1177 v. Chr.

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Zurück nach Ägypten





Wir müssen uns dabei in Erinnerung rufen, dass die oben genannten Gegenstände nur einen kleinen Teil der Objekte darstellen, die damals das Mittelmeer überquerten. Viele der Waren, mit denen man während der späten Bronzezeit handelte, waren verderblich und haben keinerlei verwertbare Spuren hinterlassen. Getreide, Wein, Gewürze, Duftstoffe, Holz und Textilien – all das ist längst verrottet. Aus Rohstoffen wie Elfenbein, Edelsteinen wie Lapislazuli, Achat und Karneol und Metallen wie Gold, Kupfer und Zinn wurden vor Ort meist neue Objekte gefertigt, zum Beispiel. Waffen oder Schmuck. Somit sind die in der Antike am häufigsten über die internationalen Handelswege transportierten Güter verwest, verarbeitet worden oder anderweitig verschwunden. Dennoch lässt sich auch die Existenz verderblicher Handelsware belegen: durch schriftliche Zeugnisse und durch die Darstellung in Wandmalereien, die bis heute überdauert haben. Solche Bilder, Inschriften und literarischen Hinweise verraten einem eine Menge über den Kontakt zwischen verschiedenen Völkern – vorausgesetzt, man weiß sie zu interpretieren.



Insofern sind die Wandbilder mit den Darstellungen der Vertreter fremder Völker, die man in einer ganzen Reihe bemalter ägyptischer Gräber aus dem Neuen Reich, der Regierungszeit der Pharaonen von Hatschepsut bis Amenophis III., gefunden hat, von unschätzbarem Wert – sie beweisen ganz konkret, wie das diplomatische, kaufmännische und logistische Netzwerk des 15./14. Jahrhunderts v. Chr. funktionierte.

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Das erste Grab, dessen Wandmalereien Menschen aus der Ägäis zeigen, stammt aus der Regierungszeit der Hatschepsut, im 15. Jahrhundert v. Chr. In solchen Gräbern findet man häufig Minoer abgebildet, oft zusammen mit ihren Waren und mit Inschriften, die sie eindeutig als Bewohner der Insel Kreta identifizieren. So zum Beispiel im Grab des Senenmut, des Baumeisters, Beraters und (eventuell) Geliebten der Hatschepsut – dort ist eine Gesandtschaft aus der Ägäis dargestellt, bestehend aus sechs Männern, die ägäisch aussehende Metallvasen tragen.

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 In einem anderen Bild, im Grab des Rechmire, des Wesirs Thutmosis’ III. (ca. 1450 v. Chr.), sehen wir Männer in kurzen Röcken in typisch ägäischem Stil, die erkennbar ägäische Objekte tragen. Daneben ist (teilweise) zu lesen: »Sie kommen in Frieden von den Anführern der

Keftiu

 und den ›Inseln in der Mitte des Meeres‹, und sie verbeugen sich und senken den Kopf vor der Macht seiner Majestät, des Königs von Ober- und Unterägypten.«

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 Ganz offenbar handelt es sich hierbei um die Darstellung einer ägäischen Gesandtschaft in Ägypten. Solche Gesandtschaften sind in mehreren ägyptischen Gräbern aus jener Zeit abgebildet.



Die Wandmalereien im Grab von Rechmire zeigen jedoch nicht nur Völker der Ägäis: In den Reihen darüber und darunter finden sich Gesandte aus Punt, Nubien und Syrien, alle mit entsprechenden Inschriften. Es ist zwar nicht bewiesen, aber durchaus wahrscheinlich, dass wir es hier mit der Darstellung eines wichtigen Ereignisses während der Herrschaft Thutmosis’ III. zu tun haben und dass die Vertreter oder Händler aus der Ägäis lediglich Teil einer internationalen Menschenmenge sind, die sich anlässlich dieses Ereignisses versammelte oder dazu eingeladen wurde. Wenn dem so ist, handelt es sich wahrscheinlich um das Sedfest, das ein Pharao erstmals nach 30 Jahren Herrschaft feierte und danach in unregelmäßigen Abständen; wir wissen, dass Thutmosis III. das Sedfest mindestens dreimal feierte, was nicht weiter verwunderlich ist, regierte er doch 54 Jahre lang.

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Insgesamt gibt es um die 14 Gräber aus der Zeit von Hatschepsut und/oder Thutmosis III., die Delegationen von Ausländern in Ägypten zeigen; sie gehören allesamt hochrangigen Beamten und Beratern. Dargestellt sind Menschen aus der Ägäis, aus Nubien und Kanaan, und alle tragen sie ausländische Objekte.

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 In den neun Gräbern aus der Regierungszeit Thutmosis’ III. finden wir viele Darstellungen von Ausländern, die diplomatische Geschenke überbringen, jährliche Zahlungen leisten oder an einer Expedition teilnehmen, die Thutmosis III. in den Libanon schickte, um Zedernholz zu besorgen.

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Keftiu

,

Keftiu

-Männer und

Keftiu

-Schiffe wurden in jener Zeit in Ägypten auch in vielen anderen Zusammenhängen erwähnt, u.a. in Inschriften an Tempeln und in Texten auf Papyrus. Zu den interessantesten zählt ein Papyrus aus dem 30. Regierungsjahr Thutmosis’ III. (etwa 1450 v. Chr.), der mehrere »

Keftiu

-Schiffe« erwähnt. Dabei geht es um den Import von Materialien für die ägyptische Flotte: »Dem Handwerker übergeben: Schalhölzer für das

Keftiu

-Schiff« – »heute wie bestellt dem Handwerker Tity übergeben, für das andere

Keftiu

-Schiff« – »dem Handwerker Ina übergeben, für das andere (…)

Keftiu

-Schiff«.

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 Auch eine Inschrift an der Mauer des Tempels von Karnak aus dem 34. Regierungsjahr Thutmosis’ III. erwähnt

Keftiu

-Schiffe.

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Auch wenn unklar ist, ob es sich dabei nun um minoische Schiffe handelte, die aus

Keftiu

 kamen, oder um ägyptische Schiffe, die nach

Keftiu

 fuhren – es macht deutlich, dass es einen (höchstwahrscheinlich direkten) Kontakt zwischen dem minoischen Kreta und dem Neuen Reich zur Zeit des Thutmosis III. gab. Aufgrund der in der Region herrschenden Winde – die heute die gleichen sind wie vor 3400 Jahren – kann man relativ leicht vom Süden Kretas aus nach Marsa Matruh an der Nordküste Ägyptens und von dort aus zum Nildelta segeln. Die Rückfahrt unter Segeln war aufgrund von Winden und Strömungen nicht ganz so einfach, aber zu bestimmten Jahreszeiten durchaus möglich. Ansonsten fuhr man einfach andersherum, von Ägypten nach Kanaan und Zypern, dann weiter nach Anatolien und nach Rhodos, von hier aus zu den Kykladen oder zum griechischen Festland und von da schließlich wieder nach Süden nach Kreta – und wieder nach Ägypten.



Durch eine Malerei mit Inschrift im Grab des Menkheperreseneb, des ersten Propheten des Amun,

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 wissen wir, dass die Ägypter den König der Minoer kannten und gegenüber anderen ausländischen Herrschern als ebenbürtig ansahen. An den Mauern des Grabes sehen wir den »Prinz von

Keftiu

 «(Kreta) Seite an Seite mit dem Prinzen der Hethiter (Anatolien), dem Prinzen von Tunip (wahrscheinlich in Syrien) und dem Prinzen von Qadeš (Syrien). Der Titel, mit dem die dargestellten Figuren identifiziert werden, ist bei allen der gleiche:

wr

, das bedeutet »Prinz« oder »Häuptling«.

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 Das Bild scheint darauf hinzuweisen, dass hin und wieder Mitglieder anderer Königshäuser Ägypten besuchten, vielleicht auch zu ganz besonderen Anlässen. Kamen sie alle zur selben Zeit (möglicherweise zu eben jenem Anlass, der im Grab Rechmires dargestellt ist) oder zu verschiedenen Gelegenheiten? Das können wir nicht mit Sicherheit sagen, aber es wäre eine durchaus interessante Hypothese, dass sich die wichtigsten historischen Gestalten der späten Bronzezeit anlässlich einer großen Veranstaltung in Ägypten versammelten – so wie heute die internationalen Würdenträger eine königliche Hochzeit besuchen oder eine G-8-Konferenz.








Abb. 4 Darstellung von Ägäern in Rechmires Grab (nach Davies 1943, Taf. xx. Mit freundlicher Genehmigung des Metropolitan Museum of Art).



Denselben Begriff,

wr

 (»Prinz« oder »Häuptling«), verwendet Thutmosis III. auch noch an einer anderen Stelle: Im 42. Jahr seiner Annalen erwähnt er den »Prinz von Tanaja«, die ägyptische Bezeichnung für das griechische Festland. Er verzeichnet eine ganze Liste von Objekten aus der Ägäis, u.a. ein silbernes Gefäß nach

keftiu

’scher Machart und vier Schalen mit Griffen aus Silber. Interessant ist, dass er sie

inw

 nennt – ein Begriff, den man in der Regel mit »Tribut« übersetzt; in diesem Kontext wird es eher so viel wie »Geschenk« bedeutet haben.

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 Sicherlich lag es unter der Würde des Königs, sich am »normalen« Handel zu beteiligen; der Austausch von »Geschenken« mit Gleichrangigen (oder doch beinahe Gleichrangigen) war hingegen durchaus üblich. Dies werden wir im nächsten Kapitel noch eingehender untersuchen, wenn es um den internationalen Handel in Gestalt von Geschenken im 14. Jahrhundert v. Chr. geht.







Hatschepsut und Thutmosis III.





Hatschepsut regierte direkt vor Thutmosis III., und während ihrer Regierungszeit gab es nicht nur Interaktionen mit der Ägäis, sondern auch mit anderen Regionen des alten Orients. Im Grunde war sie es, die der 18. Dynastie internationale Kontakte und globales Prestige einbrachte, indem sie die Diplomatie dem Krieg vorzog. In ihren Adern floss königliches Blut: Sie war die Tochter von Pharao Thutmosis I. und Königin Ahmose – man sollte hier jedoch nicht verschweigen, dass ihr Vater in die königliche Familie lediglich eingeheiratet hatte.



Hatschepsut heiratete ihren Halbbruder Thutmosis II., um den Status des jungen Mannes zu verbessern, da dessen Mutter nur eine Nebenfrau des Pharaos gewesen war und nicht die eigentliche Königin; die Ehe mit Hatschepsut legitimierte seinen Anspruch auf den Thron. Dennoch schenkte sie ihm lediglich eine Tochter, keinen Sohn – was sich für die Dynastie zur Katastrophe hätte auswachsen können, hätte er nicht mit einem Mädchen aus seinem Harem einen Sohn gezeugt. Dieser wuchs als Thutmosis III. auf und war dazu bestimmt, seinem Vater auf den Thron zu folgen. Doch als Thutmosis II. völlig unerwartet starb, war der Junge noch nicht alt genug, um selbst zu regieren. So übernahm Hatschepsut kurzerhand in seinem Namen die Regierungswürde. Es war nur als ein vorübergehendes Arrangement vorgesehen, doch als sie den Thron schließlich übergeben sollte, weigerte sie sich. Sie herrschte mehr als 20 Jahre lang, während Thutmosis III. (sicherlich ziemlich ungeduldig) im Hintergrund wartete.

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Bald begann Hatschepsut, den traditionellen falschen Bart und andere Requisiten des Pharaos zu tragen. Sie zog sich Männerkleider und einen Brustpanzer an, um ihre Brüste und andere weibliche Merkmale zu verbergen; dies kann man gut an ihren Statuen in ihrem Totentempel in Deir el-Bahari erkennen. Sie änderte sogar ihren Namen, gab ihm eine maskuline anstatt der eigentlichen femininen Endung und wurde so zu »Seiner Majestät, Hatschepsu«.

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 Mit anderen Worten: Sie regierte als Mann, als männlicher Pharao, nicht bloß als Regentin. Deshalb gilt sie heute als eine der bemerkenswertesten Frauen des Alten Ägyptens, gleich neben Nofretete und Kleopatra. Hatschepsut scheint nie wieder geheiratet zu haben, nachdem Thutmosis II. gestorben war; möglicherweise hatte sie aber einen Geliebten: ihren Baumeister und Obervermögensverwalter Senenmut. Wir besitzen ein (möglicherweise heimlich angefertigtes) Bildnis von ihm in Hatschepsuts Totentempel in Deir el-Bahari, dessen Bau er leitete.

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Diese faszinierende Herrscherin sandte friedliche Handelsexpeditionen nach Phönizien (dem heutigen Libanon), um Holz zu besorgen, und auf den Sinai, auf der Suche nach Kupfer und Türkis.

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 Doch ihre berühmteste Delegation reiste, wie uns die Mauern in Deir el-Bahari verraten, während ihres Neunten Regierungsjahres in das Land Punt. Heute noch streiten sich die Gelehrten, wo dieses mysteriöse Punt eigentlich lag. Meistens wird es in der Region von Sudan, Eritrea oder Äthiopien verortet, aber es gibt auch Forscher, die es an der gegenüberliegenden Küste des Roten Meeres suchen, u.a. im heutigen Jemen.

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Hatschepsuts Expedition war nicht die erste, die von Ägypten aus nach Punt reiste, und es sollte auch nicht die letzte sein. Während der Epoche des Mittleren Reiches hatte es mehrere solcher Gesandtschaften gegeben, und nach ihr entsandte u.a. Amenophis III. wieder eine Delegation, Mitte des 14. Jahrhunderts v. Chr. Doch nur im Rahmen des Berichts über diejenige von Hatschepsut wird die Königin von Punt dargestellt – der Begleitinschrift nach zu urteilen, hieß sie »Eti«. Die Abbildung der ausländischen Königin hat seit jeher Anlass zu zahlreichen Kommentaren gegeben: Sie ist kleinwüchsig, mit gekrümmter Wirbelsäule, Fettrollen am Bauch und einem großen Hintern – vielfach hat man sie in modernen Beschreibungen als Beispiel für die Steatopygie (»Fettsteiß«) angeführt, also für einen Menschen mit fleischigem Bauch, gewaltigen Oberschenkeln und ausladendem Gesäß. Daneben sind Palmen, exotische Tiere und andere Details dargestellt, die auf ein entfernter liegendes Reiseziel hindeuten, und auch die Schiffe sind abgebildet, mit denen die Ägypter nach Punt fuhren, komplett mit Masten und Takelage.



Wie uns seine Annalen verraten, schickte Thutmosis III. im 33. und im 38. Jahr seiner Herrschaft (nach 1450 v. Chr.) eigene Handelsdelegationen in das Land Punt.

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 Sie gehören (zusammen mit Expeditionen in den Libanon, um Zedernholz zu holen) zu den wenigen belegbaren Beispielen für einen fortbestehenden Handel zwischen Ägypten und dem Ausland während der Herrschaft Thutmosis’ III.; allerdings ist zu vermuten, dass auch ein Großteil der »Tribute« (

inw

) in den Szenen in Gräbern von Adeligen aus seiner Regierungszeit in Wirklichkeit Handelsgüter waren.



Unter den fremden Ländern, mit denen Ägypten unter Thutmosis III. offenbar Handelsbeziehungen pflegte und aus denen er bei drei verschiedenen Gelegenheiten

inw

 erhielt, gab es auch eine Region, die die Ägypter

Isy

 nannten. Am ehesten lässt sie sich mit einem Zusammenschluss einzelner Stadtstaaten im nordwestlichen Anatolien (der heutigen Türkei) identifizieren, die wir als Aššuwa kennen, oder mit Alašija, dem bronzezeitlichen Namen von Zypern. Thutmosis’ Schriftgelehrte erwähnen

Isy

 mindestens viermal in verschiedenen Inschriften, darunter einmal neben

Keftiu

 im

Siegeslied

 auf Thutmosis’ »Poetischer Stele«: »Ich bin gekommen, damit du den Westen schlägst,

Keftiu

 und

Isy

 erstarrten in Ehrfurcht, und ich ließ sie Ihre Majestät als einen jungen Stier sehen, fest im Herzen, mit spitzen Hörnern, denen man sich nicht nähern kann.«

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Nach den Annalen seines neunten Feldzugs im 34. Jahr (1445 v. Chr.) soll der »Häuptling von

Isy

«

inw

 gebracht haben, in Form folgender Rohstoffe: reines Kupfer, Blöcke aus Blei, Lapislazuli, Stoßzähne aus Elfenbein und Holz. Ähnlich war es in seinem 13. Feldzug in seinem 38. Regierungsjahr (1441 v. Chr.): Hier erfahren wir aus den Annalen, dass der »Prinz von

Isy

«

inw

 in Form von Kupfer und Pferden brachte, und beim 15. Feldzug im 40. Jahr (1439 v. Chr.) heißt es, der »Häuptling von

Isy

« habe

inw

 geliefert, die aus 40 Steinen aus Kupfer, einem Stein aus Blei und zwei Stoßzähnen aus Elfenbein bestanden. Die meisten dieser Objekte waren typische Geschenke, wie sie im bronzezeitlichen Nahen Osten auf der obersten diplomatischen Ebene gerne ausgetauscht wurden.

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Ägypten und Kanaan in der Schlacht von Megiddo (1479 v. Chr.)





Vor ein paar Jahren hat man Hatschepsuts Mumie offenbar endlich identifiziert. Sie lag im Grab mit der Nummer KV 60 (KV für

Kings’ Valley

, also Tal der Könige) anstatt in ihrem eigenen Grab (KV 20), das sich ganz woanders im Tal der Könige befindet. Sie war eine der wenigen Frauen, die man hier jemals bestattet hat, denn das Tal der Könige war in der Regel männlichen ägyptischen Königen vorbehalten. Falls es sich bei der betreffenden Mumie tatsächlich um Hatschepsut handelt, dann litt sie im Alter unter Übergewicht, hatte Zahnprobleme und war an Krebs erkrankt.

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 Als sie um 1480 v. Chr. starb, verlor Thutmosis III. keine Zeit: Er bestieg den Thron und führte noch im ersten Jahr seiner Regierung einen Feldzug an. Er versuchte, Hatschepsuts Namen aus der Geschichte tilgen zu lassen, ließ ihre Denkmäler schänden und ihren Namen, wo immer möglich, aus den Inschriften herausmeißeln. (Übrigens behaupten manche, er habe bei Hatschepsuts Tod seine Hand im Spiel gehabt.)



Als Thutmosis III. seinen ersten Feldzug in Angriff nahm – den ersten von 17 in den folgenden 20 Jahren – schaffte er es sofort in die Geschichtsbücher. Und das sogar buchstäblich, denn die Route und Details des Marschs und seiner Eroberungen im Jahr 1479 v. Chr. wurden von den täglich geführten Aufzeichnungen an die Mauer des Tempels von Karnak übertragen und für die Nachwelt festgehalten. Auf diesem Feldzug kämpfte er bei der Schlacht bei Megiddo (später besser bekannt als das biblische Armageddon) gegen mehrere rebellische kanaanitische Fürsten. Es war die erste Schlacht überhaupt, deren Einzelheiten zur Erbauung derer, die nicht dabei gewesen waren, aufgeschrieben wurden.



Der Bericht zeigt, dass Thutmosis III. mit seinen Männern von Ägypten aus zehn Tage nach Norden marschierte, bis zu einem Ort namens Jehem. Dort hielt er einen Kriegsrat ab und entschied, wie man die befestigte Stadt Megiddo und die umliegenden provisorischen Lager der örtlichen Kanaaniten-Herrscher, die nach seiner Thronbesteigung einen Aufstand gegen die ägyptische Fremdherrschaft angezettelt hatten, am besten angreifen könnte. Von Jehem aus gab es drei Möglichkeiten, nach Megiddo zu gelangen: eine nördliche Route, über die man in die Jesreel-Ebene in der Nähe von Jokneam gelangte, eine südliche Route, die in die Jesreel-Ebene in der Nähe von Ta’anach führte, und eine mittlere Route, die direkt in Megiddo endete.

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Wie berichtet wurde, schlugen seine Generäle vor, entweder die nördliche oder die südliche Route zu nehmen – diese seien breiter und weniger geeignet für einen Hinterhalt. Thutmosis antwortete, eine solche Taktik sei genau das, was die Kanaaniter von ihnen erwarteten; niemals würden sie annehmen, die Ägypter seien so dumm, sich für die mittlere Route zu entscheiden, eben

weil

 der Weg so schmal sei, dass man hier hervorragend aus dem Hinterhalt angreifen könne. Und genauso kam es: Der Pharao marschierte mit seiner Armee komplett unbehelligt über die mittlere Route auf Megiddo. Die Ägypter benötigten zwar beinahe zwölf Stunden, um vom ersten bis zum letzten Mann den zentralen Pass zu durchqueren (der im Laufe der Zeit mal Wadi Ara, mal Nahal ’Iron, mal Musmus-Pass hieß), doch schließlich kamen sie völlig unversehrt an, und was noch besser war: Weder Megiddo noch die umliegenden feindlichen Zeltlager wurden von irgendjemandem bewacht. Die kanaanitischen Streitkräfte hatten sich komplett auf Jokneam im Norden und Ta’anach im Süden verteilt – genau wie Thutmosis III. es vorausgesagt hatte. Der einzige Fehler, den der Pharao beging, war, seinen Soldaten vor Einnahme der Stadt zu erlauben, anzuhalten und die feindlichen Lager zu plündern. Dadurch hatten die wenigen Verteidiger von Megiddo – hauptsächlich alte Männer, Frauen und Kinder – genügend Zeit, um die Stadttore zu schließen. So belagerten die Ägypter Megiddo schließlich ganze sieben Monate, bevor es ihnen gelang, die Stadt zu erobern.



Im Ersten Weltkrieg, fast 3400 Jahre später, bediente sich der britische General Edmund Allenby der gleichen Taktik wie Thutmosis III. Er war ähnlich erfolgreich wie der Pharao, gewann im September 1918 die Schlacht bei Megiddo und nahm Hunderte deutsche und türkische Soldaten gefangen. Und er hatte keinerlei Verluste zu beklagen (bis auf ein paar Pferde). Später erzählte Allenby, er habe zuvor James Breasteds Übersetzung des Berichts von Thutmosis III. gelesen und daraufhin beschlossen, die Geschichte zu wiederholen. Der Philosoph George Santayana schrieb einmal: »Wer sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.« Allenby bewies, dass es auch andersherum funktioniert: Er las nach, was in der Vergangenheit geschehen war, und wiederholte es mit großem Erfolg.

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Ägypten und Mitanni





Thutmosis’ III. Feldzüge führten ihn auch nach Nordsyrien, gegen das Königreich Mitanni, das um 1500 v. Chr. in jener Gegend entstanden war, als sein Vorfahre Thutmosis I. dort Krieg geführt hatte.

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 Das Reich Mitanni wuchs immer weiter und verleibte sich sämtliche angrenzenden Gebiete ein, zum Beispiel das hurritische Reich Ḫabingalbat. Folglich trug das Königreich unterschiedliche Namen – je nachdem, wer wann darüber schrieb. Die Ägypter nannten es im Allgemeinen »Naharin« oder »Naharina«, die Hethiter das »Land der Hurri« und die Assyrer nannten es »Ḫabingalbat«; die Könige selbst nannten ihr Reich »Mitanni«. Seine Hauptstadt hieß Waššukanni, doch man hat sie noch immer nicht entdeckt – sie ist eine der ganz wenigen Hauptstädte des alten Orients, deren Standort die Archäologie trotz interessanter Hinweise in den archäologischen Befunden und antiken Texten bis heute nicht ermitteln konnte. Einige glauben, sie könnte in den Hügeln des syrischen Tell Fakhariyeh gelegen haben, östlich des Euphrat; bestätigen konnte man dies bislang nicht, doch das liegt nicht daran, dass man es nicht versucht hätte.

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Verschiedene Texte geben an, die Bevölkerung dieses Königreiches habe zu etwa 90 Prozent aus ortsansässigen Hurritern, wie man sie nannte, bestanden, die von den restlichen 10 Prozent regiert wurden; dies waren die Herren von Mitanni, die, wie es scheint, von indoeuropäischer Herkunft waren. Diese kleine Gruppe war offenbar von irgendwo anders eingewandert, hatte sich der indigenen hurritischen Bevölkerung bemächtigt und das Königreich Mitanni gegründet. Die militärische Elite von Mitanni nannte man

marjannu

 (»Wagenkrieger«); diese Männer waren berühmt dafür, dass sie geschickt mit Streitwagen und Pferden umgehen konnten. Ein Text, den man in Hattuša, der Hauptstadt der anatolischen Hethiter, entdeckt hat, enthält eine um 1350 v. Chr. von einem Pferdeausbilder namens Kikkuli verfass

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