Читать книгу: «Spielend leben», страница 2

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Spiel und Spiritualität

Mehrfach wurde angedeutet: Zwischen Spiel und Spiritualität besteht ein enger Zusammenhang. Wer gut zu spielen weiß, findet leichter in das spirituelle Leben, und der spirituelle Mensch kann hingebungsvoll und getröstet – vielleicht auch fairer? – spielen.

Nach dem Ideal Jesu (vgl. z.B. Mt 18,1–5) sind Kinder der Inbegriff seliger Existenz. Selbstvergessen und selbstverloren spielen sie, stundenlang hingegeben, in abgrundtiefem Vertrauen, dass die Welt und die Menschen gut sind und ihr Leben geborgen ist in der Güte Gottes. Die Seligkeit der Kinder besteht nicht in ihrer Bedürftigkeit oder darin, dass viele ihrer Fähigkeiten noch unausgebildet sind – man würde den Mangel verklären –, sondern darin, dass sie spontan Freude empfinden, dass sie interesselos den Augenblick verkosten, dass sie dankbar und vertrauend sich dem hingeben, was sie – und sei es noch so gering – an beschränktem Ort und in beschränkter Zeit vorfinden, dass sie so klein sein können, wie sie sind, und sich nicht größer machen müssen, dass sie Zuwendung vorbehaltlos annehmen und daraus leben, dass sie – mit einem Wort – aus dem Spiel und im Spiel leben. »Selig« bedeutet in der Sprache der Bibel: Gott nahe; aufgenommen in sein »Reich«, das aus Gerechtigkeit und Friede, aus Liebe und Glaube und Hoffnung besteht. Deswegen sagt Jesus: »Werdet wie die Kinder!«, und dieses Wort Jesu gilt, auch wenn wir wissen, wie früh sich schon bei Kindern der Wurm des Bösen einschleichen kann …

Im Spiel lernen wir, dass Leben Gnade ist: Ob wir heute Zeit und Muße haben zu spielen, ob wir gerade in der rechten Gestimmtheit und Entspannung sind, ob wir bereite Mitspieler finden, ob das Spiel nicht im Streit oder im Ärger endet, sondern gelingt und Freude macht, ob also der kairos – der rechte Augenblick – sich einstellt, all das können wir wünschen, und wir können das Unsere dazu beitragen, aber es liegt nicht wirklich in unserer Hand. Gelungenes Spiel ist – so empfinden wir immer wieder – Fügung, Geschenk, Gnade. Erfüllte Begegnung – und welches Spiel ist das nicht? – können wir nicht machen, sie wird uns gegeben. Auf solche Gnaden haben wir kein Recht, sondern sie sind unverdient, ungeschuldet, gratis; mal werden sie gewährt, mal entzogen – was in der freien Verfügung eines Anderen liegt. Entscheidend für das spirituelle Verkosten wird sein, dass wir aufmerksam werden für das Geschenk des Spiels und stetig dafür danken.

Der Spieler braucht Vertrauen und Glauben. Nur wer angstfrei sich eine Auszeit aus dem allzu Triebhaften und aus dem bloß Effektiven gönnt, wer seine Besitztümer vertrauensvoll verlassen und sich in den Spielraum hineingeben kann, wer auf die Mitspieler und deren Fairness vertraut, wer auf die Sinnhaftigkeit des Daseins als Ganzes baut, wer sich eingeborgen weiß in die Fülle des Lebens, wer also im Letzten glaubt, kann sich frei und ohne Vorbehalte auf das Spiel einlassen. Wer nicht glaubt, wird ängstlich auf dem Seinen beharren, er kann nicht spielerisch sich hingeben, er wird immer etwas wollen und berechnen und sichern. Umgekehrt stellen wir fest, dass das Spiel das Vertrauen und den Glauben auch stärkt: Wer spielend Freude und Sinn erfährt und Gemeinschaft und Beziehung erlebt, wird mehr den Menschen vertrauen, er wird freier und offener leben, er wird ein tieferes Ja zur Welt und zu den Menschen, zum Dasein und zu Gott sprechen.

Das Spiel übt den Wegcharakter des Lebens ein: Ein Spiel ist ein Prozess, auf ein Ziel hin; ist das Ziel erreicht, ist das Spiel aus. Der Sinn des Spiels liegt aber nicht im Ergebnis, sondern im Weg selbst. Man kann also sagen: Der Weg ist das Ziel – wir spielen zweckfrei, nicht ergebnisorientiert, aus reiner Lust am Vollzug. Paradoxerweise kann man jedoch hinzufügen: Der Weg ist nicht das Ziel – denn das Spiel ist ja begrenzt, es soll zu einem Ende kommen, damit danach wieder anderes kommt, der Alltag, der nächste Schritt, weiteres Leben, neue Spiele. Spirituell gedeutet: Hier im Leben dürfen wir die kleinen, endlichen Wegabschnitte ganz und gar genießen, zweckfrei uns der Freude der täglichen Spiele hingeben, mögen sie unspektakulär und beschämend bescheiden sein, aber mit der ganzen Aufmerksamkeit auf dem Hier und Jetzt des eingegrenzten Tuns; doch zugleich sind wir, wissend um die Grenzen und um die Vorläufigkeit aller irdischen Spiele, ganz auf das Ende dieses Lebens ausgerichtet, im Inneren hingeordnet auf den Himmel, der zwar in irdischen Spielen schon zu erahnen ist, aber das wahre Leben in seiner Fülle und so das vollendet-ewige Spiel erst noch bringen wird.

Im Spiel üben wir. Mühselig trainieren wir unsere Fertigkeiten: mühevoll und selig – also im oft schmerzhaften Kampf gegen Grenzen und Widerstände und zugleich im lustvoll erfahrenen und stetig erweiterten Können. Wer resigniert hat, übt nicht mehr. Nur wer glaubt und hofft, übt. Übend gibt der spielende Mensch seiner Hoffnung und seinem Glauben Ausdruck.

Das Spiel bildet: Es lehrt uns die Vorläufigkeit irdischer Erfolge und Ehren, es übt humane und spirituelle Werte ein wie das Loslassen, die Beziehung, die Freude, das Schöne, das ehrliche Streben, und es weist – indem es »nur« Spiel ist und irgendwann unweigerlich endet – über sich selbst hinaus auf Größeres: auf das Ganze und dessen Sinn, auf das Leben und dessen Schöpfer. Nicht nur Psychotherapie und Psychiatrie, auch die Pädagogik nutzt Spielmethoden, um Lernprozesse etwa von Kranken oder Kindern zu fördern; als spirituelle Spielpädagogik werden die Exerzitien später vorgestellt werden.

Im Spiel werden wir zum Ebenbild des Schöpfers: Nach Nikolaus von Kues5 liegt in der Fähigkeit zum Spiel die eigentliche Würde des Menschen, denn spielend schafft sich der Mensch neue Welten, er gestaltet sie sich und genießt sie – und genau darin, in freier, kreativer Potenz, wird er Gott ähnlich! Spielende Menschen berühren Gott: Ihr Spiel wird zum spirituellen Vollzug, zum Gebet und zur Liturgie des Daseins.

2. Spiel ist ernst

Ist das Spiel nun heiter oder ernst? Ist es Realität, also Welt – oder Flucht aus der Realität, hinein in eine fiktionale, unwirkliche Welt? Viele Spieler sind mit äußerstem Ernst bei der »Sache« ihres Spiels: die hoch konzentrierte Schachspielerin, der verbissen auf den Spielautomaten einhämmernde Jugendliche, der vor dem Bildschirm stundenlang in sich versunkene Computerspieler, die Schauspielerin beim Rezitieren des großen Monologs der Antigone, der schwitzende Tour-de-France-Fahrer, die Nachbarskinder, die, von anderen Kindern betrogen, in Tränen zerfließen. Wie ernst ist das Spiel wirklich?

Unwirklich oder wirklich?

Zum einen ist das Spiel ein Produkt der Phantasie, eine künstliche Welt, bloßes Theater, Fiktion wie ein Roman, ein Weggehen aus dem Realen und Bedrängenden, ein Reich schöner Ideen, eine selbst geschaffene heile Welt, ein gemütliches Beisammensein. Ist das Spiel nur schöngeistig und nett, l’art pour l’art, willkürlich und belanglos, ein weltfremder Zeitvertreib, eine fromme Illusion?

Zum anderen führt das Spiel in die Realität hinein, es weckt wirkliche Leidenschaft, führt zu Aggression und Kampf, es bildet und prägt und verändert das Leben der Menschen. Finanziell bringt das Spiel einer weltweit operierenden Industrie hohe Umsätze, von denen wiederum menschliche Existenzen abhängen. Wichtiges Prestige bringt es nicht nur Einzelnen und Gruppen, sondern in globalisierten Spielen wie den Olympischen ganzen Nationen – und das Prestige wird angestrebt, weil es sich politisch und wirtschaftlich auszahlt. Das Spiel »bringt etwas«, es gestaltet und »macht« Realität – hat es seine Zwecklosigkeit und sein Spielsein damit preisgegeben?

Zwischen Unwirklichem und Wirklichem, so könnte man beide Beobachtungen verbinden, oszilliert das Spiel, zwischen Realität und Fiktion schwebt es gleichsam. Nun ist ja auch eine erdachte, fiktionale Wirklichkeit wirklich, auch ein Bild des Wirklichen prägt und gestaltet Wirkliches. Genau an dieser Schnittstelle findet sich das Spiel. Vielleicht ist es deswegen begrifflich so schwer fassbar, und vielleicht liegt hier die Nähe zur Spiritualität.

Gutes Spiel packt und begeistert Spieler und Zuschauer, es bildet ihr Leben ab und belehrt sie über das Leben, über seinen Geist, seine Werte, seine Ideale, seine Freuden. Nochmals paradox formuliert: Gutes Spiel führt, indem es aus der alltäglichen Realität herausführt, tiefer in das reale Leben hinein, und indem es in die Realität hineinführt, weist es über sie hinaus auf das, was sich jenseits der real erlebbaren Welt findet. Das ganz und gar in der Erde und im Leib und in der Wirklichkeit verwurzelte Spiel ist ein Verweis: auf Geistiges, auf Größeres, auf Transzendentes, auf den so sehr ersehnten Himmel – der wiederum noch gänzlich irreal und doch zugleich schon sehr real ist.

Woody Allen spielt in einigen Filmen damit, dass die fiktionale Story – ein Film im Film – plötzlich zur realen Story des Films wird und umgekehrt. Im Changieren zwischen den Realitätsebenen verwirrt Woody Allen die Figuren im Film und natürlich auch die Zuschauer – damit provoziert er die Übertragung des Bildes auf die Realität und umgekehrt. Auch soll seine Story wie alle guten Filme und Theaterstücke und Spiele die Lebensstory der Zuschauer oder zumindest Aspekte daraus abbilden und deuten, anregen und wandeln. Doch genau hier liegt Gefahr: Spielend kann man das Spiel verderben oder missbrauchen, und es wird zum bösen Spiel.

Dämonisches im Spiel

Das Spiel kann seinen Spielcharakter verlieren, wie von einem Dämon besetzt sein und sich gegen Spieler und Zuschauer wenden. Einige Beispiele hierzu:

Ein Politiker spielt mit Statistiken, mit Informationen und mit seinem Sprechen darüber, um unangenehme Wahrheiten zu verschleiern, um Wähler zu verführen oder um seine Linie durchzusetzen. Er selbst nimmt das ganz locker – »so ist eben die Welt«. Wer jedoch das Spiel durchschaut, empört sich. Der Spieler benutzt die fiktionale Welt des Spiels, um die Wahrnehmung der Realität zu manipulieren oder von ihr abzulenken.

Ein Unternehmer produziert neue und immer raffiniertere Spielautomaten, die die Kunden zum Weiterspielen verführen und ihnen das Geld aus der Tasche ziehen. Seine Apparate dienen kommerziellen Interessen, führen zu Suchtverhalten und zerstören Existenzen.

Eine Schauspielerin nimmt nur Rollen an, in denen sie im Mittelpunkt des Stückes steht und sich entsprechend grandios inszenieren kann. Sie verabsolutiert ihre Ehre und ihre Karriere. Das Theaterspiel muss ausschließlich ihren narzisstischen Bedürfnissen dienen.

Ein Radprofi beugt sich dem Druck zu immer unmenschlicheren Leistungen und dopt sich, um wie die anderen »ganz vorne mitzuspielen«. Damit befolgt er die inoffiziellen, verletzt aber die offiziellen Spielregeln und schädigt seinen Körper, um des Vorteils im Spiel, um des Prestiges und um des Profits willen. Das sportliche Spiel hat ein Klima des Kommerzes, der Lüge und der Zerstörung angenommen und zwingt alle Spieler mitzumachen.

Eine Diktatur »spielt mit den Muskeln« der Polizei und der Geheimdienste, oft in kleinen symbolischen Akten. Sie erzeugt damit ein Klima der Angst und macht die Bürger gefügig. Macht und Gewalt in spielerischer Form zu zeigen, bedeutet, sie nicht anzuwenden, sie »nur spielerisch«, also »nicht ernst gemeint« zu demonstrieren, aber eben doch mit ihr wirksam zu drohen und Freiheit zu verhindern. Solche Spiele helfen zur Unterdrückung ganzer Völker. Eine alte Dame, die – ehrlich betrachtet – depressiv und vereinsamt ist, schaut hingebungsvoll die Vorabendserien im Fernsehen an. Sie flieht in die schöne Welt des Scheins und findet darin Zuflucht und Trost. Fernsehspiele helfen ihr, sich in eine fiktionale Welt zu träumen, die sie jedoch keineswegs in ihre Wirklichkeit zurückführt oder ihr gar Schritte zeigt, wie sie ihre Probleme angehen kann.

Ein gut aussehender Geschäftsmann mittleren Alters bekämpft seine innere Leere mit Sexspielen. Spätabends besucht er im Internet die entsprechenden Seiten, und auf Dienstreisen sucht er Frauen durch das Spiel seines Charmes zu verführen. Er will nicht bemerken, wie er das erotische Spiel zur Kompensation seines Frustes missbraucht, auf Kosten der Frauen, ihrer Gefühle und ihrer Würde, und selbstverständlich ohne seine innere Leere mit wirklichem Leben zu füllen.

Ein junger IT-Fachmann ist süchtig nach Computerspielen, in denen er seine Aggression abarbeitet. Eine arbeitslose Frau mittleren Alters trinkt zu viel Likör, um in den Phantasiespielen des Rausches ihr Elend zu vergessen und sich grandios zu fühlen. Im Casino verschleudert ein Spielsüchtiger sein ererbtes Vermögen. Ein Motorradfahrer, rauschhaft verliebt in den Nervenkitzel, rast über kurvige Bergstraßen und bringt so sich und andere in Lebensgefahr. Beispiele gäbe es tausende: Spielen kann süchtig machen und Menschen in den Abgrund treiben.6 Die Macher der Spiele nutzen dies kommerziell aus – gnadenlos.

Das Falsche, Dämonische, Kaputte im Spiel: Meist geht es darum, dass Interessen das Spiel beherrschen und der Mensch dafür benutzt wird. Diese Interessen sind oft materielle und immer irgendwie egoistische; es geht um Geld, Macht, Sex – Urtriebe der Menschheit, die aus sich selbst Wertvolles anstreben, aber allzu leicht ins Dämonische verkehrt werden. Dämonische Spiele nutzen die Schwäche der Menschen aus, ihre innere Leere und Einsamkeit, die Verletzlichkeit, die unerfüllte Sehnsucht, die Aggressivität, die Gier. Das Spiel ist nicht mehr frei und zwecklos, nicht mehr Geschenk und Freude, es findet seinen Sinn und seine Fülle nicht mehr in sich, sondern dient fremden Zwecken als Mittel und versklavt die Menschen dazu. Dieses Spiel ist nicht mehr Spiel. Das Umkippen vom guten Spiel zum dämonischen Konstrukt geschieht oft verborgen, subtil, kaum bemerkbar, versteckt hinter dem schönen Schein und dem schnellen Vergnügen. Eine gute Praxis der »Unterscheidung der Geister« wird helfen, den guten Spielgeist vom Dämon zu unterscheiden.

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