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Der Arzt auf Java

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Und zur Unterstützung dieses Systems entwickelte die junge Frau so viel Coquetterie, zeigte sie sich so zärtlich, so liebevoll, daß sie endlich die Wolken verbannte, welche die Stirn ihres Mannes trübten. Sie stand auf und gestützt auf Eusebius Arm ging sie einige Male in dem Gemacht umher, bis sie es endlich wagen durfte, an der Thür die freie Lust einzuathmen.

»Gewiß ist es,« sagte sie, als Eusebius ihr den Bambusschemel gebracht hatte, auf dem auch der Doctor Basilius gesessen hatte, »daß ich meine Genesung fühle und Du mußt nun daran denken, mein Freund, Arbeit zu finden, denn die unglückliche Krankheit, durch die Du den Platz, auf den wir rechneten, verloren hast, muß unsere Finanzen furchtbar in Unordnung gebracht haben.«

»Ach, ja wohl,« sagte der junge Mann, indem er traurig auf seinen Koffer blickte, aus dem alle die Gegenstände verschwunden waren, welche er allmälig verkauft hatte, um die Kosten für die Behandlung seiner Frau zu bestreiten.

»Ich ich weiß es, oder ich errathe es vielmehr, daß Du große Opfer brachtest,« sagte Esther, welche diesen Blick auffing. »Armer Freund, ich sah Deine Opfer wohl, aber meine Erschöpfung war so groß, daß ich nicht die Kraft fand, Dir dafür zu danken. Doch beruhige Dich, ich werde hundertfach Deine Liebe und meine augenblickliche Undankbarkeit wieder vergüten,« fuhr die junge Frau fort, indem sie sich an den Hals ihres Mannes hing, und ihre Lippen auf die seinigen preßte. Dann rief sie plötzlich: »Aber mir fällt eben ein – weshalb solltest Du Dich nicht an Doctor Basilius wenden, um eine Stelle zu bekommen? Er sagte, daß er sich falls für mich interessire, und da er mir das Leben wieder gegeben hat, kann er uns jetzt nicht verhungern lassen.«

Bei diesen Worten flog eine neue Wolke über Eusebius Stirn und er kehrte rasch in die Hütte zurück. Esther folgte ihm und fand ihn auf dem Bett sitzen, den Kopf in beide Hände gestützt.

»Was hast Du denn?« fragte sie, indem sie seine Hände zurückzog und ihm einen Kuß auf die Stirn drückte.

»Ach, sprich mir nicht mehr von diesem Menschen!« rief Eusebius, indem er seine Frau abwehrte; »wir danken ihm schon zu viel. Wenn er aber während der Augenblicke, die er hier zubrachte, Dir das Leben zurückgab, so hat er dafür die Luft Vergiftet, die ich athme. Soll ich es Dir gestehen? Seit diesem Morgen bin ich nicht mehr derselbe; seit diesem Morgen erkenne ich mich selbst nicht wieder. Ich sollte ganz von Dank ergriffen sein, Dich gerettet zu sehen, ich sollte die Welt, die Menschen, vergessen, um nur an Dich allein, an Dein Leben, zu denken, das so wunderbar zurückkehrte, als ich Dich schon todt glaubte. – Nun wohl, das teuflische Lachen dieses Menschen verfolgt mich selbst in Deinen Armen, seine Stimme vermischt sich mit der Deinigen und dann – beklage mich, Esther – dann fühle ich mich unglücklich, dann bemächtigt sich meiner der Zweifel. Es scheint mir, als sei ich in die Gewalt einer fremden Macht gefallen, als habe ich nicht mehr meinen freien Willen. Ach, Esther, das ist eine entsetzliche Marter, und wenn sie sich verlängert, dann, meine geliebte Esther, fürchte ich, daß es für mich kein Glück mehr auf Erden gibt.«

Esther wollte seine Besorgnisse, die ihr grundlos schienen, verspotten, als an den Eingang des ärmlichen Hauses geklopft wurde.

»Herein!« rief Eusebius, der von ganzer Seele eine Zerstreuung für den Gemüthszustand herbeiwünschte, in welchem er sich befand. Die Matte wurde bei diesem Rufe zur Seite gezogen und es trat ein schwarz gekleideter Mann ein.

»Herr Eusebius van der Beek?« fragte er.

»Der bin ich,« erwiederte Eusebius, indem er aufstand, »was wünschen Sie, mein Herr?«

»Sind Sie wirklich Herr Eusebius van der Beek, Gatte des Fräulein Esther Menuis?« fragte der schwarze Mann weiter.

»Ich bin Eusebius van der Beek,« entgegnete dieser, »und hier ist meine Frau, Esther Menuis.«

Madame ist also die Tochter des Wilhelm Menuis, Notar in Harlem, und der Johanna Katharina Mortico, seiner Gattin?«

»Ja,« entgegnete Eusebius, beinahe erschrocken über diesen feierlichen Eingang.

»Dann sind Sie es, Herr Eusebius van der Beek, und Sie, Madame Esther Menuis, mit denen wir es zu thun haben und es bleibt uns nur noch übrig, den schmerzlichen Auftrag zu erfüllen, der uns zufiel.«

»Mein Gott, sprechen Sie, mein Herr!« sagte Esther. »Sprechen Sie doch! Sie machen uns erbeben!«

»Vor einer Stunde, mein Herr, sind Wir berufen worden, um die Siegel bei Herrn Johann Heinrich Basilius Mortico anzulegen, der in dieser Stadt bekannter unter dem Namen des Doctor Basilius ist. Wir begaben uns nach seiner Wohnung und auf dem Kamin fanden wir ein Testament, welches sich gegenwärtig beidem Herrn Arnald Maes, Notar in Batavia, deponirt befindet. Durch dieses Testament setzte der Doctor Basilius Johanna Esther Menuis, Tochter seiner verstorbenen Schwester Johanna Katharina Mortico, verehelichten Menuis, zur einzigen und alleinigen Universalerbin aller seiner Güter ein.«

»Der Doctor Basilius ist also todt?« rief Eusebius ganz verwirrt.

»Ach, ja wohl, mein Herr,« erwiederte der Mann des Gesetzes mit officiell-finsterem Tone, indem er eine dazu passende Miene annahm. – »Ihr unglücklicher Verwandter ist diesen Morgen ertrunken, als er ein auf der Rhede liegen des Schiff besuchen wollte.«

Eusebius war durch diese Nachricht so betäubt, daß er nicht einmal fragte, wie das Ereigniß sich zugetragen hatte.

»Mein Onkel!« rief Esther. »Es war mein Onkel! Nun ist Alles erklärt. Daher also die auffallende Theilnahme, die er für mich zeigte!«

»Und hat man seinen Leichnam gefunden?« fragte Eusebius.

»Ja, mein-Herr; er ist nach seiner Wohnung gebracht worden; Sie können ihm die letzte Ehre erweisen.«

»Aber ist er denn auch gewiß todt, wirklich todt?« fragte Eusebius.

Der Mann des Greises sah den jungen Menschen ganz verstört an und sagte dann: »Alle Aerzte der Stadt haben seinen Tod bestätigt, doch hängt es nur von Ihnen ab, sich selbst davon zu überführen.«

»Das will ich auch thun, und zwar auf der Stelle!« rief Eusebius. Und ohne sich die Zeit zu lassen, seine in Unordnung gerathenen Kleider zu ordnen, stürzte er.fort, während Esther; deren Seele nicht die gleichen Qualen litt, wie die ihres Gatten, Thränen über das Unglück dieses Onkels vergoß. von dem sie in ihrer Kindheit hatte sprechen hören, der Harlem in dem Alter von 20 Jahren verließ und der sich ihr nun durch eine Wohlthat offenbarte.«

»Ihr Herr Gemahl scheint dem Verstorbenen außerordentlich anzuhängen, Madame,« sagte der Mann des Gesetzes, indem er sich bei Esther verabschiedete. »Haben Sie die Güte, ihm die Versicherung zu geben, daß ich zu seinen Befehlen stehe bei allen Förmlichkeiten, die er zu erfüllen haben wird.«

Er grüßte Esther, wie ein untergeordneter Mann des Gesetzes eine reiche Erbin zu grüßen pflegt, das heißt, mit der tiefsten Demuth, und entfernte sich mit der Absicht, Eusebius einzuholen. Dieser aber war schon verschwunden.

V.
Irrthümer des Eusebius van der Beek

Eusebius ging so rasch, daß der Mann des Gesetzes ihn nicht einzuholen vermochte. Binnen weniger als einer Viertelstunde war er in der unteren Stadt. Seit dem Morgen hatte er, wie er Esther gestanden, nicht aufgehört, an den Doctor Basilius zu denken. Sein Verstand weigerte sich, zu glauben, »daß dieser Mensch mit einer übernatürlichen Macht begabt sei; und gleichwohl konnte Eusebius die Thaten, deren Zeuge er gewesen, nicht mit der gewöhnlichen Ordnung der Dinge vereinigen. Allein indem er die Möglichkeit läugnete, fühlte er sich dennoch seit dem Morgen von einem tiefen Schrecken ergriffen, wenn er daran dachte, daß dieser entsetzliche Mensch – wenn er den Worten des entsetzlichen Doctors glauben durfte – allen Kämpfen seiner Seele beiwohnte, alle Regungen seines Herzens kannte. Seit dem Morgen schien es ihm, als läge seine Brust offen da für ein gewaltiges Auge, welches ihn tiefer erforschte. Ach, das sich so gestaltende Leben wurde für Eusebius, wie er Esther gestanden hatte, immer unerträglicher, allein der plötzliche und unerwartete Tod des Doctor Basilius vereinfachte die Frage bedeutend. Er fügte eine materielle Möglichkeit den anderen Möglichkeiten hinzu, welche Eusebius Verstand gleich einem Walle aufstellte, um die Verirrungen seiner Einbildungskraft zu hemmen. Er dachte nicht an das Vermögen, welches ihn auf so wunderbare Weise mitten in seinem Elende aufsuchte, um ihn zu einem der reichsten Bewohner Batavia’s zu machen. Aber ohne sich über das Unglück Dessen zu freuen, den er als den Retter Esther’s betrachten mußte, besaß er doch nicht genug Tugend, um sich über ein Ereigniß zu betrüben, welches ihn von einer Vormundschaft befreite, die seinem Herzen, ungeachtet der Unschuld und der Reinheit seiner Gesinnungen, verhaßt war. Das dringendste Bedürfniß, das er jetzt empfand, war, sich zu überzeugen, daß der Doctor Basilius nicht im Stande gewesen sei, sich dem allgemeinen Unglücke der Menschheit zu entziehen. Der Tod, dem der Arzt nicht zu entrinnen vermocht hatte, war die Verneinung der Gewalt, die er sich über das Leben anmaßte. Indem Eusebius die Gewißheit erlangte, daß der Doctor Basilius wirklich todt sei, kehrte er zu der glücklichen Gemüthsruhe zurück, die er seit einigen Stunden verloren hatte.

So eilig auch Eusebius Gang war, hinderte er ihn doch nicht, zu bemerken, daß die Matrosen des Hafens, besonders aber die Malaien, in Gruppen beisammen standen und lebhaft mit einander sprachen. Das schien ihm ganz natürlich zu sein, denn er erinnerte sich daran, daß der Doctor Basilius von der maritimen Bevölkerung des Quartiers angebetet. wurde, welches er sich zu seinem Wohnsitze wählte, und zwar mit einer Vorliebe, deren Grund zu erforschen alle Bewohner Batavia’s vergebens gesucht hatten, da dieses Stadtviertel für die Europäer tödtlich war. Man wunderte sich daher auch, daß der Doctor Basilius der mephitischen Luft zu widerstehen vermochte, welche aus den umliegenden Sümpfen aufstieg, und seine unbestreitbare Gesundheit hatte nur dazu beigetragen, die sonderbaren Gerüchte zu beglaubigen, die über seinen Verkehr mit dem Bösen verbreitet waren.«

 

Eusebius van der Beek legte am Tage, und diesmal bei schönem Wetter, denselben Weg zurück, den wir ihn in der Nacht und bei dem Orkane einschlagen sahen, und stand bald vor dem Hause des Doctors. Gleich dem Abend zuvor schien es unbewohnt zu sein. Kein Geräusch, ertönte aus denn Innern, nichts verrieth, daß hier irgend ein trauriges Ereigniß stattgefunden hatte, indeß stand die am verflossenen Abend so sorgfältig verschlossene Thür offen, so daß der Wind sie auf den Angeln hin und her schaukelte. Eusebius konnte daher ungehindert eintreten und ging geradewegs nach dem Zimmer, in welchem die schöne Holländerin ihn hatte warten lassen. Die Ballen, die Collis, die Kästchen, standen an ihrem Platze, die Friesin aber war nicht zugegen. Eusebius rief, doch Niemand antwortete. Er ging darauf zu der Thür, durch welche das junge Mädchen verschwunden war, als der Doctor den Abend zuvor sie rief. Diese Thür führte auf einen dunklen Gang. Er verfolgte denselben und bemerkte an seinem äußersten Ende einen Lichtstrahl, der unter einer Thür durchfiel. Der Schein schien von der Flamme einer Fackel herzurühren, denn er flackerte stark. Eusebius öffnete die Thür und Wich überrascht zurück, als er sich auf der Schwelle eines Zimmers erblickte, welches so ganz auf holländische Weise eingerichtet war, daß er sich ohne die glühenden Strahlen der Sonne, welche durch die bleieingelegten Scheiben hereinfielen, an den neblichen Ufern des Zuyderzees geglaubt haben würde.

In einer Ecke, der Thür gerade gegenüber, stand eine Bettstelle von Eichenholz, deren gewundene Säulen Vorhänge von grüner Serge trugen. Von der Stelle aus, auf der sich Eusebius befand, war es unmöglich, in das Bett zu blicken; diesem gegenüber stand ein Tisch und auf dem Tische ein kupfernes Crucifix, umgeben von vier brennenden Kerzen, und ein Teller mit Weihwasser; dabei lag ein kleiner trockener Buchsbaumzweig.

Zwischen dem Bette und dem Tische kniete ein schwarz gekleidetes junges Mädchen und betete.

Bei dem Geräusch der sich öffnenden Thüre wendete das Mädchen sich um und Eusebius erkannte die schöne Holländerin. Diese gab dem jungen Manne ein Zeichen, neben ihr Platz zu nehmen und fuhr in ihren Gebeten fort. Es war jetzt Eusebius klar, daß er sich in dem Sterbezimmer befand und daß Doctor Basilius auf dem Bette lag, dessen wir erwähnten. Gern hätte er sich davon überzeugt, aber er mußte dann den Tisch von der Stelle rücken und über die Schulter der Friesin sehen, und er zögerte, eine so unpassende Handlung zu wagen; Er kniete daher an dem Fuße des Bettes nieder und versuchte zu beten, aber es wollte ihm nicht gelingen, so sehr waren seine Gedanken beschäftigt. Er betrachtete seine Nachbarin, um auf deren Gesicht die Wahrheit zu lesen. Sie betete fromm, aufrichtig und große Thränen rannen über ihre durch den Schmerz gebleichten Wangen.

»Es scheint nach Allem,« dachte Eusebius, »daß dieser entsetzliche Doctor ein ziemlich guter Teufel war, denn der Kummer dieses jungen Mädchens scheint wahrhaft aus dem Herzen zukommen.«

Und um ihr in seiner Eigenschaft als Erbe zu danken, reichte Eusebius dem jungen Mädchen die Hand. Diese irrte sich in der Bedeutung dieser Bewegung, stand auf, gab Eusebius den mit Weihwasser gut getränkten Buchsbaumzweig in die Hand, trat zur Seite, um den jungen Mann die fromme Pflicht erfüllen zu lassen, nach der er begierig zu sein schien. Eusebius stand der Leiche gegenüber. Es war in der That die des Doctor Basilius. Dieser war also wirklich todt. Sein Tod war so plötzlich und so rasch erfolgt, daß er seine Züge durchaus nicht verändert hatte. Seine Augen waren geschlossen, sein Athem erloschen, sein Herz hatte aufgehört zu schlagen – das war Alles.

Er hatte zu kurze Zeit in dem Wasser gelegen, als daß sein Gesicht die bläulichen Flecken angenommen haben konnte, welche die Ertrunkenen oder Erstickten gewöhnlich zeigen. Nur lagen seine grauen Haare, ganz von dem Seewasser durchnäßt, dicht auf der Stirn angeklebt, die sie bis zu den Augen beinahe vollständig bedeckten.

Aber der Mund hatte nichts von seinem Ausdruck verloren; dieser überlebte die starre Regungslosigkeit des übrigen Gesichtes und es schien Eusebius, als müßte er ihn sich zusammenziehen sehen und das scharfe Gelächter des Doctors hören.

Die Hände waren über der Brust gefaltet und voll Vertrauen auf die göttliche Barmherzigkeit hatte die fromme Holländerin sie mit einem Rosenkranz umwunden.

Eusebius benutzte einen Augenblick, in welchem die junge Friesin sich in ihre Gebete vertieft hatte und berührte die Finger des Todten sie waren kalt wie Marmor.« Jetzt durfte er nicht mehr daran zweifeln, daß der Doctor Basilius in den ewigen Schlaf versunken war.

Indem Eusebius sich entfernte, stieß er einen Seufzer aus, der, wenn er auch keine Befriedigung verrieth, doch wenigstens zeigte, daß sein Herz von einer großen Last befreit war.

Als er sich wieder in dem kleinen Wohnzimmer befand, bemerkte er, daß die schöne Holländerin ihm gefolgt war. Da sie durch die Anwesenheit der Leiche nicht mehr zurückgehalten wurde, fiel sie Eusebius um den Hals und küßte ihn schluchzend.

»Ach mein Gott, mein Gott!« rief sie; »der arme Doctor Basilius! Ein so guter Herr! Ihn so schnell zu verlieren! Was soll aus mir werden! Großer Gott!«

»Aber wie hat sich denn das Ereigniß zugetragen?« fragte Eusebius, der noch keine Nachricht davon hatte.

»Er wollte Kranke an Bord einer chinesischen Jonke besuchen. Sein Boot wurde durch eine Welle von der Seite gefaßt, umgeworfen und er fiel in das Meer. Als man ihn aus dem Wasser zog, war er todt.«

»O mein Gott!« sagte Eusebius.

»Welch’ ein Verlust für uns Alle, lieber Herr!« sagte die Friesin. »Er war so gut, so mildthätig.«

»Aber,« erwiederte Eusebius, »mir scheint, als hätten Sie gestern Abend eine ganz andere Sprache geführt, mein liebes Kind.«

»Ach, mein Herr, da müssen Sie mich falsch verstanden haben. Hätte ich ohne Undankbarkeit wohl etwas Anderes von dem Manne sagen können, dessen Brot ich zwei Jahre lang gegessen hatte, von einem Manne, der bei mir Vaterstelle vertrat!«

»Wie?« fragte Eusebius erstaunt, »der Doctor Basilius vertrat bei Ihnen Vaterstelle?«

»Ganz gewiß, und wäre er am Leben geblieben, so war ich für meine Lebenszeit versorgt. Was soll nun aus mir werden? Jesus, mein Heiland!«

Bei diesen letzten Worten verfiel die Friesin wieder in ihre Klagen und diese waren so rührend, daß Eusebius, welcher, wie gestehen müssen, über die Verhältnisse des jungen Mädchens in dem Hause des Doctors Gedanken gehegt hatte, die für die Keuschheit des schönen Kindes nicht sehr vortheilhaft waren, nicht mehr wußte, was er denken sollte.

»Mein Kind,« sagte er, »ich verspreche Ihnen, mich mit Ihnen zu beschäftigen. Ich habe das Anerbieten, welches Sie mir gestern Abend machten, nicht vergessen und werde es nie vergessen. Wir werden eine Stelle für Sie finden.«

»Eine Stelle in dieser Stadt, lieber Herr?«entgegnete die schöne Holländerin, »niemals, niemals! Sie wissen wohl nicht, daß ein ehrliches.Mädchen die Stellung nicht annehmen kann, die man einer Europäerin in den meisten Häusern Batavia’s bietet.«

»Wenn Sie es verziehen, mein Kind, so bezahle ich Ihre Ueberfahrt und Sie kehren nach Hause zurück.«

»Ach, lieber Herr, meine Eltern sind todt und ich finde dort nur noch Gräber! Aber das ist gleichviel. Und obgleich ich die Erfahrung gemacht habe, was eine so lange Ueberfahrt unter Männern ohne Sitte und ohne Religion für die Tugend eines jungen Mädchens Gefährliches hat, werde ich doch Ihr Anerbieten benützen, Herr van der Beek, und nach Holland zurückkehren. Ich bin es dem Andenken meines Wohlthäters schuldig, rein und rechtschaffen zu bleiben.«

In diesem Augenblicke hörte man in dem oberen Stockwerke des Hauses lautes Geschrei ertönen. Die Holländerin erbleichte sichtlich, als sie es vernahm.

»Was ist das?« fragte Eusebius.

»Ich weiß es nicht recht,« erwiederte das junge Mädchen, indem es sich bemühte, die Aufmerksamkeit des jungen Mannes hiervon abzulenken. »Ohne Zweifel Malayen, die sich prügeln.

»Nein,« sagte Eusebius entschieden. »Es ist Weibergeschrei. Sie sind also nicht allein in diesem Hause?« Und ehe noch die Holländerin sich seiner Absicht widersetzen konnte und ungeachtet der Bitten, die sie an ihn richtete, eilte Eusebius eine Treppe hinan, die zu den Zimmerndes obern Stockwerkes zu führen schien. Er« schritt durch vier oder fünf Zimmer, welche mit unordentlich umherliegenden Dingen angefüllt waren, gerade wie das Gemach im Erdgeschosse. Während er weiter schritt, hörte er fortwährend dasselbe Geschrei, nur stärker und schneidender. Es schien über seinem Kopfe zu ertönen und gleichwohl sah er keine Treppe, die nach einem höheren Stockwerke führte. Endlich bemerkte er in der Ecke eines Zimmers eine Art von Bambusleiter; er erstieg sie und als er die Decke erreichte, erkannte er eine Fallthür. »Er hob sie mit dem Kopfe in die Höhe, blickte durch die Oeffnung und gewahrte ein eigenthümliches Schauspiel. Die Art von Belvedere, in welches Eusebius eingedrungen war, hatte die Gestalt einer Negerhütte von Madagascar.

Ueber einem offenen Gitterwerk, durch dessen freien Raum man die Stadt, das Gehölz der Wurzelbäume und die Rhede überblickte, bildeten große Bambusstäbe, an dem obern Ende zusammengebunden und mit Cocosnußzweigen oder vielmehr des Leichnams. Es war der des Doctor Basilius. Es war das bleiche, doch ruhige Gesicht mit den an die Stirne geklebten Haaren und dem verzerrten Munde, welches der junge Mann in dem Gemache des Erdgeschosses, von wo er kam, auf dem Bette hatte liegen sehen.

Eusebius fühlte seine Knie unter sich brechen, sein Haar sich auf der Stirne sträuben; er wich zurück, ohne den Blick von dem Leichnam abwenden zu können, erreichte die Fallthür, glitt die Bambusleiter herab und entfloh, ohne die Negerin darin zu hindern, dem Verstorbenen ihre Thränen und die blutigen Zeugen ihrer Verzweiflung zu widmen.

Als Eusebius van der Beek wieder in dem heitern Zimmer war, hatte seine Aufregung einen solchen Grad erreicht, daß er sich setzen mußte. Große Schweißtropfen perlten von seiner Stirn; seine Zähne schlugen krampfhaft auf einander; sein Herz klopfte so. gewaltig, daß es ihn zu.ersticken drohte. Um Luft in das Gemach einzulassen, in welchem er sich befand, zog er die chinesische Jalonsie in die Höhe, die das Fenster schloß. Dasselbe ging auf einen Garten, der mit europäischen Gebüschen bepflanzt war, die in diesem kalkigen Boden verkümmert wuchsen, wie die tropischen Bäume in unsern Treibhäusern.

Zwei Malayen waren schweigend mit einer Arbeit beschäftigt, welche Eusebius so aufmerksam machte, daß er für den Augenblick darüber seinen Schrecken vergaß. Die beiden Männer hatten.in der Mitte des Gartens eine Art von Scheiterhaufen errichtet, der bereits bis zu der Höhe von sechs Fuß gelangt war, und noch immer legten sie symmetrisch Holzstücke auf, so daß er riesige Dimensionen annahm. Zwischen jede Holzlage schoben sie kleine Bündel Reisstroh, harzige Baumzweige und besonders Zweige von Terebinthen und Kampherbäumen.

Eusebius sprang, im höchsten Grade verwundert, durch das Fenster und näherte sich den beiden Malayen, die sich dadurch in ihrer Arbeit nicht stören ließen.

»Was Teufel macht Ihr denn da?« fragte er sie.

»Seht Ihr es denn nicht?« erwiederte Einer von ihnen in schlechtem Holländisch. »Das gleicht doch nicht etwas Anderem, als einem Scheiterhaufen.«

»Und was wollt Ihr damit anfangen?«

Der Malaye zuckte die Achseln, kletterte auf den Holzstoß hinauf und ordnete einige Stücke, die sein Arbeitsgenosse nachlässig gelegt hatte.

Eusebius wiederholte seine Frage.

»Nun,« entgegnete der Malaye, »soll der Todte etwa in das Meer geworfen werden, wie ein Hund?«.

Indem er so sprach, deutete er nicht etwa auf das Erdgeschoß, wo Eusebius den Todten in einem Ebenholzbette erblickt hatte, sondern auf eine Art von Hindu-kiosk am Ende des Gartens. Durch unbesiegliche Neugier getrieben, schritt Eusebius auf diesen Kiosk zu. Es war ein ziemlich umfangreiches Gebäude, dessen weiß getünchte Mauern auf grob gehauenen Quadersteinen ruhten und phantastische Gestalten darstellten, Männer mit Thier- oder Elephantenköpfen, vierarmige Körper, Hermaphroditen, Kurz das ganze Personal der Hindu-Theogonie.«

An der Thür stand ein Greis mit weißem Bart, welcher das Gewand der Brahminen der Küste von Malabar trug und die Arbeit der beiden Malayen zu überwachen schien.

»Der Todte?« fragte Eusebius kurz.

 

Ohne zu antworten, deutete der Greis mit dem Finger über seine Schulter nach dem Innern des Kiosk und trat zur Seite, um ihn hindurch zulassen. Eusebius erblickte sich jetzt in einem geräumigen Gemache, welches durch ein Dutzend Hängelampen von antiker Form beleuchtet wurde, in denen Flammen brannten, die helles Licht verbreiteten. In der Mitte stand ein Bett, oder vielmehr ein Haufe von übereinander gelegten Kissen und auf diesen Kissen lag ein Leichnam, den Eusebius sogleich für den des Doctor Basilius erkannte. Er wich in nichts von den beiden andern Leichen ab, die er bereits gesehen hatte; dem Körper gegenüber unter einer Nische, in welcher ein Bild des Gottes Brahma stand, und vor welcher drei der erwähnten Lampen brannten, saß ein Weib auf einem goldenen Sessel, den Rücken gegen die Mauer gestützt.

Diese dritte Erscheinung der Leiche machte Eusebius vollends verwirrt. Er fühlte sich plötzlich in die Welt der Phantome versetzt und wußte nicht mehr, ob er lebte oder ob er träumte; sein Blut stürmte mit Gewalt gegen sein Gehirn und brauste vor seinen Ohren; er glaubte, sein Verstand würde ihn verlassen; allein sobald seine Blicke auf das Weib gefallen waren, welches neben dem Todten wachte, vermochte er sich nicht von demselben abzuwenden. Es war ein junges Mädchen, dessen Haut nicht die Broncefarbe der Indianerinnen der Halbinsel oder der Malayen der Sunda-Inseln zeigte, sondern das helle Gelb, wie man es bei den Frauen von Visapour sieht. Sie hatte jene Regelmäßigkeit der Züge, welche den kaukasischen Stamm charakterisirt, und ihre großen Augen waren, was bei Frauen dieser Farbe eine sehr seltene Ausnahme ist, von dem reinsten Dunkelblau. Ihre Schultern waren entblößt. Ihre Brust wurde mit einer Art von Küraß von sehr leichtem Holz bedeckt, verziert mit Gold und Silber und mit Edelsteinen. Diese Hülle zeigte die Umrisse des Busens und ging nicht tiefer, als bis zum Wagen herab. Eine Mousselinschärpe umschloß ihren Gürtel, und die durchsichtigen Falten desselben dienten als Uebergang der Nacktheit des obern Theiles des Körpers zu der faltenreichen Fülle, in welcher die Hüften und die untern Theile verschwanden, die bis zu den Füßen beinahe ganz verdeckt waren.

Ihre Arme, ihr Hals und ihre Finger waren mit einer Menge von Hals- und Armbändern und Ringen von eigenthümlichen Formen und wunderbarer Arbeit bedeckt. Ihr Kopf trug keine dieser Zierathen; ein einfacher Kranz von Blumen und Blättern des Lotos vermählte sich mit ihren schwarzen Haaren, glänzend wie das Gefieder des Raben.

Sie saß stumm und regungslos, wie eine Bildsäule; ihre Augen allein verriethen ihr Leben und ihre auf Eusebius gerichteten Blicke schienen ihn zu sich zu rufen.

»Wer sind Sie?« fragte Eusebius-.

Das gelbe Mädchen sah ihn an und schien ihm durch ein Zeichen zu verstehen geben zu wollen, daß sie ihn nicht verstünde. Der junge Mann ergriff ihre Hand; sie ließ dies geschehen. Diese Hand war eisig kalt und dennoch war es Eusebius, als gösse sie Feuer in seine Adern.

»Kommen Sie!« sagte er, indem er ihr ein Zeichen gab, aufzustehen. Das gelbe Mädchen senkte langsam die Augenwimpern und machte mit dem Kopfe ein verneinendes Zeichen, indem es auf den Leichnam zeigte. Eusebius erinnerte sich jetzt an den Gebrauch der Indianer Malabars, welcher verlangt, daß die Frau den Scheiterhaufen des Mannes besteige. Er deutete auf den Holzstoß, den man durch die Thür des Kiosk unter der Arbeit der beiden Indianer sich vergrößern sah, und richtete auf das gelbe Mädchen einen fragenden Blick. Sie nickte traurig mit dem Kopfe, nahm dann aus ihrem Haar eine Lotosblume und überreichte sie dem Holländer. Ohne.zu wissen, was er that, nahm Eusebius die Blume und rief dabei aus: »Aber das ist unmöglich! Dieser barbarische Gebrauch, in Indien selbst abgeschafft, kann hier nicht mehr bestehen. Ueberdies war der Mann nicht Ihr Gatte, und die religiösen Vorurtheile können Sie nicht dazu verdammen, mit ihm den Scheiterhaufen zu besteigen. Ich werde den Gouverneur aufsuchen, und nicht dulden, daß ein so junges und so schönes Mädchen einen so grausamen Tod stirbt.

In diesem Augenblick glaubte Eusebius das scharfe, höhnische Gelächter des Doctor Basilius zu vernehmen. Er wendete sich um, indem er erwartete, den Doctor vor sich stehen oder wenigstens auf seinem Lager aufgerichtet zu sehen; aber die Leiche lag ruhig und regungslos an ihrem Platze; keine Muskel des Gesichtes zuckte.

Eusebius erlag jetzt dem wachsenden Entsetzen, dem er einen Augenblick durch den Anblick der wunderbaren Schönheit entrissen worden war, die diese dritte Leiche bewachte; er bedeckte das Gesicht mit beiden Händen, und entfloh, ohne rückwärts zu blicken.

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