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Joseph Balsamo Denkwürdigkeiten eines Arztes 1

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Doch um zu entkommen, was einem behenden, starken jungen Mann wie Gilbert leicht gewesen wäre, hätte er einen Kampf beginnen müssen, und einen Kampf mit Rousseau zu beginnen, einen Kampf mit seinem Gott, daran verhinderte ihn seine Ehrfurcht.

»Sie kennen diese Frauen, und diese Frauen kennen Sie?« sprach Rousseau.

»Nein, nein, nein, mein Herr.«

»Wenn Sie dieselben nicht kennen und wenn Sie ihnen unbekannt sind, warum wollen Sie sich nicht zeigen?«

»Herr Rousseau, nicht wahr Sie hatten zuweilen in Ihrem Leben Geheimnisse? Nun wohl! ich bitte Sie um Mitleid für ein Geheimniß.«

»Ah! Verräther,« rief Rousseau, »ja, ich kenne die Geheimnisse dieser Art; Du bist ein Geschöpf der Grimm, der Holbach; sie haben Dich eine Rolle lernen lassen, um mein Wohlwollen zu gewinnen; Du hast Dich bei mir eingeschlichen und lieferst mich aus; oh! ich dreifacher Dummkopf, der ich bin, oh! ich einfältiger Liebhaber der Natur, ich glaubte einen von meines Gleichen zu unterstützen und bringe einen Spion in mein Haus.«

»Einen Spion!« rief Gilbert empört.

»Laß hören, an welchem Tag wirst Du mich verkaufen, Judas?« sprach Rousseau, indem er sich mit dem Rocke von Therese, den er maschinenmäßig in der Hand behalten, drapirte und sich vor Schmerz erhaben dünkte, während er leider nur lächerlich war.

»Mein Herr, Sie verleumden mich,« sagte Gilbert.

»Dich verleumden, kleine Schlange,« rief Rousseau, »da ich Dich ertappe, wie Du durch Geberden mit meinen Feinden korrespondirst, wie Du ihnen, was weiß ich? vielleicht durch Zeichen den Gegenstand meines jüngsten Werkes mittheilst!«

»Mein Herr, wäre ich zu Ihnen gekommen, um das Geheimniß Ihrer Arbeit zu verrathen, so würde ich eher Ihre Manuscripte, welche auf Ihrem Schreibtische liegen, copirt, als durch Zeichen den Gegenstand mitgetheilt haben, den Sie behandeln.«

Dies war richtig und Rousseau fühlte so wohl, er habe eine von den Ungeheuerlichkeiten gesagt, die ihm in seinen Monomanien des Schreckens entschlüpften, daß er sich ärgerte.

»Mein Herr,« sagte er, »ich bin in Verzweiflung für Sie, doch die Erfahrung hat mich streng gemacht; mein Leben ist in Täuschungen hingegangen; ich bin von Allen verrathen, verleugnet, preisgegeben, gemartert, verkauft worden. Ich bin einer von den berühmten Unglücklichen, welche die Regierungen in den Bann der Gesellschaft thun. In einer solchen Lage ist es erlaubt, argwöhnisch zu sein. Sie aber sind mir verdächtig und werden mein Haus verlassen.«

Gilbert war auf eine solche Rede nicht gefaßt.

Er, Gilbert, sollte weggejagt werden!

Er schloß seine Fäuste krampfhaft und ein Blitz, der Rousseau beben machte, schoß aus seinen Augen.

Doch dieser Blitz ging ohne Dauer vorüber und erlosch ohne Geräusch.

Gilbert hatte gedacht, daß er weggehend das so süße Glück, Andrée in jedem Augenblick des Tages zu sehen, und zugleich die Freundschaft von Rousseau verlieren würde; dies war ein Unglück und eine Schmach.

Er fiel aus der Höhe seines unbändigen Stolzes herab und sprach, seine Hände faltend:

»Mein Herr, hören Sie mich, ein Wort, nur ein einziges Wort.«

»Ich bin unbarmherzig!« rief Rousseau; »die Menschen haben mich durch ihre Ungerechtigkeiten wilder gemacht, als einen Tiger. Sie correspondiren mit meinen Feinden, gehen Sie zu ihnen, ich verhindere Sie nicht: verbinden Sie sich mit ihnen, ich widersetze mich nicht, aber verlassen Sie mein Hans.«

»Mein Herr, diese zwei Mädchen sind nicht Ihre Feindinnen; es ist Fräulein Andrée und Nicole.«

»Wer ist Fräulein Andrée?« fragte Rousseau, dem dieser wiederholt von Gilbert ausgesprochene Name nicht ganz fremd war, »wer ist Fräulein Andrée?«

»Fräulein Andrée, mein Herr, ist die Tochter des Baron von Taverney, es ist, oh! entschuldigen Sie mich, daß ich Ihnen solche Dinge sage, doch Sie zwingen mich dazu, es ist diejenige, welche ich mehr liebe, als Sie Fräulein Galley, Frau von Warens, oder irgend Jemand geliebt haben; es ist diejenige, welcher ich zu Fuß, ohne Geld, ohne Brod, gefolgt bin, bis ich auf der Landstraße von Müdigkeit entkräftet, vor Schmerz gelähmt niederstürzte; es ist diejenige, welche ich gestern in Saint-Denis wiedergesehen, hinter der ich bis zur Muette gelaufen bin, die ich abermals, ohne daß sie mich gesehen, von der Muette bis zu der der Ihrigen benachbarten Straße begleitet habe; es ist diejenige, welche ich zufällig diesen Morgen als die Bewohnerin jenes Pavillon wiederfand; es ist diejenige endlich, der zu Liebe ich gern ein Turenne, ein Richelieu, oder ein Rousseau werden möchte.«

Rousseau kannte das menschliche Herz und verstand sich auf die Tonleiter dieser Schreie; er wußte, daß der beste Komödiant nicht den von Thränen gedrängten Ton, mit welchem Gilbert sprach, nicht die fieberhafte Geberde haben konnte, mit der er seine Worte begleitete.

»Diese junge Dame ist also Fräulein Andrée?« sagte er.

»Ja, Herr Rousseau.«

»Sie kennen sie also?«

»Ich bin der Sohn ihrer Amme.«

»Sie logen somit vorhin, als Sie sagten, Sie kennen sie nicht, und wenn Sie kein Verräther sind, sind Sie ein Lügner.«

»Mein Herr,« entgegnete Gilbert, »Sie zerreißen mir das Herz und würden mir in der That minder wehe thun, wenn Sie mich auf der Stelle tödteten.«

»Bah! Phrasenmacherei, Styl von Diderot und Marmontel; Sie sind ein Lügner, mein Herr.«

»Nun wohl! ja, ja,« versetzte Gilbert, »ich bin ein Lügner, mein Herr, und schlimm genug für Sie, wenn Sie eine solche Lüge nicht verstehen  . . . Ein Lügner! . . . ein Lügner! . . . Ah! ich gehe  . . . leben Sie wohl! ich gehe in Verzweiflung und Sie werden meine Verzweiflung auf dem Gewissen haben.«

Rousseau streichelte sich das Kinn und schaute diesen jungen Mann an, der so auffallende Ähnlichkeiten mit ihm hatte.

»Das ist ein großes Herz oder ein großer Schurke,« sagte er; »doch im Ganzen, wenn man gegen mich conspirirt, warum sollte ich die Fäden der Verschwörung nicht in meinen Händen halten?«

Gilbert hatte vier Schritte gegen die Thüre gemacht und erwartete, die Hand auf das Schloß gelegt, ein letztes Wort, das ihn ganz fortjagen oder zurückrufen würde.

»Genug über diesen Gegenstand, mein Sohn,« sprach Rousseau. »Sind Sie in einem Grade verliebt, wie Sie es sagen, ach! desto schlimmer für Sie. Doch es ist spät, Sie haben den gestrigen Tag verloren, wir müssen heute mit einander dreißig Seiten copiren. Geschwinde, Gilbert, geschwinde!«

Gilbert ergriff die Hand des Philosophen und drückte sie an seine Lippen; er hätte sicherlich mit der Hand eines Königs nicht dasselbe gethan.

Doch ehe er wegging und während Gilbert ganz erschüttert an der Thüre stand, näherte sich Rousseau zum letzten Male dem Fenster und schaute die zwei jungen Mädchen an.

In diesem Augenblick hatte Andrée gerade ihren Mantel fallen lassen und nahm ein Kleid aus den Händen von Nicole.

Sie sah diesen bleichen Kopf, diesen unbeweglichen Körper, machte eine ungestüme Bewegung rückwärts, und befahl Nicole, das Fenster zu schließen. Nicole gehorchte.

»Vorwärts,« sagte Rousseau, »mein alter Kopf hat ihr bange gemacht; dieses junge Gesicht erschreckte sie nicht so sehr. Oh! schöne Jugend,« fügte er seufzend bei.

 
O gioventù primavera del età,
O primavera gioventù del anno!33
 

Und er hing das Kleid von Therese wieder an den Nagel und ging schwermüthig die Treppe hinter Gilbert hinab, gegen dessen Jugend er in diesem Augenblick den Ruf vertauscht hätte, welcher den von Voltaire im Gleichgewichte hielt, von Voltaire, mit dem er die Bewunderung der ganzen Welt theilte.

LV.
Das Haus der Rue Saint. Claude

Die Rue Saint-Claude, in welche der Graf von Fönix den Cardinal von Rohan beschieden hatte, war zu jener Zeit nicht so sehr verschieden von dem, was sie jetzt ist, daß man nicht die Spuren der Oertlichkeiten finden könnte, die wir zu schildern versuchen wollen.

Sie mündete, wie sie es heut zu Tage thut, nach der Rue Saint-Louis und dem Boulevard aus, indem sie durch eben diese Rue Saint-Louis zwischen dem Kloster der Nonnen vom heiligen Sacrament und dem Hotel de Voysins zog, während sie gegenwärtig an ihrem Ende eine Kirche und ein Spezereimagazin trennt.

Wie heut zu Tage, verband sie sich mit dem Boulevard durch einen ziemlich jähen Abhang.

Sie war fünfzehn Häuser und sieben Laternen reich.

Zwei Sackgassen machten sich hier bemerkbar.

Die eine links, und diese erstreckte sich in das Hotel de Voysins; die andere rechts griff in den großen Garten der Nonnen vom heiligen Sacrament ein.

Diese letztere Sackgasse wurde rechts von den Bäumen des Klosters beschattet, links von der großen, grauen Mauer eines Hauses begrenzt, das sich in der Rue Saint-Claude erhob.

Dem Gesichte eines Cyklopen ähnlich, hatte diese Mauer nur ein einziges Auge, oder, wenn man lieber will, nur ein Fenster und dieses Fenster war, fest vergittert mittelst eiserner Stangen, abscheulich schwarz.

Gerade unter diesem Fenster, das sich niemals öffnete, man sah dies an, den Spinnengeweben, die dasselbe von außen überzogen hatten, gerade unter diesem Fenster, sagen wir, war eine mit breiten Nägeln beschlagene Thüre, welche andeutete, nicht daß man eintrat, sondern daß man von dieser Seite in das Haus eintreten konnte.

Keine Wohnungen in dieser Sackgasse; nur zwei Einwohner. Ein Schuhflicker in einer hölzernen Kiste und eine Strumpfflickerin in einem Faß, welche Beide sich unter den Acacien des Klosters aufhielten, die von Morgens um neun Uhr an einen kühlen Schatten auf den staubigen Boden warfen.

 

Am Abend kehrte die Strumpfflickerin in ihre Wohnung zurück; der Schuhflicker legte ein Schloß an seinen Palast und nichts bewachte mehr das Gäßchen, wenn nicht das düstere, verdrießliche Auge des von uns erwähnten Fensters.

Außer der genannten Thüre hatte das Haus, das wir so genau als möglich zu beschreiben unternommen, einen Haupteingang in der Rue Saint-Claude. Dieser Eingang, ein Thorweg mit Bildhauerarbeiten von einem Relief, das an die Architektur in der Zeit von Ludwig XIII. erinnerte, war an seinem Klopfer mit dem Greifenkopf verziert, den der Graf von Fönix dem Cardinal von Rohan als besonderes Merkmal bezeichnet hatte.

Die Fenster gingen nach dem Boulevard und waren schon vom Morgen an aufgezogen, um die Sonne einzulassen.

Paris war zu dieser Zeit und besonders in diesem Quartier nicht sehr sicher. Man wunderte sich also nicht, wenn man die Fenster vergittert und die Mauern ganz mit eisernen Spitzen besetzt sah.

Wir sagen dies, weil das erste Stockwerk unseres Hauses nicht wenig einer Festung glich. Gegen die Feinde, gegen die Diebe und gegen die Verliebten bot es Balcone mit tausend scharfen Spitzen; ein tiefer Graben umgab das Gebäude auf der Seite des Boulevard, und um in dieses Fort von der Straße aus zu gelangen, hätte man Leitern von dreißig Fuß gebraucht. Die Mauer hatte zweiunddreißig und maskirte oder begrub vielmehr den Ehrenhof.

Dieses Haus, vor welchem jeder Vorübergehende heut zu Tage erstaunt, unruhig, neugierig stehen bleiben würde, bot im Jahr 1770 keinen sehr auffallenden Anblick; es stand im Gegentheil im Einklang mit dem Quartier, und wenn die guten Bewohner der Rue Saint-Louis und die nicht minder guten der Rue Saint-Claude die Umgebung dieses Hotel flohen, so geschah es nicht wegen des Hotel selbst, denn sein Ruf war noch unbefleckt, sondern wegen des öden Boulevard, der übel berüchtigten Porte-Saint-Louis und des Pont-aux-Choux, dessen zwei über eine schwarze Dohle gesprengte Bogen jedem Pariser, der ein wenig mit den Ueberlieferungen vertraut war, als die unnahbaren Säulen von Gades erschienen.

Das Boulevard führte in der That auf dieser Seite zu nichts als zur Bastille. Man sah hier nicht mehr als zehn Häuser im Raume einer Viertelstunde; das Bauherrnamt hatte es auch nicht für geeignet erachtet, dieses Nichts, diese Leere zu beleuchten, und so war es nach acht Uhr im Sommer und nach vier Uhr im Winter das Chaos mit der Zuthat von Dieben.

Es kehrte indessen über das Boulevard um neun Uhr Abends, drei Viertelstunden nach dem Besuche in Saint-Denis, eine rasche Carrosse zurück.

Das Wappen des Grafen von Fönix schmückte die Felder dieser Carrosse. Der Graf selbst ritt ihr zwanzig Schritte auf Dscherid voran, der seinen langen Schweif zischen ließ, während er die undurchsichtige Wärme des staubigen Pflasters einathmete.

In dem Wagen mit den geschlossenen Vorhängen ruhte Lorenza, welche auf den Kissen entschlummert war.

Das Thor öffnete sich wie durch einen Zauber vor dem Geräusch der Räder, und der Wagen, nachdem er in die schwarzen Tiefen der Rue Saint-Claude eingedrungen, verschwand in dem Hofe des von uns geschilderten Hauses.

Das Thor schloß sich hinter ihm.

Es bedurfte indessen sicherlich keines so geheimnißvollen Verfahrens; Niemand war da, um den Grafen von Fönix zurückkehren zu sehen, oder ihn in irgend einer Beziehung zu belästigen, hätte er auch in den Kisten seines Wagens den Schatz der Abtei mitgebracht.

Nun einige Worte über das Innere dieses Hauses, mit dem wir nothwendig unsere Leser bekannt machen müssen, da es unsere Absicht ist, sie mehr als einmal dahin zurückzuführen.

In dem von uns erwähnten Hofe, worin ausdauerndes Gras, wie eine fortlaufende Mine spielend, durch eine beständige Arbeit die Pflastersteine zu trennen versuchen, sah man rechts die Ställe, links die Remisen und im Hintergrund eine Freitreppe, die zu einer Thüre führte, zu welcher man, gleichviel auf der einen oder auf der andern Seite, auf zwölf Stufen hinanstieg.

Unten bestand das Hotel, wenigstens das was davon zugänglich war, aus einem ungeheuren Vorzimmer, aus einem Speisesaal, der sich durch einen großen Luxus auf Schenktischen aufgehäuften Silberzeugs auszeichnete, und einem Salon, welcher in jüngster Zeit erst, ohne Zweifel um die neuen Miethsleute aufzunehmen, meublirt worden war. Wenn man diesen Salon verließ und in das Vorzimmer zurückkehrte, befand man sich vor einer großen Treppe, welche in den ersten Stock führte. Dieser erste Stock bestand aus drei Herrschaftszimmern.

Doch ein geschickter Geometer hätte, mit dem Auge den Umfang des Hotel messend und seinen Durchmesser berechnend, darüber erstaunen können, daß sich so wenig Wohnung in einen so ausgedehnten Raume finde.

Dies kam davon her, daß in dem ersten scheinbaren Hause ein zweites verborgenes und nur demjenigen, welcher es bewohnte, bekanntes Haus bestand. In der That, in dem Vorzimmer, neben einer Statue des Harpokrates, der, den Finger auf den Lippen, das Stillschweigen zu empfehlen schien, dessen Emblem er ist, spielte, in Bewegung gesetzt durch eine Feder, eine kleine in den Zierrathen der Architektur verborgene Thüre, Diese Thüre gewährte Zugang zu einer Treppe, welche in einem Corridor angebracht war und die Breite dieses Corridors hatte, der, ungefähr in der Höhe des andern ersten Stockes, zu einem kleinen Zimmer führte, das sein Licht durch zwei auf einen inneren Hof gehende vergitterte Fenster erhielt.

Dieser innere Hof war das Gehäuse, welches das zweite Gebäude umschloß und vor aller Augen verbarg.

Das Zimmer, zu dem diese Treppe führte, war offenbar ein Männerzimmer. Die Bettvorlagen und die Teppiche vor den Fauteuils und Canapés bestanden aus dem herrlichsten Pelzwerk, das Africa und Indien liefern. Es waren Häute von Löwen, Tigern und Panthern mit funkelnden Augen und noch drohenden Zähnen. Mit Corduanleder von der reichsten, harmonischsten Zeichnung tapezirt, waren die Wände mit Waffen aller Art geschmückt, von dem Tomahawk des Huronen bis zum Crid des Malaien, von dem Kreuzschwerte der alten Ritter bis zum Kandschar des Arabers, von der mit Elfenbein incustirten Büchse des sechszehnten Jahrhunderts bis zur golddamascirten Flinte des achtzehnten.

Man hätte vergebens bei diesem Zimmer einen andern Ausgang gesucht, als den der Treppe; vielleicht gab es einen oder mehrere, aber unbekannte, unsichtbare.

Ein deutscher Bedienter von fünfundzwanzig bis dreißig Jahren, der einzige, den man seit mehreren Tagen in diesem weiten Gebäude hatte umherirren sehen, verschloß den Thorweg mit dem Riegel, öffnete den Kutschenschlag, während der Kutscher bereits unempfindlich die Pferde ausspannte, zog die entschlummerte Lorenza aus dem Wagen und trug sie in seinen Armen bis in das Vorzimmer; hier legte er sie auf einen mit einem rothen Teppich bedeckten Tisch, und zog über ihre Füße den langen Schleier, der die junge Frau umhüllte.

Dann ging er hinaus, um an den Laternen des Wagens die Lichter eines siebenarmigen Leuchters anzuzünden, den er ganz entflammt zurückbrachte.

Doch während dieses Zwischenraums, so kurz er auch gewesen, war Lorenza verschwunden.

Hinter dem Kammerdiener war in der That der Graf von Fönix eingetreten; er hatte Lorenza ebenfalls in seine Arme genommen und sodann durch die verborgene Thüre und über die geheime Treppe in das Waffenzimmer getragen, nachdem er sorgfältig die zwei Thüren hinter sich verschlossen.

Sobald er hier war, drückte er mit der Fußspitze auf eine Feder, welche an einer Ecke des Kamins mit hohem Mantel angebracht war. Sogleich drehte sich eine Thüre, welche nichts Anderes war, als die Platte dieses Kamins, auf zwei schweigsamen Angeln, der Graf ging unter dem Simswerk durch und verschloß wieder mit dem Fuße, wie er sie geöffnet, die geheimnißvolle Thüre.

Auf der andern Seite des Kamins fand er eine zweite Treppe, und nachdem er fünfzehn mit Utrechter Sammet überzogene Stufen hinaufgestiegen, erreichte er die Schwelle eines Zimmers, zierlich ausgeschlagen mit Atlaß, worauf Blumen von so lebhaften Farben und von so gut gezeichneten Formen brochirt waren, daß man sie hätte für natürliche Blumen halten können. Die mit ähnlichen Stoffen überzogenen Meubles waren von vergoldetem Holz; zwei große Armoires von Schildplatt und mit Messing eingelegt, ein Clavier und ein Putztisch von Rosenholz, ein schönes, manchfarbiges Bett, Porzellane von Sèvres bildeten den unerläßlichen Theil des Geräthes; Stühle, Fauteuils und Sofas, symmetrisch in einem Raume von dreißig Fuß im Gevierte aufgestellt, schmückten den Rest der Wohnung, welche im Uebrigen nur aus einem Ankleidecabinet und aus einem an das Zimmer stoßenden Boudoir bestand.

Zwei durch dicke Vorhänge verkleidete Fenster gaben dem Zimmer Licht; da es aber zu dieser Stunde Nacht war, so hatten die Vorhänge nichts zu verbergen.

Das Boudoir und das Ankleidecabinet hatten keine Oeffnung. Lampen, welche ein wohlriechendes Oel verzehrten, beleuchteten sie bei Tag wie bei Nacht und wurden, sich durch den Plafond erhebend, von unsichtbaren Händen unterhalten.

In diesem Zimmer kein Geräusch, kein Hauch; man hätte glauben sollen, es wäre hundert Meilen von der Welt entfernt. Nur glänzte das Gold von allen Seiten; schöne Gemälde lächelten an den Wänden, und lange böhmische Krystalle mit Facetten, welche in allen Farben des Regenbogens spielten, erleuchteten sich wie glühende Augen, als der Graf, nachdem er Lorenza auf einen Sofa gelegt, unzufrieden mit dem zitternden Lichte des Boudoir, das Feuer aus dem silbernen Etui, das Gilbert so sehr in Anspruch genommen, springen ließ, und auf dem Kamin zwei mit rosenfarbigen Kerzen beladene Candelaber anzündete.

Dann kehrte er zu Lorenza zurück, setzte auf einen Haufen von Kissen, der vor ihr lag, ein Knie und sprach:

»Lorenza!«

Bei diesem Ruf erhob sich die junge Frau auf einen Ellenbogen, obgleich ihre Augen geschlossen blieben. Doch sie antwortete nicht.

»Lorenza,« wiederholte er, »schläfst Du Deinen gewöhnlichen Schlaf, oder den magnetischen?«

»Ich schlafe den magnetischen Schlaf,« antwortete Lorenza.

»So wirst Du mir antworten können, wenn ich Dich frage?«

»Ich glaube, ja.«

»Gut.«

Es trat ein kurzes Stillschweigen ein; dann fuhr der Graf von Fönix fort:

»Schau’ in das Zimmer von Madame Louise, das wir vor ungefähr drei Viertelstunden verlassen haben.«

»Ich schaue,« antwortete Lorenza.

»Und siehst Du darin?«

»Ja.«

»Befindet sich der Cardinal von Rohan noch daselbst?«

»Ich sehe ihn nicht.«

»Was macht die Prinzessin?«

»Sie betet, ehe sie sich zu Bette legt.«

»Schau’ in die Gänge und in die Höfe des Klosters, ob Du Seine Eminenz siehst.«

»Ich sehe sie nicht.«

»Schau’ an die Pforte, ob ihr Wagen noch dort ist,«

»Er ist nicht mehr dort.«

»Folge der Straße, die wir verfolgt haben.«

»Ich folge ihr.«

»Siehst Du Wagen auf der Straße?«

»Oh ja, mehrere,«

»Und erkennst Du in diesen Wagen den Cardinal?«

»Nein.«

»Nähere Dich Paris.«

»Ich nähere mich.«

»Noch mehr.«

»Ja«

»Noch mehr.«

»Ah! ich sehe ihn.«

»Wo dies?«

»An der Barriere.«

»Hat er angehalten?«

»Er hält in diesem Augenblick an. Ein Lackei steigt hinten vom Wagen herab.«

»Spricht er mit ihm?«

»Er ist im Begriff, mit ihm zu sprechen.«

»Horche, Lorenza, Es ist wichtig, daß ich erfahre, was der Cardinal zu diesem Menschen sagt.«

»Du hast mir nicht zu rechter Zeit zu horchen befohlen. Doch warte, warte, der Kammerdiener spricht mit dem Kutscher.«

»Was sagt er zu ihm?«

»Rue Saint-Claude im Marais, über das Boulevard.«

»Ich danke, Lorenza, ich danke.«

Der Graf schrieb ein paar Worte auf ein Papier, faltete das Papier um ein Kupferblättchen, das ihm ohne Zweifel Gewicht geben sollte, zog an einer Klingelschnur, drückte an einen Knopf, unter welchem sich ein Rachen öffnete, und ließ das Billet in die Oeffnung gleiten, die sich wieder schloß, nachdem sie es verschlungen hatte.

Auf diese Weise correspondirte der Graf mit Fritz, wenn er in den innern Zimmern eingeschlossen war.

Dann kehrte er zu Lorenza zurück und wiederholte:

»Ich danke.«

»Du bist also zufrieden mit mir?« fragte die junge Frau.

»Ja, theure Lorenza.«

»Nun, so gib mir meine Belohnung.«

Balsamo lächelte und näherte seine Lippen denen von Lorenza, welche bei dieser Berührung am ganzen Leib bebte.

»Oh! Joseph! Joseph!« flüsterte sie mit einem beinahe schmerzhaften Seufzer, »Joseph! wie liebe ich Dich!«

 

Und die junge Frau streckte die Arme aus, um Balsamo an ihr Herz zu drücken.

33O Jugend Frühling des Alters, O Frühling Jugend des Jahres.
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