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Der Kahle Asten

Kahler Asten? Kahler Asten! Den Sauerländern und den Nord-Rhein-Westfalen ist das ein Begriff. Sie kennen ihn, den SPIRITUS RECTOR unter den sprichwörtlich tausend Bergen des Sauerlandes. Wenn Leute aus anderen deutschen Landesteilen seinen Namen hören, dann wissen sie in der Regel nicht, wo er denn herumsteht, der Kahle Asten. Warum er so heißen würde, das fragten wir Einheimische, erhielten aber nur sehr ungenaue Antworten.

Das Attribut „kahl“ lässt sich vielleicht mit der Tatsache erklären, dass sich oben auf dem Berg keine Bäume ansiedelten, kleinkrüpplige ausgenommen. Aber die Bedeutung der Bezeichnung „Asten“ erschloss sich uns nicht. Das umgangssprachliche „asten“, so wussten wir, soll deutlich machen, dass einem eine Tätigkeit sehr schwerfällt. Wir brauchten uns aber, wie schon festgestellt, nicht sehr anzustrengen, um den Kahlen Asten „hochzuasten“. Und bei der Namenserklärung für den Berg half uns der Seitensprung in die Umgangssprache auch nicht.

Verbale Bekanntschaft schließen Otto Fernsehverbraucher bzw. Lieschen Radiohörerin ab und an mit ihm, ohne ihn geografisch einordnen zu können. Der Kahle Asten wird häufig im Wetterbericht erwähnt. Zum Beispiel dann, wenn es im Sommer um die kühlsten Tage und Nächte oder im Winter um die niedrigsten Temperaturen geht. Drohen heftige Stürme, dann ist er auch oft im Gespräch. Die Ursache: Der Asten und seine „Kollegen“ ringsherum, ebenfalls so etwa 800 Meter hoch, fangen oft die Tiefs ab, die vom Atlantik her über das Rheinische Schiefergebirge und den Niederrhein heranziehen. Deshalb auch werden auf dem Kahlen Asten in der Regel hohe Niederschläge gemessen. Dies ein Grund dafür, dass im Rothaargebirge zahlreiche Flüsse entspringen. „Wasserkasten“ wird der Kahle Asten von den Sauerländern auch genannt.

Wir also in den späten Nachmittagsstunden hinauf auf den Asten, den Kahlen. Kein steiler Mittelgebirgsberg war da zu besteigen – wie der Brocken, der Belchen, der Arber, der Feldberg; die Hohe Acht, der Große Inselberg, die Wasserkuppe und andere. Alles „Gipfel“, die wir schon erwandert und einige von ihnen erstiegen haben.

Unscheinbar – so unser erster Eindruck vom Kahlen Asten. Er wölbt sich wenig spektakulär über ein Sattelplateau. Eine Straße, ein früherer Fernhandelsweg, überquert ihn. Heidenstraße wird sie von alters her genannt. Wir wanderten den breiten Hügel hinauf. Oben auf dem Berg sahen wir mehrere Gebäude: ein Hotel, eine Gaststätte, einen Aussichtsturm und einige Gebäude des Wetterdienstes. Leider war das ASTEN-HOTEL geschlossen, so dass ich dort oben kein Quartier hatte buchen können. Zu gern hätten wir auf dem Kahlen Asten übernachtet, um ein wenig mehr von seiner besonderen Atmosphäre einzufangen.

Die Kuppe des Berges – wundersam mit ihrer offenen Hochheide. Wir erinnerten uns sofort an das Hohe Venn in der Eifel und an den Hochkopf sowie die Hornisgrinde im Nordschwarzwald. Auch hier auf dem Asten die hochmoortypischen Ginstergruppen, dunkle verkrüppelte Fichtengestalten, kleine geheimnisvolle Feuchtflecken, bemooste und beflechtete Steine.

Neben der Hochheide beeindruckte uns der Asten mit seinen phantastischen Fernblicken. Es waren wohl die schönsten Weitsichten, die wir im Rothaargebirge auf dem Steig erlebten. Eigenartig auch die Nah-Sicht: fast zum Greifen auf den Hängen des Gegenhügels vom Asten die Häuser vom Ort Altlastenberg. Unser Quartierort – Lenneplätze – war allerdings nicht einzusehen. Ihn erreichten wir nach einer knappen Stunde. Ein weiterer Zauberort.

Lenneplätze, diesen seinen Namen hat der kleine Ort der Lenne-Quelle zu verdanken. Sie entsprudelt dem Berg etwa dreihundert Meter westlich vom Gipfel des Kahlen Astens. Sehr hübsch mit Steinen eingefasst und mit einladenden Ruhebänken ausgestattet – ein Ort zum romantischen Verweilen. Dazu hatten wir aber keine Muße. Wir waren vorbeigezogen. Hungrig beide und bierdurstig, letzteres vor allem ich. Auf uns wartete der Berggasthof „Zur Glocke“.

Die Wirtin der „Glocke“ empfing uns routiniert gastfreundlich. Eine Ferienwohnung im ersten Stockwerk des Gasthofs lud uns ein, mehr als für eine Nachtpause zu verweilen. Traumhafter Ausblick vom Balkon ... Abendstimmung über Berg und Tal, Wald und Feld.

Das Dörfchen Lenneplätze klitzeklein. Es gehört zu den Höhendörfern am Südhang des Astens. 43 Einwohner würden hier zurzeit leben, erzählte uns die Wirtin. Darunter sieben Kinder. Dann ein paar Zugezogene, die sich einen zweiten Wohnsitz errichtet hätten, also Grundstück mit Haus. Das wären aber keine echten Einwohner. Größer wird der Ort in den nächsten Jahren nicht werden, da für ihn und die Asten-Umgebung ein Bauverbot erlassen worden sei.

Wir freuten uns darüber, zumal wir sowieso nicht zur oberen Mittelschicht oder darüber hinaus gehören, die sich einen Zweitwohnsitz in Form eines eigenen Hauses leisten könnten. Auch die Wirtin hatte ganz offensichtlich nichts gegen den amtlichen Erlass einzuwenden. Gern hätten wir die Lenne-Idylle noch zwei oder drei Tage genossen. Und, ehrlich aufgeschrieben: Eine kleine Blockhütte dort am Hang des Kahlen Asten würden wir als Alterssommersitz auch nicht verschmähen.

Auf der Schanze

Der nächste Morgen zeigte sich im wahrsten Sinne des Wortes romantisch. Allerdings wildromantisch. Da zog doch über den Hohen Asten und den Ort Lenneplätze ein Gewitter, das seinen Namen wahrlich verdiente. Alles, was zu einen kräftigen Gewitter gehört, kam da vom Himmel: Blitz, Hagel, Donnerschlag, Regensturz und Sturm. Der Wettergott wollte wohl zeigen, wer da am Hohen Asten noch immer das Sagen hat.

Dadurch verzögerte sich unser Aufbruch. Doch erstaunlich schnell beruhigte sich die heftige Wetterlage. Wir konnten mit etwas Verspätung losziehen und kamen anschließend gut über den Tag und über die Strecke.

Wieder schöne Waldabschnitte gewandert. Da freute sich des Wanderers Herz. Unser Tagesziel wieder ein weiterer besonderer Rothaar-Ort: SCHANZE. Auf uns wartete dort ein feines Gasthaus und, was uns besonders freute, ein feiner Ruhetag stand auf dem Plan. Beim Empfang durch den Wirt und die Wirtin wurde klar, dass alles stimmig passte und wir uns auf zwei ruhige Nächte und einen erholsamen Tag in schöner romantischer Umgebung einstellen konnten. Und selbstverständlich auf eine hervorragende Sauerländer Küche. Und so erlebten wir es auch.

Schanze – der Ortsname verweist darauf, dass hier an einem ehemaligen Handelsweg Schanzen aufgeschüttet wurden, um die umliegenden Ortschaften vor räuberischen Horden und kriegerischen Haufen zu schützen. Später entstand dort oben auf gut 700 Metern Höhe eine Köhlersiedlung. Im gästewerbenden Prospekt des Hotels lasen wir:

Das Besondere an dem kleinen Ort Schanze ist seine überaus idyllische Lage im Herzen des Sauerlandes. Aus der ehemaligen Köhlersiedlung wurde im Laufe der Jahrhunderte ein beliebtes Ausflugsziel.

Das GASTHAUS BRÄUTIGAM-HANSES wurde 1788 erbaut und liegt direkt am Rothaarsteig, wo Wälder, klare Bäche, saftige Wiesen und liebliche Täler jeden Naturliebhaber und Wanderer begeistern.

Während zweier ausgedehnter Spaziergänge überzeugten wir uns davon, dass da nicht übertrieben formuliert worden war. Am Vormittag des Ruhetages liefen wir zum Kyrillpfad hinüber. Kyrill – so bezeichneten die Wetterleute den Orkan Anfang 2007, der mit wüster Kraft innerhalb einer Nacht im Rothaargebirge mehr Wald „fällte“ als irgendein Sturm je zuvor. Dort im Hochsauerland und auch anderswo. Wir hatten die Folgen dieses Sturmes schon im Schwarzwald während unserer Wanderung über den West- und den Ostweg erleben und sehen können. Zur Anschauung über die Stärke der Naturgewalten beließen die Forstleute bei Schanze eine große Sturmholzfläche in dem Zustand, wie sie das Unwetter hinterlassen hatte. Ungefähr konnten wir uns da vorstellen, welche urgewaltigen Naturkräfte am zerstörerischen Werke gewesen waren.

Der Nachmittagsspaziergang führte uns durch den Ort. Kein weiter Weg. Ein Kirchlein, etwa 30 Häuserchen, zwei Straßen, einige Nebenwege, gesanftete Wiesenflächen, alles gerahmt vom grün-grünen Wald. Mein liebes Wanderhergöttlein: so viel Idylle, so viel Romantik, so viel Ruhe, so viel Abgeklärtheit auf einem Fleckchen Erde! Da könnte man ... Lass den Gedanken fallen, du Großstädter, und vergiss nicht die Grauen Monate da oben im Hochsauerland, die Jahreszeit mit den kurzen Tagen und langen Nächten.

Wo sich Rhein und Weser nicht streiten!

Romantisch-idyllisch ging es für uns nach dem Ruhetag in Schanze weiter. Entlang an flinken Bächlein mit eigenartigen Namen, über eine Seufzerbrücke, und nach einigen Kilometerchen saßen wir vespernd auf einer Bank im kleinen Ort Latrop. Da sagen sich Hase und Fuchs „Gute Nacht!“. Und manchmal auch die Dachse. „Max der Dachs“ ist nämlich das Maskottchen des 200-Seelen-Dorfs. Hier ist in des Wortes kleiner Bedeutung „die Welt zu Ende“ – zumindest für motorisierte Leute. Latrop besitzt keine Durchgangsstraße. Und wo die bunten Gärten enden, beginnen die Wälder, einige sogar als Urwälder belassen. Was schlugen da unsere Herzen, als wir weiterzogen!

Was das „Weltende“ anbetrifft, das erreichten wir während unserer Wanderung durch den Westerwald. Tatsächlich! Wir gelangten an einen Ort, der offiziell als Ende der Welt bzw. Weltende bezeichnet wird. Dazu später mehr und genauer.

Durch Buchenwälder, immer wieder Buchenwälder wanderten wir auf dem Rothaarsteig. Dunkelgrün, geheimnisvoll und ... gesund, soweit wir das als Laien beurteilen konnten. Ein Drittel der Waldfläche nimmt die Buche im Rothaargebirge ein. Und auch die Fichte hat ihren sichtbaren Platz bekommen, umfangreich forstwirtschaftlich genutzt. Die uns heimatliche brandenburgische Kiefer sahen wir überhaupt nicht oder übersahen sie. Nicht dagegen die Nordmanntannen. Besonders in der Schmalenberger Gegend. Soll ein sehr gutes Weihnachtsgeschäft sein, sie anzubauen. An großen mit Maschendraht abgezäunten Weihnachtsbaumkulturen wanderten wir entlang. Die Bäumchen sind ja edel anzusehen, aber so in „Reih‘ und Glied“, gleich groß und über weite Hänge angebaut? Fanden wir nicht schön! Ein Forstarbeiter erzählte uns, dass vielerorts die Neuanlage solcher Plantagen nicht mehr erlaubt werde. Die Monokultur aus wirtschaftlichen Aspekten soll da nicht wie anderswo in Wald und Feld Oberhand gewinnen. Richtig so, befanden wir!

Auf ein Quartier war ich besonders gespannt: den Rhein-Weser-Turm. Er steht nahe des Ortes Oberhunden auf einer Nebenkuppe des Westerbergs. Wir bestaunten ihn, als er vor uns aus dem Wald auftauchte. Dies der Anblick: Vom Grundriss her verjüngt er sich stark nach oben bis auf eine Höhe von 24 Metern. Kupfern verkleidet der Turm, mit vielen Fernstern ausgestattet, schlank aufragend und mit durchhängenden Drahtseilen abgesichert. Ein federnder und bei starken Winden schwankender Turm. Doch in dieser Konstruktion irgendwie genial, denn er hat sogar „Kyrill“ schadlos überstanden, wie man uns erzählte. Übrigens ist der Turm noch nicht sehr alt, 1932 erbaut, also Mitte 80 – wie ich in vier Jahren. (Der aufmerksame Leser wird bestimmt bemerkt haben, dass ich eben formulierte: „ ... noch nicht sehr alt“.) Ein Restaurant mit einer interessanten Speise- und Getränkekarte, ein schönes Wanderquartier für uns in einem der Hotelzimmer, eine sehr junge Wirtin, die uns freundlich empfing und betreute, rundeten unsere Bekanntschaft mit dem Rhein-Weser-Turm positiv ab.

Und dann vor allem dies: Steigt man die 113 Stufen des Turms aus dem Gastraum heraus bis nach oben – 24 Meter über Grund –, wird man mit einer der schönsten Panoramasichten auf das Gebirge belohnt. Bei klarem Wetter hat man einen phantastischen Rundumblick über die Rüspe, das größte zusammenhängende Waldgebiet im Westen Deutschlands. Bis weit hinein und über das Hessische Bergland lässt sich schauen.

Ich machte mich frühmorgens noch vor dem Frühstück auf den Treppenaufstieg, um die versprochene wunderbare Aussicht zu genießen. Will hier erst gar nicht versuchen, „die schöne Rothaarige“ mit ihren sanftigen Rundungen, ihren blanken Augen und den Morgenschleiern im Haar zu beschreiben. Das würde mir nur unvollkommen gelingen. Da müsste sich mein Freund Franz G. A. Sykora12 aus Dresden ans poetische Werk machen, um eines seiner poetischen leichtfarbigen Aquarellbilder zu zaubern. Der hätte es vermocht, die romantische Morgenstimmung vor Tau und Tag mit Pinsel und Farbe festzuhalten. Übrigens machte ich ihn nach unserer Wanderung darauf aufmerksam, dass das Rothaargebirge sicherlich genauso viele schöne Motive bieten würde wie sein geliebtes „Mal-Revier“, das Elbsandsteingebirge13.

Eine Einrichtung des Turmes nahmen wir nicht in Anspruch: Der Rhein-Weser-Turm beherbergt auch ein Standesamt und bietet die entsprechenden Dienste um das wichtige Ja-Wort an. Dem Anlass gemäß also in sehr romantischer Umgebung. Wir hatten uns zu diesem Zwecke nicht angemeldet, um sie zu nutzen! Unser Ja-Wort gaben wir uns schon vor über dreißig Jahren.

Ein schön gestaltetes Schild neben dem Eingang bewirbt Heiratswillige, es uns an diesem Ort gleichzutun. Das Versprechen abzugeben, „... bis dass (wer auch immer) euch scheidet!“ Das Schild „Standesamt“ war uns aber immerhin ein Erinnerungsfoto wert. Wir davor und am Eingang zum Rhein-Weser-Turm – nicht in festlicher Hochzeitskleidung, sondern im zünftigen Outdoor-Look. In Kniebundhosen!

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass nahe dem Turm über den Westerberg die Rein-Weser-Wasserscheide verläuft. Ob das Wässerlein, das wir am Wandermorgen gleich hinter dem Turm über eine kleine Brücke querten, ob dieses sich nach langen Wegen in die Obhut der Weser oder des Rheins begibt ...? Dieser Frage wanderten wir nicht nach, da wir auf anderen Wegen unterwegs sein wollten. Ansonsten ist kaum anzunehmen, dass sich die beiden Flüsse auf ihrem Lauf zu den Mündungen irgendwo in die Quere kommen. Entspringen sie doch, wie schon festgestellt, diesseits und jenseits der Wasserscheide.

Potthucke und Sauerländer Bier

Weiter führte uns die Rothaarsteig-Markierung. Der schönen Landschaftseindrücke und des zünftigen Wanderns nahm es kein Ende. Das Besondere dieses Steigs: Es gibt keine langen geraden „Kanten“, diese geschotterten zerfahrenen Forstwege, auf denen man so fußunbequem wandert. Fast immer schwingt der Wanderpfad in sanften Bögen, und oft hält er Überraschungen bereit. Langeweile kann deshalb kaum aufkommen. Auch für uns wechselten ständig die Bilder. Schöner, so schöner Wandertag! Das Wetter spielte uns ebenfalls keine größeren Streiche. Mal eine kleine Husche, aber keine Dauerregengüsse. Wieder wanderten wir an kleinen Bächlein entlang, diese auch mal querend. Über einen Dreiherrnstein kamen wir. Wo überwanderten wir schon einmal einen Dreiherrenstein? War das in Thüringen? An einen POTSDAMER PLATZ rasteten wir. Wieder einmal. Wo der andere war, den wir radwandernd schon einmal überfuhren, könnte ich nach langen Jahren noch immer recht genau beschreiben. Vom unwirtlichen Berliner Potsdamer Platz soll hier nicht die Rede sein.

Der andere Potsdamer Platz? Damals, 2000 war es, als wir auf den Fahrrädern „Rund um Deutschland“ unterwegs waren! Einige Kilometer hinter dem Schengener Eck. Da kamen wir aus Luxemburg, querten die Mosel und wollten auf der deutschen Uferseite hinüber zur Saarschleife fahren. Kräftig die Moselberge hangaufwärts ging es. Auf der Höhe in der Einsamkeit erreichten wir einen „festlich“ angelegten Platz: Sitzbänke, Blumenbeete, Gedenksteine, eine Gedenktafel. Ein Schild wies ihn als Potsdamer Platz aus. Angelegt als NACHDENK-ORT und gewidmet den amerikanischen Soldaten, die in diesem elenden Zweiten Weltkrieg 1945 da oben ihr Leben ließen. Der Krieg hatte sich fast schon ausgekriegt. Ihr Ziel: Berlin und dort der Potsdamer Platz. Wir waren damals, wie ich mich erinnere, wieder einmal durch solchen Geschichts-Punkt sehr nachdenklich geworden. Wie öfter auf unseren Wanderungen, wenn wir auf die „Spuren der Kriege“ stießen.

Aber das ist ein weites Thema, und deshalb zurück zu unserer Rothaarsteig-Wanderung und zu der Etappe vom Rhein-Weser-Turm zum LAHNHOF. Da will ich nicht vergessen, die meist romantischen Quellen von Flüssen und Bächen zu erwähnen, an denen wir vorbeikamen. Sie wünschten uns und wir ihnen einen guten Weg. Wir grüßten während dieser Etappe unter anderem: die Quellen der Eder und der Sieg. Und zu längerer Rast lockte uns die Lahn-Quelle. Genauer: Es lockte uns der LAHNHOF an der Lahnquelle. Er hatte uns ob des romantischen Ortes verführt, einen weiteren Ruhetag einzulegen. Im dortigen Hotel. Gern nahmen wir die Einladung an.

Der LAHNHOF: Das Hotel steht für sich allein an der genannten Quelle, am Waldesrand, unter alten, alten Bäumen, am Rand einer wellig geschwungenen Wiese, die weit hinter dem Hügel verschwindet. Wer könnte da nicht melancholisch werden! Liegt’s am Alter, dass mir das immer öfter passiert?

Samstag im LAHNHOF angekommen, Sonntag dann Ruhetag. Außerdem ein niederdrückender Hitzetag. Da bewegten wir uns nicht viel! Suchten nur nach dem „Einstieg“ für die Etappe am kommenden Tag. Ansonsten ruhten wir, hielten Mittagsschläfchen und aßen gut und deftig, wie es im Sauerland üblich.

Obwohl: Irgendwie waren wir der Batzen Fleisch in Form von Schnitzel enormer Größe „nach Art des Hauses“, der verschiedenen gebratenen Würste, der Rumpsteaks unterschiedlichsten Blutiggrades überdrüssig. Ich konnte da ja noch auf regionale Fischgerichte ausweichen, die aber verschmäht Anne seit ihrer Kindheit konsequent. Mit Fortdauer der Wanderung zielte ihre Suche auf den Speisekarten deshalb immer mehr auf die Süßspeisen. Und da findet sie meist etwas, was ihr mundgerechtet mundet.

Auf dem LAHNHOF versuchten wir es aus besagtem Grunde mit einem uns bis dato nicht bekannten typisch sauerländer Kartoffelgericht – der Potthucke, auch Puffert genannt. Dabei soll es sich um eine Art Puffer handeln. Wir dachten an unseren gemeinen Berliner Puffer: geriebene Kartoffeln, zu gleichmäßigen Scheiben geformt und dann, auf beiden Seiten schön braun gebraten, dick mit Zucker bestreut serviert. Mit ville Appelmus druffjepampt.

Wir hatten den Plan und unser Gelüst ohne die Sauerländer und ihre deftigen Kochtraditionen bedacht. Nachfolgend das Rezept für deren Puffer, die bei ihnen nicht Puffer heißen:

Potthucke

roh geriebene Kartoffeln, zu Scheiben geformt, mit Ungel (Rindertalg) über Stunden hinweg im Topf gebacken, mit Eiern, Zwiebeln und Mehl „verfeinert“ und (was heutzutage besonders gepflegt wird) mit Mettwürstchen oder Rauchfleisch ordentlich „gekräftigt“

Gewöhnungsbedürftig für den Reisenden, der zu den Sauerländern kommt und nicht an deren kräftige ländliche Kost gewohnt ist. An das Sauerländer Bier allerdings hatten wir uns schnell gewöhnt. Nicht so sehr an die bekannten Biersorten Warsteiner und Veltins, die trinke ich auch zu Hause nicht übermäßig gern. Aber im Sauerland gibt es feine regionale Marken, die in kleinen Brauereien gebraut werden. Alle mit ihrem eigenen besonderen Geschmack. Da sind einige Bierköstlichkeiten darunter! Will ich hier ausdrücklich betonen.

Heiß, heißer, am heißesten

Am kommenden Tag, einem Montag, verabschiedeten wir uns vom Lahnhof. Ein bannig heißer Sonnentag kündigte sich schon am Morgen an. Und so wurde die Etappe nach Wilgersdorf wohl unsere härteste auf dem Rothaarsteig. Zum Glück führte der Weg fast ausschließlich durch den Wald. Nach dem Eschengraben und dem Bogen über einen Märchenwanderweg allerdings das erste Mal ein wirklich „langer Kanten“ – immer schön geradeaus.

Dem Tagesziel schon näher, ging es über die die Bergesbacher Höhe. Schade für den Berg, dass er mit vielen Windrädern bestückt wurde. Das zerstörte sein Bild und erzeugt darüber hinaus unangenehme Geräusche, die nicht in die Natur gehören. Aber dann erlebten wieder einen phantastischen Landschaftsblick – von der Tiefenrother Höhe in die Weite der Höhenzüge, über die wir gewandert waren. Wegschilder mit Entfernungsangaben wiesen uns darauf hin, dass das Ende des Rothaaarsteigs in Dillenburg näher kam. Wir aber wollten erst einmal zum Tagesziel nach Wilgersdorf. Das aber liegt im „tiefen, tiefen Tal“! Und die Markierungen führten uns in einem weiten, weiten Bogen um das Tal herum.

Jetzt gab es auf dem Wanderweg keinen Schatten mehr. Die Sonne knallte heiß-heiß auf unsere Köpfe. Die Trinkflaschen leer-leer! Nun ja, ich musste sehr energisch werden, damit Anne ihren breitrandigen Wanderhut auf dem Kopf sitzen ließ! Irgendwie wütend gegen irgendwen oder irgendwas oder gegen sich selbst hatte sie ihn abgesetzt.

Fast mit letzte Kraft und ausgetrockneten Kehlen erreichten wir das Gästehaus in Wilgersdorf. Feines Haus, feines Quartier, feines Zimmer, feines Bad, feine Betten und – zuallererst – zwei feine Hefeweizen. Wir zischten das Bier nur so hinunter. Ich aber musste mich trotz aller Erschöpfung wieder an die mir zustehende Aufgabe machen, die völlig eingesauten Wanderstiefel zu säubern.

Am folgenden Tag: letzte Etappe auf dem Rothaarsteig: Wilgersdort – Dillenburg. Wieder ein heißer Tag! Wir bekamen tüchtig Schwierigkeiten beim Queren einer Ebene bei Rodenbach, dem letzten Ort vor der Stadt. Die Sonne knallte hinunter in die Senke, über Hitzefelder ging es bergab und dann bergauf ... ganz schön schietig!

Wir mussten am Stadtrand von Dillenburg auch ganz schön mitgenommen ausgesehen haben. Als wir am Straßenrand unter einem Baum Schatten suchten, hielt ein Lieferwagen von Typ SPRINTER an, der Fahrer kurbelte das Fenster herunter und fragte, ob er uns mit in die Stadt nehmen solle. Ich will hier die Wahrheit festhalten: Wir lehnten ... wir lehnten nicht tapfer ab. Wir nahmen das Angebot dankbar an. Wandererehre hin und Wandererehre her!

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22 декабря 2023
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152 стр. 4 иллюстрации
ISBN:
9783961451395
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