Nutztierhaltung und -hygiene

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1.1.5Prüfungsfragen

 Welche Anforderungen sind aus der Sicht des Verhaltens an die Haltung der Milchkühe zu stellen?

 Erläutern Sie die Nachteile der Anbindehaltung und charakterisieren Sie die wesentlichen Funktionsmaße eines Anbindestalles.

 Welche Unterschiede bestehen zwischen Mittellangstand und Kurzstand?

 Mit welchen Steuerelementen kann das Eliminationsverhalten der Kühe beeinflusst werden?

 Warum vollzieht sich ein Wandel von der Anbindehaltung zur Laufstallhaltung von Kühen?

 Worin unterscheidet sich die gegenständige von der wandständigen Liegebox für Milchkühe?

 Charakterisieren Sie den Tretmiststall und den Kompostierungsstall für Kühe.

1.2Mutterkuhhaltung

Die Mutterkuhhaltung nimmt eine bedeutende Rolle bei der Nutzung von Grünland und/oder der Landschaftspflege ein. Sie erlaubt aus ökonomischer Sicht nur geringe Investitionen, weshalb der Mitteleinsatz (z. B. Medikamente, Arbeitszeit) minimiert und einfachste Haltungsformen genutzt werden müssen. Letztere sind z. B. die ganzjährige Weidehaltung, die Unterbringung in einfachen Offenfront-Ställen sowie Altgebäuden. Gleichzeitig verlangt das Verfahren aber auch zur Erzielung vertretbarer Ergebnisse ein exaktes und intensives Management.


Mutterkuhhaltung:Nur das eigene Kalb der Mutter bleibt während der Säugeperiode bei der Kuh.
Ammenkuhhaltung:Zum eigenen Kalb werden der Mutter bis zu 4 weitere Kälber hinzugegeben oder es werden nur fremde Kälber zugeführt.

Die Einführung der Milchquotenregelung im Jahr 1984 ging mit einer er­­heblichen Reduktion des Milchviehbestandes in Deutschland einher. In der Folge hat die Mutterkuhhaltung (die Ammenkuhhaltung hat kaum Verbreitung gefunden) als extensive Tierhaltungsform zur Nutzung von Grünland und/oder bei der Landschaftspflege in den letzten 20 Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Die geschaffenen finanziellen Anreize, wie Extensivierungsprogramme sowie Tierprämien, haben den Trend zusätzlich unterstützt, sind mittlerweile allerdings weitgehend weggefallen.

Milchquotenregelung: Wurde am 2. April 1984 auf EG-Ebene eingeführt, um die Überproduktion einzudämmen und den Landwirten einen angemessenen Preis für die Milch zu garantieren. Zu diesem Zweck wurden einzelbetriebliche Referenzmengen zugewiesen, die zu be­stimmten Preisen abgenommen wurden. In 2015 ist diese Regelung ausgelaufen.

Nach Quoteneinführung stieg der Mutterkuhbestand in Deutschland von 1990 bis 2002 um ca. 480 000 auf ca. 694 000 Kühe an. Die meisten Mutterkühe stehen in Kleinbeständen, die im Nebenerwerb bewirtschaftet werden. In 2013 gab es knapp 6000 Herdbuchbetriebe mit ca. 63 500 Herdbuchtieren. Die Absetzkälber werden über Auktionen oder ab Hof verkauft. Die Preise schwanken in Abhängigkeit von Rasse, Geschlecht, Gewicht (bis 200 kg oder über 300 kg) und anderen Faktoren sehr stark zwischen 2,20 und 3,50 EUR/kg (Stand 2015). Die Prämienregelung (Umsetzung der auf EU-Ebene beschlossenen Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) in nationales Recht) hat einen starken Einfluss auf die weitere Entwicklung extensiver Tierhaltungsverfahren. Die zentralen Elemente der Reform sind die Entkopplung der Direktzahlungen von der Produktion, die Bindung der Direktzahlungen an Kriterien des Umwelt- und Tierschutzes sowie der Lebens- und Futtermittelsicherheit (Cross Compliance) und die Verwendung eines einbehaltenen Teils der Direktzahlungen für die Entwicklung.

Die gesetzlichen Grundlagen der Mutterkuhhaltung stellen im Wesentlichen das Tierschutzgesetz in der Fassung vom 28.7.2014 sowie die Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Er­­zeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung (Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung – TierSchNutztV) vom 25.10.2001 (BGBL 1 S. 2750) in der Fassung vom 5.2.2014 dar.

1.2.1Allgemeine Anforderungen an Mutterkühe

Entscheidend für die Wirtschaftlichkeit der Mutterkuhhaltung sind eine gute Fruchtbarkeit (inkl. Leichtkalbigkeit), gute Aufzuchtleistung (gute Mütterlichkeit), Genügsamkeit, Langlebigkeit (niedrige Remontierungs­raten) und Umgänglichkeit der Mutterkühe. Die hohe Vitalität sowie gute Mast- und Schlachtleistungseigenschaften der Kälber sind weitere wichtige Faktoren. Gefordert sind Mutterkühe, die jährlich ein Kalb aufziehen und im Abkalberhythmus der Herde bleiben. Die Aufzuchtleistung (Anteil der abgesetzten Kälber) der Herde muss über 90 % und die Kälberverluste sollten unter 5 % liegen. Um dies zu erzielen, sind vor allem die sofortige Annahme des Kalbes nach der Geburt sowie die rasche Kolostralmilchaufnahme notwendig (s. Kap. 1.4.2). Die anschließende gleichmäßige Milchversorgung des Kalbes durch die Mutter bis zum Absetzen wird durch eine hohe Persistenz erreicht. Eine Jahresmilchleistung von über 3000 l ist für ein gutes Wachstum des Kalbes erwünscht.

Der Erfolg der Mutterkuhhaltung hängt neben niedrigen Gebäudekosten, der Vermarktung und der Standortwahl vor allem von der Wahl des Genotyps (der Rasse) ab. Da sich in den verschiedenen Gebieten Mutterkuhrassen mit unterschiedlichen Standort- und Nährstoffansprüchen entwickelt haben, stehen vielfältige Genotypen zur Verfügung. Die wichtigsten in Deutschland genutzten Rassen sind Deutsch Fleckvieh, Charolais, Limousin, Deutsch Angus, Galloway und Highland. Während sich für gute Grünlandstandorte besonders die großwüchsigen Fleischrinderrassen (Charolais, Fleckvieh, Gelbvieh und Blonde d’Aquitaine) eignen, haben die klein- (Galloway und Highland) bis mittelrahmigen (Angus, Limousin, Pinzgauer und Hereford) Rassen Vorteile auf ertragsschwächeren Grünlandstandorten. Klein- bis mittelwüchsige Fleischrinderrassen haben auch bei direkt vermarktenden Betrieben den Vorteil, dass sie schon kurze Zeit nach dem Absetzen die Schlachtreife erzielen und die Teilstücke bei der Direktvermarktung aufgrund der Größe leichter vermarktbar sind. Bei der Auswahl der Rasse spielt auch die genetisch bedingte Hornlosigkeit eine wichtige Rolle. Neben den reinen Rassen sind Gebrauchskreuzungen weit verbreitet.

1.2.2Produktionsablauf der Mutterkuhhaltung

Der Produktionsablauf der Mutterkuhhaltung unterliegt einem relativ fixen jährlichen Zyklus (Abb. 15).


Abb. 15 Produktionsschema im Jahresverlauf bei Winter-, Frühsommer- und Herbstkalbung

Die Kalbeperiode (Frühsommer, Herbst oder Winter) bestimmt den gesamten Verfahrens- bzw. Jahresablauf des Betriebes. Je besser die Kalbe- bzw. Deckperiode im Betrieb eingeplant und organisiert ist, umso höher sind die Planungssicherheit und der Erfolg. In den meisten kleineren bis mittelgroßen Betrieben ist eine Kalbeperiode pro Jahr vorgesehen. Eine komprimierte Decksaison (8 bis 10 Wochen; drei Zyklen (21 Tage) pro Kuh) und in der Folge Abkalbeperiode bringt verschiedene Vorteile: keine Verdrängung der Kälber am Futter, einheitliche Verkaufsgewichte, geringerer Beobachtungsaufwand, erhöhte Ruhe in der Herde, bessere Hygiene und leichtere Krankheitsvorbeuge (Prophylaxe: z. B. Muttertierimpfung). Nachteilig kann vor allem bei großen Herden die Vermarktung sein. Eventuell ist dort eine Verteilung auf zwei bis drei Abkalbeperioden sinnvoll. Die Vorteile der verschiedenen Kalbezeitpunkte sind in Tabelle 11 gegenübergestellt. Nachteile der Winterkalbung sind die höheren Ansprüche an Ge­­bäude und Winterfutterqualität. Bei der Frühsommerkalbung ist dagegen die notwendige frühe Entwöhnung der Kälber (4. bis 5. Monat) als nachteilig zu nennen. Die Säugeperiode sollte aber die Laktationsleistung der Mutter soweit wie möglich ausnutzen.


Tab. 11 Vorteile der verschiedenen Kalbeperioden in der Mutterkuhhaltung
Vorteile
Winterkalbung(Dez.–Febr.)arbeitsreduzierte ZeitKälber sind zum Zeitpunkt des Weideaustriebs selbst zur Grasaufnahme und -verwertung fähigAusnutzung von Teilen der Milchleistung auf der Basis billigen Weidefuttershöhere Absetz- und Entwöhnungsgewichte
Frühsommerkalbung(Mai–Juli)bessere Fruchtbarkeit der Kühe (Nährstoffversorgung)bessere Hygiene und geringe Kälberverlustegeringere Ansprüche an Stall und Winterfutterqualität
Herbstkalbung(Sept.–Nov.)arbeitsreduzierte Zeit im Vollerwerbsbetriebhöhere Absetz- und Entwöhnungsgewichtebessere Hygiene und geringe Verlustebessere Fruchtbarkeit der Kühegeringere Ansprüche an Stall und Winterfutterqualität

Eine Herdentrennung der Kühe mit Kälbern unterschiedlichen Ge­schlechts ist (je nach Rasse) ab dem 5. Lebensmonat (>220 kg) sinnvoll, um Fehlbelegungen zu vermeiden.

Das Absetzen der Kälber von den Müttern sollte bis ca. zum 8. Lebensmonat erfolgen, u. a. um eine ausreichende Trockenperiode der Kühe sicherzustellen.

Nach dem Absetzen werden die Tiere als Fresser verkauft, geschlachtet und vermarktet, im Betrieb (Stall und/oder Weide) ausgemästet (Ochsen-, Bullen- oder Färsenmast), zur Bestandsergänzung (Remontierung) genutzt oder einer Färsenvornutzung (d. h. frühen Belegung) unterzogen.

Das Absetzen stellt einen erheblichen Einschnitt im Leben des Kalbes dar, was sich in den ersten Tagen in gesteigerter Unruhe und Bewegungsintensität, Lautäußerungen (Abb. 16), reduzierter Futteraufnahme, Ge­­wichtsverlusten sowie einer Immunsuppression mit der Folge gesteigerter Krankheitsanfälligkeit niederschlägt. Um die negativen Effekte des plötzlichen Absetzens zu mindern, wurden verschiedene alternative Absetzverfahren getestet. Dazu gehören das Fence-Weaning (Kälber werden nur durch einen stabilen Zaun von den Muttertieren getrennt; der soziale Kontakt bleibt zunächst erhalten), Trainer Cows (einige erfahrene, bereits abgesetzte Muttertiere verbleiben bei den abgesetzten Kälbern) sowie das Two-Step-Weaning (zunächst erfolgt durch Einziehen von Saugbügeln bei den Kälbern die Unterbindung der Milchaufnahme, anschließend nach einigen Tagen die räumliche Trennung).

 

Abb. 16 Anzahl Rufe pro Tag und Tier von Deutsch Angus Kälbern (10 pro Gruppe) in den ersten fünf Tagen nach dem Absetzen (ca. 200. Lebenstag) – Traditionelles und zweistufiges Absetzverfahren (Two-Step-Weaning)

1.2.3Haltungsverfahren

Die am weitesten verbreitete Haltungsform für Mutterkühe in Mitteleuropa ist die Kombination aus Weidehaltung im Sommer und Winterstallhaltung in Wirtschaftsgebäuden einfacher Bauart oder in Umbaulösungen ehemaliger Milchviehställe. Daneben wächst wegen der möglichen Kostensenkung das ökonomische Interesse am Verfahren der ganzjährigen Außenhaltung (Abb. 17). Die ganzjährige Außenhaltung war zunächst sog. Robustrassen vorbehalten, wird mittlerweile allerdings mit verschiedenen Fleisch- und fleischbetonten Zweinutzungsrassen betrieben.


Abb. 17 Schematischer ­Überblick der Verfahren zur Mutterkuhhaltung

Weidehaltung

Die Weide stellt die Futtergrundlage eines großen Teils des Jahres dar.

Futterflächenbedarf pro Mutterkuh und Kalb und Deckbullenanteil liegt für Robustrinder und mittelschwere Rassen bei ca. 0,8 und für schwere Rassen bei ca. 1,2 ha Weide

Ein gutes Weidemanagement (Weideunterteilung, Nachmahd, Weideruhe, Weidehygiene und dem Futteraufwuchs angepasster Tierbesatz) wirkt sich positiv auf den Weidezustand und den Nährstoffertrag aus. Als Standorte besonders gut geeignet sind leichtere, wasserdurchlässige Böden, da dort die Trittbelastung der Tiere das Bodengefüge nicht nachteilig verändert. Dagegen sind schwere, tonreiche und lange feucht bleibende Böden grundsätzlich weniger geeignet. Schwere Rassen kommen hier nicht infrage.

Die Koppelgröße richtet sich nach der Herdengröße, dem Futterzuwachs und der Weideführung, d. h. vor allem der Umtriebsfrequenz (s. Kap. 3.3.1). Überweidungen führen zu Pflanzenverarmung, niedrigerem Grünlandertrag, reduziertem Gewichtszuwachs der Tiere, höherem Bedarf an Zufütterung und stärkerer Arbeitsbelastung. Auch Unterbesatz hat nachteilige Auswirkungen. In diesem Fall nimmt ein minderwertvoller Pflanzenbestand überhand, wenn keine konsequente Nach- bzw. Zwischenmahd erfolgt.

Zu den wesentlichen haltungstechnischen Einrichtungen der Weide gehören grundsätzlich Tränkevorrichtungen, Schutzhütten, Zäune, Kälberschlupf sowie Treibe-, Sortier- und Fixiereinrichtungen. Fütterungseinrichtungen sind dann erforderlich, wenn Raufutter in größerem Umfang oder Silage, Kraftfutter bzw. Mineralfutter zugefüttert werden sollen (z. B. Winteraußenhaltung). Rundballenraufen (mit und ohne Überdachung) haben sich für das Angebot von Raufutter und Grassilage besonders bewährt.

Der Trinkwasserbedarf einer Mutterkuh liegt bei ca. 30 bis 70 l pro Tag. Die ständige Wasserversorgung auf der Weide kann über Tränken (z. B. bei Weiden in Stallnähe), Behältnisse (Wannen, Tröge oder Bottiche), Wasserfässer oder natürliche Gewässer sichergestellt werden. Einfache Behältnisse müssen täglich frisch befüllt werden, kippsicher sein, an einem schattigen Standort aufgestellt und bei Verschmutzung umgehend gereinigt werden. Die in der Praxis weit verbreiteten Weidetankwagen in Kombination mit Selbsttränken oder Trögen sind im Sommer vor übermäßiger Sonneneinstrahlung zu schützen. Die herkömmlichen Weidefässer sind für den Winterbetrieb kaum geeignet. Bei der Nutzung natürlicher Gewässer müssen Landschafts- und Trinkwasserschutz beachtet werden. Möglichen Kälberverlusten ist vorzubeugen. Der direkte Zugang der Rinder zum Gewässer bringt als weitere Nachteile die Verbreitung von Parasiten und sonstigen Krankheitserregern infolge von Wasserverschmutzung, Klauenbelastungen und eine Verschlammung mit sich. Die Befestigung der Uferränder mit einem festen Untergrund beugt der Morastbildung vor. Der Zugang zu fest installierten Tränken ist aus demselben Grund im günstigsten Fall befestigt. Tränken müssen grundsätzlich eine tiergerechte Wasseraufnahme (gute Erreichbarkeit, leichte Erlernbarkeit und Betätigung des Tränkemechanismus), einfache Reinigung und Wartung (Restwasserablauf), Schutz vor Verschmutzung, Funktionssicherheit, Haltbarkeit sowie Frostsicherheit garantieren (s. Jungbluth et al. 2005). Außerdem müssen ein ausreichender Wasserdurchlauf (mindestens 10 l pro min bei einem an eine Druckleitung angeschlossenen Selbsttränkebecken) sowie die Zugänglichkeit und ausreichende Befestigung des Tränkeplatzes gewährleistet sein. Ein Tränkebecken ist für 15 bis 20 Tiere vorzusehen. Wärmegedämmte Tränken (z. B. Ballen-, Klappen- oder Schalentränken) haben sich besonders bewährt. Für eine sichere Funktion im Winter muss die regelmäßige Abnahme von Wasser erfolgen (mindestens 10 Tiere/Tränke).

Natürliche (Bäume, Hecken) oder künstliche Schutzräume (Windschutzwände aus Rundballen, Unterstand) sollten auf der Weide zur Verfügung stehen. Besonders an heißen Tagen werden diese gern von den Tieren aufgesucht. Der eingestreute Liegebereich soll zwischen 4 und 8 m2 pro Muttertier betragen – je nach Gewicht der Tiere und Behornungszustand. Pro Kalb sind zusätzlich 1 bis 2 m2 einzuplanen.

Kälber suchen zum Abliegen gern Bereiche mit höherem Bewuchs auf. Es ist dementsprechend sinnvoll, dicht bewachsene Stellen innerhalb der Weide zu erhalten.

In Abhängigkeit von Rasse (Milchleistung) und Weideaufwuchs kann es außerdem zweckmäßig sein, den Kälbern auch während der Weidehaltung zur Ausschöpfung des Wachstumspotenzials (hohe Tageszunahmen) einen mobilen Kälberschlupf mit der Möglichkeit zur Kraftfutter- und Heugabe anzubieten. Der Kälberschlupf sollte ohne Futterautomat eine Mindestgröße von 2,0 × 1,5 bis 2,0 m haben. Der Schlupf muss 0,4 bis 0,5 m breit und 1,0 m hoch sein.

Kälberschlupf ist ein ausschließlich den Kälbern möglicher Zugang in einen getrennten Bereich in Stall oder Weide, in dem Zufütterung stattfindet und die Tiere Ruheplätze haben.

Wird aus betrieblichen Gründen eine extensivere Aufzucht betrieben, so folgt erst nach dem Absetzen der Kälber eine intensive Endmast. Der Kälberschlupf ist dann als Futterort unnötig. Unabhängig davon werden geschützte Bereiche auf der Weide von Kälbern gerne als Rückzugsmöglichkeit in Anspruch genommen.

Die Einzäunung muss Aspekte des Landschaftsschutzes sowie der Sicherheit berücksichtigen. Die Mutterkuhhaltung stellt grundsätzlich keine über die Milchviehhaltung hinausgehenden besonderen Anforderungen an die Einzäunung. Elektrolitzen haben sich bewährt (ca. 90 cm Bodenabstand). Bei hohem Ausbruchrisiko sind mehrere Litzen zu verwenden. Grundsätzlich gilt, dass der Zaun für die Tiere gut erkennbar sein muss. Seine technische Ausführung ist in jedem Fall der Fluchtgefahr anzupassen. Wesentliche Faktoren dabei sind die Nähe zu Verkehrswegen und deren Nutzungsintensität, der Tierbesatz (erhöhtes Risiko bei Bullen, Kälbern und Jungrindern sowie bestimmten temperamentvollen Rassen), die Nähe zum Betrieb (Kontrolle) sowie mögliche Störungen. Neben technisch einwandfreien Elektrozäunen kommen ausnahmsweise auch Zäune in Massivbauweise, z. B. einfache Holz- und Knotengitterzäune infrage. Eine Besonderheit stellt die Situation der Weidekalbung dar: das Kalb verlässt in den ersten Tagen den von der Gruppe entfernt gelegenen, geschützten Geburtsplatz (z. B. hohes Gras, Gebüsch, Hecken) nicht, wobei sich das Muttertier in dieser Zeit in der Nähe aufhält. Danach lockert sich die enge Bindung, die Kuh kehrt zur Herde zurück und trifft das Kalb zum Säugen. Befindet sich ein hoher Bewuchs außerhalb der Koppel und ist diese durch einen einfachen Weidezaun (Elektrolitze) abgegrenzt, kommt es nicht selten vor, dass das Neugeborene den eingezäunten Bereich auf der Suche nach Deckung verlässt („Lying out“). Daraus können Probleme resultieren, wenn die Mutter nicht zu ihrem Kalb gelangen kann bzw. umgekehrt. Besondere Sorgfalt ist der Einzäunung auch während der Deckperiode zu widmen.

Zu den häufigsten Ursachen für Weideausbrüche gehören Futter- und/oder Wassermangel, ungewohnte Wetterlagen (Gewitter, anhaltender Regen, große Hitze), starker Ektoparasitenbefall sowie Paniksituationen (z. B. durch Hunde ausgelöst).

Stallhaltung

Wichtig für die Unterbringung ist ein hoher Bewegungsspielraum für die Tiere, ausreichend Futter- und Tränkeplätze sowie eine arbeitswirtschaftlich günstige Lösung für die Einstreu und Entmistung (s. Jungbluth et al. 2005 und Kap. 1.1).

In Anbindeställen fressen, liegen und stehen die Kühe an einem Ort, dem Kurz-, Mittellang- oder Langstand. Dieses Stallsystem muss für Mutterkühe unabhängig von der Bestandsgröße aus ethologischer Sicht abgelehnt werden, da dem Bewegungsbedürfnis der Tiere nicht Rechnung getragen werden kann. Da die Tiere während der Weideperiode keinen engen Mensch-Tier-Kontakt gewohnt sind, führt eine Fixierung darüber hinaus zu er­­heblichem Stress und einer großen Verletzungsgefahr für Mensch und Tier (Kuh und Kalb).

Laufställe sind für die Mutterkuhhaltung am günstigsten zu bewerten. Sie sind in Fress-, Liegebereich, Laufflächen, Kälberschlupf und möglicherweise Behandlungs- und Sortierstand unterteilt. Die gängigsten sind Einraum-Tiefstreustall, Zweiraumlaufstall und Tretmiststall.

Abkalbebuchten können im Laufstall integriert sein oder sich separat befinden. In vielen Betrieben findet die Kalbung im Laufstall statt. Es gibt eine Vielzahl von Laufställen unterschiedlicher Varianten in Anordnung und Ausführung, da viele aus Altbaulösungen entstanden sind. Da der Liege­boxenlaufstall u. a. aus Kostengründen weitestgehend der Milchviehhaltung vorbehalten ist, wird auf eine Darstellung an dieser Stelle verzichtet (s. Jungbluth et al. 2005 und Kap. 1.1).

Nachteile der Tiefstreuställe sind u. a. der hohe Strohbedarf (10 bis 15 kg Stroh/GV/Tag), ein mangelhafter Klauenabrieb (schlechte Klauengesundheit), die Verschmutzung der Futterkrippen, die Tierverschmutzung, ein erhöhter Keimdruck aus feuchter und warmer Einstreuschicht sowie das damit einhergehende relativ hohe Gesundheitsrisiko für die Kälber. Im Vordergrund stehen bakterielle (Escherichia coli), virale (Corona, Rota) sowie parasitäre (Eimerien) Mischinfektionen.

Der Tretmiststall ist durch eine schräge (6 bis 10 % Gefälle zum Lauf-/Mistgang) eingestreute Liegefläche gekennzeichnet. Auf der Schräge baut sich eine Mistmatratze auf, die langsam über eine Abrisskante aus dem Liegebereich in den Lauf- bzw. Mistgangbereich (ca. 3 m Breite) getreten wird. Dort wird sie mittels Schieber oder Schlepper abgeschoben. An Liegefläche werden 3,5 bis 4 m2 pro Mutterkuh gefordert. Vor dem Laufgang befinden sich die Fressplätze (0,75 m Fressplatzbreite/Kuh). Die Ausstattung mit Fressgittern ermöglicht das Fixieren ruhiger Tiere für kleinere Eingriffe. Im oberen Bereich der Liegefläche werden ca. 5 kg Einstreu/Kuh und Tag eingebracht.

Beim Tieflaufstall ist entweder die gesamte Fläche eingestreut (Einraumlaufstall, keine Trennung von Lauf- und Liegebereich) oder lediglich der Liegebereich, wogegen der Laufbereich planbefestigt oder mit Spaltenboden versehen ist (Zweiraumlaufstall). Es besteht ein Liegeflächenbedarf von 4,5 bis 5,0 m2 je Mutterkuh (Tab. 12). Das Tier-Fressplatz-Verhältnis ist im Optimalfall 1 : 1. Der Strohbedarf liegt im Zweiraumlaufstall bei 6 bis 10 kg/GV/Tag. Die Stallbreite sollte mindestens 6,5 m betragen. Der Futtertisch muss eine Breite von 3 (einreihiger Einraumstall) bis 4 m (zweireihiger Einraumstall) haben.


Tab. 12 Stallmaße für Mutterkühe – Laufstall
TierkategorieKüheKälber und Jungvieh
Gewicht (kg)Widerristhöhe (cm)550–650130–140bis 150bis 200bis 300bis 400
Fressplatzbreite (cm)Fressplatzlänge (cm)Laufgangbreite (cm)Liegefläche (m2)Liegeboxenbreite (cm)Liegeboxenlänge (cm)Laufhoffläche (m2)davon nicht überdacht723202404,5120240102,5401601201,2601403,51451601201,8701604,51502001352,0901904,51,3602601602,51002105,51,5

An Laufställe kann ein Laufhof (Auslauf) angeschlossen sein. Im Auslauf sollte der Boden befestigt, rutschfest und mit einer leichten Neigung versehen sein. Es sollten 3,5 m2 pro Tier bzw. 5 m2 pro Tier, wenn Tränke, Außenfütterung und Kratzbürste im Auslauf vorgesehen sind, eingeplant werden. Der Stallplatzbedarf bleibt unverändert.

 

Auch bei einer guten Milchleistung der Mutterkühe ist es sinnvoll, den Kälbern einen Kälberschlupf mit Kraftfutter anzubieten. Für hohe Tageszunahmen der Nachzucht ist eine hohe Fütterungsintensität erforderlich. Wird aus betrieblichen Gründen eine extensivere Aufzucht betrieben, so folgt erst nach dem Absetzen der Kälber eine intensive Endmast. In Betrieben mit viel billigem Raufutter erfolgen vereinzelt auch eine extensive Winterfütterung und die Endmast der Färsen und Ochsen erst im zweiten Weidesommer. Der Kälberschlupf muss eine stabile Abgrenzung zum restlichen Bereich des Stalles haben, leicht zugänglich sein, trockene Einstreu aufweisen und über Tränke und Trog verfügen. Es sind 1,5 m2 pro Kalb vorzusehen. Neben der Futterversorgung ist der Kälberschlupf ein wichtiger Ruhebereich für die Tiere, in dem sie ungestört von Mutterkühen abliegen können.

Separate Abkalbebuchten (z. B. bei Liegeboxenlaufstallhaltung) bieten den Muttertieren im günstigsten Fall Sichtkontakt zur Herde, saubere und trockene Einstreu, eine gute Belüftung und Beleuchtung, rutschfesten Boden, Wasseranschluss (Warm- und Kaltwasser) und sind leicht zu reinigen und zu desinfizieren. Die Grundfläche sollte mehr als 12 m2 betragen. Das zeitige Aufstallen (mind. 10 Tage vor Abkalbung) sichert eine ausreichende Eingewöhnung. Nach Kalbung sollten die Tiere mindestens 24 h gemeinsam in der Bucht verbleiben. Abkalbebuchten ermöglichen intensive Geburtshygiene, bessere Geburtsüberwachung, leichtere Geburtshilfe so­­wie die Entwicklung einer intensiven Mutter-Kind-Beziehung mit dem Vorteil einer beschleunigten Kolostrumaufnahme (s. Kap. 1.4.2).

Stabile mobile oder stationäre Sortier-, Fang- und Fixiereinrichtungen gehören zu den wesentlichen Einrichtungen der Mutterkuhhaltung. Diese Einrichtungen dienen u. a. für tierärztliche Behandlungen, Untersuchungen oder sonstige Maßnahmen, wie Klauenpflege und Kennzeichnung. Fang- und Fixiereinrichtungen sind insbesondere bei größeren Tierbeständen zweckmäßigerweise durch Korraleinrichtungen mit Wartehof und Treibgang zu ergänzen (Abb. 18). Ein Wartehof von ca. 75 m2 Grundfläche (z. B. aus 9 × 3 m Zaunelementen aufgestellt) reicht für ca. 35 Tiere als Warteraum aus.


Abb. 18 Sortier-, Fang- und Fixiereinrichtungen für Mutterkühe (Werkbild Patura, 2005)

1 = Panel

2 = Schwingtor

3 = Kurvenpanel

4 = Panel mit Rahmen

5 = Rahmen für Treibgang und ­Schiebetür

6 = Behandlungskäfig

7 = Fang- und Behandlungsstand

Bei Konzentrierung der Abkalbung laufen die Deckbullen üblicherweise ca. 2 bis 3 Monate (mindestens drei Brunstzyklen) in der Herde. Dies kann in Abhängigkeit vom gewünschten Kalbezeitpunkt auf der Weide oder im Laufstall sein. Eine Reduzierung der Unfallgefahr während der Deckperiode kann durch folgende Punkte erreicht werden:

 der Bulle sollte nur während der kurzen Deckperiode in der Herde sein,

 zusätzliche Absicherung der Weideeinzäunung,

 mindestens zwei Personen bei Arbeiten auf der Weide (Bullenabsonderung),

 Fluchtmöglichkeit vorsehen (Traktor etc.),

 entsprechende Sachkunde der Personen (Verhaltensweisen!) und Warnschilder an der Weide.

Außerhalb der Deckperiode stehen Deckbullen separat von der Herde in der Regel in Stallhaltung. Es werden sowohl Formen der Anbindehaltung wie auch der Boxenhaltung in Tiefstreu praktiziert. Die Boxenhaltung auf Tiefstreu gewährt den Tieren die größte Bewegungsfreiheit und ist deshalb aus ethologischer Sicht zu fordern. Der Klauenpflege ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Sie muss zeitig vor der Deckperiode durchgeführt werden.

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