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Satan und Ischariot I

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»Ich muß. Aber du sprachst von zweierlei. Was ist das zweite?«

»Es betrifft die Auslieferung der Waffen. Ich werde, sobald deine Männer erklärt haben, daß sie dir gehorchen wollen, in der Nähe ihres Lagers von unsern Leuten einen Kreis bilden lassen. Dahin hat jeder Yuma einzeln, verstehe wohl, einzeln zu kommen und alle seine Waffen abzugeben, um dann sofort wieder zurückzukehren. Das ist eine Maßregel, welche du nicht unbillig finden wirst.«

»Ich gehe auf dieselbe ein.«

»Nun wohl! Ich erkläre dir aber, daß ich jeden Yuma, bei dem wir dann irgend eine Waffe oder etwas, was als Waffe gebraucht werden kann, finden, als Verräter erklären und niederschießen lassen werde!«

»Das ist hart, sehr hart! Wie steht es aber mit den Pferden und den sonstigen Gegenständen, welche meine Leute besitzen?«

»Die Pferde gehören natürlich uns und sind unsere rechtmäßige Beute. Geben wir später einen von euch frei, so steht es nur in unserm Ermessen, ihm sein Pferd zu schenken oder nicht. Die Munition, Pulver, Blei, Kugelformen oder gar Patronen gehören zu den Waffen und sind mit diesen abzuliefern. Alles andere, was ihr besitzt, werden wir genau untersuchen. Ich denke nicht, daß wir uns an eurem Eigentume bereichern wollen; was aber aus dem Ueberfalle der Hazienda del Arroyo stammt, werden wir an uns nehmen und dem Haziendero, welcher der rechtmäßige Eigentümer ist, zurückgeben. Hast du noch eine Frage?«

»Nein.«

»So mögen die drei Boten gehen; du aber setzest dich hier nieder und wirst nicht eher aufstehen, als bis dir einer von uns dreien, Winnetou, der »starke Büffel« oder ich, die Erlaubnis dazu erteilt!«

Die Yumas entfernten sich, um ihre weniger schwierige als unangenehme Mission auszuführen. Der »große Mund« hockte auf die Erde nieder, und auf einen Wink von mir nahmen die zwei Wächter zu beiden Seiten Platz, um ihn nicht aus ihren Augen zu lassen.

Ich sah nach der Uhr, denn es war meine Absicht, nach Verlauf der halben Stunde, falls wir noch keinen Bescheid erhalten haben sollten, erst einige Schreckschüsse abgeben und dann scharf schießen zu lassen.

Die Boten erreichten, wie wir sahen, das Lager und weckten die Schläfer. Es entstand zunächst ein kurzes Durcheinander; dann gruppierten sich die Yumas in einem engen Kreis um unsere Abgesandten, worauf nach einer kleinen Weile ein wütendes Geschrei oder vielmehr Geheul erscholl. Die Boten hatten ihren Auftrag ausgerichtet; er hatte die Wirkung, welche zunächst zu erwarten gewesen war, nämlich eine ungeheure Aufregung, welche den einzigen bedenklichen Moment für uns bildete. Ging sie vorüber, ohne daß die Yumas sich zu unbesonnenen Feindseligkeiten hinreißen ließen, so war uns der Erfolg gesichert.

Ich war mit Winnetou und dem Häuptling der Mimbrenjos eine kleine Strecke von dem »großen Munde« weggegangen, damit dieser nicht hören könne, was zwischen uns gesprochen wurde. Als sich der wütende Lärm im feindlichen Lager erhob, sagte der »starke Büffel«:

»Jetzt werden sie auf uns eindringen. Man hört es ihrem Geschrei an. Aber wir werden sie empfangen.«

»Das ist nur für den Augenblick. Wenn sie erfahren, daß sie vollständig umzingelt sind, werden sie besonnener werden,« antwortete ich.

»Das glaube ich schwer. Old Shatterhand muß alles bedenken; er darf nichts vergessen.«

»Was könnte ich denn vergessen haben?«

»Daß die Yumas sich bisher sicher fühlten. Sie schliefen in dem Gedanken ein, daß sie uns mit Tagesanbruch überfallen und vernichten würden. Jetzt, da sie erwachen und noch schlaftrunken sind, erfahren sie das Gegenteil, daß sie umzingelt sind und sich ergeben sollen. Da ist es fast gewiß, daß sie in der Aufregung die Unbesonnenheit begehen, zu den Waffen zu greifen.«

»Sie werden schnell zur Besinnung kommen, denn ich habe ihnen eine Botschaft gesandt, welche sie schnell beruhigen und mit Hoffnung erfüllen wird.«

»Sie haben keine Hoffnung; sie müssen alle sterben. Hast du ihnen vielleicht Hoffnung auf Freiheit gemacht?«

»Ja.«

»Ihnen allen und auch ihrem Häuptlinge?«

»Diesem ganz besonders.«

»Bist du toll! Meine Zustimmung bekommst du nie dazu!«

»Die brauche ich nicht.«

»Wieso? Hast du etwa allein zu befehlen? Hat Winnetou und habe ich nicht auch etwas zu sagen?«

Er war wieder einmal zornig, was bei ihm öfters geschah. Ich antwortete ihm in aller Gemütlichkeit:

»Ja, auch ihr habt mit zu bestimmen; aber ich habe versprochen, diesmal nicht auf euch zu horchen. Ja, ich habe noch viel, viel mehr versprochen.«

»Noch mehr! Was?«

»Den »großen Mund« und alle seine Leute heimlich zu befreien, indem ich ihre Fesseln durchschneide.«

»Das, das hast du versprochen, das?!« fuhr er mich wütend an. »Wie konntest du wagen, dies zu tun! Wie konntest du ohne unsere Zustimmung – – —«

Er kam nicht weiter, denn Winnetou ergriff ihn so fest beim Arme, daß er vor Schmerz die Rede vergaß, und ermahnte ihn:

»Warum schreit mein roter Bruder wie ein altes Weib, welchem die Zähne schmerzen! Soll der »große Mund« hören, was wir sprechen? Hat er jemals vernommen, daß Old Shatterhand ohne Ueberlegung handelt? Wenn er ein gutes Versprechen gegeben hat, so wird er es halten; ist es aber ein schlechtes, so hat er es gegeben, weil er weiß, daß er es nicht zu halten braucht.«

»Aber Old Shatterhand pflegt jedes Versprechen zu halten!«

»Wenn die Bedingungen erfüllt werden, unter denen er es gegeben hat.«

»So! Bedingungen!« brummte der noch immer zornige Häuptling. Und dann fuhr er mich bissig an: »Behalte deine Bedingungen für dich; ich mag sie nicht wissen!«

Damit wendete er sich von uns ab und warf sich in ziemlicher Entfernung von uns ins Gras nieder. Ueber Winnetous Züge glitt ein Lächeln, doch sagte er nichts. Ich glaubte ihm eine Mitteilung schuldig zu sein, und bemerkte:

»Ich habe das Versprechen gegeben, weil ich ganz genau wußte – – —«

»Pshaw!« unterbrach er mich. »Was Old Shatterhand thut, ist gut; er hat nicht nötig, sich bei mir zu entschuldigen. Ich weiß, daß er den Yuma betrügen wird, weil dieser ihn betrügen will. Der »starke Büffel« ist ein sehr tapferer Häuptling, aber seinem Auge fehlt die Schärfe, und seine Gedanken reichen nur soweit, wie er den Tomahawk werfen kann. Sein Zorn ist schnell groß und schnell wieder klein. Sein Herz ist gut; er wird Old Shatterhand um Verzeihung bitten.«

Wenn Winnetou sprach, so mußte jeder Zorn weichen und jedes etwaige Gekränktsein sich beschwichtigen. Er beobachtete das Lager, in welchem sich die Aufregung jetzt gelegt hatte. Die Yumas standen in ruhiger Verhandlung beisammen und wendeten sich bald nach dieser, bald nach jener Seite, um unsere Aufstellung zu betrachten. Noch war die halbe Stunde nicht vergangen, so kehrte einer der drei Boten zurück und meldete:

»Die drei ältesten Yumakrieger wünschen »Old Shatterhand, Winnetou und den »starken Büffel« zu sprechen. Dürfen sie kommen?«

»Ja, aber unbewaffnet.«

»Und werden sie, auch wenn ihr nicht einig werdet und sie lieber kämpfen wollen, nach dem Lager zurückkehren dürfen, ohne daß ihnen etwas geschieht?«

»Sie sind Abgesandte; sie können gehen, woher sie gekommen sind.«

Der Mann lief nach dem Lager, um diesen Bescheid zu überbringen, und bald darauf sahen wir die drei Angemeldeten kommen. Sie hatten ihre Decken und sogar die Oberkleider abgelegt, damit wir sehen sollten, daß sie nicht etwa eine Waffe versteckt bei sich trugen. Der »starke Büffel« hatte, als er sah, um was es sich handelte, sich uns wieder zugesellt.

Die drei gingen an ihrem Häuptlinge vorüber, ohne einen Blick auf ihn zu werfen, was aber keineswegs ein Zeichen der Verachtung war. Sie kamen jetzt als Bevollmächtigte ihrer Kameraden, weshalb es in diesem Augenblicke keinen Häuptling für sie gab. Bei uns dreien stehen bleibend und sich leicht verneigend, grüßten sie uns, dann wendete sich der eine, welcher wahrscheinlich der älteste von ihnen war, mit den höflichen Worten an mich:

»Der »große Mund«, der Häuptling der Yumas, ist gefangen und hat uns befohlen, uns auch zu ergeben. Old Shatterhand hat die Bedingungen mit ihm besprochen. Soweit das Gedächtnis unserer ältesten Krieger reicht, ist ein solcher Fall nicht vorgekommen; darum sind die Yumas zusammengetreten, um ohne ihren Häuptling einen Entschluß zu fassen, und haben uns zu dir gesandt, um uns zu überzeugen, ob der Befehl, den wir erhalten haben, nicht abzuändern ist. Wirst du mit deinen beiden berühmten roten Brüdern uns die Erlaubnis geben, die Krieger zu sehen, welche uns eingeschlossen haben und wie sie aufgestellt worden und bewaffnet sind?«

»Kein Anführer zeigt dem Feinde das, was ihr zu sehen begehrt,« antwortete ich ihnen. »Auch ist soeben die Zeit vorüber, welche ich euch gegönnt habe; ich hätte also das Recht, das Feuer beginnen zu lassen; aber ich achte eure Gründe und weiß, daß es für euch keine Rettung giebt; darum sei euch euer Wunsch erfüllt. Winnetou, der große Häuptling der Apatschen, wird euch unter seine

Obhut nehmen, damit euch unterwegs kein Leid geschieht. Geht also jetzt, und kehrt spätestens nach einer Viertelstunde wieder, um mir euern Entschluß mitzuteilen. Das ist die letzte Frist, welche ich euch geben kann.«

Sie wendeten sich ab, um Winnetou zu folgen, der ihren Führer machte. Sie gingen unsere ganze Linie, auch die im Walde liegende, ab. Als sie zurückkehrten, kämpfte das Tagesgrauen schon mit dem Mondeslichte. Auch in den Gesichtern der drei Männer gab es einen Kampf, dessen äußere Spuren sie nicht sehen lassen wollten und doch nicht ganz zu unterdrücken vermochten; es war der Kampf zwischen Stolz und Notwendigkeit. Sie blieben mit gesenkten Blicken eine Weile schweigend vor uns stehen; dann sagte derjenige, welcher schon vorher gesprochen hatte:

»Old Shatterhand befand sich in unserer Gewalt, und es ist ihm doch nichts geschehen. Wird er jetzt nun seine ganze Strenge gegen uns walten lassen?«

 

»Daß mir nichts geschehen ist, das habe ich nicht euch zu verdanken. Was nützen die Worte? Die Krieger der Yumas mögen mir sagen, was sie beschlossen haben!«

»Wir haben erkannt, daß der »große Mund«, unser Häuptling, nicht anders beschließen konnte, als er beschlossen hat. Die Läufe eurer Gewehre sind von allen Seiten auf uns gerichtet, und unsere Pferde, deren Schnelligkeit uns hätte forttragen können, habt ihr uns genommen, während wir schliefen.«

»So ergebt ihr euch?«

»Wir sind deine Gefangenen.«

Er betonte das Wort »deine« besonders, jedenfalls nicht ohne Grund. Er wollte mein Gefangener sein, weil ich versprochen hatte, sie freizulassen.

»So geht jetzt, um die Waffen abzuliefern, doch einzeln. Es darf keiner eher kommen, als bis der vorherige abgefertigt ist.«

»Dürfen wir nicht wenigstens unsere Heiligtümer behalten?«

»Der große Geist hat gewollt, daß ihr in unsere Hände fallt; sein Angesicht ist von euch gewendet, und so sind eure Heiligtümer wertlos geworden; aber ich will euch nicht so tief erniedrigen und kränken. Ihr sollt eure Kalumets und Medizinen behalten dürfen.«

Das war wenigstens eine Erleichterung für ihre niedergeschlagenen Seelen. Ist schon der zufällige Verlust der Medizin ein schwer auszugleichender Schaden, so bedeutet es geradezu eine unauslöschliche Schande, wenn ein Indianer seinem siegreichen Feinde die Medizin und dazu gar das Kalumet übergeben muß.

Sie schickten sich an, nach dem Lager zurückzukehren. Als sie zehn oder fünfzehn Schritte gegangen waren, blieb der Sprecher stehen, wendete sich um und sah zu mir zurück. Es lag in seinem Blicke eine deutliche Aufforderung für mich, zu ihm zu kommen, da er mir etwas zu sagen habe. Ich wußte, was es war, und ging ihm nach.

»Old Shatterhand mag verzeihen, daß ich noch einmal rede!« sagte er. »Ich weiß, daß die beiden andern Anführer es nicht hören dürfen.«

»Sprich, aber fasse dich kurz!«

»Ist es wahr, daß Old Shatterhand versprochen hat, uns heimlich freizulassen?«

»Ja, wenn euer Häuptling sein Versprechen erfüllt.«

»Welches?«

»Er hat mir nicht erlaubt, es euch zu sagen.«

»Aber wenn er es nicht erfüllt?«

»So werde ich annehmen, daß ich das meinige nicht gegeben habe.«

»Dann werden wir ihm sagen, daß er sein Wort zu halten hat. Howgh!«

Er wollte nach diesem bekannten Bekräftigungsworte gehen, blieb aber nochmals stehen und fragte:

»Wohin werdet ihr uns bringen?«

»Darüber ist noch nichts beschlossen.«

»Welche Qualen werdet ihr unterwegs über uns verhängen?«

»Keine, denn ihr habt mich auch nicht gequält. Ihr werdet weder hungern noch dürsten, weil ich bei euch auch nicht gehungert und gedürstet habe.«

»Werden wir unter eurer Bewachung frei reiten oder gehen können?«

»Nein, denn ich bin bei euch an Armen und Beinen gefesselt gewesen. Zum Essen wird man euch die Hände freigeben. Du siehst, daß sich alles belohnt und alles bestraft. Wer Gutes thut, wird Gutes ernten. Nun aber ist‘s genug; es mag nun endlich einmal zum Schlusse kommen.«

Während die drei Alten ihren Rückweg fortsetzten, wurden dreißig Mimbrenjos bestimmt, den schon erwähnten Kreis, in welchem die Waffen niedergelegt werden sollten, zu bilden. Sie stellten sich wohlbewaffnet ungefähr fünfzig Schritte vom Lager auf, und kaum war dies geschehen, so kam der Sprecher als erster, um das Geforderte abzugeben. Ich stand dabei und ließ, um die Sache abzukürzen, schnell noch einige Mimbrenjos kommen, welche den Inhalt seiner Taschen zu untersuchen hatten. Als dies Winnetou sah, kam er mit noch einigen andern herbei, um die Manipulation dadurch abzuschließen, daß der Alte gebunden und in das Gras gelegt wurde. So wurde jeder Nachfolgende erst entwaffnet, dann von mir auf den Inhalt seiner Taschen untersucht, und nachher von

Winnetou gefesselt. Das Entwaffnen ging sehr rasch. Das Fesseln ebenso. Die Yumas hatten selbst genug Riemen und Lassos bei sich. Schwerer aber war es, meines Amtes zu walten. Es war nicht leicht zu unterscheiden, ob ein Gegenstand von der Hazienda stammte oder das rechtmäßige Eigentum seines Trägers war, zumal sehr oft eine Sache, von welcher ich hätte beschwören mögen, daß sie auf der Hazienda geraubt worden sei, als Medizin bezeichnet wurde, und ich hatte ja versprochen, jedem seine Medizin zu lassen. Der »starke Büffel« hatte nicht eine besondere Beaufsichtigung übernommen, sondern war bald da und bald dort, bald bei mir und bald bei Winnetou, um möglichst dahin zu wirken, daß die von ihm so grimmig gehaßten Yumas eine scharfe Behandlung erfuhren.

Ein großer Teil des Vormittages war vergangen, als wir endlich fertig waren. Die Yumas lagen gefesselt nebeneinander, wie Säcke auf einem Kartoffelacker. Die abgenommenen Waffen bildeten einen großen Haufen, und sollten noch vor Mittag verteilt werden. Und von den Gegenständen, von denen ich glaubte, daß sie Eigentum des Haziendero gewesen seien, hatte ich auch eine leidliche Menge zusammenbekommen. Sie wurden einem ehrlichen Mimbrenjo in Aufbewahrung gegeben.

Dann wurde gegessen, das erste Mal am heutigen Tage. Jeder wurde satt, da beide Teile Proviantvorräte mitgebracht hatten. Da wir während der Nacht nicht geschlafen hatten, wurde beschlossen, während der heißen Mittagsstunden zu schlafen. Gegen Abend sollte aufgebrochen werden. Wohin, das verstand sich ganz von selbst, nämlich nach dem Orte, an welchem die zurückgelassenen Yumas mit den Verwundeten und den geraubten Herden lagerten. Die ersteren sollten gefangen genommen und die letzteren dem Haziendero zurückgebracht werden.

Bei der Verteilung der Waffen ging es ziemlich lebhaft her. Jeder wollte das Beste haben, womöglich eine Flinte, aber nur nicht Pfeil und Bogen, und da die Gewehre der Yumas nicht viel taugten, so gab es oft Zank und Streit, zu dessen Schlichtung es oft eines Machtwortes bedurfte.

Der Kreis, welchen unsere Krieger gebildet hatten, war natürlich längst aufgelöst worden. Wir lagerten am Waldesrande im Schatten, und wer nicht wachen mußte, der schlief, um Kräfte für den weiten Ritt zu sammeln, denn es sollte nicht eher als am Ziele angehalten werden. Bei der großen Zahl unserer Gefangenen hatten zehn Mann zu wachen; weniger wären zu wenig gewesen. Sie wurden jede Stunde abgelöst. Die zehn wurden wieder abwechselnd von Winnetou, dem »starken Büffel« und mir beaufsichtigt, die wir einander auch allstündlich ablösten.

Ich hatte die erste Wache gehabt und wurde von Winnetou abgelöst. Als mich dann der Häuptling der Mimbrenjos weckte, fühlte ich mich fast müder als vorher und stand, um nicht etwa wieder einzuschlafen, auf, um mir Bewegung zu machen. Die zehn Posten, welche an der Reihe waren, patrouillierten auf und ab und hatten die Gefangenen so scharf im Auge, daß gewiß keiner von diesen etwas Verdächtiges auszuführen vermochte. Man hatte dem »großen Munde«, weil er Häuptling war, einen etwas zur Seite liegenden Platz gegeben, wo er bewegungslos lag und zu schlafen schien; als ich aber das zweite Mal an ihm vorüberging, öffnete er die Augen und nannte meinen Namen. Ich trat zu ihm und fragte, welchen Wunsch er habe. Er zeigte mir ein sehr erstauntes Gesicht und antwortete:

»Welchen Wunsch? Kann Old Shatterhand wirklich diese Frage aussprechen? Es giebt nur einen Wunsch, den ich haben kann – die Freiheit!«

»Das glaube ich dir. Ich hatte ihn auch, als ich dein Gefangener war.«

»Du hast sie erlangt. Wann werde ich sie bekommen? Noch heute?«

»Noch heute?« fragte ich erstaunt. »Du hast geschlafen und träumst wohl noch!«

»Ich träume nicht. Nur zehn Krieger wachen außer dir. Wehrt es dir jemand, meine Fesseln zu zerschneiden? Thue es, so springe ich aufs nächste Pferd, galoppiere davon und bin verschwunden, ehe es einem einfällt, mir zu folgen.«

Das war ein grandioses Verlangen, eine Zumutung, über welche ein anderer vor Bewunderung oder auch Zorn hätte außer sich geraten können; mir aber kam es so komisch vor, daß ich in ein so lautes Gelächter ausbrach, daß mehrere Schläfer erwachten und alle Posten zu mir herblickten.

»Was lachst du so?« sagte er zornig. »Glaubst du, ich treibe Scherz?«

»Das möchte ich allerdings annehmen. Jetzt, am hellen Tage, wo alle sehen würden, daß ich es bin, soll ich dich befreien?«

»Was schadet es dir? Kein Mensch würde es wagen, dich dafür zu bestrafen. Du hast es mir versprochen!«

»Ich versprach, dich und deine Krieger zu befreien, nicht dich allein. Du wirst nur mit ihnen freikommen.«

»So schaff so schnell wie möglich die Gelegenheit dazu! Du bist es uns schuldig, dein Versprechen zu halten.«

»Gewiß! Aber wie steht es denn mit dem deinigen?«

»Ich halte es, wenn du das deinige erfüllt hast.«

»Du meinst gewiß, daß dies sehr klug von dir ausgesonnen sei, wirst aber da die Freiheit nicht wiedersehen. Ich laß dich nicht eher frei, als bist du mir meine Frage beantwortet hast.«

»Und ich beantworte sie dir nur als freier Mann!«

Schon öffnete ich die Lippen zum abermaligen Lachen, wurde aber augenblicklich wieder ernst, denn der »starke Büffel«, welcher in der Nähe lag und den ich schlafend glaubte, sprang in diesem Augenblicke auf und rief, indem er sein grimmigstes Gesicht zeigte, mir die Worte zu:

»Hat Old Shatterhand wohl Zeit, mir eine Frage zu beantworten?«

»Ja,« nickte ich.

»So mag er mit mir kommen, um sie zu hören!«

Ich ging zu ihm. Er führte mich eine Strecke weit fort, sodaß man uns nicht hören konnte, blieb dann stehen, blitzte mich mit zornigen Augen an und fragte:

»Old Shatterhand hat mit dem »großen Munde« gesprochen. Die Worte habe ich zwar nicht verstanden, aber ich errate, was es gewesen ist.«

»Wenn dies wirklich der Fall ist, so ist es mir unbegreiflich, daß du nicht an deinem Platze liegen geblieben bist. Der Schlaf ist dir ebenso notwendig, wie uns andern allen.«

»Wie kann ich schlafen, wenn ich sehe und höre, daß der Verrat sich in unserer Mitte befindet!«

»Der Verrat? Will mein roter Bruder mir sagen, wen er für einen Verräter hält?«

»Du bist es, du selbst!«

»Ich? Ein Verräter? Wenn der »starke Büffel« Old Shatterhand, dem nie jemand die geringste Untreue nachzusagen vermochte, für einen Verräter hält, so kann der

Grund nur darin liegen, daß der große Geist ihm das Gedächtnis genommen und die Sinne verwirrt hat. Ich schenke dir mein Mitleid, und da ich dein Freund und Bruder bin, thut es meiner Seele weh, dich solange von unserm Rate ausschließen zu müssen, bis dein verwirrter Verstand sich wieder in Ordnung befindet.«

Darauf ließ ich ihn stehen und ging weiter. Er aber kam mir nach, ergriff mich beim Arme und rief im zornigsten Tone:

»Was hast du gesprochen? Den Verstand willst du mir rauben und meinen Geist vernichten? Meinst du, weil deine Kraft so stark und deine Gewandtheit so überlegen ist, kannst du nicht bloß deine Feinde besiegen, sondern darfst auch sogar deine Freunde beleidigen? Zieh‘ dein Messer, und kämpf‘ mit mir! Eine solche Kränkung kann nur mit Blut abgewaschen werden!«

Nicht nur seine Worte, sondern auch seine verzerrten Gesichtszüge sagten mir, daß sich der alte Cholerikus im Stadium wirklichen Grimmes befand. Er hatte sein Messer aus dem Gürtel gerissen und stand in der Stellung eines Kämpfers vor mir. Ich antwortete im ruhigsten Tone:

»Wornit eine solche Beleidigung gesühnt werden muß, das kann nur ich bestimmen, nicht du darfst es, denn ich bin es, der beleidigt worden ist. Du nanntest mich einen Verräter. Giebt es für einen Krieger eine größere Beleidigung? Wenn ein Fremder mir dies Wort entgegenwirft, so schlage ich ihn nieder, daß er für immer liegen bleibt; thut es aber ein Freund, so muß ich annehmen, daß er plötzlich verrückt geworden ist. Fühlst du dich dadurch an deiner Ehre gekränkt, so kann ich nicht dafür, denn du allein bist es, welcher mir den Grund geliefert hat, so von dir zu denken.«

»Aber ich habe recht! Du willst den »großen Mund« freilassen!«

»Aber ich habe auch eine Bedingung gestellt, welche er nicht erfüllen wird, und weiß also, daß ich ihn nicht loszulassen brauche.«

»Was hast du da mit ihm zu reden! Muß es mir nicht verdächtig vorkommen, daß du, während du meinst, wir schlafen, bei ihm stehst und mit ihm verhandelst!«

Da legte ich ihm die Hand so schwer auf die Achsel, daß ich ihn um einen halben Fuß niederdrückte, und sagte im ernstestem Tone:

»Wer hat den Häuptling der Mimbrenjos mir zum Wächter bestellt? Wenn Old Shatterhand wacht, können die andern ruhig schlafen; das magst du dir merken. Daß du mich einen Verräter nennst, verzeihe ich dir, denn ich weiß, daß du dein Unrecht einsehen wirst. Und damit mag die Sache ein Ende haben.«

 

Ich wollte abermals gehen; er jedoch hielt mich wieder zurück und schrie:

»Nein, das ist nicht ihr Ende. Du hast mit mir zu kämpfen! Nimm dein Messer, sonst steche ich ohne Gegenwehr!«

Es versteht sich ganz von selbst, daß die Indianer, welche als Wilde einen leiseren Schlaf als civilisierte Menschen besitzen, durch das Geschrei des Alten aufgeweckt worden waren. Winnetou war auch erwacht und kam herbei, um ihn zu fragen:

»Warum fordert mein roter Bruder Old Shatterhand zum Kampfe auf?«

»Weil er mich beleidigt hat. Er sagte, mein Verstand sei verwirrt.«

»Warum sagte er das?«

»Weil ich ihn einen Verräter genannt habe.«

»Welchen Grund hatte der Häuptling der Mimbrenjos dazu?«

»Old Shatterhand stand bei dem »großen Munde« und sprach mit ihm.«

»War es eine Verräterei, welche er mit ihm besprach?«

»Ja. Old Shatterhand hat selbst gesagt, daß er ihn heimlich loslassen will.«

»Und das ist der einzige Grund, den du hast? Ich sage dir, mein Bruder Shatterhand weiß stets, was er thut, und wenn alle roten, weißen und schwarzen Menschen der Erde zu Verrätern würden, er allein bliebe treu!«

»Das glaubst du, aber ich weiß das Gegenteil. Was ich sagte, ist wahr; er aber hat mich beleidigt; er muß mit mir kämpfen!«

Es war wirklich eine Art Genuß, den Blick zu sehen, mit welchem Winnetou den Alten von oben bis unten maß, und dann den Ton zu hören, in welchem er ihn fragte:

»Will mein roter Bruder zum Gelächter der Seinigen werden?«

Das ergrimmte den »starken Büffel« noch mehr; er brüllte jetzt förmlich:

»Willst etwa auch du mich erzürnen? Sieh meine Gestalt, meine Arme, meine Schultern, meine Muskeln! Meinst du, daß ich unterliege?«

»Ja! Wenn Old Shatterhand will, wird seine Klinge dir gleich beim ersten Stiche ins Herz fahren; aber er wird nicht wollen.«

»Er wird wollen; er muß wollen; ich fordere es von ihm, und wenn er zögert, mit mir zu kämpfen, so ist er ein Feigling und ich steche ihn ohne Zögern nieder!«

Jetzt zogen sich die Brauen Winnetous zusammen, und seine Züge nahmen jenen, ich möchte sagen, aus Erz gegossenen Ausdruck an, den ich sehr wohl kannte und der mir sagte, daß der Apatsche seine Seele nun verschlossen habe. Er zog die eine Schulter ein wenig höher, auch eine Bewegung, welche ich gar wohl kannte, und entschied:

»Der starke Büffel ist entschlossen, sich zu blamieren; Old Shatterhand wird mit ihm kämpfen. Welche Bedingungen stellt mein roter Bruder?«

»Kampf auf Leben und Tod.«

»Wann?«

»In diesem Augenblicke!«

»Nach welchen Regeln sollen die Messer geführt werden?«

»Nach gar keiner Regel. Ich steche, wie es mir beliebt.«

»Was hat zu geschehen, wenn einer sein Messer verliert? Darf der andere ihn niederstechen?«

»Wenn er kann, so mag er es thun; der erstere aber wird sich mit den Fäusten wehren und den andern erschlagen oder erwürgen.«

»So weiß ich ganz genau, wer, wenn der andere will, noch heute die ewigen Jagdgründe betreten wird. Meine beiden Brüder werden mir erlauben, der Schiedsrichter zu sein; ich bin bereit, und sie können den Kampf auf Leben und Tod beginnen.«

Die Augen des alten Isegrimm leuchteten vor Kampfeslust. Er kannte mich, dachte aber in diesem Momente weder an das, was er über mich erfahren, noch mit mir erlebt hatte. Wenn er zornig war, so gab es bei ihm kein Bedenken; war der Zorn verraucht, so war er der liebenswürdigste Mensch, nämlich so liebenswürdig, wie ein Indianer zu sein vermag. Freilich hatte ihm sein Zorn schon schlimme Streiche gespielt, und er hätte seinen

Einfluß und sein Ansehen bei seinem Stamme wohl längst schon verloren gehabt, wenn er nicht sonst ein tüchtiger Anführer und riesenstarker Mann gewesen wäre. Denn wenn ich ihn den »Alten« genannt habe, so verband ich mit dieser Bezeichnung keineswegs die Begriffe des Schwachen und Hinfälligen. Er zählte vielleicht sechzig Jahre, besaß den Bau und die Körperkraft eines Hünen, und befand sich noch im Vollbesitze der ganzen Beweglichkeit, welche andere in solchem Alter verloren haben. Er war also ein mir ebenbürtiger Gegner und mir jetzt eigentlich weit überlegen, weil er den Kampf wirklich ernst nahm, während es ganz selbstverständlich nicht in meiner Absicht liegen konnte, ihn zu verletzen, oder gar zu töten. Er besaß die Waffen, welche mir entzogen waren.

Am liebsten hätte ich mich geweigert, auf den Zweikampf einzugehen, aber ich wußte, daß dies für mich lebensgefährlich sei; er wäre in seinem Zorne mit dem Messer auf mich eingedrungen, und dann hätte ich mich doch und zwar ernstlich wehren müssen. Darum zeigte ich meine Bereitwilligkeit dadurch an, daß ich mich ihm gegenüberstellte und mein Messer zog, doch nicht mit der rechten, sondern mit der linken Hand. Ich that dies, um meine rechte Faust frei zu haben; er aber beachtete diesen Umstand nicht.

Die Mimbrenjos hatten gesehen und gehört, um was es sich handelte, und kamen herbei. Die gefangenen Yumas konnten nicht kommen, doch suchten sie sich unter ihren Fesseln eine solche Lage zu geben, daß sie zusehen konnten. Auf allen Gesichtern war der Ausdruck größter Spannung zu bemerken, nur auf denen der beiden Söhne des Häuptlings nicht. Sie wollten es nicht sehen lassen, aber ich sah es doch, daß sie sich in großer Sorge befanden. War ich Sieger, so tötete ich ihren Vater, und blieb dieser in der Oberhand, so war es um mich geschehen, dem sie ihre Dankbarkeit und sogar Verehrung zollten.

So standen wir einander auf fünf Schritte gegenüber, jeder sein Messer in der Hand und das Auge scharf auf den Gegner gerichtet. Winnetou fragte, ehe er das Zeichen zum Beginne gab:

»Hat mein roter Bruder, der Häuptling der Mimbrenjos, für den Fall seines Todes einen Wunsch auszusprechen?«

»Ich sterbe nicht!« lachte der Gefragte grimmig auf. »Gieb das Zeichen, und sofort wird mein Messer Old Shatterhand fressen!«

»Oder hat mein weißer Bruder mir einen Auftrag zu erteilen?« fragte der Apatsche jetzt mich.

»Ja. Wenn der starke Büffel mich erstochen hat, so sage ihm, daß ich der Retter seiner Kinder gewesen bin und seinem Sohne einen Namen gegeben habe. Vielleicht ist er dann vorsichtiger im Umgange mit Freunden, denen er Dankbarkeit schuldet.«

Ich war der Ansicht gewesen, daß diese Erinnerung den Alten zu Verstand bringen werde, hatte mich aber geirrt, denn er fuhr in noch höherem Zorne auf:

»Ein Verräter kann niemals auf Dank Anspruch erheben. Ich will Blut sehen, Blut!«

Der Kampf war also nicht rückgängig zu machen, und wenn ich vorher entschlossen gewesen war, so zart wie möglich mit ihm umzugehen, so fühlte ich jetzt auch mein Blut in Wallung geraten und nahm mir vor, ihm eine etwas derbere Lehre zu geben. Ich nickte also Winnetou zu, und dieser erhob die Hand und sagte mit lauter Stimme:

»Keiner der Zuschauer weiche von seinem Platze, bis ich es ihm erlaube! Der Kampf mag beginnen. Howgh!«

Er zog jetzt auch sein Messer, um jeden, der sich uns etwa nähern würde, niederzustechen, doch war daran unter den gegenwärtigen Umständen gar nicht zu denken.

Wer wird beginnen? Das war jetzt die Frage. Ich nicht! Doch war ich fest entschlossen, den Häuptling gleich beim ersten Angriff unschädlich zu machen. Ich hoffte, daß mir dies gelingen werde. Zaudern durfte ich nicht, denn je länger ich mich dem Messer des Gegners aussetzte, desto größer wurde für mich die Gefahr, von demselben getroffen zu werden.

Der starke Büffel stand still und aufrecht wie eine Säule. Wollte er auch nicht der erste sein? So ruhig und bewegungslos sein Körper war, in seinem Innern sah es anders aus. Das lebhafte Flackern seiner Augen verriet mir, daß er nur so still stand, um meinen Blick zu ermüden, und sich dann plötzlich auf mich zu werfen. Ich hatte mich nicht geirrt, denn plötzlilch flammte es zwischen seinen Lidern förmlich auf, und ich ließ das Messer fallen, überzeugt, daß er jetzt auf mich einspringen werde. Er hob wirklich schon den Fuß, setzte ihn aber wieder auf die Erde und rief aus:

»Habt ihr gesehen, daß Old Shatterhand sich fürchtet? Das Messer ist ihm entfallen, weil die Angst ihm die Finger öffnete!«

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