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Der Frauenkrieg

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Erstes bis drittes Bändchen

I

In einiger Entfernung den Libourne, der so heiteren Stadt, welche sich in dem raschen Gewässer der Dordogne spiegelt, zwischen Fronsac und Saint-Michel la-Rivire lag einst ein hübsches Dorf mit weißen Mauern und rothen Dächern, halb verborgen unter Linden und Buchen. Die Straße von Libourne nach Saint-André-de-Cubzac ging mitten durch die symmetrisch aneinander gereihten Häuser. Hinter einer den diesen Häuserreihen auf etwa hundert Schritte, schlängelte sich der Fluß, dessen Breite und Macht schon an diesem Orte die Nähe des Meeres zu bezeichnen anfangen.

Aber der Bürgerkrieg ist hier durchgezogen: er hat zuerst die Bäume umgeworfen, sodann die Häuser entvölkert, welche seiner ganzen launenhaften Wuth preisgegeben und nicht im Stande wie die Bewohner zu fliehen, in ihrer Weise gegen die Barbarei innerer Empörungen protestierend, auf den Rasen stürzten. allmählich aber hat die Erde, welche dazu geschaffen zu sein scheint, Allem, was da war, als Grab zu dienen, den Leichnam dieser einst so lustigen Häuser bedeckt. Das Grau ist auf dem trügerischen Grunde gewachsen, und der Reisende, der dieser Straße folgt, vermuthet nicht entfernt, wenn er auf den ungleichen Hügeln eine von den großen Herden trifft, wie man sie bei jedem Schritte im Süden weiden sieht, daß Schäfer und Schafe auf dem Kirchhofe wandeln, wo ein Dorf schläft.

Doch in der Zeit, von der wir sprechen, das heißt gegen die Mitte des Monats Mai 1650, blühte das fragliche Dorf auf den zwei Seiten der Straße, welche dasselbe wie eine große Pulsader nährte, mit dem erfreulichsten Aufschwunge der Vegetation und des Lebens. Der Fremde, der damals dahin gekommen wäre, hätte sie ganz nach seinem Geschmacke gefunden, diese Bauern, welche damit beschäftigt waren, ihre Pferde an den Pflug zu spannen oder von demselben abzuspannen, diese Fischer, welche ihre Netze, in denen der weiß und rosenfarbige Fisch der Dordogne zappelte, an dass Ufer zogen, und diese Hufschmiede, wie sie auf den Amboß schlugen, daß unter ihren Armen eine Funkengarbe empor sprang, welche die Schmiede mit jedem Hammerschlage erleuchtete.

Am meisten aber, besonders wenn ihm ein langer Weg den Appetit gegeben hätte, der bei den Straßenläufern sprichwörtlich geworden ist, würde ihn etwa fünfhundert Schritte von dem Dorfe ein niedriges, langes, nur aus einem Erdgeschoße und einem Stockwerke bestehenden Haus erfreut haben, das durch seinen Kamin gewisse Dünste und durch seine Fenster gewisse Gerüche von sich gab, welche, noch mehr als die Figur einen vergoldeten Kalbes, gemalt auf eine Platte von rothem Blech, die an einer eisernen, in dem Gesimse den ersten Stockwerkes befestigten Stange ächzte, dem Fremden andeuteten, daß er endlich zu einem von den gastfreundlichen Häusern gelangt war, deren Bewohner es gegen eine gewisse Entschädigung übernehmen, die Kräfte der Reifenden wiederherzustellen.

Warum lag der Gasthof zum Goldenen Kalb, wird man mir sagen, fünfhundert Schritte vom Dorfe, statt in seiner natürlichen Reihe unter den auf den beiden Seiten des Weges gruppierten lachenden Häusern zu stehen?

Einmal war der Wirth, wenn auch gleichsam verloren in diesem Winkel der Erde, was die Küche betrifft ein Künstler ersten Ranges. Wohnte er nun am Anfang oder in der Mitte, oder am Ende von einer der langen Häuserzeilen, welche daß Dorf bildeten, so lief er Gefahr, mit einigen von den Sudelköchen vermischt zu werden, die er als seine Genossen zuzulassen genöthigt war, weiche er aber nie als seines Gleichen zu betrachten sich entschließen konnte. Wenn er sich dagegen von denselben trennte und vereinzelte, so zog er die Blicke der Kenner auf sich, welche sobald sie nur einmal seine Küche gekostet hatten, sich einander sagten: Gehst Du von Libourne nach Saint-André-de-Cubzac oder von Saint-André-de-Cubzac nach Libourne so versäume es nicht zum Frühstück, Mittagessen, oder zum Abendbrod in dem Wirthshause zum Goldenen Kalb, fünfhundert Schritte von dem kleinen Dorfe Matifou anzuhalten.

Und die Kenner hielten an, verließen das Haus zufrieden, schickten anderes Kenner dahin, so daß der gescheite Wirth allmählich sein Glück machte, was ihn indessen – eine seltene Erscheinung – nicht abhielt, seine Wirthschaft auf derselben gastronomischen Höhe zu erhalten, woraus sich schließen läßt, daß Meister Biscarros, wie wir bereite gesagt haben, ein wahrer Künstler war.

An einem der schönen Abende des Monat Mai, wo die Natur im Süden bereits erwacht, auch im Norden zu erwachen anfängt, entströmten dichterer Rauch und noch lieblichere Gerüche als gewöhnlich den Kaminen und Fenstern des Gasthofes zum Goldenen Kalbe, während auf der Schwelle den Hauses Meister Biscarros in Person, weiß gekleidet nach dem Gebrauche der Opferpriester aller Zeiten und aller Länder, mit seinen erhabenen Händen Feldhühner und Wachteln kaufte, welche zu einem von den seinen Mahlen bestimmt waren, die er so gut zu ordnen verstand und in Folge seiner Vorliebe für die Kunst, welche er trieb, in ihren kleinsten Einzelheiten selbst zu besorgen gewohnt war.

Der Tag neigte sich also. Die Gewässer der Dordogne, welche in einer von den gekrümmten Abschweifungen, die ihren Lauf bezeichnen, sich ungefähr eine Viertelmeile von der Straße entfernt hielten, um an dem Fuße des kleinen Fort Vayres hinzuströmen, fingen an unter dem dunkeln Laubwerk weiß zu werden. Ein ruhiger, schwermüthiger Charakter verbreitete sich mit der Abendluft über der Landschaft: Die Arbeiter verharrten bei ihren ausgespannten Pferden, die Fischer bei ihren triefenden Netzen; das Geräusch den Dorfes erstarb und nach dem Schalle des letzten Hammerschlages, der den arbeitsamen Tag schloß, ließ sich der erste Gesang der Nachtigall in einem nahen Gesträuche vernehmen.

Bei den ersten Noten, welche der Kehle den gefiederten Musikers entstiegen, fing Meister Biscarros ebenfalls an zu singen, ohne Zweifel um die Nachtigall zu begleiten. Die Folge dieser harmonischen Nebenbuhlerschaft und der Aufmerksamkeit, welche der Wirth seiner Arbeit schenkte, war, daß er eine Truppe bestehend aus sechs Reitern nicht bemerkte, die am Ende des Dorfes Matifou erschien und nach seinem Gasthause vorrückte.

Aber ein Ausruf, der aus einem Fenster des ersten Stockes kam, die schnelle, geräuschvolle Bewegung, mit der diesen Fenster geschlossen wurde, bewirkte, daß der würdige Gastwirth seine Nase in die Höhe streckte. Er sah nun den Reiter, welcher an der Spitze seiner Truppe unmittelbar auf ihn zumarschirte.

Unmittelbar ist nicht ganz das richtige Wort, und wir beeilen uns, es zurückzunehmen; denn dieser Mann hielt von zwanzig zu zwanzig Schritten an, warf nach rechts und links beobachtende Blicke und erforschte mit dem Auge Fußpfade, Bäume und Gehölze. Dabei hielt er mit der einen Hand eine Muskete auf seinem Knie, um zum, Angriff, wie zur Vertheidigung bereit zu sein, und machte von Zeit zu Zeit seinen Gefährten, die in Allem seine Bewegungen nachahmten, ein Zeichen, sich in Marsch zu setzen. Dann wagte er wieder einige Schritte, und dasselbe Manoeuvre begann abermals.

Biscarros folgte mit den Augen diesem Reiter, dessen Marsch ihn so mächtig in Anspruch nahm, daß er während dieser ganzen Zeit die Federn, welche er zwischen dem Daumen und dem Zeigefinger hielt, dem Vogel aus dem Leibe zu rupfen vergaß.

»Das ist ein vornehmer Herr, der mein Haus sucht,« sprach Biscarros, »dieser würdige Edelmann scheint kurzsichtig zu sein. Mein goldenen Kalb ist doch frisch gemalt und das Schild springt bedeutend vor. Wir wollen und ein wenig in das Licht stellen.«

Meister Biscarros pflanzte sich mitten auf der Straße auf, wo er das Geflügel mit Geberden voll Erhabenheit und Majestät zu rupfen fortfuhr.

Diese Bewegung brachte die von dem Wirthe erwartete Wirkung hervor. Kaum erblickte ihn der Reiter, als er gerade auf ihn zuritt und mit höflicher Benennung zu ihm sagte:

»Um Vergebung, Meister Biscarros, habt Ihr nicht auf dieser Seite eine Truppe von Kriegsleuten gesehen, welche meine Freunde sind und mich suchen müssen? Kriegsleute will viel sagen, Leute vom Schwerte ist das rechte Wort, bewaffnete Leute, ja, bewaffnete Leute, das drückt meinen Gedanken besser aus. Habt Ihr also eine kleine Truppe bewaffneter Leute gesehen?«

Biscarros fühlte sich im höchsten Maße geschmeichelt, als er seinen Namen nennen hörte, und grüßte ebenfalls auf das Freundlichste. Es war ihm entgangen, daß der Fremde mit einem Blicke, den er auf sein Gasthaus warf, den Namen und die Eigenschaft auf dem Schilde gelesen hatte, wie er jetzt auch die Identität auf dem Gesichte des Eigenthümers las.

»Was bewaffnete Leute betrifft, meins Herr,« antwortete er nach kurzem Nachdenken, »so habe ich nur einen Edelmann und seinen Stallmeister gesehen. Beide hielten vor ungefähr einer Stunde bei mir an.«

»Ah, ah!« sprach der Fremde, das Kinn eines bartlosen und dennoch bereits männlichen Gesichtes streichelnd, »ah, ah! Ein Edelmann und sein Stallmeister befinden sich in Eurem Wirtshause, und Beide bewaffnet, behauptet Ihr?«

»Mein Gott, ja, mein Herr. Soll ich diesem Edelmann sagen lassen, daß Ihr ihn zu sprechen wünscht?«

»Ist dies aber auch schicklich?« versetzte der Fremde. »Einen Unbekannten stören, hieße vielleicht gar sich zu vertraulich benehmen, besonders wenn dieser Unbekannte von Stande ist. Nein, nein, Meister Biscarros, habt nur die Güte, mir denselben zu schildern, oder vielmehr mir ihn zu zeigen, ohne daß er mich sieht.«

»Euch denselben zeigen, ist schwierig, mein Herr, in Betracht, daß er sich selbst zu verbergen scheint; denn er schloß sein Fenster in dem Augenblick, wo Ihr und Eure Gefährten auf der Straße sichtbar wurdet; Euch denselben schildern, ist viel leichter. Es ist ein kleiner, blonder, zarter junger Mensch, kaum sechzehn Jahre alt, und scheint gerade nur die Kraft zu haben, um den Hofdegen zu tragen, der an seinem Wehrgehänge befestigt ist.

 

Die Stirne den Fremden faltete sich unter dem Schatten einer Erinnerung.

»Sehr gut,« sprach er, »ich weiß, was Ihr sagen wollte ein junger Mensch, blond, von weibischem Aussehen, auf einem Barber reitend und gefolgt den einem alten Stallmeister; der so steif ist, wie der Piquebube. Das ist es nicht, was ich suche.«

»Ah! den sucht der Herr nicht?« sprach Biscarros.

»Nein.«

»Nun, in Erwartung dessen, welchen der Heer sucht und der unfehlbar hier vorbeikommen muß, weil es nur eine Straße gibt, könnte der Herr bei mir eintreten und sich und seine Gefährten erfrischen.«

»Ich danke, ich kann nicht mehr, als Euch danken und Euch bitten, mir zu sagen, wie viel Uhr es sein mag.«

»Es schlägt so eben sechs Uhr im Dorfe, mein Herr; hört Ihr den schweren Klang der Glocke?«

»Wohl. Nun noch einen letzten Dienst, Herr Biscarros.«

»Mit Vergnügen.«

»Sagt mir wenn es Euch gefällig ist, wie ich mir einen Nachen und einen Schiffer verschaffen könnte.«

»Um über den Fluß zu setzen?«

»Nein, um darauf spazieren zu fahren.«

»Nichts leichter. Der Fischer, welcher mir meine Fische liefert . . . Liebt Ihr Fische, mein Herr?« sagte Biscarros in Form einer Parenthese und zu seinem Gedanken zurückkehrend, den Fremden zu einem Abendbrod in seinem Gasthause zu veranlassen.

»Das ist eine mittelmäßige Speise,« antwortete der Fremde; »wenn der Fisch jedoch gehörig gewürzt ist, sage ich nicht pfui.«

»Ich habe stets vortreffliche Fische, mein Herr.«

»Dann wünsche ich Euch Glück. Kommen wir jedoch auf den zurück, welcher sie Euch liefert.«

»Das ist richtig. Um diese Zeit hat er sein Tagewerk vollbracht und sitzt ohne Zweifel beim Essen. Ihr könnt von hier aus seine Barke an den Weiden, ganz da unten neben der Ulme, angebunden sehen. Sein Haus ist hinter jenem Weidengebüsch verborgen. Ihr findet ihn sicherlich bei Tische.«

»Ich danke, Meister Biscarros, ich danke,« sprach der Fremde, gab seinen Gefährten ein Zeichen, ihm zu folgen, ritt rasch nach den Bäumen zu und klopfte an die bezeichnete Hütte. Die Frau des Fischers öffnete.

Der Fischer saß, wie Meister Biscarros gesagt hatte, bei Tische.

»Nimm Deine Ruder,« sprach der Reiter, »und folge mir. Es ist ein Thaler zu verdienen.«

Der Fischer stand mit einer Hast auf, welche zum Beweise diente, wie wenig freigebig der Wirth zum Goldenen Kalbe seine Händel mit ihm abschloß.

»Wollt Ihr nach Vayres hinab fahren?« fragte er,

»Nein, Ihr sollt mich nur bis mitten in den Fluß führen und einige Minuten mit mir daselbst bleiben.

Der Fischer machte große Augen bei Auseinandersetzung dieser seltsamen Laune. Da aber ein Thaler zu verdienen war und er zwanzig Schritte hinter dem Reiter, welcher an seine Thüre geklopft hatte, die Gesichter seiner Gefährten erblickte, so machte er keine Schwierigkeiten, wobei er wohl bedachte, daß der Mangel an gutem Willen auf seiner Seite die Anwendung der Gewalt herbeiführen würde, und daß er bei einem solchen Streite die angebotene Belohnung verlieren müßte.

Er erwiederte also schleunig dem Fremden, er stünde mit seiner Barke und seinen Rudern zu Diensten.

Die kleine Truppe rückte nun unmittelbar gegen den Flusse vor, und während der Fremde hielt an den Rand des Wassers ritt, hielt sie aus der Höhe der Böschung stille, und stellte sich, ohne Zweifel aus Furcht vor einem Ueberfalle, so auf, daß sie nach allen Seiten sehen konnte. Von dem Punkte aus, wo die Truppe stand, konnte sie zugleich die Ebene beherrschen, die sich hinter ihr ausdehnte, und die Einschiffung beschützen, die zu ihren Füßen vorging.

Der Fremde, ein großer, blonder, bleicher junger Mann, von gescheitem Gesichte, obgleich ein dunkler Kreis seine blauen Augen umgab und ein Ausdruck cynischen Charakters seine Lippen umschwebte, der Fremde, sagen wir, untersuchte sorgfältig seine Pistolen, steckte seine Muskete in das Bandelier, ließ einen langen Raufdegen in der-Scheide spielen und heftete seine Blicke aufmerksam aus das entgegengesetzte Ufer, einen weiten Wiesengrund, der von einem Fußpfade durchschnitten war, welcher vom steilen Ufer des Flusses ausging und in gerader Linie nach dem Dorfe Ison zuließ dessen gebräunten Glockenthurm und weißlichen Rauch man in dem vergoldeten Dunste des Abends erschaute.

Ebenfalls auf der andern Seite und ungefähr in der Entfernung von einer Viertelmeile erhob sich rechte das kleine Fort Vayres.

»Nun,« sprach der Fremde, welcher ungeduldig zu werden anfing, sich an seine als Wachen aufgestellten Gefährten wendend, kommt er? Seht Ihr ihn rechts oder links, hinten oder vorne erscheinen?«

»Ich glaube,« sprach einer von den Männern, »ich sehe eine schwarze Gruppe auf dem Wege von Ison; aber ich bin meiner Sache noch nicht ganz gewiß, denn die Sonne blendet mich. Halt! ja, ja, so ist es. Einer, zwei, drei, vier, fünf Männer; ein goldbordirter Hut und ein blauer Mantel. Es ist der Bote, den wir erwarten; er hat sich zu größerer Sicherheit ein Geleite mitgenommen.«

»Er hat Recht gehabte,« antwortete phlegmatisch der Fremde. »Nimm mein Pferd, Ferguzon.«

Derjenige, an welchen dieser Befehl in einem halb freundschaftlichem halb gebietenten Tone gerichtet war, beeilte sich zu gehorchen und stieg an der Böschung hinab. Mittlerweile sprang der Fremde vom Pferde, warf in dem Augenblick, wo der Andere sich ihm näherte, demselben den Zügel zu und schickte sich an, in den Nachen zu gehen.

»Höre sprach Ferguzon und legte ihm seine Hand auf den Arm, »keine unnütze Verwegenheit, Cauvignac; bemerkst Du die geringste verdächtige Bewegung von Seiten Deines Mannes, so jage ihm eine Kugel in den Kopf. Du siehst, der listige Gevatter fährt eine ganze Truppe mit sich.«

»Ja, sie ist aber weniger stark, als die unserige. Außer der Ueberlegenheit des Muthes haben wir noch die der Anzahl, und es ist somit nichts zu befürchten. Ah! es erscheinen bereits ihre Köpfe.«

»Wie werden sie es machen?« sprach Ferguzon, »Sie können sich keinen Nachen verschaffen. Doch wohl, dort findet sich einer wie durch ein Zauberwerk.«

»Es ist der meines Vetters, des Fährmannes von Ison,« sprach der Fischer, den diese Vorbereitungen ungemein zu interessieren schienen, während er jedoch zitterte, es könnte ein Seetreffen an Bord seiner Schaluppe und der seines Vetters stattfinden.

»Gut, der Blaumantel schifft sich eine,« sagte Ferguzon; »meiner Treue allein, streng nach den Bedingungen des Vertrages.«

»Wir wollen ihn nicht warten lassen,« versetzte der Fremde, sprang ebenfalls in das Schiff und machte dem Fischer ein Zeichen, sich an seinen Posten zu begeben.

»Wohl aufgepasst, Roland!« rief Ferguzon, zu seinen klugen Ermahnungen zurückkehrend: »der Fluß ist breit. Nahe Dich nicht zu sehr dem entgegengesetzten Ufer, denn Du könntest eine Ladung von ihren Musketen bekommen, die wir nicht zurückzugeben vermöchten. Halte Dich, wenn es möglich ist, diesseits der Abgrenzungslinie.«

Derjenige, welchen Ferguzon bald Roland, bald Cauvignac genannt hatte und der auf diese beiden Namen antwortete, ohne Zweifel, weil der eine sein Taufname, der andere sein Familienname oder sein Kriegsname war, machte ein Zeichen mit dem Kopf.

»Du hast nichts zu befürchten,« sprach er, »ich dachte so eben daran: Unklugheiten zu begehen ist gut für diejenigen, welche nichts einzusetzen haben. Aber die Angelegenheit ist zu vortheilhaft, als daß ich alberner Weise den Verlust der Frucht wagen sollte. Wird eine Unklugheit bei dieser Gelegenheit begangen, so geschieht es nicht von meiner Seite. Vorwärts, Schiffer!«

Der Fischer band sein Seil los, stieß seinen langen Bootshaken in die Erde, und die Barke fing an sich vom Ufer zu entfernen; zu gleicher Zeit ging die Schaluppe des Fährmannes von Ison vom entgegengesetzten Ufer ab.

In der Mitte des Flusses war eine kleine Verpfählung, die sich drei Fuß über das Wasser erhob, und darüber wehte eine weiße Fahne, welche den langen Transportschiffen, die auf der Dordogne herabkamen, eine gefährliche Felsbank andeutete. Bei niedrigem Wasserstande konnte man sogar die Oberfläche dieser Felsen schwarz und glatt über dem Strome sehen; in diesem Augenblicke aber, wo die Dordogne voll war, deuteten nur die kleine Fahne und ein leichtes Strudeln des Wassers die Gegenwart der Klippen an.

Die zwei Ruderer begriffen ohne Zweifel, daß hier die Zusammenkunft der Parlamentäre stattfinden konnte, und lenkten ihre Fahrzeug deshalb in dieser Richtung. Der Fährmann von Ison kam zuerst an Ort und Stelle und band auf Befehl seines Passagiers sein Schiff an einen von den Ringen der Verpfählung.

In diesem Augenblick wandte sich der Fischer, welcher vom entgegengesetzten Ufer abgefahren war, nach seinem Reisenden um in der Absicht, dessen Befehle einzuholen; er war aber nicht wenig erstaunt, als er in seiner Barke nur einen verlarvten und in seinen Mantel eingewickelten Menschen fand.

Die Angst, welche ihn nie verlassen hatte, verdoppelte sich jetzt und er fragte nur stammelnd die fremde Person um ihre Befehle.

»Binde Deinen Kahn an dieses Holz an,« sprach Cauvignac, die Hand nach einem von den Pfählen ausstreckend, »so nahe als möglich zu dem Schiffe jenes Herrn.«

Und seine andeutende Hand ging zu dem Herrn über, den der Fährmann von Ison gebracht hatte.

Der Ruderer gehorchte und durch die Strömung Bord an Bord gelegt, erlaubten die Barken den zwei Bevollmächtigten, folgende Unterredung zu eröffnen.

II

»Wie? Ihr seid verlarvt, mein Herr?« fragte zugleich erstaunt und trotzig der mit dem Fährmann von Ison angekommene, ein dicker Mann von ungefähr fünfundfünfzig bis achtundfünfzig Jahren, mit finsteren, starren Auge, dem eines Raubvogels ähnlich, mit grauwerdendem Schnurrbarte und Kinnbarte, der, wenn er keine Maske vorgenommen, wenigstens seine Haare und sein Gesicht so gut als möglich unter einem betressten Hute und seine Kleider und seinen Körper unter einem langen blauen Mantel verborgen hatte.

Die Person näher betrachtend, welche ihn angeredet hatte, konnte sich Cauvignac nicht enthalten, sein Erstaunen durch eine unwillkürliche Bewegung zu verrathen.

»Nun, mein Herr?« fragte der alte Edelmann »was habt Ihre?»

»Nichts, mein Herr; ich hätte beinahe das Gleichgewicht verloren. Aber ich glaube, Ihr erwiest mir die Ehre, das Wort an mich zu richten; was sagtet ihr?»

»Ich fragte, warum Ihr verlarvt wäret?»

»Die Frage ist freimüthig und ich beantworte sie mit derselben Freimüthigkeit: ich habe mich verlarvt, um mein Gesicht zu verbergen.«

»Ich kenne es also?«

»Ich glaube nicht; aber hättet Ihr es einmal gesehen, so könntet Ihr es später wiedererkennen, was wenigstens meiner Meinung nach, völlig unnütz ist.«

»Ihr seid offen, mein Herr.«

»Ja, wenn mir meine Offenheit keinen Schaden bringen kann.«

»Und diese Offenherzigkeit geht so weit, daß Ihr die Geheimnisse Anderer enthüllt?«

»Ja, wenn mir diese Enthüllung etwas einbringen kann.«

»Ihr treibt ein sonderbares Geschäft.«

»Den Teufel, man thut, was man kann, mein Herr. Ich bin nach und nach Advocat, Arzt, Soldat und Parteigänger gewesen. Ihr seht, daß es mir nicht an Gewerben fehlt.«

»Und was seid Ihr gegenwärtig?«

»Ich bin Euer Diener,« sprach der junge Mann und verbeugte sich mit geheuchelter Ehrfurcht.

»Habt Ihr den fraglichen Brief?«

»Habt Ihr das verlangte Blanquett?«

»Hier ist es.«

»Wollen wir austauschen?«

»Noch einen Augenblick, mein Herr; Eure Rede gefällt mir, und ich wünschte dieses Vergnügen nicht sobald zu verlieren.«

»Meine Rede gehört, wie ich selbst, ganz Euch; plaudern wir also, wenn es Euch angenehm ist.«

»Wollt Ihr, daß ich in Euren Nachen hinüberkomme, oder zieht Ihr es vor, in den meinigen zu steigen, damit wir in dem frei bleibenden Schiffe unsere Ruderer entfernt von uns halten können.«

»Unnöthig, mein Herr, Ihr sprecht ohne Zweifel eine fremde Sprache?«

»Ich spreche Spanisch.«

»Ich auch, plaudern wir also in dieser Sprache, wenn es Euch beliebt.«

»Vortrefflich! Welcher Grund,« fuhr der Edelmann fort, indem er sich von diesem Augenblicke an des verabredeten Idioms bediente, »welcher Grund bewog Euch, den Herzog von Epernon die untreue der fraglichen Dame zu enthüllen?«

»Ich wollte diesem würdigen Herrn einen Dienst leisten und mich bei ihm in Gunst setzen.«

»Ihr grollt also Fräulein von Lartigues?«

»Ich? ganz im Gegentheil, ich habe sogar, ich muß es gestehen, einige Verbindlichkeiten gegen sie, und es würde mir sehr leid thun, wenn ihr Unglück widerführe.«

»Ihr habt also den Herrn Baron von Canolles zum Feinde?«

 

»Ich habe ihn nie gesehen, ich kenne ihn nur dem Rufe nach, und es ist nicht zu leugnen, er besitzt den eines galanten Cavaliers und eines braven Edelmannes.«

»Es ist also nicht ein Beweggrund des Hasses, der Euch zu Eurer Handlungsweise antreibt?«

»Pfui doch! wenn ich einen Haß gegen den Herrn Baron von Canolles hätte, so würde ich ihn bitten, sich mit mir die Hirnschale zu zerschmettern oder die Gurgel abzuschneiden, und er ist ein zu galanter Mann, um je eine Partie dieser Art auszuschlagen.«

»Ich muß mich also an das halten, was Ihr mir gesagt habt.«

»Das wird, glaube ich das Beste sein.«

»Wohl, Ihr habt den Brief, der zum Beweis für die Untreue von Fräulein von Lartigues dient.«

»Hier ist er! es ist, ohne Vorwurf, das zweite Mal, daß ich ihn zeige.«

Der alte Edelmann warf von ferne einen traurigen Blick auf das feine Papier, durch welches die Charaktere durchschienen.

Der junge Mann entfaltete langsam den Brief.

»Ihr erkennt wohl die Handschrift, nicht wahr?«

»Ja.«

»Dann gebt mir das Blanquett, und Ihr bekommt den Brief.«

»Sogleich! Erlaubt Ihr mir noch eine Frage?«

»Sprecht, mein Herr.«

Und der junge Mann machte den Brief wieder zu und steckte ihn in seine Tasche.

»Wie habt Ihr Euch dieses Billet verschafft?«

»Das will ich Euch wohl sagen.«

»ich höre.«

»Es ist Euch nicht unbekannt, das die etwas verschwenderische Regierung des Herzogs von Epernon diesem in Guienne große Verlegenheiten zugezogen hat.«

»Weiter.«

»Es ist Euch nicht unbekannt, daß die furchtbar geizige Regierung von Herrn von Mazarin diesem in der Hauptstadt große Verlegenheiten zugezogen hat.«

»Was haben Herr von Mazarin und Herr von Epernon bei dieser Sache zu thun?«

»Wartet: aus diesen zwei entgegengesetzten Regierungen ist ein Zustand der Dinge hervorgegangen, der ganz bedeutend einem allgemeinen Kriege gleicht,wobei Jeder Partei ergreift: Herr von Mazarin führt in diesem Augenblick Krieg für die Königin; Ihr führt Krieg für den König; der Herr Coadjutor führt Krieg für Herrn von Beaufort; Herr von Beaufort führt Krieg für Frau von Montbazon; Herr von Larochefoucault fährt Krieg für Frau von Longueville; der Herr Herzog von Orleans führt Krieg für Fräulein Soyon; das Parlament führt Krieg für das Volk; endlich hat man Herrn von Condé, der für Frankreich Krieg führte, in das Gefängniß gesteckt. Da ich nun wenig dabei gewinnen würde, wenn ich für die Königin, für den König, für den Herrn Coadjutor, für Herrn von Beaufort, für Frau von Montbazon, für Frau von Longueville, für Fräulein Soyon, für das Volk oder für Frankreich Krieg führte, so kam mir der Gedanke, keine Partei zu erwählen, sondern derjenigen zu folgen, zu welcher ich mich für den Augenblick hingezogen fühle. Alles ist daher bei mir eine Angelegenheit des Augenblicks. Was sagt Ihr zu diesem Gedanken?«

»Er ist sehr geistreich.«

»Ich sammelte dem zufolge eine Armee; Ihr seht sie am Ufer der Dordogne aufgestellt.«

»Fünf Mann, den Teufel!«

»Es ist einer mehr, als Ihr selbst habt, es wäre also sehr Unrecht von Euch, sie zu verachten.«

»Aeußerst schlecht gekleidet,« fuhr der alte Edelmann fort, welcher sehr übler Laune und folglich im Zuge des Herabsetzens war.

»Es ist wahr,« sprach der Andere, »Sie gleichen sehr den Gefährten von Falstaff. Falstaff ist einer von meinen Bekannten, ein englischer Edelmann; aber diesen Abend bekommen sie neue Kleider, und wenn Ihr sie morgen wieder trefft, werdet Ihr sehen, das es wirklich hübsche Bursche sind.«

»Kommen wir auf Euch zurück; ich habe nichts mit Euren Leuten zu thun.«

»Nun wohl, indeß wir Krieg auf meine Rechnung führten, begegneten wir dem Einnehmer des Bezirkes, welcher, den Beutel Seiner Majestät füllend, von Dorf zu Dorf ging. So lange nur noch eine einzige Steuer einzuziehen übrig blieb, gaben wir ihm ein treues Geleite, und als ich seinen Sack so dick werden sah, hatte ich redlich gestanden grobe Lust, mich auf die Partei des Königs zu schlagen. Aber die Ereignisse verwickeln sich teufelsmäßig: eine Bewegung übler Laune gegen Herrn von Mazarin, die Klagen, die wir von allen Seiten gegen den Herrn Herzog von Epernon hörten, machten, daß wir in uns gingen. Wir dachten, es wäre Gutes, viel Gutes bei der Sache der Prinzen, und meiner Treue! wir ergriffen sie mit allem Eifer. Der Einnehmer schloß seine Runde mit dem vereinzelten Häuschen, das Ihr da unten halb unter Pappeln und Adamsfeigenbäumen verborgen seht.«

»Das von Nanon!« murmelte der Edelmann, »ja, ich sehe es!«

»Wir lauerten auf ihn, als er heran kam, wir folgten ihm, wie wir es seit fünf Tagen thaten, wir setzten etwas unterhalb Saint-Michel mit ihm über die Dordogne, und wir wir mitten im Flusse waren, theilte ich ihm unsere politische Bekehrung mit und lud ihn mit aller Höflichkeit, der wir fähig sind, ein, uns das Geld zuzustellen, welches er bei sich hatte. Könnt Ihr wohl glauben, mein Herr, daß er sich weigerte? Meine Gefährten durchwühlten nun seine Taschen, und da er schrie, daß ein Scandal daraus hätte entstehen können, so bedachte mein Lieutenant, ein Junge voll Mittel, derjenige, welchen ihr da unten in einem rothen Mantels und mein Pferd an der Hand haltend erblickt, er bedachte, sage ich, daß das Wasser die Luftströmungen auffange und eben dadurch die Fortsetzung den Schalles unterbreche; es ist dies ein physikalischer Grundsatz, den ich in meiner Eigenschaft als Arzt begriff und beifällig aufnahm. Derjenige also welcher den Vorschlag gemacht hattet zog den Kopf des Widerspenstigen gegen den Fluß und hielt ihn einen Fuß unter dem Wasser, nicht weiter. Der Einnehmer schrie nicht mehr, oder besser gesagt, man hörte ihn wenigstens nicht mehr schreien. Wir konnten uns also im Namen des Prinzen alles Geldes bemächtigen, das er bei sich führte, und eben so auch der Correspondenz, die man ihm übergeben hatte. Ich gab das Geld meinen Soldaten, welche, wie Ihr sehr richtig bemerkten desselben bedurften, um sich neu zu equipiren, und behielt die Papiere, dieses unter anderen. Es scheint, der brave Einnehmer diente Fräulein von Lartigues als galanter Mercur.«

»In der That,« murmelte der alte Edelmann, »es war, wenn ich mich nicht täusche, eine Creatur von Nanon: und was ist aus diesem Elenden geworden?«

»Ah, Ihr sollt sehen, ob wir wohl gethan haben, diesen Elenden, wie Ihr ihn nennt, in das Wasser zu tauchen; ohne dies hätte er sicherlich die ganze Erde in Aufruhr gebracht; denn denkt Euch, als wir ihn und dem Flusse zogen, war er, obgleich er kaum eine Viertelstunde darin verweilt hatte, vor Wuth gestorben.«

»Und Ihr habt ihn ohne Zweifel abermals hineingetaucht?«

»Wie Ihr sagt.«

»Aber wenn der Bote ertränkt worden ist?«

»Ich habe nicht gesagt, er wäre ertränkt worden.«

»Streiten wir nicht über Worte: wenn der Bote todt ist. . .«

»Ah, was das betrifft, ja wohl.«

»So wird Herr von Canolles nicht in Kenntniß gesetzt worden sein und folglich nicht zu dem Rendezvous kommen?«

»Oh! nur Geduld, ich führe den Krieg gegen die Mächte und nicht mit Privatleuten. Herr von Canolles hat ein Duplikat von dem Briefe bekommen, der ihm Rendezvous gab. Nur glaubte ich, die eigene Handschrift hätte einigen Werth und behielt sie.«

»Was wird er denken, wenn er die Handschrift nicht erkennt?«

»Die Person, welche ihn zu sehen wünscht, habe sich aus größerer Vorsicht der Hilfe einer fremden Hand bedient.«

Der Fremde betrachtete Cauvignac mit einer gewissen Bewunderung, veranlaßt durch, so viel, mit einer solchen Geistesgegenwart vermischte, Unverschämtheit.

Er wollte sehen, ob es kein Mittel gäbe, diesen kühnen Spieler einzuschüchtern.

»Aber die Regierung, aber die Nachforschungen,« sagte er, denkt Ihr nicht zuweilen daran?«

»Die Nachforschungen?« versetzte der junge Mann lachend, »ah, ja wohl! Herr von Epernon hat etwas ganz Anderen zu thun, als Nachforschungen anzustellen; und dann habe ich Euch nicht gesagt, daß das was ich that, geschehen sei, um mich in Gunst bei ihm zu setzen? Er wäre also sehr undankbar, wenn er mir diese nicht bewilligte.«

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