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Die Gräfin von Charny Denkwürdigkeiten eines Arztes 4

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»Ich verlange überdies, daß Sie erklären, das Vaterland sei in Gefahr. Sie werden sehen, daß bei diesem Rufe alle Bürger sich zusammenschaaren, die Erde sich mit Soldaten überzieht, und die Wunder sich erneuern, welche die Völker des Alterthums mit Ruhm bedeckt haben. Sind die regenerirten Franzosen von 89 dieses Patriotismus verlustig geworden? Ist nicht der Tag gekommen, diejenigen zu vereinigen, welche in Rom, und die, welche auf dem Aventinischen Berge sind? Werden Sie warten, bis, müde der Anstrengungen der Revolution, oder verdorben durch die Gewohnheit, um ein Schloß zu paradiren, schwache Menschen sich daran gewöhnen, von Freiheit ohne Begeisterung und von Sklaverei ohne Abscheu zu sprechen? Was bereitet man uns? Ist es die Militärherrschaft, die man feststellen will? Man hat den Hof im Verdachte treuloser Projecte; er gibt Anlaß, von militärischen Bewegungen, vom Kriegsgesetze zu reden; man macht die Einbildungskraft mit dem Blute des Volkes vertraut. Der Palast des Königs der Franzosen hat sich plötzlich in ein befestigtes Schloß verwandelt. Wo sind aber seine Feinde? Gegen wen richten sich diese Kanonen und diese Bajonnete? Die Freunde der Constitution sind aus dem Ministerium ausgestoßen worden; die Zügel der Regierung bleiben schwebend auf den Zufall, in dem Augenblicke, wo man, um sie festzuhalten, eben so viel Kraft, als Patriotismus bedürfte. Ueberall nährt man die Zwietracht, der Fanatismns triumphirt, die Connivenz der Regierung vermehrt die Dreistigkeit der fremden Mächte, die gegen uns Heere und Eisen speien, und kühlt die Sympathie der Völker ab, welche geheime Wünsche für den Sieg der Freiheit hegen. Die feindlichen Cohorten setzen sich in Marsch die Intrigue und die Treulosigkeit zetteln Verrathe an; der legislative Körper stellt diesen Complotten strenge, aber nothwendige Beschlüsse entgegen: die Hand des Königs zerreißt sie! Rufen Sie, es ist Zeit dazu, rufen Sie alle Franzosen herbei, um das Vaterland zu retten! Zeigen Sie ihnen den Abgrund in seiner ganzen Unermeßlichkeit! Nur durch eine außerordentliche Anstrengung können sie darüber wegsetzen! Es ist an Ihnen, sie hierauf durch eine elektrische Bewegung vorzubereiten, die das ganze Reich den Anlauf nehmen macht. Ahmen Sie selbst den Spartanern der Thermopylen nach, oder jenen ehrwürdigen Greifen des römischen Senats, welche auf ihrer Thürschwelle den Tod erwarteten, den wilde Sieger ihrem Vaterlande brachten! Sie brauchen nicht Wünsche zu hegen, damit Rächer aus Ihrer Asche erstehen: an dem Tage, wo Ihr Blut die Erde röthet, werden die Tyrannei, ihre Hoffart, ihre Paläste, ihre Beschützer auf immer vor der nationalen Allmacht und vor dem Zorne des Volkes verschwinden.«

Es war in dieser furchtbaren Rede eine aufsteigende Kraft, eine wachsende Gradation, ein Crescendo von Stürmen, das die Luft mit einem ungeheuren, dem des Orkans ähnlichen Flügel schlug.

Die Wirkung war auch die einer Wettersäule: die ganze Nationalversammlung, Feuillants, Royalisten, Constitutionelle, Republicaner, Abgeordnete, Zuschauer, Bänke Tribunen, Alles wurde umhüllt, fortgerissen, emporgehoben durch den mächtigen Wirbel; von allen Seiten erscholl das gewaltigste Geschrei der Begeisterung.

An demselben Abend schrieb Barbaroux an seinen Freund Rebecqui, der in Marseille geblieben war: »Schicke mir fünfhundert Mann, welche zu sterben wissen.«

CXLV
Der dritte Jahrestag der Einnahme der Bastille

Am 11. Juli erklärte die Nationalversammlung, das Vaterland sei in Gefahr.

Um aber diese Erklärung zu promulgiren, bedurfte es der Genehmigung des Königs.

Der König gab sie erst am 21. Abends.

Und, in der That, verkündigen, das Vaterland sei in Gefahr, das war ein Geständniß ihrer Unmacht von Seiten der Staatsgewalt; es war ein Aufruf an die Nation, sich selbst zu retten, da der König nichts mehr vermöge oder nichts mehr thun wolle.

Im Zwischenraume vom 11. auf den 21. Juli hatte ein großer Schrecken das Schloß in Bewegung gesetzt.

Der Hof machte sich für den 14. auf einen Anschlag gegen das Leben des Königs gefaßt.

Eine Adresse der Jacobiner hatte ihn in diesem Glauben bestärkt: sie war abgefaßt von Robespierre; das läßt sich leicht an ihrer doppelten Schneide erkennen.

Sie war gerichtet an die Föderierten, welche nach Paris zu dem Feste vom 14. Juli kamen, das im vorhergehenden Jahre so grausam mit Blut gefärbt worden war.

»Heil den Franzosen der drei und achtzig Departements,« sagte der Unbestechliche; »Heil den Marseillern! Heil dem mächtigen, unbesiegbaren Vaterlande, das seine Kinder um sich versammelt am Tage seiner Gefahren und seiner Feste. Oeffnen wir unsere Häuser unseren Brüdern!

»Bürger, seid Ihr nur herbeigeeilt wegen einer leeren Föderationsfeier und wegen überflüssiger Eide? Nein, nein, Ihr eilt herbei auf den Schrei der Nation, die Euch, außen bedroht und innen verrathen, ruft! Unsere treulosen Chefs führen unsere Heere in die Falle; unsere Generale respectiren das Gebiet des österreichischen Tyrannen und verbrennen die Dörfer unserer belgischen Brüder; ein Ungeheuer, Lafayette! ist gekommen und hat die Nationalversammlung ins Gesicht beschimpft: erniedrigt, verhöhnt, bedroht, besteht sie noch? So viele Attentate wecken endlich die Nation auf, und Ihr seid herbei geeilt. Die Einschläferer des Volkes werden es versuchen, Euch zu verführen: flieht ihre Schmeicheleien, flieht ihre Tafeln, wo man den Moderantismus und das Vergessen der Pflicht trinkt; bewahret Euren Argwohn in Eurem Herzen; die verhängnißvolle Stunde schlägt!

»Hier ist der Altar des Vaterlands! Werdet Ihr dulden, daß niederträchtige Götzenbilder sich zwischen die Freiheit und Euch stellen, um den Cultus, der ihr gebührt, zu usurpieren? Leisten wir den Eid nur dem Vaterlande, in die unsterblichen Hände des Königs der Natur. Alles erinnert uns auf diesem Marsfelde an den Meineid unserer Feinde; wir können nicht eine einzige Stelle aufgraben, die nicht mit dem unschuldigen Blute, das sie darauf vergossen, befleckt ist! Reiniger diesen Boden, rächen dieses Blut, und verlaßt Umkreis nicht eher, als bis Ihr das Heil des Vaterlandes entschieden habt!«

Es war schwer, sich kategorischer zu erklären; nie ist ein Rath zum Morde in bestimmteren Ausdrücken gegeben worden; nie sind blutige Repressalien mit einer klareren und dringlicheren Stimme gepredigt worden.

Und, man bemerke wohl, es war Robespierre, der verschmitzte Tribun, der umschweifige Redner, der mit seiner süßlichen Stimme zu den Abgeordneten der drei und achtzig Departements sagte: »Meine Freunde, glaubet mir, man muß den König tödten!«

Man hatte große Angst in den Tuilerien, der König besonders; man war überzeugt, der 20. Juni habe keinen anderen Zweck gehabt, als die Ermordung des Königs unter einem Getümmel, und wenn man das Verbrechen nicht begangen, so sei dies nur durch den Muth des Königs verhindert worden, der seinen Mördern imponirt habe.

Es war wohl etwas Wahres an Allem dem.

Das Verbrechen, sagte Alles das, was an Höflingen den zwei Verdammten blieb, die man den König und die Königin nannte, das Verbrechen, das am 20. Juni gescheitert ist, ist nun auf den 14. Juli verschoben worden.

Man war hiervon so sehr überzeugt, daß man den König flehentlich bat, ein Bruststück anzulegen, damit der erste Messerstich auf seiner Brust sich abstumpfen, oder die erste Kugel darauf abprallen würde und seine Freunde hierdurch Zeit hätten, ihm zu Hilfe zu kommen.

Ach! die Königin hatte nicht mehr, wie das erste Mal, Andrée da, um ihr bei ihrer nächtlichen Arbeit zu helfen und um Mitternacht mit einer zitternden Hand, in einem abgelegenen Winkel der Tuilerien, wie sie es in Versailles gethan, die Solidität des seidenen Harnisches zu versuchen.

Zum Glücke war das Bruststück aufbewahrt worden, das der König bei seiner ersten Reise nach Paris, um der Königin Vergnügen zu machen, versucht, und sodann anzulegen sich geweigert hatte.

Nur war der König so scharf bewacht, daß man nicht einen Augenblick fand, um es ihn zum zweiten Male anziehen zu lassen und die Fehler zu verbessern, die es haben konnte; Madame Campan trug es drei Tage unter ihrem Kleide.

Endlich, eines Morgens, als sie im Zimmer der Königin war und die Königin noch im Bette lag, trat der König ein und legte rasch einen Rock ab, wonach Madame Campan die Thüren schloß und das Bruststück probierte.

Als das Bruststück probiert war, zog der König Madame Campan zu sich und sagte leise zu ihr:

»Um die Königin zufrieden zu stellen, thue ich, was ich thue; seien Sie unbesorgt, Campan, sie werden mich nicht ermorden; ihr Plan ist abgeändert, und ich muß mich auf eine andere Todesart gefaßt machen. In jedem Falle kommen Sie zu mir, wenn Sie von der Königin weggehen; ich habe Ihnen etwas anzuvertrauen.«

Der König ging ab.

Die Königin hatte das Sondergespräch gesehen, ohne es zu hören; sie folgte dem König mit einem unruhigen Blicke, und als die Thüre wieder hinter ihm geschlossen war, fragte sie:

»Campan, was sagte Ihnen denn der König?«

Madame Campan warf sich, in Thränen zerfließend, auf die Kniee vor dem Bette der Königin, die ihr beide Hände reichte, und sie wiederholte laut, was der König leise gesagt hatte.

Die Königin schüttelte traurig den Kopf.

»Ja,« sprach sie, »das ist die Meinung des Königs, und ich fange an seiner Ansicht beizutreten; der König behauptet, Alles, was in Frankreich vorgehe, sei eine Nachahmung dessen, was im vergangenen Jahrhundert in England vorgefallen; er liest unablässig die Geschichte des unglücklichen Karl, um sich besser zu benehmen, als es der König von England gethan hat . . . Ja, ja, ich komme dazu, einen Proceß für den König zu befürchten, meine liebe Campan! Ich, was mich betrifft, ich bin eine Fremde eine Fremde, und sie werden mich ermorden . . Ach! was wird aus meinen armen Kindern werden?«

 

Die Königin konnte nicht weiter sprechen: ihre Stärke verließ sie; sie brach in ein Schluchzen aus.

Da stand Madame Campan auf und bereitete rasch ein Glas Zuckerwasser mit Aether; doch die Königin winkte ihr mit der Hand.

»Meine liebe Campan,« sagte sie, »die Nervenübel sind die Krankheiten der glücklichen Frauen, doch alle Arzneimittel der Welt vermögen nichts gegen die Krankheiten der Seele! Seit meinen Mißgeschicken fühle ich meinen Körper nicht mehr, ich fühle nur mein Verhängniß. Sagen Sie nichts hiervon dem König, und suchen Sie ihn nun auf.«

Madame Campan zögerte, zu gehorchen.

»Nun, was haben Sie?« fragte die Königin.

»Oh! Madame!« rief Madame Campan, »ich muß Ihnen sagen, daß ich für Eure Majestät ein dem Bruststücke des Königs ähnliches Corset gemacht habe, und auf den Knieen bitte ich Eure Majestät, es anzuziehen.«

»Ich danke, meine liebe Campan,« erwiederte Marie Antoinette.

»Ah! Eure Majestät nimmt es also an?« rief die Kammerfrau ganz freudig.

»Ich nehme es an als einen Dank für Ihre gute, liebevolle Absicht, doch ich werde mich wohl hüten, es anzuziehen.«

Und sie ergriff die Hand von Madame Campan und fügte bei:

»Ich werde zu glücklich sein, wenn sie mich ermorden! Mein Gott! sie werden mehr für mich gethan haben, als Du mir das Leben gebend gethan hast: sie werden mich davon befreit haben . . . Gehe, Campan, geh!«

Madame Campan ging hinaus; es war Zeit: sie erstickte.

Im Corridor traf sie den König, der Ihr entgegenkam; als er sie sah, blieb er stehen und reichte ihr die Hand. Madame Campan ergriff die königliche Hand und wollte sie küssen, doch der König zog sie an sich und küßte sie auf beide Wangen.

Und ehe sie sich von ihrem Erstaunen erholt hatte, sagte er:

»Kommen Sie!«

Der König ging ihr voran und blieb sodann in dem inneren Corridor stehen, der von seinem Zimmer zu dem des Dauphin führte; er suchte mit der Hand eine Feder und öffnete einen Schrank, der in der Mauer dadurch verborgen war, daß sich die Oeffnung desselben unter den braunen Einschnitten verlor, welche den schattirten Theil dieser gemalten Steine bildeten.

Das war der eiserne Schrank mit dem künstlichen Schlosse, den er mit Hilfe von Gamain verfertigt hatte.

Ein großes Portefeuille, voll von Papieren, lag in diesem Schranke, in welchem eines seiner Bretter mit ein paar tausend Louis d’or belastet war.

»Madame Campan,« sagte der König, »nehmen Sie dieses Portefeuille und tragen Sie es in Ihr Zimmer.«

Madame Campan versuchte es, das Portefeuille aufzuheben, doch es war zu schwer.

, Sire,« sagte sie, »ich kann nicht.«

»Warten Sie, warten Sie,« erwiederte der König.

Und nachdem er den Schrank wieder geschlossen, der, sobald er geschlossen war, völlig unsichtbar wurde, nahm er das Portefeuille und trug es in das Cabinet von Madame Campan.

»Hier ist es!« sagte er, indem er sich die Stirne abwischte.

»Sire,« fragte Madame Campan, »was soll ich mit diesem Portefeuille machen?«

»Die Königin wird es Ihnen sagen und Ihnen zugleich mittheilen, was es enthält,« antwortete der König.

Und er entfernte sich wieder.

Damit man das Portefeuille nicht sehe, schob es Madame Campan mit großer Anstrengung zwischen zwei Matratzen ihres Bettes; dann trat sie bei der Königin ein und sprach:

»Ich habe in meinem Zimmer ein Portefeuille, das der König dahin gebracht hat; er sagt mir, Eure Majestät werde mich unterrichten, was es enthalte, und was ich damit zu thun habe.«

Da legte die Königin ihre Hand auf die von Madame Campan, welche, die Antwort erwartend, vor ihrem Bette stand, und erwiederte:

»Campan, das sind Stücke, welche tödtlich für den König wären, ginge man, was Gott verhüten wolle, so weit, daß man ihm den Proceß machen würde; doch es findet sich zugleich und das ist es ohne Zweifel, was ich Ihnen sagen soll, in diesem Portefeuille der Rechenschaftsbericht über eine Sitzung des Conseil, in der der König seine Meinung gegen den Krieg ausgesprochen hat; er hat ihn von allen Ministern unterzeichnen lassen, und im Falle dieses Processes zählt er daraus, so sehr ihm die anderen Stücke schädlich wären, eben so sehr werde ihm dieses nützlich sein.«

»Was soll ich aber mit diesem Portefeuille machen?« fragte fast erschrocken die Kammerfrau.

»Was Sie wollen, Campan, wenn es nur in Sicherheit ist; Sie sind allein verantwortlich dafür; Sie werden sich übrigens nicht von mir entfernen, selbst wenn Sie nicht den Dienst haben; die Umstände sind so, daß ich jeden Augenblick Ihrer bedürfen könnte. In diesem Falle, da Sie eine von den Freundinnen sind, auf die man rechnen kann, wünsche ich Sie bei der Hand zu haben.«

Das Fest vom 14. Juli kam.

Es handelte sich für die Revolution darum, nicht Ludwig XVI. zu ermorden, – wahrscheinlich hatte man nicht einmal diesen Gedanken, – sondern den Sieg von Pétion über den König zu proclamieren.

Wir haben gesagt, in Folge des 20. Juni sei Pétion durch das Directorium von Paris suspendiert worden.

Das wäre ohne die Beistimmung des Königs nichts gewesen, doch diese Suspension war durch eine an die Nationalversammlung übersandte königliche Proclamation bestätigt worden.

Am 13., das heißt am Vorabend des Jahrestages der Einnahme der Bastille, hatte die Nationalversammlung aus eigener Machtvollkommenheit diese Suspension aufgehoben.

Am 14. Morgens um elf Uhr stieg der König mit der Königin und seinen Kindern die große Treppe herab, drei- bis viertausend Mann unentschiedene Truppen escortierten die königliche Familie; die Königin suchte vergebens auf den Gesichtern der Soldaten und der Nationalgarden ein Merkmal von Sympathie; die Ergebensten den Kopf ab und vermieden ihren Blick.

Was das Volk betrifft, so konnte man sich über seine Gefühle nicht täuschen; der Ruf: »Es lebe Pétion!« erscholl von allen Seiten; sodann, um dieser Ovation etwas Dauerhafteres als die Begeisterung des Augenblicks zu geben, konnten der König und die Königin auf allen Hüten die drei Worte lesen, welche zugleich ihre Niederlage und den Triumph ihres Feindes bestätigten: »Es lebe Pétion!«

Die Königin war bleich und zitternd; trotz dessen, was sie zu Madame Campan gesagt hatte, überzeugt, es bestehe ein Complott gegen das Leben des Königs, schauerte sie jeden Augenblick, weil sie eine mit einem Messer versehene Hand sich ausstrecken, einen mit einer Pistole bewaffneten Arm sich senken zu sehen glaubte.

Auf dem Marsfelde angelangt, stieg der König aus dem Wagen, nahm Platz zur Linken des Präsidenten der Nationalversammlung und ging mit ihm auf den Altar des Vaterlands zu.

Hier mußte sich die Königin vom König trennen, um auf die ihr vorbehaltene Tribüne mit ihren Kindern zu steigen.

Sie blieb stehen, weigerte sich, hinaufzugehen, ehe er angekommen wäre, und folgte ihm mit den Augen.

Am Fuße vom Altar des Vaterlands entstand plötzlich eine von den Wogungen, wie sie die Mengen machen.

Der König verschwand wie überschwemmt.

Die Königin stieß einen Schrei aus und wollte ihm nacheilen.

Doch er erschien wieder und stieg die Stufen vom Altar des Vaterlands hinauf.

Unter den gewöhnlichen Symbolen, welche bei den Feierlichkeiten signiren, wie die Gerechtigkeit, die Stärke, die Freiheit, war eines, das man, geheimnißvoll und erschrecklich, unter einem Florschleier glänzen sah, und das ein schwarz gekleideter, mit Cypressenzweigen bekränzter Mann trug.

Dieses entsetzliche Symbol zog besonders die Augen der Königin an.

’ Sie war wie an ihren Platz genagelt, und fast beruhigt über den König, der die Höhe vom Altar des Vaterlands erreicht hatte, konnte sie die Augen nicht von der finstern Erscheinung abwenden.

Mit einer äußersten Anstrengung die Fesseln ihrer Zunge lösend, fragte sie, ohne sich an Jemand zu wenden:

»Wer ist der schwarz gekleidete Mann mit dem Cypressenkranze?«

Eine Stimme, welche sie beben machte, antwortete:

»Der Henker!«

»Und was hält er in der Hand unter diesem Flor?«

»Das Beil von Karl l.«

Die Königin wandte sich erbleichend ab; es schien ihr, sie habe den Ton dieser Stimme schon gehört, Sie täuschte sich nicht: derjenige, welcher gesprochen hatte, war der Mann vom Schlosse Taverney, von der Brücke von Sèvres, von der Rückkehr von Varennes: es war Cagliostro.

Sie stieß einen Schrei aus und fiel ohnmächtig in die Arme von Madame Elisabeth.

CXLVI
Das Vaterland ist in Gefahr

Am 22. Juli, um sechs Uhr Morgens, acht Tage nach dem Feste auf dem Marsfelde, bebte ganz Paris beim Lärmen einer Kanone von starkem Caliber, welche auf dem Pont-Neuf gelöst wurde.

Eine Kanone vom Arsenal antwortete, ihr Echo bildend.

Von Stunde zu Stunde, den ganzen Tag hindurch sollte sich dieses gräßliche Geräusch wiederholen.

Geführt von ihren sechs Commandanten, waren die sechs Legionen der Nationalgarde vor Tagesanbruch beim Stadthause versammelt.

Man organisierte hier zwei Cortéges, um in die Straßen von Paris und in die Vorstädte die Proclamation der Gefahr des Vaterlands zu bringen.

Danton hatte den Gedanken des erschrecklichen Festes gehabt, und er hatte das Programm dazu von Sergent verlangt.

Sergent, ein mittelmäßiger Künstler als Kupferstecher, aber ein Mann von ungeheurem Talente, um in Scene zu setzen; Sergent, dessen Haß sich durch die Beleidigungen, die man ihm in den Tuilerien zugefügt, verdoppelt hatte, – Sergent halte in diesem ganzen Programm das großartige Gepränge entwickelt, dessen letztes Wort er am 10. August gab.

Jeder von den zwei Cortéges, der eine, der durch Paris hinauf-, der andere, der hinabgehen sollte, brach vom Stadthanse Morgens um sechs Uhr auf.

Zuerst kam eine Abtheilung Cavalerie mit Musik an der Spitze; für diese Gelegenheit componirt, war die Melodie, welche die Musik spielte, düster und schien ein Leichenmarsch zu sein.

Hinter der Cavalerieabtheilung kamen sechs Kanonen, neben einander, wo die Straßen oder die Quais breit genug waren, zu zwei und zwei in den engen Straßen fahrend.

Sodann vier Huissiers zu Pferde, vier Fahnen tragend; auf jeder Fahne stand eines von den vier Worten geschrieben:

Freiheit. – Gleichheit. – Constitution. – Vaterland

Hierauf zwölf Municipalbeamte mit Schärpe und den Säbel an der Seite.

Sodann allein, vereinzelt wie Frankreich, ein Nationalgarde zu Pferde, ein großes dreifarbiges Banner haltend, auf dem die Worte geschrieben standen:

Bürger, das Vaterland ist in Gefahr!

Dann folgten, in derselben Ordnung, wie die ersten, sechs Kanonen mit dem tiefen Getöse, mit dem schweren Aufstoßen.

Dann ein Detachement von der Nationalgarde.

Endlich eine zweite Abtheilung Cavalerie, den Marsch schließend.

Man gebot Stillschweigen durch ein Wirbeln der Trommeln.

Sodann schwang man die Fahnen, und als kein Geräusch mehr hörbar, als der keuchende Athem von zehntausend Zuschauern gefangen in ihre Brust zurückgekehrt war, erhob sich die ernste Stimme des Municipalbeamten, und er verlas die Acte der Nationalversammlung und fügte bei:

Das Vaterland ist in Gefahr

Dieser letzte Ruf war furchtbar und vibrirte in allen Herzen.

Es war der Schrei der Nation, des Vaterlands, Frankreichs.

Es war eine Mutter im Todeskampfe, welche: »Zu Hilfe, meine Kinder!« rief.

Und dann, von Stunde zu Stunde, donnerte der Kanonenschuß vom Pont-Neuf mit seinem Echo vom Arsenal.

Auf allen großen Plätzen von Paris, – der Vorplatz von Notre-Dame war der Mittelpunkt davon, – hatte man Amphitheater für die freiwilligen Anwerbungen errichtet.

In der Mitte dieser Amphitheater war ein breites, auf zwei Trommeln gelegtes Brett, das als Einschreibungstisch diente, und bei jeder Bewegung, welche diesen Amphitheatern verliehen wurde, stöhnten die Trommeln wie ein ferner Sturmeshauch.

Rings um diese Amphitheater waren Zelte mit dreieckigen Wimpeln und Eichenkränzen darüber errichtet, Municipalbeamte mit Schärpe saßen um den Tisch und übergaben, sowie die Einschreibungen stattfanden, den Freiwilligen Certificate.

Auf jeder Seite des Amphitheaters waren zwei Kanonen; am Fuße der doppelten Treppe, auf der man hinaufstieg, eine beständige Musik; vor den Zelten und derselben krummen Linie folgend ein Kreis von bewaffneten Bürgern.

Das war zugleich groß und schrecklich! Es war ein Rausch von Patriotismus!

Jeder eilte hinzu, um eingeschrieben zu werden. Die Schildwachen konnten diejenigen, welche kamen, nicht zurückstoßen: jeden Augenblick wurden die Reihen gebrochen.

Die zwei Treppen des Amphitheaters, – es war eine da um hinaufzusteigen, eine um herabzusteigen, – genügten nicht, so breit sie waren.

 

Jeder stieg hinauf, wie er konnte, unterstützt von denen, welche schon hinaufgestiegen waren; sodann, wenn man seinen Namen eingeschrieben, wenn er sein Certificat erhalten hatte, sprang er mit Ausrufungen des Stolzes zu Boden, schwang sein Pergament in der Luft, sang das Ça ira und küßte die Mündung der Kanonen.

Das war das Verlöbniß des französischen Volkes mit dem zweiundzwanzigjährigen Kriege, der, wenn er es nicht in der Vergangenheit gehabt hat, zum Resultate in der Zukunft die Freiheit der Welt haben wird.

Unter diesen Freiwilligen waren zu alte, welche, erhabene Gecken, ihr Alter verleugneten, zu junge, welche, fromme Lügner, sich auf die Fußspitzen erhoben und: »Sechzehn Jahre!« antworteten, während sie nicht vierzehn zählten.

So gingen von der Bretagne der alte Latour d’Auvergne, vom Süden der junge Viala ab.

Diejenigen, welche durch unauflösliche Bande zurückgehalten wurden, weinten, daß sie nicht abgehen konnten; sie verbargen vor Scham ihre Kopfe in ihren Händen, und die Auserwählten riefen ihnen zu:

»Ei! so singt doch, Ihr Leute! ei! so ruft doch: »»Es lebe die Nation!««

Und plötzliche, furchtbare Schreie: »Es lebe die Nation!« stiegen in die Lüfte empor, während von Stunde zu Stunde die Kanone vom Pont-Neuf und ihr Echo vom Arsenal donnerten.

Die Gährung war so groß, die Geister waren so mächtig erschüttert, daß die Nationalversammlung selbst über ihr Werk erschrak.

Sie ernannte vier Mitglieder, um Paris in allen Richtungen zu durchziehen.

Diese hatten den Auftrag, zu sagen:

»Brüder, im Namen des Vaterlands, keinen Aufstand! Der Hof will einen solchen, um die Entfernung des Königs zu erlangen: keinen Vorwand dem Hofe; der König muß unter uns bleiben.«

Dann fügten sie leise bei, die erschrecklichen Worte: »Er muß bestraft werden!«

Und man klatschte überall, wo diese Männer durchkamen, in die Hände, und man hörte es durch die Menge laufen, wie man den Hauch eines Sturmes durch die Aeste eines Waldes laufen hört: »Er muß bestraft werden.«

Man sagte nicht wer, doch Jeder wußte wohl, wen er bestrafen wollte.

Das währte bis Mitternacht.

Bis um Mitternacht donnerten die beiden Kanonen; bis um Mitternacht stand die Menge um die Amphitheater aufgepflanzt.

Viele Freiwillige blieben da, um ihren ersten Bivouac vom Altar des Vaterlands zu datiren.

Jeder Kanonenschuß hatte bis ins Herz der Tuilerien ertönt.

Das Herz der Tuilerien, das war das Zimmer des Königs, wo Ludwig XVI., Marie Antoinette, die königlichen Kinder und die Prinzessin von Lamballe sich versammelt hatten.

Sie verließen sich am Tage nicht; sie fühlten wohl, daß ihr Schicksal es war, was an diesem Tage gohr.

Die Familie trennte sich erst um Mitternacht, das heißt, als sie wußte, man habe die Kanonen zu lösen aufgehört.

Seit den Zusammenrottungen in den Vorstädten schlief die Königin nicht mehr im Erdgeschoße.

Ihre Freunde hatten es dahin gebracht, daß sie in ein Zimmer des ersten Stockes ging, das zwischen der Wohnung des Königs und der des Dauphin lag.

In der Regel bei Tagesanbruch erwachend, verlangte sie, daß man weder Läden, noch Vorhänge schließe, damit ihre Schlaflosigkeiten weniger peinlich seien.

Madame Campan schlief in demselben Zimmer wie die Königin.

Sagen wir, bei welcher Veranlassung die Königin eingewilligt hatte, daß eine ihrer Frauen bei ihr schlafe.

In einer Nacht, als die Königin sich niedergelegt hatte, – es war Morgens gegen ein Uhr, Madame Campan stand vor dem Bette von Marie Antoinette und plauderte mit ihr, – hörte man plötzlich im Corridor Tritte, sodann ein Geräusch ähnlich dem eines Kampfes zwischen zwei Menschen.

Madame Campan wollte nachsehen, was vorgehe, doch die Königin klammerte sich an ihre Kammerfrau oder vielmehr an ihre Freundin und sagte:

»Verlassen Sie mich nicht, Campan!«

Mittlerweile rief eine Stimme aus dem Corridor: »Seien Sie ohne Furcht, Madame; es ist ein Schurke, der Sie tödten wollte, doch ich halte ihn.«

Das war die Stimme des Kammerdieners.

»Mein Gott!« sagte die Königin, die Arme zum Himmel erhebend, »welch ein Leben! Beschimpfungen am Tage, Mörder bei Nacht!«

Da rief die Königin dem Kammerdiener zu: »Lassen Sie diesen Menschen los und öffnen Sie ihm die Thüre.«

»Aber, Madame . . . « versetzte die Kammerfrau.

»Ei! meine Liebe, hielte man ihn fest, so würde er morgen von den Jacobinern im Triumphe umhergetragen.«

Man ließ den Menschen los, der ein Toilettediener des Königs war.

Von diesem Tage an hatte es der König dahin gebracht, daß Jemand bei der Königin schlief.

Marie Antoinette hatte Madame Campan gewählt.

In der Nacht, welche auf die Proclamation der Gefahr des Vaterlands folgte, wachte Madame Campan gegen zwei Uhr Morgens auf: ein Mondstrahl drang, wie ein nächtliches Licht, wie eine befreundete Flamme, durch die Scheiben ein und brach sich auf dem Bette der Königin, dessen Tüchern er eine bläuliche Tinte gab.

Madame Campan hörte einen Seufzer: sie begriff, daß die Königin nicht schlief.

»Eure Majestät leidet?« fragte sie leise.

»Ich leide immer, Campan,« erwiederte Marie Antoinette; »ich hoffe indessen, daß dieses Leiden bald endigen wird.«

»Guter Gott! Madame,« rief die Kammerfrau, »hat denn Eure Majestät abermals einen finstern Gedanken?«

»Nein, im Gegentheil, Campan,« antwortete die Königin.

Und sie streckte ihre bleiche Hand ans, welche im Reflexe des Mondstrahles noch bleicher wurde, und sprach mit einer tiefen Melancholie:

»In einem Monat wird dieser Strahl uns frei und von unsern Fesseln entbunden sehen.«

»Ah!« rief Madame Campan ganz freudig, »haben Sie den Beistand von Herrn von Lafayette angenommen und werden Sie fliehen?«

»Den Beistand von Herrn von Lafayette? Oh! nein, Gott sei Dank!« sagte die Königin mit einem Ausdrucke des Widerwillens, in dem man sich nicht täuschen konnte; »nein, doch in einem Monat wird mein Neffe Franz in Paris sein.«

»Sind Sie dessen sicher, Majestät?« rief Madame Campan erschrocken.

»Ja,« sprach die Königin,, Alles ist entschieden: es ist ein Bündniß zwischen Oesterreich und Preußen abgeschlossen; die zwei vereinigten Mächte marschiren gegen Paris; wir haben die Marschlinie der Prinzen und der verbündeten Heere, und wir können mit Sicherheit sagen: »»An dem und dem Tage werden unsere Retter in Valenciennes sein . . . an dem und dem Tage in Verdun . . . an dem und dem Tage in Paris.««

»Und Sie befürchten nicht . . . ?«

Madame Campan hielt inne.

»Ermordet zu werden?« vollendete die Königin ihren Satz. »Das ist wohl wahr, ich weiß es; doch wer nichts wagt, gewinnt nichts.«

»Und an welchem Tage hoffen die verbündeten Souverains in Paris zu sein?« fragte Madame Campan.

»Zwischen dem 15. und 20. August,« antwortete die Königin.

»Gott höre Sie!« sprach Madame Campan.

Gott hörte zum Glücke nicht; oder vielmehr er hörte und sandte Frankreich eine Hilfe, auf die es nicht rechnete: die Marseillaise.

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