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Übrigens fuhr Wunderlich schon in der zweiten Dezemberwoche nach Hause. Auf Mitte des Monats war nämlich die Premiere einer neuen Operettenaufführung angesetzt, und Wunderlich hatte die Hauptrolle übernommen. Allerdings mußte er sie noch lernen, hatte demnach für andere Dinge keine Zeit und war überhaupt über die Festtage voll ausgelastet mit Musizieren und Geldverdienen. Entsprechend bedauerte er es, als der Sekretär der Freiburger Hochschule, immer bemüht, armen Studenten einen Verdienst zuzuhalten, ihm für die Festtage ein Engagement anbot. Er mußte ablehnen und schrieb ihm am 15. Dezember 1950 von Kusel:

Sehr geehrter Herr Noeß!

Vielen herzlichen Dank für Ihre Hilfe. Es wird mir, leider, nicht möglich sein, die Stelle jetzt zu besetzen, da mir vorgestern mein Akkordeonbalg gerissen ist. Das Instrument muß in die Fabrik, was einmal viel Geld und das andere Mal viel Zeit kostet, da ich es wahrscheinlich erst Mitte Januar wieder vom Werk bekomme. Die ganzen Weihnachts-, Silvester- und Faschingsbälle muß ich hier mit einem geliehenen Instrument spielen. So dringend ich einen Verdienst in Freiburg brauche, kann ich, wie Sie mir glauben werden, schweren Herzens nur ablehnen, zumal ich mich auf Alleinunterhaltung spezialisiert habe.

Morgen abend ist hier die Premiere der Operette »Glück am Rhein«, in der ich die Hauptrolle singe. Hoffentlich klappt alles. Überhaupt gibt es für mich über Weihnachten sehr viel Arbeit. Von Ferien also keine Spur. Ich bin froh, daß ich acht Tage früher weggefahren bin, ich wäre mit meiner Partie nicht mehr zurechtgekommen. Nun wird es doch gehen.

Also nochmals recht vielen Dank für Ihre Hilfsbereitschaft, vielleicht haben Sie später Gelegenheit, mich irgendwo unterzubringen. Es ist nun einmal so: Wenn der Bettelmann nichts haben soll, verliert er das Brot aus dem Sack! Ich kann ja nichts dafür, daß ich nicht als Sohn eines Bankiers geboren bin. Aber ich werde meinen Platz im Leben einmal behaupten, darauf können Sie sich verlassen!

Nun wünsche ich Ihnen recht frohe Weihnachten und ein frohes, gesegnetes Neujahr!

Nochmals alles Gute und Schöne!

Ihr
Fritz Wunderlich

Gleich in den ersten Wochen nach Neujahr gab es wiederum Probleme an der Hochschule. Nach bestandener Aufnahmeprüfung hatte er dem Direktorium erklärt, daß es ihm aus finanziellen Gründen nicht möglich sei, ein zweites Hauptfach zu belegen. Der Verwaltungsinspektor hatte ihm daraufhin versprochen, daß er für das Waldhornstudium eine Freistelle bekomme. Nun brachte ihm der Postbeamte eine Kostennachforderung über 100 Mark: die Gebühren für die Hornfachklasse. »Sie werden verstehen«, schrieb Wunderlich am 29. Januar 1951 an das Sekretariat der Hochschule, »daß diese Forderung das Ende meines Studiums bedeuten würde, und ich bitte sie darum, mir die Gebühr zu erlassen.« Aus den Akten der Hochschule geht hervor, daß Wunderlich zur Bezahlung der Gebühr einen Barscheck in Höhe von hundert Mark erhielt, ausgerichtet von der Studentenhilfe.

Noch andere Schwierigkeiten gab es im ersten Semester, Schwierigkeiten, mit denen keiner gerechnet hatte. In seiner Jugendzeit hatte sich Wunderlich in einem Boxkampf einst ein gebrochenes Nasenbein eingehandelt. Für gewöhnlich kam ihm das nicht in die Quere. Jetzt aber, beim Singen, gab es zusehends Schwierigkeiten, weil er nur durch die eine Nasenöffnung Luft bekam. Eine Operation war unumgänglich. Sie wurde in der Universitätsklinik in Ludwigshafen durchgeführt – ein kleiner Eingriff, der ihm dennoch fast zum Verhängnis geworden wäre. Nach der Operation lag Wunderlich mit einem Sterbenden im selben Zimmer. Eben erst hatte man ihm die Wattebäusche, die zur Stillung des Blutes gebraucht wurden, entfernt. Alles schien in bester Ordnung. In der folgenden Nacht bekam sein Bettnachbar plötzlich Anfälle. Die Nachtschwester kam, um ihm Linderung zu verschaffen, und sah dabei, daß Wunderlich blutüberströmt im Bett lag, bewußtlos. Die Wunden hatten nochmals zu bluten begonnen.

Im zweiten und dritten Semester, Sommer 1951 und Winter 1951/52, wählte Wunderlich als Hauptfach Waldhorn und stufte den Gesang zum zweiten Hauptfach zurück. Daß er im Gesang dennoch mächtig Fortschritte machte, bemerkte sogar sein Hornlehrer Lothar Leonards. »Eines Tages nahmen wir die Hornsonate von Hindemith durch, und Wunderlich verbog da einige Töne. Da sagte ich zu ihm: ›Ja, wenn Sie das nicht singen können, dann können Sie das auch nicht blasen.‹ Gemeint hatte ich folgendes: Wenn er sich den Ton nicht richtig vorstellt, dann wird er ihn auf dem Horn auch nicht erreichen. Prompt erwiderte Wunderlich: ›Ja, singen kann ich das schon.‹ Und ich wiederum sagte: ›Das möchte ich dann wohl einmal hören.‹ Und da fing er an zu singen: Arien aus dem Freischütz und aus Aida …«42 In der Tat machte Fritz hörbar Fortschritte. Nach wie vor hatte er jede Woche zwei Gesangsstunden. Nicht nur Atem- und Bewußtseinsübungen standen auf dem Lehrprogramm. Jetzt wurde auch an der sängerischen Haltung gefeilt. Fritz lernte, daß die korrekte Haltung nicht zuletzt eine Sache der Augen ist: Wenn er den Blick beim Singen ununterbrochen nach oben richtete – wohl in der Meinung, daß die hohen Töne solcherart leichter zu erreichen seien –, so spürte er unweigerlich einen Zug hinten im Hals, eine Verkrampfung also. Richtete er den Blick dagegen nach unten, schaute er »zu tief« in die Noten, so spürte er sofort, daß dadurch ein Druck auf die Luftröhre entstand. Entspannen, immer wieder Entspannen hieß die Devise Margarethe von Winterfeldts. »Oft hat sie sich hinter den Schüler gestellt und die Schulter-, Hals- und Rumpfpartien sorgfältig abgeklopft: ›Wo sind da noch Verspannungen?‹ Wobei sie solche prüfenden Handgriffe im Normalfall kaum nötig hatte, denn sie hörte das alles; sie hatte ein unglaublich differenziertes Gehör. Für gewöhnlich konnte sie ruhig an ihrem Flügel sitzen, aufmerksam zuhören bei den Gesangsübungen und dann plötzlich sagen: ›Komm, mach mal dein Kinn locker!‹ Das hörte sie alles.«43 So paradox es klingt: Auch wenn sie nicht sehen konnte, sah sie doch alles. Keinem ware es in den Sinn gekommen, in ihrer Gegenwart Faxen zu schneiden oder sich über sie lustig zu machen. Unweigerlich hatte man das Gefühl, daß sie das sofort gespürt hätte.

Längst hatte sich Fritz in der Hochschule eingelebt. Man fühlte sich wie zu einer großen Familie gehörig, ging jeden Tag, auch wenn kein Unterricht auf dem Stundenplan stand, beim Schulgebäude vorbei – zum Üben vor allem, aber auch zu einem Schwatz mit Kollegen, zum Meinungsaustausch. »Fritz war immer umarmend, immer strahlend. Er konnte es mit jedem, fand immer den richtigen Ton. Er war eine echte Frohnatur, hat einen immer angestrahlt. Kein trübes Wölkchen schien seine Laune verderben zu können, so was ließ er ganz einfach nicht an sich herankommen. Die Herzen flogen ihm nur so zu; also auch die Frauenherzen.« Für manche seiner Kommilitonen mochte er deshalb etwas plump, etwas einfach wirken. Einige stuften ihn gar als primitiv ein, fanden, daß Fritz seine Zeit oft sinnlos vertue. »Zum Beispiel traf ich ihn eines Sonntags auf der Straße an: ›Eben habe ich mir zwei Filme im Kino angesehen‹, sagte er strahlend; ›nun geh’ ich noch in einen dritten. Gehst du mit?‹«44

Selbst abends saß man oft noch in der Hochschule zusammen, hatte sich eine Flasche Milch mitgebracht oder trank ein Bier. Das Mittagessen nahmen die Hochschulstudenten für gewöhnlich in der benachbarten Universität ein, in der Mensa im Untergeschoß. Ein Essen für 80 Pfennig, mehr schlecht als recht. Zum Teil wurde da auch heftig diskutiert, über die Wiedereinführung der Armee in der Bundesrepublik etwa oder über die Heidegger-Vorlesungen. Martin Heidegger, der nach dem Krieg heftig umstrittene deutsche Philosoph, gab nämlich wieder Vorlesungen an der Freiburger Universität. Und auch der evangelische Theologe Martin Niemöller, der wegen seiner Opposition gegen die Kirchenpolitik des Dritten Reiches zu acht Jahren Konzentrationslager verurteilt gewesen war. Ihre Vorlesungen waren besondere Ereignisse; da pilgerten selbst Studenten der Musikhochschule hinüber in die Universität, um irgendwo, wenn auch nur am Boden des Auditoriums, noch einen Platz zu ergattern. Fritz Wunderlich konnte man dafür nicht begeistern; vielleicht hat ihn das tatsächlich nicht interessiert. Sicher fehlte es auch an der nötigen Zeit. Immer noch mußte er sich den Lebensunterhalt und das Studiengeld mit Musizieren verdienen, und er spielte und sang abends oft bis nach Mitternacht in rauchigen Lokalen. Jeder Verdienst war willkommen, ja mehr noch: war lebensnotwendig. Doch forderte das zusehends seinen Tribut: Wunderlich kam wiederholt übermüdet und ziemlich lädiert in die Gesangsstunde. Daß auf dieser Basis das Studium kaum mehr optimal weitergeführt werden konnte, war ihm klar. Ein Brief aus jener Zeit hat sich erhalten, ein Gesuch um Studiengelderlaß, gerichtet an die Hochschule für Musik, datiert vom 25. Oktober 1951:

Ich studiere jetzt im 3. Semester Waldhorn und Gesang. Meine wirtschaftlichen Verhältnisse sind an der Hochschule hinreichend bekannt, sodaß ich darauf nicht besonders einzugehen brauche.

Durch Krankheit und einen Autounfall war ich den ganzen September nicht in der Lage, Tanzmusik zu machen und mir dadurch etwas Geld zu verdienen. Ich besitze gerade soviel, daß ich bis zu den Weihnachtsferien bescheiden existieren kann.

Aus diesen Gründen bitte ich um größtmöglichen Gebührennachlaß. Es ist mir unmöglich, weiterzustudieren, wenn ich Studiengebühren zahlen muß. Durch das ewige Tanzmusik machen – ich bin schon lange Jahre darauf angewiesen – ist meine Gesundheit nicht mehr die beste. So bin ich zur Zeit in Behandlung wegen eines Herzschadens, entstanden durch Überanstrengung und unregelmäßigen Lebenswandel.

Für alle die genannten Umstände kann ich jederzeit behördliche Belege beibringen. Indem ich nochmals um größtmögliche Rücksichtnahme auf meine wirklich schwierige Lage bitte, grüße ich

Hochachtungsvoll
Fritz Wunderlich

Das Gesuch hatte einigen Erfolg. Gustav Scheck, Direktor der Hochschule, ließ Wunderlich wiederholt eine finanzielle Unterstützung zukommen. Andererseits wurde ihm das Studiengeld nicht vollumfänglich erlassen. Auf seiner Karteikarte der Musikhochschule sind weiterhin die Semestergebühren eingetragen: zwischen 140 und 280 Mark pro Semester und Fach. Selbst die entsprechenden Rechnungsnummern sind notiert, die Zahlungen also erfolgt und registriert worden. Weiter geht aus dieser Karteikarte hervor, daß Wunderlich Ende des Wintersemesters 1952/53 seinen Hornunterricht abschloß und sich fortan ausschließlich für die Gesangsmeisterklasse Margarethe von Winterfeldts einschrieb.

Auch andere Krisen mußte Wunderlich durchstehen lernen, anderen Verunsicherungen standhalten. Selbst gegen Zweifel an der Effizienz seiner eigenen Gesangsausbildung war er nicht restlos gefeit, obwohl er seine Gesangslehrerin außerordentlich schätzte und sie in Briefen stets als »liebe, verehrte Meisterin« oder als »hochverehrte Meisterin« anredete. »Ich erinnere mich noch gut, wie Fritz eines Tages zu mir kam«, erzählte Dorothea Goesch. »›Du, Goeschlein‹, fragte er, ›kann ich dich einmal alleine sprechen? Ich habe da ein Problem – der Harlan läuft mir nämlich hinterher; er will mich unbedingt als Schüler haben.‹« Fritz Harlan, erster Bariton an den Städtischen Bühnen in Freiburg, war an der Hochschule der vielbewunderte Opernmann; die Winterfeldt dagegen nur Konzert- und Oratoriensängerin. Zwar vermittelte sie ihren Schülern eine ungeheure Menge an Musikliteratur: Lieder, Oratorienpartien, überhaupt geistliche Musik, dazu das ganze Spektrum der Alten Musik. Dieses vielfältige Nebeneinander zwang den Schüler, stilistisch genau unterscheiden zu lernen, wie man zu welcher Art von Musik den richtigen Zugang gewinnt. Das rein Stimmbildnerische hingegen, das Trainieren der Stimme auf Größe und Belastbarkeit hin, stand bei Margarethe von Winterfeldt nicht im Vordergrund. Sie war da wesentlich zurückhaltender als ihr Kollege Fritz Harlan. »Fritz war in einen echten Zwiespalt geraten; durchaus verständlich also, daß er mich um Rat anging: ›Goeschlein, du mußt mir helfen! Was soll ich nur machen?‹ Nun, das war keine leichte Sache für mich, zumal ich beide, die Winterfeldt und den Harlan, sehr verehrte. Dennoch riet ich ihm nach einiger Überlegung, er solle bei Margarethe von Winterfeldt bleiben; was er hier lernen könne, werde er sonst nirgends finden. Und das andere, die Bühnenausstrahlung und das Opernsingen, das werde er schnell noch haben, sowie er einmal auf der Bühne stehe.«45

Fritz Wunderlich blieb bei der Winterfeldt, befaßte sich dort weiterhin mit Liedern und Alter Musik, sang vor allem aus den berühmten Arie antiche, einer Sammlung mit italienischen Barockarien von Carissimi, Cesti, Bononcini, Händel, Lully und unzähligen anderen Komponisten. Und abends sang und spielte er auf irgendeiner Tanzveranstaltung die neuesten Schlager. Größer hätte der Kontrast kaum sein können. Und daß sich das nicht nachteilig auf ihn ausgewirkt hat, sondern im Gegenteil eine positive, wegweisende Erfahrung war, bestätigte Wunderlich später selbst: »In Freiburg kam ich gleich mit Alter Musik in Berührung. Scheck nahm mich in den bekannten, seit 1930 bestehenden ›Kammermusikkreis Scheck-Wenzinger‹ auf, der als erstes Barockensemble mit alten Instrumenten musizierte. Um mir mein Studium zu verdienen, machte ich nebenbei Tanzmusik. Ich habe Jazz gemacht, habe Trompete geblasen, habe Akkordeon gespielt und Jazz gesungen nachts, und am nächsten Morgen bin ich zum Studium gegangen und habe alte Arien gesungen. In erster Linie Monteverdi, Lully, eben die alten Meister. Das war, glaube ich, für meine spätere Entwicklung eine sehr wichtige Zeit, weil ich etwas gelernt habe, was für einen Sänger, überhaupt für jeden Musiker, ungeheuer wichtig ist: das Stilgefühl. Wenn man Stilgefühl hat und weiß, wie man die Dinge auseinanderhalten muß, dann kann einem praktisch nichts mehr passieren. Man kann dann jede Art von Musik machen, ohne sich dabei irgend etwas zu vergeben.«46

Diese Instinktsicherheit war es auch, die Wunderlichs Studienkollegen am meisten verblüffte. »Also Instinkt hat der Mann gehabt«, erinnerte sich Manfred Schuler, »unvergleichlich! Was andere in Jahren erst kapieren, das hat er auf einmal hingekriegt. Nicht nur stimmlich, sondern instinktmäßig. Zudem war Fritz ungeheuer zielstrebig. Es schien uns, daß er vom ersten Augenblick an genau gewußt hat, wohin die Reise gehen soll. Er war ganz einfach überzeugt davon. Und er hat auch hart an sich gearbeitet. Ich kann mich erinnern, daß er gesagt hat: ›Also diese zwei Töne müssen noch anders werden.‹ Das merkte er genau, und was das Singen anbelangt, war er hochintellektuell. Mit einem unwahrscheinlichen Gespür.«47

Auch sein Wohnkollege Hans-Martin Hackbarth bestätigte das: »Fritz war unglaublich stilsicher. Aus dem Moment heraus konnte er Haydn, Bach oder Schubert singen und stilsicher gestalten. Das hatte bei ihm sicher nichts mit Intelligenz zu tun; er war ganz einfach ein subtil empfindendes Naturtalent. Er machte sich keine großen Gedanken, sondern wußte aus dem Augenblick heraus: So und so muß es sein und nicht anders. Und wie gesagt: Instinktiv, das war er. Aus dem Stand heraus brachte er jede Art von Musik stilsicher zur Geltung.«48 Seit einiger Zeit wohnten die beiden übrigens an einer neuen Adresse: Tellstraße 16, jenseits der Bahnlinie in Stühlingen. Ihre Wohnung nannten sie »Villa Heuboden«, unter dem Dach in der sechsten Etage gelegen. Wobei nur Hackbarth ein regelrechtes Zimmer bewohnte und Fritz sich in der Küche einrichtete. Die übrigen Wohnräume beanspruchte der Vermieter. Jeden Morgen kam er in die Küche, um sich Wasser für seinen Morgenkaffee aufzusetzen. Doch das störte Fritz keineswegs, denn für gewöhnlich verbrachte er mit Hackbarth den Morgen im Café »Schill« gleich um die Ecke. Jeden Tag setzten sie sich an denselben Tisch, bestellten den Frühstückskaffee, aßen oft auch ein Stück Torte dazu und spielten Schach. Später dann ging jeder seiner Beschäftigung nach, besuchte Vorlesungen oder hatte Gesangsunterricht. Und eines Tages beschlossen sie, nun jeden Abend eine Extraflasche Bier zu trinken – damit ihre Stimmen größer würden.

VIERTES KAPITEL

Bach-Passionen und Operettenschnulzen: Die ersten Konzerte und Rundfunkaufnahmen

»Die Evangelienerzählungen meisterte Fritz Wunderlich mit dem durchgreifenden Metallglanz seiner hellen, kräftigen Stimme voll Musikalität.«49 Diesen Satz, zugegebenermaßen kein Meisterstück deutscher Journalistenkunst, dürfte Fritz dennoch unzählige Male gelesen und wiedergelesen haben. Er stammt aus einer Kritik über sein erstes »großes« Konzert. Der Oratorienverein Esslingen am Neckar hatte ihn für eine Aufführung des Weihnachts-Oratoriums von Johann Sebastian Bach am zweiten Weihnachtsfeiertag engagiert. Von den insgesamt sechs Kantaten, die Bach unter dem Titel Weihnachts-Oratorium zusammengebündelt hat, standen vier auf dem Programm: die ersten drei als die traditionellen Weihnachtskantaten, worin die Geburt Christi erzählt wird, sowie die abschließende sechste Kantate mit der Anbetung durch die Hirten und der Flucht vor Herodes. Ein zweifellos anspruchsvolles Debüt für einen Tenor, der erst auf zwei Jahre intensives Gesangsstudium zurückblicken konnte; doppelt anspruchsvoll deshalb, weil Bach dem Tenor nicht nur die große Partie des Evangelisten zugeordnet hat, der den Bibelbericht rezitiert, sondern darüber hinaus noch zwei schwierige Arien. Daß Fritz diesen Anforderungen standzuhalten vermochte, erfüllte ihn zu Recht mit Stolz. Und eine Bestätigung hatte er nun ja in der Hand – wie gesagt: »Die Evangelienerzählung meisterte Fritz Wunderlich mit dem durchgreifenden Metallglanz seiner hellen, kräftigen Stimme voll Musikalität.«

Sein erstes »großes« Konzert! Zumindest einen Vorteil gegenüber anderen Neulingen hatte er: Seit Jahren schon trat er auf, spielte und sang er vor Publikum. Manchmal aus purer Freude am Mitspielen, mehrheitlich jedoch aus zwingender Not – weil er auf den Verdienst angewiesen war. Und früh schon hatte er auch jenes Gefühl kennengelernt, das einen Künstler urplötzlich, wie aus dem Hinterhalt, zu beschleichen pflegt, meistens erst kurz vor dem Auftritt, wenn es Ernst gilt: das Lampenfieber. Jetzt, bei diesen ersten professionellen Auftritten, befiel es ihn erneut: »Als ich angefangen habe zu singen, da habe ich festgestellt, daß ich aufgrund der Aufregung kaum mehr singen konnte. Diese Aufregung war so stark, daß es mir oben drei oder vier Töne weggenommen hat. Ich konnte vor Aufregung nicht singen . . . Ich konnte einfach nicht, ich war unerfahren, wußte nicht, was ich tun soll.« Harte Erfahrungen eines Neulings; für den einen oder andern können sie das vorzeitige Ende einer vielversprechenden Karriere bedeuten, bevor diese eigentlich erst richtig begonnen hat. Denn nicht nur auf die Stimme kommt es an und auf die Musikalität eines Sängers, auf sein Durchhaltevermögen und seine Fähigkeit, neue Partien möglichst schnell und effizient zu memorieren. »Da kommen all die anderen Faktoren hinzu: das Publikum, das Scheinwerferlicht; da kommt der Dirigent, da kommt alles mögliche, was man nicht kennt als Anfänger. Und da ist mir aufgegangen: Wenn ich mit dem nicht fertig werde, werde ich niemals Sänger!«


Eine Patentlösung gibt es nicht; mit dem Lampenfieber muß jeder auf seine Weise fertig werden. Das Rezept Wunderlichs: »Man muß sich, bevor man anfängt zu singen, auf einen Nullpunkt bringen. Nur von da aus kann man weiter. Wenn man das nicht fertigbringt, ist ein Singen unmöglich, jedenfalls ein Kunstsingen. Der Gesangvereintenor braucht das nicht oder nicht so dringend. Doch auch da ist mir etwas aufgefallen: Ich habe während meiner Tanzmusikzeit in Kusel einen Gesangverein dirigiert. Im Nachbardorf Ehweiler. Mit denen sind wir dann wiederum auf ein Nachbardorf gefahren, an ein Sängerfest. Da stellte ich fest, daß meine Tenöre plötzlich oben geflackert haben. Das war toll! Nur weil sie aufgeregt waren. Also: Die Nerven sind eine ganz, ganz entscheidende Sache.«50

Ein Senkrechtstarter war Fritz Wunderlich kaum, jedenfalls nicht nach dem heute üblichen Gebrauch des Wortes. Große Konzerte waren vorläufig noch die Ausnahme. Aber er packte jede Gelegenheit zum Auftreten: Jede Abendmusik, jede musikalische Vesper konnten ihm neue Erfahrungen vermitteln. Zum Teil auch wenig erfreuliche, wie das aus einem Brief Wunderlichs an seine Gesangslehrerin hervorgeht. Er hatte an einer Konzertveranstaltung im Internat Birklehof in Hinterzarten im Schwarzwald mitgewirkt. Die Veranstalter sollen von einem »tiefen Erlebnis« gesprochen haben; Wunderlich dagegen war anderer Meinung und hat das in seinem Brief auch unmißverständlich präzisiert:51

Nun, ich glaube, das Erlebnis wäre bestimmt ein tieferes geworden, wenn man nicht mittags nach der Probe schonenderweise 6 Mark für Fahrtunkosten in die Hand bekommen hätte, und ein Horst-Wessel-Honorar zahlte (marschiert im Geiste mit). Und dafür gehen volle 2 Tage flöten, sowie am Sonntag eine Tanzmusik, wo ich 30 Mark verdient hätte. Ich bin bestimmt nicht unverschämt, aber es hätte den Honoratioren nichts ausgemacht, mir 10-15 Mark zu geben. Aber so mit Dankeschön…

Ein Beitrag an die Fahrtkosten und ein Honorar, das nur »im Geiste« mitmarschiert – also kein Honorar. Eines war klar: Zu Starallüren bestand vorläufig kein Anlaß. Immer noch mußte Wunderlich seinen Lebensunterhalt mit Tingeln verdienen – was ihm gesundheitlich zwar nicht bekam, in musikalischer Hinsicht aber durchaus förderlich war. Jahre später hat er in einem Interview darauf hingewiesen, »daß er seinen ›langen Atem‹ nur der intensiven Bläserei zu verdanken habe und daß das Auswendiglernen von fast zweitausend Schlagern sein Gedächtnis dafür trainierte, sich später rund fünfunddreißig Opernpartien von Händel bis Egk und Orff anzueignen«.52 Dennoch, die paar Konzerte, die er damals geben konnte, müssen Lichtblicke gewesen sein für ihn. Auch wenn sie finanziell nicht ergiebig waren. Am 28. Juni 1953 ist in seinem Terminkalender beispielsweise eine »Geistliche Abendmusik« vermerkt, veranstaltet von der Johann-Walter-Kantorei in der Freiburger Lutherkirche. Auf dem Programm stand – neben Orgelchorälen und Chorwerken – »Lobe den Herren, meine Seele« aus den Psalmen Davids von Heinrich Schütz: für vier Solostimmen und zwei vierstimmige Chöre. Auffallend die Solobesetzung: Katharina von Mikulicz, Andrea von Ramm, Fritz Wunderlich und Hans-Martin Hackbarth – alles Gesangsschüler an der Freiburger Musikhochschule. Man befand sich also in bestbekannter Gesellschaft.

Zum Teil führten ihn Engagements auch in seine Pfälzer Heimat – nach Rodalben etwa, wo Fritz am 19. April 1953 in einem Gemeinschaftskonzert des dort ansässigen Männergesangvereins und des Gesangvereins »Fröhlichkeit« als Solist mitwirkte. Schubert-Lieder trug er vor, insgesamt 15, verteilt auf fünf Gruppen, alles andere als leichte Kost. »Das Konzert war trotz der sich in dieser Woche in unserer Gemeinde überstürzenden Veranstaltungen außerordentlich gut besucht«, las man tags darauf im Lokalblatt. Und: »Der Tenor Fritz Wunderlich… bereicherte das Programm durch den Vortrag bekannter und beliebter Schubert-Lieder. Der Interpretierung Schuberts kam die geschmeidige Stimme des Solisten sehr zustatten.« Im Herbst, am 24. Oktober, sang er in Kusel, in einem Konzert des Gesangvereins »Erheiterung« und unter Mitwirkung eines Streichquartetts des Kuseler Musikvereins. In erster Linie konzertierte Fritz Wunderlich allerdings in Freiburg. Mehrmals war er Solist in den Konzerten der Freiburger Singgemeinschaft, die Ernst Scherer leitete. »Das Lied der Völker« hieß ihr Programm. Zur Gitarren- oder Klavierbegleitung wurden Volkslieder aus Deutschland, Frankreich, Italien, England, Skandinavien, Rußland und Amerika gesungen, und Wunderlich steuerte »zur Auflockerung des Programms«, wie in der Ankündigung zu lesen war, einige Solovorträge bei.

Im November, am Totensonntag, sang Wunderlich dann in erlauchtester Gesellschaft – in einem Konzert des renommierten Freiburger Bachchors und inmitten einer Auslese namhafter Gesangssolisten: Agnes Giebel, Marga Höffgen, Herbert Brauer und Paul Sandoz. Theodor Egel, der Gründer und Leiter des Freiburger Bachchors, dirigierte: das Requiem op. 144 von Max Reger, die Vier ernsten Gesänge op. 121 von Johannes Brahms sowie das Oratorium In terra pax des Schweizer Komponisten Frank Martin, damals Professor an der Kölner Musikhochschule. Wunderlich hatte nur im Oratorium Martins zu singen, die beiden einleitenden Werke dagegen waren zwei seiner Sängerkollegen vorbehalten. Dennoch, die Aufmerksamkeit konzentrierte sich auf Frank Martin. »Nun hat uns in dankenswerter Weise der Freiburger Bachchor zum Totensonntag mit einem seiner Oratorienwerke bekannt gemacht«, hieß es zwei Tage später in der Badischen Zeitung. »Martins Konzeption ist einfach, aber seine Musik ist im besten Sinn des Wortes anspruchsvoll, das heißt, sie spricht den Hörer voll an.« Wunderlich hatte den wohl anspruchsvollsten, aber auch schönsten Teil dieses Werks zu singen, die Seligpreisungen im dritten Teil. Und er konnte sich neben seinen illustren Kollegen durchaus behaupten. Der Kritiker von der Südwest-Rundschau wagte gar eine kleine Rangliste aufzustellen: Wunderlich, Marga Höffgen und Herbert Brauer wurden »besonders hervorgehoben«, während die beiden anderen Sänger »farbloser blieben«.53



Drei Wochen später sang Fritz Wunderlich in einem weiteren Konzert des Freiburger Bachchores. Diesmal in der Freiburger Lutherkirche, wo Theodor Egel Bachs Weihnachts-Oratorium aufführte. »Ich war regelrecht ›geplättet‹, als Fritz den Mund aufmachte und sang«, erzählte Klaus Hertel, damals frischgebackener Referendar und Tenorsänger im Freiburger Bachchor. »Ich hatte ihn vorher noch nie gehört. Auch ich wollte ja Sänger werden. Wie ich dann aber Wunderlich gehört habe, dachte ich mir: ›Nun, vielleicht läßt du es doch besser bleiben.‹« Wunderlich kannte seine Partie, er hatte sie vor Jahresfrist ja schon einmal gesungen. Dennoch mußte er zu den Proben und wurde von Theodor Egel nicht gerade sanft angefaßt. Eines seiner letzten Rezitative erzählt von der Anbetung der Drei Könige und von ihrer Verbreitung der frohen Botschaft in aller Welt. Und es schließt mit den Bibelworten: »Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen.« Wunderlich schmetterte diese abschließende Phrase mit kräftigen Tönen in den leerhallenden Kirchenraum. Sofort klopfte Egel ab: »Na, hören Sie mal!« herrschte er den jungen Belcantisten an, »überlegen Sie sich gefälligst mal, was Sie denn da überhaupt singen!« Schließlich sei man nicht in der Oper, sondern in einem Oratorium.54 Letztlich aber schien alles in schönstem Einklang geendet zu haben: »Fritz Wunderlich sang den Evangelisten und die Tenorarien mit erstaunlicher Bravour und sicherem musikalischem Instinkt«, attestierte die Südwest-Rundschau,55 und auch der Kollege von der Badischen Zeitung bestätigte, daß Wunderlich »als Inhaber der anspruchsvollen Tenorpartie… durch beseelte gesangliche Gestaltung und saubere Technik« bestach.56

»Eines war für mich eigentlich klar«, erzählte Manfred Schuler. »Wenn Fritz solche Chancen hat, wenn er bei Egel mitsingen kann, dann muß er wirklich etwas können. Natürlich habe ich dieses Weihnachts-Oratorium gehört. Fritz und ich haben uns nach dem Konzert übrigens fast totgelacht. Denn ein eben neu an die Freiburger Hochschule engagierter Gesangsdozent mußte als Bassist einspringen. ›Wie ein röhrender Hirsch‹ habe er gesungen, witzelte Fritz. Wobei das nicht nur despektierlich gemeint war. Als ich die beiden damals hörte, ein Gesangsschüler und ein Dozent nebeneinander, merkte ich, obwohl ich selber ja nicht Gesang studiert habe, sofort: Das sind zwei ganz verschiedene Welten. Wieviel muß Fritz da können!«57 Andere Studienkollegen bestätigten, daß Wunderlich an der Freiburger Hochschule bald einen »Meisterschülerstatus«, hatte, daß er in vielem genial war, während die meisten seiner Kollegen hart zu arbeiten hatten. Auch im Gesangsunterricht, in der Meisterklasse bei Margarethe von Winterfeldt, fiel das den Kommilitonen auf. »Am Anfang habe ich das noch gar nicht so richtig mitgekriegt«, erzählte die Sopranistin Katharina von Mikulicz, »doch bald gab es gemeinsame Auftritte von uns beiden. Wenn man in einem Konzert neben Fritz auf dem Podium stand, merkte man sofort, daß da etwas Außergewöhnliches vor sich geht. Daß da bei ihm in der Tiefe Dinge sind, an die wir nicht rankommen. Wenn wir andern uns total verausgabt hatten, dann merkten wir: Fritz hat das gleichsam nur von der Oberfläche genommen; er hatte stets noch viele Reserven.«

Auch die Professoren an der Freiburger Musikhochschule wurden auf diesen heranwachsenden Tenor aufmerksam. Zuerst wohl Gustav Scheck, der Direktor. Das kam Fritz in einer ganz besonderen Art zugute: Scheck lud den jungen Sänger wiederholt ein, bei den Proben seines Freiburger Musikkreises für Alte Musik zuzuhören. Scheck war einer der namhaften Spezialisten für Alte Musik, hatte schon im Jahre 1930 – zusammen mit dem Gambenspezialisten August Wenzinger, dem späteren Mitbegründer der Scola Cantorurn Basiliensis – einen ersten Kammermusikkreis für Alte Musik gegründet. Fünf Jahre später schloß sich der Cembalist Fritz Neumeyer dieser Musikergemeinschaft an. Sie waren damals die ersten, die in Deutschland Alte Musik auf historischen Instrumenten spielten und sich in zahlreichen Konzertreisen quer durch Europa, in die Sowjetunion und bis nach Indien bedeutende Verdienste um die Wiederbelebung Alter Musik erwarben. Wenzinger ging 1938 als Solocellist und Lehrer am Konservatorium zwar nach Basel; dennoch war er mit dabei, als Scheck und Neumeyer sich nach der Gründung der Freiburger Musikhochschule mit ungefähr einem halben Dutzend weiterer Professorenkollegen zum Freiburger Musikkreis für Alte Musik zusammenschlossen. Das eigentlich Neue ihrer Interpretationen bestand in der kleinen Besetzung. Zum Beispiel spielten sie die Brandenburgischen Konzerte von Bach in solistischer Besetzung, jede Stimme nur ein einziger Musiker. Bald durfte Wunderlich hier mitmusizieren. Zuerst mit dem Waldhorn, später dann sang er auch: Arien von Jean-Baptiste Lully, von Henry Purcell, von Philipp Heinrich Erlebach oder Adam Krieger. Musik des 17. Jahrhunderts hauptsächlich, die kaum einer aufführte und die damals recht eigentlich wiederentdeckt wurde. Diese Alte Musik begleitete Wunderlich sein ganzes Leben lang. Stets bewahrte er sich eine besondere Vorliebe für die großen Chorwerke Bachs und Händels, sie wurden seine ureigenen Wurzeln.

42.In: Geboren in Kusel.
43.Interview des Autors mit Dorothea Ammann-Goesch, 13. Oktober 1989.
44.Interview des Autors mit Manfred Schuler, 14. November 1989.
45.Interview des Autors mit Dorothea Ammann-Goesch, 13. Oktober 1989.
46.Egloff Schwaiger: Warum der Applaus, 317f.
47.Interview des Autors mit Manfred Schuler, 14. November 1989.
48.Interview des Autors mit Hans-Martin Hackbarth, 24. November 1989.
49.Esslinger Allgemeine Zeitung, 29. Dezember 1952.
50.Fritz Wunderlich im Gespräch mit Wolf-Eberhard von Lewinski.
51.Der Brief, undatiert, stammt von Anfang Juni 1952.
52.Badische Zeitung, 24. November 1953.
53.Südwest-Rundschau, 24. November 1953.
54.Interview des Autors mit Klaus Hertel, 15. Dezember 1989.
55.Südwest-Rundschau, 16. Dezember 1953.
56.Badische Zeitung, 18. Dezember 1953.
57.Interview des Autors mit Manfred Schuler, 14. November 1989.
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11 ноября 2024
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9783795786120
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