Читать книгу: «Franzis merry little Christmas», страница 2

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Franzi war sich da nicht so sicher, aber sie wollte ihm auch nicht seine Illusion nehmen. »Also, ich kaufe auf jeden Fall einen Weihnachtsbaum. Nächste Woche such ich mir den Allerschönsten bei dir aus. – So.« Sie versuchte Zweig und Tasche, möglichst geschickt, zusammen zu greifen. »Jetzt muss ich, glaub ich, wirklich los. Vielen Dank für den Zweig, den Punsch und ...«

Er unterbrach sie: »Da nich´ für!«

Franzi lächelte, so ein Schnack.

Leise Weihnachtsmusik war im Hausflur zu hören. Ella Fitz Gerald sang vom Winterwunderland. – Wie schön. Franzi kramte nach ihrem Schlüssel und hielt einen Moment inne. Wer hier wohl Weihnachtsmusik hörte?

Plötzlich, bevor sie ihren Schlüssel im Schloss drehen konnte, ging die Tür auf und Franzi landete in Felix´ Armen.

»Hoppla!«, sagte Felix. Er wollte sie gleich an sich drücken, doch sie hielt ihn mit ihrem Mistelzweig auf Abstand und ignorierte seinen Dackelblick. Dabei stand er da wie das personifizierte schlechte Gewissen. »Verzeihst du mir, mein süßer Weihnachtsengel?«

Mühsam hielt Franzi ihre Mundwinkel unter Kontrolle und schielte um die Ecke. »Erst mal sehen, wie es hier aussieht.« Langsam zog sie ihren Mantel aus, den Felix ihr sofort abnahm und auf einen Bügel an die Garderobe hängte. »Es ist alles wieder picobello, Prinzesschen. Ich habe geschuftet wie ein Ackergaul, und jetzt habe ich ein Küsschen verdient!« Er deutete über sich. »Schau wir stehen direkt unter einem Mistelzweig.«

Franzi guckte nach oben, wo wirklich ein gewaltiger Mistelzweig an der Decke hing. Er musste der andere Kunde bei Martin gewesen sein, dachte sie und gab ihm endlich seinen ersehnten Kuss. »Mistkerl, blöder!« Sie grinste. »Und wo soll ich jetzt damit hin?« Fragend hielt sie ihm ihren Mistelzweig entgegen.

»Ach, den hängen wir nachher in den Hausflur, damit sich die Nachbarn auch ein bisschen liebhaben. Aber jetzt komm, ich will dir was zeigen.« Er war zappelig wie ein kleines Kind, das seine Bastelei hinter dem Rücken versteckt hält. Zugegebenermaßen ziemlich neugierig folgte Franzi ihm in die Küche, und die war wirklich kaum wiederzuerkennen. Alles war auf Hochglanz poliert. »Welch seltener Glanz in dieser Hütte, äh Küche«, staunte Franzi. Nichts deutete mehr auf das nächtliche Gelage hin. Lediglich die Eiszapfen hingen noch am Kronleuchter – aber das sah eigentlich richtig gut aus.

Dann sah Franzi, was er noch für sie angerichtet hatte: Im Küchenfenster hing ein Schwein, ein herrliches Schwein! Es hatte große goldene Engelsflügel, ein Grinsen im Gesicht und es schickte sich an, mit seinem wohlgeformten Hintern eine Arschbombe zu machen. Unter dem Schwein stand, auf der Fensterbank, ein flacher silberner Korb, gefüllt mit einer Wolke aus rosa Zuckerwatte.

Gerührt drückte Franzi Felix. »Das ist ja schön.«

Er grinste stolz. »Ja, nicht! Und guck mal hier, ich habe einen Platz für unseren Adventskranz gefunden.« Er deutete auf den Kühlschrank, der durch das grüne Monstrum ganz verändert aussah. »Ich habe extra meine Müsligläser weggeräumt.«

Oh ha, das war wirklich ein Opfer. Denn sein Müsli, das er jeden Morgen aufs Neue zusammenstellte, war ihm heilig.

»Das ist ein super Platz, aber wo hast du denn dein Vogelfutter untergebracht?«, fragte Franzi.

Felix öffnete einen Küchenschrank, in dem die Gläser mit den Nüssen, Kernen und getrockneten Früchten dicht gedrängt und übereinandergestapelt standen. »Ich habe ein bisschen umgeräumt – ist ja nicht für lange?!«

»Nein, nein, spätestens Anfang März, kannst du alles wieder zurück räumen.«

Als Franzi sein Gesicht sah, lachte sie. »Ich habe nur Spaß gemacht.«

Sichtlich erleichtert nahm er sie in den Arm. »Alles wieder gut?«

»Ja, du lieber Chaot.« Sie gab ihm noch einen Kuss. »Ich glaub, ich war ganz schön empfindlich und hab vielleicht auch ein bisschen übertrieben mit meiner Schmückerei.«

»Vielleicht ein klitzekleines bisschen.«, sagte Felix, fügte aber schnell hinzu: »Aber hör bloß nicht auf damit. Ich liebe es.«

»Klar.« Sie schnupperte. »Mm, was riecht denn hier so lecker? Wenn du jetzt auch noch gekocht hast, fall ich gleich hintenüber.«

Felix war Koch mit Leib, Seele und Leidenschaft. Zu Hause jedoch kochte er nur äußerst selten. Er hatte sein Hobby zum Beruf gemacht und konnte sich so in seiner Freizeit anderen schönen Dingen widmen, meinte er.

»Ich hab mit dem Gedanken gespielt«, sagte Felix.

»Nein!«

»Doch! Aber dann fiel mein Blick auf die Nummer vom Pizzaservice und ich erinnerte mich, dass du schon seit einer Ewigkeit nicht mehr deine Lieblingspizza gegessen hast.«

Er öffnete den Ofen. »Und hier ist sie – die Spezial Parmaschinken, Pfirsich, Rucola Pizza, frisch wieder aufgebacken. Ta, Ta!«

Mit dem Tusch stellte er die Pizza auf den Tisch und holte noch eine zweite aus dem Ofen. »Allein Essen ist doof. Holst du Weingläser? Ich habe uns noch einen guten Bordeaux mitgebracht.«

»Sag mal, woher wusstest du eigentlich, wann ich komme?«, fragte Franzi zwischen zwei Bissen, mit halb vollem Mund – die Pizza war einfach zu köstlich. »Du hast ja direkt hinter der Tür gelauert, als ich aufschließen wollte.«

Felix setzte sein Glas ab. »Ich habe euch schon eine ganze Weile beobachtet, dich und den netten Weihnachtsbaummenschen.« Nachdenklich fügte er hinzu: »Wäre der nicht was für dich? Der ist doch echt niedlich.«

Franzi verdrehte die Augen. »Felix, lass den Quatsch! Er ist wirklich ein netter Mensch – aber nein danke, kein Bedarf.«

»Na, wer nicht will, der hat schon.« Forschend beobachtete Felix Franzis Gesicht. »Ach nee, Franzi! Doch nicht immer noch der Prof?«

Ärgerlich, verlegen und leider ziemlich rot, wie Franzi spürte, murmelte sie: »Quatsch! Du verstehst das nicht.«

Betrübt schüttelte Felix den Kopf. »Stimmt, ich versteh das wirklich nicht.« Als er ihren Blick sah, seufzte er. »Schon gut, vergessen wir das Thema.« Er lehnte sich zurück und sagte betont munter: »Lass uns eine deiner Weihnachtsdrogen gucken.« Womit er Franzis gut sortierte Sammlung von Weihnacht-DVDs meinte. Von Klamauk bis Kitsch war alles vorhanden, was irgendwie mit Weihnachten zu tun hatte. »Mir ist heut so, nach der ganzen Schmückerei. Wir kuscheln uns aufs Sofa und glotzen bis der Bildschirm schneit.«

»Au ja!« Franzi war schon dabei sich durch ihr Sortiment zu wühlen. »Aber welche Generation bist du denn? Der Bildschirm schneit doch heut nicht mehr.«

»Na, bei dir schon. Du freche Göre! Und jetzt rück mal, der Opa bringt den Wein mit. Denn Weihnachten muss Opa auf den Wein achten! Da kennt er sich aus.«

Felix ließ sich in das große, plüschige Sofa fallen, ein Erbstück seiner Oma, das er mit einem wunderschönen, tiefblauen Samt hatte beziehen lassen. Das Sofa war das Prunkstück in dem kleinen, an die Küche angrenzendem Raum, den Franzi und Felix zu ihrem Wohnzimmer auserkoren hatten. Nachdem Franzi noch fast ein Dutzend Kerzen angezündet hatte, kuschelte sie sich in die andere Ecke des Sofas und griff nach der Fernbedienung.

»Was gibt es denn Schönes?«, fragte Felix.

»Das Wunder von Manhattan.«

Daraufhin summte Felix: »Wunder gibt es immer wieder«

»Mm ...«

»Oh Fränzchen!«

»Pst!«

Kapitel 3

»Ach Mädchen nee, das ist doch Schrott! Das hatten wir doch alles schon! Mit diesem altbackenen Mist kannst du hier nichts mehr werden.«

Ein Loch – bitte ein Loch. Franzi sackte immer mehr in sich zusammen. Sie wünschte sich sehnlichst, dass der Boden sich auftun und sie samt ihrer Werke verschlucken würde. Professor Helmer machte sie – mal wieder – vor dem versammelten Kurs fertig. Sie wusste ja, dass sie keine wahnsinnig geniale, moderne oder innovative Künstlerin war, aber diesmal gefielen Franzi ihre eigenen Bilder – eigentlich. Das Thema hatte ihr wirklich gelegen, zumindest hatte sie das bis jetzt angenommen. Ausnahmsweise war es mal nicht erschöpfend originell, wie zum Beispiel das des letzten Sommersemesters: »Explodierendes Glas vor amorphem Hintergrund – die Härte der Vergänglichkeit«. Diese Themen brachten Franzi zur Verzweiflung, und sie haderte regelmäßig mit sich und ihrem Studienfach. Diesmal hatte das Thema schlicht und ergreifend »Landschaft« gelautet. Ihre Kommilitonen hatten unisono aufgestöhnt und vermutet, Helmer war zu faul gewesen, sich etwas Anständiges auszudenken. Franzi jedoch hatte sich gefreut. Endlich ein Thema, mit dem sie wirklich etwas anfangen konnte. Außerdem liebte sie es, in der Natur zu malen. Voller Tatendrang war sie zu all ihren liebsten Orten in der Umgebung geradelt, hatte sorgfältig Ausschnitte gewählt, mit unterschiedlichen Materialien und Techniken experimentiert, versucht ihre Gefühle in die Arbeiten einfließen zu lassen und ... verdammt ihr Herzblut lag in diesen Bildern. Und dennoch stand sie wieder mal da – puterrot, mit glühenden Ohren – und wollte sich einfach nur in Luft auflösen. Was hatte sie hier zu suchen? Es war zwecklos. Sie war keine Künstlerin und würde auch nie eine sein. Wieso tu ich mir das bloß an, dachte Franzi.

»Wer hat sie bloß zum Studium zugelassen?«, polterte Professor Helmer weiter.

Die ganze Zeit schon hatte Carla ihre Freundin besorgt beobachtet. Dass Helmer ein Arsch war und sich immer wieder einzelne Studenten herauspickte, um sie runterzumachen, war hinlänglich bekannt. Doch hier ging es um Franzi, und er war eindeutig zu weit gegangen! Ihr platzte der Kragen. »Jetzt machen sie aber mal einen Punkt! Franzis Arbeiten sind großartig! Sie wird hier nur fertiggemacht, weil keiner mehr so malen kann. Jeder kleckst und kleckert doch nur, wer weiß wie spektakulär und schräg, um irgendwie aufzufallen.«

»Ho, ho!« Professor Helmer machte Geräusche, als würde er ein temperamentvolles Pferd beruhigen wollen. Langsam ging er zu Carla hinüber und legte seine Hand beschwichtigend auf ihren Arm.

Carla schnaubte und schüttelte angewidert seine Hand ab.

»Na, na, immer mit der Ruhe.« Helmer lächelte gutmütig und blätterte in Carlas Arbeiten. »Mit ihnen bin ich sehr zufrieden, Carla! Sie haben Temperament und dieser Pinselstrich ist wunderbar kraftvoll und mutig.«

Es war zu blöd und sie wollte es nicht, aber sie konnte es nicht verhindern: Sie fühlte sich geschmeichelt.

Ein großformatiges, besonders farbenprächtiges Bild stellte Professor Helmer heraus, um es genauer zu betrachten. »Das ist großartig, so lustvoll!«

Und wieder empfand Carla, gegen ihren Willen, diesen verflixten Stolz.

Professor Helmer kniff die Augen zusammen. »Diese Brüste, die hier hervorquellen.« Er formte die Rundungen mit seinen Händen nach. »Wundervoll zum Greifen nah, sehr natürlich nachempfunden.« Sein Blick wanderte vom Bild zu Carlas Dekolleté.

Der ganze Stolz war futsch. Carla trat einen Schritt zurück und warf ihre langen, schwarzen Haare ärgerlich zurück. »So ein Quatsch! Das sind Hügel in einer abstrakten Landschaft. Sie müssen aber auch in allem etwas Sexuelles sehen!«

»Kindchen, Kunst ist Lust, Genuss, Experiment und immer wieder auch sexuell.«

»Blödsinn! Sie sind einfach ein lüsternes Arschloch!«

Der ganze Kurs hielt den Atem an. Carla hatte bei Helmer ein Stein im Brett, doch wie würde er auf diesen Ausbruch reagieren?

Unglaublicherweise schien Helmer Carla nichts übel zu nehmen. Im Gegenteil, er kicherte, sodass seine ganze schwabbelige Körperhülle vibrierte. »Hui, das nenne ich Leidenschaft! Sie inspirieren mich.« Abrupt wurde sein schnaufendes Gekicher von dem Klingeln seines Handys unterbrochen. Er schaute auf das Display, runzelte die Stirn und machte dann mit seiner freien Hand eine Bewegung, die irgendwo zwischen Verscheuchen und Winken angesiedelt war. Schon das Handy am Ohr rief er ihnen zu: »Schluss für heute, Kinder! Ich muss telefonieren.« Und verschwand eilig im Nebenraum.

Etwas verwundert schauten die Studenten Professor Helmer hinterher, der Kurs hätte eigentlich noch gut eine Viertelstunde dauern sollen. Da sie von ihm jedoch Einiges gewohnt waren, packten sie ihre Mappen ein und wunderten sich nicht länger. Während einer nach dem anderen den Raum verließ, schnaubte und schimpfte Carla noch vor sich hin. »... ich könnte ihn killen, diese eklige Schwabbelbacke!«

Franzi, die ihre Mappe inzwischen verschnürt hatte, versuchte Carla zu besänftigen. »Ach komm, lass dir von dem Idioten doch nichts einreden. Und anrühren würde ich den auch nicht, das wäre echt eklig! – Obwohl? Wenn ich mir das so überlege – er liegt da, angestochen, in einer Blutlache, daneben eine weiße Leinwand ... Doch etwas mit seinem Blut Gemaltes könnte ich mir gut vorstellen.«

Carla lächelte. »Du hast echt eine morbide Fantasie.«

»Wieso? Du hast doch damit angefangen. Wahrscheinlich würde er krepierend mit seinem letzten Atemzug hauchen: Endlich Franzi! Sie inspirieren mich!«

»Wieso sollen wir ihn eigentlich immer inspirieren? Und überhaupt, du hast mehr Talent in deinem kleinen Finger als er in seinem ganzen schwabbeligen Körper!«, sagte Carla.

Franzi machte eine abwehrende Handbewegung. »Nett von dir, aber Quark.«

»Nein, ich meine das wirklich ernst! Wahrscheinlich braucht er die ganze Inspiration, um seine Unfähigkeit zu kompensieren. Apropos ...« Carla hielt einen Moment inne. »Warte ... hm ... ich glaub, jetzt hat er mich inspiriert.« Sie strahlte Franzi an. »Ich werde einen Arschlüster kreieren und ihn irgendwo gut sichtbar aufhängen.«

»Aha!? Und was soll das sein?«

»Eine Mischung aus Arsch und Kronleuchter oder eben Lüster«, sagte Carla, als wäre es die normalste Sache der Welt. Weil Franzi sie weiterhin fragend ansah, erklärte Carla: »Ich modelliere einen Hintern aus Pappmaschee oder so, den häng ich unter einen alten Kronleuchter und dann ...« Gedankenversunken starrte Carla an die Decke und murmelte vor sich hin: »Das wird gut, das wird richtig gut! Ich sehe den riesigen Arsch schon vor mir. Ich werde ...«

Franzi kannte diesen Blick, Carla war bereits dabei, ihre Idee gedanklich umzusetzen. Nichts und niemand würde sie mehr davon abhalten.

Bevor Carla ihre Pläne weiter ausführen konnte, unterbrach Franzi sie: »Das wird auf jeden Fall großartig, mein Schatz. Und ich wette, auch dafür werden sie dich lieben. Aber jetzt lass uns bitte los. Ich muss hier endlich raus.«

»Ja klar, entschuldige! Ich komm gleich.« Carla begann, ihre Kunstwerke zu verstauen. Stirnrunzelnd betrachtete sie das Hügelbild. »Busen! Wie kommt er nur auf Busen?«

»Helmer ist und bleibt ein Idiot. Und jetzt komm!« Franzi stand schon in der Tür und wartete ungeduldig. »Mann, bin ich froh, dass ich ab morgen auf dem Weihnachtsmarkt stehe und den ganzen Verein hier ne Weile nicht mehr sehen muss.«

»Du hast echt einen Weihnachtsknall!« Carla schulterte ihre voluminöse Mappe. »Na komm, lass uns die Mappen wegbringen und dann lad ich dich zu einem Glühwein auf deinem geliebten Weihnachtsmarkt ein.«

Gebannt schaute Franzi in die bläuliche Flamme über dem riesigen Zuckerhut. Dicke Zuckertropfen fielen zischend in einen großen, glänzenden Kupferkessel und die Mischung aus karamellisierendem Zucker und brennendem Rum verbreitete einen betörenden Duft.

»Mm.« Franzi atmete tief ein.

»Hey, träum nicht. Rück lieber mal ein Stück«, sagte Carla und quetschte sich neben Franzi auf die Bank. Sie pustete in ihren Becher. »Der erste Glühwein ist immer der leckerste. Sag mal, wenn du schon auf dem Weihnachtsmarkt arbeitest, warum dann nicht am Glühweinstand? Das würde doch wenigstens Sinn machen.«

»Habe ich ja anfangs, aber von den Dämpfen hier wird man schon am frühen Morgen high, und dann diese wunderbaren Kostüme ...« Franzis Blick streifte die aufwendig kostümierten Weihnachtselfen hinter dem Tresen.

»Wieso?« Carla lächelte einem männlichen Weihnachtself zu. »Die sind doch niedlich.«

»Na ja, wer´s mag.« Franzi beobachtete, wie der Elf rot wurde und verlegen grinste. »Auf jeden Fall ist man ständig unter Kontrolle, weil der Chef alle naslang schaut, ob alle Zipfelmützen richtig sitzen und dass sich ja keiner am Glühwein vergreift. Dabei kann man den schon nach einem Tag hinterm Tresen nicht mehr riechen. Nee, da ist mir meine Erbsensuppe wirklich lieber.«

»Na dann ...« Carla hob ihren Becher an. »Prost!«

»Genau!«, sagte Franzi und sie ließen ihre Becher gegeneinander scheppern.

Während Carla noch ein bisschen mit dem wirklich ganz schmucken Weihnachtself flirtete, wärmte Franzi ihre Hände am Glühweinbecher und träumte vor sich hin. Sie liebte die Atmosphäre auf dem Weihnachtsmarkt, das glitzernde Leuchten der Lichterketten in der Dämmerung, den Duft von Tannengrün, gebrannten Mandeln, Bratwurst und Kerzenwachs. In das Stimmengewirr mischten sich die etwas blechern, aber fröhlich klingenden Weihnachtslieder vom Kinderkarussell. Hier und da klingelten Glöckchen und irgendwo war ein »Ho Ho Ho!« zu hören. Ihr war so weihnachtsglitzerig wie damals auf dem Münchner Christkindlmarkt. Bilder aus längst vergangenen Tagen entführten sie für einen Moment in eine andere Zeit, an einen anderen Ort ... Franzi seufzte leise und konzentrierte sich schnell wieder auf Carla, die inzwischen von ihrem Kobold abgelassen hatte und ihr jetzt detailliert beschrieb, wie ihr Arschlüster aussehen würde.

Es blieb nicht bei einem Glühwein ... Und Lilly gesellte sich zu ihnen. Sie hatte sich durch die Traube von Menschen gedrängt, die sich mittlerweile vor dem »Feuerzangenbowlenkessel« gebildet hatte. Völlig durchgefroren hauchte sie in ihre Hände. »Hallo ihr beiden. Wieso seid ihr nicht auf irgendeinem kuscheligen Sofa? Wie kann man bei dem Wetter freiwillig rausgehen?« Sie zappelte fröstelnd. »Brr! Ist das verflixt kalt, ich brauch dringend etwas Warmes.«

Lilly hatte vor drei Jahren mit Carla und Franzi das Kunststudium begonnen, dann aber ihre Leidenschaft für das Singen entdeckt und kurzerhand das Studium an den Nagel gehängt. Der Job auf dem Weihnachtsmarkt war einer von vielen gewesen, eine Zwischenlösung bis zu ihrem großen Durchbruch. Da der aber auf sich warten ließ, hatte Lilly inzwischen ihren eigenen Weihnachtsmarktstand und spielte mit ihrer Band unverdrossen auf Hochzeiten, Jubiläen, Firmenfeiern und allen Veranstaltungen, die sich sonst noch anboten.

Der Weihnachtsmarkt wurde immer voller. Für die erste Woche war ganz schön was los. Franzi wunderte sich, dass Lilly keine Anstalten machte, schnell wieder an ihren Stand zurückzueilen. »Hast du eine Vertretung?«, fragte sie.

»Ja, Jürgen. Der kam grad vorbei, er hat schon Feierabend und anscheinend nichts zu tun«, sagte Lilly.

»Wenn du den nicht hättest! Du nutzt den armen Kerl ganz schön aus.«

»Wieso? Er macht das gern, sagt er. Außerdem bring ich ihm gleich ...«, Lilly trank einen Schluck. »... ich meine nachher, einen Glühwein mit.«

Carla stieß Franzi an. »Siehst du, für den Mann wird gesorgt. Wir müssen jetzt auch mal an uns denken. Wie heißt dein Chef noch mal?«

»Äh? Siegfried ...« Weiter kam Franzi nicht, denn wenn man vom Teufel spricht ... Er kam gerade zu ihnen herüber.

Chefmäßig tippte er an seine Mütze. »Hallo Franzi, Lilly und ...?«

»Carla«, sagte Carla und schenkte ihm ihr schönstes Lächeln. »Mach uns doch noch eine Runde Glühwein, Sigi!«

Oha, Franzi war gespannt, wie ihr Chef reagieren würde. Normalerweise konnte er solche Vertraulichkeiten gar nicht gut vertragen. Doch Carlas Lächeln zeigte mal wieder seine Wirkung. Vielleicht lag es aber auch am guten Umsatz, denn bei dieser Kälte brachte er seinen Glühwein hektoliterweise unter das frierende Volk. Er verbesserte Carla lediglich: »Feuerzangenbowle! Bei mir gibt es keinen gewöhnlichen Glühwein!«

Und dann – es geschahen noch Zeichen und Wunder – reichte er ihnen drei dampfende Becher über die Theke. »Die gehen aufs Haus!«

Franzi staunte nicht schlecht, das hatte es ja noch nie gegeben. Und es brachte sie auf eine Idee. Wenn er gerade so gut drauf war, könnte sie doch ... »Sagen sie, wieso gibt es in diesem Jahr eigentlich keinen Weihnachtsbaumverkauf? Hinter dem Zinnschmuckstand wäre doch noch genügend Platz.«

Da hatte sie ins Schwarze getroffen. Ihr Chef grummelte sofort los: »Ja, das habe ich auch gedacht, aber der Weihnachtsbaumhöker aus Westensee hat mir quasi in letzter Minute abgesagt. Hatte wohl was Besseres gefunden. Eine Sauerei ist das!« Düster schaute er in seinen Becher. Die ganze Welt hatte sich gegen ihn verschworen. »Aber zerbrich du dir mal nicht dein hübsches Köpfchen. Sieh lieber zu, dass du Erbsensuppe verkaufst! Mit Karl am Stand haben wir nur die Hälfte an Umsatz.«

»Oh Chef, soll das etwa ein Kompliment sein?«

»Bild dir mal nüscht drauf ein, hast nun mal das hübschere Näschen als der Karl. Aber immer diese Flausen mit dem Studium im Kopp!« Unwirsch schüttelte er seinen Kopf. »Jetzt ist Weihnachtsmarktzeit, da geht das Geschäft vor!«

Lilly schnappte nach Luft. »Das kann ja wohl ...«, setzte sie an, wurde aber von Franzi mit einem Fußtritt unterbrochen. »Au!« Lilly rieb sich ihr Schienbein und sah Franzi vorwurfsvoll an. »Warum? ...«

»Später!«, zischte Franzi und wandte sie sich wieder ihrem Chef zu. »Ihr Weihnachtsmarkt hat so viel Atmosphäre!«, schmeichelte sie sich bei ihm ein. »Er ist, glaube ich, einer der schönsten in ganz Norddeutschland.«

»Nicht nur in Norddeutschland!«, unterbrach sie ihr Chef.

Carla und Lilly guckten sich an und verdrehten die Augen.

»Eben, das meine ich auch«, fuhr Franzi unbeirrt fort. »Aber was fehlt, ist ein Weihnachtsbaumverkauf. Das ist ja auch immer ein Publikumsmagnet.« Sie schielte kurz zu ihm hinüber – es hatte funktioniert: Die Dollarzeichen blinkten in seinen Augen. »Ich wüsste da zufällig jemanden, der für seine wirklich schönen Bäume einen Platz sucht.«

»Nachtigall ick hör dir trabsen!« Er lächelte, blöd war er nicht. »Na, dann schick ihn mal vorbei – den jemand. Mal sehen, was sich da machen lässt.«

Franzi strahlte ihn an. »Danke Chef! Sie werden sehen, die Weihnachtsbäume werden sich großartig auf ihrem Weihnachtsmarkt machen.«

»Na, erst mal abwarten.« Er wollte sich vorerst bedeckt halten, konnte sich aber ein Grinsen nicht verkneifen. Und dieses Grinsen wurde von Carla sofort registriert. »Ich finde, wir trinken jetzt noch eine Runde auf den Weihnachtsbaummann«, sagte sie.

Doch da wurde er wieder geschäftig – man durfte sich schließlich nicht auf der Nase rumtanzen lassen. »Ohne mich, Mädchen, ich muss jetzt mal wieder was tun!« Und im nächsten Moment war er auch schon an das andere Ende des Standes entschwunden, um dort einen seiner Weihnachtselfen auf das Fehlen von Servierten hinzuweisen.

»Oller Geizkragen!«, schimpfte Carla. »Der will bloß nicht noch eine Runde ausgeben.«

»Egal. Hauptsache das klappt mit dem Platz«, sagte Franzi.

»Wer ist das eigentlich mit den Weihnachtsbäumen?«, fragte Lilly.

Franzi dachte nach. »Seinen Namen habe ich völlig vergessen. Aber er ist echt nett und tut mir ein bisschen leid. Er versucht bei uns gegenüber, zwischen Tanke und Schnellreinigung, seine Bäume zu verkaufen.«

»Nicht ganz so pfiffig, der Mann?«, fragte Lilly und Carla versuchte, in Franzis Augen zu lesen, was es mit diesem Weihnachtsbaumverkäufer auf sich hatte.

»Ach nee, ich weiß nicht - vielleicht ein bisschen naiv. Aber ich glaub, da hat ihn einfach jemand blöd beraten«, sagte Franzi.

Lilly guckte in ihren leeren Becher, stellte ihn mit Schwung auf die Theke und sang: »Also los dann, auf zum Weihnachtsbaummann! Schubidu und schubidann ...«

»Hast du nicht was vergessen?«, fragte Franzi.

Schulterzuckend unterbrach Lilly ihren Gesang. »Nö, wieso?«

»Was ist mit Jürgen und deinem Stand?«

»Stimmt, jetzt wo du es sagst ... Wartet ihr kurz? Ich sag Jürgen nur schnell Bescheid, dass er zumachen soll. Jetzt ist Glühweinnasenzeit, da kauft eh keiner mehr was!«

Als die drei wenig später ihre frohe Botschaft verkünden wollten, war der Weihnachtsbaumplatz verwaist. Zwar waren auf dem ganzen Platz dicht an dicht Bäume verteilt und die Zaunelemente, mit denen am Abend der Platz umzäunt wurde, standen noch an der Wand zum Waschcenter, aber nirgendwo war der Weihnachtsbaumverkäufer zu sehen.

»Komisch, so früh ist er sonst nie weg«, wunderte sich Franzi. »Der ist hier bestimmt noch irgendwo.« Der Platz war nicht groß, aber unübersichtlich, also fädelte sich Franzi durch die Tannenbäume, was eine ganz schön pieksige Angelegenheit war.

»Warte!«, rief Lilly ihr hinterher, sie war mit ihrem Schal hängen geblieben und musste sich erst mühselig wieder befreien. Carla hingegen hatte keine Lust, sich auch nur noch einen Meter zu bewegen. »Von wegen, vom Weihnachtsmarkt hierher ist es nur ein Katzensprung,« Ihre hohen Stiefel waren zwar sehr chic, aber ziemlich unbequem. Die Füße taten ihr tierisch weh. »Die Katze möchte ich sehen«, murmelte sie und setzte sich auf einen Baumstumpf. Dabei entdeckte sie ein paar Arbeitshandschuhe und eine Pudelmütze. »Hey! Ihr beiden, ich habe was gefunden!« Lilly war als Erste zurück, sie betrachtete den Fund und schloss messerscharf und ein bisschen schwankend: »Er hat sich aufgelöst.«

Franzi, die sich auch wieder eingefunden hatte, nahm Lilly die Mütze aus der Hand. »Nee, aber er friert, der Arme.« Sie guckte sich die Mütze genauer an, sie war ziemlich unförmig und in der Farbzusammenstellung recht eigenwillig. »Komisch, an die müsste ich mich doch erinnern.« Kurzerhand setzte sie die Mütze auf die Spitze eines hübschen kleinen Baumes.

»Sehr schön!«, sagte Carla. Ihr Blick fiel auf die Arbeitshandschuhe in ihrer Hand. Sie lächelte und steckte sie links und rechts über Zweige des bemützten Baumes. Lilly wollte nicht nachstehen. »Opfer müssen gebracht werden!«, sagte sie, pflückte zwei große, blaue Weihnachtskugeln von ihrem Hut und befestigte sie als Augen unterhalb der Mütze.

Die drei traten einen Schritt zurück und betrachteten ihr Werk. »Der Weihnachtsbaummann!«, murmelte Lilly andächtig.

»Nicht schlecht! Der sieht Martin richtig ähnlich«, sagte jemand hinter ihnen.

Ach genau, Martin hieß er, dachte Franzi. Sie drehte sich um. Rüdiger, der aushilfsweise in der Tankstelle arbeitete, bewunderte ihr Werk. »Schade, ich dachte schon, endlich möchte jemand einen Baum kaufen. Ich soll Martin nämlich heute Abend vertreten. Oder möchtet ihr vielleicht doch einen Baum oder einen Mistelzweig?«

Bedauernd schüttelten die drei ihre Köpfe.

»Wir wollten ihm etwas Wichtiges mitteilen.«, sagte Lilly feierlich.

»Wann ist er den wieder da?«, fragte Franzi.

»Ich fürchte, da müsst ihr bis morgen warten. Soll ich ihm etwas ausrichten?«

»Lass mal, ich komm einfach morgen früh vorbei«, sagte Franzi.

»Gut, dann ... ich glaub, ich muss mal wieder los.« Er deutete in Richtung Tankstelle, wo schon ein Kunde in der Tür stand und sich suchend umsah. »Bis Morgen!«, rief er und sprintete los.

Franzi schaute ihm nach. »Schade. Na egal, morgen ist auch noch ein Tag. Kommt! Wir gehen zu mir und machen es uns gemütlich. Vielleicht ist Felix da, der müsste heute seinen letzten freien Tag haben. Dem können wir von unseren Taten berichten.« Sie stellte sich neben den Weihnachtsbaummann und legte einen Arm um seinen stacheligen Körper. »Mach mal ein Foto!«, sagte sie zu Carla. »Als Anregung für seine nächste Schmückaktion.«

Lilly sah Franzi fragend an. »Versteh ich nicht. Seit wann schmückt Felix denn irgendwas? Ich dachte, nur du bist vom heiligen Weihnachtswahnsinn befallen.«

Carla, die schon ihr Smartphone gezückt hatte, beschrieb Lilly die nächtliche Schmückaktion von Felix.

»Oh, das hört sich gut an!«, sagte Lilly. Sie wickelte sich in ihren bestimmt drei Meter langen Schal. »Dann lasst uns endlich los! Mir ist schon wieder schweinekalt! Außerdem bin ich gespannt auf Felix´ Deko.«

Doch Franzi musste sie enttäuschen. »Alles längst behoben.«

»Schaaade!«, waren Carla und Lilly sich einig.

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9783754176269
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