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Helene

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XXVII

Berßenjew’s Voraussage traf nur zum Theil ein: die Gefahr war vorüber, doch kehrten Inßarow‘s Kräfte nur langsam zurück; der Arzt ließ Etwas von tiefer und allgemeiner Erschütterung des ganzen Organismus fallen. Indessen verließ der Kranke sein Bett und ging im Zimmer umher; Berßenjew war wieder in seine Wohnung übergezogen, doch besuchte er täglich seinen noch schwachen Freund erstattete auch wie zuvor täglich Helene Bericht über den Zustand des Genesenden. Inßarow durfte nicht an sie schreiben und machte blos, in seinen Gesprächen mit Berßenjew, flüchtige Andeutungen über sie; Berßenjew dagegen erzählte ihm mit erkünsteltem Gleichmuthe von seinen Besuchen bei Stachow’s, wobei er jedoch besonders betonte, wie Helene so sehr betrübt gewesen, jetzt aber ruhiger geworden sei. Helene schrieb auch nicht an Inßarow; sie hatte etwas Anderes im Sinne.

Eines Tages, als Berßenjew ihr mit heiterem Gesichte die Nachricht gebracht hatte, daß der Arzt Inßarow erlaubt habe, eine Cotelette zu essen, und Letzterer füglich in einiger Zeit werde ausgehen dürfen, wurde sie nachdenkend und ließ den Kopf hängen . . . – Errathen Sie, was ich Ihnen sagen will? begann sie darauf. Berßenjew wurde verlegen. Er hatte sie verstanden. – Vermuthlich, entgegnete er, mit einem Blicke auf die Seite, – wollen Sie mir sagen, daß Sie ihn zu sehen wünschen. Helene wurde roth und sagte kaum hörbar: – Ja!

– Was hindert Sie daran? Das, denke ich, wird Ihnen ja leicht sein. – Pfui! dachte er, – welch’ ein garstiges Gefühl hat mich beschlichen!

– Sie wollen sagen, weil ich schon ein Mal . . . sagte Helene. – Ich fürchte aber . . . er ist jetzt, wie Sie sagen, selten allein.

– Das läßt sich leicht machen, erwiederte Berßenjew, immer ohne sie anzusehen. – Ihn vorbereiten kann ich nun freilich nicht; geben Sie mir aber einen Zettel. Wer kann Ihnen verbieten, an ihn, als ihren guten Bekannten, für den Sie sich interessiren, zu schreiben? Es ist nichts Anstößiges dabei. Bestimmen Sie ihm . . . das heißt, schreiben Sie ihm, wann Sie bei ihm sein wollen.

– Ich schäme mich, sagte Helene leise.

– Geben Sie mir einen Zettel, ich will ihn hintragen.

– Das wird nicht nöthig sein, ich möchte Sie nämlich bitten . . . Sie müssen mir nicht böse werden, Andrei Petrowitsch . . . gehen Sie morgen nicht zu ihm.

Berßenjew biß sich die Lippen.

– Ah! Ja, ich verstehe, schon recht, schon recht. Er setzte noch etwas hinzu und ging rasch hinaus.

– Desto besser, desto bessert dachte er, indem er nach Hause eilte. – Nichts Neues habe ich erfahren, um so besser. Was klammere ich mich denn da an ein fremdes Nest? Ich habe mir nichts vorzuwerfen, ich habe gethan, was mein Gewissen mir gebot, jetzt ist es aber genug. Sie möge gehen! Es war kein eitles Wort, was mir mein Vater sagte: wir, mein Junge, sind keine Sybariten, keine Aristokraten, uns hat weder Geschick noch Natur verhätschelt, nicht einmal Märtyrer sind wir, – Arbeiter sind wir, gewöhnliche Arbeiter. So wirf Dir Dein Schutzfell über, Arbeiter, tritt an Deinen Werktisch, in Deiner dunkelen Werkstatt! Mag die Sonne Anderen leuchten!

Unser einsames Leben hat auch seinen Stolz und sein Glück! Am folgenden Morgen erhielt Inßarow mit der Stadtpost einen kurzen Zettel: – Erwarte mich, schrieb ihm Helene, – und laß Jeden abweisen. A. P. wird nicht kommen.

XXVIII

Inßarow durchflog Helene’s Zettel und begann sogleich sein Zimmer in Ordnung zu bringen, er bat seine Wirthin, die Arzneiflaschen fortzuschaffen, zog seinen Schlafrock aus und einen Ueberrock an. Vor Entkräftung und Freude ging ihm der Kopf in die Runde und pochte ihm das Herz. Die Knie knickten ihm zusammen; er ließ sich auf den Divan nieder und sah nach der Uhr. – Jetzt ist es drei Viertel aus Zwölf, sagte er zu sich selbst; – vor Zwölf kann sie unmöglich kommen, ich will bis dahin an etwas Anderes denken, sonst halte ich es nicht aus. Vor Zwölf kann sie unmöglich . . .

Die Thür flog auf und in leichtem, seidenem Kleide, ganz weiß, frisch, jugendlich und glücklich trat Helene herein und fiel mit schwachem Freudenruf an seine Brust.

– Du lebst, bist mein! rief sie und umfing und faßte seinen Kopf. Er verging vor Wonne, sein Athem versagte in dieser Nähe, bei diesen Berührungen, von diesem Glücke.

Sie setzte sich an seine Seite, schmiegte sich an ihn und schaute ihn mit jenem wonnigen und zärtlichen Blicke an, der nur aus den Augen eines liebenden weiblichen Wesens leuchtet.

Ihr Gesicht nahm plötzlich einen traurigen Ausdruck an.

– Wie hast Du abgenommen, mein armer Dmitri, sagte sie, seine Wangen streichelnd, – wie ist Dein Bart lang geworden!

– Auch Du hast abgenommen, meine arme Helene, entgegnete er, indem er ihre Finger mit den Lippen zu haschen versuchte.

Sie schüttelte lächelnd die Locken.

– Das hat nichts zu bedeuten. Gieb nur Acht, wie wir uns erholen werden! Ein Gewitter war über uns herausgezogen, wie an jenem Tage, als wir in der Capelle zusammentrafen, jetzt ist’s vorüber. Jetzt bleiben wir leben!

Er erwiederte ihr mit einem Lächeln.

– Ach Dmitri. was für Tage. was für martervolle Tage! Wie kann man Diejenigen überleben, die man liebt? Jedes Mal wußte ich zum Voraus, was mir Andrei Petrowitsch sagen würde, wahrhaftig, meine Lebensgeister hoben sich und sanken mit den Deinigen. Sei mir wiedergegrüßt, mein Dmitri!

Er wußte nicht, was er ihr sagen sollte. Er hätte ihr zu Füßen fallen mögen.

– Was ich auch noch bemerkt habe, fuhr sie fort, indem sie ihm das Haar zurückstrich, – ich habe die ganze Zeit über Muße genug gehabt, über Vieles nachzudenken, wenn der Mensch sehr, sehr unglücklich ist . . . mit welcher stumpfsinnigen Aufmerksamkeit giebt er auf Alles Acht, was um ihn her vorgeht! Zuweilen vertiefte ich mich ganz in Betrachtung einer Fliege und fühlte dabei Erstarrung und Grauen in der Seele! Das ist aber Alles vorbei, vorbei, nicht wahr? Alles ist hell, was vor uns liegt, nicht wahr?

– Du stehst vor mir, erwiederte Inßarow, – darum ist mir’s hell.

– Und mir doch auch! Erinnerst Du Dich noch, als ich bei Dir war, nicht das letzte Mal. . . nein! nicht das letzte Mal« wiederholte sie unwillkürlich zusammenschauernd« – jenes Mal, als wir mit einander sprachen, ich erwähnte, weiß selbst nicht warum, des Todes; da hatte ich keine Ahnung, daß er aus der Lauer stand. Du bist aber doch jetzt gesund?

– Ich fühle mich bedeutend besser, bin fast ganz hergestellt.

– Du bist gesund, bist nicht gestorben. O wie bin ich glücklich!

Eine kurze Pause trat ein.

– Helene! sagte Inßarow.

– Was, mein Geliebter?

– Sage mir, ist Dir nicht der Gedanke gekommen, daß diese Krankheit als Strafe über uns verhängt worden sei?

Helene blickte ihn ernsthaft an.

– Diesen Gedanken habe ich wohl gehabt, Dmitri. Ich dachte aber: wofür sollte ich denn Strafe leiden? Welche Pflicht hätte ich denn übertreten? Worin denn gefehlt? Vielleicht ist mein Gewissen nicht so beschaffen, wie das Anderer, es regte sich nicht; oder vielleicht habe ich etwas gegen Dich verschuldet? Ich könnte Dir ein Hinderniß werden, Dich aufhalten . . .

– Du wirst mich nicht zurückhalten, Helene, wir werden zusammenhalten.

– Ja Dmitri, das wollen wir, ich folge Dir . . . Es ist meine Pflicht. Ich liebe Dich . . . ich kenne keine andere Pflicht.

– O Helene! rief Inßarow, – welch unzerstörbare Bande legt mir jedes Deiner Worte an!

– Warum von Banden reden? fiel sie ein. – Wir sind Beide freie Leute. Ja, fuhr sie nachdenkend, mit gesenktem Blicke fort und mit einer Hand noch immer ihm das Haar zurechtstreichelnd, – ich habe in der letzten Zeit Vieles erlebt, wovon ich niemals einen Begriff gehabt! Wenn mir Jemand vorausgesagt hätte, daß ich, das wohlerzogene Fräulein, unter allerlei erdichteten Vorwänden, allein, das Haus verlassen werde, um, wohin? . . . zu einem jungen Manne, in dessen Wohnung zu gehen . . . wie entrüstet wäre ich gewesen! Und das ist Alles geschehen, und ich fühle nicht die geringste Entrüstung. Bei Gott, es ist wahr! setzte sie hinzu, sich gegen Inßarow wendend.

Er blickte sie mit dem Ausdrucke so grenzenloser Hingebung an, daß sie sanft ihre Hand auf seine Augen herabgleiten ließ.

– Dmitri! redete sie ihn an, – Du weißt es ja nicht, ich habe Dich ja dort, auf jenem schrecklichen Lager gesehen, als Du in den Krallen des Todes Dich befandest, besinnungslos warst . . .

– Du hast mich gesehen?

– Ja.

Er schwieg. – Und Berßenjew war dabei?

Sie nickte mit dem Kopfe.

Inßarow beugte sich zu ihr. – O Helene, flüsterte er, – ich darf meinen Blick nicht zu Dir erheben.

– Weshalb? Andrei Petrowitsch ist so gut! Ich habe mich nicht vor ihm geschämt. Und worüber hätte ich mich schämen sollen? Ich will es der ganzen Welt sagen, daß ich die Deine bin! . . . Zu Andrei Petrowitsch habe ich Vertrauen wie zu einem Bruder.

– Er hat mich gerettet! rief Inßarow. – Das ist der edelste, beste der Menschen!«

– Gewiß . . . Und weißt Du wohl, ihm habe ich Alles zu verdanken? Weißt Du wohl, er war der Erste, der mir sagte, daß Du mich liebst!t Und wenn ich Alles sagen dürfte . . . Ja« gewiß, er ist der edelste Mensch.

Inßarow blickte Helene fest an. – Er ist in Dich verliebt« nicht wahr?

Helene senkte die Augen. – Er hatte mich lieb, sagte sie halblaut.

Inßarow drückte ihr stark die Hand. – O Ihr Russen, sagte er, – Ihr habt ein goldenes Herz! Und er, er hat mich gepflegt, hat die Nächte nicht geschlafen . . . Und Du, Du, mein Engel . . . Ohne Vorwurf, ohne Wanken . . . und mir das Alles, mir . . .

– Ja, ja, Alles Dir, weil man Dich liebt. Ach Dmitri! Wie sonderbar ist es doch! Ich habe es, dünkt mich, Dir schon einmal gesagt, das ist aber gleich, ich wiederhole es gern und Dir wird es auch lieb sein zu hören . . . als ich Dich das erste Mal sah . . .

 

– Warum hast Du Thränen in den Augen? unterbrach sie Inßarow.

– Ich? Thränen? Sie trocknete ihre Augen mit dem Tuche. – O das Närrchen! Er weiß noch nicht, daß man auch vor Freude weint. Ich wollte Dir nur sagen, als ich Dich zum ersten Male sah, fand ich nichts Besonderes an Dir, wahrhaftig. Ich besinne mich, anfangs gefiel mir Schubin weit mehr, obgleich ich niemals Liebe für ihn gefühlt habe; was nun vollends Andrei Petrowitsch betrifft . . . o! da gab es eine Minute, wo ich dachte, wäre es nicht dieser? Du aber . . . nichts; dafür aber hast Du mir nachher . . . nachher . . . mit beiden Händen das Herz genommen!

– Habe Mitleid mit mir! sagte Inßarow. Er wollte ausstehen und fiel sogleich auf den Divan zurück.

– Was fehlt Dir? fragte Helene besorgt.

– Nichts . . . ich bin noch etwas schwach . . . Dieses Glück ist noch zu groß für meine Kräfte.

– So bleib ruhig sitzen. Bitte« nicht sich rühren, nicht aufgeregt sein, setzte sie, mit dem Finger drohend, hinzu. – Und warum hat man den Schlafrock abgelegt? Noch ist es zu früh, den Stutzer zu spielen! Ruhig gesessen, ich will Ihnen Mährchen erzählen. Man höre und schweige! Nach solcher Krankheit ist es schädlich, viel zu sprechen.

Sie begann ihm nun von Schubin, von Kurnatowsky zu erzählen und was sie in den letzten zwei Wochen erlebt hatte, und wie, nach den Zeitungen zu urtheilen, Krieg bevorstehe und, sobald er völlig hergestellt sein werde, man, ohne eine Minute zu verlieren, an die Mittel zur Abreise werde denken müssen. . . Dies Alles erzählte sie, an seiner Seite sitzend und an seine Schulter geschmiegt . . . Er hatte ihr zugehört, war bald bleich, bald roth geworden . . . einige Male hatte er sie unterbrechen wollen und plötzlich richtete er sich empor.

– Helene, sagte er in einem eigenthümlichen, scharfen Tone, – verlaß mich, gehe fort.

– Wie? fragte sie erstaunt. – Fühlst Du Dich schlecht? setzte sie lebhaft hinzu.

–– Nein . . . ich fühle mich wohl . . . aber, ich bitte Dich, verlaß mich.

– Ich verstehe Dich nicht. Du treibst mich fort? . . .

Was machst Du da? sagte sie plötzlich; er hatte sich fast bis zum Fußboden gebückt und mit seinen Lippen beinahe ihre Füße berührt. – Thue das nicht, Dmitri . . . Dmitri . . .

Er richtete sich auf.

– Dann verlasse mich!l Siehst Du, Helene, als ich erkrankte, verlor ich nicht sogleich das Bewußtsein; ich wußte, daß ich mich am Rande des Grabes befand; selbst während der Fieberhitze, des Phantasirens begriff ich, fühlte ich dunkel, daß der Tod herannahte, ich nahm Abschied vom Leben, von Dir, von Allem, jede Hoffnung hatte ich aufgegeben . . . und plötzlich dies Erwachen, dies Licht nach den Schatten, Du, . . . Du . . . neben mir, bei mir . . . Deine Stimme, Dein Hauch . . . Das übersteigt meine Kräfte! Ich fühle, daß ich Dich leidenschaftlich liebe, ich höre, Du nennst Dich selbst die Meine, ich stehe für nichts ein . . . Gehe fort!

– Dmitri . . . sagte Helene flüsternd und verbarg ihren Kopf an seiner Schulter. Sie hatte ihn jetzt erst verstanden.

– Helene, fuhr er fort, – ich liebe Dich, Du weißt es, ich bin bereit, mein Leben für Dich hinzugeben . . . warum bist Du aber jetzt zu mir gekommen, jetzt, da ich schwach, mich selbst zu beherrschen nicht im Stande bin, und all mein Blut in Wallung ist . . . Du bist mein, sagst Du . . . Du liebst mich . . .

– Dimitri, rief sie, wurde roth und schmiegte sich noch fester an ihn.

– Helene, habe Mitleid mit mir . . . gehe fort, ich fühle, ich kann sterben . . . ich kann diesem Drange nicht wiederstehen . . . meine ganze Seele strebt Dir entgegen . . . denke nur, fast hätte der Tod uns getrennt . . . und jetzt bist Du hier, in meinen Armen . . . Helene . . .

Sie bebte am ganzen Leibe. – So nimm mich hin, flüsterte sie kaum hörbar.

XXIX

Mit finsterem Gesichte ging Nikolai Artemjewitsch in seinem Cabinete aus und nieder. Schubin saß mit übergeschlagenen Beinen am Fenster und rauchte ruhig eine Cigarre.

– So hören Sie doch, ich bitte, auf, aus einer Ecke in die andere zu spazieren, sagte er, die Asche von der Cigarre abstreifend. – Ich warte immer, Sie werden etwas sagen, folge Ihren Bewegungen . . . daß mir der Hals davon schmerzt. Dann hat auch Ihr Gang etwas Gezwungenes, Melodramatisches.

– Sie möchten immer nur Spaß treiben, entgegnete Nikolai Artemjewitsch. – Sie wollen sich nicht in meine Lage versetzen; Sie wollen nicht begreifen, daß ich mich an diese Frau gewöhnt habe, daß ich Neigung zu ihr fühle, daß ihre Abwesenheit mich quälen muß. Schon rückt der October heran, bald wird der Winter da sein . . . Was kann sie in Reval machen?

– Vermuthlich strickt sie Strümpfe . . . für sich; für sich . . . nicht für Sie.

– Lachen Sie, lachen Sie nur; ich kann Ihnen aber sagen, daß ich keine Frau kenne, die mit ihr zu vergleichen wäre. Diese Ehrlichkeit, diese Uneigennützigkeit . . .

– Hat sie den bewußten Wechsel eingetrieben? fragte Schubin.

– Diese Uneigennützigkeit, wiederholte Nikolai Artemjewitsch, die Stimme erhebend, – ist Staunen erregend. Man sagt mir, es gäbe auf der Welt eine Million anderer Frauen; ich aber sage: zeigt mir diese Million; zeigt mir diese Million, sage ich: ces femmes . . . qu’on me les montre! Und sie schreibt nicht einmal, das ist um den Tod zu bekommen!

– Sie sind beredt wie Pythagoras, bemerkte Schubin; – wissen Sie aber, was ich Ihnen rathen würde?

– Was denn?

– Wenn Augustine Christianowna zurückkehrt . . . verstehen Sie mich?

– Nun ja; was ist dann?

– Sobald Sie sie wiedersehen . . . Folgen Sie aber auch dem Gange meiner Rede?

– Nun ja doch, ja.

– Versuchen Sie einmal, sie durchzuprügeln; was dabei herauskäme!

Nikolai Artemjewitsch wandte sich unwillig ab.

– Und ich glaubte, er würde mir in der That einen vernünftigen Rath geben! Was hätte man aber von ihm auch erwarten können! Ein Artist, ein Mensch ohne Grundsätze . . .

– Ohne Grundsätze! Und Ihr Günstling, der Herr Kurnatowsky, der Mann von Grundsätzen, soll Ihnen, heißt es, gestern im Spiel hundert Silberrubel abgenommen haben. Das ist doch nicht delikat, Sie werden es zugeben.

– Was ist denn dabei? Es war ja kein Hazardspiel. Freilich, ich hätte erwarten dürfen. . . Man weiß ihn aber in diesem Hause so wenig zu schätzen . . .

– Daß er gedacht hat: geht’s mit dem Einen nicht, geht’s mit dem Anderen! ergänzte Schubin; – bekomme ich ihn zum Schwiegervater oder nicht . . . das liegt noch verdeckt in der Urne des Schicksals, hundert Rubel sind immer ein guter Bissen für Einen, der keine Sporteln nimmt.

– Schwiegervater! Was für ein Schwiegervater bin ich ihm denn? Vous vous moquez, mon cher. Freilich, jedes andere Mädchen wäre froh, einen solchen Bräutigam zu bekommen. Sie werden selbst gestehen, ein gewandter, gescheidter, Mensch, hat sich ohne Protection heraufgearbeitet, hat in zwei Gouvernements schweren Dienst gehabt . . .

– In dem . . .schen Gouvernement den Gouverneur an der Nase geführt, bemerkte Schubin.

– Sehr möglich. Wahrscheinlich war es so recht. Ein praktischer Mensch, bewundert . . .

– Und guter Kartenspieler, bemerkte Schubin wieder.

– Nun ja, spielt gut Karten. Aber Helene Nikolajewna . . . Wie soll man die begreifen? Ich möchte wohl wissen, wo der Mensch zu finden wäre, der es unternähme, ihre Gedanken zu ergründen? Bald ist sie heiter, bald wieder traurig; wird auf einmal so mager, daß man sie nicht ansehen möchte, und nimmt dann plötzlich wieder zu und ganz ohne sichtbaren Grund . . .

Ein Diener von nicht empfehlendem Aeußeren trat mit einer Tasse Kaffee, Rum und Zwieback auf einem Theebrett herein.

– Dem Vater gefällt der Bräutigam, fuhr Nikolai Artemjewitsch, mit einem Zwieback gesticulirend, fort, – aber was kehrt sich die Tochter daran! In jener alten patriarchalischen Zeit war das am Platze, jetzt aber haben wir das Alles umgedreht. Nous avons changé tout ca. Jetzt unterhält sich ein Fräulein mit wem es ihm beliebt, liest, was ihm beliebt, spaziert allein, ohne Diener, in Moskau umher, ohne weibliche Begleitung, ganz wie in Paris; so ist es jetzt Sitte. Neulich frage ich, wo ist Helene Nikolajewna? Ausgegangen, heißt es. Wohin? Man weiß es nicht. Ist das etwa . . . Ordnung?

– So nehmen Sie doch Ihre Tasse und lassen Sie den Menschen gehen, äußerte Schubin. – Sie sagen ja selbst, man solle nicht devant les domestiques . . . setzte er halblaut hinzu.

Der Diener sah Schubin von oben bis unten an, während Nikolai Artemjewitsch die Tasse nahm, Rum hineingoß und ein Dutzend Zwieback zusammenraffte.

– Ich wollte sagen, begann er, sobald der Diener hinausgegangen war, – daß ich in diesem Hause nichts zu bedeuten habe. Das ist Alles. Denn zu jetziger Zeit urtheilt Jeder nach dem Aeußeren: der Eine, ein hohler und dummer Mensch, tritt mit Wichtigkeit auf . . . und wird geehrt; ein Anderer, vielleicht mit Talenten begabt, welche . . . welche großen Nutzen bringen könnten, dabei aber bescheiden auftritt . . .

– Sind Sie Staatsmann, Nikolinka? fragte Schubin mit feiner Stimme.

– Hören Sie auf Possen zu reißen! rief Nikolai Artemjewitsch ärgerlich. – Sie vergessen sich! Da haben Sie einen neuen Beweis, daß ich in diesem Hause nichts bedeute, gar nichts!

– Anna Wassiljewna verbittert Ihnen wohl das Leben . . . Sie Armer! sagte Schubin, sich reckend. – Eh, Nikolai Artemjewitsch, lassen wir diese Anzüglichkeiten! Besser wäre es, Sie dächten an ein nettes Geschenk für Ihre Gemahlin. In diesen Tagen ist ihr Geburtstag und Sie wissen, wie hoch sie die geringste Aufmerksamkeit von Ihrer Seite anschlägt.

– Ja, ja, entgegnete hastig Nikolai Artemjewitsch, – ich bin Ihnen sehr verbunden, daß Sie mich daran erinnert haben. Freilich, freilich; es ist durchaus nöthig. Ich habe auch zufälliger Weise so ein Ding, ein Fermoir, das ich neulich bei Rosenstrauch kaufte; nur weiß ich wahrhaftig nicht, ob es gut genug ist?

– Haben Sie das nicht für jene Revalenserin gekauft?

– Das heißt . . . ich nun ja . . . ich hatte die Absicht . . .

– Nun, dann ist es gewiß gut genug.

Schubin erhob sich von seinem Stuhle.

– Wohin gehen wir denn heute Abend, Pawel Jakowlewitsch, he? fragte Nikolai Artemjewitsch und blickte ihm freundlich in die Augen.

– Sie werden doch wohl in den Club fahren?

– Aber nach dem Club . . . nach dem Club!

Schubin reckte sich wieder.

– Nein, Nikolai Artemjewitsch, ich muß morgen arbeiten. Ein anderes Mal. Und er ging hinaus.

Nikolai Artemjewitsch machte ein finsteres Gesicht, ging ein paar Mal durch das Zimmer, langte aus dem Schreibepulte ein Sammetkästchen mit dem »Fermoir« hervor, betrachtete es lange und putzte daran mit einem seidenen Taschentuche. Darauf setzte er sich an den Spiegel und begann sorgfältig sein dichtes, schwarzes Haar zu kämmen, mit wichtiger Miene den Kopf bald rechts, bald links hin neigend und die Zunge gegen die Wange stemmend, ohne dabei den-Haarscheitel aus den Augen zu verlieren. Es hüstelte Jemand hinter seinem Rücken, er wandte sich um und erblickte den Diener, der ihm den Kaffee gebracht hatte.

– Was willst Du? fragte er ihn.

– Nikolai Artemjewitsch! entgegnete der Diener in etwas feierlichem Tone, – Sie sind unser Gebieter.

– Nun, was weiter?

– Nikolai Artemjewitsch, Sie haben die Gnade, es nicht für ungut zu nehmen: ich diene bei Ihnen von Kindheit an, und muß aus Diensteifer Euer Gnaden gehorsamst berichten . . .

– Was giebt es denn?

Der Diener machte eine gezwungene Bewegung.

– Euer Gnaden geruhten zu sagen, begann er, – Sie wüßten nicht, wohin Helene Nikolajewna auszugehen beliebt. Davon habe ich Kenntniß erlangt.

– Was für Unsinn schwatzest Du, Dummkopf?

– Wie es Euer Gnaden gefällt, ich habe aber das gnädige Fräulein vor zwei Tagen gesehen, als es in ein Haus zu gehen beliebte.

– Wo? was? in was für ein Haus?

– In der . . .schen Quergasse, neben der Powarskaja. Nicht weit von hier. Ich habe auch beim Hausknecht nachgefragt, was für Einwohner es hat.

Nikolai Artemjewitsch stampfte mit den Füßen.

– Schweig, Taugenichts! Wie unterstehst Du Dich? . . . Helene Nikolajewna besucht aus Mitleid Arme, und Du . . .fort, Esel!

Der erschrockene Diener rannte nach der Thür.

– Halt! schrie ihm Nikolai Artemjewitsch zu, – was, hat Dir der Hausknecht gesagt?

– Er hat ni . . . nichts gesagt. Hat gesagt, ein Stu. . . Student . . .

– Schweig, Hallunke! Wenn Du, Schurke, hörst Du, auch nur im Traume ein Wort davon gegen Jemanden . . .

– Erbarmen Sie sich, wie . . .

– Schweig! Wenn Du das geringste Wort davon . . . wenn Jemand Etwas . . . wenn ich erfahre . . . sollst Du mir auch unter der Erde keinen Platz finden! Hast Du gehört? Pack’ Dich!

 

Der Diener verschwand.

– Mein Gott! Was bedeutet das? dachte Nikolai Artemjewitsch, als er allein geblieben war: – Was hat mir dieser Klotz gesagt? Man muß es erfahren, was für ein Haus das ist und wer darin wohnt. Ich will selbst hin. Und dahin ist es gekommen!. . . Un laquais! Quelle humiliation!

Und nachdem er nochmals laut: »un laquais!« wiederholt hatte, verschloß er den Fermoir in das Schreibpult und begab sich zu Anna Wassiljewna. Er fand sie im Bette, mit verbundener Wange. Der Anblick ihrer Leiden reizte ihn noch mehr und er hatte sie bald bis zum Weinen gebracht.

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