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Die Mohicaner von Paris

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»Sie werden es sogleich erfahren.«

Petrus suchte mit den Augen eine Pendeluhr: in diesem Moment schlug die im anstoßenden Zimmer halb.

»Oh! sagen Sie es mir geschwinde, Madame,« sprach Petrus; »denn aller Wahrscheinlichkeit nach habe ich nicht mehr lange bei Ihnen zu bleiben!«

»Was wissen Sie hierüber, und warum antworten Sie meiner Traurigkeit durch ein bitteres Wort?«

»Ei! Madame, Sie haben geheirathet, heute geheirathet! Ihr Gatte ist in demselben Hotel wie Sie, und es ist halb zwölf Uhr . . . «

»Hören Sie mich an, Petrus, Sie sind ein großes Herz, das edle Kind einer edlen Erde; man sollte glauben, Sie seien in einem andern Jahrhundert als dem unseren geboren worden, Sie haben in einem anderen Jahrhundert gelebt. Sie sind der Muth und die Treuherzigkeit, der Stolz und die Redlichkeit der alten Ritter, welche nach dem heiligen Lande gingen, um dort zu sterben. Ihre Treuherzigkeit läßt die List nicht zu, Ihre Redlichkeit bat keine Ahnung von der Lüge; unfähig, das Böse zu thun, wenn Sie nicht durch irgend eine Leidenschaft verblendet sind, glauben Sie nur an das Gute. Die Welt, in der ich in Wirklichkeit lebe, ist von einer ganz anderen Sorte gemacht, als die, in welcher Sie in der Einbildungskraft leben: was ihr einfach scheint, würde Ihnen unwürdig scheinen; was sie für natürlich hält, würde Ihnen hassenswerth scheinen . . . Darum habe ich den heutigen Tag abgewartet, um Ihnen meinen Kummer zu sagen; darum habe ich diesen Abend abgewartet, um Sie etwas wie der Enthüllung eines Verbrechens beiwohnen zu lassen.«

»Eines Verbrechens!« stammelte Petrus. »Was wollen Sie damit sagen?«

»Eines Verbrechens, ja, Petrus.«

»Oh!« murmelte der junge Mann, »was ich verrauche, war also wahr?«

»Was vermuthen Sie? Sagen Sie das mir, mein Freund.«

»Nun wohl, Madame, ich vermuthe vor Allem, daß man Sie gegen Ihren Willen verheirathet hat; daß von Ihrer Heirath das Glück oder die Ehre von einem der Mitglieder Ihrer Familie abhing. Ich glaube endlich, daß Sie das Opfer von einer jener grausamen Speculationen sind, die das Gesetz erlaubt, weil sie geheimnisvoller Weise ihren Schutz unter dem discreten Dache der Familie haben . . . Ich nähere mich der Wahrheit, nicht wahr?«

»Ja,« erwiderte Regina mit düsterem Tone, »ja. Petrus, das ist es!«

»Gut, hier bin ich!« fuhr Petrus fort, indem er der jungen Frau die Hände drückte; »Sie bedürfen meiner ohne Zweifel? Sie bedürfen des Herzens und des Armes eines Bruders, und Sie haben mich für ein Werk der Ergebenheit und des Schutzes gewählt? Sie haben wohl daran gethan, und ich danke Ihnen dafür! Meine geliebte Schwester, sagen Sie mir nun Alles, was Sie mir zu sagen haben. Sprechen Sie, ich höre Sie auf beiden Knieen!«

In diesem Augenblicke wurde die Thüre des Atelier ungestüm geöffnet, und die alte Kammerfrau, welche neunzehn Jahre vorher Regina in ihren Armen empfangen hatte, erschien im Rahmen der Thüre.

Petrus wollte ausstehen und sich auf sein Tabouret zurückwerfen; Regina hielt ihn aber im Gegentheile an dem Platze, wo er war, indem sie ihre Hand aus seine Schulter drückte.

»Nein, bleiben Sie!« sagte sie.

Sodann sich gegen Nanon umwendend, fragte Regina:

»Nun, was gibt es, meine gute Liebe?«

»Verzeihen Sie, Madame, daß ich so eintrete,« erwiderte die alte Frau; »aber Herr Rappt«

»Ist er da?« rief Regina mit einem Ausdrucke erhabenen Stolzes.

»Nein; doch er läßt durch seinen Kammerdiener fragen, ob die Frau Gräfin ihn zu empfangen bereit sei?«

,Er hat gesagt, die Frau Gräfin

»Ich wiederhole die eigenen Worte von Baptiste.«

»Es ist gut, Nanon, in fünf Minuten werde ich ihn empfangen,«

»Aber,« sagte Nanon, mit dem Finger aus Petrus deutend, »aber dieser Herr..?«

»Dieser Herr bleibt hier, Nanon,« antwortete Regina.

»Mein Gott!« murmelte Petrus.

»Dieser Herr..?« fragte Nanon.

»Bringe meine Antwort Herrn Rappt, und bekümmere Dich um nichts, gute Nanon; ich weiß, was ich thue.«

Nanon entfernte sich.

»Verzeihen Sie, Madame,« rief Petrus, indem er sich hoch ausrichtete, sobald die alte Kammerfrau die Thüre wieder zugemacht hatte: »aber Ihr Gatte?«

»Darf Sie nicht sehen, und wird Sie nicht hier sehen.«

Und sie schloß die Thüre und schob den Riegel vor, damit der Graf Rappt nicht ohne zu klopfen eintreten konnte.

»Aber ich?«

»Sie, Sie müssen Alles, was hier vorgehen wird, sehen und hören, damit Sie eines Tages Zeugniß von dem geben können, was die Hochzeitnacht des Grafen und der Gräfin Rappt gewesen ist.«

»Ob! Regina,« sprach Petrus, »ich werde wahnsinnig, denn ich verstehe Sie nicht, denn ich errathe nicht, was Sie sagen wollen.«

»Mein Freund,« erwiderte Regina, »vertrauen Sie mir, um Ihr Herz zu schonen, während ich zugleich an Ihre Rechtschaffenheit appelliere. Gehen Sie in dieses Boudoir; hier, schließe ich meine kostbarsten Blumen ein.«

Der junge Mann zögerte noch, »Treten Sie ein,« wiederholte Regina. »Die Dunkelheit, mit der meine Worte bedeckt sind, das Geheimnis, in das mein zukünftiges Leben gehüllt sein wird, der unerträgliche Zwang, in welchem wir einander gegenüber zu leben genötigt wären, trügen Sie nicht die Hälfte meines entsetzlichen Geheimnisses, Alles gebietet mir als Pflicht, was ich in diesem Augenblicke thue . . . Oh! es ist eine gräßliche Geschichte, die Geschichte, die Ihnen sogleich enthüllt werden wird, Petrus! Urtheilen Sie jedoch nicht leichtsinnig, mein Freund; verdammen Sie nicht, ehe Sie gehört haben, hassen Sie nicht, ehe Sie erwogen haben.«

»Nein, Regina, nein, ich will nichts hören; nein, ich habe Vertrauen zu Ihnen, ich liebe Sie, ich achte Sie . . . Nein, ich werde nicht hier eintreten!«

»Es muß sein, mein Freund; überdies ist es nun zu spät für Sie, um sich zurückzuziehen: Sie würden ihm auf Ihrem Wege begegnen; ich wäre bei Ihnen nicht gerechtfertigt, und ich würde von ihm beargwohnt.«

»Sie wollen es, Regina?«

»Ich bitte Sie flehentlich darum, Petrus, und im Nothfalle verlange ich es.«

»Ihr Wille geschehe, meine schöne Madonna, meine süße Königin!«

»Ich danke,« sprach Regina, indem sie ihm die Hand reichte; »und nun treten Sie in meine kleine Orangerie ein, Petrus, sie hat meine geheimsten Gedanken empfangen: damit sage ich Ihnen, daß sie Sie erkennen wird. Das ist mein durchdüfteter Beichtstuhl!«

Sie hob den Vorhang auf.

»Setzen Sie sich hierher, mitten unter meine Camelien, an die Thüre, um Alles zu hören. Das ist mein Lieblingsplatz, wenn ich träumen will. Die Camelien sind zugleich glänzende und bescheidene Blumen von Japan, die nur im Halbdunkel gut leben; wie gern hätte ich mögen wie sie geboren werden, leben und sterben! – Ich höre Schritte, treten Sie ein, mein Freund. Hören Sie und verzeihen Sie dem, der gelitten hat!«

Petrus widerstand nicht länger: er trat in die Orangerie ein, und Regina ließ den Vorhang wieder fallen.

In diesem Augenblicke hielten die Tritte vor der Thüre an, und nach einigen Sekunden des Zögerns klopfte man.

Dann fragte die Stimme des Grafen Rappt:

»Darf man eintreten, Madame?«

Regina wurde so bleich, als ob sie sterben sollte, und dennoch perlte der Schweiß aus ihrer Stirne:

Sie wischte ihr Gesicht mit einem seinen Batistsacktuche ab, athmete, ging sodann mit festem Schritte aus die Thüre zu, öffnete sie und sprach mit lauter Stimme:

»Treten Sie ein, mein Vater.«

CXLII
Die Hochzeitnacht des Herrn Grafen und der Frau Gräfin Rappt

Petrus schauerte.

Der Graf Rappt erbleichte und wich drei Schritte zurück, als er diese niederschmetternde Anrufung hörte.

»Was sagen Sie, Regina?« rief er mit einer Stimme, in der sich ein bis zum Schrecken gehendes Erstaunen offenbarte.

»Ich sage Ihnen, Sie können eintreten, mein Vater,« wiederholte Regina mit sicherer Stimme.

»Oh!« murmelte Petrus, »es war also wahr, was mir mein Oheim mittheilte!«

Herr Rappt trat mit gesenktem Kopfe ein. Er fühlte nicht die Dreistigkeit in sich, dem Blicke von Regina zu trotzen.

»Ich weiß Alles, mein Herr,« fuhr Regina kalt fort. »Da ich es providentieller Weise erfahren habe, so brauche ich es Ihnen nicht zu sagen. Gott wollte ohne Zweifel uns Beiden ein entsetzliches Verbrechen ersparen, indem er in meine Hände einen unverwerflichen Beweis von Ihrer Verbindung mit meiner . . . .«

Regina hielt inne, sie wollte nicht sagen: »Mit meiner Mutter . . . «

»Ich kam nur.« stammelte der Elende, den Regina zitternd unter ihrem Blicke hielt, »ich kam nur, um Sie um eine Unterredung zu bitten, nichts Anderes. Ich hätte Ihnen meine Zweifel, meine Befürchtungen erklärt, welche indessen nichts rechtfertigt.«

Regina zog aus ihrer Brust einen Brief, den sie aufs Gerathewohl von der Correspondenz, die wir zu ihren Füßen zerstreut gesehen, genommen und ehe sie die übrigen in die Chiffonniere eingeschlossen, beiseit gelegt hatte.

»Erkennen Sie diesen Brief?« sagte sie. »Es ist der, in welchem sie der Frau Ihres Freundes, Ihres Gönners, beinahe Ihres Vaters empfehlen, über Ihr Kind zu wachen! . . . Statt diese ruchlose Empfehlung einer Mutter zu machen, hätten Sie wohl Gott bitten müssen, dieses Kind zu sich zu rufen!«

»Madame,« erwiderte der Graf, mehr als je niedergeschmettert, »ich habe Ihnen gesagt, ich kam, um eine Erklärung mit Ihnen zu haben; doch Sie sind in diesem Augenblicke zu sehr aufgeregt, und ich entferne mich.«

»Oh! nein, mein Herr,« entgegnete Regina, »solche Erklärungen – da Sie dies so nennen – fängt man nicht zweimal wieder an. Bleiben Sie und setzen Sie sich.«

Ganz beherrscht durch die Festigkeit von Regina, sank der Graf Rappt aus ein Canapé.

»Was gedenken Sie aber zu thun?« fragte er.

»Oh! ich will es Ihnen sagen, mein Herr. Sie haben mich geheirathet, glücklicher Weise nicht aus Liebe, was eine grausame Handlung wäre, sondern aus Habgier, was eine schändliche Berechnung ist. Sie haben mich geheirathet, damit mein ungeheures Vermögen nicht in fremde Hände übergehe. Sie wären nicht weiter gegangen, ich weiß es, ich hoffe es wenigstens; befleckt mit einem Verbrechen, welches von den Menschen bestraft wird, das aber den Menschen unbekannt bleiben kann, hätten Sie es nicht gewagt, sich mit einem vor diesem Gotte, dessen Gerechtigkeit man nichts verbirgt, unverzeihlichen Verbrechen zu beflecken. Um Alles zu sagen, es ist die Erbin der Gräfin von Lamothe-Houdan, und nicht Ihre Tochter, die Sie geheirathet haben.«

 

»Regina! Regina!« murmelte dumpf der Graf, der, den Kopf gesenkt, seine Augen starr aus den Boden geheftet hielt.

»Sie sind zugleich ehrgeizig und verschwenderisch,« fuhr die junge Frau fort. »Sie haben große Bedürfnisse, und diese großen Bedürfnisse lassen Sie auf große Verbrechen bedacht sein. Vor diesen Verbrechen würde ein Anderer vielleicht zurückweichen: Sie nicht! Sie heirathen Ihre Tochter wegen zwei Millionen. Sie würden Ihre Frau verkaufen, um Minister zu werden.«

»Regina!« wiederholte der Graf mit demselben Tone.

»Unsere Scheidung verlangen ist unmöglich: die Scheidung ist aufgehoben. Unsere Trennung verlangen wäre ein Scandal: man müßte die Ursache angeben; meine Mutter würde darüber vor Scham sterben, mein Vater vor Schmerz. Wir müssen also unauflösbar mit einander verbunden bleiben. Doch nur vor der Gesellschaft, denn vor Gott, mein Herr, bin ich frei und will ich frei bleiben,«

»Was verstehen Sie hierunter?« fragte der Graf, indem er den Kopf zu erheben suchte.

»Wir müssen einander in der That wohl verstehen, und ich will mich so deutlich als möglich erklären. Zum Lohne für mein Stillschweigen, zum Lohne für das seltsame, unfruchtbare Leben, zu dem Sie mich verurtheilt haben, verlange ich von Ihnen die unbeschränkteste Freiheit, welche eine Frau genießen kann: eine Witwenfreiheit! Denn Sie begreifen wohl, daß Sie von diesem Tage an für mich als Gatte todt sind. Was den Vatertitel betrifft, so werden Sie nicht die Frechheit haben, ihn zu reclamiren, denke ich. Mein Vater, mein wahrer, mein einziger Vater, derjenige, welchen ich lieben, achten, verehren kann, ist überdies der Graf von Lamothe-Houdan. Sie werden mir diese Freiheit geben, und ich sage Ihnen zum Voraus, wenn Sie mir dieselbe nicht geben, so nehme ich sie. Dagegen überlasse ich Ihnen die Hälfte meines zukünftigen Vermögens, – zwei Millionen. Sie werden hierüber eine Urkunde von einem Notar abfassen lassen, und wann Sie wollen, setze ich meine Unterschrift bei. Finden Sie etwas hiergegen einzuwenden?«

Das Stillschweigen des Grafen fing an Nachdenken zu werden. Er schlug langsam die Augen zu Regina auf; doch ihrem stolzen, sicheren Blicke begegnend, fühlte er sich aufs Neue niedergeschmettert, und er senkte sie zum zweiten Male. Die Zusammenziehung der Muskeln am Untertheile seines Gesichtes verrieth allein den innern Kampf, den er bestand.

Endlich, nach einigen Augenblicken, nahm er wieder das Wort und sagte mit einer noch leisen Stimme und jedes seiner Worte abwägend:

»Ehe ich die Vorschläge, die Sie mir machen, annehme oder verwerfe, Regina, lassen Sie mich einen Augenblick mit Ihnen reden, und erlauben Sie mir, Ihnen einen guten Rath zu geben.«

»Einen guten Rath, Sie, mein Herr? Eine gute Frucht auf einem schlechten Baume?« versetzte die junge Frau, verächtlich den Kopf schüttelnd.

»Lassen Sie mich Ihnen diesen Rath immerhin geben. Es wird Ihnen frei stehen, ihn zu befolgen oder zu verwerfen.«

»Sprechen Sie, mein Herr; ich höre Sie.«

»Ich werde es nicht versuchen, zu entschuldigen, was mein Benehmen in Ihren Augen Seltsames haben kann.«

»In meinen Augen!« sagte Regina verächtlich. »In den Augen der Welt, wenn Sie wollen . . . Ich kenne mein Verbrechen in seinem ganzen Umfange, Zum Glücke habe ich, dasselbe begehend, wie Sie sagten, nicht einer Hinreißung, sondern einer Berechnung nachgegeben. Erlauben Sie mir indessen, Ihnen zu bemerken, daß ein wirkliches Verbrechen nur die Handlung ist, welche die Gesellschaft verletzt oder Gott beleidigt. Indem ich Sie heirathete, habe ich aber weder Gott beleidigt, noch die Gesellschaft verletzt. Die Gesellschaft ist nur durch das verletzt, was sie weiß, und sie wird nie wissen, daß ich Ihr Vater bin: im Gegentheile, hat je ein Verdacht über der Marschallin geschwebt, so wird sich dieser Verdacht zerstreuen, wenn man Sie meine Frau werden sieht; ich habe Gott nicht beleidigt, denn wenn ich Sie in einer Absicht, deren Größe mich entschuldigt in den Augen der Menschen, wie Sie sehr gut gesagt haben, heirathen wollte, so hätte ich Sie doch immer vor Gott respektiert. Ich wiederhole indessen, ich strebe nicht darnach, mich zu rechtfertigen! Nein! ich will einfach zu dem Rathe kommen, welchen Ihnen zu geben ich für meine Pflicht hielt,«

»Ich lasse Sie reden, mein Herr, denn aus der Schwierigkeit Ihres Vortrags, aus der verwickelten Construction Ihrer Sätze entnehme ich, daß Sie einige Zeit brauchen, um sich zu erholen.«

»Ich habe mich gefaßt, Madame!« sagte der Graf Rappt mit einer Stimme, die sich in der That immer mehr befestigte. »Sie verlangen von mir Ihre unbeschränkte Freiheit; es versteht sich von selbst, daß ich sie Ihnen gebe und daß ich Sie Ihnen bei jedem Stande der Dinge gegeben hätte, – um so mehr in der Lage, in der wir uns befinden, denn weder Ihre Zuneigung, noch Ihre Nachsicht zu fordern bin ich berechtigt; nur erinnern Sie sich, Madame, daß es eine sociale Achtung und sociale Pflichten gibt, wozu die Gesetze die verheirathete Frau verurtheilen.«

»Fahren Sie fort, mein Herr; ich habe noch nicht Ihren ganzen Gedanken erfaßt.«

»Ich sage also, Madame, ich erkenne genug die Große meines Verbrechens, um nicht die geringste Zuneigung von Ihnen in Anspruch zu nehmen. Doch ich habe auch genug gelebt, um zu wissen, daß die Frau, trotz Ihres gerechten Widerwillens, in den Augen der Welt zu gewissen Convenienzen verbunden ist, von denen die gesellschaftliche Stellung eines Mannes abhängt. So erlauben Sie mir, Ihnen zu bemerken, daß seit ein paar Tagen gewisse Gerüchte im Umlaufe sind, welche, wären sie gegründet, die tiefste Traurigkeit in mir erregen würden. Ein kleines Journal erlaubt sich diesen Morgen, unsere Heirath anzeigend, sehr durchsichtige Anspielungen aus eine Liebesgeschichte zu machen, deren Heldin Sie wären; es geht sogar so weit, daß es durch Anfangsbuchstaben den Namen eines jungen Mannes bezeichnet, welcher der Held derselben ist. Nun wohl. Regina, ich glaube Ihnen die väterliche Ermahnung geben zu müssen. Verzeihen Sie, daß ich in Betreff dieser Gerüchte Ihre Interessen mehr nehme, als Sie es selbst thun, und aus eine so ungeschlachte Art in Ihre Geheimnisse eindringe.«

»Ich habe keine Geheimnisse, mein Herr,« entgegnete ungestüm die junge Frau.

»Oh! ich weiß in der That, Regina, daß, wenn Sie irgend ein Gefühl für diesen jungen Mann hegten, dieses Gefühl nichts Ernstes hatte, daß es eine einfache Laune war, oder, besser gesagt, daß Sie sich nur aus Kosten seiner Eitelkeit belustigen wollten.«

»Wahrhaftig, mein Herr, Sie beleidigen mich!« rief die junge Frau, »und ich gestehe Ihnen nicht das Recht zu, solche Worte an mich zu richten.«

»Hören Sie mich an, Regina,« sprach der Graf, der allmählich seine gewöhnliche Kaltblütigkeit wiederfand, oder sich den Anschein gab, als fände er sie; »ich spreche hier weder als Gatte, noch als Vater mit Ihnen, ich spreche als Lehrer; denn vergessen Sie nicht, daß ich die Ehre hatte, Sie zum Zögling zu haben: aus diesen doppelten Titel gründe ich mein Recht, Sie zu warnen, Ihnen zu rathen, Sie zu ermahnen, gibt mir der Zufall die Gelegenheit dazu. Kaum waren Sie Frau, Regina, als Sie schon ein mit dem meinigen übereinstimmender Geist waren.«

Ein verächtlicher Blick versuchte es, den Grafen zu unterbrechen.

»Ein erhabener Geist,« fuhr dieser fort, »ein Geist weit über Ihrem Alter und Ihrem Geschlechte. Von Ihrem Vater und von Ihrer Tante beauftragt, über Sie zu wachen, und so viel als möglich in Ihr Herz die Männlichkeit die in Ihrem Geiste war, eindringen zu machen, habe ich durch ein geduldiges Studium, durch eine Erziehung aller Stunden, die Keime, welche die Natur in Sie gelegt hatte, befruchtet, und Sie besitzen nun, Dank sei es dieser ängstlichen Sorgfalt, die ganze Festigkeit, die ganze unzähmbare Energie eines Mannes. Nun wohl, in dem Augenblicke, wo ich die Früchte dieser unablässigen Arbeiten ernten sollte, in dem Augenblicke, wo ich aus Ihnen ein verständiges Wesen, eine Eliteseele, eine starke Frau gemacht zu haben glaubte, in diesem Augenblicke verlassen Sie mich! Meine Handlung, mich für immer mit Ihnen zu verbinden, erschreckt Siel Ich will Ihnen sagen, was mein Plan war. Unsere Verbindung war keine Heirath, Regina: es war eine unauslösbare Association, die, statt des den Eheleuten vorbehaltenen flachen Glückes, uns die drei großen Güter dieser Welt, die von allen mächtigen Herzen verwirklichten drei Ambitionen: den Reichthum, die Macht, die Freiheit geben sollte. Wir! wir haben bis jetzt – ich sage wir, denn Sie können einen großen Theil an meinen Handlungen beanspruchen, – wir haben bis jetzt, ohne daß ich einen augenscheinlichen Titel im Staate, einen sichtbaren Einfluß bei den Angelegenheiten besitze, dieses gute, dieses schöne, dieses botmäßige Land, das man Frankreich nennt, beinahe regiert, und wir sollen hierbei stehen bleiben? Ich bin am Vorabend, Minister zu werden; denn Sie errathen wohl, daß dieses Ministerium, das seit fünf Jahren dauert, von allen Seiten erschüttert, im Begriffe ist, den Platz einem andern Ministerium abzutreten, das vielleicht weitere fünf Jahre dauern wird: fünf Jahre, verstehen Sie, Regina? Die Zeit, welche die Präsidentschaft eines Washingtons oder eines Adams dauert! Ich brauche, um hierzu zu gelangen, nur ein sichtbares Vermögen, eine gesicherte Stellung, und dann mache ich neben mich Ihren Vater sitzen, und wir gebieten fünfunddreißig Millionen Menschen; denn unter einer constitutionellen Regierung ist der Chef des Ministerraths der wahre König. Um dieses glühende Verlangen meines Lebens zu unterstützen, um mir bei diesem wundervollen Unternehmen beizustehen, an wen wende ich mich? wer ist die Frau, die ich, nicht zur knechtischen Gefährtin meines Daseins, nicht zur Sklavin meiner Launen und meines Willens, sondern zur Verbündeten meiner Gewalt machen will? Sie, Regina. Und in dem Momente, wo wir dieses glänzende Ziel berrühren, statt mit mir über den Vorurtheilen der Welt, über den Schwächen der Menschheit zu schweben, debutiren Sie vor Allem damit, daß Sie nicht begreifen, man gelange zu solchen Höhen nicht ohne einige Vorurtheile mit Füßen zu treten! Doch das ist nicht Alles, Sie legen unter meinen Fuß die Lächerlichkeit, diesen albernen Kieselstein, der zuweilen bis in die Tiefe des Abgrunds den Reisenden rollen macht, welcher ganz nahe daran war. den Gipfel des Glückes zu berühren, Regina! Regina! ich erkläre, daß ich besser von Ihnen dachte!«

Die junge Frau hatte den Grafen nicht mit minder großem Ekel, aber mehr mit einer wirklichen Aufmerksamkeit angehört. Sie war erstaunt, daß man eine Entschuldigung, so schlecht sie sein mochte, für eine solche Handlung finden konnte, und ich weiß nicht, ob man uns begreifen wird, oder vielmehr, ob man bei einer Frau besonders die Weite des Horizonts begreifen wird, welche ein solcher Charakter zu umsahen vermochte: sie war gewisser Maßen neugierig, aus dem Gesichtspunkte der Philosophie, zu sehen, wie weit der, sei es durch einen bösen Geist, sei es durch eine falsche Erziehung, vom guten Wege abgebrachte, Mensch aus dem schlimmen vordringen konnte.

Sie antwortete also mit mehr Ruhe, als man hätte erwarten sollen:

»Ja, Sie haben Recht, mein Herr, ich bin Ihr Zögling, und ich muß anerkennen, daß ich von meiner frühsten Jugend an die schädlichsten Rathschläge von Ihnen erhalten habe. Sie haben jedes Anstreben meiner Seele zum Schönen, jeden Aufschwung meines Herzens zum Guten, alle Sympathien meiner Einbildungskraft für das Gute unterdrückt, da Sie aus mir, – ich verstehe Sie nun, nachdem mir Ihr Project enthüllt ist, – da Sie aus mir Ihre Vertraute, Ihre Verbündete, Ihre Mitschuldige, eine Art von Fußtritt Ihres Ehrgeizes machen wollten. Ihr Skepticismus, im Widerspiele vom Ackersmanne im Evangelium, der den Lolch zum Vortheile des guten Korns ausreißt, Ihr Skepticismus hat sich darauf erpicht, die besten Gefühle zum Nutzen der minder guten, die minder guten zum Nutzen der schlechten auszureißen. Sie haben mich die List, die Verstellung, die Falschheit gelehrt, und Sie haben eine ängstliche Sorgfalt daraus verwendet, mich dieses Studium machen zu lassen, ich gebe es zu; Sie haben mich gelehrt, wie man den Augen eine schiefe Richtung gebend die Leute sehen kann, ohne ihnen ins Gesicht zu schauen. Sie haben mich in alle Geheimnisse der Lüge eingeweiht, in welche Sie durch Frau von Latournelle eingeweiht worden waren, die dieselben unmittelbar von den Jesuiten, diesen großen Meistern in der Kunst des Betrügens, hatte. Ihre unerschöpfliche Sorgfalt, ich muß es anerkennen, hat sich nicht ein einziges Mal während der zehn bis zwölf Jahre verleugnet, die Sie sich der mühsamen Ausgabe meiner Erziehung unterzogen, und als Sie endlich glaubten, ich sei Ihres Gleichen, das heißt ohne Adel, ohne Offenherzigkeit, ohne Großmuth, da versuchten Sie es, in mir die Begierden des Ehrgeizes und den Geschmack für die Intrigue zu entwickeln, Ist das so, mein Herr?«

 

»Nennen Sie die Dinge bei ihrem Namen,« erwiderte der Graf Rappt. indem er zu lächeln suchte: »den Geschmack für die Diplomatie.«

»Für die Diplomatie, wenn Sie wollen, mein Herr. Ich hasse die eine so sehr als die andere, und diese zwei Zwillingsschwestern des Ehrgeizes sind mir gleich und vollkommen zuwider. Ja, Sie haben mich Alles das gelehrt, was ich nicht wissen sollte; ja, Sie haben mich in Unwissenheit über Alles das gelassen, was ich wissen sollte; ja, Sie haben mich, mit einem Worte, die entsetzliche Wissenschaft des Guten und des Bösen gelehrt. Ich erröthe darüber, mein Herr, ich erkenne es; ich gestehe sogar, zu meiner Schande und zu Ihrem Ruhme, daß mich eine Art von Neugierde, ein Anschein von Interesse mit Ihnen um das menschliche Herz die trostlose Reise der Enttäuschung und der Entzauberung zu machen erfaßt hat. Doch von dieser Reise, mein Herr, bin ich voll von Schrecken zurückgekommen. Dadurch, daß ich Sie beharrlich vor mir, wie häßliche Wunden, alle in das Herz der Menschheit vertieften Laster, denn Ihr Zergliederungsmesser verschonte Niemand, bloßlegen sah, erlangte ich noch jung, vielleicht um den Preis des Glückes meines ganzen Lebens, dieses frühreife Alter, diese frühzeitige Schwäche des Herzens, welche man die Erfahrung nennt, und die nichts Anderes ist, als die Beerdigung und Grablegung von Allem dem, was es Wahres, Edles und Reines in uns gibt . . . Und Sie, mein Herr,« fuhr Regina mit einer wachsenden Energie fort, »und Sie würden nicht wollen, während ich für Alles todt bin, während Sie mich bürgerlich ermorden, Sie würden nicht wollen, daß ich, der Sie Alles genommen, Vater, Mutter, Familie, die redliche Hand annehme, die ein Freund mir reicht, um mich wieder auszurichten? Nun wohl, erfahren Sie Eines, mein Herr, und was auch Ihre Gewissensbisse sein mögen: das, mir gegen Ihren Willen, trotz Ihrer vergifteten Erziehung, Gott eine Tugend gegeben hat, welche aus festen, unerschütterlichen Grundsätzen beruht. Ich werde vorwurfsfrei zu leben wissen, mein Herr! . . . aber lassen Sie mich leben!«

Der Graf Rappt schaute einen Augenblick Regina an, schüttelte den Kopf und erwiderte:

»Aus dem Punkte, wo Sie sind, Regina, und um Ihnen die Wahrheit zu sagen, halte ich Sie für unfähig, eine wahre Leidenschaft zu fühlen, offen, wahrhaft zu lieben.«

Regina machte eine Bewegung.

»Oh! es ist kein Vorwurf, den ich Ihnen mache, es ist ein Lob, das ich Ihnen spende. Die Liebe ist nur die Leidenschaft der Leute, welche keine andere haben; das ist ein Detail im Leben, es ist kein Zweck desselben. Es ist ein lachender oder erschrecklicher Vorfall der großen Reise, welche der Mensch aus dieser Welt macht; er muß ihn ertragen, aber nicht ihm entgegenlaufen, ihn bändigen, und nicht sich ihm unterwerfen. Sie haben eine hohe Urtheilskraft. eine erhabene Vernunft . . . Rufen Sie Beide zu Hilfe, befragen Sie dieselben, und Sie werden sehen, daß dergleichen Verbindungen, – die ich Sie auffordere, nicht oder nur so selten und nur so ängstlich als möglich zu schließen, – immer schlecht endigen. Und das ist logisch: der Ehebruch trägt seine eigene Verdammniß in sich, denn der Mann, der eine verheirathete Frau liebt, wenn er ein redlicher Mann ist, kann diejenige nicht achten, welche ihren Gatten betrügt und ihre Kinder zu entehren risquirt. Fügen Sie dem bei, Regina, daß dieser Mann unfehlbar Ihnen nachstehen wird, nachstehen hinsichtlich des Namens, des Vermögens, des Standes, – denn ich kenne wenige Männer von einem dem Ihrigen gleichen Werthe; – da Sie stärker als er sind, so werden Sie ihn protegieren. Nun wohl, was Sie heute seine Liebe nennen, werden Sie morgen seine Schwäche nennen; von da an werden Sie diesen Mann verachten. Er, was ihn betrifft, wird früher oder später Ihre Ueberlegenheit erkennen; er wird erröthen über die knechtische Liebhaberrolle, die Sie ihn haben annehmen lassen, und er wird Sie hassen.«

»Hat der Mann, den ich liebe, hören Sie wohl, mein Herr?« rief Regina mit schallender Stimme, »– ich sage, den ich liebe, nicht den ich lieben werde, – hat der Mann, den ich liebe, je Haß gegen mich, so wird dies so sein, weil ich schlecht bin, weil Ihre abscheulichen Grundsätze, Ihre vergiftete Erziehung, trotz aller meiner Anstrengungen, um ihnen zu entgehen, werden ihre Früchte getragen haben. Dann wird sein Haß, verbunden mit dem meinigen, aus Sie, die Ursache, das Princip, den Urheber des Bösen zurückfallen. Doch nein! das wird nicht geschehen, ich werde das begonnene Werk fortsetzen; Alles, was Sie Schlechtes in mich gesäet haben, werde ich ausreißen, und ich werde, angenommen, meine Seele, dieser Spiegel Gottes, sei einen Augenblick getrübt worden, die Seele meiner Kindheit wiederfinden, oder mir eine neue Seele machen.«

»Oh! was das betrifft,« sagte lächelnd der Graf Rappt. »das ist zu spät.«

»Nein, gütiger Gott,« entgegnete Regina mit Exaltation, »nein! es ist nicht zu spät, und wenn dieser Mann mich hören würde, er würde erfahren, daß ich schon alle Erbärmlichkeiten meines Lebens in dem Ocean von Zärtlichkeit, den Gott in mein Herz gelegt, ertränkt habe.«

Der Graf schaute Regina mit einem gewissen Erstaunen an, und sprach:

»Da Ihre hohe Vernunft heute taub sein will, so steigen wir von den Höhen der socialen Philosophie in das hinab, was Ihnen die Niederungen der materiellen Interessen zu nennen beliebt . . . Ich will also mit Ihnen von meinem theuersten Wunsche, von meinem einzigen Ehrgeize reden . . . Regina, Sie wissen, ich will Minister werden.«

Regina senkte den Kopf, ein Zeichen, das der Antwort: »Ich weiß, daß dies Ihr Wunsch ist,« gleichkam.

»Ich habe viele Feinde,« fuhr der Graf Rappt fort; »zuerst alle meine Freunde. Ich bekümmere mich wenig um die Lächerlichkeit, die man aus mein politisches Leben werfen kann: man weiß, welchen Werth dergleichen Angriffe haben; doch ich will nicht, Sie hören wohl, Regina? ich will nicht, daß mein Privatleben angegriffen werde. Sie kennen das Wort von jenem andern Ehrgeizigen, welches uns das Alterthum als den Typus seiner Art vermacht hat: ›Die Frau von Cäsar darf nicht einmal beargwohnt werden.‹

»Vor Allem nehme ich an,« erwiderte Regina ironisch, »Sie haben nicht die Prätension, der Cäsar der modernen Zeiten zu sein. Ueberdies bemerken Sie wohl, daß diese Maxime, der ich von ganzem Herzen weinen Beifall spende, wenn sie aus die gewöhnlichen Umstände des Lebens angewendet wird, sagt: Die Frau von Cäsar; Sie verstehen, mein Herr? die Frau!«

»Ei! Madame, was Sie mir auch sein oder nicht sein mögen, in den Augen der Welt sind Sie immer meine Frau.«

»Ja, mein Herr, doch in den Augen Gottes bin ich Ihr Opfer, und lassen Sie mich von diesem Gesichtspunkte ausgehen.«

»Ich bitte, Madame, steigen wir wieder aus die Erde herab.«

»Sie zwingen mich dazu?« »Ich bitte Sie darum.«

»Es sei, mein Herr!« sprach Regina ganz fieberhaft; »mit Bedauern, ich gestehe es Ihnen, gehe ich in solche Einzelheiten ein. Sie haben eine Geliebte . . . «

»Das ist falsch, Madame!« rief der Graf von Rappt, aufspringend bei dieser Verwundung wie der Stier unter dem Stachel des Banderillero.

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