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Der Graf von Moret

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Der Graf von Moret
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Erster Teil

I.
Das Wirtshaus »zum gefärbten Barte«

Der Reisende, welcher gegen Ende des Jahres der Gnade 1628 in Geschäften oder zu seinem Vergnügen einige Tage in der Hauptstadt des Königreiches der Lilien, wie man damals poetisch sagte, zubringen wollte, durfte mit Zuversicht in dem Gasthaus »zum gefärbten Bart«, Rue de l'Homme armé, einkehren. Er war gewiss, dort bei Meister Soleil ein freundliches Gesicht, gute Kost und ein gutes Bett zu finden, mochte er empfohlen sein oder nicht.

Man konnte auch nicht leicht fehlgehen. Außer einer ordinären Schenke, welche die Ecke der Rue St. Croix de la Bretonnerie bildete und, seit den ältesten Zeiten bestehend, durch ihr Schild, das einen gewappneten Mann vorstellte, dem übrigens nur neun Nummern zählenden Gässchen den Namen gegeben hatte, machte sich das Wirtshaus, in das wir unsere Leser führen wollen, in jenem Stadttheile ziemlich breit und zog außerdem die Kunden durch ein Aushängeschild an, welches zu majestätisch war, als dass ein Reisender, dem es einmal zu Gesicht gekommen war, hätte gleichgültig vorbeigehen können.

In der Tat lässt sich nicht leicht etwas in die Augen Fallenderes denken, als die an den Rändern reich vergoldete Blechtafel, welche bei dem geringsten Luftzuge an ihrer gleichfalls vergoldeten und mit Schnörkeln verzierten eisernen Tragstange knarrte, und auf welcher der Großtürke in eigener Person mit einem herrlichen, hochroten Barte abgebildet war. Außerdem befand sich jedoch noch über der Tür eine Inschrift, welche kund und zu wissen tat – und das nicht etwa in gemeinen, schlichten Lettern, sondern auf dem sinnreichen Wege der Bilderschrift – dass Meister Soleil stets Reisende zu Fuß und zu Pferde mit Bereitwilligkeit beherberge, indem der Name des Wirtes durch das strahlende Antlitz der Himmelskönigin ersetzt war, und die Reisenden zu Fuß und zu Pferde in Gestalt eines Pilgrims und eines Lanzenreiters über der Tür prangten.

Wenn nun das Schild, mit dem Großtürken darauf, an Alter auch mit dem benachbarten gewappneten Manne rivalisieren konnte, so müssen wir dagegen in unserer Eigenschaft als Romanschreiber, welche uns zum Festhalten an der Wahrheit verpflichtet (eine Verpflichtung, welcher übrigens nicht einmal die Historiker nachkommen), gestehen, dass die Bilderinschrift über der Türe erst aus der jüngsten Zeit stammte.

Es waren kaum zwei Jahre her, dass der frühere Besitzer, unter dem Namen Claude Cyprien Melanjoie vorteilhaft bekannt, für die Summe von tausend Pistolen den »gefärbten Bart« an Meister Blaise Guillaume Soleil, den jetzigen Besitzer, überließ. Dieser hatte ohne die mindeste Rücksicht auf die historischen Rechte der Schwalben, welche ihre Nester an die Außenwände des Hauses klebten, und der Spinnen, welche die inneren Wände mit ihren Geweben überzogen, sogleich nach abgeschlossenem Kaufcontracte Maurer, Tapezierer und Maler berufen, das Unterste zu oberst kehren und endlich zum Erstaunen der Nachbarn, welche sich vergebens fragten, woher Meister Soleil das Geld zu allen diesen Neuerungen hernehme, jenen pompösen Rebus über die Türe setzen lassen, von welchem wir vorher sprachen. Die alten Weiber der benachbarten Straßen schüttelten sofort in Ausübung ihrer sibyllinischen Eigenschaften, die sie ihren Jahren und ihrer Erfahrung verdankten, die Köpfe, zuckten die Achseln und prophezeiten, diese Verschönerungen würden dem »gefärbten Barte« Unglück bringen, da eben sein ehrwürdiges Aussehen, welches er nun schon seit vielen, vielen Jahren bewahrte, ihm reiche Kundschaft zugezogen habe. Aber zum Verdrusse dieser Prophetinnen und zum großen Erstaunen Derer, für welche sie unfehlbare Orakel waren, hatte sich nach Verlauf von zwei Jahren die traurige Vorhersagung noch nicht erfüllt, im Gegenteile das Wirtsgeschäft einen bedeutenden Aufschwung, genommen und zwar durch neue Gäste, die man in unserer Gasse früher nie sah und die, ohne die alte Kundschaft zu verdrängen, welche noch seit den Zeiten, als die Schwalben an dem Hause nisteten und die Spinnen darin webten, dem »gefärbten Barte« treu geblieben waren, die Einnahmen des Meister Soleil bedeutend vermehrten, ja so zu sagen verdoppelten.

Nach und nach verbreitete sich wohl ein gewisses Licht über dieses große Geheimnis; das Gerücht ging nämlich, Frau Martha Pelagie Soleil, eine sehr frische, sehr bewegliche, noch ziemlich junge Frau, sei die Milchschwester einer der mächtigsten Damen des Hofes, welche Dame aus ihren Ersparnissen oder aus denen einer noch viel mächtigeren Dame, als sie selbst war, dem Meister Soleil das zur Übernahme des Etablissements Wirte Geld vorgestreckt habe und diese Milchschwester sei es auch, welche das Wirtshaus »zum gefärbten Barte« den vornehmen Fremden empfahl, die man seit einiger Zeit hier ein- und ausgehen sah, und die sich sonst niemals in diesen einsamen Stadtteil verirrten.

Was an jenen Gerüchten wahr, was falsch daran war, das werden wir im Verlaufe dieser Geschichte erfahren.

Jedenfalls wollen wir beobachten, was sich am 5. Dezember 1628 – d. h. vier Tage nach der Rückkehr des Kardinals Richelieu von jener denkwürdigen Belagerung von La Rochelle, welche eine Episode in unserem Roman: »Die drei Musketiere,« bildet – gegen vier Uhr Nachmittag in einem niedrigen Saale des erwähnten Wirtshauses begab. Die Enge des Gässchens, so wie die Höhe der Häuser bewirkten, dass schon um diese Stunde die Dämmerung ihr ungewisses Licht in das Gelass warf.

In dem Saale befand sich jetzt nur eine einzige Person, da dieselbe aber zu den Stammgästen des Hauses gehörte, machte sie für sich allein so viel Lärm und nahm für sich allein so viel Platz ein, als es vier gewöhnliche Trinkgäste getan hätten.

Der einsame Trinker, der bereits einen Krug geleert, war bei der Hälfte des zweiten angelangt; er lag auf drei Stühlen ausgestreckt und unterhielt sich damit, das Stroh eines vierten mit seinen mächtigen Sporen zu zerzausen, während er sich bemühte, mit der Spitze seines Dolches ein Damenbrett in die Tischplatte zu schnitzen.

Ein mächtig langer Stoßdegen lag an seiner Seite, mit dem Griff im Bereiche seiner Hand.

Es war ein Mann zwischen 36 und 38 Jahren, dessen Gesicht man bei den letzten Strahlen des Tages, welche durch die schmalen in Blei gefassten Scheiben in das Zimmer fielen,, um so besser betrachten konnte, da er seinen Hut an dem Fensterriegel aufgehängt hatte. Seine Haare, seine Augenbrauen, sein Schnurrbart waren schwarz, sein gebräunter Teint verriet den Mann aus dem Süden; eine gewisse Härte in seinem Blick und ein spöttischer Zug um seine Lippen, die öfter hastig durch eine zuckende Bewegung, wie sie beim Tiger beobachtet wird, eingezogen wurden und dann eine Reihe blendend weißer Zähne sehen ließen; eine gerade Nase und ein entschieden vorspringendes Kinn ließen auf einen Willen schließen, der bis zum Eigensinne ging, während die Kinnbackenpartie des Gesichts, welche in einer Art ausgebildet war, wie sie den wilden Tieren zugeschrieben wird, jenen unüberlegten Mut verriet, den man seinem Besitzer niemals Dank zu wissen braucht, da er bei ihm nicht der Ausfluss des freien Willens, sondern das einfache Produkt des Instinktes ist. Das ganze ziemlich hübsche Gesicht des Mannes machte den Eindruck einer brutalen Freimütigkeit, welche wohl Ausbrüche des Zornes und der Gewalttätigkeit befürchten aber den Gedanken an List und Verrat nicht aufkommen ließ.

Seine Kleidung war die der niederen Edelleute jener Epoche; halb bürgerlich, halb militärisch. Sie bestand aus einem tuchenen, eng anschließenden Wams mit offenen Ärmeln, unter welchem sich das Hemd am Gürtel hervor bauschte, weiten Beinkleidern und Stiefeln von Büffelleder, die unterhalb der Knie zusammengeschoben waren. Alles das war im guten Stande, aber nicht luxuriös und verlieh dennoch dem Träger eine gewisse einfache Eleganz.

Es geschah wahrscheinlich, um in seinem Gast nicht einen jener Zornesausbrüche hervorzurufen, zu denen derselbe so geneigt schien, dass Meister Soleil zwei- oder dreimal in den Saal trat, in welchem sich der Trinker befand, ohne ihn im Geringsten auf die doppelte Verwüstung aufmerksam zu machen, die er an den Möbeln verübte, und sich im Gegenteile bemühte, ihm so freundlich als möglich zuzulächeln, was dem guten Manne mit dem strahlenden Gesicht übrigens nicht schwer wurde.

Bei seinem dritten oder vierten Erscheinen im Saale konnte sich jedoch Meister Soleil nicht enthalten, das Wort an seinen Stammgast zu richten.

»Nun, mein teurer Herr,« sagte er zu ihm im Tone besonderen Wohlwollens, »es will mir scheinen, dass seit einigen Tagen Stillstand im Geschäfte ist; wenn das so fortgeht, wird jene gute Alte, wie Ihr sie nennt – und er bezeichnete mit dem Finger den langen Stoßdegen des Mannes, mit dem er sprach – Gefahr laufen, in ihrer Scheide zu verrosten.«

»Hm, ja!« antwortete der Trinker in trockenem Tone, »und das beunruhigt Dich wahrscheinlich sehr wegen der zehn oder zwölf Krüge, die ich Dir schulde?«

»Wo denkt Ihr gleich hin, Bei Gott, Ihr könntet mir fünfzig, ja sogar hundert schuldig sein und ich würde darum nicht unruhiger schlafen; auf beiden Ohren würde ich schlafen, ich schwöre es Euch zu! – So müsst Ihr mir nicht kommen! – Ich kenne Euch seit den achtzehn Monaten, während welcher Ihr mein Haus mit eurem Besuche beehrt, zu genau, als dass mir jemals die tolle Idee gekommen sein sollte, ich würde bei Euch auch nur einen Heller verlieren; aber Ihr wisst es, in jedem Geschäfte gibt es ein Oben und ein Unten und die Rückkehr Sr. Eminenz des Kardinal-Herzog musste notwendig die Klingen für einige Wochen in ihre Scheiden zurückführen. Ich sage für einige Wochen, denn es geht das Gerücht, dass der Kardinal bald wieder, aufbrechen wird, um in Begleitung des Königs den Krieg über die Berge zu tragen. Dann wird es Dinge geben, die mindestens eben soviel wert sind, als die Belagerung von La Rochelle. Zum Teufel mit den Edikten und die Taler regnen dann in Eure Tasche.«

 

»Und eben darin, Freund Soleil, bist Du auf falscher Jährte, denn vorgestern Abend und gestern Morgen habe ich wie gewöhnlich gearbeitet und da es heute erst vier Uhr ist, so hoffe ich noch Beschäftigung zu finden, ehe der Tag scheidet, und bräche auch die Nacht herein, so ist Dame Phöbe in ihrem vollen Glanz, wie die Poeten sagen, und ich würde auf die Nacht rechnen, wenn mich der Tag im Stiche gelassen haben sollte. Was aber die Taler anbelangt, welche Dir nicht so sehr in meinem, als vielmehr in deinem Interesse so viele Sorge verursachen, so kannst Du sehen oder vielmehr hören,« und der Trinker ließ dabei das Geld in seiner Tasche klimpern, »dass es damit bei mir noch nicht zu Ende geht, und wenn ich trotzdem meine Rechnung nicht bezahle, je nun, so geschieht dies einfach darum, weil ich es für besser halte, dieselbe durch den ersten Edelmann bezahlen zu lassen, der kommen wird, meine Dienste in Anspruch zu nehmen. Möglich sogar,« fuhr der sorglose Gast des Meister Soleil fort, indem er seine Stirn gegen die Fensterscheibe lehnte, »möglich sogar kommt der, welcher Dich bezahlen soll, schon dort um die Ecke, mit der Nase im Winde, wie ein Jagdhund, der dem Wilde auf der Fährte ist; was er aber sucht, ist da?. Schild »zum gefärbten Barte«; jetzt hat er es gesehen und scheint darüber sehr zufrieden; verschwinde daher, mein lieber Soleil, und du es sicher ist, dass dieser Edelmann mit mir zu reden hat, so kehre Du zu deinem Kochherde zurück und lasse die Leute vom Degen ihre Angelegenheiten unter einander abmachen. Bringe auch Lichter; in zehn Minuten wird es hier finster sein wie in einem Keller und ich liebe es, die Leute zu sehen, mit denen ich von Geschäften rede.«

Der Trinker hatte sich nicht geirrt, denn während der Wirt durch die eine Tür verschwand, um die ihm erteilten Befehle auszuführen, erschien auf der Schwelle der andern die Gestalt eines Mannes.

Bevor sich der Ankömmling in das Dämmerlicht des Saales wagte, durchmusterte er mit raschem Blicke alle Winkel desselben; als er sah, dass ein einziges Individuum sich darin aufhielt, welches allem Anscheine nach dasselbe war, das er suchte, zog er den Kragen seines Mantels bis an die Augen empor, um sein Gesicht so viel als möglich zu verbergen, und trat entschlossen in den Saal.

Wenn der Mann im Mantel gefürchtet hatte, erkannt zu werden, so war die von ihm getroffene Vorsicht durchaus nicht unnütz, denn in demselben Augenblicke trat auch Meister Soleil wieder ein, in jeder Hand eine angezündete Kerze tragend, die er auf zwei zinnerne Wandleuchter steckte.

Der neu Angekommene betrachtete sein Thun mit einer Ungeduld, die zu verbergen er sich nicht Mühe gab. Es war augenscheinlich, dass er es vorgezogen hätte, in dem Halbdunkel zu verweilen, welches in dem Saale geherrscht hatte, als er eintrat; doch begnügte er sich, den Bewegungen des Wirtes mit dem Blicke zu folgen, und erst als dieser sich entfernt hatte, und die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen war, wandte er sich an den Trinker, welcher ihm bis jetzt anscheinend nicht die geringste Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Ohne einleitende Vorrede fragte er ihn:

»Seid Ihr Der, den man Stephan Latil nennt, ehemals zu dm Leuten d'Epernon's gehörig, später Kapitän in Flandern?«

Der Trinker, welcher eben im Begriff war, seinen Krug zum Munde zu führen, richtete, ohne den Kopf zu bewegen, einen Blick auf den Fragenden, und da die Frage in einem Tone gestellt war, der ihm nicht besonders behagen mochte, so gab er die Frage zurück:

»Gut, wenn ich nun Der wäre, der sich also nennt, was ginge das Euch an?«

Und er näherte seine Lippen vollends dem Rande des Kruges, dem sie sich bereits entgegen gespitzt hatten.

Der Mann im Mantel ließ dem Trinker Zeit, einen tüchtigen Zug zu tun, als dieser aber fast den leeren Krug wieder auf den Tisch gestellt hatte, fragte er ihn in einem viel geschmeidigeren Tone nochmals, ob er die Ehre habe, den Edelmann Stephan Latil vor sich zu sehen.

»Ah, das lässt sich schon besser anhören,« sagte mit billigendem Kopfnicken derjenige, an den die Frage gerichtet war.

»So tut mir die Liebe, mir zu antworten.«

»Nun denn, ja, ich bin Stephan Latil in eigener Person, und was wollt Ihr von diesem armen Stephan

»Ich will ihm ein gutes Geschäft vorschlagen.«

»Ein gutes Geschäft? ah! ah!«

»Es ist sogar besser als gut; es ist vortrefflich!«

»Um Verzeihung,« sagte nun der, welcher die Namen Stephan Latil als die seinigen anerkannt hatte, »bevor wir weiter gehen, erlaubt meiner Wissbegierde dieselbe Vergünstigung wie der Eurigen; mit wem habe ich denn die Ehre zu sprechen?«

»Mein Name dürfte wenig bei der Sache zu tun haben, vorausgesetzt, dass Ihr meinen Vorschlag angenehm findet.«

»Ihr irrt, mein Edelmann, wenn Ihr glaubt, dass mir dies allein genügt. Ich bin wohl ein Zweitgeborener, das ist wahr, aber immerhin bin ich vom Adel, und diejenigen, die Euch an mich gewiesen haben, hätten Euch sagen müssen, dass ich weder für den Pöbel noch für Spießbürger arbeite; wenn Ihr irgend einen Strauß mit einem Gevatter Handwerker oder Ladenbesitzer auszufechten habt, so mögt Ihr nur Eure Fäuste tüchtig gebrauchen, ich meinerseits menge mich in derlei Sachen nicht.«

»Ich kann und will Euch meinen Namen nicht sagen, Meister Latil, aber ich mache mir nichts daraus, wenn Ihr meinen Rang erfahrt. Hier ist ein Siegelring, welcher Euch aufklären mag, vorausgesetzt, dass Ihr in der Wappenkunde nicht gar zu unerfahren seid.«

Und einen Ring vom Finger ziehend, übergab er ihn dem Bravo, welcher sich damit dem Fenster näherte und ihn bei den letzten Strahlen des scheidenden Tages prüfte.

»O! O!« sagte er, »ein Onyx, mit einer Kunst graviert, die man nur in Florenz versteht. Ihr seid Italiener und Marquis, mein Edelmann; wir wissen wohl, was das Weinblatt und die drei Perlen zu bedeuten haben; dabei seid Ihr reich, was nie etwas verdirbt; dieser Stein ist allein ohne seine Fassung 40 Pistolen wert.«

»Genügt Euch das, und können wir jetzt von unseren Angelegenheiten reden?« fragte der Mann im Mantel, den Ring zurücknehmend und an seine feine weiße Hand steckend.

»Ja, das genügt mir, Herr Marquis; aber vor Allem und als Unterpfand des Handels, den wir abschließen wollen, wäre es liebenswürdig von Euch, ohne dass ich gerade eine Bedingung daraus mache, die zehn oder zwölf Krüge Wein zu bezahlen, welche ich in diesem Wirtshaus schuldig bin. Ich bin ein Mann der Ordnung, und wenn mir bei einem meiner Abenteuer etwas Menschliches zustoßen sollte, so wäre ich untröstlich darüber, eine wenn auch noch so kleine Schuld hinterlassen zu müssen.«

»Darauf soll es mir nicht ankommen.«

»Und es hieße,« fuhr der Trinker fort, »Eure Liebenswürdigkeit auf die Spitze treiben, wenn Ihr die beiden leeren Krüge, die ich vor mir habe, durch zwei volle ersetzen ließt; denn ein befeuchtetes Wort geht besser vom Munde und ist auch viel mehr wert, als ein trockenes.«

»Meister Soleil!« rief der Fremde, seinen Mantel noch um einen Grad höher emporziehend.

Der Wirt erschien fast im selben Augenblick.

»Die Rechnung dieses Herrn und zwei Krüge Wein vom besten.«

Blitzschnell, und wie durch eine Versenkung, verschwand Meister Soleil und zeigte sich gleich darauf mit zwei Weinkrügen wieder, deren einen er vor den Fremden hinsetzte, während er mit dem andern seinen Stammgast bediente.

»Was die Rechnung anbelangt,« sagte er, sich verbeugend, »so macht sie eine Pistole fünf Sous und zwei Deniers.«

»Her ist ein Louisdor,« sagte der Unbekannte, das Goldstück auf den Tisch werfend, und da, der Wirt, in die Tasche griff um den Überschuss zurückzugeben, beeilte er sich hinzuzufügen:

»Es ist nicht nöthig, dass Du mir den Rest wieder gibst, Du kannst ihn zu dem Haben dieses Herrn schreiben.«

»Zu dem Haben?« brummte der Bravo in den Bart, »das ist ein Wort, welches auf eine Meile nach dem Kaufmann riecht; es ist wohl wahr, dass diese Florentiner alle insgesamt Kaufleute sind, und dass selbst ihre Herzog wuchern, wie die Frankfurter Juden, aber – wie mein vortrefflicher Wirt sagt – sind die Zeiten schwer und man kann nicht immer unter seinen Kundschaften wählen.«

Wahrend dieses Selbstgespräches verließ Meister Soleil das Zimmer, indem er einen Bückling nach dem andern machte, und seinen Stammgast, der so großmütige Bezahler für seine Rechnungen aufzutreiben wusste, mit Blicken der Achtung und Anerkennung betrachtete.

II.
Was aus dem Vorschlage wurde, den der Unbekannte dem Meister Stephan Latil machte

Als sich die Tür hinter dem Wirte abermals geschlossen hatte, begann der Unbekannte sein Gespräch mit dem Bravo auf's Neue.

»Nun,« sagte er, »da Ihr wisst, dass Ihr es mit keinem Krämer zu tun habt, seid Ihr jetzt bereit, einem freigebigen Edelmanne beizustehen, damit er sich eines Nebenbuhlers entledigen könne, der ihn belästigt?«

»Mm! macht mir oft derlei Anerbietungen, Herr Marquis, und ich weise sie selten zurück; doch bevor wir weitergehen, ist es wohl gut, wenn Ihr die Preise kennt, die man mir zu bezahlen pflegt.«

»Ich kenne sie: zehn Pistolen für das Sekundieren in einem gewöhnlichen Duell, fünfundzwanzig Pistolen für die Herbeiführung eines Vorwandes, wenn die betreffende Person nicht die Absicht hat, sich zu schlagen, und hundert Pistolen für die Herbeiführung eines Streites, welcher ein unmittelbares Scharmützel mit der Person zur Folge hat, die getödtet auf dem Platze bleiben soll.«

»So ist es,« sagte der Klopffechter, »wenn die Person nicht todt bleibt, so gebe ich das Geld zurück, und rechne die Wunden gar nicht an, die ich etwa beigebracht habe.«

»Ich weiß es, dass Ihr eben sowohl eine gute Klinge führt, als auch ein Mann von Ehre seid.«

Stephan Latil verbeugte sich leicht in einer Weise, als hätte man ihm bloß Gerechtigkeit widerfahren lassen; in der Tat war er nach seinen Begriffen ein Mann von Ehre.

»Ich kann also auf Euch zahlen?« fuhr der Unbekannte fort.

»Wartet! Gehen wir nicht so schnell vor, Ihr seid Italiener und müsst das Sprichwort kennen: Chi va piano va sano; wer langsam geht, geht sicher. Wir müssen zuerst wissen, welcher Natur das Geschäft ist, um das es sich hier handelt, und zu welcher der drei Kategorien der Vertrag gehört, den wir schließen wollen, ein Vertrag, dessen Summe übrigens im Vorhinein bezahlt werden muss.«

»In dieser Börse sind wohl gezählte hundert Pistolen; Ihr könnt Euch von der Richtigkeit der Summe überzeugen.«

Der Unbekannte warf eine seidene Börse auf den Tisch.

Trotz des verführerischen Klanges, den sie von sich gab, berührte sie der Klopffechter nicht, ja er sah sie kaum an.

»Es scheint also,« sagte er, »dass wir die beste Qualität wollen das augenblickliche Scharmützel,« und seine Lippen gerieten in jenes höhnische Zucken, das seiner Miene etwas so Schreckliches verlieh.

»Und der Tod des Gegners ist auch die Bedingung,« erwiderte der Unbekannte, ohne – so groß seine Selbstbeherrschung auch sein mochte – ein leichtes Zittern seiner Stimme verbergen zu können.

»Ich brauche nur noch den Namen, den Stand und die Gewohnheiten Eures Nebenbuhlers zu erfahren. Ich glaube nach meiner gewohnten Weise arbeiten zu können, und dazu ist es nöthig, dass ich über die Person, um die es sich handelt, genau unterrichtet werde. Wie Ihr wisst, oder vielleicht auch nicht wisst, hängt Alles davon ab, wie man sich mit dem Degen auslegt; anders tut mau dies gegenüber einem eben nach Paris gekommenen Landtölpel, anders gegenüber einem bekannten Fechter, anders, wenn man einen milchbärtigen Pagen, anders wieder, wenn man die Garden des Königs oder des Herrn Kardinals vor sich hat. Wenn ich nun von Euch schlecht unterrichtet würde, so könnte es mir begegnen, dass ich, statt Euren Nebenbuhler zu tödten, von diesem getödtet werde, was weder für Eure noch für meine Zwecke besonders vorteilhaft wäre. Auch ist mit dem Duell die Gefahr nicht vorüber. Wenn die Geschichte ein wenig Lärm macht, so ist das Wenigste, was mir geschehen kann, ein mehr monatlicher Aufenthalt in einem Gefängnisse; diese Orte sind feucht, und der Wein, der den schädlichen Dünsten daselbst das Gleichgewicht halten soll, ist teuer. Das Alles muss in Rechnung gebracht werden.«

»Wenn es sich um zwanzig oder dreißig Pistolen mehr handelt, so weiß ich, was recht ist, und es soll mir auch darauf nicht ankommen.«

»Kommen wir also zur Sache,« sagte Meister Stephan; »wer ist Euer Feind, wann und wie soll er angegriffen werden? Vorerst aber seinen Namen!«

 

»Sein Name tut nichts zur Sache,« antwortete der Mann im Mantel, »wir gehen heute Abend zusammen in die Rue de la Cerisaie; ich werde Euch die Haustür zeigen, aus welcher er um zwei Uhr nach Mitternacht heraustritt; Ihr werdet ihn erwarten, und da er allein es sein kann, der dieses Haus in so später Stunde verlässt, so ist ein Missverständnis; unmöglich; übrigens gebe ich Euch ein Zeichen an dem Ihr ihn mit leichter Mühe erkennen müsst.«

Der Bravo schüttelte mit dem Kopfe, stieß die Börse zurück, die er bereits mit seinen Fingern berührt hatte, und ließ sich wieder in seine bequeme Lage zurückfallen.

»Das ist nicht genug,« sagte er, »ich habe es Euch gesagt und ich wiederhole es Euch nun, dass ich vor Allem wissen muss, mit wem ich zu tun bekomme.«

Der Unbekannte ließ sich ein Zeichen der Ungeduld entschlüpfen.

»In der Tat,« sagte er, »Ihr treibt Euer Bedenken zu weit, Meister Latil, Euer Gegner wird Euch in keinem Falle weder einen Schaden zufügen, noch Euch widerstehen können; er ist ein Kind von kaum 23 Jahren, erst seit acht Tagen wieder in Paris, von dem alle Welt glaubt, dass er sich noch in Italien befinde. Übrigens werdet Ihr den jungen Mann zu Boden strecken, bevor er noch Gelegenheit hatte, Eure Gesichtszüge zu unterscheiden; zur größten Vorsicht könnt Ihr Euch ja auch einer Maske bedienen.«

»Aber wisst Ihr auch, mein Edelmann,« sagte Latil, seine Ellbogen auf den Tisch und seinen Kopf auf seine Fäuste stützend, »wisst Ihr auch, dass Euer Vorschlag auf einen Mord hinausgeht?«

Der Unbekannte blieb stumm, Latil schob seinerseits die Börse vollends zurück. »In diesem Falle,« sagte er, »bin ich nicht Euer Mann, und das Geschäft, das Ihr mir vorschlagt, gefällt mir ganz und gar nicht.«

»Sollten Euch diese Skrupel im Dienste des Herzogs von Epernon gekommen sein, mein guter Freund?« fragte der Unbekannte.

»Nein,« antwortete Latil, »denn ich habe gerade Lamm den Dienst des Herzogs von Epernon verlassen.«

»Ihr könntet Euch also mit den Simons nicht einverstehen?«

Die Simons waren die Henkersknechte des alten Herzogs.

»Die Simons,« sagte Latil mit einer Miene höchster Verachtung, »betreiben ihr Geschäft mit Dolchstichen, während ich nur Degenstöße austeile.«

»Nun,« sagte der Unbekannte, »ich sehe, dass man die Summe verdoppeln muss. Sei es denn, ich will zweihundert Pistolen an diese Laune wenden.«

»Und ich sage Euch, dass mich das nicht bestimmen soll; ich arbeite nun einmal nicht als Henker. Ihr werdet Leute genug dazu,finden, bei St. Pierre herum, da halten sie sich auf. Was liegt Euch übrigens daran, wie ich Euch seiner entledige, wenn er nur aus Eurem Wege geräumt wird.«

»Er wird Eure Herausforderung nicht annehmen.«

»Sacrebleu! ich glaube selbst, dass es ihm unangenehm sein wird; die Latil von Pompignac zählen unter ihren Ahnen keine Kreuzfahrer, wie die Rohan und die Montmorency, das ist wahr, aber sie sind von gutem Adel, und obwohl ich ein Jüngst geborener bin, so halte ich mich doch für einen Cavalier.«

»Und doch sage ich Euch, dass er Eure Herausforderung nicht annehmen wird.«

»Dann werde ich ihm so viel Stockschläge beibringen, dass er sich in der guten Gesellschaft nicht mehr wird blicken lassen können.«

»Er ist keiner von Denen, die man mit dem Stocke schlägt.«

»O! O! Es ist also der Herr Kardinal selbst, dem Ihr an den Kragen wollt?«

Der Unbekannte antwortete nicht, er zog aus seiner Tasche zwei Geldrollen, deren jede hundert Pistolen enthielt, und welche er neben die Börse auf den Tisch legte. Bei der Bewegung aber, die er machte, verschob sich sein Mantel, und Latil konnte bemerken, dass Derjenige, der mit ihm unterhandelte, sowohl vorne als hinten einen Höcker hatte.

»Dreihundert Pistolen,« sagte der bucklige Edelmann, »werden wohl Eure Skrupel beseitigen und Euren Einwürfen ein Ziel setzen.«

Latil schüttelte den Kopf und stieß einen Seufzer aus.

»Ihr habt sehr verlockende Manieren, mein Edelmann,« sagte er, »und ist schwer, Euch zu widerstehen; man müsste in der Tat ein Herz von Stein haben, um einen Edelmann wie Euch in der Verlegenheit zu sehen, ohne mit ihm das Mittel zu suchen, wie er aus derselben gezogen werden könnte. Suchen wir also!«

»Ich kenne kein anderes Mittel, als dieses hier,« sagte der Unbekannte, und zwei neue nicht minder gewichtige Geldrollen wurden neben die ersten auf den Tisch gelegt. »Aber,« fuhr er fort, »dies ist auch die Grenze; es ist nun an Euch, zu verweigern oder anzunehmen.«

»Ah! Versucher!« brummte Latil, indem er die Börse und die Geldrollen an sich zog, »Ihr macht, dass meine Grundsätze wanken.«

»Seht Ihr,« sagte der Andere, »ich wusste es wohl, dass wir uns endlich verständigen würden.«

»Kommen wir also zur Sache. Ihr sprecht von der Rue de la Cerisaie, nicht wahr?«

»Ja.«

»Für heute Abend?«

»Wenn es möglich ist.«

»Ihr müsst mir die Zeichen genau angeben, damit ich nicht fehlgehe.«

»Das ist selbstverständlich; da Ihr übrigens jetzt zur Vernunft gekommen seid, und da ich Euch bezahlt habe —«

»Einen Augenblick! Das Geld ist noch nicht in meiner Tasche.«

»Wollt Ihr neue Schwierigkeiten machen?«

»Das nicht, aber wir haben von den Ausnahmen noch nicht gesprochen, exceptis excipiendis, wie wir im Collegium von Libourne zu sagen pflegten.«

»Sprechen wir also von den Ausnahmen.«

»Vor Allem – es ist weder der König noch der Kardinal?«

»Weder der Eine noch der Andere.«

»Noch auch ein Freund des Kardinals?«

»Im Gegenteile, ein Feind desselben.«

»Und wie steht er zum Könige?«

»Er ist ihm gleichgültig; aber die Königin sieht ihn gern, das kann ich Euch nicht verschweigen.«

»Es ist nicht der Kardinal von Bérulle?«

»Habe ich nicht gesagt, dass er erst dreiundzwanzig Jahre zählt?«

»Ich begreife nun: es ist irgend ein Liebhaber der Königin.«

»Vielleicht! – Bist Du nun mit der Liste deiner Ausnahmen zu Ende?«

»Ja. . . . «

»Arme Königin!« murmelte Latil, seine Hand auf das Geld legend und sich vorbereitend, es in die Tasche zu schieben. »Sie hat gar kein Glück, eben hat man ihr erst den Herzog von Buckingham getödtet —«

»Und,« unterbrach ihn der bucklige Edelmann, welcher seinem Zögern endlich einmal eine Grenze setzen wollte, »jetzt wird man ihr den Grafen von Moret tödten!«

Latil sprang von seinem Sitze in die Höhe.

»Wie,« rief er, »den Grafen von Moret

»Den Grafen von Moret,« wiederholte der Unbekannte; »wie es scheint, habt Ihr ihn in der Liste sturer Ausnahmen nicht genannt.«

»Anton von Bourbon?« fuhr Latil fort, indem er seine beiden Fäuste auf die Tischplatten stemmte.

»Anton von Bourbon, so ist es.«

»Den Sohn unseres guten Königs Heinrich

»Den Bastard, wollt Ihr sagen!«

»Die Bastarde sind die wahren Söhne der Könige, vorausgesetzt, dass diese sie aus Liebe und nicht aus Pflicht zeugen; nehmt Euer Gold zurück, mein Herr, niemals werde ich die Hand gegen einen Sohn des königlichen Hauses erheben.«

»Der Sohn der Jacqueline von Beuil gehört nicht zum königlichen Hause.«

»Aber der Sohn König Heinrichs IV. gehört wohl zu demselben.«

Darauf sich erbebend, die Anne kreuzend und einen fürchterlichen Blick auf den Unbekannten werfend, sagte Latil:

»Wisst Ihr wohl, mein Herr Cavalier, dass ich dabei war, als man den Vater tödtete?«

»Ihr?«

»Ich stand auf dem Fußtritte der Carosse als Page des Herrn Herzogs von Epernon. Der Mörder musste mich mit seinen Händen beiseite schieben, um zu ihm zu gelangen; ohne mich hätte er sich vielleicht geflüchtet. Ich war es, der sich an seine Kleider klammerte, als er davon springen wollte. Da seht her« – Latil zeigte seine mit Narben bedeckten Hände – »hier sind die Spuren der Messerhiebe, mit denen er mich tractirte, um meiner los zu werden. Das Blut des großen Königs vermischte sich mit dem meinigen, und zu mir kommt Ihr, um mir vorzuschlagen, das seines Sohnes zu vergießen? Ich bin kein Ravaillac, aber Ihr, Ihr seid ein Elender! Nehmt also Euer Gold und entfernt Euch schnell, oder ich spieße Euch an die Mauer wie ein giftiges Tier!«

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