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»Gehört Ihnen.«

»Du bist dadurch in keiner Weise geniert?«

»Durchaus nicht.«

»So nehme ich denn die Wohnung unten im Besitz.«

»Und wann wollen Sie das thun?«

»Morgen . . . heute Abend.«

»Wollen Sie diese Nacht hier schlafen?«

»Alterdings, Junge, wenn Dich das nicht derangiert . . . «

»Bravo, Pathe!« sagte Petrus, indem er an der Klingelschnur zog.

»Was thust Du?«

»Ich rufe meinen Diener, daß er Ihre Wohnung in Stand setze.«

Der Diener trat ein und Petrus gab ihm die nöthigen Befehle.

»Wo soll Jean Ihre Koffer holen?« fragte Petrus den Capitän.

»Das werde ich besorgen,« sagte der Seemann.

Dann fügte er mit halblauter Stimme hinzu, indem er Petrus mit bezeichnender Miene ansah:

»Ich habe meiner Wirthin Adieu zu sagen.«

»Pathe,« sagte Petrus, »Sie wissen, daß Sie Jedermann bei sich sehen kennen; das Haus ist kein Kloster.«

»Ich danke.«

Dann fügte Petrus halblaut hinzu:

»Es scheint, daß Sie Ihre Zeit in Paris nicht ganz verloren haben.«

»Ich hatte Dich noch nicht wieder gefunden mein Kind,« sagte der Capitän, »ich mußte mir eine Familie machen.«

Der Diener kam zurück.

»Die Wohnung ist in Stand gesetzt,« sagte er, »und man braucht nur das Bett zu Überziehen.«

»Vortrefflich! – So spanne an!«

Dann zum Capitän gewandt, sagte er:

»Wollen Sie im Vorübergehen in Ihre Wohnung treten?«

»Das ist mir sehr angenehm, obgleich mir alten Piraten, wie ich wiederholen muß, nicht sonderlich wählerisch sind.«

Petrus ging voran, um seinem Gaste den Weg zu zeigen und, indem er die Thüre des Entresol öffnete, ließ er ihn in eine Wohnung treten, die weit eher das Nest eines Modedämchens, als ein Studenten- oder Poetenlogis war.

Der Capitän schien vor diesen tausend Kleinigkeiten, welche die Etageren füllten, in Extase zu gerathen.

»Das ist ja die Wohnung eines königlichen Prinzen, die Du mir anbietest.«

»Nun,« sagte Petrus, »was ist die Wohnung eines königlichen Prinzen für einen Nabob wie Sie?«

Nach Verfluß von zehn Minuten, während welcher der Capitän nicht aus seiner Extase heraus kam, erschien der Diener, um zu melden, daß der Wagen angespannt sei.

Der Capitän und Petrus gingen Arm in Arm hinab.

Als sie vor die Loge des Concierge kamen, blieb der Capitän stehen.

»Komm heraus, Schuft!« sagte er zu dem Portier.

»Was sieht zu Diensten, mein Herr?« fragte dieser.

»Thue mir das Vergnügen und reiße alle Affichen ab, die den Verkauf für Sonntag ankündigen, und sage den Liebhabern, welche morgen kommen . . . «

»Nun?« fragte der Concierge.

»Du sagst ihnen, daß mein Pathe seine Möbel behält. – Vorwärts!«

Und in das Coupe springend, das unter seiner Last beinahe zusammenbrach, rief er:

»Zu den frères Provencaux!«

Petrus stieg hinter dem Capitän ein und der Wagen flog davon.

Bei dem Gerippe der Calypso, die dein Vater und ich durchlöchert, Du hast da ein hübsches Pferd, Petrus, und es wäre schade gewesen, es zu verkaufen.

LXIII
Wo der Capitän Berthaud Monte-Hauban riesenhafte Proportionen annimmt

Der Capitän und der Pathe richteten sich in einem der Cabinete der frères Probencauxs ein und auf die Bitte des Capitän Monte-Hauban der sich hier nicht auszukennen vorgab, befahl Petrus das Diner.

»Alles, was es Gutes gibt, Junge, nicht wahr?« sagte er zu Petrus, »Du sollst mit den reizendsten Soupers, den theuersten Speisen, den edelsten Weinen bekannt werden, Junge. Ich hörte von einem gewissen Syracuser Wein sprechen, den man ehedem hier trank. Erkundige Dich, Petrus, ob der Wein existiert: ich bin des Madeira müde, ich habe in fünf Jahren eine ganze Ladung getrunken und nun habe ich ihn satt.«

Petrus verlangte Syracuser Wein.

Wir werden das Verzeichniß der Speisen, die Petrus aus das Drängen seines Pathen befahl, nicht mitteilen.

Es war ein wahres Nabobessen, und der Capitän gestand beim Dessert, daß er nicht zu schlecht gegessen.

Petrus betrachtete ihn mit Erstaunen; denn in seinem ganzen Leben, selbst bei dem General, nicht jeder sich ziemlich darauf verstand, hatte er so luxuriös gespeist.

Es war indeß nicht das erste Erstaunen, das der Capitän Petrus verursachte.

Er hatte ihn dem Portier, der die Thüre beiden frères Provencaux öffnete, einen Piaster zuwerfen sehen; als sie am Theater Francais vorüber kamen, hatte er ihn eine Loge miethen sehen, und als er zum Capitän sagte, das Theater sei schlecht, hatte dieser einfach geantwortet:

»Nun, wir können ja hingeben oder nicht; aber ich will mir gerne einen Platz sichern, wo ich nachdem Essen schlafen kann.«

Als die Speisen bestellt waren, hatte er ihn dem Garcon einen Louisd’or geben sehen, damit der Bordeaux lau, der Champagner kalt sei und die Bedienung rasch vor sich gehe.

Mit seinem Worte, seit der Seemann das erste Wort an Petrus gerichtet, hatte dieser sich von Erstaunen und Ueberraschung nicht mehr erholt.

Der Capitän Monte-Hauban nahm die Proportionen des antiken Plutus an: das Gold drang ihm aus dem Munde, den Augen, den Händen, wie Sonnenstrahlen.

Es war, als ob er nur seine Kleider zu schütteln brauchte, daß die Goldstücke herausfielen.

Kurz, er war der achte classische Nabob.

Petrus, etwas erhitzt durch die verschiedenen Weine, die er auf die Bitten seines Pathen nach und nach getrunken, er, der sonst nur Wasser trank, glaubte am Ende des Essens geträumt zu haben, und er sah sich genöthigt, seinen Pathen zu fragen, um sich zu vergewissern, das alle, Ereignisse, welche seit fünf Stunden auf einander folgten, nicht die Verhandlungen einer Scenerie des Cirque oder des Theaters Porte-Saint-Martin seien.

Durch das, was er sah, in das Regenbogen-farbige Land der Chimäre versetzt, verfiel Petrus in eine stille Träumerei, was sein Pathe, der ihn mit einem Winkel seines Auges betrachtete, ihm für einige Augenblicke gerne gestatte.

Der schwarze und tief herabhängende Himmel, unter dem er seit einigen Tagen umhergewandert, heilte sich nach und nach auf, und strahlte zuletzt, Dank der glänzenden Phantasie des jungen Malers plötzlich von den brillantesten Feuern. Dieses luxuriöse Leben, das ihm die nothwendige Bedingung seiner fürstlichen Liebe schien, goß feinen süßesten Duft, seine schmeichelndsten Lüste über ihn aus. Was fehlte ihm noch? Besaß er nicht, wie die aus vier Diademen geschlossene Krone der Dauphins von Frankreich jene vierfache Krone der Jugend, des Talentes, des Reichthums und der Liebe?

Man konnte kaum daran glauben.

Am Tage vorher so tief gefallen und heute plötzlich auf die höchste Höhe gehoben!

Und doch war dem so.

Man mußte sich an das Glück gewöhnen, so unvorhergesehen und so unwahrscheinlich war es.

Aber, werden die Zartfühlenden und Empfindungen sagen, Petrus wollte also sein Glück und sein Genie von der Laune eines ihm Unbekannten abhängig machen; er wollte das Almosen des Reichthums aus fremder Hand empfangen: so haben Sie, mein Herr Poet, Ihren jungen Freund bis jetzt nicht geschildert.

Nun, mein Gott! meine Herren Puritaner, ich habe Ihnen ein Herz und ein Temperament von sechsundzwanzig Jahren geschildert; ich habe Ihnen einen Mann von Genie und glühenden Leidenschaften geschildert; ich habe Ihnen gesagt, daß er Van Dyk dem Jüngern gleiche. Erinnern Sie sich – der Liebschaften Van Dyk’s in Genua, erinnern Sie sich van Dyk’s, wie er in London den Stein der Weisen suchte.«

Ehe Petrus das Eingreifen des Seemanns in sein Leben gestattete, hatte er sich dieselben Einwürfe gemacht, die Sie uns machen, aber er hatte sich gesagt, daß dieser Mann kein Fremder sei, daß diese Hand keine unbekannte Hand, dieser Mann war der Freund seines Vaters; diese Hand war die, welche, während das Taufwasser über ihn ausgegossen wurde, die Verpflichtung übernommen, in dieser und der andern Welt über seinem Glück zu wachen.

Auch war die Hilfe, die ihm der Capitän anbot, nur eine momentane.

Petrus nahm an, aber unter der Bedingung der Rückgabe.

Wir sagten, seine Bilder hätten gerade durch seine Muße einen großen Werth bekommen; Petrus konnte, wenn er auf vernünftige Weise arbeitete, seine fünfzigtausend Franken jährlich verdienen: er konnte also auch mit dieser Summe bald dem Pathen die zehntausend Franken zurückgegeben haben, die dieser ihm lieh, und seinen Gläubiger die zwanzig- bis fünfundzwanzigtausend, die er ihnen vielleicht schuldig war.

Und dann, man nehme mal an, dieser unerwartete Verwandte, dessen Existenz man übrigens kannte, wäre in Valparaiso, in Bogota, aus den Sandwichsinseln gestorben, er hatte bei seinem Tode sein ganzes Vermögen Petrus hinterlassen, hatte Petrus es dann zurückweisen sollen?

Würdest Du, mein strenger Leser, magst Du auch noch so streng sein, unter den gleichen Umständen vier Millionen Capital und fünfmal hundert tausend Livres Renten, die Dir ein Verwandter hinterließe, er möchte noch so unbekannt, noch so fremd, noch so unerwartet sein, zurückweisen?

Nein, Du würdest sie annehmen.

Nun gut, wenn Du die vier Millionen Capital und fünfmal hunderttausend Livres Renten von einem verstorbenen Verwandten annähmest, warum würdest Du nicht zehn, zwanzig. dreißig, vierzig, fünfzig, hundert tausend Franken von einem lebenden Verwandten annehmen?

Es wäre eben so falsch, alle antiken Lösungen des Knotens schlecht zu finden, weil sie in einer Maschine vom Himmel herabkommen!

Man wird mir einwenden, der Capitän Monte-Hauban sei kein Gott gewesen.

Wenn das Gold kein Gott ist, so sind die Götter von Gold.

Und dann nehme man dazu eine Leidenschaft, das heißt eine Thorheit, Alles was das Herz aufregt, Alles was die Vernunft verwirrt.

Und von welcher Zukunft träumte er, während dieser einige Minuten dauernden Pause! welcher goldene Horizont zeigte sich seinen Augen! wie wiegte er sich auf den azurblauen Wolken der Hoffnung!

 

Der Capitän riß ihn zuletzt aus seiner Träumerein.

»Nun?« fragte er ihn.

Petrus zitterte, machte eine Anstrengung und fiel vom Himmel auf die Erde.

»Nun,« sagte er, »ich bin zu Ihrem Befehle, mein Pathe.«

»Selbst wenn ich nach dem Théâtres Francais gehen wollte?« fragte dieser lachend.

»Wohin Sie wollen.«

»Deine Aufopferung ist so groß, daß sie belohnt zu werden verdient. Nun denn, wir gehen nicht nach dem Théâtre Francais: tragische Verse, nachdem man getrunken und selbst ehe man getrunken würden von mäßigen Interesse sein. Ich will mein Gepäck holen, meiner Wirthin danken und in einer Stunde bin ich bei Dir.«

»Ich werde Sie begleiten.«

»Nein, ich gebe Dir Deine Freiheit; gehe Deinen Sachen nach, wenn Du nächtliche Geschäfte zu besorgen hast; und Du mußt welche haben, mein Junge, denn mit einer Tournure und einer Physiognomie, wie die Deine, müssen alle Frauen in Dich vernarrt sein.«

»O, o!« sagte Petrus, »Sie sehen mich mit den ächten Pathenaugen, das heißt wie ein zweiter Vater an.«

»Und wollen wir wetten,« fuhr der Capitän mit seinem plumpen, halb gemeinen Lachen fort, »Du liebst sie alle, sonst wärest Du nicht der Sohn Deines Vaters. Gab es nicht einen römischen Kaiser, welcher wünschte, alle Menschen hätten nur Einen Kopf, um die ganze Welt auf Einen Schlag enthaupten zu können.«

»Ja, Caligula.«

»Nun gut, Dein braver Vater wünschte gerade im Gegensatz zu diesem Banditen nichts weniger, als das Ende der Welt, sondern seinen Mund verhundertfachen zu können, um hundert Frauen zu gleicher Zeit zu küssen.«

»Ich bin kein so großer Gourmand, wie mein Vater,« sagte Petrus lachend, »und ein einziger Mund genügt mir.«

»So sind wir also verliebt?«

»Leider!« machte Petrus.

»Bravo! ich hätte Dich enterbt, wenn Du nicht verliebt gewesen . . . Und unsere Liebe wird erwidert, das versteht sich von selbst.«

»Ja . . . o! ich bin sehr geliebt und danke dem Himmel dafür.

»Immer besser . . . und schön?«

»Schön wie ein Engel.«

»Nun gut, mein Junge, ich komme, wie die Seefische zur Fastenzeit, das heißt im rechten Augen-blicke. War das mangelnde Heirathsgut das Ehehinderniß.?. Ich bringe eines, zwei, wenn es nöthig ist.««

»Dank, tausendmal Dank, mein Pathe, sie ist verheirathet.

»Wie, Unglücklicher, Du liebst eine verheirathete Frau! und die Moral?«

»Mein lieber Pathe, die Umstände erlauben, daß ich sie, obgleich sie verheirathet ist, liebe, ohne daß die Moral dadurch im mindesten verletzt würde.«

»Nun, nun, Du wirst mir diesen Roman erzählen. Nein, wir wollen nicht weiter davon sprechen; behalte Dein Geheimniß, mein Junge; Du wirst es mir erzählen, wenn wir uns besser kennen, und Du wirst vielleicht Deine Zeit nicht ganz verloren haben; ich bin ein Mann von Mitteln, geh! wir alten Meerwölfe, wir haben Zeit, um Kriegsliste aller Zeit zu studieren; ich könnte Dir bei Gelegenheit nützlich sein; vorläufig stille davon: Es ist leichter ganz zu schweigen, als nicht sprechen anzufangen, wenn man den Mund geöffnet hat, wie es in der, Nachfrage Christi’ Buch I, Cap. XX heißt.«

Die Citation mußte Petrus, der sich eben erhoben, wieder zurückwerfen.

Dieser Pathe Pierre war ein Born von Weisheit und wenn der berühmte, sprechende Brunnen’ wirklich gesprochen, hatte er gewiß nicht besser gesprochen als der Capitän Berthaud de Monte-Hauban.

Er sprach von allem sah alles, wußte alles wie der Einsiedler: Astronomie und Gastronomie, Malerei, und Medicin, Philosophie und Literatur; er besaß universelle Kenntnisse und man konnte vermuthen, daß er noch mehr Dinge verschwieg, als von denen er sprach.

Petrus strich mit einer seiner Hände über seine Stirne, um den Schweiß abzutrocknen, der darauf zu perlen begann, und mit der andern Hand über die Augen, um, wenn es möglich wäre, klarer in diesem Abenteuer zu sehen.

»Q, o!« machte der Seemann, indem er ein ungeheures Chronometer aus seiner Hosentasche zog, »es ist zehn Uhr: es ist Zeit, sich segelfertig zu machen, mein Junge.«

»Die beiden Speisenden nahmen ihre Hüte und gingen.

Die Rechnung machte hundertsiebzig Franken.

Der Capitän gab zweihundert Franken und ließ die dreißig Franken, dem Kellner.

Der Wagen hielt vor der Thüre.

Petrus forderte den Capitän auf, einzusteigen; dieser schlug es jedoch aus, indem er sagte, er habe durch den Garcon nach einem andern Wagenschicken lassen, um Petrus des seinigen nicht zu berauben.

Petrus mochte Einwendungen machen, welche er wollte, der Capitän war unerschütterlich.

Der Wagen kam.

»Auf Wiedersehen diesen Abend, mein Junge,« sagte Pierre Berthaud, indem er in den Fiaker sprang, den ihm der Garcon besorgt hatte; »aber geniere Dich nicht mit dem Nachhause kommen, wenn ich Dir heute Abend nicht gute Nacht sage, so werde ich Dir morgen frühe guten Morgen sagen. – Kutscher Chausée d’Antin, Hotel du Havre,« sagte er.

»Auf Wiedersehen!« antwortete Petrus, indem er dem Capitän mit der Hand sein Adieu zuwinkte.

Dann sich zum Ohr des Kutschers herabbeugend sagte er:

»Sie wissen, wohin.«

Und die beiden Wagen fuhren nach den entgegengesetzten Richtungen, indem der Wagen des Capitän am rechten Ufer hinauffuhr, während der Wagen von Petrus über die Tuilerienbrücke und am linken Ufer bis zum Boulevard des Invalides hinfuhr.

Der unscharfsichtigste Leser zweifelt, wie wir hoffen, daß der junge Mann dahin gehe.

Der Wagen hielt an der Ecke des Boulevard und der Rue de Sevres, welche, wie man weiß, mit der Rue Plumet parallel läuft.

Dort angekommen öffnete Petrus selbst sein Coupe und sprang leicht heraus. Dann dem Kutscher die Sorge überlassend, selbst den Schlag zuschließen, begann er unter den Fenstern Regina seine gewohnte Promenade.

Alle Persiennes waren geschlossen, mit Ausnahme der beiden Persiennes des Schlafzimmers.

Es war Regina’s Gewohnheit, ihre Persiennes offen zu lassen, damit die ersten Sonnenstrahlen sie weckten.

Die doppelten Vorhänge waren herabgelassen; aber die Lampe, welche an der Einsatzrose des Plafont hing, warf einen so hellen Schein auf die Vorhänge, daß er die Umrisse einer jungen Frau hin- und hergehen sehen konnte, wie man auf weißen Tüchern die gläsernen Personen der Zauberlampen sieht.

Die Stirne der jungen Frau war gebeugt und sie ging langsam den rechten Ellbogen in der linken Hand und das Kinn in die rechte Hand gestutzt indem Zimmer auf und nieder.

Es war die Haltung einer Träumerin in ihrem reizendsten Ausdruck.

Wovon träumte sie?

O, das ist sehr leicht zu ahnen.

Bon der Liebe, die sie für Petrus fühlte, von der Liebe, die Petrus für sie fühlte.

Wovon kann überhaupt eine junge Frau träumen, wenn der betende Engel, den man einen Geliebten nennt, seine beiden schützenden Arme gegen sie ausbreitet?

Und er, was sagte er dieser schönen Träumerin, die nicht wußte, daß er in ihrer Nähe war-?

Er erzählte ihr die Zaubereien dieses Abends, schilderte ihr seine Freude, lies sie in Gedanken, wenn nicht in Worten an seinem Glücke theilnehmen, gewöhnt, wie er war, da er nur in ihr, durch sie, für sie lebte, ihr alles zu erzählen, was ihm Heiteres und Trauriges, Glückliches oder Unglückliches begegnete.

Er ging ungefähr eine Stunde auf und ab und entfernte sich nicht früher, als bis er die Lampe Reginas hatte auslöschen sehen.

Nachdem die Dunkelheit eingetreten, sandte er ihr mit beiden Händen, alles was glückliche Träume heißt, und begab sich auf den Weg nach der Rue de l’Quest, das Herz voll der heißesten Empfindungen.

Als er nach Hause kam, fand er den Capitän Pierre Berthaud bereits in seiner Wohnung vollständig eingerichtet.

LXIV
Die Träume von Petrus

Als Petrus nach Hause kam, war er neugierig, zu sehen, wie sich’s sein Gast behaglich gemacht.

Er klopfte leise an die Thüre, da er seinen Pathen nicht aus dem Schlafe wecken wollte, wenn dieser bereits schlief; ohne Zweifel schlief er jedoch noch nicht, oder hatte er einen leichten Schlaf, denn kaum waren die drei gewöhnlichen Schläge in gleichen Zwischenräumen an der Thüre vernommen worden, als ein kräftiger hoher Baß »Herein« rief.

Der Capitän lag bereits in seinem Bette, und hatte den Kopf mit einem Tuche umwickelt, das unter dem Halse zusammengebunden war.

Diese nächtliche Vorsicht war zweifelsohne getroffen, um den Haaren und dem Barte den Pli zu verleihen, den sie am Tage annehmen sollten.

Er hielt in seiner Hand ein Buch, das er aus der Bibliothek genommen und an dem er Geschmack zu finden schien.

Petrus warf einen verstohlenen Blick auf das Buch, um sich eine Idee von dem literarischen Geschmack seines Pathen zu machen, und sich Rechenschaft von dem Probleme zu geben: ob nämlich Pierre Berthaud für die alte oder neue Schule sei.

Das Buch, welches Pierre Berthaud las, waren die Fabeln la Fontaines. -

»Ah, ah!« machte Petrus, »schon zu Bette, lieber Pathe?«

»Ja,« antwortete dieser, »und tief in den Federn, wie Du siehst, Pathe.«

»Sie finden das Bett gut?«

»Nein.«

»Wie, nein?«

»Wir Seewölfe sind gewöhnt , auf dem Harten zu schlafen: das will sagen, mein Pathe, ich liege hier vielleicht etwas zu weich; doch, ich werde mich daran gewöhnen: man gewöhnt sich an alles, selbst an dass Gute.«

Petrus machte für sich die Bemerkung, daß sein Pathe vielleicht ein wenig zu häufig die Redensart: »wir Seewölfe« gebrauche.

Da Pierre Berthaud jedoch im Gespräch, wie man sehen konnte, mit den übrigen Marineausdrücken sehr sparsam war, so ging er darüber weg und es war dies nicht mehr als billig, denn diese Gewohnheit wurde durch so viele und so schöne Eigenschaften wieder gut gemacht, daß es von Petrus unrecht gewesen wäre, wenn er ihm den geringsten Vorwurf darüber hätte machen wollen.

Und die leichte Wolke, die sich über seinen Geist legen wollte, verscheuchend, fragte Petrus:

»So fehlt Ihnen also nichts?«

»Durchaus nichts! Die Cajüte eines Admiralschisses ist beinahe nicht so gut eingerichtet, als dieses vorgebliche Garconzimmer, und das macht mich um vier bis fünf Lüftren jünger.«

, »»Es steht Ihnen frei, lieber Pathe,« sagte Petrus lachend, »sich bis zum Ende Ihrer Tage zu verjüngen.«

»Wahrhaftig! setzt, da ich es gekostet, sage ich nicht nein, obgleich mir Seewölfe die Veränderung nicht sonderlich lieben.«

Petrus konnte eine leichte Grimasse nicht unterdrücken.

»Ach, ja,« machte der Capitän, »meine Gewohnheit; ja wir alten . . . aber sei ruhig, ich werde mich bessern.«

»O! Sie können ganz thun, was Sie wollen.«

»Nein, nein, ich kenne meine Fehler genau; Du bist nicht der Erste, der mir diese schlechte Gewohnheit vorwirft.«

»Bemerken Sie wohl, daß ich Ihnen im Gegentheil nicht das Geringste vorwerfe.«

»Mein Junge, ein Mensch, der gewohnt ist, den Sturm vierundzwanzig Stunden vorher am Himmel zu erkennen, gibt sich von der kleinsten Wolke Rechenschaft. Sei deßhalb ganz ruhig: von diesem Augenblick werde ich über mich wachen, namentlich wenn wir Leute um uns haben.«

»Aber wahrhaftig, ich bin in Verlegenheit . . . «

»Worüber? Daß Dein Pathe, so sehr er sich rühmt, Capitän zu sein, doch nur ein schlechter, aus dem Gröbsten gehauener Matrose ist! Aber das Herz ist gut, und man wird Dir die Probe davon geben, hörst Du, Junge? . . . Jetzt, geh’ zur Ruhe; morgen, bei Tage, wollen wir von Deinen kleinen Angelegenheiten sprechen; nur gestehe, daß Du diesen Morgen nicht daran dachtest, Deinen Pathen zu Pferd auf einer Galione ankommen zu sehen.«

»Sie sehen mich davon betäubt, geblendet, bezaubert; ich gestehe, daß wenn ich Sie nicht in Fleisch und Blut vor mir sähe, ich steif und fest behaupten würde, geträumt zu haben.«

»Nicht wahr?« sagte der Capitän ohne einen Schatten von Stolz.

Dann sprach er traurig, den Kopf senkend und nachdenklich werdend, die folgenden Worte mit einer tiefen Melancholie:

»Nun denn, mein Pathe, Du magst mir glauben, wenn Du willst, aber ich wünschte lieber irgendein Talent zu besitzen, was es auch wäre, oder, da ich einmal im Zuge bin, zu wünschen, so will ich das Unmögliche wünschen – ein Talent, wie das Deine, statt dieser unerschöpflichen Schätze. Ich denke nicht ein einziges Mal an dieses ungeheure Vermögen, ohne mir die Verse des guten Lafontaine zu repetiren . . . «

Und indem er aus das Buch deutete, das auf dem Nachttisch lag, rief er:

»Nicht Gold, nicht Größe macht uns glücklich! Nur ungewisse Güter, ruhelose Freuden nennt uns dies Zwiegestirn der Götter.«

 

»Nun! nun!« machte Petrus, andeutend, daß er ziemlich geneigt sei, die Ansicht des Capitän zu bestreiten.

»Nun! Nun!« wiederholte dieser mit derselben Absicht; »das will sagen, wenn ich Dich nicht gefunden, hätte ich mich tüchtig verwickelt; ich wußte nicht, was mit all diesem Gelde anfangen; ich hätte ohne Zweifel eine wohlthätige Stiftung gegründet, ein Zufluchtshaus für kranke Seeleute oder verbannte Könige; aber ich habe Dich gefunden und kann wie Orest sagen:

»Mein Glück gewinnt ein neu’ Gesicht.«

Aber nun lege Dich zu Bette!«

»Gut denn, ich gehorche Ihnen, und sogar sehr gerne: denn ich muß morgen frühzeitig aufstehen:der Verkauf ist für Sonntag angekündigt und ich muß den Auctioneur davon unterrichten; sonst holt er Samstag alles ab.«

»Abholen, was?«

»Die Meuble!«

»Die Meuble!« wiederholte der Capitän.

»O, beruhigen Sie sich,« machte Petrus lachend, »Ihr Zimmer ist reserviert.«

»Thut nichts! Deine Meuble abholen, mein Junge!« sagte der Capitän energisch die Stirne runzelnd; »ich wollte doch mal sehen, daß ein Privatmann, und wäre es auch der Schifferjunge eines Auctioneurs, etwas ohne meine Erlaubnis abholte! Tausend Stückpforten! ich würde aus seiner Haut ein tüchtig Stück Segeltuch machen!«

»Sie brauchen sich diese Mühe nicht zu geben, mein Pathe.«

»Es wäre keine Mühe, sondern ein Vergnügen. Nun denn, gute Nacht, auf Wiedersehen morgen früh! warte indessen, bis ich Dich aufwecke, denn nur alten See . . . – nun: sieh, da falle ich schon wieder in meine alte Gewohnheit zurück! – wir Seeleute haben die Gewohnheit, beim ersten Morgenstrahl aufzustehen. Umarme mich und dann lege Dich zu Bette.«

Diesmal gehorchte Petrus. Er umarmte lebhaft den Capitän und begab sich nach seinem Zimmer.

Es versteht sich von selbst, daß er die ganze Nacht von Potosien, Golconda und Eldorado träumte.

In seinem Traume, oder vielmehr im ersten Theile seines Traumes erschien ihm der Capitän einer schimmernden Wolke, als der Genius der Diamanten und der Minen!

Dann ging er während des ersten Theils der Nacht in einen Traum über, der entzückend, feenhaft, bunt, wie ein arabisches Märchen war, aber wer diese ganze Phantasmagorie beherrschte, der Stern, der an diesem leuchtenden Himmel strahlte, war Regina, in deren Haare Petrus funkelnde Blumen, die Diamanten der beiden Indien flocht.

Wir müssen jedoch sagen, daß die Lieblingsredensart seines Pathen »wir alten Seewölfe« ihm gar nicht oder vielmehr beständig wie ein häßlicher Fleck in einem Diamanten vom schönsten Wasser in die Erinnerung trat.

Am Morgen nach diesem phantastischen Tage, beim ersten Sonnenstrahl, der durch seine Jalousien drang, öffnete der Capitän Monte-Hauban, wie er gesagt, die Augen; er sah nach seinem Chronometer.

Es war noch nicht vier Uhr.

Er machte sich ohne Zweifel einen Scrupel, seinen Pathen zu so früher Stunde zu wecken, – denn es war mehr Nacht, als Tag, – und entschlossen, gegen diesen triumphierenden Sonnenstrahl anzukämpfen, der sich unangekündigt eindrängte, kehrte er sich nach der Wand um, und schloß die Augen mit einer Art von Schnarchen, das auf den festen Entschluß deutete, seinen Schlaf wieder aufzunehmen.

Der Mensch denkt und Gott lenkt.

Sei es, daß dies seine gewöhnliche-Stunde war, in der er aufwachte, oder daß er kein gutes Gewissen hatte, der Capitän konnte nicht wieder einschlafen, und nach Verfluß von zehn Minuten sprang er mit einem seiner kräftigsten Flüche aus dem Bette.

Die Sorge für seine Toilette beschäftigte ihn anfangs ziemlich lange.

Er machte seine Haare zurecht, und wichste den Barte dann kleidete er sich von Kopf bis zu Fuß an.

Es war halb fünf, als der Caritän die letzte Hand an seine Toilette legte.

Als dies geschehen war, schien er in derselben Verlegenheit zu sein.

Was thun bis zu einer weniger exzentrischen Stunde?

Auf- und abgehen.

Der Capitän ging eine Viertelstunde ungefähr auf- und ab; er machte ungefähr zehn bis zwölf Mal die Runde in seinem Zimmer, wie der »Eingebildete Kranke«; dann, ohne Zweifel von dieser Leibesübung ermüdet, öffnete er das Fenster, das auf den Boulevard Montparnasse hinausging: und athmete die frische Morgenluft ein, indem er dem Gesang der Vögel lauschte, welche singend ihre Morgentoilette in den Bäumen machten.

Aber er war bald von der Morgenluft gesättigt, bald für den Gesang der Vögel abgestumpft.

Er durchmaß auf’s Neue sein Zimmer-; aber diese Zerstreuung, die er kannte, war bald erschöpft.

Sich rittlings über seinen Stuhl zu setzen, erschien ihm eine neue Zerstreuung; denn, einen hohen eichenen Stuhl gewahrend, setzte er sich rittlings darauf und pfiff eines jener Matrosenlieder, welche die Mannschaft seiner Corvette entzückten, die Vögel des Boulevard schwiegen wie die Meervögel, um ihm zu lauschen.

Nachdem auch diese Lippengymnastik erschöpft war, schnalzte der Capitän mit der Zunge, als wenn die Symphonie seinen Gaumen ausgetrocknet.

Nachdem er dies Exercitium fünf- oder sechsmal hinter einander wiederholt hatte, sprach er in melancholischem Tone die fünf Silben aus:

»Ich habe sehr Durst.«

Dann schien er nachzudenken und ein Mittel zu suchen, dieser Unannehmlichkeit, die er so eben bezeichnet, entgegen zu wirken.

Plötzlich schlug er sich so heftig vor die Stirne, daß er selbst einen Augenblick über die Kraft des Schlages, den er führte, erstaunt war:

»Aber,« sagte er, »was bin ich unverständig und dumm! Wie, mein Capitän, Du bist eine Stunde auf dem Deck und hast schon vergessen, daß die Weinkammer, oder wie das sonst heißt, der Keller, sich gerade unter Dir befindet.«

Er öffnete leise die Thüre und stieg auf der Zehenspitze die zwölf oder fünfzehn Stufen hinab, welche in den Keller führten.

Es war dies für einen Garcon ein sehr schöner Keller, wohl versehen . . . wenn auch nicht mit einer großen Auswahl von Sorten.

Es waren drei bis vier Sorten Bordeaux und Burgunder, aber die feinsten, vorhanden.

Es genügte dem Capitän bei dem Scheine einer Kellerratte, die er aus der Tasche zog, einen flüchtigen Blick auf einen Stoß von Flaschen zu werfen, um an ihren langen Hälsen eine Auswahl von Bordeaux zu erkennen.

Er zog sachte eine Flasche heraus, hob sie an sein Auge, hielt die Kellerratte dahinter und erkannte, daß es weißer Wein war.

»Gut, um Würmer abzutreiben!« sagte er.

Dann zog er eine zweite Flasche aus demselben Stoß hervor, schloß leise die Thüre des Kellers und stieg wieder, ohne daß man ihn hören konnte, hinauf.

»Wenn der Wein gut ist,« sagte der Capitän, indem er die Thüre seines Zimmers schloß und mit unendlicher Vorsicht die Flaschen auf den Tisch stellte, »so könnte ich mit etwas größerer Geduld das Erwachen meines Pathen abwarten.«

Er nahm von seinem Toilettentisch das Glas, das ihm zum Mundausspülen gedient, reinigte es mit der größten Sorgfalt, damit der Geruch des Bototwassers nicht den Duft des Bordeaux neutralisire und setzte sich vor den Tisch, indem er einen Stuhl näher rückte.

»Ein anderer,« sagte er, indem er mit seiner Hand in die Tasche seiner ungeheuren Kosakenhose tauchte und ein Messer mit Hornschale herauszog, das mehrere Klingen und alle Arten von Beiwerk hatte, »ein anderer wäre sehr in Verlegenheit, wenn er so wie ich zwei Flaschen vor sich hätte, sie, wie der alte Tantalus, in Ermangelung eines Korkziehers nicht kosten zu können; aber uns alten Seewölfe,« fuhr der Capitän fort, indem er mit spaßhafter Miene lächelte, »uns setzt nichts in Verlegenheit und wir haben die Gewohnheit, uns mit Waffen und Bagage einzuschiffen.« Mit diesen Worten zog er mit unendlicher Sorgfalt und größtem Respekt den ungeheuren Kork aus der Flasche; dann hielt er seine Nase an die Mündung des Halses und rief:

»Ah, welch’ eine Blume, eine prachtvolle Blume! Wenn sein Gesang seinem Gefieder gleicht, so werden wir zusammen ein Gespräch führen, das nicht ohne Reiz sein soll!«

Er goß sich ein halbes Glas ein und roch noch einen Augenblick daran, ehe er es an seine Lippen setzte.

»Ausgezeichnetes Parfüm!« murmelte er, indem er den Wein trank.

Dann stellte er das Glas auf den Tisch und fügte hinzu:

»Das ist wahrhaftig Graveswein erster Qualität! . . . O, wenn der rothe Wein dem weißen Wein gleicht, so habe ich wahrhaftig einen Pathen, an dem ich nicht zu erröthen brauche. Ich werde ihm, sobald er aufwacht, sagen, daß er einige Körbe dieses Weines in mein Zimmer schaffen läßt: auf diese Weise kann ich beim Schlafengehen und beim Aufstehen davon trinken, denn ich sehe nicht ein, wenn der weiße Wein Morgens die Würmer tödtet, warum er sie nicht am Abend begraben sollte.«

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