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Der Graf von Bragelonne

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XVII.
Fontainebleau

Alle die in seinen herrlichen Gärten vereinigten Zauberwerke machten aus Fontainebleau seit vier Tagen einen Ort der Wonne.

Herr Colbert vervielfältigte sich . . . Am Morgen Berechnung der Ausgaben der Nacht; am Tage Programme, Proben, Anmerkungen, Bezahlungen.

Herr Colbert hatte vier Millionen zusammengebracht und vertheilte sie mit einer weisen Oekonomie.

Er erschrak über die Kosten, welche die Mythologie veranlaßt . . . Jeder Sylvan, jede Najade kostete nicht weniger als hundert Livres täglich. Das Costume kam auf dreihundert Livres zu stehen.

Was an Pulver und Schwefel in Feuerwerk verbrannt wurde, belief sich jede Nacht auf hunderttausend Livres. Dabei fanden am User des Teiches Beleuchtungen für dreißigtausend Livres den Abend statt.

Diese Feste hatten herrlich geschienen. Colbert war außer sich vor Freude.

Er sah jeden Augenblick Madame und den König zu Jagden ausfahren, oder phantastische Personen empfangen, Feierlichkeiten, die man seit vierzehn Tagen improvisirte, und die den Geist von Madame und die Freigebigkeit des Königs glänzen ließen.

Denn Madame, die Heldin des Festes, beantwortete die Reden dieser Deputationen von unbekannten Völkern, Gneamanthen, Scythen, Hyperboreern, Kaukasiern, Patagonen, die aus der Erde hervorzukommen schienen, um ihr Glück zu wünschen, und jedem Repräsentanten dieser Völkerschaften gab der König einen Diamant oder ein Meuble von Werth.

Dann verglichen die Abgeordneten in mehr oder minder grotesken Versen den König mit der Sonne, Madame mit Phöbe, ihrer Schwester, und man sprach von den Königinnen und von Monsieur nicht mehr anders, als wenn der König Madame Henriette von England und nicht Maria Theresia von Oesterreich geheirathet hätte.

Sich an den Händen haltend, sich unmerklich die Finger drückend, trank das glückliche Paar in langen Zügen den süßen Trank der Schmeichelei, dessen Werth die Jugend, die Schönheit, die Macht und die Liebe erhöhen.

Jedermann erstaunte in Fontainebleau über den Einfluß, den Madame so rasch auf den König erlangt hatte.

Jedermann sagte sich leise, Madame sei in der That die Königin.

Und der König verkündigte diese seltsame Wahrheit durch jeden seiner Gedanken, durch jedes seiner Worte, durch jeden seiner Blicke.

Er schöpfte seinen Willen, er suchte seine Eingebungen in den Augen der Königin, und er berauschte sich in seiner Freude, wenn Madame zu lächeln sich herabließ.

Madame berauschte sich in ihrer Macht, da sie alle Welt zu ihren Füßen sah.

Sie konnte es selbst nicht sagen; aber sie wußte, daß sie keinen Wunsch mehr bildete, daß sie sich vollkommen glücklich fand.

Aus allen diesen Versetzungen, deren Quelle der königliche Wille, entsprang, daß Monsieur, statt die zweite Person des Reiches, die dritte geworden war.

Dies war noch viel schlimmer, als zur Zeit, wo Guiche seine Zither bei Madame klingen ließ. Damals hatte Monsieur wenigstens die Befriedigung, dem Angst zu machen, welcher ihn belästigte.

Doch seit dem Abgang des durch sein Bündniß mit dem König vertriebenen Feindes hatte Monsieur ein noch viel schwereres Joch, als zuvor auf den Schultern.

Jeden Abend kam Madame abgemattet zurück.

Das Pferd, die Bäder in der Seine, die Mittagsmahle unter dem Blätterwerk, die Schauspiele, die Bälle am großen Kanal, die Concerte, das wäre hinreichend gewesen, nicht nur, um eine schwächliche Frau, sondern auch um den stärksten Schweizer des Schlosses zu tödten.

Es ist wahr, daß in Beziehung auf Bälle, Concerte, Promenaden eine Frau viel kräftiger ist, als das stärkste Kind der dreizehn Kantone.

Aber so ausgedehnt auch die Kräfte einer Frau sein mögen, so haben sie doch ein Ziel und können nicht lange gegen eine solche Lebensweise aushalten.

Was Monsieur betrifft, so hatte er nicht einmal die Befriedigung, Madame ihr Königthum am Abend ablegen zu sehen.

Am Abend wohnte Madame im königlichen Pavillon mit der jungen Königin und der Königin Mutter.

Es versteht sich von selbst, daß der Herr Chevalier von Lorraine Monsieur nicht verließ und seinen Tropfen Galle auf jede Wunde goß, die er erhielt.

Eine Folge hiervon war, daß Monsieur, der sich Anfangs ganz heiter und ganz vergnügt seit der Abreise von Guiche gesunden hatte, vom Tage nach dem Einzug des Hofes in Fontainebleau wieder in Schwermuth versank.

Eines Tages aber geschah es, daß Monsieur, der frühe aufgestanden war, und noch mehr Sorgfalt, als gewöhnlich, auf seine Toilette verwendet hatte, daß Monsieur, sagen wir, der von nichts für den Tag gehört hatte, den Plan faßte, seinen Hof zu versammeln, und Madame zum Abendbrod nach Morel zu führen, wo er ein schönes Landhaus besaß.

Er ging nach dem Pavillon der Königin, trat ein und war sehr erstaunt, als er Niemand vom königlichen Dienst fand.

Eine Thüre öffnete sich links nach der Wohnung von Madame, eine rechts nach der der jungen Königin.

Monsieur erfuhr bei seiner Frau von einer Ausgeberin, welche hier arbeitete, es sei Jedermann um elf Uhr weggefahren, um sich in der Seine zu baden, man habe ein großes Fest aus dieser Partie gemacht, alle Calechen seien vor den Thüren des Parks aufgestellt worden, und die Abfahrt habe vor mehr als einer Stunde stattgefunden.

»Gut,« sagte Monsieur, «ein glücklicher Gedanke; es ist eine drückende Hitze, ich werde mich mit Vergnügen baden.«

Und er rief seinen Leuten . . . Niemand kam.

Er rief bei Madame. Alles hatte sich entfernt.

Er ging in die Remisen hinab.

Ein Stallknecht sagte ihm, es seien weder Calechen, noch Carossen mehr da.

Dann befahl er zwei Pferde zu satteln, eines für ihn, eines für seinen Kammerdiener.

Der Stallknecht antwortete höflich, es seien keine Pferde mehr vorhanden.

Bleich vor Zorn stieg Monsieur wieder zu den Königinnen hinauf.

Er ging bis in das Betzimmer von Maria Theresia.

Von dem Betzimmer aus erblickte er durch eine etwas geöffnete Tapetenthüre seine junge Schwägerin, welche vor der Königin Mutter kniete und ganz in Thränen zu zerfließen schien.

Er war weder gesehen noch gehört worden.

Sachte näherte er sich der Oeffnung und horchte; das Schauspiel dieses Schmerzes reizte seine Neugierde.

Die junge Königin weinte nicht nur, sondern sie beklagte sich.

»Ja,« sprach sie, »der König vernachläßigt mich, der König beschäftigt sich nur noch mit Vergnügungen, und zwar mit Vergnügungen, an denen ich nicht Theil nehme.«

»Geduld, Geduld, meine Tochter,« erwiederte Anna von Oesterreich spanisch.

Dann fügte sie, abermals spanisch, Rathschläge bei, welche Monsieur nicht verstand.

Die Königin antwortete darauf durch Anklagen, gemischt mit Seufzern und Thränen, wobei Monsieur oft das Wort banos unterschied, das Maria Theresia mit dem Unwillen des Zorns aussprach.

»Die Bäder,« sagte Monsieur zu sich selbst, »die Bäder! Es scheint, daß sie über die Bäder aufgebracht ist.«

Und er suchte die Theilchen von Sätzen, die er verstand, zusammenzustellen.

In jedem Fall war es ihm lieb, zu errathen, daß die Königin sich bitter beklagte, und daß Anna von Oesterreich, wenn sie Maria Theresia nicht wirklich tröstete, doch sie wenigstens zu trösten suchte.

Monsieur befürchtete, er könnte an der Thüre horchend ertappt werden, und entschloß sich, zu husten.

Die zwei Königinnen wandten sich bei dem Geräusch um.

Monsieur trat ein.

Als sie den Prinzen erblickte, stand die junge Königin hastig auf und wischte sich die Thränen ab.

Monsieur hatte zu viel Weltkenntniß, um zu fragen, und war zu sehr an Höflichkeit gewöhnt, um still zu bleiben. Er verbeugte sich.

Die Königin Mutter lächelte ihm freundlich zu und sprach:

»Was wollt Ihr, mein Sohn?«

»Ich . . . nichts . . . « stammelte Monsieur, »ich suchte . . . «

»Wen?«

»Meine Mutter, ich suchte Madame.«

»Madame ist in den Bädern.«

»Und der König?« sagte Monsieur mit einem Tone, der die Königin zittern machte.

»Der König auch und der ganze Hof,« erwiederte Maria Theresia.

»Außer Euch, Madame,« sagte Monsieur.

»Oh! ich,« entgegnete die junge Königin, »ich bin der Schrecken von allen denjenigen, welche sich belustigen.«

»Und ich auch, wie es scheint,« rief Monsieur.

Anna von Oesterreich machte ihrer Schwiegertochter ein stummes Zeichen und diese entfernte sich in Thränen zerfließend.

Monsieur faltete die Stirne und sprach:

»Das ist ein trauriges Haus . . . Was denkt Ihr davon, meine Mutter?«

»Oh! . . . nein . . . nein . . . Jedermann sucht hier sein Vergnügen.«

»Das ist es, bei Gott! gerade, was alle diejenigen traurig macht, denen dieses Vergnügen beschwerlich ist.«

»Wie Ihr das sagt, mein lieber Philipp.«

»Bei meiner Treue! meine Mutter, ich sage es, wie ich es denke.«

»Erklärt Euch, was gibt es?«

»Fragt meine Schwägerin, die Euch so eben ihren Verdruß klagt.«

»Ihren Verdruß . . . wie . . . «

»Ja, ich habe gehorcht; aus Zufall, ich gestehe es, doch ich habe gehorcht. Nun! ich hörte meine Schwägerin nur zu deutlich sich über die vielen Bäder von Madame beklagen.«

»Ah! Tollheit! . . . «

»Nein, nein, wenn man weint, ist man nicht immer toll. Banos, sagte die Königin, heißt das nicht Bäder?«

»Ich wiederhole Euch, mein Sohn, daß Eure Schwägerin von einer kindischen Eifersucht ist.«

»In diesem Fall, Madame, klage ich mich an, daß ich denselben Fehler begangen habe, wie sie.«

»Ihr auch, mein Sohn?«

»Gewiß.«

»Ihr seid auch eifersüchtig auf diese Bäder?«

»Bei Gott!«

»Oh!«

»Wie! der König badet sich mit meiner Frau und nimmt die Königin nicht mit! Wie! Madame badet sich mit dem König, und erweist mir nicht die Ehre, mich davon in Kenntniß zu setzen. Und Ihr verlangt, daß meine Schwägerin zufrieden, Ihr verlangt, daß ich zufrieden sei?«

 

»Aber, mein lieber Philipp,« entgegnete Anna von Oesterreich. »Ihr übertreibt es, Ihr habt Herrn von Buckingham fortjagen, Ihr habt Herrn von Guiche verbannen lassen; wollt Ihr nun nicht den König von Fontainebleau wegschicken?«

»Oh! das maße Ich mir nicht an; aber ich kann mich wohl entfernen und ich werde mich entfernen.«

»Eifersüchtig auf den König! eifersüchtig auf Euren Bruder!«

»Eifersüchtig auf meinen Bruder! auf den König! ja, Madame, eifersüchtig! eifersüchtig! eifersüchtig!«

»Meiner Treue, mein Herr,« rief Anna von Oesterreich, Zorn und Entrüstung heuchelnd, »ich fange an zu glauben, daß Ihr ein Narr und ein geschworener Feind meiner Ruhe seid, und überlasse Euch den Platz, da ich keine Wehr gegen solche Einbildungen habe.«

Sie sagte es, hob die Sitzung auf und ließ Monsieur dem wüthendsten Grimm preisgegeben.

Monsieur blieb einen Augenblick ganz betäubt; dann kam er wieder zu sich, raffte alle seine Kräfte zusammen, ging abermals in den Stall hinab, suchte den Stallknecht auf. verlangte von ihm wieder einen Wagen, ein Pferd, und auf seine doppelte Antwort, daß es weder einen Wagen, noch ein Pferd mehr gebe, entriß Monsieur den Händen eines Stalljungen eine Gabelstütze und fing an, den armen Teufel rings im Hofe umher mit gewaltigen Prügeln, trotz seines Geschreis und seinen Entschuldigungen, zu verfolgen; athemlos, von Schweiß triefend, an allen Gliedern zitternd, stieg er hiernach wieder in seine Wohnung hinauf, zerschmetterte seine schönsten Porzellane, legte sich endlich gestiefelt und gespornt in sein Bett und schrie um Hilfe!

XVIII.
Das Bad

In Valvins unter den undurchdringlichen Gewölben von blühenden Bachweiden und von Thränenweiden, die ihre grünen Häupter neigten und die Enden ihres Blätterwerks in die blaue Woge tauchten, diente eine lange, flache Barke mit Leitern, welche durch blaue Vorhänge bedeckt waren, als Zufluchtsstätte für die badenden Dianen, auf welche bei ihrem Austritt ans dem Wasser zwanzig mit Federbüschen geschmückte Acteons lauerten, welche glühend und voll Lüsternheit auf dem moosigen, duftenden User des Flusses galoppirten.

Aber Diana, selbst die schamhafte Diana, war, in die lange Chlonayde gekleidet, minder keusch, minder undurchdringlich, als Madame, jung und schön, wie die Göttin. Denn trotz der seinen, weißen Tunica der Jägerin sah man ihr rundes, weißes Knie, trotz des klirrenden Kochers erblickte man ihre braunen Schultern; während ein langer, hundertfach gerollter Schleier Madame umhüllte, wenn sie sich den Armen ihrer Frauen überließ, und sich für die unbescheidensten, wie für die durchdringendsten Blicke unzugänglich machte.

Stieg sie wieder die Treppe hinauf, so hielten die gegenwärtigen Dichter, und alle waren Dichter, wenn es sich um Madame handelte, hielten die zwanzig galoppirenden Dichter an und riefen einstimmig, es seien keine Wassertropfen, sondern Perlen, was von dem Körper von Madame falle und sich in dem glücklichen Strom verliere.

Der König, der Mittelpunkt dieser Poesien und Huldigungen, befahl den Vergrößerern, deren Begeisterung nicht versiegt wäre, Stillschweigen und wandte sein Pferd um, aus Furcht, selbst unter den seidenen Vorhängen, die Bescheidenheit der Frau und die Würde der Prinzessin zu verletzen.

Es entstand daher eine große Leere auf der Scene und ein tiefes Stillschweigen in der Barke. Aus den Bewegungen, aus dem Spiel der Falten, aus den Wogungen der Vorhänge, errieth man das Hin- und Hergehen der für ihren Dienst geschäftigen Frauen.

Der König horchte auf die Worte seiner Cavaliere, aber wenn man ihn anschaute, konnte man sich entnehmen, daß seine Aufmerksamkeit nicht bei ihren Reden war.

In der That, kaum hatte das Geräusch des Gleitens der Ringe auf den Vorhangstangen verkündigt, Madame sei angekleidet und die Göttin werde bald erscheinen, als sich der König auf der Stelle umwandte, so nahe als möglich zum User sprengte und allen denjenigen, welche ihr Dienst oder ihr Vergnügen zu Madame berief, ein Signal gab.

Man sah die Pagen, ihre Handpferde führend, herbeieilen; man sah die Calechen, welche bedeckt unter den Zweigen geblieben waren, zu denselben vorrücken, dann die Wolke von Dienern, Trägern, Frauen, die, während des Bads der Gebieter abseits ihre Bemerkungen, ihre Kritiken, ihre Verhandlungen über Interessen ausgetauscht hatten, ein flüchtiges Journal jener Zeit, dessen sich Keiner erinnert, nicht einmal die Wellen, die Spiegel der Personen, die Schos der Reden; die Wellen, die Gott selbst in die Unermeßlichkeit gestürzt, wie er die Schauspieler in die Ewigkeit gestürzt hat.

Diese ganze auf den Usern des Flusses zusammengeschaarte Welt, abgesehen von einer Menge von Bauern, die durch das Verlangen, den König und die Prinzessin zu sehen, herbeigezogen wurden, diese ganze Welt war acht bis zehn Minuten lang der verworrenste, angenehmste Durcheinander, den man sich denken konnte.

Der König stieg ab, alle Höflinge ahmten ihm nach; er bot seine Hand Madame, deren prächtiges Reitkleid ihre zierliche Taille enthüllte, die sich unter ihrem Gewand von seiner, silbergestickten Wolle hervorhob.

Noch feucht und dunkler als Gagath, benetzten ihre Haare ihren so weißen und so reinen Hals. Die Freude und die Gesundheit glänzte aus ihren schönen Augen, sie war gestärkt und athmete unter dem gestickten Sonnenschirme, den ihr ein Page trug, mit langen Zügen die Luft ein.

Nichts Anmuthigeres, nichts Zarteres, nichts Poetischens, als diese zwei in den rosigen Schatten des Sonnenschirms getauchten Gesichter . . . Der König, dessen weiße Zähne in einem beständigen Lächeln glänzten; Madame, deren schwarze Augen wie zwei Karfunkel in dem glimmerartigen Reflex der schimmernden Seide strahlten.

Als Madame zu ihrem Pferde kam, einem prachtvollen andalusischen Zelter, von einem fleckenlosen Weiß, etwas schwerfällig vielleicht, aber mit dem seinen, verständigen Kopf, in welchem man die Mischung des arabischen Blutes so glücklich verbunden mit dem spanischen Blut fand, und mit dem langen die Erde segenden Schweif, nahm sie der König, da sich die Prinzessin träge machte, um den Steigbügel zu erreichen, so in seine Arme, daß sich der Arm von Madame wie ein Feuerkreis um den Hals des Königs schlang.

Ludwig streifte, indem er sich zurückzog, unwillkürlich mit seinen Lippen diesen Arm, der sich nicht entferntes dann, nachdem die Prinzessin ihrem königlichen Stallmeister gedankt hatte, war die ganze Welt in einem Augenblick im Sattel.

Der König und Madame ritten auf der Seite, um die Calechen und die Piqueurs vorüberzulassen.

Vom Joch der Etiquette befreit, ließen viele Cavaliere ihren Pferden die Zügel schießen, und sprengten den Wagen nach, welche die Ehrenfräulein, frisch wie eben so viele Orcaden um Diana, entführten, und lachend, scherzend, brausend entflogen die Wirbel.

Der König und Madame hielten ihre Pferde im Schritt.

Hinter Seiner Majestät und der Prinzessin, seiner Schwägerin, aber in einer ehrfurchtsvollen Entfernung folgten die Höflinge ernst oder begierig, im Bereiche und unter den Blicken des Königs zu bleiben; sie bewältigten ihre ungeduldigen Pferde, regelten ihren Gang nach dem der Rosse des Königs und von Madame, und überließen sich Allem, was an Süßigkeit und Annehmlichkeit der Umgang mit Leuten von Geist bietet, die mit dem artigsten Ton tausend grausame Anschwärzungen auf Rechnung ihres Nebenmenschen preisgeben.

Bei dem kleinen erstickten Lachen, bei dem plötzlichen Zurückhalten dieser sardonischen Heiterkeit, wurde Monsieur, dieser arme Abwesende, nicht geschont.

Aber man hatte Mitleid, man seufzte über das Schicksal von Guiche, und man muß gestehen, das Mitleid war nicht übel angebracht.

Der König und Madame, welche bis jetzt ihre Pferde nicht in Athem gesetzt und hundertmal Alles wiederholt hatten, was ihnen die Höflinge in den Mund brachten, die sie sprechen machten, schlugen nun den kurzen Jagdgalopp an und man hörte unter dem Gewichte dieser Reiterei die tiefen Alleen des Waldes erschallen.

Auf die Unterhaltungen mit leiser Stimme, auf die Gespräche in Form von vertraulichen Mittheilungen, auf die auf eine geheimnißvolle Weise ausgetauschten Worte, folgten geräuschvolle Ausbrüche; die Heiterkeit verbreitete sich von den Piqueurs an bis zu den Prinzen. Jedermann lachte und schrie. Man sah die Elstern und die Hehren mit ihrem Gekrächze unter den wogenden Gewölben der Eichen entfliehen, der Kuckuck unterbrach seine eintönige Klage in der Tiefe des Waldes, die Finken und die Meisen entflogen in Schaaren, während die Hirsche und die Rehe erschrocken in den Gebüschen umhersprangen.

Dieser die Freude, den Lärmen und das Licht auf ihrem Wege verbreitenden Menge, ging gleichsam ihr eigener Wiederhall nach dem Schlosse voran.

Der König und Madame ritten von allen Seiten durch den einstimmigen Zuruf des Volkes begrüßt in die Stadt ein.

Madame beeilte sich, Monsieur aufzusuchen. Sie begriff instinctartig, daß er zu lange außerhalb dieser Freude geblieben war.

Der König begab sich zu den Königinnen, er wußte, daß er ihnen, einer besonders, eine Entschädigung für seine lange Abwesenheit schuldig war.

Madame wurde jedoch nicht bei Monsieur empfangen. Man antwortete ihr, er schlafe.

Statt Maria Theresia, lächelnd wie immer zu treffen, fand der König in der Gallerie Anna von Oesterreich, die auf seine Ankunft wartete, ihm entgegen ging, ihn bei der Hand nahm und in ihr Gemach führte.

Was sie sich sagten, oder was vielmehr die Königin Mutter zu Ludwig XIV, sagte, Niemand hat es je erfahren, aber man hätte es gewiß aus dem ärgerlichen Gesicht des Königs nach dem Ausgang dieser Unterredung errathen können.

Wir aber, deren Geschäft es ist, auszulegen, so wie dem Leser unsere Auslegung mitzutheilen, wir würden uns gegen unsere eigene Pflicht verfehlen, wenn wir ihn über das Resultat dieser Zusammenkunft in Unwissenheit ließen.

Er wird es, wir hoffen dies wenigstens, hinreichend in dem folgenden Kapitel entwickelt finden.

XIX.
Die Schmetterlingsjagd

Als der König in seine Gemächer zurückkehrte, um einige Befehle zu geben und seine Gedanken ruhen zu lassen, fand er auf seinem Ankleidetisch ein Billetchen, dessen Handschrift verstellt zu sein schien.

Er öffnete es und las:

»Kommt geschwinde, ich habe Tuch tausend Dinge zu sagen.«

Der König und Madame hatten sich nicht lange genug verlassen, daß diese tausend Dinge die Folge von den dreitausend sein konnten, die man sich auf dem Wege gesagt, der Valvins von Fontainebleau trennte

Das Verwirrte, Hastige des Billets gaben dem König auch viel zu denken.

Er beschäftigte sich ein wenig mit seiner Toilette und ging dann weg, um Madame einen Besuch abzustatten.

Die Prinzessin war, da sie nicht den Anschein haben wollte, als erwartete sie ihn, mit allen ihren Damen in die Gärten hinabgegangen.

Als der König erfuhr, Madame habe ihre Gemächer verlassen, um sich auf die Promenade zu begeben, sammelte er alle Cavaliere, die er unter der Hand finden konnte, und forderte sie auf, ihm in die Gürten zu folgen.

Madame jagte Schmetterlinge auf einer großen, mit Heliotropen und Pfriemenkraut eingefaßten Wiese.

Sie schaute den unerschrockensten und jüngsten von ihren Damen zu und wartete, den Rücken nach den Hagenbuchen gewendet, sehr ungeduldig auf die Ankunft des Königs, dem sie dieses Rendezvous bezeichnet hatte.

Das Krachen mehrerer Tritte auf dem Sand veranlaßte sie, sich umzudrehen. Ludwig erschien mit entblößtem Haupt; er hatte mit dem Stock ein kleines Nachtpfauenauge niedergeschlagen, das Herr von Saint-Aignan ganz betrübt aus dem Grase aufhob.

»Ihr seht, Madame,« sagte der König, »ich jage auch für Euch.«

Und er näherte sich und sprach, indem er sich zu den Edelleuten umwandte, die sein Gefolge bildeten:

»Meine Herren, bringet jeder von Euch eben so viel diesen Damen.«

Das hieß alle Welt entlassen.

Man sah nun ein seltsames Schauspiel: die alten Höflinge, die feisten Herren, liefen den Schmetterlingen nach, verloren dabei ihre Hüte und griffen mit aufgehobenem Stock Myrthen und Pfriemenkraut an, wie es die Spanier gethan hätten.

Der König bot Madame die Hand und wählte mit ihr als Mittelpunkt der Beobachtungen eine mit einem Dachwerk von Moos bedeckte Bank, eine Art von Hütte, angelegt von dem schüchtern Genie eines Gärtners, den das Pittoreske und die Phantasie im strengen Styl der Gärtnerei jener Zeit eingeweiht hatte. Dieses mit Kapucinern und rankenden Rosensträuchen verzierte Dach erhob sich über einer Bank ohne Lehne, so daß die mitten auf der Wiese vereinzelten Zuschauer überallhin sehen und von allen Seiten gesehen wurden, aber nicht gehört werden konnten, ohne selbst diejenigen zu erschauen, welche sich ihnen genähert hätten, um zu hören.

 

Von diesem Sitze aus, auf dem die beiden Interessirten Platz nahmen, machte der König den Jüngern ein Zeichen der Ermuthigung; dann, als verhandelte er mit Madame über den von einer goldenen Nadel durchstochenen und an seinen Hut befestigten Schmetterling, sprach er:

»Sind wir hier nicht gut, um zu plaudern?«

»Ja, Sire, denn ich mußte nothwendig von Euch allein gehört und von Jedermann gesehen werden.«

»Und ich auch,« sagte Ludwig.

»Mein Billet hat Euch in Erstaunen gesetzt?«

»Erschreckt, Doch was ich Euch zu sagen habe, ist viel wichtiger,«

»Oh! nein. Wißt Ihr, daß Monsieur seine Thüre für mich verschlossen hat?«

»Für Euch! Und warum?«

»Errathet Ihr es nicht?«

»Ah! Madame, dann haben wir uns beide dasselbe zu sagen.«

»Was ist Euch denn begegnet?«

»Wollt Ihr, daß ich anfange.«

»Ja, denn ich habe Alles gesagt.«

»Also ist es an mir. Wißt, daß ich bei meiner Ankunft meine Mutter fand, die mich in ihre Wohnung führte.«

»Oh! die Königin Mutter!« rief Madame ängstlich . . . »Das ist ernst.«

»Ich glaube es wohl. Hört, was sie zu mir sagte . . . Vor Allem erlaubt mir eine Vorbemerkung,«

»Immer zu, Sire.

»Hat Monsieur je mit Euch von mir gesprochen?«

»Oft.«

»Hat Monsieur von seiner Eifersucht gesprochen?«

»Noch öfter.«

»In Beziehung auf mich?«

»Nein, in Beziehung auf . . . «

»Ja, ich weiß es, auf Buckingham, auf Guiche . . . «

»Ganz richtig.«

»Wohl denn! Madame, nun läßt es sich Monsieur einfallen, auf mich eifersüchtig zu sein.«

»Seht doch!« erwiederte die Prinzessin boshaft lächelnd.

»Mir scheint aber, wir haben nie Anlaß gegeben . . . «

»Nie! ich wenigstens . . . Doch wie habt Ihr die Eifersucht von Monsieur erfahren?«

»Meine Mutter hat mir mitgetheilt, Monsieur sei wie ein Wüthender zu ihr gekommen und habe tausend Klagen gegen Euch ausgestoßen . . . Verzeiht mir . . . «

»Sprecht, sprecht . . . «

»Ueber Türe Coquetterie. Es scheint, daß sich Monsieur auch mit der Ungerechtigkeit befaßt.«

»Ihr seid sehr gut, Sire.«

»Meine Mutter beruhigte ihn, aber er behauptete, man beruhige ihn zu oft und er wolle nicht mehr beruhigt sein.«

»Hätte er nicht besser daran gethan, sich gar nicht zu beunruhigen?«

»Das habe ich auch gesagt.«

»Gesteht, Sire, daß die Welt sehr böse ist. Wie, ein Schwager, eine Schwägerin können nicht mit einander plaudern, sich in der Gesellschaft einander gefallen, ohne Anlaß zu Commentaren, zu Verdächtigungen zu geben? Denn wir thun nichts Schlimmes, Sire, wir haben durchaus keine Lust, etwas Schlimmes zu thun.«

Und sie schaute den König mit jenem stolzen, herausfordernden Auge an, das die Flamme des Verlangens bei den Kältesten und Vernünftigsten entzündet.

»Nein, das ist wahr,« sagte Ludwig.

»Wißt Ihr, daß ich, wenn das so fortginge, genöthigt wäre, Lärmen zu machen. Beurtheilt unser Benehmen: ist es der Ordnung gemäß, oder ist es nicht so?«

»Oft allein, denn wir finden ein Gefallen an denselben Dingen, könnten wir uns zu dem Schlimmsten verirren, – haben wir es gethan? . . . Für mich seid Ihr ein Bruder, nicht mehr.«

Der König faltete die Stirne. Sie fuhr fort:

»Eure Hand, die mir oft begegnet, veranlaßt bei mir nicht jenes Beben, jene Erschütterung, welche Liebende, zum Beispiel . . . «

»Oh! genug, genug, ich beschwöre Euch,« sagte der König auf die Folter gespannt. »Ihr seid unbarmherzig und bereitet mir den Tod.«

»Wie denn?«

»Nun, Ihr sagt mir ganz klar, Ihr empfindet nichts in meiner Nähe.«

»Oh! Sire . . . das sage ich nicht . . . meine Zuneigung . . . «

»Henriette . . . genug . . . ich bitte Euch noch einmal . . . wenn Ihr glaubt, ich sei von Marmor wie Ihr, so täuscht Ihr Euch.«

»Ich verstehe Euch nicht.«

»Es ist gut,« seufzte der König, die Augen niederschlagend. »Also unser Zusammentreffen, unser Händedrücken . . . unsere ausgetauschten Blicke . . . Verzeiht, verzeiht . . . ja, Ihr habt Recht, und ich weiß, was Ihr sagen wollt.«

Er verbarg sein Haupt in seinen Händen.

»Nehmt Tuch in Acht, Sire,« sagte Madame rasch, »Herr von Saint-Aignan schaut Euch an.«

»Es ist wahr!« rief Ludwig wüthend, »nie ein Schatten von Freiheit, nie Aufrichtigkeit in den Verhältnissen und gegenseitigen Beziehungen . . . Man glaubt einen guten Freund zu finden, und hat nur einen Spion . . . eine Freundin, und hat nur eine Schwester.«

Madame schwieg und schlug die Augen nieder.

»Monsieur ist eifersüchtig!« murmelte sie mit einem Ton, dessen Süßigkeit und Zauber nichts wiederzugeben vermöchte.

»Oh! Ihr habt Recht,« rief plötzlich der König.

»Ihr seht wohl,« sagte sie, indem sie der König anschaute, um ihm das Herz zu versengen, »Ihr seid frei, Euch beargwöhnt man nicht; man vergiftet nicht jede Freude Eures Hauses.«

»Ah! Ihr wißt noch nicht, daß die Königin eifersüchtig ist.«

»Maria Theresia!«

»Bis zum Wahnsinn. Die Eifersucht von Monsieur ist aus der ihrigen entstanden; sie weinte, sie beklagte sich bei meiner Mutter, sie machte uns die Badeparthien zum Vorwurf, welche für mich so süß sind.«

»Für mich,« bezeichnete das Auge der Prinzessin.

»Monsieur horchte und erlauerte plötzlich das Wort banos, das die Königin voll Bitterkeit aussprach; das gab ihm Aufklärung, er trat außer sich ein, mischte sich in das Gespräch und haderte mit meiner Mutter so heftig, daß sie seine Gegenwart fliehen mußte . . . Ihr habt es nun mit einem eifersüchtigen Mann zu thun, und ich sehe vor mir beständig, unerbittlich das Gespenst der Eifersucht mit aufgeschwollenen Augen, abgemagerten Wangen und finsterem Munde sich erheben.«

»Armer König,« flüsterte Madame. Und sie ließ ihre Hand über die des Königs hinstreifen.

Er hielt diese Hand zurück, und um sie zu drücken, ohne Verdacht bei den Zuschauern zu erwecken, welche nach den Schmetterlingen nicht so gut haschten, daß sie nicht auch nach Neuigkeiten gehascht hätten und ein Geheimniß in der Unterhaltung des Königs mit Madame zu ergaffen bemüht gewesen wären, näherte Ludwig seiner Schwägerin den verscheidenden Schmetterling, und beide neigten sich, als wollten sie die tausend Augen seiner Flügel oder die Körner ihres Goldstaubes zählen.

Nun sprach weder das Eine noch das Andere; ihre Haare berührten sich, ihr Athem vermengte sich, ihre Hände brannten in einander.

So vergingen fünf Minuten.

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