Bevor Er Sieht

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Из серии: Ein Mackenzie White Krimi #2
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B E V O R E R S I E H T

(EIN MACKENZIE WHITE KRIMI—BUCH 2)

B L A K E P I E R C E

Blake Pierce

Blake Pierce ist die Autorin der Bestseller RILEY PAIGE Krimi Serie, die bisher sechs Bücher umfasst. Blake Pierce ist außerdem die Autorin der MACKENZIE WHITE Krimi Serie, bestehend aus bisher drei Büchern; von der AVERY BLACK Krimi Serie, bestehend aus bisher drei Büchern; und der neuen KERI LOCKE Krimi Serie.

Blake Pierce ist eine begeisterte Leserin und schon ihr ganzes Leben lang ein Fan des Krimi- und Thriller-Genres. Blake liebt es von Ihnen zu hören, also besuchen Sie www.blakepierceauthor.com und bleiben Sie in Kontakt!

Copyright © 2016 by Blake Pierce. Alle Rechte vorbehalten. Außer, wie gemäß dem U.S Copyright Gesetz von 1976 ausdrücklich erlaubt, darf kein Teil dieser Veröffentlichung ohne vorherige Erlaubnis der Autorin vervielfältigt, verbreitet oder in irgendeiner Weise oder in irgendeiner Form übertragen, in einer Datenbank oder in einem Datenabfragesystem gespeichert werden. Dieses E-Book ist nur für den persönlichen Gebrauch zugelassen. Dieses E-Book darf nicht weiterverkauft oder an andere Menschen weitergegeben werden. Wenn Sie sich dieses E-Book mit einer anderen Person teilen möchten, kaufen Sie sich bitte eine zusätzliche Kopie für jeden weiteren Empfänger. Wenn Sie dieses Buch lesen, es jedoch nicht selbst gekauft haben und es auch nicht für ausschließlich Ihren Gebrauch gekauft wurde, dann geben Sie es bitte zurück und erwerben Sie eine eigene Kopie. Vielen Dank für Ihren Respekt für die harte Arbeit dieser Autorin. Bei diesem Buch handelt es sich um Fiktion. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Veranstaltungen und Vorkommnisse sind entweder das Produkt der Fantasie des Autors oder sind fiktiv eingesetzt. Jede Ähnlichkeit mit reellen Personen, lebend oder tot, ist reiner Zufall. Buchumschlagabbildung Copyright lassedesignen, unter Lizenz von Stutterstock.com.

BÜCHER VON BLAKE PIERCE

RILEY PAIGE KRIMIREIHE

VERSCHWUNDEN (Band #1)

GEFESSELT (Band #2)

ERSEHNT (Band #3)

GEKÖDERT (Band #4)

GEJAGT (Band #5)

VERZEHRT (Band #6)

VERLASSEN (Band #7)

MACKENZIE WHITE KRIMIREIHE

BEVOR ER TÖTET (Buch #1)

BEVOR ER SIEHT (Buch #2)

BEVOR ER BEGEHRT (Buch #3)

AVERY BLACK KRIMIREIHE

DAS MOTIV (Buch #1)

GRUND ZU FLÜCHTEN (Band #2)

GRUND ZU VERSTECKEN (Band #3)

KERI LOCKE KRIMI SERIE

EINE SPUR VON TOD (Band #1)

INHALT

PROLOG

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINUNDZWANZIG

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

KAPITEL VIERUNDZWANZIG

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG

KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG

KAPITEL NEUNUNDZWANZIG

KAPITEL DREISSIG

KAPITEL EINUNDDREISSIG

KAPITEL ZWEIUNDDREISSIG

KAPITEL DREIUNDDREISSIG

KAPITEL VIERUNDDREISSIG

PROLOG

Susan Kellerman wusste, wie man sich schick zurechtmachte. Sie vertrat ihr Unternehmen und versuchte, neue Kunden zu gewinnen, weshalb sie sehr auf ihr Äußeres achtete. Was sie jedoch nicht verstand, war, warum zum Teufel sie hohe Schuhe tragen musste. Sie trug ein schönes Sommerkleid und hätte ein Paar flache Schuhe, die perfekt dazu passen würden. Aber nein…der Unternehmenskodex schrieb hohe Schuhe vor. Es hatte wohl etwas mit Eleganz und Vornehmheit zu tun.

Ich bezweifele, dass hohe Schuhe auch nur die geringste Auswirkung auf einen Kauf haben, dachte sie. Vor allem nicht, wenn der potentielle Kunde ein Mann war. Laut ihres Verkaufsblattes lebte in dem Haus, auf das sie gerade zuging, ein Mann. Deshalb überprüfte Susan den Kragen ihres Kleides. Sie zeigte ein wenig Ausschnitt, was sich jedoch im Rahmen der Schicklichkeit befand.

Das, dachte sie, zeigt Eleganz und Vornehmheit.

Mit ihrem recht großen und sperrigen Aktenkoffer in der Hand ging sie in ihren High Heels die Stufen hinauf und klingelte an der Tür. Während sie wartete, betrachtete sie die Vorderseite des Hauses. Es war ein kleines, einfaches Haus am Rande eines Mittelklasseviertels. Das Gras war vor kurzem gemäht worden, doch in den kleinen Blumenbeeten neben der schmalen Treppe, die zur Eingangstür führte, musste dringend Unkraut gejätet werden.

Es war eine ruhige Gegend, aber nicht unbedingt eine, in der Susan leben wollte. Die Häuser waren einstöckige Bungalows, die nebeneinander aufgereiht waren. Sie vermutete, dass die meisten von ihnen älteren Paaren gehörten oder Menschen, die Schwierigkeiten hatten, ihre Rechnungen zu zahlen. Insbesondere dieses Haus machte den Eindruck, beim nächsten Sturm oder der nächsten Finanzkrise Eigentum der Bank zu werden.

Sie streckte ihre Hand aus, um erneut zu klingeln, doch noch bevor sie ihren Finger auf die Klingel legen konnte, wurde die Tür geöffnet. Der Mann hatte eine durchschnittliche Statur und Größe. Sie schätzte ihn auf etwa vierzig. Er hatte etwas Weibliches an sich, was sie an seinem breiten Lächeln erkannte, dass er ihr beim Öffnen schenkte.

„Guten Morgen“, sagte der Mann.

„Guten Morgen“, erwiderte sie.

Sie kannte seinen Namen, doch sie war von ihren Trainern angewiesen worden, ihn nicht zu verwenden, bevor das Gespräch relativ locker war. Wenn man jemanden sofort mit seinem Namen begrüßte, dann fühlte sich dieser wie eine Zielscheibe und nicht wie ein Kunde – sogar, wenn der Termin zuvor vereinbart worden war.

Da sie ihm keine Möglichkeit geben wollte, ihr eine Frage zu stellen, bevor sie die Kontrolle über das Gespräch erlangt hatte, fügte sie schnell hinzu: „Ich wollte Sie fragen, ob Sie sich mit mir für einen kurzen Moment über Ihre Ernährungsweise unterhalten möchten.“

„Ernährungsweise?“, fragte der Mann mit einem Grinsen. „Ich habe keine besondere Ernährungsweise. Ich esse eigentlich alles, was ich will.“

„Oh, das muss schön sein“, entgegnete Susan mit ihrem liebenswürdigsten Lächeln und in ihrem fröhlichsten Tonfall. „Sie wissen bestimmt, dass nicht viele Menschen über dreißig von sich behaupten können, einen gesunden Körper zu haben.“

Zum ersten Mal schaute der Mann auf den großen Aktenkoffer in ihrer Hand. Er lächelte wieder, diesmal jedoch eher träge. Es erinnerte sie an die Art, wie Menschen lächelten, wenn sie erkannten, dass sie jemand übers Ohr hauen wollte.

„Also, was verkaufen Sie?“

Es war eine sarkastische Bemerkung, aber immerhin schlug er ihr nicht gleich die Tür vor der Nase zu. Sie interpretierte es als erstes Siegeszeichen, um ins Haus gelassen zu werden. „Nun ja, ich bin hier im Namen eines Selbstoptimierungsunternehmens“, sagte sie. „Wir bieten Erwachsenen über dreißig Jahren eine sehr einfache und systematische Methode, fit zu bleiben, ohne ins Fitnessstudio gehen oder ihre Lebensweise zu stark ändern zu müssen.“

 

Der Mann seufzte und legte seine Hand an die Tür. Er sah gelangweilt aus, bereit, sie abzuwimmeln. „Und wie erreichen Sie das?“

„Mithilfe einer Kombination aus Proteindrinks, die mit unseren eigenen Proteinpulvern gemacht werden, und mehr als vierzig gesunden Rezepten, die Ihrer täglichen Ernährung den Schwung gibt, den sie braucht.“

„Und das wäre?“

„Genau das ist der Punkt“, erwiderte sie.

Der Mann dachte einen Moment nach, während er Susan und dann den großen Aktenkoffer in ihren Händen betrachtete. Anschließend schaute er auf seine Uhr und zuckte mit den Schultern.

„Ich sag Ihnen was“, meinte er. „Ich muss in zehn Minuten los. Wenn Sie mich in dieser Zeit überzeugen können, haben Sie einen neuen Kunden gewonnen. Hauptsache, ich muss nicht wieder zurück ins Fitnessstudio.“

„Ausgezeichnet“, entgegnete sie, während sie beim Klang ihrer künstlich aufgedrehten Stimme innerlich zusammenzuckte.

Der Mann trat beiseite und winkte sie ins Haus. „Kommen Sie rein“, sagte er.

Sie ging hinein und betrat ein kleines Wohnzimmer. Ein antik wirkender Fernseher stand mit einem verkratzten Unterhaltungscenter in der Mitte. In den Ecken des Raumes gab es ein paar alte, staubige Sessel sowie ein ausgesessenes Sofa. Überall fanden sich Keramikfiguren und Zierdeckchen. Es schaute mehr wie das Haus einer alten Frau aus als das eines alleinstehenden Mannes in seinen Vierzigern.

Aus irgendeinem Grund läuteten ihre innerlichen Alarmglocken. Doch dann versuchte sie, ihre Angst mit unsicherer Logik zu vertreiben. Entweder er ist extrem seltsam, oder das hier ist nicht sein Haus. Vielleicht lebt er bei seiner Mutter.

„Ist hier in Ordnung?“, fragte sie, während sie auf den Kaffeetisch vor der Couch deutete.

„Ja, dort ist perfekt“, antwortete der Mann. Er lächelte sie an und schloss die Tür hinter sich.

Sobald diese ins Schloss fiel, spürte Susan, wie sich etwas in ihrem Magen rührte. Es fühlte sich so an, als wäre der Raum plötzlich kalt geworden und als ob all ihre Sinne darauf reagieren würden. Etwas stimmte nicht. Sie hatte ein seltsames Gefühl. Sie schaute die Keramikfigur an, die ihr am nächsten stand – es war ein kleiner Junge, der einen Wagen zog – als ob sie ihr eine Antwort geben könnte.

Sie beschäftigte sich damit, ihren Aktenkoffer zu öffnen, und nahm ein paar Packungen des Proteinpulvers sowie ein gratis Minimixer (mit einem Verkaufswert von $35, doch bei der ersten Bestellung bekam man einen kostenlos hinzu) heraus, um sich abzulenken.

„Also“, sagte sie, wobei sie versuchte, ruhig zu bleiben und das Schaudern zu ignorieren, dass sie immer noch verspürte. „Interessieren Sie sich mehr für das Abnehmen, die Gewichtszunahme oder möchten Sie Ihre aktuelle Körperform behalten?“

„Ich bin mir nicht sicher“, meinte der Mann, der sich die Waren auf dem Kaffeetisch anschaute. „Was würden Sie denn empfehlen?“

Susan hatte Schwierigkeiten, zu reden. Ihr Herz schlug schnell in ihrer Brust. Hatte er die Tür beim Zumachen abgeschlossen? Sie konnte es von ihrem Platz aus nicht erkennen.

Dann wurde ihr klar, dass der Mann immer noch auf eine Antwort wartete. Sie schüttelte die Spinnenweben ab und versuchte, zurück in ihre Verkäuferrolle zu schlüpfen.

„Nun ja, ich weiß nicht so recht“, sagte sie.

Sie wollte wieder zur Tür schauen. Plötzlich schien es ihr, als würden sich all die künstlichen Augen der Porzellanfiguren in dem Raum auf sie richten, genau wie die Augen eines Jägers auf seine Beute.

„Ich ernähre mich nicht allzu schlecht“, sagte der Mann. „aber ich habe eine Schwäche für Zitronenkuchen. Könnte ich den bei Ihrem Programm trotzdem noch essen?“

„Womöglich“, erwiderte sie, während sie ihre Utensilien durchwühlte und den Koffer näher zu sich heranzog. Zehn Minuten, dachte sie, wobei sie sich mit jeder Minute unwohler fühlte. Er sagte, dass er nur zehn Minuten hätte. So lange kann ich durchhalten.

Sie fand das kleine Heftchen, das dem Mann aufzeigen würde, was er mit dem Programm essen könnte, und schaute auf, um es ihm zu geben. Als er es nahm, berührten sich ihre Finger für einen kurzen Moment.

Wieder läuteten Alarmglocken in ihrem Kopf. Sie musste hier raus. Noch nie hatte sie beim Betreten der Wohnung eines potentiellen Kunden etwas Derartiges gespürt, aber das Gefühl war so überwältigend, dass sie an nichts Anderes mehr denken konnte.

„Es tut mir leid“, sagte sie, während sie ihre Utensilien zurück in den Koffer packte. „Aber mir fällt gerade wieder ein, dass ich in weniger als einer Stunde ein Meeting habe, und zwar am anderen Ende der Stadt.“

„Oh“, meinte er und sah sich das Heftchen an, das sie ihm gerade gegeben hatte. „Das verstehe ich. Ich hoffe, dass Sie es noch rechtzeitig schaffen.“

„Danke“, entgegnete sie schnell.

Er gab ihr das Heftchen zurück, das sie mit zitternder Hand entgegennahm, bevor sie es in den Koffer steckte und zur Eingangstür ging.

Doch diese war verschlossen.

Mit der Hand auf dem Türknauf drehte sich Susan um.

Sie sah den Schlag kaum kommen. Alles, was sie sah, war eine weiße Faust, die auf ihren Mund stieß. Sofort spürte sie, wie das Blut floss, denn sie konnte es auf der Zunge schmecken, und fiel direkt zurück auf die Couch.

Als sie ihren Mund zum Schreien öffnen wollte, hatte sie das Gefühl, als ob die rechte Seite ihres Kiefers blockiert wäre. Sie versuchte, zurück auf die Füße zu kommen, doch der Mann war schon wieder über ihr und stieß ihr diesmal ein Knie in den Bauch, was ihr den Atem aus den Lungen drückte. Sie konnte nichts weiter tun, außer sich zusammenzurollen und nach Luft zu schnappen. Währenddessen bekam sie am Rande mit, dass der Mann sie hochhob und über seine Schulter warf, als ob sie eine hilflose Neandertalerin wäre, die gerade zurück in seine Höhle geschleppt wurde.

Sie versuchte erneut, sich gegen ihn zu wehren, aber sie konnte immer noch nicht richtig einatmen. Sie fühlte sich gelähmt, wie eine Ertrinkende. Sowohl ihr Gehirn als auch ihr ganzer Körper waren schlaff und willenlos. Von ihrem Gesicht aus tropfte Blut auf die Rückseite seines T-Shirts und als er sie durch das Haus trug, konnte sie sich auf nichts Anderes konzentrieren.

Irgendwann bekam sie mit, dass er sie in ein anderes Gebäude getragen hatte – in ein Haus, das auf irgendeine Weise mit dem verbunden war, in welchem sie sich noch vor wenigen Augenblicken befunden hatte. Sie wurde wie ein Sack Mehl auf den Boden geworfen, wobei sie sich den Kopf an dem zerkratzten Linoleumboden anschlug. In ihren Augen tauchten vor lauter Schmerz weiße Punkte auf, als sie endlich in der Lage war, flach zu atmen. Sie rollte sich herum, aber gerade als sie es geschafft hatte, auf die Beine zu kommen, war er wieder da.

Seine Augen waren nun verhangen, doch sie konnte genug erkennen, um zu sehen, dass er eine Tür geöffnet hatte, die sich hinter einer falschen Wandvertäfelung versteckte. Der Raum war dunkel und mit Staub sowie einer bauschigen Dämmung, die in zerrissenen Streifen von der Decke hing, ausgekleidet. Als ihr klar wurde, dass er vorhatte, sie dort hinein zu bringen, schlug ihr Herz so stark gegen die Brust, als ob es durch ihre Rippen brechen wollte.

„Hier drinnen bist du sicher“, sagte der Mann, während er sich vorbeugte und sie in den niedrigen Raum zog.

Schließlich lag sie im Dunkeln auf dem harten Holzboden. Der Geruch nach Staub und ihrem eigenen Blut, das immer noch aus ihrer gebrochenen Nase rann, erfüllte den Raum. Dieser Mann…sie wusste, wie er hieß, konnte sich im Moment aber nicht mehr daran erinnern, denn sie wurde von Blut und Schmerz erfüllt – einem stechenden, beengenden Schmerz in ihrer Brust – während sie weiterhin um ihren Atem kämpfte.

Als sie es endlich schaffte, einzuatmen, wollte sie die Luft zum Schreien verwenden. Doch stattdessen floss sie in ihre Lungen und belebte ihren Körper. In diesem kurzen Moment der körperlichen Erleichterung hörte sie, wie die Tür der kleinen Kammer irgendwo hinter ihr geschlossen wurde, dann gab es nur noch Dunkelheit.

Das letzte, was sie hörte, bevor die Welt schwarz wurde, war sein Lachen direkt vor der Tür.

„Keine Sorge“, meinte er. „Es wird bald vorbei sein.“

KAPITEL EINS

Der Regen prasselte beständig hinab, gerade laut genug, sodass Mackenzie White ihre eigenen Schritte nicht hören konnte. Das war gut, denn es bedeutete, dass sie der Mann, den sie verfolgte, ebenfalls nicht hören konnte.

Trotzdem durfte sie sich nicht auf diesen Vorteil verlassen. Es regnete nicht nur, sondern es war auch spät abends. Der Verdächtigte konnte die Dunkelheit genauso gut zu seinem Vorteil nutzen wie sie. Und die schwachen, flackernden Straßenlaternen halfen ihr auch nicht weiter.

Mit klatschnassem Haar und einem Mantel, der aufgrund der Nässe praktisch an ihrem Körper klebte, überquerte Mackenzie schnellen Schrittes eine verlassene Straße. Vor ihr hatte ihr Partner das Zielgebäude bereits erreicht. Sie konnte seinen Umriss sehen, der tief gebeugt an der Seite des alten Betongebäudes stand. Als sie sich ihm näherte, mit dem Mondlicht und einer einzigen Straßenlaterne, die einen Häuserblock entfernt stand, als einzige Lichtquelle, schloss sie ihre Hände fester um die Glock, ihrer von der Polizeiakademie gestellten Waffe.

So langsam mochte sie das Gefühl, eine Waffe in den Händen zu halten. Es war mehr als nur ein Sicherheitsgefühl, sondern sogar schon eine Art persönliche Beziehung. Wenn sie eine Waffe in den Händen hielt und wusste, dass sie mit ihr schießen würde, dann spürte sie eine enge Bindung mit ihr. So etwas hatte sie bei ihrer Arbeit als ungeschätzte Detective in Nebraska nie gespürt, es war etwas Neues, das die FBI Academy in ihr erweckt hatte.

Sie erreichte das Gebäude und bückte sich neben ihren Partner. Zumindest prasselte hier der Regen nicht mehr auf sie nieder.

Ihr Partner hieß Harry Dougan. Er war zweiundzwanzig, gut gebaut und auf subtile und fast schön respektable Weise dreist. Sie war froh zu sehen, dass er auch ein wenig unsicher wirkte.

„Konntest du schon etwas sehen?“, fragte sie.

„Nein. Aber im Wohnzimmer ist niemand. So viel kann man durch das Fenster erkennen“, erwiderte er, während er geradeaus deutete. Dort gab es nur ein einziges Fenster und dieses war zerbrochen und scharfkantig.

„Wie viele Zimmer?“, wollte sie wissen.

„Drei weiß ich sicher.“

„Lass mich voran gehen“, meinte sie, wobei sie darauf achtete, es nicht wie eine Frage klingen zu lassen. Sogar hier in Quantico mussten Frauen bestimmt handeln, um ernst genommen zu werden.

Er bedeutete ihr, voran zu gehen. Als sie an ihm vorbeihuschte, ging sie um die Ecke zur Front des Gebäudes, um die sie herumlugte, um festzustellen, dass die Luft rein war. Diese Straßen waren auf unheimliche Weise leer und alles sah wie ausgestorben aus.

Schnell bedeutete sie Harry, ihr zu folgen, was er ohne zu zögern tat. Er hielt seine eigene Glock in den Händen und richtete sie, wie sie es in ihrem Training gelernt hatten, während der Verfolgung auf den Boden. Zusammen schlichen sie sich zur Eingangstür des Gebäudes, einem verlassenen Betongebilde, das vielleicht einmal ein altes Lagerhaus gewesen war, und auch an der Tür waren deutliche Zeichen des Alters zu sehen. Es war ebenfalls offensichtlich, dass sie nicht verschlossen war, denn durch einen dunklen Schlitz konnte man einen Blick auf den silbrig erscheinenden Innenraum des Gebäudes erhaschen.

Mackenzie schaute zu Harry und zählte mit den Fingern. Drei, zwei…eins!

Sie drückte ihren Rücken fest an die Betonwand, als sich Harry noch tiefer bückte, die Tür aufdrückte und hineinsprang. Sie folgte ihm auf den Schritt, die beiden arbeiteten wie eine gut geölte Maschine zusammen. Im Inneren des Gebäudes gab es jedoch so gut wie kein Licht. Schnell zog sie ihre Taschenlampe aus dem Gürtel. Doch gerade, als sie diese einschalten wollte, hielt sie inne. Das Licht würde ihre Position verraten. Der Verdächtige würde sie schon von Weitem sehen und könnte – wieder einmal – schnell entkommen.

 

Deshalb steckte sie die Taschenlampe wieder ein und ging voran. Sie schlich vor Harry durch den Raum, wobei ihre Waffe auf die Tür zu ihrer Rechten gerichtet war. Nachdem sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte sie mehr Details erkennen. Der Raum war größtenteils leer. An der gegenüberliegenden Wand standen feuchte Kartons und in der hinteren Ecke des Zimmers gab es einen Sägeblock und ein paar zurückgelassene, alte Kabel. Ansonsten war der Hauptraum komplett leer.

Mackenzie ging zu der Tür zu ihrer Rechten. Eigentlich war es nur ein Durchgang, denn die Tür an sich war schon vor langer Zeit entfernt worden. Das Innere des Raumes wurde von Schatten verdeckt, doch abgesehen von einer zerbrochenen Glasflasche und etwas, das wie Rattenkot aussah, war auch dieser Raum leer.

Sie hielt inne und war dabei sich umzudrehen, doch erkannte, dass ihr Harry zu dicht folgte. Als sie den Raum rückwärts verlassen wollte, wäre sie ihm fast auf die Füße getreten.

„Es tut mir leid“, flüsterte er in der Dunkelheit. „Ich dachte, es – “

Er wurde von dem Geräusch eines Pistolenschusses unterbrochen, der sofort von einem Stöhnen aus Harrys Mund begleitet wurde, während dieser zu Boden fiel.

Mackenzie presste sich dicht an die Wand, als ein weiterer Schuss ertönte. Dieser prallte auf der anderen Seite der Wand ab, sie konnte den Aufprall an ihrem Rücken spüren.

Sie wusste, dass sie den Täter überwältigen konnte, wenn sie schnell handelte, anstatt sich in ein Schießduell um die Wand herum verwickeln zu lassen. Sie schaute zu Harry und sah, dass er sich immer noch bewegte und die meiste Zeit bei Bewusstsein war, weshalb sie nach ihm griff und ihn vom Durchgang weg aus der Schusslinie zog. Dabei wurde ein weiterer Schuss abgefeuert. Sie spürte, wie die Patrone nur wenige Zentimeter über ihrer Schulter vorbeiflog und die Luft um ihren Regenmantel herum aufwirbelte.

Als sie Harry in Sicherheit gebracht hatte, verschwendete sie keine Zeit und beschloss, zu handeln. Sie schnappte sich ihre Taschenlampe, schaltete sie ein und warf sie auf den Boden. Sekunden später traf diese dort klappernd auf, ihr weißes Licht tanzte wild auf dem Boden des Raumes auf der anderen Seite des Durchganges umher.

Dem Geräusch folgend schwang sich Mackenzie auf die andere Seite des Durchgangs. Sie kauerte am Boden, den sie mit den Händen abtastete, während sie sich schnell zu einer engen Kugel zusammenzog. Als sie sich mit Schwung nach rechts rollte, sah sie den Umriss des Täters direkt vor ihr, der sich immer noch vollständig auf ihre Taschenlampe konzentrierte.

Sie entrollte sich und streckte ihr rechtes Bein schwunghaft aus. Damit traf sie den Täter an der Rückseite der Beine, knapp unter dem Knie. Der Verdächtige beugte sich ein wenig vor, doch das war alles, was sie brauchte. Sie sprang auf und schlang ihren rechten Arm um seinen Hals, als er zusammensackte, und schmiss ihn hart auf den Boden. Mit einem Knie zwischen seinen Schulterblättern und einer schnellen Bewegung ihres linken Armes, war der Täter gefasst, bewegungsunfähig gemacht und entwaffnet, da seine Pistole zu Boden gefallen war.

Irgendwo in dem alten Gebäude rief eine laute Stimme: „Halt!“

Eine Reihe weißer Glühlampen ging mit einem hörbaren Klicken an, kurz darauf wurde das Innere des Gebäudes in Licht geflutet.

Mackenzie stand auf und sah zu dem Verdächtigen hinab. Er lächelte sie an. Es war ein bekanntes Gesicht – eines, das sie in ihren Trainingsmodulen oft zu sehen bekommen hatte, normalerweise schrie es Befehle und Anweisungen an die Agenten in Ausbildung.

Sie streckte ihre Hand aus, die er nahm, um vom Boden aufzustehen. „Verdammt gute Arbeit, White.“

„Danke“, erwiderte sie.

Hinter ihr stolperte Harry vor, während er seinen Bauch hielt. „Sind Sie sicher, dass wir nur Beanbags verwenden?“, fragte er.

„Nicht nur das, sie waren sogar ganz schwach“, erwiderte der Ausbilder. „Das nächste Mal verwenden wir Riotbags.“

„Wunderbar“, brummte Harry.

Mehrere Menschen betraten den Raum, nun, da die Verfolgung in der Hogan Alley beendet war. Es war Mackenzies dritte Übung in der Alley gewesen, einer Nachbildung einer verlassenen und heruntergekommenen Straße, die von den FBI Trainern, die zukünftige Agenten ausbildeten, gerne genutzt wurde, um eine Situation aus dem echten Leben zu simulieren.

Während zwei Ausbilder bei Harry standen und ihm erklärten, was er falsch gemacht hatte und wie er es hätte verhindern können, angeschossen zu werden, ging ein Ausbilder direkt auf Mackenzie zu. Er hieß Simon Lee und war ein älterer Mann, der aussah, als hätte er im Leben schon viel durchgemacht und sich aus all dem rausgeboxt.

„Tolle Arbeit, Agent White“, sagte er. „Diese Rolle war so verdammt schnell, dass ich sie kaum gesehen habe. Aber trotzdem war es ein wenig leichtsinnig. Wenn mehr als nur ein Verdächtiger im Raum gewesen wäre, hätte die Sache ganz anders ausgehen können.“

„Ja, Sir. Das verstehe ich.“

Lee lächelte sie an. „Das weiß ich doch“, erwiderte er. „Jetzt, da Ihr Training halb abgeschlossen ist, bin ich mehr als zufrieden mit Ihrem Fortschritt. Sie werden ein ausgezeichneter Agent werden. Gute Arbeit.“

„Danke, Sir“, entgegnete sie.

Lee ging davon, in einen anderen Bereich des Gebäudes, um mit einem weiteren Ausbilder zu sprechen. Als alle begannen, hinauszugehen, kam Harry zu ihr, sein Gesicht war immer noch leicht schmerzhaft verzogen.

„Gut gemacht“, sagte er. „Es tut nur halb so sehr weh, wenn die Siegerin so außergewöhnlich hübsch ist.“

Sie verdrehte die Augen und steckte ihre Glock ins Holster. „Schmeichelei bringt nichts“, entgegnete sie. „Wie sagt man so schön? Mit Schmeichelei kommt man nicht weiter.“

„Ich weiß“, sagte Harry. „Aber reicht es, um dich wenigstens zu einem Drink zu überreden?“

Sie grinste. „Wenn du zahlst.“

„Ja, ich zahle“, stimmte er zu. „Ich will ja schließlich nicht, dass du mir in den Hintern trittst.“

Sie verließen das Gebäude und liefen zurück in den Regen. Jetzt, da die Anspannung vorüber war, empfand sie den Regen schon fast als erfrischend. Und da mehrere der Ausbilder und Berater die Gegend absuchten, um für heute Schluss zu machen, erlaubte sie sich endlich, stolz auf sich selbst zu sein.

Nach elf Wochen hatte sie den Großteil des Theorieteils ihres Trainings an der Akademie abgeschlossen. Sie hatte es fast geschafft…es waren noch etwa neun Wochen, bis sie den Kurs beendete und sie womöglich zu einem Außenagenten des FBI, einem sogenannten Field Agent, werden würde.

Plötzlich fragte sie sich, warum sie so lange gebraucht hatte, um Nebraska zu verlassen. Es war praktisch ihr goldenes Ticket gewesen, dass Ellington sie für die Akademie vorgeschlagen hatte, quasi der Schub, den sie brauchte, um sich selbst zu beweisen und um aus dem Gewohnten, in dem sie sich sicher fühlte, auszubrechen. Sie hatte sich von ihrem Job, ihrem Freund und ihrer Wohnung befreit und ein neues Leben begonnen.

Sie dachte an das weite, flache Land, die Maisfelder und den endlosen, blauen Himmel, die sie zurückgelassen hatte. Auch wenn diese Dinge eine eigene Schönheit in sich trugen, so hatten sie sie doch auf gewisse Weise gefangen gehalten.

All das lag jetzt hinter ihr.

Jetzt, da sie frei war, gab es nichts, das sie zurückhielt.

*

Den Rest des Tages verbrachte sie mit körperlichem Training: Liegestützen, Sprints, Crunches, weitere Sprints und Gewichtheben. In den ersten Tagen an der Akademie hatte sie diese Art des Trainings gehasst. Doch als sich ihr Körper und Geist daran gewöhnt hatten, schien es ihr nun so, als ob sie sich sogar danach sehnte.

Alles baute auf Geschwindigkeit und Präzision. Sie erledigte fünfzig Liegestützen so schnell, dass sie das Brennen in ihren Oberarmen erst bemerkte, als sie schon fertig war und sich zu dem schlammbeschmutzten Hindernislauf begab. Bei so gut wie jeder körperlichen Aktivität hatte sie die Einstellung entwickelt, dass sie sich selbst nicht weit genug herausforderte, wenn ihre Arme und Beine nicht zitterten und sich ihre Bauchmuskeln nicht wie Stücke geripptes Fleisch anfühlten.

In ihrer Einheit gab es sechzig Auszubildende und sie war eine von gerade einmal neun Frauen. Das machte ihr nichts aus, wahrscheinlich, weil sie durch ihre Zeit in Nebraska gelernt hatte, sich nicht um das Geschlecht der Menschen zu sorgen, mit denen sie arbeitete. Sie hielt einfach den Kopf gesenkt und erledigte die Aufgaben zu ihrem besten Können, welches, ohne angeben zu wollen, ziemlich bemerkenswert war.

Nachdem der Ausbilder die Zeit ihrer letzten Trainingseinheit gemessen hatte, einem zwei Meilen Lauf durch matschige Pfade und den Wald, löste sich die Klasse auf und jeder ging seiner Wege. Mackenzie setzte sich auf eine der Bänke am Rande der Laufbahn und streckte ihre Beine. Da sie an diesem Tag nichts mehr vorhatte und durch ihren Erfolg in der Hogan Alley immer noch voller Energie war, entschied sie sich dazu, noch einmal laufen zu gehen.

So ungern sie es auch zugab, sie war zu einem dieser Menschen geworden, denen es Spaß machte, joggen zu gehen.

Und auch wenn sie in nächster Zeit an keinem ausgeschriebenen Marathon teilnehmen würde, so hatte sie doch Gefallen an dieser Sportart gefunden. Neben den vorgeschriebenen Läufen, die zu ihrem Training gehörten, fand sie auch noch Zeit, auf den Waldwegen außerhalb des Campusgeländes, das sich sechs Meilen vom FBI Hauptquartier und etwa acht Meilen ihrer neuen Wohnung in Quantico befand, zu joggen.

Mit schweißgetränktem Top und rotem Gesicht beendete sie den Tag mit einem letzten Sprint über den Hindernisparcours, wobei sie die Hügel, die herumliegenden Stämme und die Netze ausließ. Dabei bemerkte sie, dass sie von zwei Männern beobachtet wurde –zwar nicht wie in einem lüsternen Tagtraum, aber trotzdem mit gewisser Bewunderung, die sie um ehrlich zu sein anspornte.

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