Бесплатно

Der Graf von Moret

Текст
0
Отзывы
iOSAndroidWindows Phone
Куда отправить ссылку на приложение?
Не закрывайте это окно, пока не введёте код в мобильном устройстве
ПовторитьСсылка отправлена

По требованию правообладателя эта книга недоступна для скачивания в виде файла.

Однако вы можете читать её в наших мобильных приложениях (даже без подключения к сети интернет) и онлайн на сайте ЛитРес.

Отметить прочитанной
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

XX.
Ein leeres Nest

Obwohl der Herzog von Savoyen wusste, dass ihm von einem Augenblick zum andern der Krieg erklärt werden könne, und zwar von einem Feinde, der es ihn schon gelehrt hatte, dass er nicht zu gering geachtet werden dürfe, gab er doch, da er neben seinen anderen schlimmen Eigenschaften auch ein gewaltiger Prahlhans war, ein großes Fest in seinem Schlosse Rivoli, zu derselben Zeit, in welcher sein Sohn Victor Amadeus mit Richelieu in dem Dorfe Bussolino unterhandelte.

Die schönsten Frauen von Turin, die vornehmsten Edelleute Savoyens und Piemonts waren an jenem Abende des 17. März im Schlosse Rivoli versammelt, dessen hellerleuchtete Fenster blendende Lichtstrahlen in die dunkle Nacht hinaus sandten.

Der Herzog von Savoyen, ein vollendeter Cavalier und trotz seiner 68 Jahre noch Lebemann, und selbst seinen Buckel mit dem gewöhnlichen Geiste Buckliger verspottend und galant wie ein junger Mann, machte seiner reizenden Tochter, zu deren Ehren das Fest gegeben wurde, vor allen Anderen den Hof; nur hin und wieder flog eine düstere Wolke über seine Stirne.

Er erinnerte sich zuweilen, dass die Franzosen nur acht bis neun Meilen von ihm entfernt seien, dieselben Franzosen, welche binnen wenigen Stunden den Pass von Susa genommen hatten, welchen man für uneinnehmbar zu halten gewohnt war. und dass in dem Augenblicke, wo im Schlosse Rivoli Frohsinn und Lust herrschten, sich in Bussolino sein Geschick entschied, ein Umstand, von dem Niemand außer ihm etwas wusste.

Unter irgend einem Vorwand hatte der Herzog die Abwesenheit seines Sohnes entschuldigt, zugleich aber dessen Rückkehr im Verlaufe des Abends angezeigt, und in der Tat erwartete er ihn von einem Augenblicke zum andern.

Gegen neun Uhr erschien endlich der Prinz in reichem Festanzug, mit dem Lächeln auf den Lippen, und nachdem er die Prinzeß Christine, die übrigen Damen und einige Cavaliere, die er seiner besonderen Freundschaft würdigte, gegrüßt hatte, ging er auf Carl Emanuel zu, küsste ihm die Hand, und mit unbefangener Miene, als ob er ihn um sein Befinden befragte, sagte er leise zu ihm:

»Der Krieg ist uns von Frankreich erklärt; die Feindseligkeiten können schon morgen beginnen; nehmen wir uns in Acht.«

Der Herzog erwiderte ebenso leise:

»Entferne Dich nach der ersten Quadrille und gib den Befehl, dass die Truppen sich in Turin konzentrieren; ich meinerseits will die Gouverneure von Viellane, Fenestrella und Pignerol auf ihre Posten schicken.«

Dann machte er ein Zeichen mit der Hand, und die Musik, welche bei dem Eintritte des Prinzen unterbrochen worden war, gab das Signal zum Wiederanfang des Tanzes.

Prinz Victor Amadeus nahm den Arm seiner Gemahlin, der Prinzeß Christine, und führte mit ihr die Ehrenquadrille an, ohne ein Wort von dem Bruch zwischen Savoyen und Frankreich gegen sie zu erwähnen.

Während dieser Zeit ließ Carl Emanuel die Gouverneure der drei wichtigsten Festungen Piemonts zu sich rufen und gab ihnen den Auftrag, sofort mit der möglichsten Eile nach ihren Posten aufzubrechen.

Die Gouverneure von Viellane und Fenestrella waren ohne ihre Frauen gekommen! sie brauchten daher nur ihre Mäntel zu nehmen und ihre Pferde satteln zu lassen, um sogleich den Befehl des Herzogs zu erfüllen.

Nicht eben so war es indes mit dem Grafen Urbano von Espalomba. Er hatte nicht nur seine Frau bei sich, sondern diese tanzte auch die Quadrille mit dem Prinzen Victor Amadeus.

»Monseigneur,« sagte daher der Graf zu dem Herzog, »der Befehl wird schwer zu erfüllen sein,«

»Und weshalb das?« fragte der Herzog.

»Weil die Gräfin und ich nach Turin im Ballanzuge und in einem Mietwagen gekommen sind, der uns nicht bis nach Pignerol wird fahren wollen.«

»Die Garderobe meines Sohnes und meiner Schwiegertochter wird Euch Mäntel liefern, sowie Alles, dessen Ihr bedürft und einen Wagen nehmt Ihr aus meinen Ställen.«

»Ich fürchte, die Gräfin wird die Reise nicht ohne Gefahr für ihre Gesundheit machen können.«

»Wenn das ist, so lasset sie hier und reist allein.«

Der Graf sah Carl Emanuel auf eine eigentümliche Weise an.

»Ja,« sagte er, »ich begreife, dass ein solches Arrangement Euer Hoheit zusagen würde.«

»Alle Arrangements sagen mir zu, Herr Graf, vorausgesetzt, dass Ihr nicht eine Minute verliert, um zugehen.«

»Ist das eine Ungnade, Monseigneur?« fragte der Graf.

»Mein lieber Graf,« entgegnete der Herzog, »wie könnt Ihr eine Ungnade darin erblicken, wenn ich einem Gouverneur befehle, nach seinem Gouvernement aufzubrechen; es ist im Gegenteil ein Beweis des Vertrauens —«

»Welches indes nicht so weit geht, mir die Ursache dieser beschleunigten Abreise mitzuteilen.«

»Ein Herrscher ist nicht verpflichtet, seinen Untertanen Rechenschaft zu geben,« sagte Carl Emanuel, »besonders dann nicht, wenn diese Untertanen in seinem Dienste stehen; er hat ihnen dann nur seine Befehle zu erteilen. Ich gebiete Euch daher, Euch augenblicklich nach Pignerol zu begeben und die Festung so wie die Zitadelle für den Fall, dass sie angegriffen werden sollten, zu verteidigen, bis kein Stein mehr auf dem andern bleibt. – Ihr, so wie Eure Gemahlin, dürft Alles verlangen, dessen Ihr benöthigt, und Ihr werdet es augenblicklich erhalten.«

»Soll ich die Gräfin mitten aus der Quadrille holen, oder darf ich warten, bis der Tanz beendigt ist?«

»Ihr könnt das Ende abwarten.«

»So werden wir reisen, Eure Hoheit, sobald der Tanz endet.«

»Glückliche Reise, Graf, besonders aber wenn die Gelegenheit sich bietet, – tapfere Verteidigung.«

Der Herzog entfernte sich, ohne auf die übellaunigen Worte zu hören, welche der Graf Urbano murmelte.

Als die Quadrille vorüber war, teilte der Graf seiner Gemahlin zu deren großem Erstaunen den so eben erhaltenen Befehl mit.

Dann gingen sie zu einer Tür hinaus, während Victor Amadeus den Saal durch eine andere verließ.

Die Gouverneure von Viellane und Fenestrella, welche auf keine Quadrille zu warten hatten, waren bereits aufgebrochen.

Der Herzog sagte leise einige Worte zu seiner Schwiegertochter und diese folgte dem Grafen und der Gräfin.

Als sie den Saal verlassen hatte, übergab sie die Gräfin den Händen einer ihrer Kammerfrauen und kehrte dann in die Gesellschaft zurück, um eine neue Quadrille zu arrangieren, an welcher der Prinz Victor Amadeus nicht mehr Teil nahm.

Zehn Minuten darauf kehrte dieser in den Saal zurück, noch immer mit lächelnden Lippen, aber augenscheinlich blässer, als da er gegangen war.

Er ging auf den Herzog zu, schlang seinen Arm in den des Vaters und trat mit ihm in eine Fensternische.

Dort zeigte er ihm ein Billett.

»Lest, mein Vater!« sagte er leise.

»Was soll das bedeuten?« fragte der Herzog.

»Es ist ein Billett, welches mir ein Page, der über und über mit Staub bedeckt war und ein zu Tode gehetztes Pferd ritt, soeben übergab. Ich wollte ihm eine goldgefüllte Börse schenken, und Ihr werdet sehen, dass das für die überbrachte Notschaft nicht zu viel gewesen wäre; aber er wies das Geschenk zurück und antwortete:

»Ich bin im Dienste eines Herrn, welcher nicht erlaubt, dass ein Anderer als er seine Diener bezahlt.«

»Und ohne seinem Pferde Zeit zum Verschnaufen zu lassen, warf er es herum und sprengte im Galopp davon.«

Der Prinz las das kurze aber bündige Schreiben.

Es lautete:

»Ein Mann, der von Sr. Hoheit dem Herzog von Savoyen ausgezeichnet empfangen worden ist, findet die Gelegenheit, die Gastfreundschaft zu vergelten, indem er ihn benachrichtigt, dass er in dieser Nacht im Schlosse Rivoli mit dem Prinzen Victor Amadeus gefangengenommen werden soll. Es ist kein Augenblick zu verlieren. Auf, zu Pferde und nach Turin!«

»Ist keine Unterschrift darunter?« fragte der Herzog.

»Nein, aber zuverlässig kommt die Nachricht von dem Herzog von Montmorency oder von dem Grafen von Moret.«

»Was für Livre trug der Page?«

»Gar keine; aber ich glaube ihn als denselben erkannt zu haben, den der Herzog, als er in Turin war, bei sich hatte.«

»Und den er Galaor nannte?«

»Ich glaube, das war der Name. – Was ist Eure Ansicht, mein Vater?«

»Den uns gegebenen Rat zu befolgen, da uns nichts Schlimmes widerfahren kann, wenn wir nach Turin gehen, während uns hier möglicherweise wirklich Gefahr droht.«

»Machen wir uns also auf den Weg!«

Der Herzog trat mit Lächeln auf den Lippen in die Mitte des Saales.

»Meine Damen und Herren,« sagte er, »ich erhalte so eben einen Brief, welchen ich, seiner großen Wichtigkeit wegen augenblicklich beantworten und wobei ich meinen Sohn zu Rate ziehen muss. Kümmert Euch also nicht um uns, tanzt, unterhaltet Euch, betrachtet das Schloss als das Eurige, und in unserer Abwesenheit wird unsere teure Schwiegertochter, die Prinzeß Christine, die Honneurs machen.«

Die Herren und Damen verneigten sich und bildeten ein Spalier, durch welches der Herzog und der Prinz der Tür zuschritten, lächelnd und nach beiden Seiten grüßend.

Als sie außerhalb des Saales waren, gaben sie alle Verstellung aus, ließen sich die Mäntel überwerfen, die besten Renner des Marstalls vorführen, schwangen sich auf dieselben und sprengten in gestrecktem Galopp nach Turin, welches, wie bereits erwähnt, nur eine Meile von Rivoli entfernt war.

Während dieser Zeit verfolgten Latil und seine fünfzig Reiter im scharfen Trabe den Weg von Susa nach Turin. Da, wo von dem Wege sich eine Kastanienallee abzweigt, welche zum Schlosse Rivoli führt, glaubte Latil vor sich auf dem Wege einen Schatten zu sehen, der sich schnell vorwärts bewegte.

Auch der einsame Reiter – denn es war der Schatten eines Reiters – den Latil bemerkte, hielt sein Pferd an, und musterte die kleine Reiterschar mit mehr Unruhe als Neugier.

Latil stand schon auf dem Punkte, »Wer da!« zu rufen, aber er fürchtete, dass dieser Ruf, den er im reinen Italienisch nicht hervorzubringen wusste, ihn verraten möchte. Er beschloss daher, allein die Rekognoszierung vorzunehmen und trieb sein Pferd in der Richtung vorwärts, wo der Reiter unbeweglich wie eine Statue hielt.

 

Kaum hatte dieser jedoch erkannt, dass man ihm an den Leib wolle, als er die Zügel seines Pferdes anzog, ihm die Sporen in den Leib drückte, und über einen breiten Graben setzte, um dann querfeldein zu jagen, und die Straße nach Susa zu gewinnen.

Latil verfolgte den Reiter, ihm immerwährend »Halt, Halt!« zurufend. Diese Rufe trugen jedoch nur dazu bei, die Schnelligkeit zu vermehren, mit welcher der Verjagte seine Flucht fortsetzte.

Latil wollte schießen, aber er überlegte, dass der Verfolgte ein Franzose sein und dann der Schuss alarmierend auf die Umgebung wirken könnte.

So jagten Beide hintereinander her; der Verfolgte hatte einen Vorsprung von drei Pferdelängen und da sein Pferd besser war, so hatte er alle Aussicht, einen noch größeren Vorsprung zu gewinnen.

Nach fünf Minuten hatte Latil das Nutzlose seiner Verfolgung eingesehen und gab sie auf, indem n wieder zu seinem Detachement stieß, während der Reiter unerkannt im Dunkel der Nacht verschwand.

Latil schüttelte, während er an der Spitze seiner Schar einher trabte, bedenklich den Kopf; das an und für sich so gewöhnliche Abenteuer schien ihm eine besondere Bedeutung zu haben.

Sein erstes Wort an den Kardinal war gewesen:

»Ich stehe für Alles gut, wenn der Prinz nicht benachrichtigt worden ist.«

Was hatte dieser so gut berittene Mann, der so viel darauf hielt, unerkannt zu bleiben, in Rivoli zu tun gehabt?

Das Misstrauen Latil's mehrte sich noch, als er. selbst, noch in kurzer Entfernung von dem Schlosse, zwei Reiter aus dem Thore desselben hervor sprengen und in der Richtung gegen Turin davon galoppieren sah.

Latil versuchte es diesmal nicht, den Reitern zu folgen, da ihre Pferde frisch aus dem Stall kamen und eine edle Race verrieten. Es war jetzt wirtlich nichts Anderes zu tun, als so schnell wie möglich das Schloss zu erreichen, dessen erleuchtete Fenster durch die Nacht glänzten.

In zehn Minuten war er bei dem Schlosse, stellte Wachen an allen Thoren aus, beorderte je zehn Mann die Seitentreppen hinanzusteigen und begab sich selbst an der Spitze weiterer zehn Mann über die Hauptstiege in den Saal, auf dessen Schwelle er mit entblößtem Degen in demselben Augenblicke erschien, wo durch die Seitentüren seine Geführten hereindrangen.

Bei dem Anblick dieser bewaffneten, in französische Uniform gekleideten Männer hörten die erschreckten Musiker auf zu spielen, und die Tänzer blieben wie gelähmt stehen.

Nachdem Latil seinen Leuten befohlen hatte, die Türen sorgfältig zu bewachen, trat, er mit dem Degen in der einen und dem Hut in der andern Hand bis in die Mitte des Saales vor, aber die Prinzeß Christine ersparte ihm die andere Hälfte des Weges und kam ihm entgegen.

»Mein Herr,« sagte sie, »wie ich glaube, habt Ihr an meinen Schwiegervater, den Herzog von Savoyen, oder an meinen Gemahl, den Prinzen Victor Amadeus, irgend einen Auftrag. Zu meinem Bedauern muss ich Euch anzeigen, dass Beide vor kaum einer Viertelstunde nach Turin geritten sind, wo sie bereits, wie ich hoffe, ohne Unfall angekommen sein werden. Wenn Ihr und Eure Leute der Erfrischungen bedürft, das Schloss Rivoli ist seiner Gastfreundschaft wegen bekannt und ich freue mich, einem Offiziere und den Soldaten meines viel geliebten Bruders, Ludwig XIII. die Honneurs machen zu können.«

»Madame!« sagte Latil, alle seine Erinnerungen aus der Periode seines Hoflebens zusammennehmend, um einer Schwester seines Königs passend antworten zu können, »Madame, unser Besuch hatte keinen anderen Zweck, als Euch Nachrichten von Ihren Hoheiten zu bringen, welche wir vor noch nicht zehn Minuten in der Tat auf dem Wege nach Turin begegneten, wohin zu gelangen sie, wie es schien, große Eile hatten. Die Gastfreundschaft, mit der Ihr uns beehren wollt, können wir leider nicht annehmen, da wir so schnell als möglich dem Herrn Kardinal wichtige Neuigkeiten bringen müssen.«

Und er empfahl sich von der Prinzeß mit vollendeter Höflichkeit.

Draußen aber sagte er mit bedeutend minder zartem Ausdrucke:

»Beim Teufel, man ist uns zuvorkommen, wie ich es gefürchtet hatte, und wir haben das Nest leer gefunden!«

XXI.
In welchem der Graf von Moret sich verbindlich macht, ein Maultier und eine Million in das Fort Pignerol zu bringen

Als Richelieu das Resultat der Expedition Latil's hörte, war er wütend, da Latil nicht den geringsten Zweifel hegte, dass der Herzog von Savoyen benachrichtigt worden sei.

Aber durch wen konnte dies geschehen sein? Der Kardinal hatte sich nur einer einzigen Person anvertraut, dem Herzog von Montmorency.

Sollte er es gewesen sein, der den Herzog gewarnt hatte? Es war dies vielleicht eine Konsequenz seiner etwas übertrieben ritterlichen Charakters gewesen, aber diese Ritterlichkeit gegen einen Feind war fast ein Verrat an seinem Könige.

Ohne etwas von seinem Verdachte gegen Montmorency merken zu lassen, denn er wusste, dass Latil an dem Grafen von Moret, daher auch mittelbar an dem Herzog hänge, legte Richelieu dem Kapitän eine lange Reihe Fragen über den einzelnen Reiter vor, den er gesehen haben wollte.

Latil sagte Alles, was er wusste. Er habe in dem Reiter einen jungen Menschen von etwa achtzehn Jahren erkannt, der einen Filzhut mit farbiger Feder getragen und in einen blauen oder schwarzen Mantel gehüllt gewesen sei. Das Pferd war ein Rappe.

Der Kardinal ließ sich erkundigen, welche Schildwache in der vergangenen Nacht den Dienst gehabt hatte.

Zur Nachtzeit konnte man weder aus Susa hinaus, noch in dasselbe herein, ohne der Wache das Losungswort zu geben.

An jenem Tage war das Losungswort:

»Susa und Savoyen!«

Das Losungswort wussten nur die Befehlshaber, unter denen sich auch Graf von Moret und der Herzog von Montmorency befanden.

Der Kardinal ließ die Schildwachen rufen.

Eine derselben erklärte, einen jungen Menschen passieren gesehen zu haben, der durch das nach Frankreich führende Thor hinaus geritten war und das Losungswort gegeben hatte.

Dass er durch das entgegengesetzte Thor hinaus geritten, brachte den Kardinal auf keine falsche Spur. Er hatte ja die Stadt um reiten und die nach Turin führende Straße gewinnen können.

Das musste man jetzt beim Tageslicht sehen können.

In der Tat fand man die Spuren von Pferdehufen, Welche, vom französischen Thor ausgehend, um die Wälle der Stadt herumführten und dann auf der italienischen Straße weiter gingen.

Nichts hielt den Kardinal mehr in Susa zurück. Tags vorher hatte er Victor Amadeus den Krieg erklärt, und schon um zehn Uhr Morgens wirbelten die Trommeln und schmetterten die Trompeten zum Abmärsche des französischen Heeres.

Der Kardinal ließ die vier Armeecorps an sich vorbeidefiliren, welche durch Herrn von Schomberg, Herrn de la Force, Herrn von Créqui und den Herzog von Montmorency kommandiert wurden.

Unter den Offizieren, welche in der Nähe des Kardinals hielten, befand sich auch Latil.

Herr von Montmorency war wie immer von einem großen Gefolge von Edelleuten und Pagen umgeben, unter welchen letzteren sich Galaor befand, der einen Filzhut mit roten Federn aus dem Kopfe trug und einen Rappen ritt.

Als der Kardinal den jungen Menschen vorbeireiten sah, berührte er die Schulter Latil's.

»Es ist möglich,« sagte dieser, »aber ich könnte es nicht behaupten.«

Richelieu runzelte die Stirn, sein Auge schleuderte einen Blitz, auf den Herzog und sein Pferd in Galopp setzend, gewann er die Spitze der Colonne; nur die Plänkler, welche man damals »die verlorenen Kinder« nannte, ließ er sich vorangehen.

Der Kardinal trug sein gewöhnliches Kriegskleid, unter dem Stahlkürasse ein Gewand aus fahlem Samt, mit Goldstickereien besät, auf seinem Kopfe einen breitrandigen Filzhut mit einer schwarzen Feder. Da man aber auf dem Marsch in jedem Augenblicke auf den Feind stoßen konnte, so trugen zwei Pagen, die vor ihm ritten, seinen Helm und seine Streithandschuhe, zwei andere führten in ihrer Mitte ein wertvolles Schlachtross. Cavois und Latil, d. h. der Kapitän und der Lieutenant seiner Garde, ritten hinter ihm.

Nach einer Stunde kam man zu einem kleinen Flusse, welchen der Kardinal Tags vorher hatte untersuchen lassen; er war also der Erste, der ohne die geringste Besorgnis sein Pferd in das Wasser lenkte, und der Erste, der ohne weiteren Unfall das andere Ufer erreichte.

Während die Armee durch das Wasser ging, strömte ein Platzregen herab; ohne sich jedoch deshalb zu beunruhigen, ließ der Kardinal den Marsch fortsetzen; es wäre auch sehr schwer gewesen, die ganze Armee in den vereinzelten Hütten an dem Wege unter Dach zu bringen. Aber die Soldaten, welche nicht viel über Unmöglichkeiten nachzudenken pflegen, fingen an zu murren und den Kardinal zu allen Teufeln zu wünschen. Die Klagen wurden so laut ausgestoßen, dass dem Kardinal kein Wort derselben entging.

»He, Latil,« rief er, sich nach diesem umwendend, »hörst Du es wohl?«

»Was, Monseigneur?«

»Alles, was diese Tölpel hinter uns von mir sagen.«

»Monseigneur,« erwiderte Latil, »es ist die Gewohnheit des Soldaten, seinen Anführer zum Teufel zu wünschen, sobald es ihm schlecht geht, aber der Teufel hat über einen Kardinal keine Macht.«

»Wenn ich meinen roten Rock anhabe, vielleicht nicht, wohl aber wenn ich die Uniform des Königs trage, wie ein anderer Soldat. – Reite durch die Reihen und sage den Leuten, sie mögen vernünftig sein.«

Latil tat, wie ihm befohlen, und nahm dann wieder seinen Platz neben dem Kardinal ein. . »Nun?« fragte dieser.

»Nun, Monseigneur, sie werden sich in Geduld fassen.« .

»Du hast ihnen gesagt, dass ich unzufrieden mit ihnen bin?«

»Ich habe mich wohl gehütet.«

»Was also hast Du ihnen gesagt?«

»Dass Ew. Eminenz ihnen für die Gelassenheit erkenntlich sei, mit der sie die Strapazen des Marsches ertragen, und dass, wenn man nach Rivoli käme, sie eine doppelte Portion Wein erhalten sollten.«

Der Kardinal biß sich in die Lippe.

»Vielleicht hast Du gut daran getan, so zu reden,« sagte er dann.

In der Tat hatte sich das Murren gelegt; freilich war auch das Wetter besser geworden, und in einem durch die Wolken brechenden Sonnenstrahl sah man die weißen Mauern des Schlosses Rivoli und des dasselbe umgebenden Dorfes glänzen.

Man marschierte in einem Zuge bis Rivoli, wo man um drei Uhr ankam.

»Beauftragt mich, Monseigneur, mit der Verteilung des Weines,« sagte Latil.

»Da Du den Leuten eine doppelte Portion versprochen hast, muss man sie ihnen geben; es soll aber sofort der Sold ausgezahlt werden.«

»Ja, aber zum Auszahlen —«

»Braucht man Geld, willst Du sagen.«

Der Kardinal hielt sein Pferd an, zog ein Papier aus der Tasche und schrieb auf dem Sattel:

»Der Schatzmeister wird Herrn Latil die Summe von 1000 Livres auszahlen, von welcher mir dieser Rechnung zu legen hat.«

Und er unterzeichnete.

Latil ritt voraus.

Als die Armee drei Viertelstunden später in Rivoli einzog, sah sie mit einer Befriedigung, welche Anfangs still blieb, bald aber sich in lautem Beifall- und Freudengeschrei äußerte, auf dem Marktplatz des Dorfes von zehn zu zehn Schritt ein mächtiges Weinfass liegen, und eine Unzahl von Bechern rings um jedes Fass aufgestapelt.

Das durch das Regenwetter hervorgebrachte Murren verwandelte sich durch den Wein in Jubel und der Ruf: »Es lebe der Kardinal!« ertönte in allen Reihen.

Während dem kam Latil aus den Kardinal zu.

Nun, Monseigneur?« sagte er mit triumphierender Miene.

»Latil, ich fange an zu glauben, dass Du die Soldaten besser kennst, als ich.«

»Pardieu! Jeder nach seinem Stande; die kenne die Soldaten besser, da ich stets nur unter Soldaten gelebt habe; Ew. Eminenz kennen die Höflinge besser, weil Ihr stets mit diesen umgegangen seid.«

»Latil,« sagte der Kardinal, indem er seine Hand auf die Schulter des Abenteurers legte, »wenn Du so viel mit Höflingen umgegangen wärst, wie mit Soldaten, hättest Du gelernt, dass man die Leute vom Hofe desto weniger kennt, je mehr man mit ihnen umgeht.«

Als man beim Schlosse Rivoli angelangt war, versammelte der Kardinal die Anführer um sich und sagte zu ihnen:

»Ich glaube, meine Herren, das Schloss ist so groß, dass Jeder von Euch in demselben seinen Platz findet; übrigens werden der Herzog von Montmorency und der Graf von Moret, welche bereits während der Anwesenheit des Herzogs von Savoyen hier einige Tage zugebracht haben, näheren Bescheid wissen, und daher so gütig sein, die Quartiermeister zu machen.«

 

Dann fügte er hinzu:

»In einer Stunde ist Kriegsrat bei mir; richtet es so ein, dass Ihr im Stande seid, Euch pünktlich einzufinden; es handelt sich um eine wichtige Entschließung.«

Die Marschälle und Oberoffiziere, welche, bis auf die Haut durchnässt, ein großes Bedürfnis, fühlten, sich zu erwärmen und zu trocknen, empfahlen sich eilig dem Kardinal, mit dem Versprechen, pünktlich beim Kriegsrate zu erscheinen,

Eine Stunde später saßen die sieben zum Kriegsrate berufenen Anführer in dem Kabinett, welches gestern vom Herzog von Savoyen verlassen worden war, und das der Kardinal zu seinem Arbeitszimmer gewählt hatte.

Diese sieben Anführer waren:

Der Herzog von Montmorency, die Marschälle Schomberg, Créqui, de la Force, der Marquis Toyras, der Graf von Moret und Herr von Auriac.

Der Kardinal erhob sich und hielt folgenden Vortrag:

»Meine Herren! Wir haben einen offenen Weg nach Piemont. Dieser Weg ist der Pass von Susa. Aber wenn man es mit einem so treulosen Gegner zu tun hat, wie Carl Emanuel ist, genügt ein solcher Weg nicht; wir müssen deren zwei haben. Hört nun meinen Feldzugsplan. Bevor wir weiter in Italien vordringen, möchte ich mir eine Kommunikation der Dauphinée mit Piemont eröffnen, und das kann nur durch die Einnahme der Festung Pignerol geschehen. Ihr wisst, meine Herren, dass der schwache Heinrich III. aus diesen Platz zu Gunsten des Herzogs von Savoyen verzichtete. Gonzales, Herzog von Nevers, der Vater eben des Herzogs Carl von Mantua, für dessen Sache wir über die Alpen zogen, war damals Gouverneur von Pignerol und kommandierender General der Heere Frankreichs in Italien; er bot vergebens seinen Geist und seine Beredsamkeit auf, um Heinrich III. von einem Entschluss abzubringen, der für seine Krone so nachteilig war. Sollte man nicht beinahe glauben, dass der kluge und tapfere Herzog es voraussah, sein Sohn würde, Herzog von Mantua geworden, Gefahr lausen, seiner Staaten beraubt zu werden, weil es den französischen Truppen an einem Pfade mangelte, in das Land einzudringen? – Da Gonzales sah, dass der König auf seinem Entschluss beharrte, verlangte er, seines Gouvernements über Pignerol vor dessen Abtretung enthoben zu werden, denn er wollte nicht, dass die, Nachwelt den Verdacht haben könnte, er hätte in eine Sache, die für den Staat so nachteilig war, bewilligt, oder gar daran Teil genommen.

»Diese Festung sollt Ihr, meine Herren, jetzt für Frankreich zurückerobern; nur ist die Frage, ob dies durch Gewalt oder durch List geschehen soll. Wollten wir es mit der Gewalt versuchen, so müssten wir viel Zeit und viele Leute opfern, weshalb ich in diesem Falle die List vorziehe. Philipp von Macedonien sagte, es gäbe keinen Platz, der so befestigt und verschanzt wäre, dass nicht ein mit Gold beladenes Maultier hineinkommen könnte. Nun wohl, ich habe das Maultier und das Gold; es fehlt nur der Mann, der Beides nach Pignerol bringt. – Helft mir, meine Herren; eine Million ist mir nicht zu viel, wenn ich die Schlüssel dieser Festung durch dieselbe erlangen kann!«

Wie gewöhnlich erhielt jeder der Anwesenden nach seinem Range das Wort zur Erwiderung. Alle verlangten 24 Stunden Bedenkzeit. An den jüngsten kam zuletzt das Wort, nämlich an den Grafen von Moret. Zum Erstaunen Aller gab er folgende Antwort: »Ew. Eminenz wollen das Maultier und Gold in.drei Tagen bereit halten; ich verpflichte mich, Beides nach Pignerol hinein zu bringen.«

Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»