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Satan und Ischariot I

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»Gut! Um Ihres Vorgesetzten willen muß ich auch Sie binden; er könnte Sie sonst auffordern, ihn freizumachen; Sie müßten gehorchen, und ich würde das nicht dulden. Kommen Sie also her; Sie werden bald wieder frei sein!«

Wo Indianerpferde sind, hat man um Riemen niemals Not. Die drei Polizisten waren gezwungen gewesen, ihrem Vorgesetzten trotz dessen Unfähigkeit in die Berge zu folgen; sein Ungeschick hatte sie in die Gefangenschaft der Roten gebracht, aus welcher wir sie befreit hatten. Sie wären uns dafür gern auch in Worten dankbar gewesen, hatten aber bei dem Verhalten ihres Herrn nicht gewagt, dies zu thun, und waren, wie ich jetzt sah, empört darüber. Jedenfalls gönnten sie ihm den Kolbenhieb und hielten es nur infolge ihrer Stellung für geraten, das, was ihn von uns erwartete, auch mit über sich ergehen zu lassen. Sie wurden von mir angebunden, denn Winnetou gab sich nicht dazu her; er hätte sich gar nichts daraus gemacht, wenn der Haziendero und der Juriskonsulto tot gewesen wären. Glücklicherweise aber lagen sie nur in tiefer Ohnmacht. Während ich sie zu den Bäumen zog, um sie dort wieder zu fesseln, ging er fort, ohne zu sagen, wohin; ich wußte jedoch, daß er den Mimbrenjo und die Pferde holen wollte. Bald kam er mit ihm zurück; natürlich brachten sie auch den Player mit. Dem Mimbrenjo brauchte ich nichts mitzuteilen, denn der Apatsche hatte ihn schon von dem Geschehenen unterrichtet.

Unsere Pferde wurden angebunden; dann erhielt unser junger, roter Begleiter die Anweisung, wie er sich als Wächter bei den Gefangenen zu verhalten hatte. Er mußte bei ihnen zurückbleiben, während ich mit Winnetou fortging, wohin und wozu, das war so selbstverständlich, daß weder von ihm noch von mir ein Wort darüber verloren wurde. Es handelte sich nämlich darum, die beiden Yumas, welche von hier als Boten nach der Fuente gesandt worden waren und deren Rückkehr bald in Aussicht stand, unterwegs abzufangen, noch ehe sie den Lagerplatz am Tümpel erreichten. Hätten wir sie dort erwarten wollen, so konnten sie, wenn sie uns eher bemerkten, als wir sie, uns leicht entgehen und sogar gefährlich werden.

Wir drangen natürlich nicht in den dichten Wald ein, sondern gingen den Weg, auf welchem die Erwarteten kommen mußten. Die Gewehre hatten wir zurückgelassen, da dieselben bei der Art, in welcher wir die Yumas in unsere Gewalt bringen wollten, uns nur belästigen konnten.

Unser Weg bestand in einem von der Natur geschaffenen dünnen, lichten Streif, welcher sich jenseits durch den Wald von der Höhe niederzog und unten auf offenes Land führte. Da, wo der Wald zu Ende ging, verbargen wir uns unter den Bäumen. Es wollte Abend werden, und wir hatten uns also mehr auf unsere Ohren, als auf unsere Augen zu verlassen.

Winnetou hatte, seit er von mir verhindert worden war, die Polizisten niederzuschlagen, kein Wort mit mir gesprochen; jetzt endlich fragte er, als wir so wartend da saßen:

»Ist mein Bruder Old Shatterhand zornig auf mich, daß ich den Bleichgesichtern den Kolben auf die Köpfe gegeben habe?«

»Nein,« antwortete ich. »Der Häuptling der Apatschen hat mir ganz aus der Seele gehandelt.«

»So können eben nur Weiße sein. Ein roter Krieger, selbst wenn er bisher mein gefährlichster Feind gewesen wäre, würde mir, wenn ich ihn von solchen Banden befreite, fortan sein Leben schenken. Alles, was er besitzt, wäre auch mein Eigentum. Die Bleichgesichter aber haben nur schöne Worte und böse Thaten. Was soll mit den Undankbaren geschehen?«

»Was Winnetou über sie bestimmt.«

Da er nichts sagte, schwieg auch ich. Es wurde dunkel, und wir lauschten aufmerksam in die Ferne. Die Boten waren in einem längern Zwischenraume von hier fortgeritten, dennoch stand zu erwarten, daß sie miteinander zurückkehren würden. Diese Vermutung bestätigte sich, denn als wir endlich Huftritte hörten, waren es die

von zwei Pferden, nicht von einem einzelnen. Wir verließen unser Versteck und traten an den Weg. Sie waren schon sehr nahe, doch bei der jetzigen Dunkelheit konnten wir sie noch nicht sehen; aber wir hörten, daß sie nebeneinander ritten.

»Winnetou mag den nehmen, welcher auf dieser Seite reitet,« flüsterte ich. »Ich nehme den drüben.«

Darauf huschte ich auf die andere Seite des Weges hinüber. Sie kamen; sie sahen uns nicht und wollten vorüber; aber die Pferde bemerkten uns mit ihren schärferen Sinnen; sie schnaubten und weigerten sich, weiterzugehen. Wären Winnetou und ich an ihrer Stelle gewesen, so hätten wir Verdacht geschöpft und unsere Tiere augenblicklich herumgerissen und, eine Strecke zurückgekehrt, zu Fuße uns heimlich wieder herangeschlichen, um die Stelle zu untersuchen. Die Indianer aber waren entweder keine erfahrenen und vorsichtigen Leute, oder sie fühlten sich so sicher in der abgelegenen Gegend, daß sie die Gegenwart eines menschlichen Feindes für unmöglich hielten und vielmehr glaubten, daß das Scheuen ihrer Pferde auf der Anwesenheit irgend eines wilden Tieres beruhe. Sie erhoben ihre Stimmen, um dasselbe durch ihr Geschrei zu vertreiben. In diesem Augenblicke trat ich einige Schritte weit hinter das Pferd desjenigen, welcher auf meiner Seite hielt, nahm einen Anlauf und sprang hinter ihm auf, nahm ihn mit der Linken bei der Gurgel und riß ihm mit der Rechten die Zügel aus der Hand. Er vergaß das Schreien und sein Kamerad auch, denn Winnetou hatte mit diesem ganz in derselben Weise gehandelt. Die Kerls waren so erschrocken, daß sie an keinen Widerstand dachten, wenigstens für den Augenblick, und als sie zum Bewußtsein ihrer Lage kamen, war es zu spät, denn wir hatten sie aus dem Sattel gedrängt, saßen nun selbst auf demselben fest und hatten sie quer vor uns liegen, indem wir sie mit festem Griffe bei der Kehle hielten. Wir drückten den Pferden die Sporen in die Weichen und jagten fort, den Berg hinan. Obgleich es bei der jetzigen Dunkelheit nicht ungefährlich war, zu galoppieren, ritten wir so schnell, weil die Indianer sich da weniger wehren konnten und wir unsere Kräfte nicht solange anzustrengen brauchten.

Der Mimbrenjo war so klug gewesen, ein Feuer anzuzünden, sodaß wir nach dem Lagerplatze nicht zu suchen brauchten. Wir sprangen von den Pferden, ohne die Gefangenen aus der Hand zu lassen, und unser kleiner roter Gefährte beeilte sich, sie zu binden. Es war eine seltene Lage, in welcher wir uns befanden. Wir drei hatten elf Gefangene, fünf Yumas, den Player, den Juriskonsulto, den Haziendero und die drei Polizisten, und wollten auch noch wenigstens die zwanzig an der Fuente del Roca befindlichen Yumas unschädlich machen. Trauten wir uns da nicht zuviel zu? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Es kommt bei allem, was man thut, darauf an, wie man es anfängt, und neben diesem Umstande hat jeder Mensch auch das Recht, sich ein wenig auf sein Glück zu verlassen.

Die beiden zuletzt ergriffenen Yumas vermochten jetzt wieder Atem zu schöpfen, und das benutzten sie ganz gegen die Sitte der Indianer, ihrem Herzen Luft zu machen. Die mexikanischen Roten sind, wie bereits bemerkt, in keiner Beziehung mit den ritterlichen Indianern des Nordens zu vergleichen. Ein Sioux- oder Schlangenindianer hätte kein Wort verloren, seine Lage aber scharf überdacht und eifrig nachgesonnen, wie er sich aus derselben befreien könne. Die Yumas waren anders. Kaum hatten sie Atem bekommen, so begannen sie zu schimpfen und verlangten, freigelassen zu werden.

Unter andern Umständen hätten sie ganz gewiß keine Antwort erhalten; aber ich wollte aus Gründen, welche sich bald ergeben werden, gern ihre Namen wissen und auch denjenigen von wenigstens einem der drei Yumas, die wir schon vor Abend überrumpelt hatten. Darum antwortete ich dem Roten, der zuletzt geredet hatte:

»Du scheinst zu glauben, daß man den Mund nur zum Sprechen bekommen hat; ein kluger Mann aber weiß ihn auch zum Schweigen zu gebrauchen.«

Winnetou warf mir einen verwunderten Blick zu, sagte aber nichts, da er annahm, daß ich wohl einen Grund haben müsse, den Yuma einer Antwort zu würdigen. Der letztere erwiderte mir zornig:

»Wir sind Krieger der Yumas und leben mit den Weißen in Frieden. Wie könnet ihr es also wagen, eure Hände an uns zu legen!«

»Jeder kann behaupten, ein Krieger zu sein; aber ob es wahr ist, das ist eine andere Sache. Wie lautet denn der berühmte Name, den du trägst?«

»Spotte nicht! Mein Name ist von allen Feinden gefürchtet. Ich werde der »schwarze Geier« genannt.«

»Und wie heißen deine vier Genossen?«

Er nannte ihre Namen und fügte hinzu.

»Sie sind ebenso berühmt wie ich selbst, und du wirst es bereuen, dich an ihnen vergriffen zu haben.«

»Dein Maul ist größer, als deine Thaten sind. Ich habe eure Namen noch nie gehört, und wenn ihr wirklich so berühmte Leute wäret, wie du mich glauben machen willst, so würdet ihr nicht so blind und dumm in unsere Hände gelaufen sein.«

»Es war dunkel; wir konnten euch nicht sehen, und da wir mit allen Roten und Weißen in Frieden leben, war gar nicht daran zu denken, hier auf einen Feind zu stoßen. Ich verlange, augenblicklich befreit zu werden!«

»Warte noch eine kleine Weile, vielleicht auch eine längere Zeit! Du behauptest, daß die Yumas mit allen Menschen in Frieden leben. Wie kommt es da, daß der »große Mund« die Hazienda del Arroyo überfallen und verwüstet hat? Lebt ihr wirklich auch mit allen Roten auf gutem Fuße? Ich weiß, daß ihr mit den Mimbrenjos verfeindet seid. Mäßige dich also! Du sprichst mit Männern, denen du nicht einen Tropfen Wassers reichen darfst. Sieh den berühmten Krieger hier an meiner Seite! Es ist Winnetou, der Häuptling der Apatschen, und ich selbst werde Old Shatterhand genannt.«

Nach diesen Worten wendete ich mich ab; ich hatte ihm, um mich eines vulgären Ausdruckes zu bedienen, mit unsern Namen den Mund gestopft; er ließ von jetzt an kein Wort mehr hören. Unser Mimbrenjo wollte ihn und seinen Gefährten nach der Stelle schleifen, an welcher die drei andern Yumas lagen; ich gab ihm aber in wohlbegründeter Absicht einen Wink, dies nicht zu thun.

 

Der Yuma war zum Schweigen gebracht; ich bekam dafür mit anderen zu thun. Der Haziendero und der Juriskonsulto hatten sich von dem erhaltenen Kolbenhiebe erholt, und der letztere redete mich jetzt in zornigem Tone an:

»Wie kommt es, Sennor, daß Ihr mich schlagen laßt und mich wieder angebunden habt! Ihr werdet Euch an geeigneter Stelle darüber verantworten müssen!«

»Schwatzen Sie nicht so albernes Zeug!« antwortete ich ihm. »Ein Juriskonsulto sollte doch klügere Dinge vorzubringen wissen! Ich habe Sie nicht geschlagen, und Sie befinden sich in derselben Lage, in welcher ich Sie hier vorgefunden habe; wie kann da von einer Verantwortung die Rede sein!«

»Ich war indessen frei, und Sie haben uns wieder fesseln lassen. Das ist unerlaubte Freiheitsberaubung, die mit Gefangenschaft bestraft wird! Ich wiederhole, daß Sie sich in Ures zu verantworten haben werden!«

»Ihr schönes Ures wird nie so glücklich sein, mich noch einmal in seinen Mauern zu haben, und ebenso bin ich überzeugt, daß Sie diese Stadt nie wiedersehen werden, weil Sie die kurze Zeit, welche zu leben Ihnen noch verbleibt, hier an dem Baume, an dem Sie angebunden sind, verbringen werden.«

»Sind Sie bei Sinnen! Sie wollen mich nicht wieder losmachen?«

»Nein. Ich bin einmal so thöricht gewesen, dies zu thun, habe aber dafür so schlechten Dank geerntet, daß es mir nicht einfallen kann, diese Dummheit zum zweitenmale zu begehen. Ich machte sie dadurch ungeschehen, daß ich die Lage der Dinge gerade so wieder herstellte, wie ich sie hier vorgefunden habe; sie soll auch so bleiben; wir reiten morgen früh fort und lassen Sie an Ihren Bäumen hängen.«

»Sie wollen uns einschüchtern, uns Angst machen! Es ist ja unmöglich, daß ein Mensch, ein Weißer, ein Christ so handeln kann!«

»War Ihre Dankbarkeit diejenige eines Menschen, eines Weißen, eines Christen?«

Ich wartete natürlich nur auf eine Bitte, auf ein gutes Wort; das zu sagen, fiel ihnen jetzt noch nicht ein, und der Juriskonsulto rief mir sogar zu:

»Thun Sie immerhin, was Sie wollen, Sennor! Sie werden Ihre Absicht doch nicht erreichen, und ebensowenig Ihrer Strafe entgehen. Wenn Sie uns auch hängen lassen, so giebt es doch Leute, welche uns losbinden werden, wenn Sie fort sind.«

»Welche Leute wären das wohl?«

»Die Indianer, welche hier liegen.«

»Die sind selbst gefangen und gebunden. Uebrigens werden wir sie erschießen, ehe wir diesen Ort verlassen.«

»Erschießen? Sie sprechen doch nicht im Ernste! So müssen wir verhungern!«

»Allerdings!«

»Sennor, Sie sind ein Unmensch, ein Wüterich!«

Da konnte ich mich nicht mehr halten, trat ganz nahe zu ihm und sagte ihm ins Gesicht:

»Und Sie sind der allergrößte Schafskopf, welcher mir im Leben vorgekommen ist!«

Jetzt schien er endlich einzusehen, daß er grundfalsch gehandelt hatte; er schwieg, und ich ging zu Winnetou und dem Mimbrenjo, um zu essen. Proviant war genug vorhanden. Der Player, der Haziendero und der Juriskonsulto wurden in ihren Fesseln gefüttert; die drei Polizisten aber band ich los, sodaß sie mit freiem Gebrauche der Glieder essen konnten, und als sie fertig waren, wurden sie zwar wieder gebunden, aber nur zum Scheine und so, daß sie ohne Belästigung schlafen konnten. Als wir drei dann noch ein Weilchen beisammensaßen und bestimmten, in welcher Reihenfolge wir wachen wollten, meinte Winnetou zu mir:

»Mein Bruder hat seinen Stolz überwunden und mit diesen Menschen gesprochen. Warum hat er dem Yuma nicht mit Schweigen geantwortet?«

»Weil die Klugheit höher steht, als der Stolz. Ich wollte die Namen der Yumas erfahren.«

»Was können meinem Bruder Shatterhand die Namen nützen?«

»Ich will erfahren, welche Botschaft der »schnelle Fisch« von der Fuente del Roca versendet hat. Winnetou hat gehört, daß er dort über die zwanzig Yumas gebietet. Die beiden Boten sind bei ihm gewesen. Er hat erfahren, daß wir bei der Hazienda waren und daß die fünf Weißen hier gefangen worden sind. Es ist für uns höchst wichtig, zu erfahren, was er thun will. Die Boten werden es uns weder freiwillig sagen, noch können wir es ihnen durch Zwang entlocken. Wir müssen List anwenden.«

Er sah mich mit seinen hellen Augen forschend an, doch war es ihm dieses Mal nicht möglich, meine Gedanken zu erraten. Darum fuhr ich fort:

»Der Häuptling der Apatschen versteht die Yumasprache; ich würde mich freuen, wenn er sie so gut zu sprechen verstünde, daß er für einen Yuma gehalten werden kann.«

»Winnetou redet diese Sprache gerade wie ein Yuma.«

»Das ist sehr gut. Ich habe mit Absicht die beiden Boten nicht zu den drei andern Yumas legen lassen; sie sollen nicht miteinander flüstern können. Der Häuptling der Apatschen hat ihre Namen gehört. Der eine Bote heißt »schwarzer Geier« und derjenige von den drei andern, welcher mir für meine Absicht am geeignetsten erscheint, weil er jedenfalls der am wenigsten Kluge von ihnen ist, wird »dunkle Wolke« genannt. Wir lassen das Feuer ausgehen, sodaß es finster wird. Dann schleicht Winnetou sich zum »schwarzen Geier«, giebt sich für die »dunkle Wolke« aus und – —«

»Uff!« unterbrach mich der Apatsche mit einer Bewegung der Ueberraschung. »Jetzt verstehe ich meinen Bruder. Ich bin die »dunkle Wolke«, und es ist mir gelungen, aus meinen Fesseln zu schlüpfen?«

»Ja, so meine ich es.«

»Der Gedanke ist vortrefflich! Ich will natürlich die roten Brüder auch losbinden, damit sie fliehen können. Während ich mich anstelle, als ob ich die Banden des »schwarzen Geiers« lösen wolle, wird er mir sagen, was der »schnelle Fisch« an der Fuente beschlossen hat.«

»Ja, er wird es gewiß sagen, wenn es Winnetou gelingt, ihn zu täuschen.«

»Ich werde ihn täuschen. Er wird mich gewiß für die »dunkle Wolke« halten, zumal ich nur flüstern kann und nicht laut sprechen darf. Im Flüstern sind die Stimmen aller Menschen ähnlich.«

Infolge dieses Planes wurde kein Holz mehr ins Feuer gelegt; Winnetou streckte sich ebenso wie ich lang aus und gab sich nach einigen Minuten den Anschein, fest zu schlafen; der Mimbrenjo hatte die erste Wache und setzte sich so, daß er der »dunklen Wolke« den Rücken zukehrte. Wenn der Knabe wachte, konnte es leichter erscheinen, daß ein Gefangener sich befreite, als wenn Winnetou oder ich die Augen offen gehabt hätte, zumal er ihm den Rücken zudrehte. Der kleine Mimbrenjo fing seine Sache sehr klug an. Er gab sich den Anschein, sehr ermüdet zu sein, legte sich auch lang, stemmte den Ellbogen auf die Erde, stützte den Kopf mit der Hand und schloß, nach wiederholten scheinbaren Versuchen wach zu bleiben, die Augen.

Ich hatte die meinigen ein ganz klein wenig offen und sah, daß die Roten ihn scharf beobachteten und sich bedeutungsvolle Blicke zuwarfen. Ebenso sah ich, daß die Polizisten, welche mein Verhalten begriffen hatten, mit dem Juriskonsulto und dem Haziendero flüsterten. Wahrscheinlich gaben sie ihnen den einzigen guten Rat, der hier zu geben war. Die Flamme sank tiefer und tiefer.

Ich bemerkte, daß die Yumas sich in ihren Fesseln streckten und wanden, um dieselben zu zerreißen. Dann ging das Feuer aus, und es wurde so finster, daß man die Hand vor den Augen nicht zu sehen vermochte.

Es könnte scheinen, als ob unser Plan ein Wagnis gewesen sei. Die Yumas waren zwar gefesselt, aber nicht an Bäume angebunden; sie konnten sich jetzt in der Dunkelheit fortwälzen und einander dann mit den Zähnen die Riemen öffnen; aber ich befürchtete das nicht, denn einmal sollte die Dunkelheit nicht lange anhalten, und das andere Mal mußte Winnetou bei dem »schwarzen Geier« es sofort merken, wenn die Roten an ihrer Befreiung arbeiteten.

Er stieß mich mit der Hand an, um anzudeuten, daß er sich jetzt fortschleichen werde, und er that dies mit solcher Geschicklichkeit, daß ich, der ich neben ihm gelegen hatte, nicht das mindeste davon bemerkte. Er hatte alles von sich gelegt und glitt hinüber nach der Stelle, an welcher der »schwarze Geier« neben seinem Genossen lag. Bei ihm angekommen, berührte er ihn leise mit der Hand und raunte ihm zu:

»Still! »Schwarzer Geier« erschrecke nicht und lasse keinen Laut hören!«

Der Rote war über die unerwartete Berührung wahrscheinlich erschreckt, denn es verging eine Weile, in welcher er sich sammelte; dann fragte er ebenso leise:

»Wer ist‘s?«

»Dunkle Wolke.«

Jetzt mußte es sich entscheiden, ob die Täuschung gelang oder nicht. Winnetou war gespannt darauf. Da flüsterte der »schwarze Geier«:

»Ich fühlte meines Bruders Hand. Ist sie denn frei?«

»Beide Hände sind frei. »Dunkle Wolke« war nicht fest gebunden und hat sich losgemacht.«

»So mag »dunkle Wolke« schnell auch mich befreien! Die Hunde schlafen. Wir fallen über sie her und schlagen sie tot!«

Winnetou nestelte an den Fesseln des Yuma herum und fragte:

»Ist‘s nicht besser, sie leben zu lassen? Der »schnelle Fisch« wird sich freuen, sie lebendig gefangen zu sehen.«

»Dunkle Wolke ist nicht klug. Männer wie Old Shatterhand und Winnetou muß man töten, wenn man sicher sein will. Wer sie leben läßt, befindet sich in Gefahr. Der »schnelle Fisch« konnte nicht gleich mit uns reiten; er wird am Vormittag mit fünf Kriegern kommen, um die weißen Gefangenen zu holen. Aber warum macht »dunkle Wolke« nicht schneller! Es ist doch nicht schwer, einen Knoten zu lösen!«

»Der Knoten ist gelöst, aber ein anderer als derjenige, den der »schwarze Geier« meint.«

Nach diesen Worten huschte Winnetou von ihm weg und kehrte zu uns zurück, um mir das Ergebnis unserer List mitzuteilen. Da unser Zweck erreicht war, blies der Mimbrenjo in die Asche, unter welcher noch einige Holzkohlen glimmten; ein kleines Flämmchen erschien, erhielt Nahrung, und bald brannte das Feuer so hell wie vorher.

Winnetou lag wieder neben mir; wir thaten so, als ob wir schliefen. Es machte uns Spaß, zu sehen, mit welchen Augen der »schwarze Geier« die »dunkle Wolke« betrachtete; er sah, daß sie gefesselt war. Das mußte ihn befremden; doch nahm sein besorgtes Gesicht sehr bald den Ausdruck der Beruhigung an; weil er anscheinend eine Erklärung des Rätsels gefunden hatte: der eingeschlafene Mimbrenjo war erwacht und hatte sich bewegt; das hatte die »dunkle Wolke« gehört und war schnell an ihren Platz zurückgekehrt und einstweilen wieder leicht in ihre Fesseln geschlüpft, um zunächst abzuwarten, ob der Wächter das Feuer wieder anblasen werde oder nicht.

Bald darauf schlief ich ein. Der Mimbrenjo hatte den ersten, Winnetou den zweiten und ich den dritten Teil der Nacht zu wachen. Als letzterer mich weckte, gab es doppeltes Licht; das Feuer brannte, und über uns stand der helle Mond. Mein erster Blick war auf den »schwarzen Geier« gerichtet. Er stellte sich schlafend, schlief aber nicht, da er noch immer auf die »dunkle Wolke« wartete. Ich setzte mich so, wie der Mimbrenjo gesessen hatte, den Rücken nach der »Wolke« gerichtet und dabei mit stillem Vergnügen die wütenden Blicke beobachtend, welche der Geier aus seinen von Zeit zu Zeit sich öffnenden Augen auf den Genossen schleuderte, dessen Verhalten er sich nun längst nicht mehr erklären konnte.

Die Nacht verging; es wurde Tag, und ich weckte Winnetou und den Yumatöter. Der »schwarze Geier« konnte seine Wut nicht mehr bemeistern. Sein Gesicht war verzerrt, und sein Auge schoß Blitze auf seinen Kameraden, der sich während der Nacht nicht gerührt hatte. Winnetou sah es auch, trat zu ihm und sagte mit dem ihm eigentümlichen halben Lächeln:

»«Schwarzer Geier« glaubt, ein großer Krieger zu sein, hat aber noch nicht gelernt, seine Gedanken zu verhüllen. Ich lese in seinem Gesichte, daß er auf »dunkle Wolke« zornig ist.«

»Der Häuptling der Apatschen erblickt Dinge, welche nicht vorhanden sind!«

»Was Winnetou erblickt, ist vorhanden. Warum hat »dunkle Wolke« den Wächter nicht erschlagen? Drei haben gewacht und »dunkler Wolke« dabei den Rücken zugekehrt. »Dunkle Wolke« konnte von hinten schlagen oder stechen, und dann die andern Yumas befreien.«

»Winnetou spricht, was ich nicht verstehe!«

»Der »schwarze Geier« versteht mich recht wohl. »Dunkle Wolke« war ja bei ihm, um ihm die Riemen aufzuknüpfen, ließ ihn aber im Stiche, um sich wieder schlafen zu legen. Ein guter Schlaf ist besser als die Freiheit!«

Da stieß der Geärgerte nun wütend hervor:

»«Dunkle Wolke« ist kein Krieger, kein Mann, sondern ein altes Weib, welches vor jedem Frosche und vor jeder Kröte flieht!«

Das hörte der Beschimpfte. Er richtete sich soweit auf, wie seine Fesseln ihm erlaubten, und rief zu dem andern hinüber:

»Was hat der »schwarze Geier« gesagt? Ich sei ein altes Weib? Er selbst ist als das feigste alte Weib im ganzen Stamm bekannt. Wäre er ein Mann, so hätte er sich gestern abend nicht ergreifen lassen!«

 

»Du bist ja auch gefangen!« entgegnete der andere. »Warum hast denn du dich fangen lassen? Und bei dir ist‘s nicht am Abende, sondern bei Tage gewesen! Welch eine Feigheit, sich von den Fesseln befreit und sie doch wieder angelegt zu haben, weil du dich fürchtetest!«

Und nun begann zwischen beiden ein heftiger Redekampf. Sie hätten einander ermordet, wenn sie nicht gefesselt gewesen wären. Winnetou machte dem Auftritt ein Ende, indem er dem »schwarzen Geier« Aufklärung gab.

»Du – du bist es gewesen?!« rief der Geier da betreten aus. »Das ist unmöglich! Ich habe die »Wolke« an der Stimme erkannt!«

»So bist du nicht nur blind, sondern auch halb taub gewesen, denn es war meine Stimme, welche du gehört hast. Du sagtest mir, was ich wissen wollte; dann schlich ich mich wieder fort.«

»Hört ihr es!« rief die »dunkle Wolke« aus. »Er hat den Häuptling der Apatschen für mich gehalten und ihm unsere Geheimnisse mitgeteilt. Schande über ihn! Er muß aus dem Stamme gestoßen werden!«

»Du wirst ebenso wie er nicht mehr zu dem Stamme der Yuma gehören, denn ihr werdet unsere Kugeln schmecken, ehe wir von hinnen reiten; dann wird die Sonne in eure offenen Schädel scheinen, um zu sehen, daß niemals ein Gehirn darin gewesen ist!«

Die Drohung erschreckte die Yumas so, daß sie schwiegen, brachte aber dafür einen andern, nämlich den Juriskonsulto, zum reden. Seine Untergebenen hatten ihm den Standpunkt klar gemacht; er wußte, daß wir die Yumas töten und dann fortreiten wollten, ohne ihn und seine Gefährten loszubinden; als er nun Winnetous letzte Worte hörte, glaubte er diese Zeit gekommen und wendete sich aus Angst in bittendem Tone an mich:

»Sennor Shatterhand, ist es wirklich wahr, daß die Roten erschossen werden?«

»Ja,« antwortete ich. »Binnen einer Viertelstunde. Dann reiten wir fort.«

»Aber Sie werden uns doch vorher freilassen!«

»Nein. Ich habe Ihnen bereits gesagt, daß uns das nicht einfallen kann.«

»Aber bedenken Sie, daß Sie dadurch zum Mörder an uns werden, mein wertester Sennor!«

»Wie haben denn Sie gehandelt? Uebrigens ersuche ich Sie, mich mit ihrem »wertesten Sennor« zu verschonen. Ich verzichte auf einen Titel, den Sie vorher schon einem Yuma gegeben haben. Es scheint, Sie können nur dann höflich sein, wenn die Angst Sie dazu treibt.«

»Nein, nein! Ich kann höflich sein und werde höflich sein. Sie sollen kein unrechtes Wort mehr von uns hören, wenn Sie uns loslassen. Ich sehe ein, daß wir undankbar waren und ohne Sie verloren gewesen wären, und der Haziendero ist auch zu dieser Einsicht gekommen; nicht wahr, Don Timoteo?«

»Ja, Sennor Shatterhand,« antwortete der Angeredete. »Ich habe während der letzten Nacht über alles nachgedacht und weiß nun, daß alles, was mir widerfahren ist, nicht geschehen wäre, wenn ich auf Ihre Warnungen gehört hätte.«

Er bat, und der Beamte bat. Die unter Fesseln und stehend am Baume verbrachte Nacht hatte sie mürbe gemacht. Das war es, was ich bezweckt hatte, und so fragte ich endlich in freundlicherem Tone als bisher:

»Aber was werden Sie denn thun, wenn ich Sie loslasse? Nach Ures zurückkehren und Anklage gegen mich erheben, wie Sie mir gedroht haben?«

»Nein, nein!« antwortete der Haziendero. »Ich bin hier heraufgeritten, um Melton zu erwischen und alles, was er mir abgenommen hat, von ihm zurückzufordern. Diese Absicht kann ich in Ures nicht erreichen. Wenn Sie die Güte haben wollen, uns wieder loszubinden, werden wir mit Ihnen nach Almaden alto reiten, um dort den Betrüger zu bestrafen.«

»Ja, wir reiten mit Ihnen,« stimmte der Juriskonsulto bei. »Wir werden den Halunken zur Rechenschaft ziehen und große Thaten thun, indem wir mit den Yumas kämpfen!«

»Dann möchte ich Sie doch lieber hängen lassen, denn ich bin überzeugt, daß wir viel leichter und eher zum Ziele gelangen, wenn Sie nicht bei uns sind. Sie würden ja doch nur wieder Dummheiten machen.«

»Nein, nein! Wir versprechen Ihnen, klug wie die Schlangen zu sein und nichts zu thun, ohne vorher Ihre Erlaubnis eingeholt zu haben.«

»Wenn Sie den festen Willen haben, diesem Versprechen nachzukommen, so will ich mich erbitten lassen, doch muß vorher erst noch zweierlei geschehen. Sie unterzeichnen einige Zeilen, welche ich mir für den Gebrauchsfall in mein Buch notiere, des Inhalts, daß Sie nicht die mindeste Ursache haben, Winnetou und mir Vorwürfe zu machen, sondern uns als Ihren Lebensrettern vielmehr zu Dank verpflichtet sind.«

»Die Unterschrift sollen Sie haben. Und was ist das zweite?«

»Daß Sie sich auch an Wiinnetou wenden. Bisher haben Sie nur mich gebeten, Sie freizugeben; er hat aber darüber ebensogut zu bestimmen wie ich.«

Sie folgten dem Winke; der Apatsche antwortete ihnen nicht, sondern sagte, sich in wegwerfendem Tone an mich richtend:

»Die Bleichgesichter sind wie die Flöhe, welche keinen Nutzen bringen und auch niemandem zu schaden vermögen und denjenigen, an dem sie hangen, nur belästigen. Wenn Old Shatterhand solch Ungeziefer mit sich schleppen will, so ist das seine Sache. Der Häuptling der Apatschen hat nichts dagegen.«

Darauf löste ich ihnen die Riemen. Daß sie doch wirklich Angst gehabt hatten, zeigte sich jetzt, als sie meine Hände ergriffen, um sich zu bedanken. Ich hatte nicht nötig, sie von mir abzuwehren, denn ihre Dankesbezeugungen wurden von anderer Seite unterbrochen, von einer Seite, an welche ich jetzt am allerwenigsten gedacht hätte. Nämlich genau an derselben Stelle, an welcher ich gestern mit Winnetou den Tümpel erreicht hatte, teilte sich jetzt das Gebüsch, und wen sahen wir? Den jungen Mimbrenjo, den ich fortgeschickt hatte, um die fünfzig Krieger, welche sich bei den Herden befanden, zu benachrichtigen. Da er so schnell zurückkehrte, mußte etwas, und zwar nichts Gutes geschehen sein. Er reichte seinem Bruder die Hand und meldete dann, sich an Winnetou und mich wendend:

»Meine beiden großen Brüder haben so deutliche Spuren hinterlassen, daß ich ihnen leicht zu folgen vermochte. Leider wurde es gestern dunkel, ehe ich diesen Ort zu erreichen vermochte, und ich mußte, um die Fährte nicht zu verlieren, den Morgen kurz vor dem Ziele erwarten.«

»Mein junger Bruder,« antwortete ich, »muß kurz, nachdem er uns verlassen hatte, wieder umgekehrt sein, um uns nachzureiten. Ich sandte ihn seinen Brüdern entgegen. Warum hat er den Auftrag nicht ausgeführt?«

»Er hat ihn ausgeführt. Wie könnte er es wagen, gegen die Befehle Old Shatterhands und Winnetous zu handeln! Ich bin auf meine Brüder getroffen und habe sie mitgebracht.«

»Unmöglich! Die Herden können, da sie so langsam gehen, nach meiner Berechnung frühestens morgen bei der Hazienda eintreffen.«

»Unsere Krieger konnten eher kommen, weil sie die Herden verlassen mußten. Sie sind von den Yumas überfallen worden.«

»Was? Es scheint, die Gegend wimmelt geradezu von Yumaschwärmen. Wir hatten den »großen Mund« mit seinen Leuten; droben in Almaden alto stehen dreihundert, und nun giebt es einen dritten Trupp, welcher die Herden überfallen hat! Das ist doch sonderbar!«

»Old Shatterhand wird es noch weit sonderbarer finden, daß der »große Mund« sich bei dem Trupp befunden hat.«

»Der »große Mund«?« fragte ich beinahe erschrocken. »Der befindet sich doch in den Händen deines Vaters und soll nebst den andern gefangenen Yumas nach den Weideplätzen der Mimbrenjos transportiert werden!«

»So war es; aber es ist ihm jedenfalls gelungen, sich frei zu machen. Dann hat er mit vielen Yumakriegern die Herden überfallen.«

»Die Treiber haben sich natürlich gewehrt?«

»Nur kurze Zeit. Sie zählten nur fünfzig, und der »große Mund« hatte mehrere hundert Krieger bei sich. Einige Mimbrenjos wurden getötet und mehrere verwundet; sie sahen ein, daß Widerstand zu nichts führen könne, und ergriffen die Flucht nach der Hazienda, wo sie Old Shatterhand und Winnetou wußten. Darum sind sie viel eher dort angekommen, als mein großer, weißer Bruder gedacht hat.«

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