Читать книгу: «Der Pfadfinder», страница 3

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„Zum Glück," sagte Cap, indem er seine Stimme klar zu machen sich mühte, „wird keiner von Seiner Majestät Alliirten lüstern sein, solche verdammliche Grausamkeiten an irgend einem von Seiner Majestät loyalen Unterthanen zu versuchen. Es ist wohl wahr, ich habe nicht lange in der Königlichen Flotte gedient; aber ich habe gedient und das ist schon Etwas, und an den Kaperzügen, an der Bekriegung des Feindes in seinen Schiffen und Schiffsladungen habe ich vollen Antheil genommen. Aber ich glaube, es gibt keine französischen Wilden auf dieser Seite des See's, und wenn ich nicht irre, so habt Ihr gesagt, daß der Ontario eine breite Wasserfläche ist?"

„Ja, er ist breit in unsern Augen," erwiederte der Pfadfinder, ohne sich Mühe zu geben, das Lächeln zu verbergen, das seine sonnverbrannten Züge überflog, „doch ich weiß nicht, ob ihn nicht einige für schmal halten. Jedenfalls ist er nicht breit genug, den Feind abzuhalten. Der Ontario hat zwei Enden, und der Feind, welcher zu furchtsam ist, über denselben zu setzen, weiß wohl, daß er um ihn herumgehen kann."

„Ach, da haben wir's ja, mit Euern v— n Frischwasserteichen!" brummte Cap mit einem Seufzer, der laut genug war, ihn schnell seine Unvorsichtigkeit bereuen zu lassen. „Kein Mensch hat je gehört, daß ein Pirat oder ein Schiff geschwind um ein Ende des atlantischen Oceans herumgekommen wäre!"

„Vielleicht hat der Ocean keine Enden?"

„Freilich hat er nicht; weder Enden, noch Seiten, noch Grund. Das Volk, welches fest an einer seiner Küsten vor Anker liegt, hat nichts zu fürchten von den Bewohnern eines jenseitigen Ankerplatzes, mögen sie so wild sein, als sie wollen, wenn sie nicht die Kunst des Schiffsbaus besitzen. Nein, nein! Die Leute, die an den Ufern des atlantischen Meeres wohnen, haben wenig für ihre Häute und ihre Skalpe zu fürchten. Da kann Einer sich doch Nachts mit der Hoffnung niederlegen, am Morgen sein Haar noch auf dem Kopf zu finden, wenn er nicht eine Perücke trägt."

„Hier ist's nicht so. Doch ich möchte das junge Frauenzimmer dort nicht beunruhigen, und ich will deßhalb nicht auf Einzelheiten eingehen, obschon sie mir auf den Eau-douce, wie wir ihn nennen, zu hören scheint. Jedenfalls aber möchte, ohne die Erziehung, die ich dem Aufenthalt in den Wäldern verdanke, jetzt unter den gegenwärtigen Verhältnissen, eine Reise über den zwischen uns und der Garnison liegenden Grund ein gefährliches Unternehmen sein. Es gibt auf dieser Seite des Ontario so viele Irokesen, als auf der andern. Der Sergeant hat also sehr wohl daran gethan, Freund Cap, uns Euch als Wegweiser entgegen zu schicken."

„Was? dürfen die Schurken so nahe an den Kanonen von einem der Werke Seiner Majestät kreuzen?"

„Halten sich nicht die Raben in der Nähe eines Hirschgerippes auf, obgleich der Vogelsteller bei der Hand ist? Sie kommen eben, weil es in ihrer Natur liegt. Es gibt immer mehr oder weniger Weiße, welche zwischen den Forts und den Ansiedlungen wandern, und sie sind ihrer Fährte sicher. Der Serpent ist auf der einen und ich auf der andern Seite des Flusses heraufgekommen, um diese heraufstreichenden Schufte auszukundschaften, indeß Jasper, der ein kühner Schiffer ist, den Kahn heraufbrachte. Der Sergeant hatte ihm mit Thränen im Auge Alles von seinem Kinde erzählt, wie sein Herz nach ihr verlange, und wie sanft und gehorsam sie sei, so daß ich glaube, der Junge hätte sich lieber ganz allein in ein Mingolager gestürzt, als die Parthie ausgeschlagen."

„Wir danken ihm — wir danken ihm, und wollen nun um seiner Bereitwilligkeit willen besser von ihm denken, obschon ich im Grunde vermuthe, daß er sich gerade keiner großen Gefahr unterzogen hat."

„Blos der Gefahr, von einem Hinterhalt aus erschossen zu werden, während er den Kahn durch die Stromengen drängte oder bei den Krümmungen des Flusses mit auf die Wirbel gerichtetem Auge eine Wendung machte. Von allen gefährlichen Reisen ist, nach meinem Dafürhalten, die auf einem Fluß, der vom Gebüsche gesäumt ist, die allergefährlichste, und einer solchen hat sich Jasper unterzogen."

„Und warum, beim Teufel, veranlaßte mich der Sergeant, einen Weg von hundert und fünfzig Meilen in dieser ausländischen Manier zu machen? Gebt mir offene See und den Feind in's Gesicht, und ich will eine Partie mit ihm machen, nach seiner eigenen Weise, so lange als es ihm beliebt, auf Buglänge oder hinter den Enterschotten; aber erschossen zu werden wie eine Schildkröte im Schlaf, das ist nicht nach meinem Geschmack. Wäre es nicht um der kleinen Magnet willen, ich ginge augenblicklich an Bord, kehrte eilends nach York zurück und ließe den Ontario für sich selber sorgen, mag er nun Salzwasser oder Frischwasser haben!"

„Das würde die Sache nicht viel verbessern, Freund Seemann, da der Rückweg viel länger und fast ebenso gefährlich ist, als der, den wir noch zu gehen haben. Doch verlaßt Euch darauf, wir wollen Euch mit heiler Haut durchbringen, oder unsere Kopfhäute verlieren."

Cap trug einen steifen, mit Aalhaut umwickelten Zopf, indeß der Scheitel seines Kopfes fast kahl war. Mechanisch fuhr seine Hand über beide, als ob sie sich versichern wolle, daß Alles noch an seinem gehörigen Orte sei. Er war im Grunde ein braver Mann, und hatte oft dem Tod mit Ruhe in's Auge gesehen, jedoch nie in der furchtbaren Gestalt, in welcher er ihm durch das zwar gedrängte aber doch sehr bezeichnende Gemälde seines Tischgenossen vorgeführt wurde. Es war zu spät zum Rückzug, und so entschloß er sich denn, zum bösen Spiel gute Miene zu machen, obgleich er sich nicht entbrechen konnte, einige Flüche über die Gleichgültigkeit und Unbesonnenheit in den Bart zu brummen, mit der sein Schwager, der Sergeant, ihn in dies Dilemma geführt hatte.

„Ich zweifle nicht, Meister Pfadfinder," erwiederte er, als er mit seinen Betrachtungen zu Ende gekommen war, „daß wir den Hafen wohlbehalten erreichen werden. Wie weit können wir noch vom Fort entfernt sein?"

Wenig mehr als fünfzehn Meilen, und zwar so schnelle Meilen, als sie der Strom nur machen kann, wenn uns anders die Mingo's ungehindert ziehen lassen."

„Und ich denke, daß die Wälder sich längs dem Steuerbord und Backbord hinziehen werden, wie bisher?"

„Wie?"

„Ich meine, daß wir unsern Weg durch diese verwünschten Bäume zu suchen haben werden?"

„Nein, nein, Ihr werdet in den Kahn gehen. Der Oswego ist durch die Truppen von seinem Treibholz gereinigt worden. Wir werden schnell genug stromabwärts kommen."

„Und was, zum Teufel, wird diese Minks [Wiesel], von denen Ihr sprecht, abhalten, auf uns zu schießen, wenn wir ein Vorgebirge umsegeln oder beschäftigt sind, von den Felsen abzusteuern?"

„Der Herr! — Er, der so oft Andern aus noch größeren Schwierigkeiten geholfen hat. Oft und vielmal wäre meinem Kopf Haar, Haut und Alles abgestreift worden, wenn der Herr nicht an meiner Seite gefochten hätte. Ich unterziehe mich nie einem Scharmützel, Freund Seemann, ohne an diesen großen Verbündeten zu denken, der im Kampfe mehr thun kann, als alle Bataillons vom Sechzigsten, stünden sie auch in einer Linie."

„Ja, ja, das mag wohl für einen Kundschafter gut sein, aber wir Seeleute lieben unsere offene See, und wenn's in's Feuer geht, mögen wir unsern Kopf mit nichts Anderem behelligen, als mit dem Geschäft vor uns — volle Lage gegen volle Lage, und keine Bäume und Felsen, das Wasser unsicher zu machen."

„Und auch keinen Gott, um es mit einem Wort zu sagen. Nehmt mein Wort dafür, Meister Cap, daß kein Kampf ein schlimmer sein wird, wenn Ihr den Herrn auf Eurer Seite habt. Betrachtet einmal den Kopf des Big Serpent! Ihr könnt noch der ganzen Länge nach die Spur eines Messers an seinem linken Ohre erkennen, und nur eine Kugel aus dieser meiner langen Büchse konnte damals seine Kopfhaut retten; denn sie klaffte bereits, und eine halbe Minute später wäre es um seine Kriegerlocke geschehen gewesen. Wenn mir nun der Mohikan die Hand drückt, und mir zu verstehen gibt, ich hätte mich ihm in dieser Sache als ein Freund erwiesen, so sage ich zu ihm: Nein es war der Herr, der mich zu der einzigen Stelle führte, wo ihm dieses Leid geschehen konnte, und von wo aus der aufsteigende Rauch mir seine Noth verrieth. Freilich — als ich einmal meine Stellung genommen hatte, beendigte ich die Sache auf eigene Faust; denn ein Freund unter dem Tomahawk bringt einen zu einem raschen Entschluß und zu schneller That, wie dies bei mir der Fall war: sonst würde jetzt wohl Serpents Geist in dem seligen Lande seines Volkes jagen!"

„Na, na, Pfadfinder, dieses Gewäsch ist schlimmer, als vom Vorsteven bis zum Stern skalpirt zu werden. Wir haben nur noch wenige Stunden bis zum Untergang der Sonne, und es wird besser sein, uns Eurer Strömung anzuvertrauen; so lange es noch möglich ist. Magnet, Schätzchen, bist du nicht bereit, aufzubrechen?"

Magnet fuhr aus, erröthete über und über, und machte ihre Vorbereitungen zur unmittelbaren Weiterreise. Sie hatte von der Unterhaltung der Beiden keine Sylbe gehört; denn Eau-douce unterhielt ihr Ohr mit einer Beschreibung des Forts, welches das Ziel ihrer Reise war, mit Erzählungen von ihrem Vater, den sie seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen hatte, und mit den Sitten und Gebräuchen derer, welche die Gränzgarnisonen bewohnten. Unwillkürlich hatten sich ihre Gedanken zu sehr in diese Gegenstände vertieft, als daß die minder erfreulichen, welche von ihren Nachbarn besprochen wurden, ihr Ohr hätten erreichen können. Der Lärm des Ausbruchs machte dieser Unterhaltung ein Ende, und in wenigen Minuten war die ganze Gesellschaft sammt dem wenigen Gepäcke der Kundschafter oder Wegweiser zum Abzuge bereit. Ehe sie jedoch die Stelle verließen, sammelte Pfadfinder, zur großen Verwunderung seiner Gefährten, eine Partie Zweige und warf sie auf den glimmenden Rest des Feuers. Dabei nahm er darauf Bedacht, einige feuchte Holzstücke darunter zu mengen, um den Rauch so dunkel und dicht als nur möglich zu machen.

„Wenn Ihr Eure Fährte verbergen könnt, Jasper," sagte er, „so wird der Rauch auf dem Lagerplatz eher Nutzen als Schaden bringen. Wenn ein Dutzend Mingo's innerhalb zehn Meilen von uns sich befinden, so werden einige davon aufs den Höhen oder in den Bäumen sich aufhalten, und nach Rauch umsehen. Erblicken sie diesen, so mag er ihnen wohl bekommen; unsere Ueberbleibsel sind ihnen gegönnt."

„Aber kann er sie nicht veranlassen, unsere Spur zu verfolgen?" fragte Jasper, dessen Besorgnisse über die Gefährlichkeit ihrer Lage seit seinem Zusammentreffen mit Magnet bedeutend erhöht worden waren. „Wir lassen bis zum Fluß einen breiten Pfad zurück."

„Je breiter, desto besser. Wenn wir dort sind, so wird es über den Horizont eines listigen Mingo's gehen, zu sagen, ob der Kahn aufwärts oder abwärts gegangen ist. Wasser ist das einzige in der Natur, was durchaus jede Fährte verwischt, und doch thut es auch das Wasser nicht immer, wenn die Witterung scharf ist. Seht Ihr nicht, Eau-douce, daß die Mingo's, wenn sie unsere Spur unterhalb der Fälle bemerkt haben, sich gegen diesen Rauch heraufziehen und daraus den natürlichen Schluß ableiten werden, diejenigen, welche stromaufwärts gegangen sind, werden auch stromaufwärts ihre Fahrt fortgesetzt haben? Wenn sie etwas wissen, so wissen sie nur, daß eine Partie von dem Fort ausgegangen ist, und sicher wird es den Witz eines Mingo's übersteigen, sich zu denken, daß wir nur um einer Lustpartie willen, den nämlichen Tag hieher und wieder zurück — unsere Kopfhäute in Gefahr gesetzt haben."

„Freilich," versetzte Jasper, welcher sich beiseits mit dem Pfadfinder besprach, während sie ihre Richtung gegen die Windgasse hin einschlugen, „sie können nichts von des Sergeanten Tochter wissen, denn in Beziehung auf sie wurde das größte Geheimniß beobachtet."

„Und hier sollen sie nichts erfahren," erwiederte Pfadfinder, indem er seinen Gefährten veranlaßte, sorgfältig in die Spuren von Mabels kleinem Fuße zu treten, wenn nicht dieser alte Salzwasserfisch seine Nichte in der Windgasse herumgeführt hat, wie eine alte Hirschgais ihr Kitzchen."

„Ein Bock, meint Ihr, Meister Pfadfinder."

„Ist er nicht ein Querkopf? Nun, ich kann wohl Kameradschaft machen mit einem Schiffer, wie Ihr seid, Eau-douce, und finde nichts besonders Konträres in unsern Gaben, obgleich sich die Euern mehr für die Seen und die meinen für die Wälder eignen; aber mit diesem — hört, Jasper," fuhr der Kundschafter mit seinem gewohnten tonlosen Lachen fort, „ich meine, wir sollten ihm doch das Gewehr visitiren, und ihn über die Fälle schießen lassen?"

„Und was in der Zwischenzeit mit der artigen Nichte anfangen?"

„Nun, ihr braucht deßhalb kein Leid zu widerfahren. Sie muß jedenfalls auf dem Tragweg um die Fälle gehen. Aber Ihr und ich können diesen atlantischen Oceansmenschen auf die Probe stellen und dann werden sich wohl alle Parteien besser mit einander befreunden. Wir wollen ausfindig machen, ob sein Stein Feuer gibt, und er mag etwas von den Streichen der Gränzleute erfahren."

Der junge Jasper lächelte, denn er war einem Scherze nicht abgeneigt, um so weniger als Caps Anmaßung ihn unangenehm berührt hatte. Aber Mabels schönes Antlitz, ihre leichte, behende Gestalt und ihr gewinnendes Lächeln stellte sich wie ein Schild zwischen ihren Onkel und den beabsichtigten Versuch.

„Vielleicht wird es des Sergeanten Tochter erschrecken," sagte er.

„Gewiß nicht, wenn sie etwas von des Sergeanten Geist in sich hat. Sie sieht nicht aus, als ob sie ein zimpferliches Ding wäre. Oder laßt wich allein machen, ich will die Sache schon durchführen."

„Nicht Ihr allein, Pfadfinder; ihr würdet Beide mit einander ertrinken. Wenn der Kahn über die Fälle geht, muß ich dabei sein."

„Gut, sei es so. Es bleibt also bei der Uebereinkunft."

Jasper nickte lächelnd seine Zustimmung, und der Gegenstand war abgemacht, als die Gesellschaft bei dem mehrerwähnten Kahne anlangte. Weniger Worte hatten schon über wichtigere Dinge zwischen den Partieen entschieden.

Drittes Kapitel.

Eh' Pflug und Karst auf diesen Feldern galt,

Floß voll vom Rand des Stromes Welle,

Und durch den frischen weiten Wald

Erklang der Wasser Echo helle;

Der Waldstrom brauste, Bäche spielten,

Und in dem Schatten sprang die Quelle.

Bryant.

Die Wasser, welche in die Südseite des Ontario einmünden, sind bekanntlich im Allgemeinen schmal, träg und tief. Doch gibt es einige Ausnahmen von dieser Regel, denn manche jener Flüsse haben reißende Strömungen oder Stromschnellen, wie man sie in diesen Gegenden nennt, andere haben Fälle. Unter die letzteren gehörte der Fluß, auf welchem unsere Abenteurer ihre Reise fortsetzten. Der Oswego wird von dem Oneida und dem Onondago, welche beide von Seen herkommen, gebildet, und fließt etwa acht oder zehn Meilen durch ein wellenförmiges Land, bis er den Rand einer Art natürlicher Terrasse erreicht, von dem aus er zehn bis fünfzehn Fuß tief in eine andere Ebene hinabstürzt und durch dieselbe in der stillen und ruhigen Weise eines tiefen Gewässers hingleitet, bis er seinen Zoll an den weiten Behälter des Ontario entrichtet. Der Kahn, in welchem Cap und seine Gesellschaft vom Fort Stanwix, der letzten militärischen Station an dem Mohawk, hergekommen war, lag an der Seite des Flusses, und nahm die ganze Gesellschaft, mit Ausnahme des Pfadfinders, auf, welcher am Lande blieb, um das leichte Fahrzeug abzustoßen.

„Laßt den Stern vorantreiben, Jasper," sagte der Mann der Wälder zu dem jungen Schiffer des See's, welcher Arrowheads Ruder ergriffen und selber die Stellung des Steuermanns eingenommen hatte, „laßt ihn mit der Strömung abwärts gehen. Wenn einige von diesen Teufeln, diesen Mingo's, unsere Fährte auswittern und bis zu dieser Stelle verfolgen, so werden sie zuerst die Spuren im Schlamm untersuchen, und bemerken sie, daß wir das Ufer mit stromaufwärts gerichteter Nase verlassen haben, so müssen sie natürlich zu der Vermuthung kommen, daß wir aufwärts gerudert seien."

Dieser Anweisung wurde Folge geleistet. Pfadfinder, welcher sich in der Blüthe seiner Kraft und Thätigkeit befand, gab nun dem Kahn einen kräftigen Stoß, und sprang mit einer Leichtigkeit in den Bug desselben, die das Gleichgewicht des Fahrzeugs nicht im mindesten störte. Als sie die Mitte des Flusses, wo die Strömung am stärksten war, erreicht hatten, drehte sich das Boot und begann geräuschlos stromabwärts zu gleiten.

Das Fahrzeug, in welchem sich Cap und seine Nichte zu ihrer langen und abenteuerlichen Reise eingeschifft hatten, war eines von den Rindencanoe's, welche die Indianer verfertigen, und die wegen ihrer außerordentlichen Leichtigkeit, wie auch wegen der Geschwindigkeit, mit der sie fortgetrieben werden können, ungemein geeignet für eine Fahrt sind, bei welcher Sandbänke, Treibholz und ähnliche Störungen so oft in den Weg treten. Die zwei Männer, welche die ursprüngliche Gesellschaft ausmachten, hatten es ohne das Gepäck manche hundert Ellen weit geschleppt, und das Gewicht desselben hätte wohl durch die Kraft eines einzelnen Mannes gehoben werden mögen. Demungeachtet war es lang, für einen Kahn weit, und nur die geringere Festigkeit mochte in den Augen der Ungewohnten als ein Mangel erscheinen. An diesen Uebelstand war man jedoch nach ein paar Stunden gewöhnt, und Mabel wie ihr Onkel hatten sich so weit in seine Bewegungen zu finden gelernt, daß sie nun mit vollkommener Gemüthsruhe ihre Plätze festhielten. Auch wurden die Kräfte des Kahns durch das Gewicht der drei Wegweiser nicht über Gebühr besteuert, da der breite runde Bauch desselben hinreichend Wasser verdrängte, ohne das Schanddeck der Oberfläche des Stromes merklich näher zu bringen. Die Arbeit daran war zierlich, die Sparren klein und mit Lederwerk befestigt, und der ganze Bau, so unbedeutend und unsicher er dem Auge erscheinen mochte, im Stande, vielleicht noch einmal so viel Personen, als sich darin befanden, weiter zu bringen.

Cap hatte einen niedrigen Quersitz in der Mitte des Kahnes und Big Serpent kauerte sich neben ihn auf die Kniee. Arrowhead und sein Weib saßen vor ihnen, da Ersterer seinen Platz hinten im Kahn verlassen hatte. Mabel hatte sich hinter ihrem Onkel halb auf ihr Gepäck zurückgelehnt, indeß der Pfadfinder und Eau-douce, der eine im Bug, der andere im Stern aufrecht standen, und langsam, fest und geräuschlos die Ruder bewegten. Die Unterhaltung wurde mit gedämpfter Stimme geführt; denn Alle fingen an die Notwendigkeit der Vorsicht zu fühlen, da sie sich nun den Außenwerken des Forts mehr näherten, und nicht mehr durch den Versteck des Waldes gedeckt waren.

Der Oswego war gerade auf dieser Strecke von tiefdunkler Farbe, nicht besonders breit, und der stille düstere Strom verfolgte seine Windungen unter überhängenden Bäumen, welche an manchen Stellen das Licht des Himmels fast ganz ausschlossen. Hie und da kreuzte ein halbgefallener Waldriese nahezu die Oberfläche und machte Vorsicht nöthig, indeß am Ufer Bäume von niedrigerem Wuchse Zweige und Blätter in das Wasser senkten. Das Gemälde, welches einer unserer Dichter so herrlich gezeichnet und wir als Epigraph diesem Kapitel vorangestellt haben, war hier verwirklicht. Die Erde gedüngt durch die vermoderte Vegetation von Jahrhunderten, der schwarze Lehmgrund, die Ufer des Stroms voll zum Ueberfließen, und der frische weite Wald — Alles erschien hier so lebenswarm, wie es Bryant für die Phantasie malte. Kurz, die ganze Scene war die einer reichen und wohlwollenden Natur, ehe sie der Mensch unterworfen — verschwenderisch, wild, vielversprechend, und auch in diesem rohesten Zustand nicht ohne den Reiz des Malerischen. Ich muß bemerken, daß der Zeitraum unserer Geschichte in das Jahr 175— fällt, in eine Zeit also, wo der Speculationsgeist abenteuerlicher Projektanten jenen Theil des westlichen New-Yorks noch nicht in die Gränzen der Civilisation gezogen hatte. In jener fernen Zeit gab es zwischen dem bewohnten Theil der Colonie New-York und den Gränzfestungen Canada's zwei große militärische Kommunikationskanäle, deren einer durch den Champlain- und Georgensee, der andere durch den Mohawk, den Wood-Creek, den Oneida und die oben genannten Flüsse vermittelt wurde. Längs dieser beiden Verbindungslinien waren militärische Posten aufgestellt. Diese fanden sich übrigens so spärlich, daß von dem letzten an dem Ursprung des Mohawks gelegenen Fort bis zum Ausfluß des Oswego sich eine unbesetzte Strecke von hundert Meilen ausdehnte, welche Cap und Mabel nun größtentheils unter Arrowheads Schutz zurückgelegt hatten.

„Ich wünschte mir wohl bisweilen die Zeit des Friedens wieder," sagte der Pfadfinder, „wo man den Wald durchstreifen konnte, ohne es mit einem andern Feinde als den wilden Thieren und den Fischen zu thun zu haben. Ach, wie manchen Tag habe ich und der Serpent zwischen den Strömen bei Wildpret, Salmen und Forellen zugebracht, ohne an einen Mingo oder einen Skalp zu denken! Bisweilen wünsche ich, diese gesegneten Tage möchten wiederkehren, denn die Jagd auf mein eigenes Geschlecht gehört nicht zu meinen eigentlichen Gaben. Ich bin überzeugt, daß des Sergeanten Tochter mich nicht für einen solchen Elenden hält, der seine Lust an Menschenblut hat!"

Nach dieser Bemerkung, welche halb fragend gemacht wurde, blickte der Pfadfinder hinter sich; und obgleich selbst der parteiischste Freund seine sonnverbrannten, harten Züge kaum schön nennen konnte, so fand doch Mabel sein Lächeln, seinen gesunden Verstand und die Aufrichtigkeit, die aus seinem ehrlichen Gesicht leuchtete, sehr anziehend.

„Ich glaube nicht, daß mein Vater einen Mann, wie Ihr ihn bezeichnet, ausgeschickt hätte, seine Tochter durch die Wildniß zu geleiten," antwortete das Mädchen, indem sie sein Lächeln, so freimüthig als es gegeben wurde, nur mit etwas mehr Anmuth erwiederte.

„Er hätte es nicht, nein, er hätte es nicht gethan. Der Sergeant ist ein Mann von Gefühl, und wir haben zusammen manchen Marsch gemacht und manchen Kampf ausgefochten — Schulter an Schulter, wie er es nennen würde — obgleich ich mir die Glieder immer frei gehalten habe, wenn ein Franzose oder Mingo in der Nähe war."

„So seid Ihr also der junge Freund, von dem mein Vater so oft in seinen Briefen gesprochen hat?"

„Sein junger Freund — der Sergeant ist gegen mich um dreißig Jahre im Vortheil, ja, er ist dreißig Jahre älter als ich, und nun eben so lange mein Vorgesetzter."

„In den Augen der Tochter wohl nicht, Freund Pfadfinder," warf Cap ein, dessen Lebensgeister wieder rege zu werden begannen, als er Wasser um sich fließen sah. „Die dreißig Jahre, deren Ihr erwähnt, werden von den Augen eines neunzehnjährigen Mädchens selten als ein Vortheil betrachtet."

Mabel erröthete, und während sie ihr Gesicht von den im Vordertheil des Kahnes befindlichen Personen abwenden wollte, begegnete sie dem bewundernden Blicke des jungen Mannes am Stern. Als letzte Zuflucht senkte sich nun ihr sanftes, blaues, ausdrucksvolles Auge gegen die Wasserfläche. Gerade in diesem Augenblick schwebte durch die Baumreihe ein matter, dumpfer Ton, getragen von einem leichten Luftstrome, welcher kaum ein Kräuseln auf dem Wasser hervorbrachte.

„Das klingt angenehm," sagte Cap, und spitzte die Ohren gleich einem Hunde, der entferntes Bellen hört.

„Es ist nur ein Fluß, der eine halbe Meile unter uns über einige Felsen stürzt."

„Ist ein Fall auf dem Strom?" fragte Mabel, indem sie noch höher erröthete.

,Der Teufel! Meister Pfadfinder, oder Ihr, Herr Eau-douce" (denn so begann Cap Jaspern in der vertraulichen Weise der Gränzleute zu nennen), konntet Ihr dem Kahn keinen besseren Strich geben und Euch näher an das Ufer halten? Diese Wasserfälle haben gewöhnlich Stromschnellen über sich, und eben so gut könnten wir uns dem Maelstrom [Ein Meeresstrudel zwischen den Klippen Norwegens in der Nähe der Felseninsel Moskoe.] als ihrem Saugen anvertrauen!"

„Verlaßt Euch auf uns, verlaßt Euch aufs uns, Freund Cap," antwortete der Pfadfinder; „wir sind zwar Frischwasserschiffer, und ich darf mir nicht einmal auf dieses viel zu gut thun; aber wir kennen die Strömungen und die Wasserfälle, und während wir darüber gehen, werden wir uns Mühe geben, unserer Erziehung keine Unehre zu machen."

„Darübergehen!" rief Cap. „Zum Teufel, Mensch, Ihr werdet's Euch doch nicht träumen lassen, über einen Wasserfall zu fahren in dieser Nußschale von Barke?"

„Gewiß, der Weg geht über die Fälle und es ist viel leichter, über diese wegzuschießen, als den Kahn auszuladen, und ihn sammt seinem Inhalt zu Land eine Meile Wegs herumzutragen."

Mabel kehrte ihr erblaßtes Antlitz gegen den jungen Mann am Sterne des Kahnes, denn gerade jetzt hatte ein frischer Luftstrom das Getöse der Fälle auf's Neue zu ihren Ohren getragen. Der Ton konnte wirklich Schrecken erregen, da nunmehr seine Ursache bekannt war.

„Wir dachten, die Frauen und die beiden Indianer an's Land zu setzen," bemerkte Jasper ruhig, „indeß wir drei weißen Männer, die wir an's Wasser gewöhnt sind, das Boot sicher darüber wegführen, denn wir sind schon oft über diese Fälle geschossen."

„Und wir zählen auf Euern Beistand, Freund Seemann," sagte der Pfadfinder, indem er Jaspern über die Achsel zuwinkte, denn Ihr seid des Wellensturzes gewohnt, und wenn nicht Einer auf die Ladung Acht hat, so möchten alle die feinen Sachen der Tochter des Sergeanten in der Flußwäsche zu Grunde gehen."

Cap war verwirrt. Der Gedanke, über die Fälle zu fahren, erschien seinen Augen vielleicht ernsthafter, als er denen, welche mit der Führung eines Bootes gänzlich unbekannt waren, vorkommen mochte; denn er kannte die Macht des Elements und die Rathlosigkeit des Menschen, wenn er der Wuth desselben ausgesetzt ist. Sein Stolz empörte sich aber gegen den Gedanken, das Boot zu verlassen, als er sah, mit welcher Festigkeit und Ruhe die Andern darauf bestanden, den Weg auf die bezeichnete Weise fortzusetzen. Ungeachtet dieses Gefühls und seiner sowohl angebornen als erworbenen Festigkeit in Gefahren, würde er übrigens seinen Posten wahrscheinlich dennoch verlassen haben, wenn seine Phantasie nicht von den Bildern der auf Skalpe lauernden Indianer so ganz hingerissen gewesen wäre, daß er den Kahn gewissermaßen als ein Asyl betrachtete.

„Was fängt man aber mit Magnet an?" fragte er, als die Zuneigung zu seiner Nichte neue Gewissensscrupel in ihm aussteigen ließ. „Wir können sie doch nicht an's Land setzen, wenn Indianer in der Nähe sind?"

„Nein, kein Mingo wird sich dem Trageweg nähern; denn dies ist ein Ort, der zu offen ist für ihre Teufeleien," antwortete Pfadfinder zuversichtlich. „Natur ist Natur, und es gehört zur Natur des Indianers, sich da finden zu lassen, wo er am wenigsten erwartet wird. Auf besuchten Pfaden hat man ihn nicht zu fürchten, denn er wünscht immer unvorbereitet zu überfallen, und die Schufte machen sich's zur Ehrensache, ihre Gegner auf einem oder dem andern Wege zu täuschen. Streich ein, Eau-douce; wir wollen des Sergeanten Tochter am Ende jenes Baumstrunkes landen, auf dem sie trockenen Fußes das Ufer erreichen kann."

Die Einlenkung geschah, und in wenigen Minuten hatte die ganze Gesellschaft, mit Ausnahme des Pfadfinders und der beiden Seeleute, den Kahn verlassen. Ungeachtet des Stolzes auf sein Gewerbe würde jedoch Cap freudig gefolgt sein, wenn er sich nicht gescheut hätte, in Gegenwart der beiden Frischwasserschiffer eine so unzweideutige Schwäche an den Tag zu legen.

„Ich rufe Alle zu Zeugen an," sagte er, als die Gelandeten sich zum Abzuge anschickten, „daß ich diese ganze Sache für weiter nichts ansehe, als für eine Kahnfahrt in den Wäldern. Es gilt keine Seemannskunst beim Hinunterstürzen über einen Wasserfall, und es ist eine Heldenthat, die der unerfahrenste Schlingel so gut wie der älteste Matrose bestehen kann."

„Nein, nein, Ihr habt nicht nöthig, die Oswegofälle zu verachten, denn wenn sie schon keine Niagara's, oder Genesee's, oder Cahoo's, oder Glenns, oder sonstige Fälle Canada's sind, so sind sie doch immer stark genug für einen Neuling. Laßt des Sergeanten Tochter auf jenen Felsen stehen, und sie wird sehen, wie wir unwissende Hinterwäldler über eine Schwierigkeit hingehen, unter der wir nicht wegkommen können. Nun, Eau-douce, feste Hand und sicheres Auge, denn Alles liegt auf Euch, da, wie ich sehe, Meister Cap für nichts weiter, als für einen Passagier zu rechnen ist."

Als er geendet hatte, verließ der Kahn das Ufer. Mabel erreichte mit schnellem und zitterndem Schritte den ihr bezeichneten Felsen und sprach mit ihrer Begleiterin über die Gefahr, in welche ihr Onkel sich so unnöthiger Weise begeben hatte, indeß ihr Blick unverwandt auf der behenden und kräftigen Gestalt von Eau-douce ruhete, welcher aufrecht in dem Stern des leichten Bootes stand und die Bewegungen desselben leitete. Als sie jedoch die Stelle erreicht hatte, wo sich ihr die Aussicht über den Wasserfall öffnete, stieß sie einen unwillkürlichen aber unterdrückten Schrei aus und bedeckte sich die Augen. Im nächsten Augenblick ließ sie aber die Hände wieder sinken, und nun stand das hingerissene Mädchen unbeweglich wie eine Statue, und beobachtete mit verhaltenem Athem, was vorging. Die zwei Indianer setzten sich theilnahmlos auf einen Baumstamm, kaum gegen den Strom hinblickend, indeß Arrowheads Weib sich Mabel näherte und auf die Bewegungen des Kahns mit demselben Interesse zu achten schien, mit welchem die Blicke der Kinder den Sprüngen eines Gauklers folgen.

Als das Boot in der Strömung war, sank Pfadfinder auf die Kniee und fuhr fort zu rudern. Er that es doch nur langsam und in einer Weise, welche die Bemühungen seines Gefährten nicht beeinträchtigte. Letzterer stand noch aufrecht, und da er sein Auge auf irgend einen Gegenstand jenseits des Falles gerichtet hielt, so war es augenscheinlich, daß er sorgfältig die für ihre Passage geeignetste Stelle ausspähte.

„Mehr West, Junge! mehr West," brummte Pfadfinder; „da wo Ihr den Wasserschaum seht. Bringt den Gipfel der todten Eiche in eine Linie mit dem Stamm der dürren Schierlingstanne."

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