Бесплатно

Salvator

Текст
0
Отзывы
iOSAndroidWindows Phone
Куда отправить ссылку на приложение?
Не закрывайте это окно, пока не введёте код в мобильном устройстве
ПовторитьСсылка отправлена

По требованию правообладателя эта книга недоступна для скачивания в виде файла.

Однако вы можете читать её в наших мобильных приложениях (даже без подключения к сети интернет) и онлайн на сайте ЛитРес.

Отметить прочитанной
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

Fünfter Band

LX
Ein Gemäldeliebhaber

Der Andrang von Fremden welche. Das Atelier von Petrus besuchten, und von denen die Einen aus bloßer einfacher Neugierde kamen, die Anderen mit dem wirklichen Wunsche zu kaufen, war so groß, daß man wörtlich Queue an der Thüre machte.

Am folgenden Sonntage hatte der Verkauf begonnen, das will sagen in drei Tagen.

Es war Donnerstag.

Gegen 11 Uhr Morgens, bot deßhalb das Atelier den Anblick einer Flut.

Es war die Bewegung von Wogen, die sich immer gewaltiger drängten, immer höher stiegen; es war sogar ihr Geräusch.

In dem anstoßenden Zimmer dicht daneben herrschte dagegen Unbeweglichkeit, denn die Einsamkeit war nicht vollständig: Petrus befand sich in dem Zimmer.

Er saß in der Nähe des Fensters, auf einen kleinen Gueridon gestützt, auf welchem ein offener Brief lag, den er nur ein einziges Mal gelesen, von dem jedes Wort jedoch ihm bis in die Tiefe der Seele gedrungen war.

Es war leicht zu sehen, daß der junge Mann gebrochen war.

Von Zeit zu Zeit hielt er seine Hände an die Ohren, um das Geräusch im anstoßenden Zimmer nicht zu hören.

Von Zeit zu Zeit rollten große Thränen über seine Wangen und fielen auf den offen vor ihm liegenden Brief.

Warum war Petrus, der auf den Ruf Salvators so rasch seinen Entschluß gefaßt; warum war Petrus blasser und unschlüssiger geworden, denn je?

Daran war der Brief schuld, den er soeben von Regina erhalten, und der den Entschluß des jungen Mannes wie Glas gebrochen.

Man erinnert sich, daß in dem Augenblick, wo er Regina verlassen, diese ihm ein süßes Versprechen für den andern Tag gegeben, – einen Brief.

Nur hatte sie ihm nicht sagen wollen, was dieser Brief enthalten würde.

Sie wollte mit ächt weiblicher Zartheit, daß ein Duft des Glückes, der um so lieblicher, weil unbekannt, dem folge, den sie liebte.

Diesen Brief hatte Petrus erhalten.

Er war derselbe, auf den sich seine Augen hefteten; er war derselbe, auf den seine Thränen flossen.

Und wirklich, man wird sehen; daß er viel Glück versprach und daß man lang und ernstlich über den Verlust eines solchen Glückes weinen konnte.

Hier ist er:

»Mein viel geliebter Van Dyk!

»Ich habe Ihnen gestern, als ich Sie verließ, eine gute Nachricht versprochen.

»Diese Nachricht ist folgende:

»In einem Monate ist der Geburtstag meines Vaters, und meine Tante und ich entschieden uns dahin, daß das Geschenk das wir dem Marschall geben wollten, das Portrait der kleinen Abeille sein sollte.

»Außerdem wurde gestern der Herr Graf Rappt vom Schlosse mit einer Sendung an den Hof von St. Petersburg beauftragt, einer Sendung, die ihn auf mehrere Wochen entfernen muß . . .

»Sie ahnen nicht wahr?«

»Nachdem nun einmal entschieden, daß das Geschenk für den Marschall in dem Portrait des kleinen Lieblings bestehe, war es nicht schwer die Wahl zutreffen und zu bestimmen, daß der Maler, der dies Portrait machte, Herr Petrus Herbel von Courtenay sein soll.

»Sie wissen, daß dieser letztere Name einen ungeheuren Einfluß auf die Marquise de la Tournelle hat, die einen großen Respekt vor den geschlossenen Kronen besitzt.

»Vernehmen Sie nun, was mir Ihnen noch mitzutheilen übrig bleibt.

»Von nächsten Sonntag Mittag wird jeden Tag eine Sitzung in dem Atelier von Herrn Petrus Herbel de Courtenay stattfinden.

»Die kleine Abeille wird gewöhnlich zu ihrem Maler durch die Marquisin de la Tournelle, ihre Großtante, und die Gräfin Regina, ihre ältere Schwester, gebracht werden.

»Es wird Tage geben»an welchem die Marquisin de la Tournelle durch ihre Gesundheitsrücksichten und die Pflichten der Frömmigkeit abgehalten sein wird.

»An diesen Tagen wird die kleine Abeille Niemand haben, der sie begleitet, als ihre Schwester Regina.

»Ihre Schwester Regina wird sie also allein begleiten.

»Je nach der Geschicklichkeit des Malers wird das Bild in einigen Sitzungen fertig sein oder einen Monat brauchen.

»Vorausgesetzt, daß das Bild ähnlich ist; wird man sich nicht über die Zeit beklagen, die der Maler darauf verwendet hat.

»Damit kein Streit über den Preis entstehen kann, ist derselbe zum Voraus auf zweihundert Louisd’or fixiert.

»Da Herr Petrus Herbel de Courtenay jedoch vielleicht zu stolz sein wird, sie anzunehmen, ist zum Voraus bestimmt, daß diese Summe zu Almosen, sowie zum Ankauf von Pretiosen und eines himmelblauen Kleides, ähnlich dem, welches die arme Rose-de-Noël so sehr gewünscht, verwendet werden soll.

»So erwarten Sie denn, mein lieber Van Dyk, am Sonntag, um Mittag, die kleine Abeille, die- Marquisin de la Tournelle und Ihre Sie zärtlich liebende

Regina.«

Das war nun der Brief, der trotz der guten Nachricht oder vielmehr wegen der guten Nachricht, die er enthielt, Petrus zur Verzweiflung brachte.

Sonntag um Mittag wollte Regina mit ihrer Tante und ihrer Schwester kommen, und was würden die drei Frauen finden?

Den Schätzungs-Commissär, der die Bilder und Meubles von Petrus verkaufte!

Und Petrus hatte nichts davon gesagt!

Wie wollte er diese Schande ertragen?

Einen Augenblick kam ihm der Gedanke, zu fliehen, sich zu verbannen, Regina nie wieder zu sehen.

Aber Regina nicht wieder sehen, hieß auf das Leben verzichten.

Es war noch, mehr: es war, der Tod des Herzens in einem lebendigen Körper.

Einen Augenblick bedauerte Petrus, nicht, seinen Vater vom Ruine gerettet zu haben – wir müssen es sagen, dieser Gedanke kam ihm nicht einmal in den Sinn – sondern das Anerbieten Jean Roberts nicht angenommen zu haben.

Petrus brauchte wirklich nur angestrengt zu arbeiten, wie er ehedem gearbeitet, um Jean Robert in kürzester Zeit das Geld zurückzugeben, das dieser ihm geliehen.«

Seine augenblickliche Ruhe, sein Luxus, seine Pferde, sein Wagen hatten sogar kaufmännisch gesprochen eine ausgezeichnete Wirkung hervorgebracht.

Man hatte geglaubt, er habe von einem unbekannten Onkel geerbt, er brauche das Geld nicht mehr und von diesem Augenblicke an hatten seine Bilder doppelten Werth.

Aber Petrus machte nur, weil er für nichts mehr Sinn hatte, als seine Liebe, keine Bilder mehr.

Konnte er nur eine Summe von zehntausend Franken entlehnen, so konnte er damit Bilder malen und in drei Monaten die Summe zurückgeben, wie hoch auch der Kurs war, zu welchem sie ihm geliehen wurde.

Warum sollte er nicht Salvator bitten, ihm diese Summe zu verschaffen?

Nein: das strenge Gesicht Salvator’s würde ein solches Verlangen untersagen.

Hatte nicht Überdies die Stimme Salvators wie ein Echo des unerbittlichen Gesetzes, geantwortet: »Am 4. April!«

Petrus schüttelte deshalb den Kopf und wie wenn er sich auf seine eigenen Gedanken antwortete, sagte er:

»Nein, nein: alles eher, als mich an Salvator zu wenden!«

Er fügte freilich hinzu:

»Aber auch alles eher, als Regina zu verlieren!« . . .

In demselben Momente trat ein neuer Besuch in das Atelier . . . «

Da dieser neue Besuch eine große Rolle in den folgenden Scenen zu spielen bestimmt ist, mögen uns die Leser erlauben, Petrus seinen düsteren Gedanken zu überlassen, und einen Blick auf den Neuankömmling zu werfen.

Es war ein Mann von achtundvierzig bis fünfzig Jahren, von ziemlich hoher Gestalt, breiten Schultern, robustem Halse und breiter Brust.

Sein Kopf war bedeckt mit einem Walde von rothen Haaren, welche frisiert und beinahe gekräuselt waren; seine Augenbrauen, von einem Ebenholzschwarz – ein seltsamer Contrast mit seinen Haaren – waren dicht und weich, und waren wie mit langen großen und nadelspitzen Haaren bewaffnet.

Sein Backenbart, der sich bis unter den Hals verlängerte, war von einem Braun, das in’s Röthliche spielte und mit einigen grauen und weißen Haaren untermischt, wodurch man beim ersten Anblick außer Stande war, die Farbe genau anzugeben.

Kurz das Gesicht dieses Unbekannten deutete auf Offenheit, sogar auf rauhes Wesen, aber nicht auf Bösartigkeit.

Im Gegentheil, das Lächeln, das beständig auf seinen Lippen zu schweben schien, verkündete eine Art jovialer Gutmüthigkeit, eine Art scheinbar rauhen Humors, der im Grunde jedoch gut und mild war.

Auf den ersten Anblick würde man sich von ihm fern gehalten haben.

Dann aber, wenn man ihn noch einmal angesehen, würde man ihm die Hand geboten haben, so viel Sympathie für ihn flößte der heitere Ausdruck ein, der in seinem Gesichte lag.

Wir haben das Alter genannt, in dem er zustehen schien.

Dieses Alter wurde nahezu durch eine doppelte Falte in Circumflexform, welche sich dicht über der Nase hinzog, constatirt.

Der Stand des Mannes war nach mehreren Anzeichen leicht zu bestimmen.

Sein Gang verrieth den Seemann durch die eigenthümliche Hüftenlahmheit, welche für Leute charakteristisch ist, die lange Zeit auf dem Meere gereist sind und die selbst auf dem festen Elemente ein Spreizen der Beine beibehalten, mit dem die Sühne des Neptun, wie ein Mitglied der französischen Academie sagen würde, die Gewohnheit haben, gegen das Schlingern und Stampfen der Schiffe Stand zu halten.

Außerdem wäre, wenn man dies Zeichen nicht; erkannt, der forschende Blick des Neugierigen durch ein anderes nicht minder deutliches auf die Spur geführt worden.

Der Unbekannte trug an seinen Ohren zwei kleine goldene Anker.

Seine Kleidung war ziemlich ausgesucht, obgleich sie, selbst für Leute von wenig Ansprüchen einen etwas zweideutigen Geschmack verrieth.

Sie bestand aus einem blauen Frack mit metallenen Knöpfen, über die Maßen weit offen, um eine Sammtweste sehen zu lassen, an welcher eine ungeheure Kette kreuzweise herabhing.

 

Außerdem trug er ein weites faltiges Beinkleid, das sich bis zum Stiefel verengte und zu jener Zeit unter dem Namen Kosakenhose bekannt war.

Die Stiefel selbst endlich, im Gegensatz zur Hose, die sich verengte, erweiterten sich unter ihr, um die Umrisse eines Fußes zu zeichnete, welchen die Natur in ihrer mütterlichen Vorsehung offenbar gebildet hatte, um seinen Besitzer mitten unter den phantastischen Bewegungen des Ozeans im Gleichgewichte zu erhalten.

Am andern Ende entfaltete sich sein Gesicht in einer weißen Kravatte, aus der ein breiter Hals hervorsah, wie eine Gichtrose aus einer Düte von weißem Papier.

Ein Foulard mit rothen und grünen Carreaux, welches mittelst eines jener Knoten, die man à la marinière nennt, um den Hals geschlungen war, und ein schwarzer-Filzhut mit breiten Rändern und langen Haaren vervollständigte diese Tracht.

Fügen wir hinzu, daß er in der Hand einen ungeheuren Rotang hielt den er ohne Zweifel selbst aus Ost- oder Westindien mitgebracht, welche beide den Vorzug haben, diese interessante Pflanze hervorzubringen, und den er zu Ehren einer Erinnerung, welche dieser Stock in ihm weckte, mit einem seiner riesigen Größe entsprechenden Knopfe versehen hatte.

Was konnte diese eigenthümliche Persönlichkeit zu einem Bilderverkauf locken?

Wenn Petrus ein Marinemaler gewesen wäre, so würde der Besuch eines reichen Seemanns, der sich zurückgezogen und eine Galerie von Seestücken anlegen wollte, nichts Ueberraschendes gehabt haben.

Aber ein Seemann in dem Atelier eines Historienmalers und sogar eines Genremalers war etwas, was die ächten Liebhaber mit vollem Rechte in Erstaunen setzen konnte.

Bei der Ankunft des Seemanns in dem Atelier richtete sich die Aufmerksamkeit der anwesenden Personen, die einzig bis jetzt auf die Bilder konzentriert gewesen, größtentheils auf den Neuankömmling.

Dieser, ohne sich dadurch stören zu lassen, blieb mitten im Zimmer stehen, warf einen forschenden Blick um sich her, zog ein Etui aus seiner Tasche, nahm aus dem Etui eine Brille mit goldenen Haltern, setzte die Brille auf seine Nase-und schritt gerade auf ein Gemälde von Chardin zu, das ihn, sobald er es gewahrte, besonders anzuziehen schien.

Dieses Gemälde stellte eine Haushälterin vor, welche die Gemüse reinigt, die sie in ihren Topf am Feuer werfen will.

Das Feuer, der Topf und die Gemüse waren mit solcher Wahrheit gemalt, daß der Seemann bei dem Anblick des Topfes, dessen Deckel auf dem Heerde lag, laut ausrief, indem er seine Nase der Leinwand näherte und laut athmete:

»Hm! Hm! . . . «

Dann ließ er seine Zunge schnalzen und fuhr fort:

»Das Wasser läuft einem im Munde zusammen.«

Dann hob er die linke Hand mit einer Bewegung in die Luft, welche deutlich die vollkommenste Bewunderung an den Tag legte:

»Prachtvoll!« sagte er, immer in demselben gehobenen Tone und ganz, als ob er allein wäre, »prachtvoll in jeder Beziehung!«

Einige Fremde, welche die Ansicht des Neuankömmlings von dem Bilde Chardin’s theilten, näherten sich ihm, während die, welche diese Ansicht nicht theilten, sich entfernten.

Nachdem er lange und genau das Bild betrachtet, seine Brille bald abnehmend, bald wieder aufsetzend, verließ er es, obgleich mit dem Ausdruck tiefen Bedauerns, und eines der ersten Marinebilder Gudin’s gewahrend, sagte er:

»O, o! das ist Wasser; das wollen wir uns etwas näher betrachten.«

Und in der That trat er so nahe heran, daß er das Bild mit der Nasenspitze berühren konnte.

»Tausend Stückpforten noch einmal! Das ist Wasser und Salzwasser dazu . . . – O! o! Aber von wem ist denn dieß Bild?«

»Von einem jungen Manne, mein Herr, von einem jungen Manne,« sagte ein alter Herr, der eine Prise Tabak vor dem Marinebild einsog, welches der Seemann betrachtete.

»Gudin,« versetzte der Liebhaber, der eben die Unterschrift des Bildes entdeckte. »Ich habe wirklich diesen Namen in Amerika nennen hören, aber ich sehe zum ersten Male ein Bild von diesem Meister; denn so jung er ist, wie Sie sagen, mein Herr, ist der Maler, der diese Barke und diese Welle da gemacht, nach meiner Ansicht ein Meister. Ich bin weniger zufrieden mit den Matrosen darauf; aber man kann nicht in Allem exzelliren. Muß mir’s näher ansehen . . . .

Und der Seemann sah sich das Bild ganz in der Nähe an.

»Und was sagen Sie von dieser Brick, die man da im Hintergrunde sieh?«

»Mein Herr, entschuldigen Sie, ich sage, das ist eine Corvette, keine Brick . . . eine Corvette, die vor dem Winde geht, die Backbordshalsen zu, mit ihrem großen Segel, seinem Focksegel und den beiden Marssegeln, was sehr bescheiden von ihr ist, denn bei einem solchen Winde könnten sie wohl ihre Bramsegel und Leisegel hissen. Ich hatte bei solchem Wetter die Gewohnheit zu rufen: »Alle Segel aufgezogen!«

Und nach seiner Gewohnheit, die er auch diesmal beibehielt, rief er diesen Befehl, so laut er konnte.

Alles drehte sich um. Einige Liebhaber setzten ihre besonderen Untersuchungen fort: aber der größte Theil der Zuhörer sammelte sich um den Seemann, und fuhr, um uns eines dem poetischen Beruf, dem er angehörte, entnommenen Ausdrucks zu bedienen, in Admiralsschaft mit ihm.

Der Unbekannte hatte, wie wir sehen, nicht vor tauben Ohren gesprochen.

Der alte Herr, welcher bereits einige Worte mit ihm gewechselt, faßte seine Worte rasch auf und sagte:

»Ah, ah, mein Herr, es scheint, daß Sie ein Schiff kommandiert?«

»Ich hatte diese Ehre, meins Herr, antwortete der-Fremde.

»Einen Dreimaster, eine Brick, eine Corvette?«

»Eine Corvette.«

Dann, als wenn er die Conversation nicht weiter- fortführen möchte, wenigstens in nautischer Richtung nicht, verließ der Seemann die Wellen, die .Barke und die Corvette Gudin’s, um sich mit einem Boucher zu beschäftigen.

Aber der alte Liebhaber, der sehne Zweifel gern gewußt hätte, was ein in der Kunst so erfahrener Mann von dem gewöhnlichen Maler der Madame du Barry dachte, verließ ihn nicht bei dem Kreise, den er beschrieb.

Wie ein Stern seine Satelliten in einem Wirbel nach sich zieht, begleiteten alle Zuhörer den Seemann.

»Obgleich dieß keine Unterschrift hat,« sagte unser Mann, indem er das Bild des Nachfolgers von Vanloo betrachtet, »braucht man doch nicht zu fragen, von wem es ist: es ist die Toilette der Venus von Boucher. Der Maler hat aus Schmeichelei seiner Venus die Züge der unglücklichen Coutisane gegeben, welche in jener Zeit die französische Monarchie entehrte . . . «

»Schlechte Malerei! schlechter Maler! Ich liebe Boucher nicht! Und Sie, meine Herren?«

Und ohne abzuwarten, bis die, welche er anredete ihm antworteten, fügte er mit lauter Stimme hinzu:

»Er ist ein schätzbarer Colorist, ich weiß es; aber er ist ein pretentiöser und manierirter Maler, wie die Menschen seiner Zeit . . . Elendes Epoche! geringe Nachahmung der Manieren der Renaissance. Es ist weder das Fleisch Tizian, noch die Carnation von Rubens.

Dann wandte er sich an seine Zuhörer und sagte:

Und nun wissen Sie auch meine Herren, weßhalb ich Chardin liebe: er ist der einzig wahrhaft kräftige Künstler, weil er wahrhaft einfach ist in mitten der Affectation und conventionellen Manier seines Jahrhunderts. O die Einfachheit, meine Herren, die Einfachheit, Sie mögen sagen, was Sie wollen, Darauf muß man immer wieder zurückkommen.«

Niemand bestritt die Wahrheit dieses Axioms.

Der Liebhaber, der bereits mit dem Seemann gesprochen, sah um sich, als wollte er um das Wortbitten , und als er sah, daß Niemand einen Einwurf machte, sagte er:

»Ganz richtig, mein Herr, ganz richtig.«

Der Liebhaber begann an dem brüsken, aber offenen, brutalen, aber philosophischen Seemann einen Narren zu fressen.

»Wenn ich lange genug lebe, um meinen Traum zu realisieren,« fuhr der Capitän in melancholischem Tone fort, »so werde ich als der glücklichste Mensch sterben, denn ich werde meinen Namen an ein großes Werk geknüpft haben.«

»Und wäre es unbescheiden, mein Herr,« fragte der alte Liebhaber, »wenn man diesen Traum zu kennen wünschte?«

»Keineswegs, mein Herr, keineswegs,« antwortete der Capitän. »Ich will eine Freischule für das Zeichnen gründen, wo die Lehrer keine andere Aufgabe haben, als die Einfachheit in der Kunst zu lehren.«

»Eine große Idee, mein Herr!«

»Nicht wahr?«

»Seht groß-. sehr groß und ächt philanthropisch. Der Herr bewohnt die Hauptstadt?«

»Nein, aber ich hoffe mich hier niederzulassen: ich beginne, der Reise um die Welt müde zu werden.«

Sie haben die Reise um die Welt gemacht?« rief der Herr voll Verwunderung.

Sechsmal, mein Herr,« antwortete der Capitän.

Der Liebhaber trat einen Schritt zurück.«

»Das ist ja noch ärger, als Herr de la Perouse,« sagte er.

»Herr de la Perouse hat sie nur zweimal gemacht,« antwortete der Seemann mit derselben Einfachheit.

»Ich spreche vielleicht mit einem berühmten Seemann?«

»Pah!« machte der Unbekannte bescheiden.

»Nun, mein Herr. Darf ich Sie um Ihren Namen fragen?«

»Ich heiße Lazare Pierre Berthaud, genannt Monte-Hauban

»Sollten Sie mit dem berühmten Berthaud de Montauban, dem Neffen Carl des Großen, verwandt sein?«

»Renaud de Montauban, wollten Sie sagen!«

»Ach ja, das ist richtig. – Renaud . . . Berthaud . . . «

»Ja, man verwechselt leicht einen mit dem andern; ich glaube nicht, diese Ehre zu haben, es wäre denn weiblicherseits. Dann ist in unserem Namen ein H, das die Renaud de Montauban niemals zu führen die Ehre gehabt.«

Der Liebhaber, der nicht begriff, an welchem Orte seines Namens der Capitän Monte-Hauban das H habe, versuchte vergeblich, Montauban auszusprechen, indem er das H vor das M setzte.

Aber nach dreien vergeblichen Versuchen verzichtete er darauf, redete sich ein, daß er falsch gehört und daß man dem Wappen des Seemanns, nicht seinem Namen diesen Buchstaben zuschreiben müsse.

Dann zog er eine Visitenkarte aus der Tasche, gab sie dem Capitän und sagte zu ihm:

»Capitän man findet mich Montag, Mittwoch und Freitag von drei bis fünf Uhr zu Hause. Um fünf Uhr speise ich zu Mittag und wenn Sie mir bisweilen die Ehre geben wollen, mein einfaches Mal zu theilen, ich habe eine Frau, welche ganz vernarrt in Seekämpfe ist, so werden Sie diese und mich glücklich machen, indem Sie uns welche erzählen.«

»Mit Vergnügen, mein Herr,« sagte der Capitän, indem er die Karte in seine Tasche steckte; »die Kämpfe sind, meiner Ansicht nach, blos dazu da, um erzählt zu werden.«

»Ganz richtig, mein Herr, ganz richtig,« sagte der Liebhaber mit einer Verbeugung, indem er sich zurückzog.

Nachdem der Liebhaber durch den Capitän erobert war, begann dieser wieder von Neuem vor jedem- Bilde seine Meinung laut kund zu geben, und eroberte zwei bis drei andere Liebhaber, die er wie den ersten durch die Richtigkeit seines Urtheils und seinen leidenschaftlichen Enthusiasmus für das Einsache in Erstaunen setzte.

Nach Verfluß von zwei Stunden hatte er die Bewunderung Aller.

Man folgte ihm in allen Wendungen, die er durch das Atelier beschrieb und hörte ihn der Aufmerksamkeit und Sammlung an, welche fleißigen Schülern eigen ist, wenn sie vor einem berühmten Professor stehen.

Diese Manege – und es war eine solche in der ganzen Bedeutung des Wortes – dauerte bis gegen fünf Uhr, um welche Stunde, wie wir bereits sagten, die Besucher sich zurückzogen.

In dem Augenblicke, in welchem der Diener von Petrus die Thüre öffnete um anzudeuten, daß die Stunde des Aufbruchs gekommen sei, hatte der Capitän so eben ein Bild umgedreht, das gegen die Wand gestellt war, und dass nach seiner Stellung, wie zu sehen, nicht wie die übrigen zum Verkauf bestimmt war.

Dieses Bild war eine Skizze des Kampfes der Belle-Therese mit der Kalypso, eine Skizze, welche Petrus nach seiner lebhaften Erzählung seines Vaters einst auf die Leinwand zu werfen sich den Spaß gemacht.

Kaum hatte er das Bild gesehen, als der Capitän Pierre Berthaud Schreie der Bewunderung ausstieß, welche diejenigen an die Schwelle fesselten, die bereits am Hinausgehen waren.

»Beim Gott der Meere,« rief er, »ist das glaublich?«

Trotz der Aufforderung, des Dieners gruppierten sich die Umstehenden um den Capitän.

»Was wollen Sie sagen, mein Herr?« fragten zwanzig Stimmen zu gleicher Zeit.

»O meine Herren,« rief der Capitän, indem er sich die Augen trocknete, »entschuldigen Sie meine Rührung, als ich jedoch einen der ersten Kämpfe, an denen ich Theil nahm und, das darf ich wohl sagen, auf ehrenvolle Weise Theil nahm, so treu dargestellt sah, flossen die Thränen aus meinen Augen.«

»Weinen Sie, Capitän, weinen Sie!« sagten die Umstehenden.

 

»Ein Einziger,« fügte der Capitän hinzu, wäre im Stande gewesen, mit dieser außerordentlichen Treue den Kampf der Kalypso und der Belle Therese zu malen, und dieser hat nie einen Pinsel gerührt.«

»Aber,« fragten die Umstehenden, deren Neugierde durch diese dramatische Episode auf’s höchste gespannt war, »wer ist denn dieser Mann?«

»Es ist der Capitän, der die Belle Therese kommandierte.«

»Und der Capitän der Belle Therese,« sagten mehrere Stimmen, »der waren Sie, nicht wahr, mein Herr?«

»Nein, des war nicht ich,« versetzte Monte-Hauban mit einer stolzen Miene, »das war mein treuer Freund, der Capitän Herbel. Was ist aus ihm geworden, seit wir uns in Rochefort trennten, nachdem wir vergeblich den Kaiser wollte sagen Bonaparte zu retten gesucht?«

»O, sagen Sie den Kaiser, sagen Sie den Kaiser!« drängten einige Zuhörer, die kühner, als die Andern waren.

»Nun ja, den Kaiser!« rief der Kapitän« »denn man mag ihm diesen Titel bestreiten, wie man will, er hat ihn geführt und glorreich geführt; verzeihen Sie einem alten Diener diesen vielleicht unüberlegten Enthusiasmus.«

»Ja, ja,« sagten mehrere Stimmen; »aber auf den Capitän Herbel zurückzukommen . . . «

»Gott weiß, wo er jetzt ist, der arme Alte,« fuhr der Capitän fort, indem er Augen und Arme zum Himmel erhob.

»Mein Herr!« sagte der Diener, den diese rührende Scene hinderte, die Besucher fort zuweisen, »ich weiß nicht, wo der Capitän Herbel jetzt ist, aber was ich weiß, ist, daß er vor kaum acht Tagen hier war.«.

»Der Capitän Herbel?« rief der Liebhaber mit einer Donnerstimme.

»Er selbst,« antwortete der Diener.

»Und Sie sagen, Sie wissen nicht, wo er sei?«

»Wenn ich das sage, mein Herr, so ist das eine Redensart: er muß in Saint Malo sein.«

»Ich eile zu ihm!« rief der Capitän, indem er, noch immer von der Woge der Liebhaber gefolgt, nach der Thüre stürzte.

Dann blieb er plötzlich stehen und verursachte dadurch eine Ebbe unter denen, die ihm folgten:

»Aber täuschen Sie sich nicht?« sagte er zu dem Diener; »Sie haben hier den Capitän gesehen?«

»«Hier selbst.«

»In diesem Atelier?«

»In diesem Atelier.«

»Und, Sie sind dessen gewiß, was Sie sagen?«

»Ich glaube wohl, daß ich dessen gewiß bin; ich habe ihn hier heraufgeführt, oder vielmehr ich bin zu ihm hinab gegangen.«

»Warum das?«

»Weil ich ihn nicht heraufkommen ließ.«

»Und,« fragte der Capitän, »weßhalb kam mein alter Freund nach dem Altelier seines Malers?«

»Nun, weil dieser Maler sein Sohn war,« antwortete der Diener.

»Wie!« rief der Capitän, indem er zwei Schritte vorwärts machte, »wie, der berühmte Maler Petrus ist der Sohn des ausgezeichneten Capitän Herbel?«

»Ja, mein Herr, sein eigener Sohn,« sagte der Diener, »und der eigne Neffe des General von Courtenay.«

»Schon recht: bin ein Seemann und kenne die Landgenerale nicht, namentlich wenn sie Generale in der Armee von Condé geworden.«

Aber sich sogleich fassend, sagte er:

»Verzeihung, meine Herren, vielleicht kränkt meine brüske Offenheit irgend einen Empfindlichen; aber das ist durchaus nicht meine Absicht, ich betheure es.«

»Nein, Capitän, nein. Beruhigen Sie sich,« versetzten mehrere Stimmen.

»Aber,« sagte der Capitän, dessen Gesicht von Freude übergossen zu werden schien, – »wenn dieser junge Petrus der Sohns meines Freundes Herbel ist . . . «

»Nun,« wiederholten die Umstehenden lebhaft gespannt.

»Lassen Sie diesen jungen Mann rufen!« sagte der Capitän brüsk.

»Entschuldigen Sie,« antwortete der Diener, »der Herr empfängt Niemanden.«

Das Gesicht verzerrte sich und die Muskeln begannen unruhig zu werden, als ahmten sie die Bewegung der Wogen nach.

»Du hältst mich also für Niemand . . . oder für alle Welt?« rief der Capitän mit einer Donnerstimme, indem er auf den armen Teufel zuschritt, als ob er ihn am Kragen packen wollte.

Der Diener erinnerte sich des Eintritts des Capitän Herbel bei seinem Sohne, und da er keinen Grund zu glauben hatte, der Capitän Monte Hauban sei besseren Humors als sein Gefährte, bat er die Fremden höflich, zu gehen, damit der Capitän ein tête-à-tête mit dem haben könne, den er so sehr zusprechen wünschte.«

Zu ihrem großen Bedauern mußten die Fremden das Atelier leeren.

Sie hätten sich gerne den Genuß des Anblicks der Freude verschafft, die der brave Capitän haben würde, wenn er den Sohn eines alten Freundes umarmte.

Als der Diener mit dem Capitän allein war, fragte er diesen:

»Wen soll ich melden, mein Herr?«

»Melde einen der Helden der Belle Therese,« sagte der Capitän, sich räuspernd.

Der Diener trat bei Petrus ein.

Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»