Vorher Schadet Er

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Из серии: Ein Mackenzie White Krimi #14
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Vorher Schadet Er
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VORHER SCHADET ER
(EIN MACKENZIE WHITE MYSTERY—BUCH 14)
B L A K E   P I E R C E
Blake Pierce

Blake Pierce ist der USA Today Bestseller-Autor der RILEY PAGE Mystery-Serie, die sechzehn Bücher (und es werden noch mehr) umfasst. Blake Pierce ist auch der Autor der Mystery-Serie MACKENZIE WHITE, die dreizehn Bücher umfasst (Tendenz steigend); der Mystery-Serie AVERY BLACK, die sechs Bücher umfasst; der Mystery-Serie KERI LOCKE, die fünf Bücher umfasst; der Mystery-Serie DAS MAKING OF RILEY PAIGE, die fünf Bücher umfasst (Tendenz steigend); der Mystery-Serie KATE WISE, die sechs Bücher umfasst (Tendenz steigend); der psychologischen Krimireihe CHLOE FINE, die fünf Bücher umfasst (Tendenz steigend); der psychologischen Krimireihe JESSE HUNT, die fünf Bücher umfasst (Tendenz steigend); der psychologischen Krimireihe AU PAIR, die zwei Bücher umfasst (Tendenz steigend); der Krimireihe ZOE PRIME, die zwei Bücher umfasst (Tendenz steigend); der neuen Krimireihe ADELE SHARP; sowie der neuen und heimeligen Mystery-Serie EUROPEAN VOYAGE.

Als begeisterter Leser und lebenslanger Fan der Mystery- und Thriller-Genres liebt es Blake, von Ihnen zu hören. Besuchen Sie www.blakepierceauthor.com, um mehr zu erfahren und in Kontakt zu bleiben.


Copyright © 2020 durch Blake Pierce. Alle Rechte vorbehalten. Außer wie im US-amerikanischen Urheberrechtsgesetz von 1976 erlaubt, darf kein Teil dieser Veröffentlichung in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln reproduziert, verteilt oder übertragen werden oder in einer Datenbank oder einem Abfragesystem ohne die vorherige Genehmigung des Autors gespeichert werden. Dieses eBook ist nur für Ihren persönlichen Genuss lizenziert. Dieses eBook darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch für eine andere Person freigeben möchten, erwerben Sie bitte für jeden Empfänger eine zusätzliche Kopie. Wenn Sie dieses Buch lesen und es nicht gekauft haben oder es nicht für Ihre Verwendung erworben wurde, geben Sie es bitte zurück und kaufen Sie Ihre eigene Kopie. Danke, dass Sie die harte Arbeit dieses Autors respektieren. Dieses Buch ist reine Fiktion. Namen, Charaktere, Geschäfte, Organisationen, Orte, Ereignisse und Ereignisse sind entweder das Produkt der Fantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen lebenden oder toten Personen ist völlig zufällig. Buchumschlagsbild Copyright Robsonphoto, mit Lizenz von Shutterstock.com

BÜCHER VON BLAKE PIERCE

ADELE SHARP MYSTERY-SERIE

NICHTS ALS STERBEN (Buch #1)

NICHTS ALS RENNEN (Buch #2)

NICHTS ALS VERSTECKEN (Buch #3)


DAS AU-PAIR

SO GUT WIE VORÜBER (Band #1)

SO GUT WIE VERLOREN (Band #2)

SO GUT WIE TOT (Band #3)


ZOE PRIME KRIMIREIHE

GESICHT DES TODES (Band #1)

GESICHT DES MORDES (Band #2)

GESICHT DER ANGST (Band #3)


JESSIE HUNT PSYCHOTHRILLER-SERIE

DIE PERFEKTE FRAU (Band #1)

DER PERFEKTE BLOCK (Band #2)

DAS PERFEKTE HAUS (Band #3)

DAS PERFEKTE LÄCHELN (Band #4)

DIE PERFEKTE LÜGE (Band #5)

DER PERFEKTE LOOK (Band #6)

DIE PERFEKTE AFFÄRE (Band #7)

DAS PERFEKTE ALIBI (Band #8)


CHLOE FINE PSYCHOTHRILLER-SERIE

NEBENAN (Band #1)

DIE LÜGE EINES NACHBARN (Band #2)

SACKGASSE (Band #3)

STUMMER NACHBAR (Band #4)

HEIMKEHR (Band #5)

GETÖNTE FENSTER (Band #6)


KATE WISE MYSTERY-SERIE

WENN SIE WÜSSTE (Band #1)

WENN SIE SÄHE (Band #2)

WENN SIE RENNEN WÜRDE (Band #3)

WENN SIE SICH VERSTECKEN WÜRDE (Band #4)

WENN SIE FLIEHEN WÜRDE (Band #5)

WENN SIE FÜRCHTETE (Band #6)

WENN SIE HÖRTE (Band #7)


DAS MAKING OF RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE

BEOBACHTET (Band #1)

WARTET (Band #2)

LOCKT (Band #3)

NIMMT (Band #4)

LAUERT (Band #5)

TÖTET (Band #6)


RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE

VERSCHWUNDEN (Band #1)

GEFESSELT (Band #2)

ERSEHNT (Band #3)

GEKÖDERT (Band #4)

GEJAGT (Band #5)

VERZEHRT (Band #6)

VERLASSEN (Band #7)

ERKALTET (Band #8)

VERFOLGT (Band #9)

VERLOREN (Band #10)

BEGRABEN (Band #11)

ÜBERFAHREN (Band #12)

GEFANGEN (Band #13)

RUHEND (Band #14)

GEMIEDEN (Band #15)

VERMISST (Band #16)

AUSERWÄHLT (Band #17)


EINE RILEY PAIGE KURZGESCHICHTE

EINST GELÖST


MACKENZIE WHITE MYSTERY-SERIE

BEVOR ER TÖTET (Band #1)

BEVOR ER SIEHT (Band #2)

BEVOR ER BEGEHRT (Band #3)

BEVOR ER NIMMT (Band #4)

BEVOR ER BRAUCHT (Band #5)

EHE ER FÜHLT (Band #6)

EHE ER SÜNDIGT (Band #7)

BEVOR ER JAGT (Band #8)

VORHER PLÜNDERT ER (Band #9)

VORHER SEHNT ER SICH (Band #10)

VORHER VERFÄLLT ER (Band #11)

VORHER NEIDET ER (Band #12)

VORHER STELLT ER IHNEN NACH (Band #13)

VORHER SCHADET ER (Band #14)


AVERY BLACK MYSTERY-SERIE

DAS MOTIV (Band #1)

LAUF (Band #2)

VERBORGEN (Band #3)

GRÜNDE DER ANGST (Band #4)

RETTE MICH (Band #5)

ANGST (Band #6)


KERI LOCKE MYSTERY-SERIE

EINE SPUR VON TOD (Band #1)

EINE SPUR VON MORD (Band #2)

EINE SPUR VON SCHWÄCHE (Band #3)

EINE SPUR VON VERBRECHEN (Band #4)

EINE SPUR VON HOFFNUNG (Band #5)

KAPITEL EINS

Schritt für Schritt stolperte sie weiter und ihre Füße rutschten in den offenen Sandalen hin und her, als sie über das feuchte Feld rannte. Es war mittlerweile Nacht geworden und Dunstschleier bedeckten den Boden dort, wo es nachmittags geregnet hatte. Sie fragte sich, ob das bisschen Feuchtigkeit in ihren Sandalen für ihren Tod verantwortlich sein würde.

Man hatte sie gefunden, auch wenn sie keine Ahnung hatte, wie.

Ihre einzige Chance, diese Nacht zu überleben, war Amy. Sie musste sie erreichen. Laut ihrer Berechnung waren es noch etwa drei Kilometer. Aber um die Nachbarschaft zu erreichen, in der Amy wohnte, würde sie dieses dämliche, nasse Feld überqueren müssen.

Vom ständigen Ausrutschen genervt, hielt sie lange genug an, um sich die Sandalen auszuziehen. Hätte sie mehr Zeit für die Vorbereitung gehabt, würde sie nun Turnschuhe tragen. Aber es war alles so schnell gegangen …

Sie hielt die Sandalen in der rechten Hand und rannte weiter. Sie kam nun etwas einfacher vorwärts, doch ihre zarten Füße begannen sofort, sich über die harte Erde unter dem Gras zu beschweren. Doch sie ignorierte den Schmerz und rannte so schnell sie konnte weiter. Sie musste es zu Amy schaffen.

Kurz warf sie einen Blick nach hinten und sah lediglich die treppenförmige Silhouette des Waldes – Bäume verschiedener Größe, die in der Dunkelheit wie ein seltsames Diagramm wirkten. Wenn ihr jemand folgte, dann konnte sie es nicht sehen. Aber sie war nicht naiv genug, zu glauben, niemanden auf ihrer Fährte zu haben. Sicherlich suchte jemand nach ihr, um sicherzugehen, dass sie es niemandem erzählte.

Das Feld endete abrupt und sie sprang über den Graben auf eine zweispurige Straße. Als sie auf dem Asphalt landete, schlitterte sie ein wenig und der Teer grub sich in ihre Fersen. Sie sah nach rechts in Richtung der Straßenlaternen, die in der Ferne leuchteten. Amy würde dort sein. Irgendwo inmitten des Leuchtens. Dieses Wissen gab ihren schmerzenden Beinen neue Kraft – obwohl sie bereits mehrere Kilometer durch den Wald und über die Felder gerannt war, um hier anzukommen.

Sie rannte die Straße entlang und vermutete, noch mindestens einen knappen Kilometer vor sich zu haben, bevor sie das Leuchten der Straßenlaternen erreichen würde. Sie dachte an ihr Handy, das sie irgendwo im Wald verloren hatte. Wie einfach wäre es, einfach anrufen zu können. Vor Frust hätte sie am liebsten geweint.

Und als sie weiterrannte, erlaubte sie sich, zu weinen. Sie rannte und weinte und suchte tief in ihren Lungen nach dem nächsten Atemzug.

Irgendwie schaffte sie es, die Wohngegend zu erreichen. Ihre Beine waren wie Wackelpudding und sie war so außer Atem, dass sie kleine schwarze Feuerwerksexplosionen vor Augen hatte. Aber das war in Ordnung, denn sie hatte es geschafft. Sie würde zu Amy gehen. Und Amy würde wissen, was zu tun war. Sie war sich nicht sicher, ob es überhaupt Sinn machte, die Polizei zu kontaktieren, aber das würde womöglich keine Rolle spielen. Sie musste lediglich mit Amy sprechen. Und der bloße Gedanke daran verschaffte ihr Erleichterung.

Als sie sich ihrem Haus näherte, musste sie sich davon abhalten, nach Amy zu rufen. Nur noch vier oder fünf Häuser, dann wäre sie sicher. Die aufsteigenden Nebelschwaden des Regens am Nachmittag dämpften das Licht der Straßenlaternen und die ganze Nachbarschaft sah aus, als entstamme sie einem Horrorfilm. Doch Amys Haus wartete wie ein Leuchtturm auf sie.

Sie konzentrierte sich so sehr auf die Form der Häuser, dass sie den aufjaulenden Motor hinter sich nicht hörte. Als sie endlich auf den Wagen aufmerksam wurde, blickte sie nach hinten. Das Auto kam ohne Licht auf sie zugerast. Sie versuchte, sich nach rechts zu werfen, doch das brachte nicht viel.

Der Wagen erwischte sie an ihrer rechten Seite. Kurz fühlte sie sich wie betäubt, als sie einen Meter über dem Boden einen Überschlag machte. Doch der Schmerz kam mit rasender Wut zurück, als sie auf dem Asphalt landete. Ihr Kopf schlug gegen die Straße und die Welt wurde schwarz.

 

Deshalb konnte sie das Gesicht der Person nicht sehen, die mitten in der Straße angehalten hatte, ausgestiegen war und nun mit einem Messer in der Hand auf sie zukam.

Sie wusste, dass die Person ihr die Kehle durchtrennte, aber die Schmerzen in ihrem Kopf und ihrem Rücken waren so stark, dass sie nichts davon spürte.

Während der Mörder zurück zum Wagen ging, entwich ihr das Leben mit rasendem Tempo.

Der Wagen war bereits verschwunden, als sie auf der regenbedeckten Fahrbahn ihren letzten Atemzug nahm.

KAPITEL ZWEI

Die Wohnung roch nach Rosmarin und Zitrone. Das Abendessen kochte auf dem Herd, die erste Flasche Wein war geöffnet worden und Spotify spielte The Cure. Jeder willkürliche Besucher hätte vermutlich gedacht, dass Mackenzie White einen fantastischen Nachmittag hatte. Nicht sichtbar jedoch war ihr innerlicher Kampf und die Aufregung. Ihre Nerven waren – wie ihr Magen auch – gereizt.

Das Hühnchen war fertig und der Spargel im Ofen. Mackenzie nippte an ihrem Rotwein und versuchte, eine Beschäftigung zu finden. Ellington saß mit Kevin auf dem Wohnzimmerboden und las ihm vor. Er sah zu ihr auf und verdrehte die Augen. Als er einen passenden Zeitpunkt zur Unterbrechung erreichte – der winzige Hundewelpe in der Geschichte war erneut unter den Zaun gekrabbelt – nahm er Kevin in den Arm und betrat mit ihm zusammen die Küche.

„Es ist nur deine Mutter“, sagte er. „Du tust ja so, als bekämen wir Besuch von der Steueraufsichtsbehörde oder so.“

„Du kennst sie nicht“, meinte Mackenzie.

„Ist sie dir ähnlich?“

„Bis auf die Tatsache, dass sie uns verlassen hat, schon.“

„Dann bin ich mir sicher, dass sie in Ordnung ist. Sag mir einfach, wieviel Charme ich versprühen soll.“

„Nicht zu viel. Sie wird deine Witze nicht verstehen.“

„Dann nehme ich es zurück“, sagte Ellington. „Ich kann die Frau jetzt schon nicht ausstehen.“ Er gab Kevin einen Kuss auf die Stirn und zuckte mit den Schultern. „Sie hat allerdings ein Recht darauf, ihren Enkel kennenzulernen. Bist du denn überhaupt nicht froh, dass sie ein Teil der Familie sein will?“

„Ich will ja froh sein. Aber es fällt mir schwer, ihr zu vertrauen.“

„Das verstehe ich“, meinte Ellington. „Mir wird auch nicht gerade warm ums Herz, wenn ich an meine Mom denke.“

„Aber zumindest stand sie sofort vor der Tür, als du ein Kind bekamst, oder?“

„Das stimmt. Aber wir sollten nicht davon ausgehen, dass das gut ist. Es könnte Jahre dauern, bevor wir verstehen, welchen traumatischen Einfluss das auf Kevin hatte.“

„Ich mache keine Witze, E. Die Frau ist schädlich. Sie ist …“

Sie war sich nicht sicher, wie sie den Satz beenden sollte, also verstummte sie. Was ist sie? Egoistisch wäre ein passendes Wort. Unreif ein anderes. Die Frau hatte sich nach dem Tod ihres Mannes quasi abgeschottet und dadurch Mackenzie und ihre Schwester ohne Mutterfigur zurückgelassen.

„Sie ist deine Mutter“, erwiderte Ellington. „Und ich freue mich, sie kennenzulernen.“

„Ich werde dich später an diese Worte erinnern.“

Sie küssten sich und Ellington kehrte ins Wohnzimmer zurück, um weiter von den Fehltritten des winzigen Hundewelpen vorzulesen. Mackenzie hörte zu, während sie erneut an ihrem Wein nippte und dann begann, den Tisch zu decken. Sie schielte auf die Uhr und bemerkte, dass nur sechs Minuten verblieben, bevor ihre Mutter sich angekündigt hatte. Sie musste zugeben, dass das Abendessen köstlich roch und Kevin niedlicher aussah als je zuvor. Für ihren Geschmack wuchs er viel zu schnell. Er zog sich bereits selbst hoch und flitzte durch die Wohnung. Sie rechneten jeden Tag mit seinen ersten Schritten.

Daran ließ sich gut festmachen, wieviel Zeit seit ihrem letzten Treffen mit ihrer Mutter vergangen war. Ihr Sohn würde bald laufen und ihre Mutter hatte ihn …

Ein Klopfen an der Tür unterbrach ihre Gedankengänge. Sie sah Ellington erschrocken an, woraufhin er grinste. Dann nahm er Kevin wieder in den Arm und streckte ihr seine freie Hand entgegen. Seit etwa einer Woche trug er keinen Gips mehr und es tat gut, ihm dabei zuzusehen, beide Arme zu benutzen.

Sie nahm seine Hand und er zog sie an sich. „Du hast es mit den härtesten Kerlen aufgenommen, die unsere Gesellschaft zu bieten hat“, erinnerte er sie. „Sicherlich kannst du auch diese Situation bewältigen.“

Sie nickte und gemeinsam gingen sie zur Tür. Als sie die Tür öffneten, musste Mackenzie kurz ihre Gedanken sammeln.

Ihre Mutter sah umwerfend aus. Sie schien sich in den letzten Monaten seit ihrem Treffen gemacht zu haben. War es bereits ein Jahr her? Mackenzie war sich nicht sicher. Ihre Mutter sah gesund und sogar glücklich aus. Ihr Haar war zurechtgemacht und sie könnte gut als dreiundvierzig statt dreiundfünfzig durchgehen.

„Hey Mom“, sagte Mackenzie. „Du siehst gut aus.“

„Du auch.“ Sie sah an Mackenzie vorbei zu Ellington, der Kevin im Arm hielt. „Es tut mir leid“, sagte sie. „Wir kennen uns noch nicht.“

Ellington und ihrer Mutter dabei zuzusehen, sich die Hand zu geben, war irgendwie unwirklich. Und als Mackenzie beobachtete, wie Kevin die fremde Frau an der Tür studierte, brach ihr kurz das Herz. Sie hatte ihrer Mutter von etwa einem Jahr in Nebraska von ihrem Enkelkind erzählt. Es war eine offene Einladung gewesen, sie zu besuchen – und erst jetzt hatte sie sie angenommen. Mackenzie rechnete ihr jedoch an, ihr Angebot, die Flugtickets zu bezahlen, abgelehnt zu haben.

„Komm rein, Mom“, sagte Mackenzie.

Patricia White betrat die Wohnung ihrer Tochter, als gehe sie in eine Art Kathedrale – mit Ehrfurcht und Respekt. Sobald sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, sah sie erst Kevin und dann mit Tränen in den Augen Mackenzie an.

„Kann ich ihn halten?“

„Du bist seine Großmutter“, sagte Mackenzie. „Natürlich kannst du ihn halten.“

Als Ellington ihr Kevin überreichte, tat er das ohne zu zögern. Er beobachtete den ehrfürchtigen und dankbaren Ausdruck seiner Schwiegermutter genauso gespannt wie Mackenzie. Während Mackenzie sich freute, Kevin in den Armen ihrer Mutter zu sehen, fühlte es sich noch immer unwirklich an.

„Er sieht dir sehr ähnlich“, sagte Patricia zu ihrer Tochter.

„Und das ist auch gut so“, meinte Ellington kichernd.

Mackenzie führte ihre Mutter weiter in die Wohnung hinein bis ins Wohnzimmer, wo sie sich setzten. Mackenzie und Ellington sahen sich dabei kurz über Patricias Kopf hinweg an. Ellington schenkte ihr einen Hab-ichs-dir-doch-gesagt-Blick, den sie mit einem mürrischen Stirnrunzeln beantwortete.

„Du hast doch nicht etwa schon in ein Hotel eingecheckt, oder?“, fragte Mackenzie.

„Doch. Hab meine Sachen schon hingebracht.“ Während sie sprach, sah sie Kevin ununterbrochen an. Mackenzie wusste nicht, ob sie ihre Mutter je so strahlend gesehen hatte.

„Das hättest du nicht tun müssen. Ich habe dir doch gesagt, dass du gerne bei uns übernachten kannst.“

„Ich weiß“, sagte sie und nahm schließlich den Blick von ihrem Enkel, während sie ihn auf ihren Knien hüpfen ließ. „Aber ihr seid beide beruflich eingespannt und ich wollte nicht im Weg sein. Außerdem habe ich heute Abend einen Whirlpool in meinem Zimmer und kann morgen ein bisschen Sightseeing machen. Ich war zuvor noch nie in DC, also …“

Sie verstummte und erklärte die Unterhaltung damit für beendet. Und was Mackenzie betraf, war sie das auch.

„Nun, das Abendessen ist so gut wie fertig“, sagte Mackenzie. „Noch ein paar Minuten. Der Tisch ist schon gedeckt, wir können also ins Esszimmer umziehen.“

Das taten sie auch – Patricia trug Kevin im Arm, während Ellington den Hochstuhl an den Tisch schob. Als sie saßen, schenkte Ellington sich selbst und Patricia Wein ein, während Mackenzie nach und nach das Essen servierte. Sie hatte schon immer ein Händchen fürs Kochen gehabt, blieb aber bei den einfachen Gerichten. Heute hatte sie ein schlichtes Vier-Zutaten-Hühnchen mit Rosmarin und Zitrone zubereitet, dazu gab es Kartoffeln und Spargel. Patricia sah sie überrascht an.

„Du kannst kochen?“, fragte sie.

„Ein bisschen. Definitiv nicht überdurchschnittlich.“

„Sie ist bescheiden“, meinte Ellington.

„Das war sie schon immer.“

Und das Abendessen begann, einfach so. Die Unterhaltung war zwar ein bisschen holprig, aber nicht unangenehm. Ellington redete am meisten und erzählte Patricia mehr über sich – wo er aufgewachsen war, seit wann er als Agent arbeitete und seine Version, wie die Beziehung mit ihrer Tochter ins Rollen gekommen war. Mackenzie war überrascht, wie viel es ihr bedeutete, dass ihrer Mutter ihre Kochkünste komplementiert hatte. Während des Essens saß Kevin in seinem Hochstuhl und aß kleine Hühnchen-Stücke, die Mackenzie ihm abschnitt. Er wurde immer besser darin, selbst mit den Händen zu essen, dennoch landete ein großer Teil des Essens auf dem Boden.

Als sowohl die Teller als auch die Weinflasche leer waren, begriff Mackenzie, dass der Abend möglicherweise nicht so katastrophal enden würde, wie sie befürchtet hatte. Ellington säuberte Kevin und gab ihm ein paar Joghurtdrops, bevor er den Tisch abräumte. Mackenzie saß ihrer Mutter gegenüber, während Ellington in der Küche die Spülmaschine einräumte.

„Ich nehme an, dass du in letzter Zeit nicht mit deiner Schwester gesprochen hast“, meinte Patricia.

„Nein. Bei unserem letzten Treffen hast du erwähnt, dass sie in Los Angeles ist, oder?“

„Ja. Und wenn sich das geändert haben sollte, weiß ich nichts davon. Ich könnte schwören, dass sie sich seit deinen Ermittlungen im Falle eures Vaters weiter zurückgezogen hat. Ich habe nie verstanden, wie sie …“

Sie wurde von einem Klopfen an der Wohnungstür unterbrochen – was seltsam war, da Mackenzie und Ellington kaum Besuch bekamen.

„Babe, kannst du aufmachen?“, rief Ellington aus der Küche. „Ich stecke bis zu den Ellbogen im Spülwasser.“

„Entschuldige mich kurz, Mom“, sagte Mackenzie und stand auf. Sie kniff Kevin spielerisch in die Nase, als sie an ihm vorbeiging. Es überraschte sie, wie ausgesprochen gut der Abend lief. Ja, vielleicht könnte man sogar sagen, dass sie den Besuch ihrer Mutter genoss.

Mit federnden Schritten ging sie zur Tür. Doch als sie sie öffnete, verschwand das Federn und die Realität überrollte sie.

„Hallo Mackenzie“, sagte die Frau an der Tür.

Mackenzie setzte ein falsches Lächeln auf, das irgendwie nicht zu passen schien. „Hey E“, rief sie über die Schulter nach hinten. „Deine Mom ist hier.“

KAPITEL DREI

Mackenzie hatte wirklich nichts gegen Frances Ellington. Sie war sogar eine Art Retter in der Not gewesen und hatte auf Kevin aufgepasst, als Mackenzie zur Arbeit zurückgekehrt war. Es schadete auch nicht, dass Kevin seine Oma E über alles liebte. Doch die Vorstellung, beide Großmütter zur selben Zeit am selben Ort zu haben war unglaublich beunruhigend. Mackenzie glaubte, beide Frauen gut genug zu kennen, um zu wissen, dass dieses Aufeinandertreffen einem Pulverfass ähnelte, das den Hügel hinunterrollte, wo ein immer größer werdendes Feuer tobte.

Langsam und schüchtern führte Mackenzie Frances ins Esszimmer. Als Kevin sie erblickte, leuchteten sein Augen auf und er streckte die Arme aus. Hinter ihr betrat Ellington mit perplexem Gesicht das Zimmer.

„Mom … was machst du hier?“

„Ich war in der Gegend und dachte, ich lad euch beide zum Abendessen ein – aber ich scheine zu spät zu kommen.“

„Das hättest du gewusst, wenn du angerufen hättest.“

Frances ignorierte ihren Sohn und schenkte Patricia, die sie am Tisch erblickt hatte, ein großes Lächeln. „Ich bin übrigens Frances Ellington.“

„Und ich bin Patricia White“, sagte Patricia. „Wie schön, Sie kennen zu lernen.“

Dann wurde alles still. Die Spannung war greifbar. Selbst Kevin schien erstaunt zu sein; er sah sich im Zimmer um, als stimme etwas nicht. Erst als sein Blick schließlich bei Mackenzie hängenblieb und sie ihn breit angrinste, wirkte er zufrieden.

„Nun, wenn wir schon alle hier sind, kann ich auch den Nachtisch rausholen“, verkündete Ellington. „Es ist nicht viel, nur eine Eistorte, die mich gestern im Supermarkt angelacht hat.“

„Das klingt fantastisch“, sagte Frances, als sie sich auf den Stuhl neben Kevin setzte. Kevin schenkte ihr nun seine ungeteilte Aufmerksamkeit und seine neue Großmutter war vergessen.

„Frances passt hin und wieder auf ihn auf“, erklärte Mackenzie ihrer Mutter. Sie hoffte, mit ihrem einfachen Statement in kein Fettnäpfchen getreten zu sein, denn in ihren Ohren klang es fast wie eine Anschuldigung. Sie passt hin und wieder auf ihn auf, weil sie sich von Anfang an dazu entschieden hat, ein Teil seines Lebens zu sein. So klang es zumindest in Mackenzies Ohren.

 

Ellington brachte die Torte und begann, sie anzuschneiden. Als er Kevin ein kleines Stück gab, reagierte dieser sofort damit, kichernd mit seiner Hand auf den Kuchen einzuschlagen. Das wiederum sorgte für Gelächter bei beiden Großmüttern und eine weitere Kuchenattacke Kevins.

„Halt mal“, meinte Patricia. „Ist er nicht ein bisschen zu klein für Kuchen?“

„Nein“, erwiderte Mackenzie. „Kevin liebt Eis.“

„Ich kann mich nicht erinnern, dir so jung Eis gegeben zu haben.“

Mackenzie traute sich nicht, es auszusprechen, aber ihr kam sofort ein Gedanke in den Sinn: Ich bin überrascht, dass du dich überhaupt an meine Kindheit erinnern kannst.

„Oh ja“, sagte Frances. „Erdbeereis isst er am liebsten. Aber nicht Schokolade. Sie sollten sein Gesicht sehen, wenn er etwas Schokoladiges versucht.“

Mackenzie beobachtete das Gesicht ihrer Mutter und erkannte die Frau wieder, die sie einmal gewesen war. Sie wirkte enttäuscht und auch peinlich berührt. Sofort wurde ihre Haltung abwehrend und Mackenzie wusste, dass die Situation heikel werden würde, wenn sie sich weiter in diese Richtung bewegten.

„Mach dir keine Sorgen, Mom“, meinte Mackenzie. „Er isst auch ganz viele gesunde Sachen.“

„Ich habe euch nicht in Frage gestellt. Ich war lediglich … neugierig. Es ist schon eine Weile her, seitdem ich ein Kind aufgezogen habe …“

„Ist es nicht seltsam?“, sagte Frances. „Man glaubt, damit fertig zu sein, vom Zauber der Kinder umgarnt zu werden, wenn sie das Haus verlassen und dann – bam – wirst du Oma.“

„Ich nehme an, das stimmt“, sagte Patricia und sah Kevin an. Sie streckte eine Hand aus, die er sofort packte und ihren Zeigefinger mit Vanilleeis bedeckte.

„Und wie du siehst, ist er ziemlich gut darin, zu teilen“, meinte Frances.

Patricia kicherte und wurde mit einem großen Lächeln Kevins belohnt. Mackenzie konnte die Tränen in den Augen ihrer Mutter sehen, die gleichzeitig fröhlich lachte. Und als ihr Lachen eine höhere Oktave annahm, kicherte Kevin mit ihr mit, als hätten sie gerade einen Insiderwitz geteilt.

„Ich nehme an, dass er seinen Humor von eurer Seite der Familie hat“, sagte Frances. „Gott weiß, dass meine Kinder nie viel gelacht haben.“

„Hey“, sagte Ellington. „Viele Leute denken, dass ich witzig bin! Nicht war, Mac?“

„Ich weiß nicht“, antwortete sie. „Kenne ich die?“

Er verdrehte die Augen, als ihre Mütter auf seine Kosten loslachten. Kevin machte mit und patschte weiter mit der Hand gegen die Eistorte, während er sich ein Stück in den Mund schob.

Es ist fast wie bei einer dieser Fernsehsendungen, in denen unerklärliche Dinge geschehen, dachte Mackenzie, als sie den Austausch beobachtete. Ihre Mütter kamen tatsächlich miteinander aus. Und das ganz ungezwungen. Natürlich war noch nicht viel Zeit vergangen, aber irgendwie fühlte es sich natürlich an. Es fühlte sich – Gott möge ihr beistehen – richtig an.

Sie war sich bewusst, dass sie erstaunt aussah, aber sie konnte nicht anders. Wer weiß, wie lange sie noch weiter gestarrt hätte, wenn das Telefon nicht geklingelt und sie aus ihrer Trance befreit hätte. Sie nahm die Chance, den Tisch zu verlassen, freudig an, eilte zu ihrem Handy auf dem Küchentresen und wunderte sich nicht einmal, wer wohl am anderen Ende wartete.

Das änderte sich, als sie den Namen ihres Chefs, McGrath, auf dem Bildschirm der Anrufererkennung sah. Es war bereits nach siebzehn Uhr und ein Anruf zu dieser Uhrzeit bedeutete gewöhnlich, dass ein paar geschäftige Tage auf sie warteten. Sie nahm ab und schielte durch den Flur in den Essbereich, in der Hoffnung, Ellingtons Blick aufzufangen. Doch der sprach gerade mit seiner Mutter und befreite Kevins Hände und sein Gesicht von Eis.

„Agent White“, antwortete sie.

„Hey White.“ McGraths Stimme war so nüchtern wie immer. Es war schwer, seine Stimmung anhand dieser zwei Worte festzumachen. „Ich glaube, einen Fall zu haben, der wie gemacht für Sie beide ist. Allerdings ist es etwas eilig. Sie müssten sich noch heute Abend vorbereiten und dann morgen früh im Flieger Richtung Utah sitzen.“

„Das ist in Ordnung, aber warum kümmern sich die Kollegen vor Ort nicht darum?“

„Es handelt sich um besondere Umstände. Ich werde alles erklären, wenn Sie hier im Büro sind. Wie schnell können Sie hier sein?“

Sie war ein bisschen enttäuscht von sich selbst, Erleichterung darüber zu empfinden, den Abend vorzeitig verlassen zu können – schließlich handelte es sich um eine gültige Ausrede, dem seltsamen Zusammentreffen den Rücken zuzukehren.

„Tatsächlich sogar ziemlich schnell“, sagte sie. „Wir haben gerade automatische Babysitter vor Ort.“

„Sehr gut. Dann in einer halben Stunde?“

„Perfekt“, sagte sie. Sie beendete den Anruf und während sie noch immer ins Esszimmer starrte und versuchte, die Situation zu begreifen, rief sie: „Hey E? Kannst du mal kurz kommen?“

Vielleicht war es ihre Stimme oder die einfache Annahme, dass sie stets lediglich aus Geschäftsgründen angerufen wurden, denn Ellington kam sofort und grinste erwartungsvoll.

„Arbeit?“, fragte er.

„Ja.“

„Prima“, meinte Ellington. „Denn ehrlich gesagt finde ich es ziemlich unheimlich, was hier gerade abgeht.“

„Wem sagst du das!“

Um seinen Punkt zu unterstreichen, kicherten plötzlich beide Mütter im Esszimmer um die Wette und wurden vom hellen Lachen ihres Sohnes begleitet.

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