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1.3.4 Synthese- (→ Sa) und Transferaufgaben (→ Ta)

Sind Wissen, Können, Einstellungen aufgebaut, vertieft und geübt, sollten die Schülerinnen und Schüler in der Lage sein, die einzelnen Kompetenz­aspekte und Teilkompetenzen, die sie an einem bestimmten (exem­plarischen) Sachverhalt oder Lerngegenstand entwickelt haben, in einer komplexen Anforderungssituation zur Zielkompetenz zusammenzuführen und/oder die Gesamtheit der Teilkompetenzen auf analoge Probleme bzw. Phänomene anzuwenden. Hierbei zeigt sich, inwieweit und auf welchem Niveau die Schülerinnen und Schüler die Zielkompetenz tatsächlich erreicht haben. Was heißt es nun – im Zusammenhang mit schulischem Lernen –, etwas Gelerntes anzuwenden? Lernpsychologisch gesehen, handelt es sich um Synthese und Transfer. Dementsprechend lassen sich für die letzte Phase eines vollständigen Lernprozesses – die Anwendung – idealtypisch die beiden folgenden Aufgabentypen unterscheiden:

1.Geht es darum, am Ende einer Unterrichtseinheit Anwendungssituationen zu bewältigen, die innerhalb des Themengebiets liegen und in denen die Gesamtheit der Zielkompetenz situiert ist, dann kommen Syntheseaufgaben zum Einsatz.

2.Soll die Gesamtheit der erarbeiteten Teilkompetenzen aktiviert und auf gewohnte oder ungewohnte Weise auf neue Kontexte übertragen werden, bezeichnet man die dazu benötigten Aufgaben als Transferaufgaben.

Sowohl bei Synthese- als auch bei Transferaufgaben geht es um die Analogiebildung, das heißt um die Bezugnahme zu Ähnlichem, bereits Bekanntem, das in einen komplexeren Zusammenhang gestellt wird. Auch in dieser Phase geht es darum, die Schülerinnen und Schüler exemplarisch in ein Phänomen oder Problem aus ihrer Lebenswelt zu »verwickeln«, damit sie sich in ihrer Lebenswelt ein Stück kompetenter zurechtfinden können. Die Schülerinnen und Schüler erweitern dadurch die erworbenen Denk- und Handlungsoptionen und erreichen, wenn dies gelingt, das Niveau der angestrebten Kompetenz. Beide Aufgabentypen zielen auf aktiv-entdeckendes Lernen, regen zum Austausch an und stärken das Kompetenzerleben.

Syntheseaufgaben (→ Sa)

Epistemologische Funktion: Das menschliche Weltverständnis stützt sich ganz grundlegend auf Analogiebildungen. Vor diesem Hintergrund überführen Syntheseaufgaben die Phase der Konvergenzbildung beim Erarbeiten, Üben und Vertiefen in die Phase des analogiebildenden Denkens und Handelns. Die Lernenden setzen die bereits erworbenen Kompetenzaspekte miteinander in Beziehung und verweben sie zur Zielkompetenz, damit sie stabil und nachhaltig verfügbar bleiben. Mithilfe von Syntheseaufgaben soll den Schülerinnen und Schülern bewusst werden, welcher Kompetenzzuwachs erreicht worden ist und inwiefern die Denk- und Handlungsoptionen erweitert worden sind (Kompetenz- und Selbstwirksamkeitserleben).

Didaktische Funktion: Während Vertiefungsaufgaben dem gründlichen Durcharbeiten unterschiedlicher Aspekte des Lerngegenstandes und dem tiefen Verstehen, Vernetzen und Flexibilisieren einer aufgebauten Struktur dienen, intendieren Syntheseaufgaben eine horizontale Kompetenzvernetzung: Die kumulativ aufgebauten Teilkompetenzen werden auf neue Anforderungssituationen innerhalb des Themengebietes angewendet.

Dabei kann ohne Weiteres nochmals auf die Konfrontationsaufgabe zurückgegriffen werden, die nun zur Syntheseaufgabe umformuliert wird. Dies gilt beispielsweise in Fällen, in denen die Konfrontationsaufgabe nicht vollständig gelöst werden konnte, weil die wesentlichen Teilkompetenzen erst noch erarbeitet werden mussten. Das Wiederaufgreifen der Konfrontationsaufgabe kann aber auch zur Arbeitsrückschau eingesetzt werden. In diesem Fall bietet sie, indem auf den Lernprozess als Ganzes zurückgeblickt werden muss, die Chance, die Nachhaltigkeit des Lernens zu beurteilen. Selbstverständlich ergeben sich solche Situationen nicht nur am Ende einer Unterrichtseinheit, sondern es lassen sich während des gesamten Unterrichts gezielt Aufgaben bearbeiten, die auf diesen Nachhaltigkeitsaspekt fokussieren.

Für Syntheseaufgaben stehen als Anforderungssituationen lebensweltliche Anwendungen im Vordergrund, die zur selbstständigen, aktiv-entdeckenden Übertragung und Nutzung der gelernten Struktur herausfordern. Das Denken in authentischen Anforderungssituationen ist insofern bedeutungsvoll, da die Bezüge zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler einerseits Motivation schaffen, andererseits Wissen, Können und Einstellungen so aktivieren, dass diese nicht an eindimensionale Erarbeitungs-, Übungs- und Vertiefungskontexte gebunden bleiben, sondern in anderen fachlichen und überfachlichen Zusammenhängen genutzt werden können. Die Anwendung des Gelernten auf weitere Felder innerhalb des Themengebiets beugt daher einem trägen Wissen vor. Sowohl Kenntnisse (deklaratives Wissen) als auch Fertigkeiten (prozedurales Wissen) sind die Voraussetzung für Anwendung und Synthese. Wer nichts weiß, kann nichts anwenden!

Weil Synthese- und Transferaufgaben am Ende eines vollständigen Lernprozesses zum Einsatz kommen – je nach Auflösungsgrad der Kompetenzen handelt es sich dabei um ein Gesamt- oder Zwischenergebnis im kumulativen Kompetenzaufbau –, ist es wichtig, dass sie einfordern, die erworbenen Kompetenzen aufzuzeigen, das heißt, sie kommen in einer Performanz­situation zum Einsatz. Damit werden – auch im Sinne einer Beurteilung des Lernprozesses – Postkonzepte erhoben. Durch ergänzende metakognitive Aufgaben kann in dieser Phase zudem geklärt werden, wie die Schülerinnen und Schüler zu Erkenntnissen gekommen sind und was sie gelernt haben. Der Lernprozess wird insgesamt emotional positiv aufgeladen.

Fazit: Syntheseaufgaben modellieren Anforderungssituationen, in denen die Gesamtheit der Zielkompetenz situiert ist. Sie führen die erarbeiteten und geübten Kompetenzaspekte, die mit der Konfrontationsaufgabe eröffnet wurden, wieder zusammen und ermöglichen die Verbindung der einzelnen Kompetenzaspekte zur Kompetenz. Damit runden sie – gegebenenfalls zusammen mit einer Transferaufgabe – den Lernprozess ab. Durch das Lösen von Syntheseaufgaben wird den Schülerinnen und Schülern bewusst, dass sie etwas (neu oder besser) können, was sie vorher noch nicht konnten. Das stärkt das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit und fördert das Kompetenz- und Selbstwirksamkeitserleben.

Transferaufgaben (→ Ta)

Epistemologische Funktion: Um Wissen, Können und entwickelte Einsichten und Vorstellungen in neuen Lernzusammenhängen nutzen zu können, müssen Anwendungen mit ihrer spezifischen epistemologischen Bedeutung initiiert werden. Die Bearbeitung von Transferaufgaben zeigt – im Unterschied zu den Syntheseaufgaben –, ob und inwieweit es den Lernenden gelingt, die erworbenen Kompetenzen auf neue (innerfachliche, überfachliche und lebensweltliche) Situationen anzuwenden. Dabei ist den Lernenden nicht unbedingt sofort einsichtig, welche Kompetenzen zur Anwendung kommen, sondern es sind mehr oder weniger weitreichende Schritte des Transfers einer Struktur auf neue Situationen erforderlich. Weil die Schülerinnen und Schüler die erarbeiteten Wissensbestände und Fähigkeiten auf neue Problemstellungen anwenden sollen, erkennen sie die ganze Anwendungsbreite der erworbenen Kompetenzen. Transferaufgaben ermöglichen ebenfalls Kompetenz- und Selbstwirksamkeitserleben. Insofern ist ein Lernprozess in der Regel erst vollständig abgerundet, wenn ein Transfer zur Synthese hinzukommt.

Didaktische Funktion: Bei der Bearbeitung von Transferaufgaben müssen die Lernenden die Gesamtheit der erarbeiteten Teilkompetenzen aktivieren und diese auf gewohnte oder ungewohnte Weise auf neue Kontexte übertragen – sie nutzen Bekanntes, um Neues zu erschließen. Durch den Einsatz von Transferaufgaben entsteht eine »Dekontextualisierung« vom mitgelernten Kontext und zugleich eine Vernetzung verschiedener fachlicher Inhalte und Strategien. Aus didaktischer Sicht können folgende Ziele von Transferaufgaben unterschieden werden:

1. Probleme lösen: Transferaufgaben regen zum Problemlösen an, allein, zu zweit oder in Gruppen. Die flexible Problemlösefähigkeit ist letztlich das, was Weinert (1999) unter Kompetenz versteht: »a) a cogni­tive fitness for a particular class of tasks, b) a roughly specialized system of abilities, proficiencies, or individual dispositions to learn something successfully, to do something successfully, or to reach a specific goal. This can be applied to an individual, a group of individuals, or an institution« (ebd., S. 34). Die Problemlösefähigkeit entsteht – um an dieser Stelle Missverständnissen vorzubeugen – jedoch nicht erst als Ergebnis eines vollständigen Kompetenzaufbaus, sondern sie muss mitgeübt werden – und zwar von Anfang an! Transferaufgaben eignen sich von ihrer didaktischen Funktion her besonders gut für das Problemlösen, weil sie einerseits die flexible Anwendung der erworbenen Kompetenzen in einer unbekannten Anforderungssituation erfordern, andererseits Performanz einfordern, sodass aufgrund des realisierten Bearbeitungsniveaus auf die vorhandene Kompetenz »rückgeschlossen« werden kann.

2. Sinn erfahren: Eine von den Lernenden häufig gestellte Frage ist die nach dem persönlichen Nutzen dessen, was ihnen im Unterricht vorgesetzt wird. Diese Frage beantwortet sich von selbst, wenn die Schülerinnen und Schüler die Erfahrung machen, dass sie die erworbene Kompetenz möglichst breit und realitätsnah nutzen können: »Ich löse die neu erworbene Kompetenz gleichsam aus dem Korsett schulischen Lernens heraus und erschließe mir durch sie ein Stück Welt jenseits des unterrichtlichen Lernkontexts« (Heymann, 2012, S. 8).

3. Besser verstehen: Durch das Anwenden einer erworbenen Kompetenz auf ein neues Problem und/oder in einem neuen, prinzipiell für den Transfer geeigneten Sachzusammenhang erweitert sich für die Lernenden das Verständnis dessen, was sie gelernt haben. Sie erhalten möglicherweise einen neuen Blick auf ihr erworbenes Können und erfahren, wie es in einem veränderten sachlichen Kontext »funktioniert«. Denn erst in Anwendungssituationen zeigt sich, ob gerade komplexe Kompetenzen, die man beispielweise braucht, um literarische Texte zu analysieren, Texte in eine Fremdsprache zu übersetzen oder mathematische Beweise zu führen, erworben sind und das Gelernte verstanden ist.

4. Nachhaltigkeit evaluieren: Ob und in welchem Ausmaß jemand kompetent ist, zeigt sich im (beobachtbaren) Handeln, also in der Performanz. Performanz nach Weinert (1999) »a) is what a person does when faced with a task, b) is a personal activity considered as producing a result, c) is achievement evaluated with respect to its adequacy« (ebd., S. 35). In dieser Logik hat schulischer Unterricht den Schülerinnen und Schülern möglichst vielfältige Performanzerfahrungen zu ermöglichen. Transferaufgaben bieten den Lehrkräften eine letzte, vorzügliche Gelegenheit, den Lernerfolg zu evaluieren. In diesem Fall dient das Anwenden weniger dem Ziel, das Lernen selbst nachhaltiger zu gestalten, als seine Nachhaltigkeit zu überprüfen – den Lernenden hingegen steht mit dem Bearbeiten der Transferaufgabe ein Mittel zur Verfügung, eine Rückmeldung über den Erfolg des eigenen Lernens zu erhalten (Selbstevaluation).

Fazit: Schülerinnen und Schüler sind dann kompetent, wenn sie ihr erworbenes Wissen und die erworbenen Handlungsaspekte in den Alltag übertragen und in neuen Kontexten nutzbar machen können. Dies bedingt, dass die Schülerinnen und Schüler diese »Nutzbarmachung« in sogenannten Transferaufgaben im Unterricht erleben können. Transferaufgaben ermöglichen es, gelernte Kenntnisse, erworbene Fähigkeiten und Fertigkeiten oder entwickelte Einsichten und Vorstellungen in neuen Zusammenhängen (z. B. in einer nachfolgenden Unterrichtssequenz) selbstständig anzuwenden. Durch den Transfer wird das Wissen und Können der Lernenden gefestigt und ausdifferenziert. Das ermöglicht Kompetenz- und Selbstwirksamkeitserleben.

Beurteilungsaufgaben

In der Schule dient das Erleben von Leistung und das Anwenden erworbener Kompetenzen sowohl dem Motivationsaufbau und -erhalt als auch der Stärkung des Vertrauens in die eigenen Fähigkeiten. Rückmeldungen über das, was und wie man etwas kann, sind dabei ein wichtiger Faktor. Oft dient eine Rückmeldung lediglich der Leistungsbewertung (summative Leistungsbeurteilung), sie sollte aber in einem kompetenzorientierten Unterricht vor allem die Funktion der Diagnose und Beratung erfüllen (formative Leistungsbeurteilung). Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang Aufgaben? Auch Lernaufgaben stellen den Schülerinnen und Schülern ständig konkrete Lerngelegenheiten bereit, die ihnen Performanzerfahrungen ermöglichen. Im Unterschied zu den Lernaufgaben verlangen normierte Beurteilungsaufgaben (und zwar nicht nur Prüfungsaufgaben!) von den Lernenden eine ganz bestimmte Qualität an Leistungen. Das heißt: Die Performanz der Schülerin oder des Schülers wird anhand von beobachtbaren Kriterien eingeschätzt, zum Beispiel durch die Anwendung der sachlichen Bezugsnorm. Beurteilungsaufgaben haben keine epistemologische Funktion.

In der Literatur finden sich zwei unterschiedliche Ansätze zur Diagnose (z. B. Büchter & Leuders, 2005, S. 172; Kliemann, 2008, S. 14–21):

•Mit »verstehensorientierten Diagnoseaufgaben« will die Lehrkraft feststellen, ob Schülerinnen und Schüler einen Begriff oder ein Modell wirklich verstanden haben. Verstehensorientierte Diagnoseaufgaben erlauben den Schülerinnen und Schülern, »intelligentes Wissen« (Weinert, 2001, S. 76) unter Beweis zu stellen. Im Verständnis von Weinert geht es dabei nicht um mechanisches Wissen und um eine passive Verfügbarkeit, sondern um flexibles, transferierbares, anschlussfähiges Wissen. Hier steht die Prozessorientierung im Zentrum.

•Mit »verfahrensorientierten Diagnoseaufgaben« wird überprüft, ob eine Schülerin oder ein Schüler in einer bekannten Ausgangssituation mit bekannten Verfahren eine richtige Lösung erhält oder nicht. Insofern sind verfahrensorientierte Diagnoseaufgaben eher produkt- oder ergebnisorientiert und werden in Form von geschlossenen Aufgaben vorgelegt.

1.3.5 Formative Beurteilungsaufgaben (→ FBa)

Formative Beurteilungsaufgaben geben den Lernenden Rückmeldungen darüber, was sie können und was sie noch lernen müssen, ohne dass die Kompetenzeinschätzung in eine Leistungsbewertung (Note!) mündet. Sie sind so in den Unterricht einzubeziehen, dass die Schülerinnen und Schüler sie als Bestandteil ihres Lernprozesses erleben. Damit dies gelingt, dürfen formative Beurteilungsaufgaben nicht nur Endpunkte einer Lernsequenz darstellen, sondern sind kontinuierlich einzusetzen.

Damit eine Einschätzung möglich ist, bedarf es einer Vergleichsnorm bzw. einer »komparativen Rückmeldung« (Jürgens & Sacher, 2008, S. 50). Denn ohne sachorientiertes Feedback und ohne Diagnostik kann es keine Orientierung für das Weiterlernen geben. Entscheidend ist, aufgrund welcher Norm Kriterien für die Beurteilung herangezogen werden. Nach Jürgens und Diekmann (2006) gestattet eine »Kombination von individueller und sachlicher Bezugsnorm« (ebd., S. 220) eine Einschätzung der Passung und der Qualität des eingesetzten Lehrverfahrens und ermöglicht der Lehrkraft eine individuelle Rückmeldung an die Lernenden.

Fazit: Formative Beurteilungsaufgaben liefern der Lehrkraft Informationen zum Kompetenzstand ihrer Schülerinnen und Schüler während des Lernprozesses. Sie kann daraus Folgerungen für die weitere Gestaltung des Unterrichts ableiten. Formative Beurteilungsaufgaben können im Verlauf des gesamten Lernprozesses eingesetzt werden.

1.3.6 Summative Beurteilungsaufgaben (→ SBa)

Summative Beurteilungsaufgaben entsprechen eigentlichen Prüfungsaufgaben und werden eingesetzt, um zu einem bestimmten Zeitpunkt Bilanz zu ziehen und ein abschließendes, zusammenfassendes Urteil über die Summe der erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten zu fällen. Sie dienen neben der Überprüfung der Bewertung, wie gut die Leistung eines Schülers bzw. einer Schülerin im Hinblick auf den angestrebten Kompetenz­erwerb ist. Summative Beurteilungsaufgaben kommen meist am Ende einer Unterrichtseinheit zum Einsatz und sind in der Regel notenwirksam. Sie zeigen den Lehrkräften und den Lernenden den Leistungsstand bezüglich wichtiger Lernziele und die Fortschritte während einer bestimmten Zeit.

Fazit: Summative Beurteilungsaufgaben dienen der abschließenden und zusammenfassenden Überprüfung und Bewertung des Kompetenzstandes und geben den Lernenden und ihren Erziehungsberechtigen Auskunft über den Leistungsstand.

1.4 LUKAS-Kategoriensystem – eine zweite Uferhilfe auf (fach-)didaktischer Grundlage

In Abschnitt 1.3 ist die Makroprozessebene der Aufgabenqualität anhand der Funktionalität und Stellung von Aufgaben in einem vollständigen Lernprozess beschrieben. Dazu wurde das LUKAS-Lernprozessmodell eingeführt und wurden die Aufgabenfunktionen typisiert.

Im vorliegenden Abschnitt geht es nun darum, die Mikroprozess­ebene der Aufgabenqualität näher in den Blick zu nehmen. In Abschnitt 1.1.2 wurde bereits darauf hingewiesen, dass die Wirkung von Aufgabenstellungen im Unterricht von den Qualitäten der einzelnen Aufgaben abhängt. Es wurde ferner die Forderung und Notwendigkeit deutlich, geeignete Instrumente für die Unterrichtspraxis bereitzustellen, um es Lehrkräften zu ermöglichen, eine angemessene, wirkungsvolle Auswahl von Aufgaben für den Unterricht zu treffen und sie bei der Entwicklung von eigenen Aufgabenstellungen zu unterstützen. Auch zeigte sich, dass solche Instrumente in Form von Aufgabentaxonomien bereits vorliegen. Auf Basis der bisherigen Forschungsbefunde wurde das interdisziplinäre Kategoriensystem entwickelt mit dem Ziel, die für die Aufgabentypen des LUKAS-Lernprozessmodells relevanten Merkmale und Merkmals­ausprägungen zu beschreiben.

Mit dem interdisziplinären LUKAS-Kategoriensystem können Lern- und Beurteilungsaufgaben qualitativ hinsichtlich ihrer didaktischen Funktion im Lernprozess analysiert und entwickelt werden. Es bestimmt auf der Basis von empirischen und theoretischen Arbeiten aus der Fachdidaktik (vgl. z. B. Abraham & Müller, 2009; Bruder, 2010; Büchter & Leuders, 2005; Köster, 2008), aus der Allgemeinen Didaktik (vgl. z. B. Blömeke et al., 2006; Maier et al., 2013) und aus der aktuellen Unterrichtsqualitätsforschung (vgl. z. B. Hattie, 2013; Helmke, 2009; Meyer, 2004; Wellenreuther, 2004) lernrelevante Merkmalsbereiche kompetenzorientierter Aufgaben. Die entscheidenden Merkmalsbereiche sind die Authentizität, Kognition, Komplexität und Differenzierung von Aufgaben, die im Kategoriensystem in zehn verschiedene lernrelevante Merkmale unterteilt werden (Abbildung 1.8). Die Merkmale ihrerseits können wiederum in drei bis vier Ausprägungen vorliegen. Das Kategoriensystem wurde in einem heuristischen Verfahren entwickelt, die empirische Prüfung des Instruments steht noch aus (vgl. Luthiger, Wilhelm & Wespi, 2014, S. 61).

Im Folgenden werden die lernförderlichen Merkmalsbereiche, die Merkmale sowie deren Ausprägungen beschrieben.

1.4.1 Authentizität

Kompetenzen werden in Situationen mit bestimmten Aufgaben und Anforderungen erworben und können in ähnlichen Situationen wieder zur Anwendung kommen. Kompetenzen sind somit funktional auf Situationen bezogen. Dies hat Konsequenzen für die Gestaltung von Aufgaben, denn

der Aufbau von höheren Kompetenzstufen, die mit Handlungskompetenz und Können verbunden sind, gelingt nur, wenn Wissen stets der Bewährungsprobe erfolgreicher Leistung unterzogen ist. Die Verknüpfung von Wissen und Können darf also nicht auf Situationen »jenseits der Schule« verschoben werden. Vielmehr ist bereits beim Wissenserwerb die Vielfalt möglicher Anwendungs-Situationen mit zu bedenken. (Klieme et al., 2007, S. 79)

Im Zitat wird die Forderung nach authentischen und auf die Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen bezogenen Aufgaben deutlich. Die Lebensnähe ist ein Qualitätskriterium sowohl bei Blömeke et al. (2006) als auch bei Maier et al. (2013, 2010) und seit längerer Zeit eine eigene didaktische Kategorie allgemeindidaktischer Theorien, vergleichbar mit dem Kriterium der Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung bei Klafki (1995).

Reale und lebensweltorientierte Aufgaben sind jedoch nicht per se lernförderlich. Dies zeigen beispielsweise Analysen, die auf Grundlage von Bernsteins bildungssoziologischer Theorie entstanden sind. In diesen Arbeiten wird deutlich, dass lernschwächere Schülerinnen und Schüler mit der hohen Komplexität, die mit authentischen Aufgaben einhergeht, überfordert sein können (vgl. Gellert & Sertl, 2012; Leufer & Sertl, 2010). Auch in Hinblick auf das situierte Lernen wird kritisch angemerkt, dass es ja gerade die besondere Situation des Unterrichts kennzeichne, das situative, reale, lebensnahe und alltagsverknüpfte Lernen zu überwinden (vgl. Terhart, 1999, S. 643). Vor diesem Hintergrund hat eine kompetenz­orientierte Unterrichtsgestaltung eine Balance zu finden zwischen dem systematischen Erwerb einzelner Kompetenzaspekte und dem auf den Erwerb mehrerer Kompetenzen zielenden situationsbezogenen Lernen.

Auf der Grundlage dieser Überlegungen umfasst der Bereich »Authentizität« die folgenden zwei Merkmale: Kompetenzabbild und Lebensnähe.

Kompetenzabbild (vgl. Flechsig, 2008, S. 254; Lersch & Schreder, 2013, S. 50–51): Mit diesem Merkmal wird erfasst, wie viele (Teil-)Kompetenzen mit einer Aufgabe gleichzeitig entwickelt werden können. Dahinter steht die Überlegung von Lersch und Schreder (2013), dass bei einer kompetenzorientierten Unterrichtsgestaltung Unterrichtseinheiten von ihrem angepeilten Ende her zu denken seien und die anvisierte Zielkompetenz in Teilkompetenzen zu zerlegen sei. Damit können Aufgaben zur Kompetenzentwicklung unterschiedlich vieler Aspekte beitragen, wobei zu beachten ist, dass die Teilkompetenzen so mit Übungs- und Anwendungssituationen komplettiert werden, dass die Gesamtheit der Teilkompetenzen die Zielkompetenz kumulativ aufbaut. Unterschieden werden für dieses Merkmal folgende drei Ausprägungen:


singulär:Aufgabe, durch die ein Teilaspekt einer Kompetenz in Bezug auf die Realsituation erarbeitet, vertieft, geübt und angewendet wird, zum Beispiel eine Fertigkeit, eine kognitive Fähigkeit, eine personale Fähigkeit
additiv:Aufgabe, durch die mehrere Teilaspekte einer Kompetenz in Bezug auf die Realsituation erarbeitet, vertieft, geübt, angewendet werden
integrativ:Aufgabe, durch die möglichst viele Teilaspekte einer Kompetenz in Bezug auf die Realsituation ineinandergreifend erarbeitet, vertieft, geübt, angewendet werden

Lebensnähe (vgl. Blömeke et al., 2006, S. 337; Flechsig, 2008, S. 254; Maier et al., 2013, S. 36–37; Maier, Kleinknecht & Metz, 2010, S. 35): Maier et al. (2013, 2010) definieren Lebensnähe als die »Relation zwischen domänenspezifischem Fachwissen und der Erfahrungs- und Lebenswelt der Jugendlichen« und unterscheiden diesbezüglich vier Ausprägungen:


ohne:Aufgabe ohne Verknüpfung von Fachwissen und Lebenswelt der Lernenden
konstruiert:konstruierte Aufgabensituation in Bezug auf die Lebenswelt der Lernenden
authentisch:reale Fremd- und Selbsterfahrungen, die mit den Lernenden in Kontakt gebracht werden
real:in der Situation vorhandenes Problem, das gelöst werden muss

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