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Die Mohicaner von Paris

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CXXXI
Querfeldein

Es würde uns ein großes Vergnügen gewähren, das Gespräch von Salvator, dem Kutscher und dem Hunde zu erzählen; diese Erzählung würde einmal mehr dem Leser den allgemeinen Rus von Salvator zeigen; doch wir werden so viele Gelegenheiten haben, die ausgezeichneten Eigenschaften unseres Helden hervorzuheben, daß wir die Einzelheiten vernachlässigen.

Man kam nach Juvisy: es war ungefähr zehn Uhr Abends; Salvator sprang aus dem Wagen; Roland sprang ihm nach.

»Bringen Sie die Nacht hier zu, Herr Salvator?« fragte der Kutscher

»Wahrscheinlich, mein Freund.«

»Soll ich Sie erwarten?«

»Bis um welche Stunde gedenkst Du selbst zu bleiben?«

»Das hängt von den Umständen ab. Hätte ich Hoffnung, Sie zurückzuführen, so würde ich bis morgen früh um vier warten.«

»Wohl denn, begnügst Du Dich mit derselben Summe, um mich zurückzuführen, wie um mich hierher zu bringen . . . ?«

»Oh! Sie wissen wohl, Herr Salvator, daß ich, Sie einzig und allein um des Vergnügens willen, Ihnen einen Dienst zu thun, führen würde,«

»Gut also, das ist abgemacht: warte bis vier Uhr, und mag ich um vier Uhr zurückgekommen oder nicht zurückgekommen sein, hier sind zehn Franken, fünf für die Fahrt hierher, fünf für die Rückkehr.«

»Ei! verzeihen Sie, wenn ich Sie aber nicht zurückführe?«

»Nun, dann sind die fünf Franken dafür, daß Du aus mich gewartet hast,«

»Wie es Ihnen Vergnügen macht! Und man wird obendrein auf Ihre Gesundheit trinken, Herr Salvator!«

Salvator nickte mit dem Kopfe zum Zeichen des Dankes, und verschwand seinen Hund rufend, in einem Gäßchen, das aus die Ebene ging. Roland oder Brasil, wie man ihn nennen will, denn wir werden ihm ohne Unterschied beide Namen geben, war ein Thier von bewunderungswürdigem Verstande: seit dem Augenblicke des Abgangs schien er begriffen zu haben, wohin man ging und sogar in welcher Absicht man ging. Salvator lies, sich auch gewisser Maßen von ihm führen.

Nach fünf Minuten war er bei den Fontaines de la Cour de France.

Er überschritt die Straße und gelangte auf die Ebene.

Salvator folgte ihm fortwährend. Roland lief querfeldein und führte Salvator an den Graben, wo ihn sieben Jahre vorher Salvator verwundet, blutig und den Leib von einer Kugel durchbohrt gesunden hatte.

Hier angelangt, legte sich der Hund nieder, und stieß ein dumpfes Stöhnen aus, als wollte er sagen: »Ich erinnere mich meiner Wunde;« sodann stand er wieder aus und leckte Salvator die Hand, als wollte er sagen: »Ich erinnere mich meines Retters.«

Will man nun genau die Oertlichkeit kennen lernen, wohin wir unser Drama versetzen? will man zum Voraus das Terrain sehen, das wir durchlaufen werden? Nichts kann leichter sein.

Das Dorf Juvisy oder die Cour de France, welche nur hundert Schritte davon entfernt ist, bildet gerade den Gipfel des Winkels der zwei Eisenbahnlinien von Corbeil und von Orleans; das heißt, geht man von Paris nach Essonne und hält in Fontainebleau an, so hat man zu seiner Linken die Linie der Eisenbahn, welche nach Corbeil führt, und zu seiner Rechten die Linie der Eisenbahn, welche nach Etampes und Orleans führt.

Hier ist das Land wenig pittoresk.

Gehen Sie aber hundert Schritte weiter links, das heißt nach der Seite der Seine, gegen den kleinen Flecken Chatillon, der von fern den Effect einer einzigen am User des Flusses liegenden Fischerhütte macht, dann werden Sie ungeheure Horizonte von Hügeln und Wäldern entdecken: dann werden Sie, wenn Sie die Laune erfaßt, einen Nachen vom User loszumachen und beim Mondscheine aus der Seine hinzufahren, durch den Wald von Sénart, der seine tausend Arme zum Himmel zu erheben scheint, traurige Geräusche wie Klagen, melancholisches Gemurmel wie Gebete vernehmen.

Der Wald von Sénart bereitet aus die Sandsteine von Fontainebleau vor, wie die Sandsteine von Fontainebleau aus die Felsen der Schweiz vorbereiten.

Gehen Sie nun statt links zu gehen rechts, das heißt gegen Etampes und Orleans, so bietet das Land viel mehr Unebenheiten.

Dann werden Sie Savigny finden, berühmt durch sein herrliches Schloß, erbaut zur Zeit von Karl VII.; Mortan, berühmt durch seine Butter; Viry, berühmt durch seine Käse; zehn kleine Dörfer auf dem Gipfel grüner Hügel sitzend oder verloren in der Tiefe eines Thälchens, mitten unter Baumgruppen, die sich aneinander zu drängen scheinen, um ihnen einen Wall zu bilden; ferner die ganze Landschaft beherrschend der Thurm von Monthery, der, von fern, wie eine aufmerksame Schildwache Tag und Nacht, das Gewehr im Arme, das Auge offen, am höchsten Punkte des Horizontes wacht; ein kleiner Fluß, der Fluß Orge. quer durch alle diese Dörfer wie eine moirirte, buntscheckige Schärpe geworfen, wo den ganzen Tag der Waschbläuel der Mädchen der benachbarten Dörfer am User ertönt, wie um Mitternacht der Bläuel der Wäscherinnen der Legende. Endlich tausend unerwartete Abwechselungen des Terrain: Weiden, die ihre blonden Haare in den Bächen benetzen, und, wenn sie der Wind schaukelt, in der Sonne wie Diamanten funkelnde Tropfen springen machen; weiße Häuser, grüne Fußpfade, eine reine Lust, ein frischer Wind, der der Hauch eines Urlandes zu sein scheint, Alles gibt diesem reizenden Winkel der Erde einen Duft von Milde und Heiterkeit, den man vergebens anderswo sucht.

Ein letztes Wort, ein letztes Zusammentreffen.

Die zwei Dörfchen Viry und Savigny sind zum Täuschen ihren Homonymen ähnlich, das heißt den zwei Dörfern Viry und Savigny, welche zwei Stunden von Genf liegen.

Zwischen diesen zwei ersten Flecken, – rechts vom Gipfel des Winkels, welcher heute die Gabeltheilung der, damals noch nicht vorhandenen, Eisenbahn bildet, – fand sich der Graben, den Roland aus eine so verständige Art als die Stelle, die ihm als Schmerzenslager gedient, wiedererkannt hatte.

»Ah!« sagte Salvator, »es ist also da, mein guter Hund?«

»Ja,« machte Roland, indem er ein Winseln von sich gab.

»Doch wir sind nicht allein gekommen, um diesen Platz wiederzuerkennen, nicht wahr, mein armer Brasil?«

Der Hund hob den Kopf empor und schaute seinen Herrn an; seine Augen glänzten in der Nacht wie zwei Karfunkel, und er sprang vorwärts.

»Ja, ja,« murmelte Salvator, »du hast begriffen, mein wackerer Gefährte. Ah! wie viele Menschen, die dich verachten als ein Vieh, sind doch weniger verständig als du l Komm, oder vielmehr geh, ich folge dir.«

Brasil schien sich mit Freude vom Graben zu entfernen. Bewahrte das Thier, wie es der Mensch thut, das Gefühl des vergangenen Schmerzes in der Tiefe seines Gedächtnisses?

Gewiß ist, daß er vier bis fünfhundert Schritte der Straße nach Juvisy folgte; an einem Hügelchen angelangt, blieb er sodann stehen und beroch die Erde um sich her.

An diesem kleinen Hügel zog sich ein Fußpfad hin, der nach einer Brücke führte.

Als er diesen Hügel erreicht hatte, schien Roland zu zögern.

»Such’. Roland, such’,« sagte Salvator.

Roland blieb wie entmuthigt stehen.

»Vorwärts. Brasil!« rief Salvator, »vorwärts, mein guter Hund.«

Der Name Brasil schien ihm seinen Muth wiederzugeben.

»Such’,« fuhr Salvator fort. »such!«

»Einen Augenblick Geduld. Herr,« schien der Hund zu erwidern, »ich muß mich auch erinnern!«

Salvator näherte sich ihm mit sanften Worten, liebkoste ihm zugleich mit der Stimme und mit der Hand. Aber Brasil, wie ein von einem großen Gedanken in Anspruch genommener Hund, und die Wichtigkeit des Entschlusses, den er fassen wollte, begreifend, schien gleichgültig gegen diese Stimme und diese Liebkosungen, die ihn gewöhnlich so glücklich machten.

Plötzlich hob er wie erleuchtet den Kopf empor, schaute Salvator an und schien zu sagen:

»Ich bin da, Herr!«

»Vorwärts, mein guter Brasil! vorwärts!« rief Salvator.

Der Hund eilte vom Hügel weg und stieg rasch den abhängigen Fußpfad hinab, die zu der von uns erwähnten kleinen Brücke führt.

Das ist ein Brückchen von zwei Bogen, genannt der Pont Godeau.

Salvator folgte ihm mit der Geschwindigkeit des Jägers, welcher fühlt, daß sein Hund auf einer Fährte ist.

Hier angelangt, trat der Hund in eine Allee von blühenden Apfelbäumen ein. Die Dunkelheit verhinderte, daß man diese schönen, ganz von ihrem rosigen Schnee bedeckten Bäume sah; doch die Atmosphäre war erfüllt von Wohlgerüchen.

Salvator folgte Brasil auf diesem neuen Wege, einem wahren normannischen, frischen, grünen Wege.

Brasil marschierte hastig, ohne eine Secunde anzuhalten, ohne rückwärts zu schauen.

Man hätte glauben sollen, er fühle sich von nahe von seinem Herrn gefolgt.

Allerdings sagte ihm Salvator, während er ihm folgte, leise, aber mit jener scharfen Stimme, welche die Hunde so gut zum Suchen anstachelt:

»Such’, Brasil, such’!«

Der Hund ging immer weiter.

In diesem Augenblicke erleuchtete sich der Himmel.

Der Mond trat aus einem tiefen Ocean von Wolken hervor, und man kam an das Gitter eines Parkes.

Da,– seltsamer Weise! in dem Momente, wo der Mond sich zeigte, der Mond, klar, breit und hoch, wandte sich der Hund um, schaute den Himmel an und heulte kläglich.

Man mußte den ruhigen Muth von Salvator haben, um sich nicht erfaßt zu fühlen vom Schauer des Schreckens, mitten in dieser stillen Nacht, zu dieser Stunde, wo der Mond jedem Gegenstande einen fantastischen Anblick gibt, und wo man kein anderes Geräusch hört, als das ferne Gebell der Hunde, welche in den Pachthöfen wachen, und das Gemurmel der dürren Zweige, die sich an einander mit einem Geklapper reiben ähnlich dem der Gerippe, welche sich am Galgen schaukeln.

Salvator begriff den Gedanken des Hundes.

»Ja,« sagte er, »mein guter Brasil, nicht wahr, in einer solchen Nacht hast du dieses Haus verlassen. Such’, Brasil, such’! wir arbeiten für deine kleine Herrin.«

 

Der Hund blieb unbeweglich vor dem Gitter.

»Nun ja, ich sehe es wohl,« sagte Salvator, »hinter diesem Gitter war das Haus, wo du mit deiner kleinen Gebieterin aufgezogen wurdest, nicht wahr?«

Der Hund schien zu verstehen. Er ging am Gitter hin, bald von links nach rechts, bald von rechts nach links, bewegte geräuschvoll seinen langen Schweif und streifte damit jede Stange.

Man hätte glauben sollen, es sei einer von den schönen jungen Löwen des Jardin des Plantes, wie er voll Majestät den Boden seines Käfigs durchfurcht.

»Vorwärts, Brasil! vorwärts!« sagte Salvator, »wir können die Nacht nicht hier zubringen. Gibt es keinen andern Eingang hier? Such, mein guter Hund, such’!«

Da schien Brasil einen Entschluß zu fassen. Es war, als ob er selbst erkennete, aus dieser Seite sei der Eingang unmöglich. Er lief also rasch ungefähr hundert und fünfzig Schritte an der Mauer hin; dann blieb er stehen, richtete sich auf und legte seine Schnauze an den Stein.

»Ho! ho!« sagte Salvator, »hier ist etwas, wie es scheint.«

Er näherte sich, schaute aufmerksam, und trotz des Bebens der Zweige eines Baumes, dessen Schatten sich zwischen ihn und den Mondschein stellte, sah er mitten an der grauen, einförmigen Tinte der Mauer eine unregelmäßige Gipsplatte von vier bis fünf Fuß im Umkreise erscheinen.

»Gut. Freund Brasil, gut!« sagte Salvator; »hier war eine Bresche, welche nicht mehr zu finden du dich wunderst; sie ist seitdem zugemacht worden, mein guter Hund. Du bist durch diese Bresche hinausgegangen, du gedachtest aus demselben Wege zurückzukehren, doch der Eigenthümer hat Ordnung in die Sache gebracht. Nicht wahr, so ist es?«

Der Hund schaute Salvator an, als wollte er sagen:

»Es ist in der That so. Was werden wir nun thun?«

»Ja, was werden wir thun?« wiederholte Salvator. »Abgesehen davon, aß ich keines von den Werkzeugen besitze, deren man sich bedient, um eine Mauer zu durchbrechen, würde man nicht unterlassen, mich des Einbruchs zu beschuldigen, und ich bekäme meine fünf Jahre Zwangsarbeit, was nicht deine Absicht sein kann, mein guter Brasil. Und dennoch, mein wackerer Freund, bin ich so begierig als du, diesen Park zu besichtigen; einmal, weil ich mir, ich weiß nicht warum, einbilde, er enthalte ein wichtiges Geheimnis.«

Das Knurren von Roland oder vielmehr von Brasil schien diese Worte zu bekräftigen.

»Nun wohl, Brasil, ich verlange ja nichts Anderes.« sagte Salvator, der sich als Künstler, und als Beobachter an der Ungeduld seines Hundes ergötzte; »auf, finde du das Mittel, da du dich ärgerst. Ich warte, mein guter Brasil, ich warte.«

Brasil schien kein Wort von dem, was sein Herr sprach, zu verlieren. Da er ganz allein das Mittel nicht anwenden konnte, so beschränkte er sich darauf, daß er es bezeichnete.

Er bog sich aus seinen Hinterbeinen und sprang mit solcher Kraft, daß das Ende seiner Pfoten die Mauerkappe erreichte.

»Du bist die höchste Weisheit, mein lieber Brasil,« sagte Salvator, »und du hast vollkommen Recht. Es ist unnötig, eine Mauer zu durchbrechen, wenn man über dieselbe passieren kann. Das ist kein Einbruch, das ist Ersteigung. Ersteigen wir, mein guter Hund, ersteigen wir, und du mußt zuerst hinüber; du bist hier zu Hause, wenigstens wie mir scheint: an dir ist es, mir die Honneurs zu machen. Wohlan, Hopp!«

Und mit den zwei Armen, deren wir Salvator so tapfer bei Barthélemy Lelong genannt Jean Taureau in einem der ersten Kapitel dieses Buches sich haben bedienen sehen, mit diesen zwei Armen mit den stählernen Muskeln, hob er den Riesenhund zur Höhe der Mauer so leicht hinauf, als eine Marquise oder eine Herzogin einen King-Charles86 zu ihren Lippen emporhebt.

So emporgehoben, berührte der Hund mit seinen Vorderpfoten den Kamm der Mauer; doch er bedurfte eines Stützpunktes, um sich hinaufzuschwingen.

Salvator neigte den Kopf, stützte ihn an die Mauer, setzte jede von den Hinterpfoten des Hundes auf jede von seinen Schultern, stellte Brasil gut ins Gleichgewicht auf dieser Base, welche ein Granitsockel zu sein schien, und sagte:

»Auf, Brasil, spring!«

Und Brasil sprang.

»Nun ist die Reihe an mir,« fügte er bei.

Und, seine Flinte gut aus seiner Schulter befestigend, erreichte er springend die Mauerkappe, wo er an seinen Händen hängen blieb; mit der Kraft seiner Faustgelenke und mit den Knieen sich unterstützend, gelang es ihm sodann mit einer Leichtigkeit, welche seine Gewohnheit der Gymnastik bezeichnete, sich rittlings auf die Mauer zu setzen.

Er war hier, als er den Trab eines Pferdes hörte und rasch einen in einen Mantel gehüllten Reiter herbeikommen sah.

Der Reiter folgte dem Wege, der sich an der Mauer hinzog.

Salvator warf eiligst, unterstützt durch die wunderbare Stärke seiner Arme, seinen ganzen Körper in den Park zurück; sein Kopf allein überragte die Mauer. Ein Baum warf seinen Schatten auf ihn und verhinderte den Reiter, ihn zu sehen, wenn er nicht eine ganz besondere Aufmerksamkeit anwandte.

In dem Augenblicke, wo der Reiter aus ein paar Schritte an Salvator vorüberkam, schien der Mond in seinem vollen Glanze, so daß Salvator die Züge eines neunundzwanzig- bis dreißigjährigen jungen Mannes unterscheiden konnte.

Diese Züge erregten ohne Zweifel ein großes Erstaunen bei ihm; denn mit einer berechneten Bewegung der Hände und der Kniee warf er sich zurück, fiel, die Mauer loslassend, neben Brasil und sagte:

»Loredan von Valgeneuse!«

Und nach einem Momente des Stillschweigens und der Unbeweglichkeit, was der ungeduldige Brasil nicht zu begreifen schien, fügte er bei:

»Was Teufels macht mein lieber Vetter hier?«

CXXXII
Der Park, wo die Nachtigall nicht sang

Salvator horchte, bis das Geräusch vom Trabe des Pferdes erloschen war, dann schaute er umher.

Er befand sich in einem ungeheuren Parke, und zwar im waldigsten Theile dieses Parkes.

Brasil schien nur einen Befehl zu erwarten, um. sich aus den Weg zu begeben. Er saß, doch das Beben seines Leibes verrieth seine Ungeduld, und seine Augen glänzten in der Dunkelheit wie zwei Irrlichter.

Der Mond glitt an einem wolkigen Himmel hin, und beleuchtete bald lebhaft die Erde, versenkte sie bald, hinter einer düsteren Dunstwoge verschwindend, in Finsternis.

Salvator, da er nicht wußte, wohin ihn der Hund führen würde, wartete einen dieser Augenblicke der Finsternis ab, die es ihm erlaubten, sich in die Lichtungen zu wagen.

Dieser Augenblick kam bald.

Es hieße vielleicht lügen, wollten wir sagen, das Herz habe dem jungen Manne nicht geklopft; da ihn aber das Bewußtsein des Motives, welches ihn hierher führte, ruhig machte, so wäre es unmöglich gewesen aus seinem Gesichte den Reflex der Gedanken, die ihn bewegten, zu sehen.

Nur machte er seine Flinte von seiner Schulter los, steckte den Ladstock in jeden der Läufe, um sich zu versichern, daß die Pfropfe den Kugeln anklebten, hob die Batterien aus, um das Zündkraut zu besichtigen, nahm das Gewehr in seinen Arm, statt es am Schulterriemen hängend zu tragen, benützte den Moment, wo Himmel und Erde wieder finster geworden waren, und sagte:

»Vorwärts, mein guter Hund, vorwärts!«

Der Hund lies voran, und Salvator folgte ihm.

Doch das war nicht leicht: das Gesträuch und die jungen Pflanzen waren überall gewachsen und bildeten Gestrüppe, wo sich das Wild mit Wonne aushalten mußte, während der Mensch hier nur mit Schwierigkeit manövrierte.

Jeden Augenblick erhob sich ein rasches, ungestümes Geräusch im Gebüsche, rechts, links von Salvator, und hinter ihm. Das war ein Kaninchen oder ein Hase, der ganz erstaunt, in seinem Lager beunruhigt zu werden, sich aus dem Staube machte.

Man kam zu einer Allee, wo das Graf anderthalb Fuß hoch gewachsen war.

Diese Allee führte zu einer Art von Wiese. Im Hintergrunde dieser Wiese sah man eine schwarze Oberfläche, welche plötzlich wie ein silberner Spiegel funkelte.

Der Mond trat aus den Wolken hervor und beleuchtete das ruhige, tiefe Wasser eines Teiches.

Um diesen Teich hoben sich stellenweise, wie unbewegliche Gespenster, mythologische Statuen hervor.

Es schien Brasil zu drängen, an diesen Teich zu kommen; doch Salvator, da er nicht wußte, ob das Haus, zu dem dieser Park gehören mußte, bewohnt oder nicht bewohnt war, zog sich so an dem Gehölze hin, daß er, beim ersten Anlasse zu einer Befürchtung, rasch in das Gestrüppe zurückkehren konnte, und dämpfte den Eifer seines Hundes, der, seinem Worte gehorchend, zehn Schritte vor ihm ging, ohne sich weiter zu entfernen, als ob er durch ein Halsband zurückgehalten worden wäre.

Es lag etwas tief Trauriges im Anblicke aller dieser Gegenstände, welche Salvator in die Augen fielen.

»Ich würde mich sehr wundern,« murmelte er. wäre an diesem Orte nicht irgend ein gräßliches Verbrechen begangen worden. Der Schatten ist hier schwärzer als anderswo, das Licht ist hier bleicher als anderswo, die Bäume haben ein betrübtes Aussehen, welches das Herz beklemmt. Gleichviel! da wir einmal hier sind, so wollen wir immerhin weiter gehen!«

Und da eine Wolke dichter als die anderen aufs Neue den Mond überzogen hatte, so beschloß Salvator die Finsternis zu benützen, die dieser Lustschleier über die Erde verbreitete, um es zu wagen, den entblößten Zwischenraum zu durchschreiten, der den Saum des Waldes vom User des Teiches trennte.

Am Ende des Waldes blieb indessen Salvator stehen und hielt Brasil zurück.

Vor ihm. jenseits des Teiches, erhob sich wie eine düstere, riesige Masse, durchbrochen von einem einzigen, hinter dem Fenster eines kleinen Cabinets glänzenden, Lichte das Schloß Viry.

Das Schloß war also bewohnt, trotz des Zustandes des Parkes, der einem Urwalde glich, trotz des Zustandes der Wege, welche verlassene Wiesen zu sein schienen, da ein Licht an einem Fenster glänzte.

Man hatte doppelte Vorsicht anzuwenden.

Salvator ließ rings um sich her den Blick des Jägers laufen, der gewohnt ist, in der Finsternis zu sehen, und beschloß, die Forschung bis zum Ende, zu treiben.

Und dennoch hatte er keine Gewißheit; unbestimmter Verdacht, durch die stummen Schrecken von Rose-de-Noël eingeflößt, – das war Alles. Warum diese Beharrlichkeit? warum so freiwillig der Aufsuchung des Unbekannten sich hingeben? Weil es ihm schien, dieses Unbekannte sei ein entsetzliches Verbrechen, und er weihe sich nicht freiwillig, wie wir gesagt haben, seiner Aufsuchung, sondern verhängnisvoller Weise durch die Vorsehung angetrieben, die man den Zufall nennt, und die den rechtschaffenen Leuten eine höhere Fähigkeit, eine außerordentliche Divinationsgabe verleiht.

Eine Dickung von grünen Bäumen erhob sich ein paar Schritte vom Teiche; diese Dickung bot ein Schutzdach. Nach dem Teiche schien der Lauf von Brasil abzuzielen.

Salvator ließ aufs Neue den Mond glänzen und erlöschen; sodann, den Augenblick benützend, wo er sich verbarg, erreichte er die Dickung Schritt für Schritt von Brasil gefolgt, dem er sich hinter ihm zu halten besohlen hatte.

Sobald er im Fichtengehölze verborgen war, streichelte Salvator mit der Hand den Hals von Brasil und sagte nur das einzige Wort zu ihm:

»Such’!«

Sogleich stürzte Brasil nach dem Teiche, verschwand in den Rohren, die einen Gürtel an seinem User bildeten, und erschien dann wieder hinter diesem Gürtel von Rohren, mit dem Kopfe über dem Wasser schwimmend.

Er schwamm so ungefähr zwanzig Schritte.

Dann hielt er an, schwamm im Kreise, statt in schräger Linie zu schwimmen, und tauchte unter.

Salvator verlor nicht eine einzige von den Bewegungen des Hundes aus dem Blicke.

Man hätte glauben sollen, er errathe seine Absichten mit demselben Verstande, besser gesagt mit demselben Instinkte, mit dem Brasil die seinigen errieth.

Salvator erhob sich aus den Fußspitzen, um genauer zu sehen.

Nach ein paar Secunden erschien Brasil wieder.

Dann tauchte er aufs Neue unter.

Doch wie das erste Mal erschien er wieder, ohne etwas aus die Oberfläche zurückzubringen.

Dann schwamm er ans Ufer, eine Linie ziehend, welche den Winkel bildete im Vergleiche mit der, weicher er gefolgt war, um die Mitte des Teiches zu erreichen. Am User angelangt, machte Brasil, als ob er einer Spur folgte, die Nase aus dem Rasen, fünf bis sechs Schritte.

Dann hob er den Kopf in die Höhe, stieß ein dumpfes, klägliches Geheul aus und nahm seinen Laus wieder nach dem Walde.

 

Er kam aus zwanzig Schritte an der Dickung vorüber, wo Salvator verborgen war.

Salvator begriff, daß Brasil nicht ohne Grund umgekehrt war und wieder in den Wald lies.

Er ließ ein einfaches Pfeifen zwischen seinen zusammengedrückten Zähnen durch vernehmen. Der Hund hielt an und bog sich auf seinen Beinen.

Salvator wollte Brasil nicht aus dem Gesichte verlieren, um nicht nötig zu haben, ihm zu rufen.

Er schaute aufs Neue umher und erkennend, daß Alles still und einsam war, durchschritt er den Zwischenraum, der die Dickung vom Walde trennte, mit eben so viel Glück, als er die, welche den Wald von der Dickung trennte, durchschritten hatte.

Brasil setzte sich wieder in Marsch. Salvator folgte ihm und verschwand bald mit ihm im Gehölze.

Er wußte, daß alle diese Bewegungen seines Hundes, so widersprechend sie schienen, einen bestimmten Grund hatten.

Ich weiß nicht, wer gesagt hat, auf der Jagd sei der Hund der Jäger, und der Jäger sei der Hund. Vielleicht ich; vielleicht auch mein Freund Léon Bertrand, dieser große Jäger vor dem Herrn, der seit alten Zeiten alle Geheimnisse der Jägerei und alle Kunstgriffe des Hundegeschlechtes kennt. Wiederholen wir diese, alte oder neue, Wahrheit: man vermöchte die Wahrheit nicht oft genug zu sagen.

In den Wald zurückkehrend, gingen Jäger und Hund an einer Rabatte hin, wo die ersten Frühlingspflanzen wiederzuerstehen anfingen, als ob, trotz des finsteren Verhängnisses, das aus diesem verfluchten Hause lastete, die gute, barmherzige Natur blühend ihm verzeihen würde.

Man kam zu einer Allee, die sich am Ende gabelförmig theilte.

Hier hielt der Hund abermals an und schien zu zögern.

Einer von den Wegen führte nach dem Gemüsegarten; der andere zu einem Fußpfade, der sich in den Wald vertiefte.

Nach einem Zögern oder vielmehr nach einer Ueberlegung von ein paar Secunden, entschloß sich Brasil für den Fußpfad, der in den Wald führte.

Salvator betrat den Fußpfad hinter Brasil.

Sie gingen so ungefähr eine oder zwei Minuten.

Nach Verlauf dieser Zeit hielt der Hund abermals an.

Statt fortwährend dem Fußpfade zu folgen, trat er sodann in eine Dickung ein, die ein großer Baum beherrschte, und an deren Saum sich eine Bank erhob, welche aus dieser Seite das Ziel einer Promenade zu sein schien.

Salvator trat hinter Brasil in die Dickung ein.

Hier stöberte der Hund einen Augenblick durch die dürren Zweige und Blätter, die den Boden bedeckten.

Dann drückte er seine Nasenlöcher an die Erde und athmele geräuschvoll die Ausströmungen ein, welche daraus hervorkamen.

Endlich im Mittelpunkte eines von ihm selbst beschriebenen Kreises angelangt, blieb er unbeweglich, starr in der Haltung der Betrachtung stehen.

Man hätte glauben sollen, er suche in die Erde zu sehen.

»Nun,« fragte Salvator, »was gibt es denn, mein guter Brasil?«

Der Hund beugte den Kopf bis aus den Boden, drückte seine Schnauze darauf und blieb so unbeweglich, als ob er die Frage seines Herrn nicht gehört hätte.

»Es ist hier, nicht wahr? es ist hier?« fragte Salvator, indem er ein Knie aus die Erde setzte und mit der Fingerspitze die von dem verständigen Hunde bezeichnete Stelle berührte.

Der Hund wandte sich rasch um, schaute seinen Herrn mit seinen großen ausdrucksvollen Augen an und beroch wieder die Erde.

»Such’!« sagte Salvator.

Dumpf knurrend legte Roland seine beiden aneinander gehaltenen Pfoten an die Stelle, auf welche Salvator den Finger gelegt hatte.

Dann beroch er abermals.

Der Ausruf des Archimed bot sich der Erinnerung des jungen Mannes.

»Εύρηκα87 sagte er wie der Mathematiker von Syrakus.

Sodann, um den Hund anzufeuern: »Such’! such’!«

Da fing Brasil an mit solcher Wuth die Erde aufzukratzen, daß man hätte glauben sollen, das Ziel dieses ganzen Marsches in der Finsternis, dieser ganzen nächtlichen Jagd sei hier und nicht anderswo.

»Such’!« wiederholte Salvator, »such’!«

Und mit derselben Wuth fuhr der Hund in der Erde zu wühlen fort.

Nach zehn Minuten dieser Arbeit, welche Salvator ein Jahrhundert dünkten, wich Brasil hastig zurück.

Sein ganzer Leib schien von einem Zittern des Schreckens bewegt zu werden.

»Was gibt es denn, mein guter Hund?« fragte Salvator, der immer aus einem Knie geneigt war.

Der Hund schaute ihn an und schien zu sagen:

»Ei! sieh doch selbst!«

Salvator suchte in der That zu sehen, doch der Mond war verborgen, und seine Augen strebten vergebens die Dunkelheit zu durchdringen, welche tiefer noch in dem vom Hunde gegrabenen Loche, als aus der Oberfläche der Erde.

Er streckte die Hand aus und erreichte die Tiefe des Loches; er versuchte es, mit der Hand zu sehen, da er nicht mit den Augen sehen konnte.

Seine Finger zogen sich plötzlich zurück.

Er hatte etwas Weiches, Zartes, Seidenes berührt.

Er zitterte seinerseits, wie der Hund gezittert hatte, fieberhafter, schrecklicher vielleicht noch, als wenn er mit dem Zahne einer Viper zusammengetroffen wäre.

Salvator machte indessen eine Anstrengung gegen sich selbst und legte seine Hand wieder aus den entsetzlichen Gegenstand.

»Oh!« murmelte er, »ich kann mich nicht täuschen, es sind Haare.«

Der Hund winselte; den Schweiß auf der Sinne, zögerte der Mann, dieses Haar an sich zu ziehen.

Der Mond, der wieder aus seiner Wolke hervorgetreten war, verlieh dem Einen und dem Andern einen fantastischen Anblick.

In diesem Momente näherte sich der Hund dem Loche, steckte seinen Kopf ganz hinein, und Salvator fühlte, daß er diese Haare zart zwischen seinen Fingern leckte.

»Oh!« murmelte er, »was ist das, mein armer Brasil?«

Brasil hob aber den Kopf empor, und, statt aus seinen Herrn zu hören, statt die Haare fortzulecken, unter denen Salvator einen Schädel sich formen fühlte, wandte er seinen Blick nach dem Wege und ließ seine Zähne an einander klappern.

Salvator drehte den Kopf wie der Hund, doch er sah nichts.

Dann legte er sein Ohr an die Erde, und er vernahm ein Geräusch, das näher kam.

Er richtete seinen Kopf wieder aus, und diesmal schien es ihm, er sehe etwas wie ein Gespenst, das der Allee folge und sich seiner Seite nähere.

Brasil wollte knurrend fortstürzen; Salvator packte ihn aber bei der Halshaut, drückte ihn aus den Boden und sagte:


»Nieder, Brasil, nieder!«

Und er legte sich selbst neben den Hund, während er besorgt war, seine Flinte im Bereiche seiner Hand zu halten.

Alsdann, so groß auch die Stille war, hätte selbst das Ohr von Argus weder den Hauch des Menschen, noch den Athem des Hundes hören können.

Es schlug Mitternacht im Glockenthurme von Viry, und die ehernen Klänge zogen bebend durch die Luft.

86kleiner englischer Wachtelhund.
87Ich habe es gefunden.
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