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Abdahn Effendi

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»Ich bin ein Gemütsmensch! Daß ihr es wißt! Und wer es nicht glaubt, den schmeiße ich hinaus!«

Dann, als der Krug leer war, überkam den persischen Achmed eine Schläfrigkeit, der er nicht widerstehen konnte. Nach einiger Zeit folgte ihm der Wirt. Beide schliefen. Der türkische Achmed lachte über sie, fühlte sich aber auch ermüdet und sagte, daß er heimgehen werden, ohne die Schläfer aufzuwecken; das werde sie ärgern. Ich begleitete ihn hinaus. Draußen sagte er:

»Sihdi, ich habe dich unendlich lieb. Willst du mir eine Bitte erfüllen?«

»Gern, wenn ich kann«, versicherte ich.

»Geht Ihr morgen wieder nach dem Bären?«

»Ja.«

»So besucht mich vorher! Ich habe Euch etwas Hochwichtiges mitzuteilen, etwas, was Euch große Freude bereiten wird. Werdet Ihr kommen?«

»Ja.«

»Ich danke dir! Ihr werdet es nicht bereuen. Es ist immer verdienstvoll, so eine Seele von einem Menschen, wie ich bin, zu besuchen, und ich werde es Euch lohnen, königlich lohnen!«

Er hob den Arm bei dieser letzteren Beteuerung wie zum Schwur empor und ging dann davon, ohne einen Gruß zu sagen. Als ich wieder in die Stube kam, wachte der Perser soeben auf. Er sah und hörte, daß sein Kamerad gegangen sei. Da entfernte er sich auch, ohne den Effendi zu wecken. Wir gingen mit ihm hinaus. Draußen sagte er, indem er sich Mühe gab, nicht hin- und herzuschwanken:

»Sihdi, ich bin dein Freund, dein wahrster, bester Freund! Glaubst du das?«

»Wünschest du, daß ich daran zweifle?« gegenfragte ich vorsichtig.

»Nein, wahrhaftig nein! Ich liebe dich. Ich liebe euch alle beide. Und ihr liebt mich wieder, denn ihr habt gesehen, daß ich eine Seele von einem Menschen bin. Ich muß euch beweisen, wie nahe ihr meinem Herzen getreten seid. Darum würde ich euch bitten, mich gleich morgen früh zu besuchen, doch befürchte ich, daß ich da noch schlafe. Darum lade ich euch ein, zu Mittag zu mir zu kommen. Willst du mir diese Liebe erweisen?«

»Mit Vergnügen!«

»Ich danke dir! Allah sende euch einen recht großen, dicken, fetten Schlaf! Gute Nacht!«

»Gute Nacht! Gute Nacht!«

Er ging. Ich bemerkte, daß Halef etwas sagen wollte, und verhinderte ihn daran:

»Pst, still! Die beiden Adjutanten schauen oben heraus. Ich hörte einen Laden sich bewegen. Sie haben alles gehört, denn der Perser sprach überlaut.«

»So werden sie uns für Freunde dieser Verbrecherbande halten. Gehen wir wieder hinein?«

»Nein. Wir gehen schlafen. Komm!«

Wir begaben uns nach der hinteren Seite des Hauses und stiegen die Treppe nach dem platten Dache empor, um unsere Wohnung aufzusuchen. Die beiden über uns wohnenden Männer hörten uns jedenfalls kommen; sehen konnten sie uns nicht, denn die Nacht war stockdunkel. Ohne vorher unsere kleinen Sesamöllämpchen angebrannt zu haben, legten wir uns zur Ruhe und schliefen auch sehr bald ein. Doch dauerte der Schlaf wohl keine Viertelstunde lang, so wurden wir geweckt. Nun machten wir Licht und sahen nun die lieben Tierchen laufen, die sich aus allen Rissen und Ritzen des Holzes auf uns gestürzt hatten. Wie die beiden Männer über uns die Angriffe dieser Menge von Insekten auszuhalten vermochten, das war mir unbegreiflich.

Wir ergriffen die Flucht. Draußen auf dem Dache, so weit wie möglich von unserem Logement entfernt, richteten wir uns mit Hilfe unserer eigenen Decken so gut oder so schlecht wie möglich ein Lager her, welches uns eine längere Ruhe versprach. Aber auch da gab es eine Störung, wenn auch keine so häßliche. Wir hatten uns nämlich kaum gelegt und lagen nun still, den Schlummer zu erwarten, da hörten wir eine laute Stimme unter uns, die so nahe klang, als ob der Sprechende seinen Mund von unter herauf an das Dach halte. Er schien sehr aufgeregt zu sein. Man konnte ihn sehr gut hören, sogar die Worte unterscheiden, nur war es unmöglich, sie zu verstehen. Das klang zwischen Halef und mir, von einer ganz bestimmten Stelle. Wir tasteten beide zu gleicher Zeit hin. Da war ein Loch gewesen, ein Loch, so ungefähr von dem Durchmesser eines runden, gewöhnlichen Ofenrohres. Das hatte man mit Lappen zugestopft und diese Lappen dann oben mit dem Fuße geebnet.

»Du, Effendi, weißt du, wo wir sind?« fragte Halef leise. »Ich glaube, wir liegen gerade über der Stube, in der wir gegessen haben!«

Er hatte recht. In dieser Stube stand ein Herd, oder vielmehr, er lag zu ebener Erde. Einen Herdmantel gab es nicht, sondern hüben und drüben einen vorstehenden Mauerpfeiler, zwischen denen der Rauch emporgeleitet wurde. Da oben ging ein rundes Loch durch das Dach, in welches im Winter jedenfalls ein Rohr gesteckt wurde, um als Schornstein zu dienen. Jetzt, im Anfange des Sommers, wo man nicht heizt, hatte man es herausgenommen. Es versteht sich ganz von selbst, daß wir uns beeilten, die Lappen herauszuziehen, und zwar so vorsichtig, daß nichts davon hinunter in die Stube fiel. Als das geschehen war und ich nun durch die Öffnung schaute, konnte ich fast den ganzen Raum übersehen und jedes Wort ganz deutlich verstehen. Nach unserer Entfernung war ein Mann zu dem Effendi gekommen, den dieser uns nachgeschickt hatte, um uns unterwegs zu beobachten, ob wir nach der Mühle gehen würden. Er hatte sich immer hart hinter uns gehalten und alles belauscht. Nun hatte er gewartet, bis wir schlafen gingen, und stand jetzt vor dem Effendi, um ihm Bericht zu erstatten. Der Dicke war sehr aufgeregt. Er schritt auf und ab, gestikulierte mit beiden Armen und sprach in lautem, zornigem Tone. Er war eben jetzt mitten in einem angefangenen Satze:

»– — der Frau und den Kindern solche Schlechtigkeiten zu lehren! Oder hast du etwa falsch verstanden?«

»Nein,« versicherte der Mann. »Die beiden Fremden hatten sich unter den Bäumen niedergelegt; ich aber war über den Bach hinübergesprungen und konnte von drüben aus die Betenden viel deutlicher sehen und hören, als sie.«

»Und du hast wirklich verstanden, was du behauptest?«

»Ja. Sie beteten das Vaterunser der Christen. Sie sagten alle drei: Erlöse uns von dem Übel! Erlöse uns von Abdahn Effendi und allen seinen Freunden! Dann später rief der Perser, der bei uns wohnt, dem Müller die Worte zu: Und Abdahn Effendi hat in eigener Person und mit seinem eigenen Munde zu bitten, daß er euch von ihm erlöse! Auch das habe ich ganz deutlich gehört.«

»Wer ist das, den ich bitten soll?«

»Das weiß ich nicht.«

»Und sonst hast du weiter nichts verstanden?«

»Weiter gar nichts. Der Deutsche stand mit dem kleinen Scheik, der so gern erzählt, im Gebüsch und lauschte. Diese beiden haben jedes Wort gehört, welches gesprochen worden ist. Ich aber konnte nur hören, was zu allerletzt so laut gerufen wurde. Später folgte ich unseren neuen Gästen dann weiter durch den Wald, kam ihnen aber nie so nahe, daß ich vernahm, was sie miteinander sprachen.«

»Das ist schlimm, sehr schlimm! Es wäre außerordentlich gut, zu erfahren, was sie erlauscht haben. Der Türke ist nicht aus Basra und der Perser nicht aus Laristan. Beide sind Offiziere. Man hat Verdacht gegen uns geschöpft. Sie sind gekommen, eine Untersuchung einzuleiten. Das haben die beiden »Seelen« sofort durchschaut. Bei uns hier hat man Wohnung genommen, um uns aus erster Hand beobachten zu können, und den Müller besucht man heimlich, um mit ihm zu konspirieren. Sie ahnen nicht, daß du sie schon so lange beobachtest, wie sie sich hier befinden. Sobald sie anfangen, es zu arg zu treiben, stechen wir sie einfach nieder und schießen den Deutschen mit seinem kleinen Hanswurst als ihre Mörder über den Haufen!«

»Das ist nicht gut! Das ist zu gefährlich!« fiel der Berichterstatter ein. »Ich schlage vor, es genau wieder so wie damals zu machen: Pulver in die Schlafstatt und eine Zündschnur daran, die draußen am Stamm des Pfirsich herunterführt. Dann fliegen alle vier, die verkappten Offiziere, der Deutsche und der kleine Hadschi mit einem Male in die Luft, und alle Welt glaubt, daß sie selbst schuld seien, weil sie mit Pulver und Patronen gespielt haben.«

»Ja, das ist besser und kürzer,« stimmte der Dicke bei. »Würdest du die Sache wohl wieder wie damals übernehmen?«

»Gegen den damaligen Lohn, tausend Yäk quirahn (tausend Franken), sehr gern!«

»Die gebe ich, wenn es wieder so gelingt wie mit den beiden Adjutanten, die ausfindig machen sollten, von wem damals die zwei Hauptleute und die zwei Oberleutnants mit ihren vier Soldaten ermordet worden seien.«

»Das haben die beiden Leutnants gut besorgt. Daß ich ihren Führer machte, brachte mir zweitausend Yäk quirahn von ihnen ein.« Und mit einem grausamen Lachen fügte er hinzu: »Sie bluten noch heute manches Gold- und Silberstück, weil die Beweise von ihrer Schuld noch immer in meinem Beine stecken.«

»In welchem Beine? Du sprichst nur immer von Schuldbeweisen in deinem Beine! Das ist doch wohl Unsinn?«

»Nein, es ist kein Unsinn, sondern Wahrheit, geht aber dich nichts an. Es genügt, wenn ich dir sage, daß es mir jetzt nicht schlechter gelingen wird, als es mir damals gelang. Die tausend Yäk quirahn sind mir sicher. Soll ich den Deutschen mit seinem kleinen Scheik auch morgen wieder beobachten?«

»Ja. Ich muß unbedingt wissen, ob das heute nur Zufall war, oder ob er die wirkliche Absicht hat, den Müller aufzusuchen.«

»So muß ich schlafen gehen, sonst bricht er morgen auf, noch ehe ich aufgestanden bin.«

Er ging. Als die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, hob Abdahn Effendi die geballte Faust, schüttelte sie ihm drohend nach und sagte:

»Lauf heut noch hin, Bursche! Auch deine Zeit ist nahe! Du spielst dein letztes Pulver aus; dann fliegst du hintendrein!«

Er ging noch einige Male hin und her, dann schob er den Innenriegel der Tür vor und trat zum Herd. Da lag ein Borstenbesen. Mit dem kehrte er den aufgehäuften Schmutz von der steinernen Platte, welche in gleicher Linie mit dem Boden lag, und richtete sie nach einer Seite in die Höhe. Da wurde ein großes, tiefes, quadratisches Loch sichtbar, in welches er niedergriff, um ein Korbgeflecht, welches genau hineinpaßte, in die Höhe zu ziehen und auf den Fußboden zu setzen. Das geschah gerade senkrecht unter meinen Augen. Es war gar nicht möglich, deutlicher zu sehen, als ich sah. Als der Korb nun stand, gleich er einer Kommode mit fünf übereinanderliegenden Fächern, nur daß es keine Kästen zum Herausziehen und Hineinschieben gab. Die Böden waren unbeweglich und die Fächer mit geflochtenen kleinen Türen verschlossen. Der Effendi öffnete nun eine derselben, entnahm dem Fache ein dickes Geschäftsbuch und setzte sich damit an den Tisch, an dem wir gegessen hatten. Er rechnete irgend etwas nach, schlug dann das Buch wieder zu, legte es in das Fach, verschloß dieses, versenkte den Korb wieder in das Loch und ließ die Platte darauf niedersinken, um sie von neuem mit Schmutz und Asche zu bedecken. Diese Arbeit war ihm bei seiner Wohlbeleibtheit schwer geworden. Als er sich von ihr wieder aufrichtete, holte er tief Atem und sprach halblaut, für mich aber doch vernehmlich, vor sich hin:

 

»Alle Geheimnisse liegen hier vergraben, alle! Niemand kann es finden! Sie alle sind zu dumm dazu, zu dumm!«

Er blies die Öllampe aus und verließ die Stube. Es gab keine Lagerstatt in ihr; er schlief also an einem anderen Orte.

Welch eine unendlich wichtige Entdeckung hatte ich da gemacht! Halef hatte natürlich nicht mit lauschen können. Ich erzählte ihm alles. Er war gar nicht sehr erstaunt. Daß wir in die Luft gesprengt werden sollten, interessierte ihn am meisten. Und sein größter Ärger war, daß der Effendi gewagt hatte, ihn einen kleinen Hanswurst zu nennen.

»Der soll den Hanswurst kennen lernen, aber wie!« drohte er. »Hast du bemerkt, daß man die zwei Obersten die »beiden Seelen« nennt?«

»Ja. Infolge ihrer stehenden Redensart!«

»Und daß der Dicke nun auch schon das vom Vaterunser weiß?«

»Das ist mir das Wichtigste! Das ist Fügung! Das ist die Einleitung zur Erfüllung der zweiten Bedingung! Es wird in ihm so lange wirken und arbeiten, bis es plötzlich explodiert. Doch, nun haben auch wir nach dem Schlaf zu trachten! Gute Nacht, Halef!«

Das war leichter gesagt als ausgeführt. Halef hatte noch eine ganze Menge von Fragen, so daß wir bei der Beantwortung derselben fast vergessen hätten, das Loch wieder zu verstopfen. Als dies geschehen war, kam endlich doch der Schlummer und und ging nicht eher wieder fort, als bis die Sonne aufgegangen war. Da badeten wir im Bache, tranken unsern Morgenkaffee, sorgten für Tagesproviant, nahmen unsere Gewehre und begannen unser Tagewerk. Der Dicke schlief noch. Er mochte annehmen, daß wir uns auf die Bärensuche begeben hätten, in Wahrheit aber stiegen wir zu Achmed Agha, dem Manne mit dem Vogelgesicht, hinauf.

Die Karawanenstraße zog sich in mehreren Windungen zur Höhe und war zu beiden Seiten von Büschen eingesäumt. Nach der ersten Windung blieben wir hinter diesen Sträuchern stehen, um zurückzuschauen. Wirklich! Er hatte uns abgelauert! Er folgte uns! Der Berichterstatter, den ich gestern Abend mit dem Effendi belauscht hatte!

»Wer mag er sein?« fragte Halef.

»Das werden wir von Achmed Agha erfahren, der ihn ja vorübergehen sieht,« antwortete ich.

Hierauf gingen wir weiter, um dem Spion nicht merken zu lassen, daß er von uns durchschaut worden sei. Es hat für hier kein Interesse, die Gebäude der türkischen Douane zu beschreiben; es genügt, zu sagen, daß der Kommandant schon munter war und uns von weitem kommen sah. Er trat heraus, um uns zu empfangen. Kaum war dies geschehen, so erschien auch der Spion. Ich hatte angenommen, daß er, sich gleichgültig stellend, vorübergehen werde; zu meiner Verwunderung aber tat er das nicht, sondern als er uns stehen sah, kam er direkt auf uns zu. Achmed Agha winkte nach ihm hin und sagte:

»Da kommt Omar, mein Basch Tschausch (Feldwebel). Er ist ein tüchtiger Mann. Erlaubst du, daß er bei uns bleibe?«

»Du bist der Herr; dein Wille geschieht. Er ist also auch Militär?«

»Eigentlich nicht. Er stammt von hier. Ich rekrutiere meine Mannschaften nicht vom Militär, sondern aus der hiesigen Gegend: das ist vorteilhafter. Tretet ein! Möge es euch bei mir gefallen!«

Er führte uns nicht in das Bureau, sondern in sein Privatkabinett, wo er wohnte, rauchte und schlief. Der Feldwebel stellte sich außerordentlich devot, glückselig, sich uns zugesellen zu können, und wir behandelten ihn so freundlich, als ob wir noch gar nichts wüßten. Sobald wir Platz genommen hatten, zögerte Achmed Agha nicht, uns mitzuteilen, welchen Grund seine Einladung hatte. Er hielt eine lange Rede über seine Liebe zu uns, über meine Geschicklichkeit, Pöntsch zu machen. Dieser Pöntsch sei der höchste aller irdischen Genüsse, und er hoffe, daß ich das, was ich gestern für Abdahn Effendi getan habe, nun heut´ auch für ihn tun werde. Er sei eine Seele von einem Menschen und werde mir also gewiß sehr dankbar sein. Er habe alles besorgt, Zitronen, Zwiebeln, Knoblauch. Arrak und Rum sei trotz der hohen Zöllle immer da. Nur Aloe habe er nicht. Ob es nicht vielleicht einmal auch ohne diese gehe? Ich könne ja die Verse, die ich dabei zu sagen habe, auf das Fehlen der Aloe einrichten. Es sei heut´ ein so schöner, sonniger Morgen; da müsse ein Krug Pöntsch oder zwei ganz gedeihlich sein. Wenn der Pöntsch ohne Zeugen gemacht werden müsse, so solle ich ihn drüben in der Stube machen, wo der Basch Tschausch wohne; der sei jetzt bei uns, nicht drüben. Da gebe es einen Herd.«

Man kann sich denken, wie gerne ich auf die Wünsche Achmed Aghas einging. Welch eine vortreffliche Gelegenheit, nach dem »Beine« des Feldwebels zu suchen, in dem die Schuldbeweise versteckt sein sollten!

Als ich mich bereit erklärt hatte, wurde ich hinüber geführt. Was ich brauchte, wurde geschafft, genau so viel wie gestern, obwohl heut´ weniger Personen waren. In Beziehung auf den fehlenden Aloe gab ich den Trost, daß der Pöntsch hiedurch zwar weniger glühend, aber umso wärmer werde. Achmed Agha machte in eigener Person Feuer; dann entfernte man sich. Ich war allein und schob den Riegel vor, damit mich niemand überraschen könne. Während der Zeit, die das Wasser brauchte, um ins Kochen zu kommen, forschte ich. Es verstand sich ganz von selbst, daß der Feldwebel nicht sein eigenes, sondern das Bein irgend eines Möbels gemeint hatte. Es war aber kein anderes Möbel mit Beinen zu sehen, als das sehr niedrige, orientalische Bettgestell, welches in der hinteren Ecke stand. Vielleicht war eines der vier Beine hohl? Ich hob das Gerät erst auf der einen, dann auf der anderen Seite empor, um nachzuschauen. Wirklich, wirklich! Von dem verstecktest stehenden der vier Beine war unten ein dünnes Scheibchen quer herüber abgesägt und dann mit kleinen, kurzen Holzstiften wieder angenagelt worden. Mit Hilfe meiner Messerklinge gelang es mir sehr leicht, diese Scheibe mitsamt den Stiften zu entfernen. Als dies geschehen war, sah ich, daß der Basch Tschausch das Bein etwas über fingerstark ausgebohrt hatte. In dem so entstandenen, röhrenartigen Loche steckten Papiere, die ich herauszog. Sie waren zusammengerollt; ich rollte sie auf und las. Es waren zwei Berichte, der eine in türkischer und der andere in persischer Sprache geschrieben. In dem türkischen wies der türkische Achmed Agha nach, daß der persische Achmed Agha damals den persischen Hauptmann, den persischen Oberleutnant und die ihnen beigegebenen Soldaten nach und nach erschossen habe, um selbst Kommandant zu werden. Und in dem persischen brachte der persische Achmed Agha die Beweise, daß der türkische Achmed Agha damals den türkischen Hauptmann, den türkischen Oberleutnant und ihre beiden Soldaten nacheinander weggeschossen habe, um die oberste Stelle hier zu bekommen. Dabei lagen einige Notizen von des Feldwebels Hand, aus denen hervorging, daß diese Berichte von den beiden Achmed Agha verfaßt worden waren, um einander gelegentlich zu vernichten, und daß der Basch Tschausch sie ihnen gestohlen hatte, um Erpressungen auszuüben. Ich wußte genug, rollte die Papiere zusammen und steckte sie wieder in das hohle Bein. Die Holzscheibe, deren Stifte genau in die kleinen Löcher paßten, wurden wieder festgeklopft und das Bett sodann genau an seine vorige Stelle gerückt.

Nach diesem Erfolge machte ich mich an meine eigentliche Aufgabe, nämlich an den Pöntsch. Die guten Leute hatten mir ein Feuer angezündet, an dem ich ein Kalb hätte braten können. Ich warf die Zwiebeln, den Knoblauch und die überflüssigen Zitronen hinein, und es dauerte nur kurze Zeit, bis ich sie in Asche verwandelt sah. Dann goß ich Arrak und Rum zusammen und verteilte beides derart in die zwei Krüge, daß der Punsch in dem einen recht mild und lieblich, in dem andern aber zehnfach stark geriet. Dann löschte ich das Feuer aus und trug das Getränk zu den sehnsuchtsvoll Wartenden hinüber. Natürlich stellte ich die Krüge so, daß die milde Sorte auf Halef und mich, die starke aber auf die beiden anderen kam.

Wollte ich berichten, was während des Trinkens nun alles gesagt und gesprochen wurde, so würde diese Erzählung zur Burleske werden, und das soll sie nicht. Doch darf ich nicht verschweigen, daß wir nach einem kleinen Stündchen den Basch Tschausch hinüber auf sein Bett schaffen mußten, weil er sich nicht mehr aufrecht halten konnte. Ich war froh, als er fort war, denn nun Achmed Agha sich allein mit uns befand, konnte er freier reden als vorher. Auch er hatte bereits einen Rausch, doch befand er sich noch im Stadium des Prahlens, aus dem man dann in das Stadium der Aufrichtigkeiten tritt. Ich übergehe alles nicht hieher Gehörige. Wir erfuhren, daß die beiden Douanen vollständig gleich gebaut seien. Nämlich ein großes Haus für den Oberst und ein kleines für den Leutnant; hiezu die nötigen anderen Räume. Aber die Leutnants waren nicht gleichnamig, sondern übereck verteilt, so daß der türkische Leutnant drüben auf der persischen Douana und der persische Leutnant hüben auf der türkischen wohnte, weil auf der türkischen Seite auch persisch und auf der persischen Seite auch türkisch expediert werden mußte. Als er uns dies erklärte, war er mit seinem Rausch bereits so weit gekommen, daß er die beiden Achmeds, die beiden Selims, die beiden Douanen und das Türkische und Persische schon nicht mehr auseinanderhalten konnte. Er verwechselte alles. Er kam nach und nach ins Lallen. Als ich ihn fragte, warum der persische Leutnant hier hüben und sein eigener Leutnant drüben beim Perser sei, sah er mich erst ganz verständnislos an und antwortete dann:

»Wo sollte ich denn sonst die Passiermarken herbekommen?«

Diese Worte verstand ich nicht. Während er sie sagte, ließ er den rechten Arm sinken und machte mit der Hand jene von vorn nach hinten gehende, schraubende Bewegung, welche so viel wie verschwinden lassen oder stehlen bedeutet. Ich fragte nicht weiter, denn solche Dinge darf man nicht erzwingen wollen, sondern man muß sie an sich kommen lassen. Als sich seine Betrunkenheit so vergrößert hatte, daß sie übermächtig wurde, war das Letzte, was wir von ihm erfuhren, sein unüberwindlicher Abscheu vor den schiitischen Perserleichen, die hier sehr häufig, oft sogar in ganzen Karawanen, vorübergeschafft wurden, um drunten in den heiligen Städten des Irak Arabi begraben zu werden. Er konnte diesen Gestank nicht vertragen und ergriff die Flucht, so oft sich so etwas nahte. Eben als er das erzählte, kam ein Mann herein, der sehr vertraut mit ihm zu verkehren schien. Der meldete, daß der persische Leutnant jetzt nicht aufpasse und daß die drei Maultiere also abgehen könnten. Er bitte um drei Marken.

»Ich komme gleich«, antwortete der Kommandant.

Der Mann entfernte sich, und Achmed Agha wollte sich von seinem Sitze erheben, fiel aber, so oft er es versuchte, immer wieder nieder. Da zog er unter der Weste ein kleines Täschchen hervor, reichte es mir hin und lallte:

»Nimm drei heraus, und geh´ hinaus! Klebe sie auf!«

»Wohin?« fragte ich.

»Den Ma-ma-maultieren a-a-auf den Sti-ti-tirnriemen. Da kl-le—lebt sie der Pe-pe-perser immer hi-hi—hin!«

Ich öffnete. Das Täschchen enthielt Passiermarken.

»Aber das sind ja persische!« sagte ich erstaunt. »Du darfst nur türkische aufkleben!«

»Ich da-da—darf, was ich will!« schnauzte er mich an. »Du hast zu geho-ho—horchen! Packe dich!«

Ich gehorchte in guter Absicht, nahm drei Marken heraus, gab ihm das Täschchen zurück und ging hinaus. Da hielt der Mann mit drei Maultieren. Ich klebte jedem eine Passiermarke auf den Stirnriemen. Der Mann bedankte sich und zog dann mit seinen Tieren davon. Er hielt mich für eingeweiht und ich war es nun allerdings. Der türkische Achmed Agha stahl sich von dem persischen Selim Agha persische Passiermarken, um auf eigene Hand Schmuggel zu treiben. Infolge dieser Marken unterließ es der persische Kommandant, das Gepäck zu untersuchen, weil er annahm, daß es schon von seinem Leutnant untersucht worden sei. Als ich wieder hineinkam, lag der Türke auf seinem Kissen und schnarchte. Wir gingen fort, ohne den Versuch zu machen, ihn aufzuwecken.

 

Eben als wir aus dem Hause traten, sahen wir drei halbnackte Kerle kommen, welche die persische Grenze hier passiert hatten und an der türkischen Maut sich und ihr Gepäck untersuchen lassen mußten. Jeder von ihnen führte einen abgetriebenen Esel, und jeder Esel trug einen geradezu pestialisch stinkenden Sarg, in welchem sich die faulenden Überreste eines verstorbenen Persers befanden. Die Schiiten glauben bekanntlich, daß man gerade und direkt in den Himmel komme, wenn man sich nach dem Tode nach Meschhed Ali oder Kerbela schaffen läßt, um dort begraben zu werden. Der Gestank war so groß, daß wir uns die Nasen zuhalten mußten. Da kein Beamter sich sehen ließ, gingen die drei Menschen langsam vorüber und lächelten einander dabei so triumphierend zu, daß es wirklich auffällig war.

»Sihdi, den schleichen wir nach! Die haben etwas!« sagte Halef.

Ich war einverstanden. Wir ließen sie erst um die nächste Wegbiegung verschwinden und gingen ihnen dann nach. Die Hochebene war noch auf eine große Entfernung hin, so weit die Feuchtigkeit des Tales reichte, mit Busch und Baum besetzt. Das bot uns gute Deckung. Die drei Eseltreiber sahen nicht, daß wir ihnen folgten. Es verging eine Viertelstunde und noch eine, ohne daß irgend etwas geschah. Dann aber blieben sie plötzlich stehen, schauten sich lange und vorsichtig um und drangen dann, als sie sich unbemerkt glaubten, von der Straße ab in die Büsche ein. Wir folgten ihnen nicht, sondern warteten. Nach einiger Zeit erschienen sie an ganz derselben Stelle wieder, um den unterbrochenen Weg fortzusetzen. Als sie in der Ferne verschwunden waren, gingen wir bis an die betreffende Stelle und ließen uns dann von ihrer Spur, die sehr deutlich war, in das Gebüsch führen. Schon nach wenigen Schritten rochen wir, daß sie ihren Gestank hier zurückgelassen hatten. Je weiter wir kamen, desto fürchterlicher wurde er, bis wir eine tief eingesunkene Bodenstelle erreichten, wo der duftende Inhalt ihrer Särge lag, gräßlich faules, höllische Pestdünste aushauchendes Fleisch. Und zwar war es Wild, nur Wild.

»Also keine wirkliche Leiche!« staunte Halef. »Man füllt die Särge halb mit stinkendem Fleisch und halb mit Schmuggelware! Hat man die Douane hinter sich, so wirft man das Fleisch weg und lacht Achmed Agha, den Türken, der den Gestank nicht vertragen kann und also keinen Sarg untersucht, aus! Wer mag der Pfiffikus sein, der sich das ausgedacht hat?«

»Ich vermute, daß wir das sehr bald erfahren werden. Für jetzt wissen wir genug. Wir gehen.«

Wir kehrten nach dem Tale zurück, durchquerten es aber nicht auf der Karawanenstraße, weil wir da von Abdahn Effendi oder seinen Leuten gesehen worden wären, sondern auf einer im Walde liegenden Stelle, wo der Bach schmal genug zum Überspringen war. Dann stiegen wir jenseits unter den Bäumen nach dem hohen Rande hinauf, um nun den persischen Achmed Agha aufzusuchen, denn der Mittag war inzwischen nahe herangekommen. Als wir die Douane, die genau wie die türkische gebaut war, vor uns liegen sahen, blieb Halef stehen und sagte:

»Effendi, es überkommt mich ein Verdacht!«

»So?« fragte ich. »Welcher denn wohl?«

»Daß du auch hier wieder Pöntsch kochen sollst! Was sagst du dazu?«

»Ich sage, daß du höchstwahrscheinlich ganz recht vermutest.«

»Ja, ganz recht! Ich bin überzeugt, daß auch der persische Achmed Agha Zitronen, Zwiebeln und Knoblauch versorgt hat!«

»Vielleicht sogar auch Aloe!« fügte ich hinzu.

»Was wirst du machen, wenn man das von dir verlangt?«

»Pöntsch werde ich machen, Pöntsch, Pöntsch, Pöntsch! Diese Leute wollen ihn ja haben und du wirst sehen, daß heut´ abend auch der Dicke mit demselben Wunsche kommen wird, wenn er sich inzwischen nicht schon selbst geholfen hat!«

»Allah verhüte es!« rief er aus. »Der täte ja wirklich hinein, was du nur scheinbar hineingegeben hast! Wie soll das schmecken und bekommen?«

»Hoffentlich gut, sehr gut, nämlich uns! Für einen Mann, der uns in die Luft sprengen will, kann der Pöntsch gar nicht genug Zwiebeln und Knoblauch haben! Vorwärts!«

Wir traten aus dem Walde und gingen auf die hintere Seite der Douane zu. Dennoch wurden wir gesehen, denn als wir um das Hauptgebäude herumgegangen waren, und uns dem Eingange näherten, kam der Kommandant heraus, um uns schon an der Tür zu empfangen.

»Welche Freude! Welches Glück!« rief er aus. »Kommt schnell herein, schnell, schnell! Es liegt schon alles bereit.«

»Was liegt bereit?« fragte Halef.

»Alles, alles! Der Rum, der Arrak, die Aloe und alles andere, was dazu gehört.«

»Woher hast du die Aloe?«

»Von Abdahn Effendi. Ich ließ ihm sagen, daß ich das bittere Zeug zum Beizen des Holzes brauche. Du weißt doch wohl, daß man es auch hiezu zu verwenden pflegt? Also kommt herein! Ich habe dafür gesorgt, daß kein Mensch uns stört! Wir sind vollständig allein!«

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