Бесплатно

Salvator

Текст
0
Отзывы
iOSAndroidWindows Phone
Куда отправить ссылку на приложение?
Не закрывайте это окно, пока не введёте код в мобильном устройстве
ПовторитьСсылка отправлена

По требованию правообладателя эта книга недоступна для скачивания в виде файла.

Однако вы можете читать её в наших мобильных приложениях (даже без подключения к сети интернет) и онлайн на сайте ЛитРес.

Отметить прочитанной
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

Herr Jackal machte eine Bewegung, um zu antworten; aber der Redner gebot ihm mit einer Geberde zu schweigen und fuhr fort:

»Ich spreche nicht blos von politischen Beschwerden; daß Sie die Monarchie lieben und wir die Republik ist gleichgültig; Sie haben das Recht, einem Menschen zu dienen, wie wir das Recht haben, uns einem Prinzipe zu weihen; Sie sind nicht als politischer Agent arretiert, sondern als Ueberschreiter der Macht Ihrer Stellung, als ein Mann, der mit seiner Gewalt Mißbrauch. Treibt. Es gibt keinen Tag, an dem nicht eine Beschwerde gegen Sie bei dem geheimen Tribunal vorgebracht würde; es gibt keinen Tag, an dem nicht ein Bruder Rache gegen Sie forderte. Seit lange, mein Herr, ist deßhalb Ihr Tod beschlossen und wenn er bis jetzt noch verschoben worden, so danken Sie es Salvator.«

Der ruhige Ton, die Langsamkeit, die große Milde, mit der diese Worte von dem Redner ausgesprochen worden waren, machten auf Herrn Jackal einen um so furchtbareren Eindruck, als er die Posaunen des Engeln am jüngsten Gericht zu hören hatte. Er hatte tausend Bemerkungen zu machen; er war zuweilen beredt und seine letzte Stunde, welche so unversehens und vor der Zeit war gewiß eine prachtvolle Gelegenheit, Beredtsamkeit zu. entfalten. Aber es kam ihm nicht einmal der Gedanke, sie zu versuchen, so machte die feierliche Stille, die unter den Umstehenden herrsche, aus dieser zahlreichen Versammlung eine imposante und furchtbare Einsamkeit.

Das Schweigen, das Herr Jackal beobachtete, gab einem andern Redner Gelegenheit, das Wort zu ergreifen, das er nicht reclamirte.«

»Der Manch, den Sie haben arretieren lassen,« sagte er, »obgleich Sie ihm mehr als zehnmal das Leben verdanken, ist uns über alles theuer, und für diese Arrestation allein, dafür, daß Sie die Hand an diesen Mann legten, den Sie in so vieler Hinsicht achten und respektieren sollten, haben Sie den Tod verdient. Ihren Tod also wollen wir in Berathung ziehen. Man wird Ihnen einen Tisch, Papier, Federn und Tinte bringen, und wenn Sie während dieser Berathung, die Sie als Todesgericht betrachten mögen, einige testamentarische Verfügungen treffen wollen, wenn Sie einige letztwillige Anordnungen zu machen haben oder Ihren Verwandten und Freunden einige Legate auszusetzen gedenken, so schreiben Sie Ihren Willen nieder, und wir verpflichten uns bei unserer Ehre, daß alles pünktlich geschehen soll.«

»Aber« rief Herr Jackal, »nur ein gültiges Testament zu machen, bedarf es eines Notars; ja sogar zweier.«

»Nicht bei einem von dem Erblasser selbst geschriebenen Testamente, mein Herr. Sie wissen, das selbstgeschriebene Testament, das ganz von der Hand des Testators ist, ist durchaus unantastbar, wenn der Unterzeichner körperlich und geistig völlig gesund war. Es sind hier hundert Zeugen, die im Nothfall bestätigen werden, daß Sie in dem Augenblicke, wo Ihr Testament geschrieben und unterzeichnet wurde, im vollständigsten Besitz all Ihrer Körper- und Geisteskräfte waren. Hier ist der Tisch, die Tinte, das Papier und die Federn; schreiben Sie, mein Herr, schreiben Sie, wir werden uns, um Sie nicht zu stören zurückziehen.«

Der Redner machte ein Zeichen und, wie wenn die Menge nur aus dieses Zeichen gewartet, kaum war es gegeben, als alle zu gleicher Zeit sich zurückzogen und wie durch einen Zauber in dem Gehölz verschwanden.

Herr Jackal befand sich allein dem Tische gegenüber und hatte einen Stuhl zur Hand.

Es war kein Zweifel mehr, das Papier, das er vor sich hatte, war gestempeltes Papier, diese Menschen, die sich zurückgezogen, zogen sich nur zurück, um über seinen Tod zu berathen.

Es war ein wirkliches Testament, um das es sich handelte.

Herr Jackal sah dies wohl ein und kratzte sich an dem Kopfe, indem er sagte:

»Teufel! Teufel! Die Sache ist noch schlimmer, als ich glaubte.«

Und doch, woran dachte Herr Jackal jetzt und sobald er sich klar wurde, daß er seinem Tode entgegen gehe? an sein Testament? Nein. An das Gute, das er hätte wirken kennen und an das Böse, das er gethan? Nein. An Gott! nein. Anden Teufel? Nein.

Er dachte ganz einfach daran, eine Prise zunehmen, nahm sie langsam, schnupfte sie mit Wollust in die Nase und genoß sie so recht von Grunde auf; dann schloß er die Dose mit der Spitze seines Fingers und wiederholte in einem fort:

»Die Sache ist doch schlimmer, als ich mir gedacht.«

In diesem Augenblicke sagte er sich mit einer gewissen Bitterkeit, die Urwälder Amerikas mit ihren Pumas, Jaguars und Klapperschlangen seien doch hundert Mal weniger gefährlich, als der phantastische Wald, in dem er sich befinde.

Was aber thun? In Ermanglung von etwas Besserem sah er auf die Uhr.

Aber er hatte nicht mal die Freude, die Stunde zu wissen, seine Uhr, die er bei der Geschäftsüberhäufung am vorhergehenden Tage aufzuziehen vergessen, war stehen geblieben.

Endlich warf er den Blick aus das Papier, die Feder und die Tinte, und mechanisch setzte er sich auf den Stuhl und stemmte den Arm auf den Tisch.

Herr Jackal war nicht entschlossen, sein Testament zu machen; nein, es war ihm gleichgültig, ob er starb, nachdem er sein Testament gemacht, oder ob er ohne Testament sterbe! Aber er konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten, das war der Grund.

Und statt die Feder zu nehmen und aus das Papier einige Worte zu zeichnen, ließ er den Kopf in beide Hände sinken.

So blieb er eine Viertelstunde in seine Gedanken versunken und allem, was um ihn her vorging vollständig fremd.

Er erwachte nicht früher aus seinen Gedanken, als bis er den Druck einer Hand auf seiner Schulter fühlte.

Er zitterte, hob den Kopf und sah sich wieder mitten in der trüben Gesellschaft.

Nur waren die Stirnen finsterer. Die Augen blitzten lebhafter.

»Nun?« sagte der Mann, der ihm die Schulter berührte, zu Herrn Jackal.

»Was wollen Sie von mir?.« fragte der Polizeichef.

»Ist es Ihre Absicht, Ihr Testament zu machen oder nicht?«

»Ich brauche doch Zeit, es zu schreiben.«

Der Unbekannte zog seine Uhr heraus; weniger mit Geschäften überhäuft, als Herr Jackal, hatte er sie aufgezogen und sie ging.

»Es ist drei Uhr und zehn Minuten.« sagte er: »Sie haben Zeit bis drei und ein halb, das sind zwanzig Minuten, falls Sie nicht vorziehen sollten, sogleich der Sache ein Ende zu machen, in welchem Falle man Sie nicht warten lassen wird.«

»Nein, nein!« rief Herr Jackal, indem er an die Masse von Ereignissen dachte, die innerhalb von zwanzig Minuten möglich waren. »Ich habe im Gegentheile Dinge von der höchsten Wichtigkeit in diesem letztwilligen Akte zu verzeichnen, so wichtig, daß ich zweifle, ob zwanzig Minuten genügen.«

»Sie müssen aber genügen, es ist Ihnen keine Secunde mehr vergönnt,« sagte der Mann mit der Uhr, indem er sie auf den Tisch vor Herrn Jackal legte.

Dann zog er sich zurück und nahm wieder seinen Platz in dem Kreise ein.

Herr Jackal warf den Blick auf die Uhr: eine Minute von den zwanzig war. bereite verflossen. Es war ihm, als wenn die Uhr ihre Schläge beschleunigte und der Zeiger für das Auge sichtlich sich bewegte.

Eine Wolke verdunkelte seinen Blick.

»Nun; Sie schreiben ja nicht!« sagte der Mann mit der Uhr.

»Doch, doch!« antwortete Herr Jackal.

Und convulsivisch die Feder drückend, begann er zu schreiben.

Gab er sich wohl Rechenschaft von dem, was er schrieb? das wüßten wir in der That nicht zusagen: denn das Blut begann ihm zu Kopfe zusteigen. Er fühlte ein heftigen Pochen an seinen Schläfen, wie ein vom Schlage Bedrohter. Seine Füße dagegen schienen mit erschreckender Schnelligkeit kalt zu werden.

Im Uebrigen athmete die Brust der Männer kaum, kein Geräusch in den Bäumen, kein Vogel, kein Insekt, kein Grashalm, der sich bewegt hätte.

Man hörte nur das Knistern der Feder, die auf dem Papier hinlief und zuweilen es zerstach, so nervös, unruhig und fieberhaft unsicher war die Hand dessen, der sie führte.

Herr Jackal, als wollte er von dieser Arbeit ausruhen erhob den Kopf und sah um sich, oder, versuchte vielmehr, um sich zu sehen, aber er senkte die Blicke wieder auf das Papier, erschrocken über den finsteren Ausdruck auf allen ihn umgebenden Gesichtern.

Herr Jackal hörte jedoch auf zu schreiben.

Der Mann mit der Uhr näherte sich ihm und sagte:

»Genug, mein Herr, die zwanzig Minuten sind um.«

Herr Jackal schauerte: er machte den Einwurf, daß er friere, daß er nicht die Gewohnheit habe, in freier Luft zu arbeiten, namentlich nicht bei Nacht; daß seine Hand zittere, wie man deutlich sehen könne, und daß er in Ansehung dieser Umstände die Nachsicht der Versammlung in Anspruch nehme; endlich beachte er all die schlechten Gründe an, die man im Augenblicke des Todes findet, um den letzten Moment noch um einige Sekunden hinauszuschieben. – »Sie haben fünf Minuten!« sagte der Mann, welcher vorgetreten war, indem er in die Reihen zurücktrat. – »Fünf Minuten!« rief Herr Jackal: »was denken Sie? um ein Testament zu machen, es zu schreiben, zu unterzeichnen, seinen Schnörkel darunter zu machen, es durchzusehen, zu collationiren! . . . Fünf Minuten für eine Arbeit, die einen Monat und vollkommene Ruhe des Geistes erfordert! – Offen gesagt, meine Herren, gestehen Sie, das ist nicht vernünftig!«

Die Carbonari ließen ihn sprechen; dann trat der Mann mit der Uhr näher zu ihm hin, warf einen Blick auf sein Chronometer und sagte:

»Die fünf Minuten sich vorüber!«

Herr Jackal stieß einen Schrei aus.

Der Kreis schloß sich so fest, daß es Herrn Jackal war, als ob er zwischen einer lebendigen Mauer erstickte.

»Unterzeichnen Sie dies Testament.« sagte der Mann mit der Uhr, »und machen wir der Sache ein Ende, wenns gefällig ist.«

»Wir haben Dringenderes und Wichtigeres zu thun, als Ihre Geschichte,« sagte ein zweiter Carbonaro.

»Und es ist bereite schon so viele Zeit verloren,« sagte ein Dritter.

 

Der Mann mit der Uhr bot Herrn Jackal die Feder und sagte:

»Unterzeichnen Sie.«

Herr Jackal nahen die Feder und unterzeichnete indem er gegen dies Verfahren protestierte.

»Ist es geschehen?« fragte man.

»Ja,« sagte der Mann mit der Uhr.

Dann fügte er, an Herrn Jackal gewandt, hinzu:

»Mein Herr, im Namen aller anwesenden Brüder schwöre ich vor Gott, daß Ihr Testament pünktlich vollstreckt werden soll.«

»Kommen Sie,« sagte einer der Männer, der bis jetzt noch kein Wort gesprochen und der nach seiner athletischen Gestalt zu urtheilen, ohne daß man sich täuschte, für den gelten konnte, welchen dies Tribunal zum Vollstrecker des Urtheils auserlesen.

»Kommen Sie.«

Dann kräftig Herrn Jackal an dem Kragen ergreifend, zog er ihn fort und ließ ihn durch den Kreis schreiten, der sich öffnete, um Opfer und Henker durchzulassen.

Herr Jackal hatte, von dem Colosse fortgezogen, bereits auf diese Weise acht bis zehn Schritte in dem Gehölz gemacht und gewahrte in dem Halbdunkel an dem Aste eines Baumes einen Strick, der über einer frisch gegrabenen Grube baumelte, als zwei Männer, die plötzlich in der Tiefe des Waldes erschienen, ihm den Weg versperrten.

LXXXVII
Wo verschiedene Mittel, Herrn Sarranti zu retten, Herrn Jackal zur Annahme vorgeschlagen werden

In dem Augenblicke, als Herr Jackal jene unheilvolle Liane, den Strick baumeln sah, der, wie Herr Prudhomme gesagt hätte, für ihn nicht der schönste. aber der letzte Tag seines Lebens werden sollte; in dem Augenblicke, als er, kräftig am Kragen gepackt und vom Boden aufgehoben, den fatalen Strick sich um seinen Hals schlingen sah; mit einem Worte im letzten Augenblicke erschienen plötzlich, wie wir sagten, zwei Männer, die, man weiß nicht von wo, kamen. Vermuthlich aus der Erde, aber von welcher Seite, das konnte Niemand sagen, namentlich nicht Herr Jackal, der, wie man sich denken kann, in diesem Augenblicke nicht im Besitze seiner gewöhnlichen Geistesgegenwart war.

Einer der beiden Männer streckte die Hand aus und sprach das einzige Worte

»Halt!«

Bei diesem Worte ließ der Bruder, der für den Augenblick das Geschäft des Nachrichters besorgte, – und der Niemand anders war, als unser Freund Jean Taureau – Herrn Jackal los. Dieser fiel auf die Füße und stieß einen Schrei der Freude und der Ueberraschung aus, als er Salvator in dem Manne erkannte, welcher »Halt!« gerufen.

Es war wirklich Salvator, gefolgt von dem Bruder, welchen der General Lebastard de Premont mit dem Papier des Polizeichefs abgeordnet, um Salvator in Freiheit zu setzen.

»Ah! Lieber Herr Salvator,« rief Jackal außer sich vor Dankbarkeit; »ich verdanke Ihnen das Leben.«

»Und zwar zum zweiten Male, so viel ich mich erinnern kann,« antwortete der junge Mann streng.

»Zum zweiten, zum dritten Male,« beeilte sich Herr Jackal zu sagen, »ich bekenne es im Angesicht des Himmels, in Gegenwart dieses Strafwerkzeugs. Setzen Sie meine Dankbarkeit auf die Probe und Sie sollen sehen, ob ich undankbar bin.«

»Es sei und sogleich . . . Bei Menschen, wie Ihnen, Herr Jackal, darf man solche Art von Gefühlen nicht kalt werden lassen, folgen Sie uns, wenn es gefällig.«

»O, mit Vergnügen,« sagte Herr Jackal, indem er einen letzten Blick auf die Grube und den Strick warf, der über ihm schwankte.

Und er ging hinter Salvator drein, nicht ohne einen leichten Schauer zu empfinden, als er an Jean Taureau vorüber kam, der den Zug schloß, gleichsam, um Herrn Jackal anzuzeigen, daß er mit der Grube und dem Stricke, von dem man sich entfernte, nach nicht ganz abgeschlossen.

Nach Verfluß von einigen Sekunden kamen sie an den Ort, wo Herr Jackal so viel Umstände gemacht, um sein Testament zu schreiben.

Die Carbonari waren noch immer beisammen und sprachen leise.

Die Gruppe öffnete sich und ließ Salvator durch, welchem Jean Taureau folgte, der ihn so wenig als sein Schatten verließ, ein furchtbarer Schatten, der Herrn Jackal vor Furcht erstarren machte.

Herr Jackal bemerkte zu seinem großen Kummer, als er alle Blicke auf sich geheftet und alle Stirnen bei seinem Anblick sich falten sah, daß seine Gegenwart, die für jeden ein Gegenstand der Ueberraschung schien, für Niemanden etwas Befriedigendes hatte.

Alle Blicke, welche auf ihn geheftet waren, drückten einmüthig denselben Gedanken aus: »Warum bringen Sie uns diesen Menschen wieder?«

»Ja, ja, ich begreife Sie vollkommen, meine Freunde,« sagte Salvator, »Sie staunen, daß Sie Herrn Jackal in Ihrer Mitte sehen, in dem Augenblicke, wo Sie ihn damit beschäftigt glaubten, seine Seele in Gottes oder des Teufels Hände zu befehlen. Nun wohl, vernehmen Sie meine Gründe, denen Herr Jackal sein Leben, wenigstens momentan, dankt; ich will mich nicht verpflichten; ich dachte, Herr Jackal könne uns todt doch nichts mehr nützen, während der lebende Herr Jackal uns von großem Nutzen sein kann, wenn er nur Luft dazu hat, woran ich bei meiner Kenntniß seines Charakters nicht zweifle. Nicht wahr, Herr Jackal?« fügte Salvator hinzu, indem er sich nach ihm umwandte, »nicht wahr, Sie werden sich alle erdenkliche Mühe geben?«

»Sie haben für mich gesprochen, Herr Salvator, ich werde Sie nicht Lügen strafen; ich wende mich indessen an Ihre Billigkeit, daß Sie nichts anderes von mir verlangen, als was im Bereiche meiner Mittel steht.«

Salvator machte sein Zeichen mit dem Kopfe, welches sagen wollte: »Seien Sie ruhig.«

Dann wandte er sich an die Carbonari und sagte:

»Brüder, da der Mann, der unsere Pläne durchkreuzen könnte, vor uns steht, so sehe ich nicht ein, weßhalb wir diese Pläne nicht in seiner Gegenwart verhandeln; Herr Jackal weiß guten Rath und ich bin überzeugt, daß er uns auf den rechten Weg führen wird, wenn wir irren sollten.«

Herr Jackal billigte diese Worte, indem er bestätigend mit dem Kopfe nickte.

Der junge Mann wandte sich nach ihm um.

»Ist die Hinrichtung noch immer auf morgen festgesetzt?« fragte er ihn.

»Ja,« antwortete Herr Jackal.

»Auf morgen Vier Uhr?«

»Auf vier Uhr!« wiederholte Herr Jackal.

»Wohl,« sagte Salvator.«

Dann einen Blick nach rechts und nach links wendend und an den Gefährten des Herrn Jackal das Wort richtend, fuhr er fort:

»Was haben Sie in dieser Voraussetzung gethan?«

»Hören Sie,« antwortete der Carbonaro; »ich habe alle Fenster des ersten Stockwerks auf dem Quai Pelletier und alle Fenster des Grèveplatzes von den Mansarden bis zu dem Erdgeschosse gemiethet.«

»Aber,« machte Herr Jackal, »Sie werden dafür eine bedeutende Summe haben zahlen müssen?«

»Eine Lumperei, es kostet mich hundert fünfzigtausend Franken.«

»Fahren Sie fort, Bruder,« sagte Salvator.

»Ich habe vierhundert Fenster-Hi fuhr der Carbonari fort; »drei Menschen für das Fenster sind zwölfhundert Menschen; ich habe vierhundert in der Rue du Mouton, der Rue Jean de Lespine, der Rue de la Vannerie, der Rue du Martroy und der Rue de la Tannerie zerstreut, das heißt an allen Ausmündungen des Stadthausplatzes; zwei hundert werden von dem Thor der Conciergerie bis auf den Grèveplatz aufgestellt; jeder von diesen Menschen wird mit einem Dolche und zwei Pistolen bewaffnet sein.«

»Teufel! das kam Sie noch theurer zu stehen als Ihre vierhundert Fenster.«

»Sie täuschen sich mein Herr,« antwortete der Carbonaro; »es hat mich nichts gekostet; die Fenster muß man miethen, aber die Herzen geben sich freiwillig.«

»Fahren Sie fort,« sagte Salvator.

»Hören Sie, wie die Sache vor sich gehen wird,« fuhr der Carbonaro fort. »Die Bürger, die Maulaffen, die Frauen werden, je näher wandern Platze kommt, von der Seite des Quai de Grèvres und des Pont Saint Michel durch unsere Leute weg gedrängt, die ihre Reihen unter keinem Vorwande durchbrechen lassen.«

Herr Jackal hörte mit der grüßten Aufmerksamkeit und dem größten Erstaunen zu.

»Der Wagen,« fuhr der Carbonaro fort, »wird, gefolgt von einem Piquet Gendarmerie, gegen drei ein halb die Conciergerie verlassen und seine Richtung nach dem Grèveplatz über den Quai aux Fleurs nehmen; es wird ihm kein Hindernis bis zum Pont Saint Michel in den Weg gelegt werden; dort wird sich einer meiner Indianer unter die Räder werfen und sich zermalmen lassen.«

»Ah!« unterbrach ihn Herr Jackal; »ich habe, wie es scheint, die Ehre. mit dem Herrn General Lebastard de Premont zu sprechen.«

»Allerdings,« antwortete dieser; »Sie zweifelten also, daß ich in Paris sei.«

»Ich wußte es im Gegentheile gewiß . . . Aber erzeigen Sie mir die Güte fortzufahren, mein Herr Sie sagten also, einer Ihrer Indianer werde sich unter die Räder des Wagens werfen und sich zermalmen lassen.«

Herr Jackal benützte die Unterbrechung, welche er selbst veranlaßt hatte, suchte in seiner Tasche, zog seine Tabaksdose heraus, öffnete sie, schnupfte mit seiner gewöhnlichen Sinnlichkeit eine ungeheure Prise Tabak und horchte, wie wenn er durch die Verstopfung der Nase sich die Ohren geöffnet hätte.

»Angesichts dieses Zwischenfalls, der ein lautes Geschrei bei der Menge hervorrufen und einen Augenblick die Aufmerksamkeit von der Escorte ablenken muß,« fuhr der General fort, »werden die Leute, die sich in der Nähe des Wagens befinden, diesen umwerfen, indem sie einen verabredeten Schrei ausstoßen, der alle unsere Leute auf den umliegenden Straßen und von den Fenstern herbeirufen soll; nehmen Sie auch an, daß mir sieben bis acht hundert Menschen fehlen, so stehen mir doch einige tausend Menschen zu Gebote, die in einer Minute den Wagen rechts und links, vorne und hinten umgeben und die Passage abschneiden. Sind die Stränge Pferde durchschnitten, ist der Wagen umgeworfen, so werden zehn Berittene den Verurtheilten entführen: ich werde einer von den zehn sein. Ich stehe für eines von beiden, entweder lasse ich mich tödten oder ich entführe Herrn Sarranti. Bruder schloß der General, indem er sich an Salvator wandte, »das ist mein-Plan; halten Sie ihn für ausführbar?«

»Ich frage den Herrn Jackal,« sagte Salvator, indem er sich nach dem Polizeichef hinwandte; »er allein kann uns sagen, wie grob unsere Aussicht ist, zu reussiren oder nicht zu reussiren. Sagen Sie uns deßhalb Ihre Meinung, Herr Jackal, aber geben Sie sie ganz aufrichtig.«

»Mein Gott, Herr Salvator,« antwortete Herr Jackal, der als er die Gefahr nicht gerade verschwunden, aber sich doch etwas entfernen sah, wieder einige Kaltblütigkeit gewann, »ich schwöre Ihnen bei Allem, was mir theuer auf der Welt ist,das heißt bei meinem Leben, daß, wenn ich ein Mitte wüßte, Herrn Sarranti zu retten, ich es Ihnen an die Hand geben würdet unglücklicher Weise jedoch habe ich gerade die Maßregeln getroffen, daß er nicht gerettet werden kann; es geht daraus hervor, daß ich mit allem Eifer, das schwöre ich Ihnen, dieses Mittel suche, aber so sehr ich auch alle Quellen meiner Phantasie in Anspruch nehmen mag, so sehr ich auch alle Befreiungen und Entführungen von Gefangenen in meinem Gedächtnisse heraufbeschwöre, vermag ich doch durchaus nichts zu finden.«

»Verzeihung« mein Herr,« antwortete Salvator; »aber Sie umgehen, wie es scheint, die Frage; ich verlange von Ihnen nicht ein Mittel, Herrn Sarranti zu retten, sondern ich frage Sie einfach, ob Sie das des Generals für gut finden.«

»Erlauben Sie, lieber Herr Salvator,« versetzte Herr Jackal, »es scheint mir im Gegentheil, daß ich aufs kategorischste Ihre Frage beantworte. Wenn ich Ihnen sage, daß sich kein Mittel finde, so heißt das, daß ich das des ehrenwerthen Vorredners nicht billige.«

»Und weßhalb das?« fragte der General.

»Erklären Sie sich,« drängte Salvator.

»Das ist ganz einfach, meine Herren.« fuhr Herr Jackal fort; »nach dem Wunsche, den Sie haben, Herrn Sarranti zu befreien, können Sie den Wunsch beurtheilen, den die Regierung hat, daß man ihr ihn nicht entreiße; und zu diesem Ende, ich bitte demüthigst um Vergebung, wurde ich mit der Sicherung der Hinrichtung des Herrn Sarranti beauftragt; ich habe deßhalb meine Vorkehrungsmaßregeln getroffen und einen Plan entworfen, der ganz und gar ein Bruder des Ihren ist, aber wohlverstanden, ein feindlicher Bruder.«

»Wir verzeihen Ihnen, es war Ihre Pflicht; aber sagen Sie uns nun die ganze Wahrheit; es ist Ihr Interesse.«

»Nun gut!« fuhr Herr Jackal mit etwas größerer Zuversicht fort. »als ich die Ankunft des Generals Lebastard de Premont in Folge der mißlungenen Flucht des Königs von Rom erfuhr . . . «

»Sie wußten schon lange, daß ich in Paris bin?« fragte der General.

»Ich wußte es eine Viertelstunde nach Ihrer Ankunft,« antwortete Herr Jackal.«

»Und Sie haben mich nicht festnehmen lassen?«

»Erlauben Sie, Herr General, das wäre ein vollständiges Kinderstück meiner Kunst gewesen: wenn ich Sie bei Ihrer Ankunft in Paris hätte arretieren lassen, so hätte ich ja nicht erfahren, was Sie hier wollten, oder hätte nicht mehr gewußt, als Ihnen mir zu sagen beliebt; während dagegen, wenn ich Sie handeln ließ, ich mich in Allem auf’s Laufende setzte. So glaubte ich anfangs, Sie wollten für Rechnung Napoleon II. werden: ich täuschte mich; aber Dank der Freiheit, die ich Ihnen, gönnte, lernte ich die Freundschaft kennen, die Sie mit Herrn Sarranti verband; ich wurde von dem Besuche in Kenntniß gesetzt, den Sie zusammen im Parke von Viry wachten; als ich endlich erfuhr, daß der General, der mit den Carbonari in Florenz in Verbindung stand, sich als Freimaurer in der Loge Pot-de-Fer habe aufnehmen lassen, sagte ich mir, der General könne durch diese doppelte Verbindung und im Namen des Herrn Sarranti handelnd, fünf hundert tausend, zwei tausend Menschen sogar auf die Beine bringen, um Herrn Sarranti zu retten. Sie sehen, daß ich mich tun um zweihundert getäuscht. Ich sagte mir ferner: »der General ist reich. wie ein Nabob,« er wird alle unsere Waffenschmiede aufkaufen, aber durch die Waffenschmide selbst kann ich erfahren, woran ich mich in Beziehung auf die Zahl der Waffen und folglich, auch auf die Zahl der Leute zu halten habe; es wurden nun in den legten acht Tagen in Paris dreizehnhundert Paar Pistolen und achthundert Jagdflinten gekauft, und wenn man die vom Publikum gekauften Pistolen zu hundert, zu zweihundert die vom Publikum gekauften Jagdflinten anschlägt, so bleiben sechshundert Flinten und zweihundert Paar Pistolen für Sie; was die Dolche betrifft, so müssen Sie acht bis neun hundert gekauft haben.«

 

»Ganz richtig,« sagte der General.

»Was habe ich nun gethan?« fuhr Herr Jackal fort, »was Sie an meiner Stelle auch gethan haben würden. Ich sagte mir: der General wird zweitausend Leute bewaffnen, wir wollen sechs tausend bewaffnen, Zwei von diesen sechs tausend stationieren seit gestern in den Kellern des Hotel de Ville; weitere zwei tausend sind diese Nacht in Notre-Dame einmarschiert, deren Thüren heute den ganzen Tag wegen Reparaturen verschlossen sein werden. Noch zwei tausend, die letzten, welche den Anschein haben werden, als marschieren sie durch Paris, um sich nach Courbenoir zu begeben, werden auf der Place Royale Halt machen und um halb vier auf den Grèveplatz marschieren; Sie sehen, daß Ihre achtzehnhundert Leute durch meine sechstausend wie in einem Netz eingeschlossen werden. Daher mein Einwurf, General, sowohl als Strategiker, wie als Philanthrop. Als Strategiker schlage ich Sie; ich habe den Vortheil der Waffen, der Fahne, der Uniform und endlich des Feldgeschreis für mich. Als Philanthrop sage ich Ihnen: Sie wagen einen unnützen Angriff, der nichts anders als ein unbesonnenes Wagestück sein kann, da man es vorausgesehen. und dann, – was wohl der Mühe lohnt, daß Sie es sich überdenken, – Ihre Leute werden Ihnen im rechten Momente fehlen. Die Bürger, denen Sie Angst eingejagt und die vier Tage lang Ihre Buben verschlossen haben, werden sich von Ihnen zurückziehen; die Royalisten werden schreien, Napoleon II. verbinde sich mit den Jakobinern und jeder gute Bürger müsse gegen die Revolution aufstehen . . . das glaube ich, werden die Folgen dieser Catastrophe sein. Machen Sie seht von meinem Rath einen Gebrauch, welchen Sie wollen; ich sage Ihnen jedoch aufrichtig, zum Voraus, daß dies Auskunftsmittel Herrn Sarranti nicht rettet und Sie für immer zu Grunde richten, um so mehr als das, was Sie zu thun wagen, nicht für einen Bonartisten geschieht; Sie haben es für einen Mörder einen Dieb gethan. Der Prozeß ist da.«

Salvator und der General Lebastard de Premont tauschten einen Blick aus, den alle Carbonari verstanden.

»Sie haben Recht, Herr Jackal,« sagte Salvator. »Und obgleich Sie die einzige Ursache von, al1’ dem- Unglück sind, das uns begegnen könnte, danke ich Ihnen doch nichts desto weniger im Namen aller anwesenden und abwesenden Brüder. Hat Jemand einen bessern Plan?« fragte er, im ganzen Kreise umherblickend.

Niemand antwortete.

Herr Jackal stieß einen tiefen Seufzer aus: er war wirklich in Verzweiflung.

Diese Verzweiflung schien der größere Theil der Carbonari zu theilen.

Salvator allein bewahrte seine unerschütterliche Seelenruhe.

Wie der Adler über den Wolken schwebt, so schien er über den menschlichen Schicksalen zu schweben.

Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»