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Zwanzig Jahre nachher

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»Herr von Conti soll Cardinal werden; man verlangt den Hut für ihn.«

»Gibt es nicht sehr kriegerische Cardinäle?« entgegnete Aramis. »Seht, um Euch her sind vier Cardinäle, welche an der Spitze von Heeren so viel werth waren, als Herr von Guebriant und Herr von Gassion.«

»Aber ein buckeliger General.«

»Unter seinem Küraß wird man den Buckel nicht sehen. Erinnert Euch, daß Alexander hinkte und Hannibal einäugig war.«

»Seht Ihr große Vortheile bei dieser Partie?« fragte d’Artagnan.

»Ich sehe darin die Protection mächtiger Prinzen.«

»Mit der Proscription der Regierung.«

»Für nichtig erklärt durch die Parlamente und die Meutereien.«

»Alles könnte sich so machen, wie Ihr sagt, wenn es gelänge, den König von seiner Mutter zu trennen.«

»Dazu wird es kommen.«

»Nie!« rief d’Artagnan, dießmal zu seiner Ueberzeugung zurückkehrend. »Ich berufe mich aus Euch, Aramis, auf Euch, der Ihr Anna von Oesterreich so gut kennt, wie ich. Glaubt Ihr, sie könnte je vergessen, daß ihr Sohn ihre Sicherheit, ihr Palladium, das Pfand ihrer Achtung, ihres Glückes, ihres Lebens ist? Mazarin verlassend, müßte sie mit dem König auf die Partei der Prinzen übergehen, aber Ihr wißt besser, als irgend Jemand, daß sie mächtige Gründe hat, ihn nie zu verlassen.«

»Ihr habt vielleicht Recht,« sagte Aramis träumerisch; »ich werde mich also zu nichts verpflichten.«

»Bei Ihnen,« versetzte d’Artagnan; »aber bei mir?«

»Bei Niemand. Ich bin Priester, was habe ich mit der Politik zu thun; ich lese kein Brevier, aber ich habe eine kleine Kundschaft von geistreichen, spitzbübischen Abbés und reizenden Frauen; je mehr sich die Angelegenheiten verwirren, desto weniger werden meine Streiche Aufsehen machen; Alles geht vortrefflich, ohne daß ich mich darein mische, und, mein lieber Freund, ich bin entschieden, mich nicht darein zu mischen.«

»Schön, mein Werthester,« sprach d’Artagnan; »auf Ehre, Eure Philosophie steckt mich an, und ich weiß nicht, welcher Teufel von einer Ehrgeizfliege mich gestochen hatte; ich habe eine Art von Stelle, die mich ernährt, ich kann bei dem Tode des armen Herrn von Treville, der sich alt macht, Kapitän werden; das ist ein hübscher Marschallsstab für einen Junker aus Gascogne, und ich sehe, daß ich an den Reizen den bescheidenen, aber täglichen Brodes hänge: statt Abenteuern nachzulaufen, nehme ich die Einladungen von Porthos an und jage auf seinen Gütern; Ihr wißt, daß Porthos Güter besitzt?«

»Ganz gewiß weiß ich es; er besitzt zehn Meilen Wälder, Sümpfe und Thaler und prozessiert über Lehensrechte mit dem Bischof von Noyon.«

»Gut,« sagte d’Artagnan zu sich selbst, »das wollte ich wissen, Porthos ist in der Picardie.« Dann fügte er laut bei:

»Und er hat seinen alten Namen du Vallon wieder angenommen.«

»Welchem er den Namen Bracieux beifügte, von einem Gute, das baronisirt worden ist.«

»Also werden wir Porthos als Baron sehen.«

»Ich zweifle nicht daran; besonders die Baronin Porthos wird bewunderungswürdig sein.«

Die zwei Freunde brachen in ein schallendes Gelächter aus.

»Ihr wollt also nicht zu Mazarin übergehen?« fragte d’Artagnan.

»Und Ihr nicht zu den Prinzen?«

»Nein. Gehen wir zu Niemand über und bleiben wir Freunde. Wir wollen weder Cardinalisten, noch Frondeure werden.«

»Ja,« sagte Aramis, »seien wir Musketiere.«

»Sogar mit dem kleinen Kragen,« versetzte d’Artagnan.

»Besonders mit dem kleinen Kragen,« rief Aramis, »das ist gerade das Reizende davon.«

»Gott befohlen, also,« sprach d’Artagnan.

»Ich halte Euch nicht zurück, mein Lieber,« erwiderte Aramis, »in Betracht, daß ich nicht wüßte, wo ich Euch eine Lagerstätte geben sollte, und ich Euch schicklicher Weise nicht die Hälfte von dem Schuppen von Planchet anbieten kann.«

»Ueberdies bin ich nur drei Lieues von Paris entfernt. Die Pferde sind ausgeruht und in weniger als einer Stunde bin ich zurück.«

Und d’Artagnan schenkte sich ein letzten Glas Wein ein und sprach:

»Auf unsere alte Zeit!«

»Ja,« versetzte Aramis, »leider ist es eine vergangene Zeit: lugitirraparabile tempus

»Bah!« rief d’Artagnan, »sie wird wiederkehren. In jedem Falle, wenn Ihr meiner bedürft, Rue Tiquetonne, Gasthaus zur Rehziege.«

»Und mich findet Ihr im Kloster der Jesuiten; von sechs Uhr Morgens bis acht Uhr Abends durch die Thüre, von acht Uhr Abends bis sechs Uhr Morgens durch das Fenster.«

»Adieu, mein Lieber.«

»Oh! ich verlasse Euch nicht so; erlaubt, daß ich Euch zurück geleite.« Und er nahm seinen Degen und seinen Mantel.

»Er will sich versichern, daß ich gehe,« sagte d’Artagnan zu sich selbst.

Aramis pfiff Bazin; aber Bazin schlief im Vorzimmer über den Resten seines Adendbrodes, und Aramis war genöthigt, ihn am Ohre zu schütteln, um ihn aufzuwecken.

Bazin streckte die Arme aus, rieb sich die Augen und suchte wieder einzuschlafen.

»Auf, auf! Meister Schläfer, die Leiter.«

»Aber,« sagte Bazin gähnend, »daß sich die Kinnbacken hätten ausrenken sollen, »die Leiter ist am Fenster geblieben.«

»Die andere, die vom Gärtner: hast Du nicht wahrgenommen, daß d’Artagnan Mühe hatte, heraufzusteigen, und daß er noch größere Mühe haben wird, hinabzusteigen.«

D’Artagnan wollte Aramis versichern, er würde sehr gut hinabsteigen, als ihm ein Gedanke kam; dieser Gedanke machte, daß er schwieg.

Bazin stieß einen tiefen Seufzer aus und entfernte sich, um die Leiter zu suchen. Einen Augenblick nachher stand eine feste hölzerne Leiter am Fenster.

»Vorwärts,« sprach d’Artagnan, »das nennt man ein Verbindungsmittel; eine Frau würde an einer solchen Leiter auf- und absteigen.«

Ein durchdringender Blick von Aramis schien den Gedanken seines Freundes bis in der Tiefe seines Herzens suchen zu wollen, aber d’Artagnan hielt diesen Blick mit bewunderungswürdiger Naivität aus.

In zwei Sekunden war er auf dem Boden. Bazin blieb am Fenster.

»Bleibe hier,« sagte Aramis, »ich komme zurück.«

Alle Beide gingen auf den Schuppen zu; als sie sich demselben näherten, kam Planchet, die zwei Pferde an den Zügeln haltend, heraus.

»Schön,« sagte Aramis, »das ist ein thätiger, wachsamer Diener, nicht wie der träge Bazin, der zu nichts mehr taugt, seitdem er Kirchenmensch geworden ist. Folgt uns; Planchet, wir gehen plaudernd bis an das Ende des Dorfes.«

Die zwei Freunde durchwanderten wirklich, über gleichgültige Dinge plaudernd, das ganze Dorf; als sie die letzten Häuser erreicht hatten, sagte Aramis:

»Gebt, lieber Freund, verfolgt Euere Laufbahn, das Glück lächelt Euch, laßt es nicht entschlüpfen, erinnert Euch, daß es seine Courtisane ist und behandelt es darnach; ich bleibe in meiner Niedrigkeit und Trägheit; Gott befohlen.«

»Es ist also entschieden,« versetzte d’Artagnan, »was ich Euch anbiete, sagt Euch nicht zu!«

»Es würde mir im Gegentheil sehr zusagen, wenn ich ein Mensch wäre, wie Andere; aber ich wiederhole Euch, ich bin aus Contrasten zusammengesetzt; was ich heute hasse, werde ich morgen anbeten, und vice versa … Ihr seht wohl, daß ich mich nicht verpflichten kann, wie Ihr, zum Beispiel, da Ihr feste Ansichten habt.«

»Du lügst, Duckmäuser,« sagte d’Artagnan zu sich selbst; »Du bist im Gegentheil der Einzige, der sich ein Ziel zu wählen weiß und im Finstern darauf losgeht.«

Sie umarmten sich. Planchet war bereits zu Pferde, d’Artagnan schwang sich ebenfalls in den Sattel, und sie drückten sich noch einmal die Hand.

Aramis blieb unbeweglich mitten auf der Straße stehen, bis er sie aus dem Gesichte verloren hatte.

Aber nach zweihundert Schritten hielt d’Artagnan plötzlich an, sprang zu Boden, warf den Zügel seines Pferdes Planchet über den Arm, nahm seine Pistolen aus den Halftern und steckte sie in den Gürtel.

»Was habt Ihr, gnädiger Herr?« fragte Planchet ganz erschrocken.

»Was ich habe?« sagte d’Artagnan; »so schlau er auch sein mag, so werde ich darum doch nicht fein Thor sein. Bleibe hier und rühre Dich nicht; stelle Dich nur auf die Feldseite des Weges und erwarte mich.«

Bei diesen Worten sprang d’Artagnan auf die andere Seite des Grabens und eilte durch die Ebene, um das Dorf zu umgehen. Er hatte zwischen dem von Frau von Longueville bewohnten Hause und dem Jesuitenkloster einen leeren Raum bemerkt, der nur mittelst einer Hecke geschlossen war.«

Eine Stunde vorher hätte er vielleicht Mühe gehabt, diese Heile wieder aufzufinden, aber der Mond war so eben aufgegangen, und obgleich er von Zeit zu Zeit von den Wolken bedeckt wurde, so sah man doch sogar während dieser Verdunkelungen hell genug, um den Weg wieder zu finden.

D’Artagnan erreichte die Hecke und verbarg sich hinter derselben. Als er an dem Hause vorüberkam, wo die von uns erzählte Scene stattgefunden hatte, bemerkte er, daß dasselbe Fenster abermals erleuchtet war, und er überzeugte sich dadurch, daß Aramis noch nicht in seine Wohnung zurückgekehrt sein konnte, und daß er, wenn er zurückkehrte, nicht allein zurückkehren würde.

Nach ein paar Minuten hörte er wirklich Tritte, die sich näherten, und etwas wie ein Geräusch von Stimmen, welche halblaut mit einander sprachen.

Am Anfange der Hecke hielten die Tritte an.

D’Artagnan kniete mit einem Fuße nieder und suchte die dickste Stelle der Hecke, um sich dahinter zu verbergen.

In diesem Augenblick erschienen zwei Männer, zum großen Erstaunen von d’Artagnan; bald aber entschwand sein Erstaunen, denn er hörte eine weiche, harmonische Stimme vibriren; der eine von den zwei Männern war eine als Cavalier verkleidete Frau.

»Seid ruhig, mein lieber René,« sprach die weiche Stimme, »dieselbe Sache wird sich nicht wiederholen; ich habe eine Art von Gang entdeckt, der unter der Erde hinläuft, und wir dürfen nur eine von den Planen wegnehmen, welche vor der Thüre sind, um Euch einen Eingang und einen Ausgang zu öffnen.«

 

»Oh!« sprach eine andere Stimme, in welcher d’Artagnan die von Aramis erkannte; »ich schwöre Euch, Prinzessin, wenn Euer Ruf nicht von allen diesen Vorsichtsmaßregeln abhinge und ich nur mein Leben dabei wagte …«

»Ja, ich weiß, daß Ihr muthig und verwegen seid, wie irgend ein Weltmann; aber Ihr gehört nicht mir allein, Ihr gehört unserer Partei. Seid also klug, seid behutsam.«

»Ich gehorche immer, Madame,« sagte Aramis, »wenn man mir mit einer so süßen Stimme zu befehlen weiß.«

Und er küßte ihr zärtlich die Hand.

»Ah!« rief der Cavalier mit der weichen Stimme.

»Was gibt es?« fragte Aramis.

»Seht Ihr denn nicht, daß der Wind meinen Hut fortgenommen hat?«

Aramis stürzte dem flüchtigen Hute nach. D’Artagnan benützte diesen Umstand, um eine minder dichte Stelle der Hecke zu suchen, von wo sein Blick frei bis zu dem problematischen Cavalier dringen konnte. Vielleicht eben so neugierig wie der Offizier, trat der Mond gerade in diesem Momente hinter einer Wolke hervor, und bei seiner indiscreten Helle erkannte d’Artagnan die großen blauen Augen, die goldenen Haare und den edlen Kopf der Herzogin von Longueville.

Aramis kehrte lachend, einen Hut auf dem Kopfe und einen unter dem Arme, zurück und Beide setzten ihren Weg nach dem Jesuitenkloster fort.

»Gut!« sagte d’Artagnan sich erhebend und sein Knie abbürstend, »nun habe ich Dich, Du bist Frondeur und der Geliebte von Frau von Longueville.«

XII
Herr Porthos du Vallon de Bracieux de Pierrefonds

Durch die Erkundigungen, welche d’Artagnan bei Aramis einzog, hatte er, bereits damit vertraut, daß sich Porthos nach seinem Familiennamen nannte, auch erfahren, daß er sich nach seinem Gutsnamen de Bracieux hieß und wegen dieses Gutes einen Proceß mit dem Bischof von Nohon führte.

Er mußte also dieses Gut in der Gegend von Noyon, das heißt an der Grenze der Picardie aufsuchen.

Sein Reiseplan war bald festgestellt. Er gedachte sich nach Damartin zu begeben, wo zwei Straßen zusammenlaufen, von denen die eine nach Soissons, die andere nach Compiègne führt. Dort wollte er sich nach dem Gute seines Freundes erkundigen und je nachdem die Antwort ausfiel, gerade aus reiten oder den Weg links einschlagen.

Planchet, welcher in Beziehung auf seinen letzten Streich noch nicht ganz ruhig war, erklärte, er würde d’Artagnan bis an das Ende der Welt folgen, möchte s dieser gerade aus reiten oder den Weg links einschlagen. Er bat nur seinen ehemaligen Herrn, Abends abzureisen, insofern die Finsterniß mehr Sicherheit böte. d’Artagnan schlug ihm nun vor, seine Frau hiervon in Kenntniß zu setzen, um sie wenigstens über sein Schicksal zu beruhigen. Planchet aber antwortete mit viel Klugheit, er wäre überzeugt, seine Frau würde nicht vor Unruhe sterben, wenn sie nicht wüßte, wo er sich aufhielte, während er, bekannt mit der Zungenfessellosigkeit, von der sie zuweilen befallen würde, vor Unruhe sterben müßte, wenn sie es wüßte.

Diese Gründe erschienen d’Artagnan so gut, daß er nicht ferner daraus bestand, gegen acht Uhr Abends in dem Augenblick, wo der Nebel sich in den Straßen zu verdicken anfing, das Gasthaus zur Rehziege verließ und gefolgt von Planchet sich durch die Porte Saint-Denis aus der Hauptstadt entfernte.

Um Mitternacht befanden sich die zwei Reisenden in Damartin.

Es war zu spät, um Erkundigungen einzuziehen. Der Wirth zum Schwan vom Kreuze lag bereits im Bett. d’Artagnan verschob also die Sache auf den anderer Tag.

Am andern Tage ließ er den Wirth kommen. Es war einer von den listigen Normannen, welche weder Ja noch Nein sagen und sich immer zu compromittiren glauben, wenn sie unmittelbar auf die Frage antworten, die man an sie richtet. D’Artagnan glaubte jedoch zu verstehen, er müsse gerade aus reiten, und begab sich auf eine ziemlich zweideutige Auskunft wieder auf den Weg. Um neun Uhr Morgens war er in Nanteuil. Hier hielt er an, um zu frühstücken. Diesmal war der Wirth ein guter, offenherziger Picarde, der, in Planchet einen Landsmann erkennend, keine Schwierigkeit machte, ihm die gewünschte Auskunft zu ertheilen. Das Gut Bracieux lag einige Meilen6 von Villers-Cotterets entfernt.

D’Artagnan kannte Villers-Cotterets, wohin er zwei oder drei mal dem Hof gefolgt war; denn zu jener Zeit war Villers-Cotterets eine königliche Residenz. Er ritt also nach dieser Stadt zu und stieg in seinem gewöhnlichen Gasthause, das heißt im goldenen Delphin, ab.

Hier fielen die Mittheilungen befriedigender aus. Er erfuhr, daß das Gut Bracieux vier Meilen von dieser Stadt lag, daß er aber Porthos dort nicht suchen dürfte. Porthos lag wirklich im Streite mit dem Bischof wegen des Gutes Pierrefonds, welches an das seinige grenzte, und um alle diese Gerichtshändel zu endigen, von denen er nichts verstand, hatte er Pierrefonds gekauft und hier nach diesen neuen Namen seinen alten beigefügt. Er nannte sich nun du Vallon de Bracieux de Pierrefonds und wohnte auf seinem neuen Eigenthum. In Ermangelung einer andern Illustration trachtete Porthos offenbar nach der des Marquis Carabas.

Man mußte abermals bis zum andern Morgen warten. Die Pferde hatten zehn Meilen in einem Tage zurückgelegt und waren müde. Allerdings hätte man andere nehmen können, aber man mußte durch einen großen Wald reiten und Planchet liebte bekanntlich die Wälder bei Nacht nicht.

Es gab noch etwas Anderes, was Planchet nicht liebte: er ritt nicht gerne mit leerem Magen aus. Als d’Artagnan erwachte, fand er auch sein Frühstück völlig bereit. Ueber eine solche Aufmerksamkeit durfte man sich nicht beklagen. D’Artagnan setzte sich zu Tische. Es versteht sich von selbst, daß Planchet, indem er seine alten Funktionen wieder aufnahm, auch seine alte Demuth wieder annahm und sich nicht mehr schämte, die Ueberreste von d’Artagnan zu speisen, als Frau von Motteville und Frau von Fargis sich schämten, wenn sie die von Anna von Oesterreich verzehrten.

Man konnte also erst gegen neun Uhr abreisen. Eine Täuschung war nicht möglich; man hatte der Straße zu folgen, welche von Villers-Cotterets nach Compiègne führt, und beim Austritt aus dem Walde den Weg rechts einzuschlagen.«

Es war ein schöner Frühlingsmorgen. Die Vögel sangen in den großen Bäumen, breite Sonnenstrahlen schossen durch die Lichtungen und erschienen wie Vorhänge von Goldgaze. An andern Stellen drang das Licht kaum durch das dicke Gewölbe der Blätter und die Füße der alten Eichen, an denen bei dem Anblicke der Reisenden behende Eichhörnchen rasch hinausjagten, waren in Schatten getaucht. Aus dieser ganzen Morgennatur kam ein herzerquickender Wohlgeruch von Kräutern, Blumen und Blättern hervor. Der, üblen Ausdünstungen in Paris müde, sagte sich d’Artagnan: wenn man drei auf einander gespießte Güternamen führe, müsse man in einem solchen Paradiese sehr glücklich sein. Dann schüttelte er den Kopf und sprach: »Wenn ich Porthos wäre und d’Artagnan käme zu mir und machte mir einen Vorschlag, wie ich ihn Porthos machen will, so wüßte ich wohl, was ich d’Artagnan antworten würde.«

Planchet dachte nichts er verdaute.

Am Saume des Waldes gewahrte d’Artagnan den Weg, den man ihm bezeichnet hatte, und am Ende des Weges die Thürme eines ungeheuren feudalen Schlosses.

»Oh, oh!« murmelte er, »es scheint mir, dieses Schloß gehörte dem älteren Zweige von Orleans. Sollte Porthos mit dem Herzog von Longueville unterhandelt haben?«

»Meiner Treue, gnädiger Herr,« sagte Planchet, »das sind gut gebaute Grundstücke, und wenn sie Herrn Porthos gehören, so werde ich ihm mein Compliment machen.«

»Pest!« rief d’Artagnan, »nenne ihn nicht Porthos, auch nicht einmal du Vallon, sondern de Bracieux oder de Pierrefonds. Meine Botschaft ist sonst verfehlt.«

Je mehr sich d’Artagnan dem Schlosse näherte, das Anfangs seine Blicke aus sich gezogen hatte, desto klarer war es ihm, daß sein Freund hier nicht wohnen konntet obgleich fest und dem Scheine nach wie gestern gebaut, waren die Thürme offen und gleichsam ausgeweidet; man hätte glauben sollen ein Riese habe sie mit Hackenstreichen geschlitzt.

Am Ende des Weges angelangt, beherrschte d’Artagnan mit dem Blicke ein reizendes Thal, in dessen Hintergrund man an einem niedlichen kleinen See einige zerstreute Häuser ruhen sah, welche, niedrig und theils mit Ziegeln, theils mit Stroh bedeckt, als souveränen Gebieter ein hübsches, in der Zeit von Heinrich IV. erbautes, von Wetterfahnen überragtes Schloß anzuerkennen schienen. Diesmal zweifelte d’Artagnan nicht, daß er die Wohnung von Porthos erschaute.

Der Weg führte geradezu nach dein hübschen Schlosse, welches im Vergleiche mit seinem Ahnherrn, dem Schlosse auf dem Berge, das war, als was ein Modeherrchen aus der Coterie des Herrn Herzogs von Enghien, im Vergleiche mit einem eisengeharnischten Ritter aus der Zelt von Karl VII. erschien. D’Artagnan setzte sein Pferd in Trab und folgte dem Wege; Planchet regelte den Schritt seines Kleppers nach dem seines Herrn.

Nach zehn Minuten fand sich d’Artagnan am Ende einer regelmäßig gepflanzten Allee von schönen Pappelbäumen, die nach einem eisernen Gitter ausmündete, dessen Spieße und Querbänder vergoldet waren.

Mitten in dieser Alter hielt sich ein Herr, welcher grün und golden anzuschauen war, wie das Gitter. Er saß auf einem dicken Rosse. Zu seiner Rechten und zu seiner Linken waren zwei auf allen Nähten galonirte Bedienten. Eine große Anzahl von Schluckern, die sich um ihn versammelt hatten, machten ehrfurchtsvolle Verbeugungen vor ihm.

»Ah,« sagte d’Artagnan zu sich selbst, »sollte dies der edle Herr du Vallon de Bracieux de Pierrefonds sein? Ei, mein Gott, wie er zusammengeschrumpft ist, seit er sich nicht mehr Porthos nennt.«

»Vielleicht ist er es nicht,« sprach Planchet, das beantwortend, was d’Artagnan zu sich selbst gesagt hatte. »Herr Porthos war beinahe sechs Fuß hoch, und dieser hat kaum fünf.«

»Man macht indessen sehr tiefe Verbeugungen vor diesem Herrn,« versetzte d’Artagnan.

Nach diesen Worten ritt d’Artagnan auf den bedeutenden Mann und seine Bedienten zu. Je näher er kam, desto mehr schien es ihm, als erkenne er die Züge der Hauptperson.

»Jesus Christus, gnädiger Herr,« rief Planchet, der dieselbe ebenfalls zu erkennen glaubte.

Bei diesem Ausrufe wandte sich der Mann zu Pferde langsam und mit sehr vornehmer Miene um, und die zwei Reisenden konnten die großen funkelnden Augen, das pausbäckige Gesicht und das so beredte Lächeln von Mousqueton sehen.

In der es war Mousqueton, Mousqueton speckfett, strotzend von Gesundheit, welcher, d’Artagnan erkennend, ganz das Gegentheil von dem heuchlerischen Bazin, als er d’Artagnan erkannte, von seinem Pferde herabglitt und sich, den Hut in der Hand, dem Offiziere näherte, so daß die Ehrfurchtsbezeigungen der Versammelten sich der neuen Sonne zuwandten, welche die alte verdunkelte.

»Herr d’Artagnan, Herr d’Artagnan!« rief Mousqueton fortwährend mit seinen dicken Backen und vor Eifer von Schweiß triefend. »Ah, welche Freude für meinen gnädigen Herrn und Meister, Herrn du Vallon de Bracieux de Pierrefonds!«

»Der gute Mousqueton! Dein Herr ist also hier!«

»Ihr seid auf seinen Besitzungen.«

»Aber wie schön, wie fett, wie blühend Du aussiehst!« sprach d’Artagnan, unermüdlich die Veränderungen auseinandersetzend, welche die Glücksumstände bei dem ehemaligen Ausgehungerten hervorgebracht hatten.«

»Ah, ja, Gott sei Dank, gnädiger Herr, ich befinde mich ziemlich wohl,« sprach Mousqueton.

»Aber Du sagst gar nichts zu Deinem Freunde Planchet?«

»Zu meinem Freunde Planchet! Planchet, solltest Du es zufällig sein?« rief Mousqueton, die Arme geöffnet, die Augen mit Thränen gefüllt.

»Ich selbst,« erwiderte Planchet, stets behutsam »aber ich wollte sehen, ob Du nicht stolz geworden wärest.«

»Stolz geworden gegen einen alten Freund? Niemals, Planchet. Du hast Das nicht gedacht, oder Du kennst Mousqueton nicht«

»Dann ist es gut,« sagte Planchet, stieg vom Pferde und streckte ebenfalls die Arme nach Mousqueton aus. »Der ist nicht, wie der Schurke von einem Bazin, welcher mich zwei Stunden unter einem Schuppen ließ, ohne nur Miene zu machen, als kenne er mich.«

Planchet und Mousqueton umarmten sich mit einem Ergusse, welcher die Umstehenden sehr rührte, indem er ihnen zugleich den Glauben beibrachte, Planchet wäre ein verkleideter Vornehmer, so sehr schlugen sie zu ihrem höchsten Werthe die Stellung von Mousqueton an.

 

»Und nun, gnädiger Herr,« sagte Mousqueton, sich von der Umarmung von Planchet losmachend, der es vergebens versucht hatte, seine Hände hinter dem Rücken seines Freundes zusammen zu bringen, »und nun, gnädiger Herr, erlaubt mir, Euch zu verlassen, denn mein Gebieter soll die Kunde von Einer Ankunft von keinem Andern, als von mir erhalten. Er würde mir nie vergeben, wenn ich einen Andern zuvorkommen ließe.«

»Dieser liebe Freund,« sagte d’Artagnan, indem er es vermied, Porthos seinen alten oder seinen neuen Namen zu geben, »er hat mich also nicht vergessen?«

»Vergessen! er!« rief Mousqueton, »das heißt, es ist kein Tag vergangen, an welchem wir nicht zu hören erwarteten, Ihr wäret entweder an der Stelle von Herrn von Gassion oder an der von Herrn von Bassompierre zum Marschall ernannt worden.«

d’Artagnan ließ über seine Lippen jenes seltene, schwermüthige Lächeln schweben, welches in der tiefsten Tiefe seines Herzens die Enttäuschung seiner Jugendjahre überlebt hatte.

»Und Ihr, Bauern,« fuhr Mousqueton fort, »bleibt bei dem Herrn Grafen d’Artagnan, und erweist ihm jede Ehre, während ich den gnädigen Herrn auf seine Ankunft vorbereite.«

Und mit Hilfe zweier wohlthätigen Seelen wieder sein kräftiges Pferd besteigend, während Planchet, flinker beschaffen, allein das seinige bestieg, ließ Mousqueton auf dem Rasen einen kleinen Galopp anschlagen, welcher mehr zu Gunsten der Nieren, als der Beine des Vierfüßigen sprach.

»Ah, das kündigt sich gut an,« sagte d’Artagnan. »Hier finden sich keine Geheimnisse, keine Mäntel, keine Politik. Man lacht aus vollem Halse, man weint vor Freude; ich sehe nur ellenbreite Gesichter; die Natur selbst kommt mir festtäglich vor, es ist mir, als wären die Bäume, statt mit Blüten und Blättern, mit kleinen grünen und rosafarbenen Bändern bedeckt.«

»Und mir,« sagte Planchet, »mir kommt es vor, als röche ich von hier aus den köstlichsten Bratenduft, als erblickte ich Küchenjungen, welche sich in Reihe und Glied aufstellen, um uns vorüberziehen zu sehen. Ah! gnädiger Herr, welchen Koch muß Herr de Pierrefonds haben, der schon so gerne und viel aß, als man ihn nur Herr Porthos nannte.«

»Halt!« sagte d’Artagnan, »Du machst mir bange. Wenn die Wirklichkeit dem Anscheine entspricht, so bin ich verloren. Ein so glücklicher Mann von wird seine herrliche Lage nie verlassen, und ich scheitert bei ihm, wie ich bei Aramis gescheitert bin.«

6So lange wir in Frankreich sind, verstehen wir unter Meile immer eine Lieue, französische Meile, gleich einer starken Stunde. Der Uebers.
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