt Ihr in der ganzen Stadt eine Herberge, wo man weiße Leintücher, vernünftig gekochtes Rostbeef’ und Wein findet, der nicht von Hopfen oder Wachholder bereitet ist?«

»Ich glaube hierfür sorgen zu können,« erwiderte Athos. »Lord Winter hat uns zu einem Manne geführt, von dem er sagte, er wäre ein ehemaliger Spanier und nur durch die Guineen seiner Landsleute naturalisierter Engländer. Was meint Ihr, Aramis?«

»Der Gedanke, unser Qnartier bei Sennor Perez zu nehmen, scheint mir äußerst vernünftig; ich trete demselben also für meine Person bei. Wir berufen uns auf den armen Winter, für den er eine große Verehrung zu hegen schien; wir sagen, wir kommen als Liebhaber, um zu sehen, was vorgehe; wir geben bei ihm jeder eine Guinee im Tage aus und mit Hilfe dieser Vorsichtsmaßregeln können wir, glaube ich, ziemlich ruhig bleiben.«

»Ihr vergeßt eine Vorsicht, Aramis, und zwar eine wichtige.«

»Welche?«

»Wir müssen die Kleider wechseln.«

»Bah!« sprach Porthos, »warum die Kleider wechseln? wir sind ganz bequem in diesen.«

»Um nicht erkannt zu werden,« versetzte d’Artagnan. »Unsere Kleider haben einen Schnitt und beinahe eine gleichmäßige Farbe, wodurch sich der Franchman beim ersten Blicke verräth. Es ist mir aber nicht so viel an dem Schnitte meines Wammses und an der Farbe meiner Beinkleider gelegen, daß ich ihnen zu Liebe mich der Gefahr aussetzen sollte, in Tyburn gehängt zu werden oder eine Reise nach Indien zu machen. Ich will mir ein kastanienbraunes Kleid kaufen, denn, ich habe gesehen, daß alle die Dummköpfe von Puritanern diese Farbe wahnsinnig lieben.«

»Aber werdet Ihr Eueren Mann wiederfinden?« sagte Aramis.

»Oh! gewiß, er wohnte Green-Hall-Street, Bedford’s Tavern; überdies gehe ich mit geschlossenen Augen in die Cité.«

»Ich wollte, wir wären schon dort,« versetzte d’Artagnan, »und meiner Meinung nach wäre es das Beste, wenn wir London vor Tag erreichten, und sollten wir auch unsere Pferde zu Tode reiten.«

»Vorwärts!« rief Athos, »denn wenn mich meine Berechnung nicht täuscht, sind wir höchstens acht bis zehn Stunden davon entfernt.«

Die Freunde gaben ihren Pferden die Sporen und kamen wirklich gegen fünf Uhr Morgens nach London. Bei dem Thore hielt man sie an und Athos antwortete in vortrefflichem Englisch, sie wären von dem Obersten Harrison abgeschickt, um seinen Collegen, Herrn Pridge, von der nahe bevorstehenden Ankunft des Königs zu benachrichtigen. Diese Antwort hatte einige Fragen über die Gefangennehmung des Königs zur Folge; Athos gab jedoch die Umstände so genau und so bestimmt an, daß, wenn die Thorwächter einen Verdacht gehabt hätten, derselbe völlig verschwunden sein müßte. Der Durchgang wurde also den vier Freunden mit allen Arten puritanischer Glückwünsche geöffnet.

Athos hatte die Wahrheit gesagt: er ritt gerade auf Bedford’s Tavern zu und gab sich dem Wirth zu erkennen, der so sehr erfreut war, ihn in so zahlreicher und so schöner Gesellschaft wiederzusehen, daß er sogleich seine besten Zimmer in Bereitschaft setzen ließ.

Obgleich es noch nicht Tag war, so hatten die vier Freunde doch die ganze Stadt in größter Bewegung gefunden. Das Gerüchts daß sich der König, von dem Obersten Harrison geführt, der Hauptstadt nähere, hatte sich schon am Abend verbreitet und viele waren noch nicht zu Bette gegangen, aus Furcht, der Stuart, wie sie ihn nannten, würde bei Nacht ankommen, und sie könnten seinen Einzug verfehlen.

Der Plan, die Kleider zu wechseln, war, wie man sich erinnert, abgesehen von dem kleinen Widerspruche von Porthos, allgemein angenommen worden. Man beschäftigte sich also damit, denselben in Ausführung zu bringen. Der Wirth ließ sich Kleider von allen Sorten bringen, als wollte er seine Garderobe neu ausstatten. Athos nahm ein schwarzes Kleid, das ihm das Aussehen eines ehrbaren Bürgers verlieh; Aramis, der sich nicht vom Schwerte trennen wollte, wählte ein dunkelgrünes Kleid von militärischem Schnitte; Porthos ließ sich durch ein rothes Wamms und grüne Hosen verführen; d’Artagnan, dessen Farbe zum Voraus bestimmt war, hatte sich nur noch um die Nuance zu bekümmern und stellte unter dem kastanienbraunen Rocke, den er sich aussuchte, ziemlich genau einen Zuckerhändler vor, der sich vom Geschäfte

Grimaud und Mousqueton trugen keine Livree mehr und waren auf diese Art völlig verkleidet. Grimaud bot den ruhigen, steifen Typus des umsichtigen Engländers, Mousqueton den des dickbäuchigen, aufgedunsenen, trägen Engländers.

»Nun zur Hauptsache,« sagte d’Artagnan; »schneiden wir die Haare, um nicht von dem Pöbel beschimpft zu werden. Da wir keine Edelleute mehr durch das Schwert sind, so wollen wir Puritaner durch den Schnitt unserer Haare sein. Das ist, wie Ihr wißt, der wichtige Punkt, der den Convenanter von dem Ritter unterscheidet.«

D’Artagnan fand Aramis in dieser Sache sehr unnachgiebig; er wollte mit aller Gewalt seine schönen Haupthaare behalten, auf die er die größte Sorgfalt verwandte, und Athos, für den alle diese Fragen gleichgültig waren, mußte das Beispiel geben. Porthos überließ ohne Widerstreben seinen Kopf dem getreuen Mousqueton, der mit voller Scheere in das dicke, rauhe Haar fuhr. D’Artagnan schnitt sich selbst einen Phantasiekopf, wonach er ziemlich viel Ähnlichkeit mit einer Medaille aus der Zeit von Franz I. und Karl IX. hatte.

»Wir sehen abscheulich aus,« sagte Athos.

»Mir kommt es vor, als ob wir nach dem Puritaner röchen, daß es einem übel werden könnte,« versetzte Aramis.

»Mich friert in den Kopf,« rief Porthos.

»Und ich bekomme Lust zu predigen,« sagte d’Artagnan.

»Nun, da wir uns selbst nicht mehr erkennen.« sprach Athos, »und folglich nicht bange haben, wir könnten von Andern erkannt werden, wollen wir den König einziehen sehen; ist er die ganze Nacht marschiert, so muß er unweit von London sein.«

Die vier Freunde hatten sich wirklich nicht zwei Stunden unter die Menge gemischt, als ein gewaltiges Geschrei und eine große Bewegung die Ankunft des Königs verkündigten. Man hatte ihm einen Wagen entgegengeschickt, und der riesige Porthos, welcher alle Köpfe um einen Kopf überragte, kündigte von ferne an, er sehe die königliche Carrosse kommen; d’Artagnan erhob sich auf den Fußspitzen, während Athos und Aramis horchten, um die öffentliche Stimmung zu erforschen. Man erblickte Harrison an einem Kutschenschlage und Mordaunt an dem andern.

 

Das Volk, dessen Eindrücke Athos und Aramis studierten, ergoß sich in tausenderlei Verwünschungen gegen den König.

Athos kehrte in Verzweiflung zurück.

»Mein Lieber,« sagte d’Artagnan zu ihm, »Euere Beharrlichkeit ist vergeblich, ich schwöre Euch, die Lage der Dinge ist sehr schlimm. Ich meiner Seits halte nur Eueretwegen und aus einem gewissen Standesinteresse als Musketier bei der Sache aus, denn ich finde, es wäre lustig, allen diesen Brüllern ihre Beute zu entreißen und sie zu verhöhnen. Ich werde mir die Sache überlegen.«

Schon am andern Morgen hörte Athos an dem Fenster stehend, das nach den volkreichsten Quartieren der City ging, die Bill des Parlaments ausrufen, welche den Exkönig Karl I. angeblich des Verraths und des Mißbrauchs der Gewalt schuldig, vor die Schranken zog.

D’Artagnan war in seiner Nähe, Aramis betrachtete eine Karte, Porthos wurde von den letzten Leckerbissen eines saftigen Frühstücks in Anspruch genommen.

»Das Parlament!« rief Athos, »das Parlament kann unmöglich eine solche Bill erlassen haben.«

»Hört,« sprach d’Artagnan, »ich verstehe wenig Englisch, aber da das Englische nur schlecht ausgesprochenes Französisch ist, so verstehe ich doch Parlisments bill, das heißt Bill des Parlaments, Gott soll mich verdammen, wie sie hier zu Lande sagen.«

In diesem Augenblick trat der Wirth ein; Athos bedeutete ihm durch ein Zeichen, er möge näher kommen.

»Hat das Parlament diese Bill erlassen?« fragte er in englischer Sprache.

»Ja, Mylord, das reine Parlament.«

»Wie, das reine Parlament? Es gibt also zwei Parlamente?«

»Mein Freund,« unterbrach ihn d’Artagnan, »da ich im Englischen nicht bewandert bin, wir aber Alle Spanisch verstehen, so macht uns das Vergnügen, uns in dieser Sprache zu unterhalten, welche Ihr, da sie die Eurige ist, gerne sprechen müßt, wenn Ihr Gelegenheit dazu findet.«

»Ah! das ist vortrefflich,« sagte Aramis.

Was Porthos betrifft, so blieb seine ganze Aufmerksamkeit, wie gesagt, auf ein Cotelettebein gerichtet, das er seiner fleischigen Hülle zu berauben beschäftigt war.

»Ihr fragtet also?« sagte der Wirth spanisch.

»Ich fragte,« erwiderte Athos in derselben Sprache, »ob es zwei Parlamente, ein reines und ein unreines gebe?«

»Oh! was das seltsam ist,« sagte Porthos, langsam den Kopf erhebend und seine Freunde mit erstaunter Miene anschauend; »ich verstehe also das Englische jetzt, ich begreife, was Ihr sprecht.«

»Weil wir Spanisch sprechen, lieber Freund,« erwiderte Athos mit seiner gewöhnlichen Kaltblütigkeit.

»Ah! Teufel,« rief Porthos, »das ist mir leid, es wäre eine Sprache mehr für mich gewesen.«

»Wenn ich sage, das reine Parlament, Sennor,« versetzte der Wirth, »so verstehe ich darunter das von dem Obersten Pridge gereinigte.«

»Ah! in der That, diese Leute sind sehr erfinderisch,« sprach d’Artagnan; »wenn ich nach Frankreich zurückkomme, muß ich dieses Mittel Herrn von Mazarin und dem Herrn Coadjutor mittheilen. Der Eine wird im Namen des Hofes, der Andere im Namen des Volkes reinigen, und so wird es gar kein Parlament mehr geben.«

»Wer ist der Oberste Pridge?« fragte Aramis, »wie hat er es gemacht, um das Parlament zu reinigen?«

»Der Oberste Pridge,« antwortete der Spanier, »ist ein ehemaliger Kärrner, ein Mann von viel Geist, der seinen Karren führend Eines wahrnahm, nämlich: daß es, wenn sich ein Stein auf seinem Wege fand, viel kürzer war, den Stein wegzunehmen, als es zu versuchen, das Rad darüber gehen zu lassen. Von zwei hundert ein und fünfzig Mitgliedern, aus denen das Parlament bestand, waren ihm nun hundert und ein und achtzig hinderlich und hätten können seinen politischen Karren umwerfen. Er nahm sie, wie früher die Steine, und warf sie aus der Kammer.«

»Hübsch,« sagte d’Artagnan, der vor Allem ein Mensch von Witz war und den Witz auch überall hochschätzte, wo er ihn fand.

»Und alle diese Ausgetriebenen waren Stuartisten?« fragte Athos.

»Allerdings, Sennor; Ihr begreift, daß sie den König gerettet hätten.«

»Bei Gott,« sprach Porthos mit großartigem Tone, »sie bildeten die Majorität.«

»Und Ihr denkt, er werde sich herablassen, vor einem solchen Parlamente zu erscheinen?« sagte Aramis.

»Er wird wohl müssen,« erwiderte der Spanier; »versuchte er Widerstand, so würde ihn das Volk zwingen.«

»Ich danke, Meister Perez,« sprach Athos, »ich bin nun hinreichend unterrichtet.«

»Glaubt Ihr endlich, daß es eine verlorene Sache ist,« sagte d’Artagnan, »und daß wir mit den Harrison. den Joyce, den Pridge und Cromwell nie uns messen können?«

Der König wird dem Parlament überantwortet werden.« sagte Athos; »das Stillschweigen seiner Parteigänger verkündet ein Komplott.«

D’Artagnan zuckte die Achseln.

»Aber wenn sie es wagen, ihren König zu verurteilen, so werden sie ihn höchstens zur Verbannung oder zum Gefängniß verurtheilen.«

D’Artagnan pfiff seine Ungläubigkeits-Melodie.

»Wir werden es wohl sehen,« sprach Athos, »denn ich denke, wir gehen in die Sitzungen.«

»Ihr habt nicht lange zu warten,« versetzte der Wirth. »sie beginnen morgen.«

»Ah!« rief Athos, »der Prozeß wurde also instruiert, ehe der König gefangen war?«

»Allerdings, man fing an dem Tage an, an welchem man ihn erkauft hatte.«

»Ihr wißt,« sagte Aramis, »daß unser Freund Mordaunt, wenn auch nicht den Vertrag abgeschlossen, doch wenigstens die ersten Unterhandlungen in dieser Angelegenheit eröffnet hat.«

»Ihr wißt,« sprach d’Artagnan, »daß ich diesen Herrn Mordaunt tödte, wo er mir in die Hände fällt.«

»Pfui!« rief Athos, »einen so elenden Menschen.«

»Gerade weil er ein Elender ist, tödte ich ihn,« entgegnete d’Artagnan. »Ah, lieber Freund, ich füge mich genugsam Euerem Willen, daß Ihr etwas nachsichtig gegen den meinigen sein müßt. Uebrigens erkläre ich diesmal, mag es Euch gefallen oder nicht, daß er nur von mir getödtet werden wird.«

»Und von mir,« sagte Porthos.

»Und von mir,« versetzte Aramis.

»Rührende Einhelligkeit,« rief d’Artagnan, »wie es sich für gute Bürger unserer Art geziemt. Laßt uns einen Gang durch die Stadt machen; Mordaunt wird uns selbst auf drei Schritte bei diesem Nebel nicht erkennen. Laßt uns ein wenig Nebel trinken.«

»Ja, sprach Porthos, »das ist eine Abwechselung von dem Biere.«

Und die vier Freunde gingen wirklich aus, um, wie man gewöhnlich sagt, Luft zu schöpfen.

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