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Satan und Ischariot I

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»Mein berühmter, weißer Bruder ist erzürnt über mich. Ich weiß, daß jeder Häuptling stolz darauf sein würde, bei ihm sein zu können, und ich bin doch nichts als ein Wurm, eine Kröte, welche nicht beachtet wird; aber ich lechze darnach, einen Namen zu erhalten und unter die Zahl der Krieger aufgenommen zu werden, und ich weiß, daß ich in der Nähe Old Shatterhands am schnellsten einen Namen finden würde. Ist er darüber ergrimmt, so jage er mich fort; ich werde gehen!«



Da reichte ich ihm meine Hand hinüber und antwortete:



»Wie könnte ich mich über einen solchen kleinen Mann ergrimmen! Du gefällst mir, und dein Vater wird sich freuen, wenn er hört, daß ich dich bei mir behalten habe. Ich willige also ein; du kannst mir nützlich sein. Es ist kein Mensch so gering, daß er dem andern nicht einen großen Dienst erweisen könnte, und wenn es auch nur aus reinem Zufalle wäre. Vieles von dem, was du über Winnetou und mich gehört hast, konnte nur mit Hilfe von Leuten ausgeführt werden, welche unbekannt waren. Von uns erzählt man, von ihnen nicht. Möge deine Hoffnung, bei mir bald zu einem Namen zu kommen, sich erfüllen! Die Vorbedingungen scheinen dazu vorhanden zu sein.«



Es läßt sich denken, welche Freude er empfand, als er die Gewährung seines Wunsches vernahm. Er sagte kein Wort; sein Bruder ließ ein beglückwünschendes »Uff!« hören, und seine Schwester schlug als Zeichen der Freude ihre Hände zusammen. Ich fuhr fort:



»Aber werden, wenn du nicht bei ihnen bist, deine Geschwister euern Stamm glücklich und sicher erreichen? Es kommt sehr viel, vielleicht alles, darauf an, daß ihnen unterwegs kein Unfall begegnet.«



Da antwortete der jüngere Bruder in bescheidenem, aber dennoch zuversichtlichem Tone:



»Es kann uns nichts geschehen, denn ich habe ja nun ein Gewehr und fürchte mich also vor keinem Menschen. Auch weiß ich, daß zwischen hier und unserm Ziele kein Feind zu finden ist.«



Wir trafen jetzt wieder auf den Bach und befanden uns also an der Stelle, an welcher der Mormone uns geraten hatte, zu lagern. Es fiel uns natürlich nicht ein, dies zu thun.



Wir hielten gar nicht an und ritten weiter. Da ich meine Beobachtungen in südlicher Gegend zu machen hatte, so wollte ich jetzt nicht allzuweit nördlich gehen, konnte jedoch jetzt noch nicht zurückbleiben, weil ich mich soweit von der Hazienda entfernen mußte, bis ich sicher war, daß man meine Spur nicht mehr finden werde. Darum ging der Ritt bis nach Mitternacht fort, wo wir uns in einer Gegend befanden, welche für meine Zwecke gar nicht geeigneter sein konnte.



Der Mond war aufgegangen und gewährte uns einen weiten Umblick. Der Boden war felsig; die Pferde ließen also keine Spuren zurück. Am nördlichen Horizonte lag eine dunkle Linie. Als wir uns derselben näherten, sah ich, daß es ein Wald war. Unweit des Randes desselben ragte die Krone eines mächtigen Baumes hoch über alle andern hervor.



»Uff!« sagte der ältere Bruder. »Da sind wir wieder in bekannter Gegend. Das ist der Wald der großen Lebenseiche. Jetzt weiß mein jüngerer Bruder genau, wie er zu reiten hat, und kann sich unmöglich irren.«



»Gut!« antwortete ich. »So trennen wir uns hier. Und diese Lebenseiche mag der Ort des Wiedersehens sein. In sechs Tagen bin ich wieder hier, um die Ankunft eures Vaters und seiner Krieger zu erwarten.«



Ich erteilte dem kleinen Bruder die nötige Instruktion. Besonders genau beschrieb ich ihm die Stelle, an welcher Winnetou mich erwartete. Schließlich gab ich ihm die Waffen, welche ich dem Mormonen abgenommen hatte; er sollte sie seinem Vater als Geschenk überbringen. Der kleine Mann versicherte, daß er mit seiner Schwester bis zum Anbruche des nächsten Abends reiten werde, ohne anzuhalten. Er wollte versuchen, die Strecke in zwei anstatt in drei Tagen zurückzulegen.



Die Geschwister hatten sich vor ihrer Verabschiedung von den Opata mit Dürrfleisch versehen; jetzt wurde der Proviant geteilt. Das war mir sehr lieb, denn ich bekam da für zwei Tage und zwei Personen zu essen und brauchte also während dieser Zeit kein Fleisch zu schießen. Ich hatte ja mit dem Umstande zu rechnen, daß ein Schuß mich verraten könne.



Als dann der Bruder mit der Schwester fortgeritten war, banden wir unsere Pferde am Waldesrande fest und legten uns nieder, um bis zum Anbruche des Morgens zu schlafen. Die Ruhe war uns notwendig, da wir nicht sagen konnten, ob wir morgen abend Schlaf finden würden, und hier waren wir voraussichtlich so sicher vor jeder Ueberraschung, daß keiner von uns zu wachen brauchte. Uebrigens mußten wir auch deshalb den Tagesanbruch hier erwarten, weil wir dann weit sehen und uns orientieren konnten, während ein nächtlicher Ritt uns leicht vor eine plötzliche feindliche Begegnung gebracht hätte.



Nach unserm Erwachen am Morgen standen wir vor einer zweifachen Aufgabe. Erstens galt es, die Yumas aufzusuchen, und das konnte am besten am hellen Tage geschehen. Zweitens wollte ich die Hazienda beschleichen, um nach den Auswanderern zu sehen und möglicherweise mit dem Herkules zu sprechen. Dazu mußte ich natürlich den Abend abwarten.



Zur Erreichung unseres ersten Zweckes beschloß ich, die Stelle aufzusuchen, an welcher der Yumahäuptling die drei Geschwister überfallen hatte. Er war, wie bereits gesagt, jedenfalls dorthin zurückgekehrt, und ich hoffte, da Spuren zu finden, die mir andeuteten, wohin er sich gewendet hatte.



Wir ritten natürlich nicht in gerader Richtung, welche uns über die Hazienda geführt hätte, zurück, sondern machten einen Umweg, auf welchem wir keiner Begegnung auszuweichen brauchten, denn es begegnete uns eben keine Menschenseele. Es war Mittag, als wir im Thale ankamen. Je mehr wir uns der betreffenden Stelle näherten, desto vorsichtiger verhielten wir uns. Die drei Pferdeleichen lagen noch da. Eine ganze Menge Geier war damit beschäftigt, das Fleisch von den Knochen zu reißen und sich um die Fetzen zu streiten. Ich blieb, scharf auslugend und das Gewehr schußbereit haltend, unten bei den Pferden und schickte den Knaben hinauf zur Felsenhöhe, wo der Sohn des Häuptlings von meinen beiden Kugeln getroffen worden war. Er meldete mir bei seiner Rückkehr, daß die Leiche zur Seite geschafft und mit einem hohen Steinhaufen bedeckt worden sei. Fußspuren hatte er in dem harten, felsigen Boden nicht bemerkt.



Eine Fährte hatte ich da oben natürlich gar nicht erwartet. Mit Pferden konnte man nicht hinauf, und da der Häuptling jedenfalls zu Pferde gekommen war, so hatte er dasselbe unten im Thale gelassen, war zur Leiche seines Sohnes hinauf-, dann wieder herabgestiegen und hatte das Thal zu Pferde verlassen. Ob jemand bei ihm gewesen war, das mußte sich erst zeigen. Ich begann also, zu suchen; der Knabe half dabei.



Leider war der Boden hart, sodaß ausgesprochene Fußoder Hufeindrücke nicht vorhanden sein konnten. Einige kleine Zeichen, wie z.B. Abschürfungen einer Bodenstelle, oder ein aus seiner früheren Lage gerissenes Steinchen, waren zwar als Spuren zu nehmen, konnten aber auch von uns selbst, da wir gestern hier gewesen waren, herrühren. Der Indianer strengte seine Augen an. Er wäre sehr stolz darauf gewesen, wenn er auch nur die Andeutung einer Fährte hätte entdecken können. Es war vergeblich; darum rief er endlich unmutig aus:



»Sie sind hier gewesen; das ist sicher. Und doch ist nichts zu sehen. Meine Augen sind heut wie mit Blindheit geschlagen. Old Shatterhand mag ja nicht denken, daß dies stets der Fall ist!«



»Tröste dich mit dem Umstande, daß die Augen Old Shatterhands, die doch geübter sind als die deinigen, auch nichts zu entdecken vermögen,« antwortete ich. »Aber es giebt zweierlei Augen, diejenigen des Körpers und diejenigen des Geistes, der Seele. Wenn die einen mit Blindheit geschlagen sind, muß man die andern um so offener halten.«



»Die Augen meines Geistes sehen ebensowenig wie diejenigen meines Körpers.«



»Weil du sie wahrscheinlich nach der falschen Richtung öffnest.«



»So mag Old Shatterhand mir sagen, wohin meine Gedanken gehen sollen.«



»Natürlich hinter dem Häuptlinge der Yuma her.«



»Das haben sie doch bisher gethan, aber ohne ihn entdecken zu können.«



»Weil du von heut ausgehst. Beginne mit gestern, so wirst du Erfolg haben. Als eure beiden Angreifer vor mir flohen, standest du droben auf dem Felsenvorsprunge und konntest also besser und weiter sehen als ich. Sie ritten das Thal hinauf. Wir haben dieselbe Richtung eingeschlagen, ohne eine Spur von ihnen oder gar sie selbst zu sehen. Woran mag das liegen?«



»Sie haben wahrscheinlich das Thal sobald als möglich verlassen.«



»Das denke ich auch. Die Thalwände sind steil. Kann ein Reiter da hinauf?«



»Nein. Sie haben also in ein Seitenthal einbiegen müssen.«



»Ja. Ich sehe, daß mein junger Bruder die Augen seiner Seele richtig zu gebrauchen versteht. Natürlich aber haben die beiden Flüchtlinge das Seitenthal nicht aufs Geratewohl aufgesucht.«



»Nein, sondern ihre Leute haben sich in demselben befunden.«



»Ganz richtig! Kann mein junger Bruder mir noch einen anderen Grund dafür angeben, daß die Sache sich so verhält?«



»Nein,« antwortete er nach einer Weile vergeblichen Nachdenkens.



»So will ich ihm denselben sagen. Ich nehme an, daß die Yuma die Hazienda überfallen wollen und daß sie sich schon in der Gegend derselben befinden, um den passenden Augenblick abzuwarten. Da werden sie sich nicht offen zeigen, sondern sich verstecken. Das Thal ist ein Teil des Weges, welcher von Ures nach der Hazienda führt; es kann denselben jeden Augenblick jemand benutzen. Darum konnten sich die Yuma nicht hier postieren, und das ist der Grund, den ich meine. Der Häuptling und sein weißer Begleiter haben sich gestern in diesem Hauptthale befunden, um auf die Spähe zu gehen, und da zufällig euch getroffen. Wo aber Späher sind, da befinden sich die Krieger, zu denen diese gehören, sicherlich in der Nähe. Wenn ich sage »Nähe,« so meine ich allerdings keine sehr geringe Entfernung, denn wenn sich die Yumas nur eine kurze Strecke von hier befunden hätten, so wären sie sicherlich von dem Häuptlinge schleunigst herbeigeholt worden, um uns zu ergreifen oder wenigstens zu verfolgen. Wir haben also anzunehmen: Die Yumas befinden sich in einem Seitenthale dieser Hauptschlucht, aber soweit von der letzteren entfernt, daß sie wenigstens eine Stunde brauchen, um zu Pferde hierher zu gelangen. Will mein junger Bruder sagen, von welcher Beschaffenheit dieses Seitenthal sein muß?«

 



»Es muß bewachsen sein; es muß Bäume haben, hinter denen man sich verstecken kann, und Gras, welches als Futter für die Pferde dient.«



»Sehr wahr. Und nun mag mein Bruder sich erinnern, daß wir gestern an den Mündungen dreier Nebenthäler vorübergekommen sind. Wieweit lag die erste von hier?«



»Diejenige Zeit, welche die Weißen eine halbe Stunde nennen.«



»Und die anderen?«



»Die zweite eine Viertelstunde weiter und die dritte war sehr, sehr weit von hier gelegen.«



»Ja, soweit, daß sie hier gar nicht mit in Betracht kommen kann. Jetzt erinnere sich mein Bruder genau an die beiden Mündungen. Wie waren sie beschaffen? Deuteten beide darauf hin, daß sie der Beginn eines Thales seien, welches sich wenigstens eine halbe Stunde weit in die Berge hineinzieht?«



»Nein,« antwortete er, ohne sich zu besinnen. Er besaß also ein gutes Ortsgedächtnis. »Das erste Thal scheint schmal und kurz zu sein. Aber die Mündung des zweiten war sehr breit.«



»So haben wir die Yumas also sehr wahrscheinlich in diesem zweiten zu suchen, und diese Wahrscheinlichkeit wird sich erhöhen, wenn wir sehen, daß es bewachsen ist. Das werden wir jetzt thun.«



Ich stieg bei diesen Worten in den Sattel. Der Knabe folgte meinem Beispiele und meinte mit jugendlicher Wichtigkeit:



»Aber sehr vorsichtig müssen wir sein, denn hinter den Bäumen, welche wir sehen wollen, können die Yumas stecken!«



»Das wünsche ich eben,« lachte ich. »Es würde mich freuen, wenn sie sich nirgends anderswo befänden.«



»Aber dann sehen sie uns doch kommen!«



»Wir werden schon dafür sorgen, daß sie uns nicht bemerken.«



Die Art und Weise, wie ich mich ihm gab, ermutigte ihn zu dem Einwande:



»Mein berühmter weißer Bruder mag bedenken, daß wir nach Bäumen suchen! In einer ebenen Gegend kann man diese schon aus weiter Entfernung entdecken. Wir stehen aber im Begriffe, ein Thal aufzusuchen, welches wahrscheinlich viele Windungen macht. Wer da einen Wald entdeckt, der steht auch schon vor demselben, und wenn der Feind sich darin befindet, so kann es sehr leicht keine Zeit zur Umkehr geben!«



»Mein kleiner Bruder spricht wie ein alter, erfahrener Pfadfinder. Vielleicht ist er so freundlich, sich zu vergegenwärtigen, daß die Windungen eines Thales, hinter denen allerdings die Gefahr drohen kann, dem vorsichtigen Manne Schutz gewähren. Die Krümmung, hinter welcher der Feind sich verbirgt, hindert ihn, mich zu sehen. Uebrigens, um einen Vergleich zu bringen, wer ein Feuer entdecken will, der braucht nur auf den Rauch oder den hellen Schein zu achten und hat nicht nötig, hinzugehen und die Hand hineinzuhalten, um sich durch die Brandwunden zu überzeugen, daß es vorhanden ist. Wir werden also das zweite Thal, in welchem wir den Feind vermuten, sehr wahrscheinlich gar nicht betreten.«



Er nahm diese Worte als das hin, was sie waren, eine Zurechtweisung, auf die er den Kopf senkte und schwieg. Wir ritten vorwärts, von dieser Stelle aus den nämlichen Weg wie gestern nehmend, ich voran, indem ich mein Pferd so lenkte, daß es ziemlich stets Fels unter die Hufe bekam und also keine Fährte machte. Der Ritt war nicht ganz ungefährlich, da uns in jedem Moment ein Yuma oder ein Trupp dieser Roten entgegenkommen konnte. Glücklicherweise geschah dies nicht. Nach der angegebenen Zeit von einer halben Stunde kamen wir an die Mündung des ersten Seitenthales, welches ebenso wie das zweite nach links führte. Ich bog da ein. Der Indianer zögerte einen Augenblick, dann folgte er mir, ohne ein Wort zu sagen. Er konnte mich nicht begreifen, schwieg aber, um nicht wieder eine Zurechtweisung zu erhalten. Wenn wir die Yumas im zweiten Thale zu suchen haben, warum reiten wir da ins erste hinein? So fragte er sich. Die Antwort wurde ihm schon nach kurzer Zeit.



Das Thal war so gestaltet, wie wir vermutet hatten, schmal und seicht. Es stieg schnell aufwärts, und als ungefähr zehn Minuten vergangen waren, hatten wir sein Ende erreicht; wir befanden uns oben auf der Ebene. Da lag die Kreisfläche, welche der Horizont umschloß, vollständig übersehbar vor uns. Nach Süd, West und Nord gab es Ebene; im Osten lagen Berge. Die Ebene war kahl, eine Stelle ausgenommen, welche gegen Nordwest lag; dort ließ ein dunkler Streifen einen Wald vermuten. Ich deutete mit der Hand in diese Richtung und fragte:



»Was liegt wohl dort hinter jener dunklen Linie?«



»Ein Wald.«



»Nein, denn diese Linie ist eben selbst der Wald.



Er besäumt die Höhe des zweiten Thales, welches wir suchen. Jetzt wird mein junger Bruder wissen, warum ich nicht dorthin, sondern hierher geritten bin. Dort hätte uns Gefahr gedroht; hier haben wir den Wald entdeckt, ohne daß diejenigen, welche hinter demselben stecken, uns sehen können. Wenn die Yumas sich wirklich dort befinden, so können sie eine Störung nur von dem Hauptthale aus erwarten und werden nach dieser Richtung Wachen ausgestellt haben. Wollen wir sie erkundschaften, so können wir also getrost hinüber nach dem Walde reiten, ohne befürchten zu müssen, daß sie uns kommen sehen. Mein junger Bruder sieht nun wohl ein, daß man ein Feuer entdecken kann, ohne daß man sich die Hand an demselben verbrennt.«



»Old Shatterhand mag mir nicht zürnen,« antwortete er demütig. »Ich bin ein Knabe und hatte nicht daran gedacht, daß ich ein Mann werden will. Reiten wir hinüber?«



»Ja, denn ich muß unbedingt wissen, woran ich bin. Will mein junger Bruder vielleicht hier zurückbleiben und auf mich warten?«



»Ich reite mit, selbst wenn der ganze Stamm der Yumas sich dort befindet,« erklärte er mit blitzendem Auge. »Aber wenn Old Shatterhand es befiehlt, so muß ich bleiben.«



»Du sollst mit, doch hoffe ich, daß du keinen Fehler machst. Du weißt ja, wie gefährlich es ist, am hellen Tage ein feindliches Lager zu beschleichen.«



Ich setzte mein Pferd in Bewegung, und zwar in Galopp, denn je schneller wir über die offene Ebene kamen, desto kürzer wurde die Zeit, während welcher wir doch vielleicht gesehen werden konnten. Am Walde angelangt, stiegen wir ab und banden unsere Pferde an. Es galt zunächst, den Rand des Gehölzes auf eine genügende Strecke hin abzusuchen. Wir fanden nichts Verdächtiges und schafften die Pferde in ein Dickicht, welches selbst für scharfe Augen undurchdringlich war.



»Will mein Bruder die Pferde bewachen oder mit mir gehen?« fragte ich.



»Ich gehe mit!«



»Oder will er noch lieber selbständig handeln? Wenn wir uns teilen, kommen wir in der halben Zeit zum Ziele.«



»Hat Old Shatterhand Vertrauen zu mir, so mag er nur sagen, was ich thun soll. Er wird keinen Fehler von mir sehen.«



»So komm! Wir müssen zunächst den Rand des Thales suchen.«



Wir drangen tiefer in den Wald ein und kamen bald an die richtige Stelle, denn hier senkte sich der Boden schnell und steil in die Tiefe. Wir stiegen hinab, bis wir sahen, daß der Grund des Thales aus Rasen bestand, welcher von einem kleinen Wässerchen befeuchtet wurde; die steilen Seiten waren mit dichtem Walde besetzt.



»Jetzt trennen wir uns,« sagte ich. »Ich gehe eine Viertelstunde abwärts; du gehst ebenso weit aufwärts; dann kehren wir an diese Stelle zurück, um uns mitzuteilen, was wir gesehen haben. Bemerken wir nichts, so setzen wir die Nachforschungen fort, bis wir entweder die Yumas finden oder das ganze Thal abgesucht haben. Aber laß dich durch nichts bestimmen, ein Geräusch zu machen, oder etwa gar zu schießen!«



Diese Warnung sprach ich aus, weil ich dem Knaben doch nicht genug Selbstbeherrschung und Bedachtsamkeit zutraute, um, falls er den »großen Mund« sehen sollte, seinen Wunsch nach Rache zu zügeln. Ich ging die betreffende Strecke ab, ohne etwas Bestimmtes zu sehen.



Zwar gab es auf der Mitte der Thalsohle eine Linie im Grase, welche ich für eine Fährte hielt, doch konnte dieselbe ebensogut von einem Wilde wie von einem Menschen herrühren, und die Vorsicht verbot mir, hinüber zu gehen, um sie zu untersuchen.



Als ich nach der Stelle, an welcher wir auseinandergegangen waren, zurückkehrte, war der Knabe noch nicht wieder da; er kam jedoch bald und meldete mir:



»Ich sah niemand; aber es befindet sich eine Fährte im Grase.«



»Die habe auch ich bemerkt.«



»Und sodann hat meine Nase weiter gesehen als mein Auge, denn es roch nach Feuer.«



»Und gebratenem Fleisch etwa?«



»Nein; ich roch nur Rauch. Es muß aufwärts von der Stelle, an welcher ich umkehren mußte, ein Feuer brennen.«



»So komm, uns zu überzeugen!«



Wir huschten unter den Bäumen hin, den Blick immer scharf voran, um, falls sich jemand vor uns befinden sollte, diese Person eher zu entdecken, als sie uns zu sehen vermochte. Da, wo der junge Mimbrenjo umgekehrt war, blieb er stehen, sog die Luft durch die Nüstern ein und sah mich erwartungsvoll an. Ich nickte ihm zu und ging weiter; ja, es roch nach Rauch und je weiter wir kamen, desto deutlicher wurde der Geruch. Nach einiger Zeit blieb der Knabe, welcher hinter mir herschritt, stehen, hielt mich zurück und sagte in flüsterndem Tone:



»Sollten es Weiße sein?«



»Wohl kaum.«



»Aber es riecht nach Haba

13


  Bohnen.





»Die werden auch von Indianern gegessen. Komm nur weiter!«



Bald wurde auch mir der Geruch, welchen kochende Bohnen verbreiten, bemerkbar. Bohnen sind ein Lieblingsgericht des Mexikaners, und auch die Indianer Mexikos essen sie gern. Daß aber hier im wilden Walde welche gekocht wurden, war auffällig. Bohnen als Proviant auf einem Kriegszuge der Indianer! Dazu gehörten Kessel, Töpfe und auch andere Gefäße und Utensilien, ein Beweis, daß bei diesem Raubzuge nicht bloß Indianer im Spiele waren.



Wir kamen nun so nahe, daß wir nicht nur den Brandgeruch, sondern den wirklichen Rauch in die Nase bekamen, und sahen dann das, was wir gesucht hatten, vor uns liegen. Eigentlich sahen wir mehr, als wir gesucht hatten. Ich hatte einen Trupp von Indianern erwartet, frei im Walde liegend; hier aber befand sich ein richtiges, wohlgeordnetes Lager mit Zelten und allen andern Bequemlichkeiten, welche der Rote sich gewährt, solange er sich sicher fühlt.



Wir zählten wohl an die zwanzig Zelte, alle aus starker, grober Leinwand bestehend und mehr oder weniger zerrissen oder ausgebessert. Das Häuptlingszelt, an drei Adlerfedern kenntlich, stand in der Mitte. Vor demselben waren Stangen errichtet, an denen über sechs Feuern ebensoviele eiserne Kessel hingen, in denen die Bohnen kochten. Ein mehr seitwärts stehendes, niedriges Zelt schien als Vorratsraum zu dienen. Die Roten lagen in und neben ihren Zelten oder saßen in Gruppen besammen. Mehrere bedienten die Kessel, deren Inhalt sie rührten, damit er nicht anbrennen solle.



»Da,« flüsterte mir der Knabe zu, »da sind sie, im zweiten Seitenthale, ganz so, wie Old Shatterhand vermutete. Soll ich sie zählen?«



»Nein, denn das ist jetzt unmöglich, da viele in den Zelten stecken. Aber zähle die Pferde! Sie befinden sich jedenfalls weiter aufwärts, da wir sie abwärts nicht gesehen haben.«



»Soll ich gehen?«



»Ja, doch nimm dich in acht!«



Ich ließ ihn allein fort, weil es ihm große Genugthuung gewährte, sich selbständig bewegen zu dürfen und das Vertrauen zu genießen, welches man sonst nur einem erfahrenen Krieger schenkt. Als er nach einiger Zeit zurückkehrte, öffnete und schloß er die Hände, um mir durch die Zahl der Finger diejenige der Pferde deutlich zu machen, und sagte:



»Ich sah zweimal fünfmal zehn Pferde und noch drei dazu.«



Kein Naturindianer kann so wie wir bis hundert zählen. Die höchste Zahl ist bei vielen Stämmen die Zehn, bei manchen sogar nur die Fünf; daher die Ausdrucksweise meines Mimbrenjoknaben. Er hatte hundert und drei Pferde gezählt. Da sich unter denselben eine Anzahl Packpferde befanden, so konnte man auf ungefähr neunzig Indianer schließen. Squaws gab es nicht; es waren nur Krieger vorhanden, und diese waren, wie es den Anschein hatte, durchgängig mit Gewehren bewaffnet.



Trotz dieser bedeutenden Anzahl herrschte die größte Stille im Lager; man fühlte sich zwar sicher, ließ aber die nötige Vorsicht nicht außer acht. Jetzt sah ich einen der an den Kesseln beschäftigten Männer in das Häuptlingszelt treten. Er meldete wahrscheinlich, daß das Essen fertig sei, denn als er wieder herauskam, klatschte er einigemale in die Hände und rief mit lauter Stimme:

 



»Miuschyam, ma – – kommt herbei, das Essen ist fertig!«



Die in den Zelten befindlichen Indianer kamen mit ihren Näpfen heraus; die andern eilten hinein, sich die ihrigen zu holen; alle gingen nach den Feuern, um die Näpfe füllen zu lassen. Nur zwei thaten das nicht. Sie fühlten sich zu vornehm, an der allgemeinen Speisung sich zu beteiligen. Die beiden waren der große Mund und ein Weißer, welche aus dem Zelte des Häuptlings getreten waren und nun vor demselben standen, um die bewegte Scene vor sich zu beobachten. Wer der Weiße war, konnte ich nicht gleich sehen, weil er mir den Rücken zukehrte; später, als er eine Wendung machte, erkannte ich in ihm – – den jungen Weller, unsern früheren Kajütenwärter.



So hatten meine Vermutungen also überall das Richtige getroffen, und es fragte sich nur, wo sich sein Vater befand. Hier im Lager jedenfalls nicht, sonst hätte er sich jetzt mitsehen lassen.



Die Speisung der neunzig war binnen drei Minuten vorüber; dann begann das faule Lungern von neuem. Wir beobachteten das Lager noch längere Zeit und bemerkten kein Anzeichen, welches erraten ließ, daß noch heute irgend ein Unternehmen im Plane sei. Später kam der Häuptling wieder mit Weller aus dem Zelte. Auf einen Wink des letzteren wurde ein Pferd gebracht, welches er, wie ich sah, besteigen wollte.



»Komm!« raunte ich dem Mimbrenjo zu. »Wir müssen fort.«



»Wohin?«



»Weiß es noch nicht genau, wahrscheinlich aber nach der Hazienda.«



Wir gingen denselben Weg zurück, den wir gekommen waren, und sahen, noch ehe wir aufwärts stiegen, Weller das Thal hinabreiten. Er war allein, Nun ging es mit verdoppelten Schritten hinauf zur Höhe und zu den Pferden. Wir zogen diese heraus ins Freie, stiegen auf und jagten nach dem ersten Seitenthale zurück, an dessen Mündung wir uns hinter einen Felsen stellten, um aufzupassen. Hatte Weller sich im Hauptthale abwärts gewendet, so mußte er an uns vorüber; kam er nicht, so ritt er aufwärts und hatte jedenfalls die Hazienda zum Ziele.



Er kam nicht, obgleich wir wohl eine Viertelstunde warteten, und so beschloß ich, mich auch aufwärts zu wenden, um ihm zu folgen. Dabei gingen mir allerlei Vermutungen durch den Kopf. Vor allen Dingen fragte ich mich, ob er sich auf der Hazienda sehen lassen werde, oder heimlich nach derselben wolle. Das letztere schien mir das wahrscheinlichere zu sein, da er jedenfalls den Boten zwischen dem Häuptlinge und dem Mormonen machte. War meine Ansicht die richtige, so kam er mit Melton an irgend einem abgelegenen Orte zusammen. Hätte ich denselben gekannt, so wäre es möglich gewesen, sie zu belauschen und vielleicht den ganzen Plan, den sie hegten, zu erfahren. Aber ich kannte diesen Ort eben nicht. Doch, war es denn nicht möglich, ihn zu erfahren? Ja, aber da mußte ich rasch machen.



Wir verließen also die Mündung des ersten Seitenthales und ritten schnell aufwärts, an der Mündung des zweiten vorüber und dann weiter. Ich war überzeugt, den jungen Weller vor uns zu haben, mußte aber doch sehen, ob dies nicht vielleicht ein Irrtum sei. Dabei hieß es, vorsichtig zu sein, denn es galt, ihn zu sehen, ohne von ihm bemerkt zu werden.



Glücklicherweise hörte der Felsen bald auf, und es gab weicheren Boden, welcher den Hufschlag unserer Pferde dämpfte. In diesem Boden war die Spur eines Reiters deutlich zu sehen; er war, wie ich derselben entnahm, langsam geritten; wir mußten ihn also bald einholen. Richtig! Noch ehe wir das dritte Nebenthal erreichten, kamen wir an eine Krümmung, welcher wir vorsichtigerweise nicht sofort folgten, sondern hinter deren Ecke wir erst vorlugten. Da ritt er, höchstens dreihundert Schritte vor uns. Er war es, und nun gab es keinen Zweifel darüber, daß er nach der Hazienda wollte. Mein Mimbrenjo war mir bisher schweigend gefolgt; jetzt konnte er seine jugendliche Ungeduld nicht mehr bemeistern und fragte:



»Warum folgen wir diesem Bleichgesichte nach? Darf ich das von Old Shatterhand erfahren?«



»Ja. Ich folge ihm, weil er ein Bote des großen Mundes ist.«



»An wen?«



»Ich vermute, an Melton, welcher gestern unser Gefangener war. Wahrscheinlich werden sie sich heimlich treffen und von dem Ueberfalle sprechen, welchen ich verhüten will. Dabei kann ich wohl erfahren, was sie eigentlich planen.«



»Will mein großer, weißer Bruder sie belauschen?«



»Ja.«



»Aber er kennt doch nicht den Ort, an welchem sie miteinander sprechen werden!«



»Ich hoffe, ihn zu erfahren.«



»Da müßten wir dem Bleichgesichte da immer auf dem Fuße folgen und dürften es nicht aus dem Auge lassen. Dreht sich dieser Weiße aber einmal um, so muß er uns sehen.«



»Ich werde ihm erst folgen, wenn es dunkel geworden ist, sodaß er mich nicht sehen kann, und dann werden wir ihm zuvorkommen, indem wir ihm auf einem Umwege vorauseilen.«



»Dann sieht er unsere Spuren.«



»Er wird sie für diejenigen von zwei Hirten des Haziendero halten. Vielleicht trifft er auch erst nach Anbruch der Dunkelheit auf unsere Fährte, die er dann nicht sehen kann. Wir kennen den Weg, den er einzuschlagen hat, genau, weil wir ihn gestern geritten sind. Sehr wahrscheinlich reitet er bis an den See, in welchen der Arroyo mündet. Wenn wir ihn dort erwarten, haben wir ihn sicher. Auch paßt es in Beziehung auf die Zeit sehr gut, weil es dunkel sein wird, wenn wir dort ankommen.«



»Und welchen Umweg werden wir machen?«



»Das weiß ich nicht genau, da ich die Gegend nicht kenne. Wir reiten in das dritte Seitenthal hinein und werden sehen, wohin uns dasselbe führen wird.«



»Wohin es führt, das weiß ich ganz genau, denn dieses Thal ist eben der Weg, welchen ich mit meinem jüngern Bruder und meiner Schwester eigentlich einzuschlagen hatte. Wir wichen nur deshalb von demselben ab, weil wir glaubten, auf der Hazienda Pferde zu bekommen.«



»Nun, wohin werden wir gelangen, wenn wir diesem Thale folgen?«



»Hinaus auf die große Ebene, auf welcher nur zuweilen eine kleine Höhe liegt.«



»Eine freie Ebene? Es giebt also für einen schnellen Ritt keine Hindernisse?«



»Nein. Reitet man geradeaus, so kommt man an den Wald der Lebenseiche, wo wir mit unsern Kriegern zusammentreffen wollen. Will man nach der Hazienda, so hält man sich nach rechts; das weiß ich genau; wie aber dieser Weg ist, das kann ich nicht sagen, denn ich bin ihn noch nicht geritten,«



»Ist auch nicht nötig, da das, was du mir gesagt hast, vollständig genügt. Ich weiß jetzt, daß wir den kleinen See zur richtigen Zeit erreichen werden. Laß uns also wieder vorwärts machen!«



Während dieser kurzen Wechselrede war Weller vor uns verschwunden; wir konnten also weiter reiten. Dies thaten wir zunächst langsam, um ihm nicht wieder so nahe zu kommen; dann aber, als wir in das dritte Seitenthal eingebogen waren, trieben wir unsere Pferde an, und als wir oben auf die Ebene gelangten, jagten wir im Galopp über dieselbe hin, indem wir unsern Pferden nur zuweilen Zeit gaben, sich ein wenig zu verschnaufen, und ließen sie erst dann langsamer gehen, als zu befürchten stand, daß wir, falls wir so weiter ritten, viel zu zeitig am See ankommen würden; denn am Tage durften wir uns dort unmöglich sehen lassen.



Eben als die Sonne hinter dem westlichen Horizonte verschwand, sahen wir an dem östlichen einen Wald auftauchen.



»Das werden wohl die Bäume sein, welche am Rande des Arroyothales stehen,« vermutete mein Mimbrenjoknabe.



Ich war derselben Meinung und hielt also auf den Wald zu. Als wir ihn erreichten, dunkelte es bereits. Wir stiegen ab, um unsere Pferde weiterzuführen. Die Bäume standen nicht eng; wir kamen leicht vorwärts, bis der Boden sich senkte und wir nach kurzer Zeit das Wasser des Sees zu unserer Linken schimmern sahen. Von rechts her mußte der junge Weller kommen. Zunächst galt es, unsere Pferde so zu verbergen, daß sie nicht entdeckt werden konnten, aber auch Gras und Wasser hatten, um ihren Hunger und Durst befriedigen zu können. Ein solcher Ort ward sehr bald gefunden, Die Pferde blieben unter der Aufsicht des Indianers, den ich nicht bei mir haben konnte; auch ließ ich ihm meine Gewehre, welche mich doch nur belästigt hätten. Ich gebot dem Knaben, sich auf keinen Fall zu entfernen, und begab mich dann nach der andern Seite des Sees, wo Weller vorüber m

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