Die Regulatoren in Arkansas

Текст
0
Отзывы
Читать фрагмент
Отметить прочитанной
Как читать книгу после покупки
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

Gott machte auch das Gute und Böse - es waren Brüder. Der eine ging aus, um Gutes zu tun, der andere, um seines Bruders Werke wieder zu zerstören. Dieser machte steinige, kiesige Stellen, ließ giftige Früchte wachsen und stiftete Unheil an. Der Gute wollte den Bösen gern vernichten, aber nicht mit Gewalt, schlug ihm also vor, daß sie einen Wettlauf anstellen wollten, wonach der Verlierer das Feld räumen sollte. Der Böse willigte ein und –“

"Halt!" rief der Methodist jetzt, indem er sich in seinem Eifer von dem Stamm erhob, auf dem er bis dahin gesessen. "Nicht geziemt es mir, am heiligen Sabbat solchen Erzählungen zu lauschen. Armer, verblendeter Heide - das ist dein unseliger Aberglaube, der dich an diesem Gewebe der Lüge hängen läßt - scheuche ihn von dir! Jesus Christus –“

Der Indianer sprach, während der Methodist diese Warnung schnell ausstieß, kein Wort, er unterbrach ihn mit keiner Silbe, aber er heftete einen so wilden, Zorn und Ingrimm sprühenden Blick auf den Prediger, daß dieser erschreckt in seiner Rede einhielt und scheu nach dem nicht weit entfernten Hause zurücksah. Assowaum bezwang jedoch den in seiner Brust tobenden Sturm, und nur finster den fremden Apostel betrachtend, sprach er, als dieser plötzlich schwieg, mit fester, wenn auch leiser Stimme: "Ich habe Euren Worten gelauscht. Ihr habt mir von dem Häuptling erzählt, der Stöcke in Schlangen verwandelte und Wasser aus dem Felsen preßte; von dem Fisch, der den Menschen tagelang in seinem Bauch aufbewahrte und dann wieder ans Land spie; von dem Propheten, der auf einem feurigen Wagen in den Himmel fuhr, und von dem, der geopfert wurde und starb und doch wieder lebendig auf die Erde kam. Assowaum hat alles geglaubt. Ich erzähle Euch jetzt, wie der große Geist in diesem Teile der Welt seine Kinder erschaffen habe, und Ihr nennt mich einen Lügner. Geht!" sagte er, seinen Arm dabei gegen den etwas beschämten Priester ausstreckend. "Das Auge des blassen Mannes sieht nur auf die Seite, auf der sein eigener Wigwam steht, alles andere ist schwarz."

Ohne eine weitere Antwort abzuwarten, schritt Assowaum, das Nachbringen des Gepäcks seiner Squaw überlassend, dem Hause zu.

Hier hatte Harper indessen seine Geschichte unter dem Gelächter und den Beileidsbezeugungen der übrigen vollendet, die sich, als Mittag heranrückte, größtenteils wieder nach ihren verschiedenen Wohnörtern zerstreuten, um dort ihre Mahlzeiten nicht zu versäumen. Nur Harper und Brown waren von der alten Mrs. Roberts als so "gar seltene Gäste" eingeladen worden, an dem einfachen Mahle teilzunehmen.

Ehe jetzt der Tisch gedeckt ward, winkte Roberts noch einmal dem jungen Brown zu, mit ihm zu der Einfenzung zu kommen, wo er seine guten Pferde hielt, denn das war ein Gegenstand, in dem sich sein ganzer Stolz und Ehrgeiz konzentrierte. Pferde durfte niemand im Staate besser haben als er, und wer mit dem alten Roberts tauschte, konnte sicher sein, daß er den kürzern zog, denn keiner hatte ein sichereres Auge für die Fehler oder Tugenden des edlen Tieres als gerade dieser.

Ehe wir übrigens mit dem alten Mann näher bekannt werden, möchte es vielleicht nötig sein, eine kleine Schwäche zu erwähnen, die er sich in seinen Reden angewöhnt hatte. Er kam nämlich stets aus dem Hundertsten ins Tausendste, das heißt: er vermochte nie den Satz, von welchem er ausgegangen, festzuhalten. Die, welche näher mit ihm bekannt waren, wußten das schon und unterbrachen ihn immer zur rechten Zeit, wo er sich dann augenblicklich zu seinem ersten Satze zurückfand. Ließ man ihn aber ungestört gehen, so verlor er die Bahn und kam dann endlich, ohne sich auch nur mit einem Worte noch an das erinnern zu können, was er hatte sagen wollen, zu einem plötzlichen Halt.

In dem sogenannten "Lot" angelangt, machte er nun den jungen Mann auf die einzelnen Tiere besonders aufmerksam, pries ihm, wie billig er dieses, wie teuer er das gekauft, was für Wetten jenes gewonnen, in wieviel Minuten ein anderes die Bahn durchlaufen. Er befand sich auch hier so recht in seinem Element, noch dazu, da ihm Brown nicht undeutlich zu verstehen gab, er gedenke in diesen Tagen selbst ein Pferd von ihm zu kaufen, und zwar ein starkes, kräftiges, das für den texanischen Freiheitskampf tauglich sei.

"Das können Sie bei mir bekommen, Brown, das können Sie bekommen!" rief der Alte freudig, in dem Augenblicke ganz vergessend, daß er dadurch den jungen Mann aus der Nachbarschaft verlieren würde. "Dort der Fuchs ist ein Mordpferd - nicht totzumachen abends so munter wie morgens und erst vier Jahre alt - aber - wie ist mir denn? Sie wollen nach Texas? Ih, zum Henker, das leiden wir nicht - ich verkaufe gern ein Pferd, doch soll mich –“ Er sah sich dabei unwillkürlich um, ob seine Frau nicht zufällig in der Nähe wäre und sein Fluchen hören könnte. "Nein, Brown, das ist nichts. Texas ist ein Land, wo es keinem Christenmenschen gut geht; nur die Indianer allein - und was für Bande ist das! Ich weiß noch recht gut, wie die von der Creek-Nation hier durchkamen; Mais kostete damals zwei Dollar der Bushel, und wir konnten nicht genug für sie anschaffen. Jetzt ist der Mais freilich billiger, nur wer ihn nach Little Rock –“

"Dieses ruhige Leben hier sagt mir nicht zu -, ich muß mich ein wenig in der Welt umsehen", unterbrach ihn Brown, "später komm ich wieder zurück."

"Von Texas? Eh? Von dort kommt niemand mehr zurück - kein ordentlicher Kerl wenigstens - alle Schufte und Spitzbuben gehen ja jetzt dorthin, und das Sprichwort ‚Geh in die Hölle' ist ganz abgekommen, man wird noch boshafter und wünscht den Leuten eine Reise nach Texas. Der Boden dort ist auch nicht besser als der unsere; ich habe unten im Canebottom Land, das ich nicht für zehn Dollar den Acker verkaufen möchte, und die Mast - Sie sollen einmal im nächsten Winter meine Schweine sehen; ich habe mir auch von Atkins eine neue Art gekauft - die mit ungespaltenen Hufen. Atkins ließ mir zwei ab, und ich hätte noch mehr genommen, sein Bruder aber - der Advokat in Poinsett County, der sich erst neulich dort niedergelassen hat - denn das wissen Sie doch, daß jetzt eine Menge Menschen dort in den Sumpf gezogen sind?"

"Bei Ihnen wird es jetzt auch recht still im Hause werden!" sagte Brown, der einen Augenblick in tiefen Gedanken vor sich hingestarrt hatte. "Ihr Sohn ist nach Tennessee, und wenn - Marion heiratet -"

"Ja, das ist wahr; wird mir sonderbar vorkommen. Nun, ich bin auch nicht schuld daran, habe genug dagegen geschimpft. Ich weiß nicht, ich kann die Priester nicht leiden."

"Er scheint sonst ein ordentlicher, stiller Mann zu sein!"

"Still? Ja - sehr still; aber - unter uns - er kommt mir gar nicht wie ein Mann vor. Neulich hat ihm Heathcott Sachen gesagt, nach denen ich ihm ein Messer durch den Leib gerannt hätte, er erwiderte aber nichts. Der Heathcott ist zwar ein wilder Bursche, sein Vater war noch einer von den alten Virginiern, die damals -"

"Wie Sie mir sagten, ist die Hochzeit in vier Wochen, nicht wahr?"

"In vier Wochen - ja - ich hab' ihm gesagt, daß er meine Tochter nicht eher bekommen kann, bis er das Land gekauft, auf dem er wohnt, und sich überhaupt so eingerichtet hat, daß er eine Frau anständig ernähren kann. Man braucht hier im Walde gerade nicht viel, aber ein kleines Kapital ist doch nötig; Bargeld ist überhaupt etwas sehr Seltenes, und die Banken -"

"Wovon ernährt sich Rowson eigentlich? Für sein Predigen empfängt er doch kein bares Geld -"

"Nein - bewahre; er hat aber noch ein kleines Vermögen in Tennessee, acht- oder neunhundert Dollar, wie er mir gesagt hat. Einen Teil von dem erwartet er in drei Wochen, und dann hab' ich meine Einwilligung zugesagt - die Mutter ist ganz versessen auf die Verbindung. Ich hätte auch nichts dagegen, aber - der Blick von dem Menschen gefällt mir nicht. Es ist sonderbar, was der erste Blick manchmal für einen Eindruck macht. In Tennessee, wo ich doch früher wohnte, und wo mein Vater am Wolfriver achtzig Acker Land hatte - Sie kennen doch den Wolfriver? - herrliches Land, und in Memphis, kaum eine halbe Meile davon, ist auch ein vorzüglicher Markt für alte Produkte. - Wie lange ist's nun her, daß ich nicht in Memphis war? Lieber Gott, wie die Zeit vergeht, das war damals, als das erste Dampfboot vorbeikam - die New-Orleans. Ja, ja, das muß 1811 gewesen sein - 1811. Nachher kam der Krieg wieder, und wir marschierten hinunter nach Louisiana, kamen aber zu spät; Old Hickory hatte die Britischen schon geklopft.9 Dann später, 1815, war der starke Frost, der uns damals die ganze Frucht verdarb - so ein Frost ist mir auch im Leben noch nicht wieder vorgekommen. Aber Brown - an was denken Sie denn eigentlich? Sie sehen ja so starr vor sich nieder, fehlt Ihnen etwas? - Wovon sprach ich doch gleich?"

„Mir? Nein - nichts - ich habe etwas Kopfschmerz und glaube, ich habe heute morgen zu viel über Onkel Bens Abenteuer gelacht. Ja, wir sprachen von unserem Pferdehandel."

"Oh, das hat noch Zeit! - Aber hallo - wer kommt da? Eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs Mann zu Pferde, und alle mit Büchsen und Messern? Nun, das ist eine gute Empfehlung bei meiner Frau; Heathcott und Mullins und Smith und Heinze, der Herr segne uns, das sind die ‚Regulatoren', da brennt's wieder irgendwo. Nun, wir werden ja gleich hören."

Der alte Mann öffnete schnell die Pforte, und Brown folgte ihm hinaus, die Reiter zu begrüßen, die jetzt in kurzem Trabe den breiten Weg zwischen den Feldern von westwärts herkamen.

VIERTES KAPITEL
Die Regulatoren - Zank und Kampf

Das Lynchgesetz, das heißt die Ausübung der Gerechtigkeit von nicht dazu befugten Personen, das Bestrafen von Verbrechern durch die einzelnen Bürger des Staates selbst, hatte in Arkansas wieder einmal seit kurzem recht überhandgenommen, und es zu verhindern, waren die Gesetze geschärft, ja sogar schwere Strafen auf die Bildung von eigenmächtigen Geschworenengerichten gesetzt worden. Wenig half das aber in einem Staate, wo noch kaum ein Weg die Wildnis durchschnitt und der Arm der Gerechtigkeit nicht hinausreichte über die nächsten Ansiedlungen. Arkansas war dabei in jener Zeit der Sammelplatz aller der Raubbanden geworden, die sonst in Missouri, Illinois, Kentucky, Tennessee und Mississippi ihr Wesen getrieben hatten, und mit Recht traten die Ansiedler zusammen und zogen gemeinschaftlich gegen den Erbfeind zu Felde, der ihnen den Frieden ihrer Wohnungen zu zerstören drohte. Wie aber jede Sache ihre Licht- und Schattenseiten hat, so auch hier. Wo einesteils mancher Schurke plötzlich und unerwartet vor Gericht gezogen und seiner gerechten Strafe überantwortet wurde, ohne daß man Friedensrichter oder Sheriff deshalb bemühte, traf es sich auch manchmal, daß persönlicher Haß und Rachgier die Erbitterung der Menge gegen einzelne Unschuldige lenkte, um diese die Macht fühlen zu lassen, die für den Augenblick in die Hände ihrer Feinde gegeben war. So rissen in White County die Regulatoren eines Tages einen ehrbaren, fleißigen Farmer aus der Mitte seines Familienkreises, banden ihn vor den Augen seiner Frau, die noch glücklicherweise durch eine Ohnmacht dem Schrecklichsten entzogen wurde, unter dem Jammern und Wehklagen seiner Kinder an einen Baum und peitschten den Unglücklichen auf eine entsetzliche Art, um ihm das Geständnis eines Verbrechens zu erpressen, das er nicht begangen hatte. Zwar bewies er später seine Unschuld und erschoß den Rädelsführer jener Bande, seine Frau hatte der Schreck und die Angst aber so angegriffen, daß sie in ein hitziges Fieber verfiel und wenige Monate danach starb. Man sagte auch, daß Heathcott damals mit unter jenen Regulatoren gewesen sei und er deshalb White County habe verlassen müssen. Auf jeden Fall war er ein wilder, roher Bursche, mit dem niemand gern etwas zu tun hatte - ein echter Kentuckier voller Prahlerei und Rauflust, wenn auch sonst ehrlich und brav.

 

Die übrigen Männer waren größtenteils Farmer aus der Nachbarschaft, und alle in ihre Jagdhemden gekleidet, mit Büchsen, Bowiemessern, Pistolen und Tomahawks bewaffnet. Heathcott besonders starrte von Gewehren und Dolchen und rechtfertigte den Ausruf Roberts', der zu Brown sagte, er sehe aus wie ein Kaperschiff, das seine Waffen an Deck geschafft hätte und entern wollte.

"Hallo, Gentlemen", rief der alte Mann jetzt, sie begrüßend, "wes Weges? Wohin soll die Reise gehen? Kommen die Indianer, daß Sie sich auf eine so entsetzliche Art mit Messern und Schießgewehren versehen haben?"

"Indianer? Nein!" rief Heatcott. "Aber noch etwas viel Schlimmeres; die Pferdediebe sind wieder los, oben am Arkansas haben sie dem Richter Rowlove vier Stück gestohlen, und die Fährten führten südöstlich. Der verdammte Regen vorgestern nacht hat sie aber verwaschen, und wir konnten nicht mehr erkennen, ob sie nach den heißen Quellen10 zu oder weiter östlich gingen. Vergebens haben wir gestern den Wald nach allen Richtungen durchsucht, es ließ sich weiter nichts mehr tun, als daß wir Hostler den Fluß hinunter und Bowitt nach Hot Spring County hinüberschickten, Wir anderen wollten jetzt hinunter zu Wilkins, um weitere Schritte für die Zukunft zu bereden. Geht einer von Ihnen mit?"

"Danke schön!" sagte Roberts. "Macht das untereinander aus, ihr jungen Burschen. Meine alten Knochen sind das Waldlaufen nicht mehr gewohnt."

"Ihr habt aber ebenfalls viele Pferde. Wer weiß, wann Euch die Schufte einmal einen Besuch abstatten; nachher werdet Ihr schon kommen", lachte Heathcott.

"Wollen's abwarten, ich muß ihnen aber doch an keiner recht bequemen Stelle hier liegen, sonst wäre mir schon etwas weggekommen. Mich verschonen sie wirklich merkwürdig."

"Sollte beinahe verdächtig aussehen", grinste der Kentuckier.

"Nein, nein", lachte gutmütig der alte Mann, "das gerade nicht. Aber wollt ihr denn nicht zum Hause gehen, Gentlemen, und einen Bissen essen? Guten Morgen, Heinze, guten Morgen, Mullins, hallo, Peter, das ist wohl ein neues Pferd, das Ihr da reitet? Das hab' ich noch nicht gesehen - hübsches Tier."

"Wir nehmen Euer Anerbieten an", sagte Heathcott, vom Pferde steigend, während die übrigen seinem Beispiel folgten. "Wilkins hat überdies nie etwas zu essen, und da ist's doch besser, wir sehen uns hier vor. Aber nur keine Umstände - die Pferde mögen inzwischen ein bißchen ruhen."

Brown hatte indessen einige der Männer, mit denen er in der kurzen Zeit seines Aufenthalts bekannt geworden war, begrüßt und schritt mit ihnen dem Hause zu, wo das kleine Negermädchen emsig bemüht war, für die unerwarteten Gäste Maisbrot zu backen und Schweinefleisch zu braten.

"Und Ihr, Mr. Brown?" fragte Heathcott jetzt, sich an den jungen Mann wendend. "Habt Ihr keine Lust, der guten Sache Euren Arm und Euer Auge zu leihen? Es können unser gar nicht zuviel sein, da wir, mit dem Gesetze gegen uns, dem Staate beweisen müssen, wie sehr es uns Ernst um die Sache ist."

"Ich muß bitten, mich zu entschuldigen", erwiderte Brown; "erstlich bin ich nur ein sehr flüchtiger Besuch in dieser Gegend, mit dem Wald und der ganzen Lage des Landes noch nicht einmal recht bekannt, und dann, will ich Euch aufrichtig gestehen, habe ich keine Freude an dem Richtwesen der Regulatoren, das nur zu oft zum Unwesen wird."

"Sir!" sagte der Kentuckier etwas gereizt. "Sie werden uns doch wohl zugestehen, daß wir hier am besten wissen, wo uns der Schuh drückt?“

"Natürlich - natürlich", erwiderte Brown freundlich. "Ich maße mir auch weiter kein Urteil darüber an, behalte mir aber dafür auch meine eigene Handlungsweise vor."

"Mit euch Herren, die ihr nur immer von einem Staate zum andern huscht, weiß man nie, woran man ist", sagte Heathcott, einen keineswegs freundlichen Seitenblick nach dem jungen Mann hinüberwerfend. "Einmal seid ihr in Missouri, einmal in Texas, und habt überall Bekannte und Freunde. Ihr tretet vielleicht aus Rücksicht gegen eure Freunde den Regulatoren nicht bei?"

"Mr. Heathcott", erwiderte Brown sehr ernst, aber auch sehr artig, "ich will diese Anspielung von Ihrer Seite nicht verstehen, denn ich kann mich dadurch nicht getroffen fühlen. Was mein Betragen, mein Reisen aus einem Staate in den andern betrifft, so bin ich darüber keinem Menschen Rechenschaft schuldig als mir selbst."

Die andern Farmer mischten sich aber jetzt in das Gespräch und duldeten nicht, daß Heathcott noch etwas sagte, das die Gefühle des jungen Mannes verletzen konnte. Sie hatten ihn alle liebgewonnen, fürchteten dagegen ihren Führer mehr, als sie ihn achteten.

"Herein, Gentlemen, herein hier!" rief ihnen Roberts aus der offenen Haustür zu. "Sie müssen fürliebnehmen, ich habe Ihnen schnell etwas herrichten lassen, damit Sie nicht bis zum Mittagessen zu warten brauchen. Also setzen Sie sich und - helfen Sie sich selbst."

Die Leute ließen sich das nicht zweimal sagen, und nachdem sie die Frauen im Hause begrüßt, setzten sie sich ohne weitere Umstände, ja ohne nur all die vielen Mordgewehre, mit denen sie umsteckt waren, abzulegen, an den reichlich gedeckten Tisch. Eben wollten sie auch zulangen, als Rowson, der neben Mrs. Roberts am Feuer gestanden hatte, an die Tafel trat, die Hände faltete und ein Tischgebet zu sprechen begann.

Die Farmer, die einesteils selbst Methodisten waren, andernteils die Sitte des Hauses ehrten, legten die schon ergriffenen Messer wieder nieder und sahen andächtig auf die leeren Teller herunter, Heathcott hingegen blickte ärgerlich zu dem Prediger empor, der ihn übrigens gar nicht zu bemerken schien und ruhig in der Ausübung seiner Pflicht, wie er es nannte, fortfuhr.

Wären die Damen nicht gegenwärtig gewesen, so hätte sich der Zorn des rauhen Mannes wohl schon bei dieser Gelegenheit Luft gemacht, so aber unterdrückte er ihn oder sparte ihn wenigstens für eine passendere auf und begann sein Mahl, während der Betende noch das Amen sprach. Daß solches Betragen Mrs. Roberts auf das tiefste verletzte, braucht wohl nicht erwähnt zu werden. Sie setzte sich höchst erbittert in ihren Schaukelstuhl nieder und murmelte etwas von "rohen, sündhaften Menschen", was jedoch nur zu dem Ohr des Priesters gelangte, der wieder an ihre Seite getreten war und jetzt seufzend dazu mit dem Kopfe nickte.

"Mrs. Roberts - Sie führen wohl nicht einen Schluck Whisky im Hause?" fragte Heathcott nach einer kleinen Pause, sich dabei mit dem Ärmel seines ledernen Jagdhemdes den Mund wischend. "Wir haben da drüben bei Bowitts so verdammt scharfes Zeug getrunken, daß es einem die Eingeweide fast verbrennt."

"Ich halte keinen Whisky", erwiderte Mrs. Roberts, durch diese Frage aufs neue erregt. "Mrs. Bowitt täte ebenfalls besser, solches Getränk nicht in ihrem Hause zu dulden."

"Ja - das hab' ich ihr auch gesagt", lachte Heathcott, der entweder die Meinung der alten Dame nicht verstand oder nicht verstehen wollte, "es ist eine Schande. Bei dem Krämer am Petite-Jeanne könnte sie, für einen Dollar die Gallone, das beste Gebräu in der Welt bekommen - echten Monongaheia."

"Mr. Heathcott sollte doch eigentlich sehen", sagte Rowson milde, "daß ein Gespräch über Whisky den Ohren der Mrs. Roberts nicht gerade angenehm ist."

"Mr. Rowson täte wohl, sich um seine eigenen Angelegenheiten zu bekümmern", antwortete Heathcott scharf.

"Ich habe den Pferden etwas Korn geben lassen, Gentlemen!" rief jetzt der alte Roberts, der eben mit Harper und Brown aus dem Pferdestall zurückkehrte, zur Tür herein.

"Dank Euch! Dank Euch!" riefen Smith und Heinze, froh, eine Ausrede zu haben, vom Tische aufzustehen und ein Gespräch zu unterbrechen, das nur unangenehm enden konnte.

Smith blieb noch einen Augenblick zurück, als die anderen Männer hinaustreten, und sagte freundlich zu Mrs. Roberts: "Ihr müßt Heathcott die rauhe Rede nicht so übelnehmen, Madame. Wir sind scharf geritten heute morgen, und wie wir zu Bowitts kamen, trank er wohl eigentlich ein wenig mehr, als sich gehörte."

Die alte Dame erwiderte nichts und schaukelte sich nur heftiger, Rowson dagegen dankte dem Nachbar freundlich für seine gute Meinung und versicherte ihm, er hege nicht den geringsten Groll gegen Heathcott. "Es ist ein rascher, junger Mann", fuhr er gutmütig lächelnd fort, "und meint auch wohl nicht alles so bös, als es bei ihm herauskommt."

"Ich werde ihm sehr verbunden sein, wenn er mein Haus nicht wieder mit seiner Gegenwart beehrt", platzte Mrs. Roberts plötzlich heraus. "Ich erziehe mein Kind gottesfürchtig und will weder, daß dieses in meinen eigenen vier Wänden ein böses Beispiel sieht, noch -"

"Aber, Mutter!" bat Marion.

"Noch, daß fromme Leute –“ fuhr die alte Frau, ohne sich unterbrechen zu lassen, fort, "die das reine Gotteswort predigen, unter meinem Dache beleidigt werden - sagen Sie das dem Mister Heathcott." Und aufs neue begann sie in dem Stuhle zu schaukeln, als ob sie sich vorgenommen hätte zu versuchen, wie weit sie es treiben könnte, ohne umzuschlagen.

Smith, ein ruhiger, friedlicher Mann und selbst Methodist, war zu sehr mit alledem, was Mrs. Roberts eben gesagt hatte, einverstanden, um etwas dagegen einzuwenden, und folgte schweigend den übrigen vor die Tür. Dort hatten sich die meisten teils auf Stühlen, teils auf Baumstämmen und Trögen niedergelassen und sprachen von dem, was ihnen allen am nächsten lag, von den immer mehr und mehr um sich greifenden Pferdediebstählen.

"Die Schufte müssen hier im County einen Hehler haben, sonst begreif' ich nicht, wie es möglich ist, daß sie uns immer irreführen", sagte Mullins.

"Ja, und wohin sie die gestohlenen Pferde schaffen, bleibt mir auch ein Rätsel", rief Roberts. "Ein Gaul ist doch kein Vogel, der über die Erde geht, ohne Spuren zu hinterlassen."

"Nur Geduld!" beteuerte Heathcott. "Nur Geduld, es hat jedes sein Ziel, und wir erwischen die Burschen einmal, wenn sie sich's am wenigsten versehen. Aber dann will ich verdammt sein, wenn ich einem von den Hunden das Leben schenke. Lumpig ist's, daß sie im vorigen Jahre die Todesstrafe auf Pferdediebstahl hier in Arkansas abgeschafft haben - das hieß dem Volke mit klaren Worten sagen: Jetzt helft euch selber - wir wollen's nicht mehr."

"Ich weiß nicht, hart bleibt's immer, eines Pferdes wegen ein Menschenleben zu nehmen", warf Brown ein.

"Hart? Zum Teufel auch!" rief Heathcott, sein großes Messer neben sich in die Rinde des Stammes stoßend, auf dem er saß. "Wer mir mein Pferd stiehlt, stiehlt einen Teil meiner selbst. - Ich habe jetzt drei verkauft und trage das Geld davon bei mir - es ist sozusagen mein ganzes Vermögen, mit dem ich mich anzubauen gedenke - Wer mir die Pferde gestohlen, hätte mir damit auch zugleich meinen ganzen künftigen Lebensplan zerstört, und das ist schlimmer, als wenn er mich über den Haufen geschossen. Nein, Tod den Schuften! - Laßt sie nur sehen, daß es uns ernst ist, und wir werden sie, das heißt die, die wir nicht gehangen haben, bald aus Arkansas los sein."

 

"Euch scheint an einem Menschenleben wenig zu liegen", warf Brown ein.

"Sehr wenig", antwortete Heathcott, sein Spiel mit dem Messer wiederholend.

"Ihr taxiert dann das Eurige auch nicht besonders hoch?" lachte Harper. "Eh? Sonst würdet Ihr's nicht mit dem jedes Lumpen in die Waagschale legen."

"Hoch genug, um den neun Zoll kalten Stahles schmecken zu lassen, von dem ich glauben müßte, daß er mir gefährlich werden könnte", rief Heathcott, sich wild im Kreise umsehend. "Dies ist ein freies Land, und jeder hat seine Ansichten, ich will aber verdammt sein, wenn ich die meinigen nicht oben behalte - so viel ist sicher. Aha, da ist auch der Mr. Rowson wieder", fuhr er höhnisch fort, als er die ehrwürdige Gestalt des Mannes, mit dem Hut auf dem Kopfe und dem Gebetbuch unter dem Arme, in der Tür bemerkte. "Auch einer von den Schleichern, die mit dem Schafsfell prahlen und den Fuchs nur zuweilen durchschauen lassen."

Rowson wandte sich an den Negerknaben, der eben zum Hause kam, und bat ihn, sein Pferd zu holen. Heathcott aber, durch die Nichtachtung des Predigers, der sich stellte, als ob er die Worte gar nicht gehört hätte, erbost, sprang auf und rief drohend: "Nun, Meister Höllentreter, ich dächte, ich wäre einer Antwort wert, wenn ich auch ein Sünder bin."

Ehe aber Rowson nur ein Wort erwidern konnte, sprang Brown auf, faßte Heathcott an der Brust und schleuderte ihn mit so gewaltigem Griff zurück auf seinen Platz, daß er über den Stamm hinweg und sich im Fallen blutig schlug. Alle anderen sprangen erschreckt empor, mit ihnen aber auch der Kentuckier. Das Messer ergreifend, das neben ihm hinuntergefallen war, setzte er mit einem Sprunge über den umgestürzten Baum hinweg und wollte sich eben auf seinen Angreifer werfen, als dieser ihm, ohne einen Zollbreit von seiner Stelle zu weichen, ein gespanntes Terzerol entgegenhielt. Heathcott, der keine Waffen bei ihm vermutet hatte, fuhr zurück und wollte seine Büchse ergreifen. Die übrigen Männer fielen ihm aber in den Arm und riefen einstimmig, daß sie keinen Mord hier dulden wollten.

"Zurück mit euch!" schrie Heathcott. "Zurück! Laßt mich an den Buben - das fordert Blut. - Sein Herzblut muß ich haben - verdamm euch - die Augen aus seinem Kopfe."

"Laßt ihn los", sagte Brown jetzt, das Terzerol einsteckend und ein ebensolches Messer, wie es Heathcott führte, unter der Weste hervorziehend. "Laßt ihn los, und wir können dann gleich sehen, wer der beste Mann ist."

"Um Gottes willen, Mr. Harper, dulden Sie das Schreckliche nicht", bat Marion, die mit totenbleichem Antlitz aus dem Hause flog und die Hand des alten Mannes zitternd ergriff. "Der böse Heathcott bringt ihn um."

"Seien Sie ruhig, liebes Kind", beschwichtigte Harper die Flehende, "und gehen Sie vor allen Dingen ins Haus zurück. - Dies ist jetzt kein Platz für ein junges Mädchen - hat die Kugel erst einmal das Rohr verlassen, so weiß niemand, wohin sie geht."

"Er wird ihn töten", klagte das Mädchen.

"Wen? Ihren Bräutigam? Nein. - Er hat ja den Streit mit meinem Neffen."

Marion barg das Antlitz schluchzend in ihrem Tuche und ließ sich willenlos von Rowson, der zu ihr getreten war, ins Haus geleiten.

"Zurück! sag ich", schrie Heathcott in höchster Aufregung. "Gebt mir meine Büchse - ich muß den Hund über den Haufen schießen."

"Laßt ihn los", rief nun auch Brown in schnell auflodernder Kampflust. - "Laßt ihn frei - er hat Messer genug an sich herumstecken, einen ehrlichen Kampf zu wagen - weg da, Männer von Arkansas! Wollt ihr einen gleichen Streit hindern?"

"Gut!" sagte Mullins. "Ihr mögt es ausfechten, aber die Büchse bekommt er nicht. - Wir wollen keinen Mord dulden - ein Kampf ist etwas anderes."

Heathcott sah sich im nächsten Augenblicke frei, und die Männer bildeten einen Kreis um die beiden. Der eben noch so wilde Kentuckier schien jedoch durch den kalten, furchtlosen Blick seines Gegners gewaltig abgekühlt, und wenn er auch krampfhaft das Messer mit der Hand umschloß und dem ihn fest Erwartenden wütende Blicke zuschleuderte, so blieb er doch wie festgebannt auf seiner Stelle stehen und griff nicht an. Eine peinliche Stille trat ein, die Männer umstanden die Feinde und wagten kaum zu atmen, während Marion in der Tür des Hauses mit leichenblassen Wangen und stieren Augen hinüberstarrte nach dem Kreise und in krampfhafter Aufregung, die Hände fest auf die Brust gefaltet, zitternd und bangend den Erfolg des Gräßlichen erwartete.

Heathcott befand sich in einer peinlichen Lage, er fürchtete augenscheinlich den Stahl des Feindes, aber mehr fast noch den Spott oder das höhnische Lächeln der Kameraden, das er glaubte erwarten zu müssen, wenn er den dargebotenen Kampf nicht annähme; da schlugen sich die Freunde ins Mittel und zwischen die Männer tretend, trennten sie die Streitenden.

"Kommt, Heathcott", sagte Heinze, "ihr habt alle beide unrecht, und es ist eine Sünde und Schande, daß sich zwei ordentliche Kerle zerfleischen sollten, wo es noch Lumpengesindel genug im Walde gibt, an dem sie ihre Wut auslassen könnten. Kommt - es wird Zeit, daß wir aufbrechen, und es ist auch nicht recht, den Sonntag der Leute hier zu stören, die uns freundlich aufgenommen haben."

"Das ist alles, was mich bis jetzt abgehalten hat, jenen Gelbschnabel zu züchtigen", knirschte Heathcott. "Aber warte, Bursche – ich finde dich, und Gnade dir Gott, wenn du mir einmal vors Rohr kommst."

"Heathcott - Heathcott", warnte Mullins, "das sind böse, gefährliche Reden, sehr gefährliche Worte."

"Laßt ihn", lachte Brown verächtlich, das Messer in die Scheide zurückstoßend. "Laßt ihn prahlen; es ist der einzige Genuß, den er vom Leben hat."

"Komm, Bill", sagte Harper, den Widerstrebenden ins Haus ziehend, "komm, Bill - laß die Burschen erst fort - du hast jetzt deiner Ehre genügt, und es freut mich, daß sich meiner Schwester Sohn so brav benommen hat. Das tut's aber nun auch - denk an die Frauen, Marion ist vorhin erst ohnmächtig geworden." , "Marion ohnmächtig?" fragte Brown schnell, indem er dem Hause zusprang. "Ja so", sagte er aber dann langsamer, indem er wieder stehenblieb. "Ihr Bräutigam ist ja bei ihr, daran dacht' ich nicht. Sie wird sich wohl wieder erholen."

Die Regulatoren hatten indessen den Platz verlassen, und auch Rowson schickte sich an heimzureiten. Harper folgte dagegen der Einladung Roberts' und blieb in dessen Hause, um am nächsten Morgen die versprochene Jagd mitzumachen und den alten Bahrens zu besuchen, von dem er so viel gehört hatte.

Rowson sprach noch ein langes Gebet, ehe er sein Pferd bestieg, teils um die Vergebung des Höchsten für die entsetzliche Entweihung des Sabbats zu erflehen, teils um ihm zu danken, daß dieser Kelch ohne Blutvergießen vorübergegangen war. Ehe er sich jedoch aufs Pferd schwang, ging er zuerst noch auf den jungen Brown zu und sagte: "Ihr habt Euch heute meiner angenommen, und ich danke Euch. Wenn aber jener Bube auch auf Rache sinnt, fürchtet nichts, der Himmel wird Euch beschirmen, baut auf dessen Schutz."

Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»