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Der Arzt auf Java

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Maha stieß einen rauhen klagenden Ton aus, der weithin erschallte. Ein anderer Schrei ähnlich, doch ungleich kräftiger, antwortete aus der Tiefe des Waldes; Harruch, der den Panther mit der Hand hielt, fühlte, wie derselbe erbebte. Einige Augenblicke daraus glaubte der Gueber das Laubwerk der Gebüsche, welche den Pfad auf dem er toll dahin jagte, einfaßten, rauschen zu hören. Er blickte nach jener Richtung und gewahrte ein ungeheuer großes Thier mit geflecktem Fell, das neben dem Pferde hergallopirte, und erkannte in diesem Thiere einen zweiten Panther von der größten Art.

Wie unerschrocken auch der Gueber war, erbebte er dennoch; er nahm seinen Crid und stachelte damit die Seiten seines Pferdes, um es zu schnellerem Laufe anzutreiben. Aber der große Panther beschleunigte seinen Lauf ebenfalls; seine Augen blitzten in dem Dunkel wie zwei Karfunkel; nicht auf das Pferd Harruch’s, nicht auf den Gueber, nicht auf eine Beute richteten sich seine Augen, sondern auf den schwarzen Panther, welcher ein Weibchen war, und den Geruch, der von diesem ausging, sog das wilde Thier voll Begier ein.

Maha seinerseits schien aufmerksam auf alle Bewegungen des Genossen, den sie auf ihrem Wege gefunden hatten; ohne die Furcht vor seinem Herrn, ohne den mächtigen Druck, durch den dieser ihn auf dem Rücken des Pferdes festhielt, würde er hinabgesprungen sein, so aber begnügte er sich, leise zu klagen, und von Zeit zu Zeit jenes rauhe Geheul auszustoßen, durch welches er ein anderes Thier seiner Gattung auf seine Fährte gelockt zu haben schien.

So oft ein solches Geheul sich der behenden Brust Maha’s entrang, schien es ein Echo zu finden, bald näher, bald ferner.

Nach kurzer Zeit gewahrte Harruch in dem Schatten gerade vor sich aus zwei neue funkelnde Puncte; wie der Sturmwind jagte er vor diesen glühenden Kohlen vorüber, aber indem er zurückblickte, sah er wieder, wie sie ihm folgten.

Ein zweiter Panther hatte sich zu dem ersten gesellt.

Maha verdoppelte jetzt seine Klagen, oder vielmehr die leidenschaftlichen Rufe, und die wilden Thiere schienen unter« den« Hufen von Harruch’s Pferd aus der Erde zu springen; bei jedem Thale, bei jedem Gebüsch, hinter jedem Fels, sprang ein Thier von der Gattung Maha’s hervor und schloß sich dem furchtbaren Zuge an, sein Gebrüll mit dem der früheren Ankömmlinge mischend.

Das Entsetzen Harruchs war gänzlich verschwanden. Sein Gesicht strahlte in höllischer Freude, seine Brust schien sich zu heben, als wollte das Herz sie zersprengen. Sein Auge blickte mit unbeschreiblichem Stolze über die entsetzliche Heerde, die ihm folgte; er versuchte sie zu zählen, und gesellte sein Geschrei dem Liebesgebrüll Maha’s, und so oft ein neuer Panther den Zug vergrößerte, ließ er ein wüthendes Gelächter durch die Nacht erschallen.

»Ich danke Dir, Maha,« sagte er, indem er mit der Hand über den gerundeten Rücken des schwarzen Panthers strich, »ich danke Dir, daß Du Deine Brüder des Waldes zu dem Feste berufen hast, das ich Dir bereitete. Hurrah, Hurrah, Ihr Kinder der Nacht, laßt uns den Lauf beschleunigen, dort unten am Horizont erglänzt der Wald von Djivadal in tausend Feuern, und dort wartet Eurer ein Fest das Eurer würdig ist. Hurrah, springt um mich her, und wetzt dabei Eure spitzen Zähne! Nie hat eine süßere Musik mein Ohr getroffen.«

Und sie flogen dahin, immer vorwärts, schneller als der Sturm; sie flogen dahin und das schwarze Gewölbe des Waldes blieb hinter ihnen zurück; sie flogen dahin, und die Felder, die Thäler, die Ebenen, die Flüsse, verschwanden; sie flogen dahin und die Berge wurden überschritten. Sie näherten sich dem Walde von Djivadal.

Hier hatte Noungal die Rajah’s versammelt, die der Verschwörung beigetreten waren. Er fand sie niedergeschlagen, entmutigt durch die Maßregeln, welche die holländische Regierung bereits getroffen hatte. Die Erinnerung an die Aufstände der Chinesen und der Eingebornen im Jahre 1737 und 1825, Aufstände, welche in dem Blute der Strafbaren erstickt worden waren, hatte sich ihrem Geiste dargestellt; sie sahen schon ihre Güter confiscirt und einen Preis auf ihren Kopf gesetzt.

Noungal bemühte sich, ihren Muth zu beleben. Er verkündete ihnen, daß die tributpflichtigen Sultane von Djocjokarta, Sorrobaya und Madura entschlossen wären, sich von dem Joch der Europäer frei zu machen, und ihre Truppen bereits in Bewegung setzten. Er stellte ihnen vor, daß, wenn ihre Anhänger auch in der Umgebung der Hauptstadt nicht sehr zahlreich wären, dafür die Provinzen Pantam, Cheriban, Samarang und Preangers sich bereit erklärt hätten, wie ein einziger Mann aufzustehen, daß diese Menge, selbst waffenlos, genügen würde, um durch ihre Masse die kleine Anzahl der Beherrscher der Insel zu erdrücken. – Er schilderte mit scharfen Zügen den schmutzigen Geiz, die unverschämte Tyrannei und die Ausschweifungen der Eroberer;er ließ in den Augen der Javanesen den Ruhm des Triumphes und die materiellen Vortheile glänzen, die sie durch die Unabhängigkeit erringen müßten.

Die Unentschlossensten stützen sich auf die Kenntniß, welche die Regierung bereits von der Verschwörung erlangt hätte, und wünschten die Ausführung verschoben zu sehen. Noungal bekämpfte lebhaft diese Rathschläge der Schwäche und der Furcht; er erklärte ihnen, daß die Kühnheit allein sie retten könnte; daß sie Alle gleich sehr bloßgestellt wären, und Alle die Opfer der Rache der Colonisten werden würden; daß man seine Tyrannen nie ungestraft zum Zittern bringen könnte; daß die Entdeckung ihrer Pläne ihnen nur noch zwischen dem Siege und dem Tode die Wahl ließe.

Es gelang ihm den Verschwörern den verlorenen Enthusiasmus zurück zugeben. Sie wollten sich eben trennen, Noungal, um seines Malayen aufzusuchen, und sie gegen Buytenzorg zu führen, dessen man sich nach der getroffenen Verabredung zuerst bemächtigen sollte, die Rajah’s, um ihre Vasallen zu bewaffnen, und sie auf die Europäer zu hetzen, da ertönte plötzlich ein dumpfes Rauschen, ähnlich dem der Wogen vor dem Ausbruch eines Sturmes. Der Schrecken schien in der Luft zu schweben. Man hatte in der Ferne sonderbare Töne vernommen, und ohne sich Rechenschaft davon zu geben, wodurch sie hervorgebracht sein könnten, machte ein instinctmäßiges Entsetzen, daß die Verschwornen erstarrten; sie zitterten, sie trockneten ihre in Schweiß gebadeten Stirnen, sie lauschten in ängstlicher Spannung.

Das finstere Toben hatte aufgehört, und man vernahm nur noch den Schall von den Hufschlägen eines Pferdes, welche die Kiesel des Bergweges trafen.

Plötzlich ertönte ein entsetzliches Concert widerlicher Schreie und wilden Geheuls, ungefähr zehn Schritt hinter der Lichtung, aus welcher die Versammlung gehalten wurde; zu gleicher Zeit erschien Harruch auf dieser Lichtung.

Anfangs bemerkten die Rajahs nichts als das mit weißem Schaum bedeckte Pferd, mit weit aufgerissenen blutigen Nüstern. mit gesträubter Mähne und den schwarzen Reiter, der seinen blitzenden Dolch, in der Luft schwingend, einem Gespenst glich.

Die Panther, welche stutzten, sich einer solchen Menschenmenge gegenüber zu erblicken, waren zurück geblieben, aber indem Augenblick als der Gueber, der auf den ersten Blick in der Mitte der Versammelten Noungal unterschieden hatte, sein Pferd antrieb, um sich auf ihn zu stürzen, ließ Maha jene Klagelaute erschallen, welche einen so mächtigen Einfluß auf seine wilden Genossen der Wälder zu üben schienen.

Bei diesen Klagelauten vergaßen die Tiger, trunken vor Liebe für die schöne schwarze Pantherin, den Schrecken, den der Anblick des Menschen ihnen gewöhnlich erweckt, und verloren das Bewußtsein der Gefahr; sie durch brachen den Raum, der sie von Maha trennte, zeigten ihre entsetzlichen Rachen in jedem Busche, ließen ihre flammenden Augen aus allen Winkeln der Lichtung hervorblitzen, und kamen auf allen Seiten hervor auf das Freie, kriechend auf dem Boden, doch bereit zum Sprunge.

Die Rajahs, welche wahnsinnig vor Entsetzen waren, entflohen durch den Wald, sich nach allen Richtungen vertheilend.

Noungal allein war zurückgeblieben.

Harruch hielt sein Pferd dem Malayen gegenüber an, indem er den Zügel mit einem so gewaltigen Ruck anzog, daß das arme Thier, durch Ermüdung bereits erschöpft, sich nicht auf den Beinen zu erhalten vermochte und auf die Seite niederstürzte, gerade zu den« Füßen Noungal’s, der bei dem Anblicke Harruchs aufs der Stelle die Gefahr erkannte, die ihn bedrohte, seinen Sacong um den linken Arm schlang, um sich mit demselben einen Schild zu bilden, und sich mit dem langen Crid bewaffnete, den er an der Seite trug.

»Noungal, Noungal,« heulte der Gueber, indem er seine glühenden Augen auf seinen Feind richtete, »Du hast mich Feuertode verurtheilt, und Ormuzd verdammt Dich zu der Strafe, die er den Barkasaham bestimmte. Erinnere Dich an die Bedaja bei Mynheer Cornelis, Noungal, Hier ist das lebendige Grab, in welchem Ormuzd Deine Stelle bezeichnete.«

Darauf ergriff der sehnige Arm des Guebern den schwarzen Panther, und mit übermenschlicher Kraft erhob er ihn über seinen Kopf, und schlenderte ihn dann in der Richtung auf den Malayen fort.

Als hätte Maha die Absicht seines Herrn erkannt, heulte er laut, und die wilde Horde mischte ihr Geheul in das der schwarzen Pantherin, drängte sich dichter zusammen und bildete um die Gruppe einen dreifachen Kreis drohender Zähne.

Aber Maha hatte sich nicht unmittelbar auf Noungal geworfen; wie Harruch in seiner Ungeduld gewünscht hätte. Die kalte entschlossene Haltung des Führers der Meerzigeuner flößte ihm Furcht ein; auf dem niedergetretenen Haidekraut, welches den Boden bedeckte, auf dem Bauche liegend, die Glieder bebend und.dicht zusammengezogen, die Augen auf seine Beute gerichtet, erwartete der schwarze Tiger, daß der Malaye eine Bewegung mache, welche seinen Angriff begünstigte.

Harruch schien der Qual zu erliegen, die seine Brust bedrückte.

»Maha, Maha,« rief er, »willst Du denn den Herrn verlassen, der auf Dich seine Hoffnung setzte? Drauf auf den Vampyr, Maha. durchwühle seine Seiten mit Deinen scharfen Krallen, zerbrich seine Glieder unter Deinem mächtigen Gebisse. Du, den ich liebe, Maha, räche das weiße Weib, das ich vor Dir liebte.«

 

Angefeuert durch die Stimme seines Gebieter’s, zögerte Maha nicht länger, sondern sprang vorwärts. Aber Noungal hatte die Bewegung beobachtet., und in dem Augenblick, wo der Tiger sich auf seinen Kopf stürzen wollte, machte er rinnen Satz zurück fing mit dem Mantel die krallen des Panthers auf und stieß mit der andern Hand seinen Crid Maha in die Seite.

Die Waffe verschwand bis an den Griff in dem Körper des Tigers, dessen Muskeln verloren ihre Spannkraft, und sterbend sank Maha zu den Füßen Harruch’s nieder.

Noungal stieß einen Schrei des Triumphes aus und schwang seinen Crid, den Gueber bedrohend. Aber in eben dem Augenblick war der größte von all’ den Tigern, die Harruch gefolgt waren, eben der, welcher zuerst durch die Ausströmungen von dem Körper Maha’s angelockt worden war, sich wüthend auf Noungal, schlug ihn mit seiner gewaltigen Tatze zu Boden und zermalmte ihm den Schädel zwischen seinen furchtbaren Kinnladen.

Als ob dies das Zeichen zu dem Mahle gewesen wäre, stürzten sich jetzt alle die wilden Thiere auf den Barkasaham, und man hörte nichts mehr als ein unbeschreibliches Geräusch zerrissenen Fleisches und zerbrochener Knochen. —

* * *

In diesem Augenblick brach am Horizont der Tag an.

X.
Gott verzeiht

Eusebius war lange gegangen, indem er Esther auf seinen Armen, trug. Er wollte, daß seine Gefährtin und er, so weit als möglich von den Menschen entfernt, in die Ewigkeit eintreten sollten.

Er erstieg die Abhänge der Berge, welche den Fuß des Zand umgaben, er durchschritt einen Wald, der noch nie von dem Fuße der Menschen berührt worden zu sein schien, und dessen Muskaten-, Areka- und Cocosbäume hohen Säulen glichen, die durch Schlingpflanzen aller Art verbunden wurden, so daß sie eine dichte Masse bildeten, während Ebenholzbäume, Akazien und Fichten sich an das höhere Gewölbe anschlossen, und für die Strahlen der Sonne beinahe undurchdringlich waren.

Er besiegte alle Hindernisse, welche die üppige Vegetation ihm entgegenstellte, und gelangte zu einer Platte, welche nicht nur die Aussicht über den Wald gewährte, der ihr zum Gürtel diente, sondern auch über die Ebene und den Ocean.

Er pflückte einige Tamarindenzweige, sammelte die Blätter, welche er erreichen konnte, streute sie auf den Fels und legte Esther mit so vieler Vorsicht und Sorgfalt auf dieses grüne Bett, als ob die junge Frau lebend gewesen wäre.

Dann entledigte er einige Kambasas oder Todtenblumen, die in den Spalten des Felsen wuchsen, ihrer finstern Zweige und streute sie über den Körper Esther’s.

Er konnte nicht glauben, daß Alles, was vorgegangen war, nichts weiter sei, als ein Traum; er bemühte sich, die Gedanken an die Bedaja, an Cora, an die Indianerin, zu verbannen, die sich ihm als die Verkörperung seiner Reue aufdrängten; aber der Anblick des starren, leblosen Körpers und des leichenblassen Gesichts an seiner Seite führte ihn beständig zu der Wirklichkeit zurück und rief ihm seine begangenen Fehltritte strenger in das Gedächtniß, als sein Gewissen es konnte.

Er kniete vor Esther nieder, streckte die Arme flehend gegen sie aus, und die Stimme erhebend, als hätte sie ihn hören können, sagte er:

»Esthers, meine Schwäche und meine Anmaßung haben uns in das Verderben gestürzt; ich vergaß, daß Gott unsere Herzen aus Erde schuf, wie unsere Körper, und daß nur das Bild dieses Gottes, wenn es in unsere Herzen gegraben ist, sie vor Verderbniß bewahren kann. Du hast mir verziehen; aber wird auch er, mein Richter, mir seinerseits verzeihen?«

Nach einem langen Schweigen fuhr er dann fort:

»Nein, solche Liebe, wie unsere Träume sie uns zeigen, ist nicht von dieser Welt; wir ahnen sie, doch wir kennen sie nicht; hienieden ist Verrath, Undankbarkeit, Gebrechlichkeit ihr Loos. Erst wenn unsere Seele sich von ihrer elenden Hülle befreit hat, verwirklichen sich die Wünsche, die einige Blitze in unsere Dunkelheit schleuderten, und erfüllen uns mit wahrer Zärtlichkeit. Ich werde bald Dich so lieben, wie Du es verdientest, meine Esther, und ich schwöre Dir, daß bei diesem Gedanken der Tod mir süß sein wird.«

Er kam aus einen andern Ideengang. Die Erinnerung an das, was er verloren hatte, siegte über die Hoffnungen, durch die er diese grausamen Augenblicke zu mildern bemüht war. Er gab sich seiner Verzweiflung hin, er schluchzte wie ein Kind, er schlug den Kopf gegen den Fels und rief Esther mit kläglichen Tönen.

Weder der Lärm, der von dem Thale herauf ertönte, weder das Donnern der Kanonen, welches durch zahlreiche Echos wiederholt wurde, weder das Knattern des Gewehrfeuers, weder das Geschrei der Malayen, welche die Holländer auseinander gesprengt hatten, und nach allen Richtungen verfolgten, noch der grelle Widerschein der Flammen, welche die Proas verzehrten, die durch die europäische Flotte in Brand gesteckt worden waren, konnten Eusebius seinem Schmerze entreißen; Die Welt schien für ihn mit den fünf Fuß Felsen zu endigen, auf denen der Körper seiner Frau lag. Indeß ging die Nacht zu Ende. Der Morgenstern glänzte in seinem funkelnden Lichte an dem hellen Himmelsgewölbe, rosige Strahlen verbreiteten sich an dem Azur des Himmels. Es war die Morgenröthe, das heißt, die letzte durch Noungal bezeichnete Stunde.

Eusebius fühlte ein Frösteln durch seinen Körper rieseln und seine Haare sich auf dem Kopfe sträuben. Einige Augenblicke zuvor rief er den Tod, und jetzt wo das Gespenst sich ihm zeigte, fühlte er sich von Staunen und Schwindel ergriffen. In dem Augenblicke, wo die ungeheure Größe des Unbekannten sich vor seinen Füßen öffnete, zögerte er und wich erschreckt zurück.

Seine Augen blieben nach der Seite des Morgens gerichtet, wo allmälig der Himmel sich von den Dünsten befreite, wo der strahlende Bogen von Secunde zu Secunde größer wurde. Es schien ihm, als ob die Sonne, die durch ihren Aufgang das Zeichen zu seinem Tode geben sollte, mit schwindelnder Schnelligkeit emporstiege, und dennoch schien ihm jede Minute die Dauer eines Jahrhunderts zu haben.

Er verbarg das Gesicht in der Hand und weinte. Die Thränen erfrischten sein Herz und verliehen ihm die Ergebung, die ihm mangelte. Er dachte an das, was geschehen würde, wenn er die eingegangene Verpflichtung nicht erfüllte. Er sah die Hand Noungal’s sich gegen ihn ausstrecken und seine Ueberbleibsel von denen Esther’s trennen. Der Gedanke, daß sein Körper, und vielleicht auch der seiner Frau, durch die Berührung dieses Dämons besudelt werden könnte, erfüllte ihn mit Entsetzen; er zögerte nicht mehr, augenblicklich seine fürchterliche Schuld an den Selbstmord zu bezahlen.

Er nahm das Messer, welches Noungal ihm zugeworfen hatte, als er das Citronengebüsch verließ, entblößte seine Brust und setzte die scharfe Spitze auf das Fleisch; er legte sich neben Esther, das Gesicht dem der jungen Frau zugewendet, so daß sein letzter Seufzer sich in einem Kusse an Die verlieren konnte, die er so sehr geliebt hatte. Er erhob sein Herz zu Gott, er flehte die Barmherzigkeit des Herrn für das Verbrechen an, das er zu begehen gezwungen war, bat, daß die Ueberlassung seines Körpers an einen der höllischen Geister zu der Erlösung seiner Seele dienen möchte, und wartete betend darauf, das das Gestirn seine ersten Strahlen auf den Berg sendete, um dann die Klinge in seine Brust zu stoßen.

Bald färbte der ganze Himmel sich purpurn, und das Gesicht Esther’s, welches der aufgehenden Sonne zugewendet war, schien sich unter dem Widerschein ihres Feuers zu röthen. Eusebius faßte die Waffe fester und näherte seinen Mund dem Munde der Todten; aber von einem plötzlichen Schrecken ergriffen, ließ er den Dolch seiner Hand entgleiten, und richtete sich zitternd, stumm, mit entstelltem Gesicht, empor.

Unter dem Kasse, den er Esther gegeben, war es ihm, als fühlte er den Leichnam erbeben, und die kalten blauen Lippen sich fest an seine sie berührenden Lippen anschließen.

Eusebius hatte Alles vergessen, seinen Eid, Noungal, den Tod. Was ihm an Gedanken blieb, was er an Fibern seines Hirns besaß, richtete sich auf Esther. Es schien ihm, als hätte die Hand derselben eine leise Bewegung gemacht; er unterdrückte den Schrei, welcher sich seiner Brust entringen wollte, denn es schien, als fürchte er, das Wunder zu verhindern, das er unter seinen Augen vorgehen zu sehen glaubte.

Indeß färbte eine leise Röthe die Wangen der jungen Franz ihre Lippen wurden purpurroth, und die langen braunen Wimpern ihrer Augenlider zitterten.

Bleich, athemlos, bebend, sank Eusebius auf die Knie.

»Esther! Esther!« rief er.

Bei dem Tone dieser Stimme öffneten die Augen Esther’s, die Eusebius für immer geschlossen glaubte, sich langsam, und sie blickte ihren Mann mit einem Ausdrucke der Zärtlichkeit an, welche das Lächeln ihres Mundes bestätigte.

»Lebend! Lebend!« rief Eusebius beinahe wahnsinnig.«

Statt aller Antwort streckte Esther ihrem Manne die Arme entgegen.

»Aber das Gift! Das Gift!« rief der junge Mann, als ob die Küsse, die ihm seine Frau gab, nicht genügten, ihn zu überzeugen, daß es keine Leiche war, die er an sein Herz drückte.

»Das Gift,?« entgegnete Esther. »Es scheint, als ob der Gueber in Dein Herz mehr Vertrauen gesetzt hätte, wie ich selbst, mein Freund, und daß er mir deshalb nur ein Schlafmittel reichte. – Wir wollen ihm daher auch unsere Dankbarkeit beweisen, denn es ist so schön, zu leben, wenn die Sonne die Erde bescheint, und man das Herz, das man liebt, wiedergewonnen hat.«

Eusebius wendete sich rasch um und blickte auf den Horizont

Die Sonne war schon hoch über die Berge emporgestiegen, und ihre Strahlen erreichten die dunkelsten Schluchten der Thäler.

Zum zweiten Male warf er sich jetzt in die Arme Esther’s.

Epilog

Zwei Monate später schifften Eusebius van der Beek und seine Frau sich ein, um nach Europa zurückzukehren.

Sie hätten den Theil von der Erbschaft des Doktor Basilius behalten können, den weder Arroa noch Noungal zu beanspruchen erschienen waren und der Notar Maes ertheilte ihnen dringend diesen Rath; aber ungeachtet der Meinung dieses vortrefflichen Menschen Vertheilten sie Alles, was ihnen von dem großen Vermögen des Arztes aus Java blieb, an die Hospitäler Batavia’s und verließen die Insel so arm, wie sie dieselbe betreten hatten. Dafür bezeichnete kein Unfall ihre Rückkehr nach Holland, und das Fahrzeug, an dessen Bord sie sich befanden, setzte sie gesund und wohlbehalten auf dem Kai von Rotterdam an das Land. In dieser Stadt sind sie gegenwärtig das Muster der Ehegatten eines wie des andern Geschlechtes.

Ehe Eusebius Java verließ, hatte er Harruch überall suchen lassen, da er ihm den Beweis seiner Dankbarkeit hinterlassen wollte. Aber alle Bemühungen, ihn zu entdecken, blieben fruchtlos. Man hörte nicht mehr von dem Gueber sprechen, obgleich einige Jäger behaupteten, in den Wäldern des Innern der Insel einen braunen Menschen gesehen zu haben, der zu seinen Gefährten nur die wildesten Bewohner der großen Wälder gewählt zu haben schien, und in ihrer Mitte eben so stolz und ruhig lebte, als befände er sich in der Mitte der Menschen.

E n d e
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