Бесплатно

Zwanzig Jahre nachher

Текст
0
Отзывы
iOSAndroidWindows Phone
Куда отправить ссылку на приложение?
Не закрывайте это окно, пока не введёте код в мобильном устройстве
ПовторитьСсылка отправлена

По требованию правообладателя эта книга недоступна для скачивания в виде файла.

Однако вы можете читать её в наших мобильных приложениях (даже без подключения к сети интернет) и онлайн на сайте ЛитРес.

Отметить прочитанной
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

Nach zehn Minuten war man in die Ruinen eines alten Schlosses gelangt. Diese Ruinen bekränzten den Gipfel eines Hügels, von dessen Höhe aus man die ganze Umgegend beherrschte. Auf kaum eine Viertelmeile erschaute man Lens hart bedrängt und vor Lens die ganze feindliche Armee. Mit einem Blicke umfaßte der Prinz die ganze Strecke, welche sich vor seinen Augen ausdehnte, von Lens bis Vismy. In einem Augenblick entrollte sich die Wahlstätte, welche am andern Tage Frankreich vor einer Invasion retten sollte, vor seinem Geiste. Er nahm ein Bleistift, riß ein Blatt aus seiner Schreibtasche und schrieb:

»Mein lieber Marschall!

»In einer Stunde wird Lens in der Gewalt des Feindes sein. Kommt zu mir, bringt das ganze Herr mit Euch. Ich werde in Vendrin sein, um es seine Stellung fassen zu lassen. Morgen haben wir Lens wieder eingenommen und den Feind geschlagen.«

Dann sich gegen Raoul umwendend, sagte er:

»Geht, Herr, jagt mit verhängten Zügeln und stellt diesen Brief Herrn von Grammont zu.«

Raoul verbeugte sich, nahm das Papier, stieg rasch den Berg hinab, schwang sich auf sein Pferd und ritt im Galopp davon.

Eine Viertelstunde nachher war er bei dem Marschall.

Bereits war eine Abtheilung von Truppen angelangt. Den Rest erwartete man jeden Augenblick. Der Marschall von Grammont stellte sich an die Spitze aller verfügbaren Infanterie und Cavalerie und ließ den Herzog von Chatillon zurück, um die übrigen Truppen zu erwarten und nachzuführen.

Die ganze Artillerie war zum Aufbruch bereit und setzte sich in Marsch.

Es war sieben Uhr Abends, als der Marschall am Sammelplatze anlangte. Der Prinz erwartete ihn daselbst; denn er hatte es gesagt, Lens war beinahe, unmittelbar nach dem Abgange von Raoul in die Gewalt des Feindes gefallen. Das Einstellen der Kanonade hatte überdies dieses Ereigniß verkündigt.

Man erwartete die Nacht. Mit dem Eintritt der Finsterniß langten nach und nach die von dem Prinzen herbeigerufenen Truppen an. Es wurde Befehl gegeben, daß keine derselben die Trommel rühren oder die Trompete blasen lassen sollte.

Um neun Uhr war es völlig Nacht geworden. Eine letzte Abenddämmerung erleuchtete indessen die Ebene. Man setzte sich schweigend in Marsch. Der Prinz befehligte die Colonne.

Jenseits Aunay angelangt, erblickte das Heer Lens. Einige Häuser standen in Flammen und ein dumpfes Geräusch, das den Todeskampf einer im Sturme genommenen Stadt andeutete, drang bis zu den Soldaten. Der Prinz bezeichnete Jedem seinen Posten. Der Marschall von Grammont sollte die äußerste Linie halten und sich an Mericourt anlehnen. Der Herzog, von Chatillon bildete das Centrum, der Prinz den rechten Flügel.

Die Schlachtordnung vom andern Tage sollte dieselbe sein, wie die der am Tage vorher eingenommenen Stellung. Jeder sollte sich auf dem Terrain befinden, woraus er zu manövriren hätte.

Die Bewegung wurde in der tiefsten Stille und mit der größten Pünktlichkeit ausgeführt. Um zehn Uhr nahm Jeder seine Stellung ein. Um halb elf Uhr durchlief der Prinz die Posten und gab die Parole für den andern Tag.

Drei Dinge waren vor Allem den Führern empfohlen, welche darüber wachen sollten, daß die Soldaten dieselben gewissenhaft beobachteten.

Erstens, daß die verschiedenen Corps sich bei dem Marsche wohl beobachteten, damit die Reiterei und die Infanterie auf derselben Linie wäre und daß jede die bestimmte Entfernung einhielte;

Zweitens, nur im Schritte anzugreifen;

Drittens, den Feind zuerst schießen zu lassen.

Der Prinz gab den Grafen von Guiche seinem Vater und behielt Bragelonne für sich; aber die zwei jungen Leute baten um Erlaubniß, die Nacht mit einander zubringen zu dürfen, was ihnen auch bewilligt wurde.

Es wurde für sie ein Zelt in der Nähe des für den Marschall bestimmten aufgeschlagen. Obgleich der Tag ermüdend gewesen war, so fühlte doch weder der Eine noch der andere ein Bedürfniß zu schlafen.

Ueberdies ist es eine wichtige, ernste Sache, selbst für die alten Soldaten, der Vorabend einer Schlacht, und noch viel wichtiger für zwei junge Leute, die dieses furchtbare Schauspiel zum ersten Male sehen sollten.

Am Vorabend einer Schlacht denkt man an tausend Dinge, die man bis dahin vergessen hatte, und die einem jetzt in den Kopf kommen; am Vorabend einer Schlacht werden die Gleichgültigen Freunde, die Freunde Brüder. Es versteht sich von selbst, daß, wenn man im Grunde seines Herzens ein zärtliches Gefühl hegt, dieses Gefühl ganz natürlich den höchsten Grad der Begeisterung erreicht, den es zu erreichen im Stande ist.

Es ist zu glauben, daß jeder von den zwei jungen Leuten von einem solchen Gefühle bewegt wurde; denn nach wenigen Augenblicken setzte sich jeder von ihnen an ein Ende des Zeltes und fing an auf dem Schooße zu schreiben.

Die Briefe wurden lang, die vier Seiten bedeckten sich nach und nach mit feinen und gedrängten Buchstaben. Von Zeit zu Zeit schauten sich die jungen Leute lächelnd an. Sie verstanden sich, ohne etwas zu sprechen. Diese zwei zartfühlendem sympathischen Naturen waren bestimmt, einander zu verstehen, ohne zu sprechen. Sobald die Briefe vollendet waren, legte jeder den seinigen in zwei Umschläge, wo keiner den Namen der Person lesen konnte, an welche er ihn gerichtet hatte, er müßte denn den ersten Umschlag zerreißen. Dann näherten sie sich einander und tauschten ihre Briefe lächelnd aus.

»Wenn mir Unglück widerfahren würde …« sagte Bragelonne.

»Wenn ich getödtet würde … « sprach von Guiche.

»Seid unbesorgt,« sagten alle Beide.

Hierauf umarmten sie sich, wie zwei Brüder, hüllten sich jeder in seinen Mantel ein und schliefen den jungen, lieblichen Schlaf, den die Vögel, die Blumen und die Kinder schlafen.

XVII
Ein Abendbrod von Ehemals

Die zweite Zusammenkunft der alten Musketiere war nicht prunkend und bedrohlich, wie die erste. Athos dachte mit seiner stets erhabenen Vernunft, die Tafel wäre der rascheste und vollständigste Vereinigungspunkt und in dem Augenblick, wo seine Freunde, seine Mäßigkeit befürchtend, nicht von einem von den guten Mahlen von Ehemals zu sprechen wagten, wie sie solche im Tannenapfel oder bei dem Parpaillot eingenommen hatten, schlug er zuerst vor, sich bei einer gut bestellten Tafel einzufinden und sich jeder seinem Charakter und seinen Manieren ohne Rückhalt hinzugeben, eine Hingebung, welche das gute Einverständniß unter ihnen erhalten und ihnen den Beinamen der Unzertrennlichen gebracht hatte.

Der Vorschlag war Allen angenehm, besonders d’Artagnan, welcher ein großes Verlangen hatte, den guten Geschmack und die Heiterkeit der Unterhaltungen seiner Jugend wieder zu finden, denn seit geraumer Zeit hatte sein feiner, für die Freude empfänglicher Geist nur ungenügende Befriedigung, ein gemeines Futter, wie er es selbst nannte, gefunden. Im Begriff, Baron zu werden, war Porthos entzückt, diese Gelegenheit zu finden, in Athos und Aramis den Ton und die Manieren der Leute von Stand zu studieren. Aramis wollte, Neuigkeiten aus dem Palais-Royal in Erfahrung bringen und sich für jeden Fall ergebene Freunde bewahren, welche einst mit so raschen und unüberwindlichen Schwertern seine Streitigkeiten unterstützt hatten.

Athos war der Einzige, der von den Andern nicht zu empfangen und nichts zu erwarten hatte, und nur von einem Gefühle einfacher Größe und reiner Freundschaft bewegt wurde.

Man kam dahin überein, daß Jeder ganz genau seine Adresse geben und daß bei dem Bedürfnisse von einem der Verbündeten die Versammlung bei einem berühmten Traiteur der Rue de la Monnaie mit dem Schilde zur Einsiedelei zusammenberufen werden sollte. Die erste Versammlung wurde auf den folgenden Mittwoch Abends acht Uhr anberaumt.

Die vier Freunde kamen wirklich an diesem Tage pünktlich zur bezeichneten Stunde und jeder von seiner Seite. Porthos hatte ein neues Pferd probiren müssen; d’Artagnan kam von der Wache im Louvre ab; Aramis hatte eine von seinen Reuerinnen in der Nähe besuchen müssen und Athos, der sein Quartier in der Rue Guenégaud genommen hatte, speiste gewöhnlich in diesem Hause. Sie waren also sehr erstaunt, sich vor der Thüre der Einsiedelei zusammenzufinden, Athos über den Pont-Neuf, Porthos durch die Rue du Roule, d’Artagnan durch die Rue de Fossés-Saint-Germain-l’Auxerrois, Aramis durch die Rue de Bethisy herbeikommend. Die ersten Worte, welche die vier Freunde austauschten, waren gerade durch den Eifer, welchen jeder in seine Kundgebungen legte, etwas gezwungen, und das Mahl begann mit einer gewissen Steifheit. Man sah, daß d’Artagnan sich anstrengte, um zu lachen, Athos, um zu trinken, Aramis, um zu erzählen, und Porthos um zu schweigen. Athos gewahrte diese Verlegenheit und bestellte, um ein rasches Gegenmittel anzuwenden, vier Flaschen Champagner.

Bei diesem mit der gewöhnlichen Ruhe von Athos gegebenen Befehl sah man das Antlitz des Gascogners sich entrunzeln und die Stirne von Porthos sich aufhellen.

Aramis war erstaunt; er wußte nicht nur, daß Athos nicht mehr trank, sondern auch, daß er einen gewissen Widerwillen gegen den Wein empfand. Dieses Erstaunen wuchs, als er Athos sich ein volles Glas einschenken und mit der Begeisterung von Ehemals trinken sah. D’Artagnan füllte und leerte sein Glas ebenfalls. Porthos und Aramis stießen mit den ihrigen an. In einem Augenblick waren die vier Flaschen leer. Man hätte glauben sollen, es drängte die Gäste, sich, von ihren Hintergedanken zu trennen.

In einem Augenblick hatte dieses vortreffliche specifische Mittel auch die kleinste Wolke zerstreut, welche im Grunde ihres Herzens zurückbleiben konnte. Sie fingen an, lauter zu sprechen, ohne daß Einer um anzufangen wartete,, bis der Andere vollendet hatte, und Jeder nahm seine Lieblingsstellung bei Tische ein. Bald knüpfte Aramis – eine unerlebte Erscheinung – zwei Nesteln von seinem Wammse auf; als Porthos dieß sah, öffnete er alle die seinigen.

 

Die Schlachten, die langen Ritte, die empfangenen und gegebenen Stiche und Stöße hatten die ersten Kosten der Unterhaltung zu tragen. Dann ging man zu den Kämpfen über, die man gegen denjenigen ausgehalten hatte, welchen man jetzt den großen Cardinal nannte.

»Meiner Treue!« sagte Aramis lachend, »die Todten sind nun sattsam gelobt, laßt uns die Lebenden ein wenig durch die Hechel ziehen. Ich möchte gerne, über Mazarin herfallen. Ist es erlaubt?«

»Immerhin;« erwiderte d’Artagnan, ebenfalls, lachend, »immerhin; erzählt Euere Geschichte und ich klatsche Euch Beifall, wenn sie gut ist.«

»Ein großer Fürst,« sprach Aramis, »mit dem Mazarin eine Verbindung zu schließen suchte, wurde von diesem aufgefordert, ihm das Verzeichniß der Bedingungen zu schicken, unter denen er ihm die Ehre erzeigen würde, sich mit ihm zu vertragen. Der Fürst, dem es einigermaßen widerstrebte, mit einem solchen Knauser zu unterhandeln, machte nur ungerne sein Verzeichniß und schickte es ihm. In diesem Verzeichniß standen drei Dinge, welche Mazarin mißfielen; er ließ dem Fürsten zehntausend Thaler anbieten, wenn er darauf Verzicht leisten wurde.«

»Ah! ah! ah!« riefen die drei Freunde, »das war nicht theuer, und er hatte nicht zu befürchten, beim Worte genommen zu werden. Was that der Fürst?«

Der Fürst schickte sogleich 50,000 Livres an Mazarin, ersuchte denselben, nie mehr an ihn zu schreiben, und bot ihm zugleich noch 20,000 Livres mehr, wenn er sich verbindlich machen würde, nie mehr mit ihm zu sprechen.«

»Was that Mazarin?«

»Er ärgerte sich,« sprach Athos.

»Er ließ den Boten prügeln,« sagte Porthos.

»Er nahm die Summe an,« versetzte d’Artagnan.

»Ihr habt es errathen, d’Artagnan,« erwiderte Aramis.

Und sie brachen insgesamt in ein so schallendes Gelächter aus, daß der Wirth herauskam und nachfragte, ob die Herren etwas nöthig hatten.

Er hatte geglaubt, man schlage sich.

Endlich wurde es wieder etwas ruhiger.

»Darf man auch Herrn von Beaufort etwas folgen?« sprach d’Artagnan, »ich habe große Lust dazu.«

»Thut es,« antwortete Aramis, der ganz genau diesen seinen und muthigen gascognischen Geist kannte, – welcher nie auch nur einen Schritt auf irgend einem Gebiete zurückwich.

»Und Ihr, Athos?« sagte d’Artagnan.

»Ich schwöre Euch, so wahr ich ein Edelmann bin, daß wir lachen, wenn Ihr komisch seid.«

»Ich fange an,« sprach d’Artagnan. »Als Herr von Beaufort eines Tages mit einem von seinen Freunden von dem Herrn Prinzen sprach, sagte er ihm, er habe sich bei den ersten Streitigkeiten zwischen Mazarin und dem Parlament mit Herrn von Chavigny im Widerspruch gefunden, und als er gesehen, daß er ein großer Anhänger des neuen Cardinals gewesen, denselben auf gehörige Weise gourmirt.

»Dieser Freund, welcher von Herrn von Beaufort wußte, daß er eine sehr leichte Hand hatte, war nicht wenig über diesen Umstand erstaunt und lief spornstreichs zu dem Herrn Prinzen. Die Sache wird ruchbar und Jedermann wendet Chavigny den Rücken zu. Dieser forscht nach einer Erklärung der allgemeinen Kälte. Man zögert, ihm den Grund mitzutheilen. Endlich wagt es Einer, ihm zu sagen, Jedermann sei sehr erstaunt darüber, daß er sich von Herrn von Beaufort, obgleich dieser ein Prinz, habe gourmiren lassen.

»»Und wer sagt, der Prinz habe mich gourmirt?«« fragte Chavigny.

»»Der Prinz selbst,«« antwortete der Freund.

Man geht an die Quelle zurück und findet die Person, zu welcher der Prinz dieses Wort gesprochen hatte; bei ihrer Ehre aufgefordert, die Wahrheit zu sagen, wiederholt und bestätigt sie das Gerücht.

»In Verzweiflung über eine solche Verleumdung, die er durchaus nicht begreift, erklärt Chavigny seinen Freunden, er werde eher sterben, als eine solche Beleidigung ertragen. In Folge hiervon schickt er zwei Zeugen zu dem Prinzen, mit dem Auftrage, ihn zu fragen, ob er sich wirklich geäußert, er habe Herrn von Chavigny gourmirt?«

»»Ich habe es gesagt und wiederhole es,«« antwortete der Prinz, »es ist die Wahrheit.«

»»Monseigneur,«« sprach hierauf einer von den Abgeordneten von Chavigny, »»erlaubt mir, Eurer Hoheit zu bemerken, daß Schläge, einem Edelmann ertheilt, ebenso denjenigen, welcher sie gibt, als den Empfänger entwürdigen. Der König Ludwig XIII. wollte keine adeligen Kammerdiener haben, um berechtigt zu sein, seine Kammerdiener zu schlagen.«

»»Ei, so sagt mir doch,«« sprach Herr von Beaufort erstaunt, »»wer hat Schläge bekommen und wer spricht vom Schlagen?««

»»Ihr, Monseigneur, der Ihr behauptet, geschlagen zu haben.««

»»Wen?««

»»Herrn von Chavigny.««

»»Ich?««

»»»Habt Ihr nicht, wenigstens wie Ihr sagt, Herrn von Chavigny gourmirt?««

»»Ja.««

»»Nun, er leugnet es.««

»»Ah!«« sprach der Prinz, »»ich habe ihn allerdings gourmirt und sage Euch hier meine eigenen Worte,«« fügte Herr von Beaufort mit der ganzen ihm eigenthümlichen Majestät bei:

»»Mein lieber Chavigny, Sie sind sehr tadelnswerth, daß Sie einen Burschen wie Mazarin unterstützen.««

»»Ah, Monseigneur,«« rief der Andere, »»ich begreife, gourmandirt wolltet Ihr sagen.««13

»»Gourmandiren, goumiren! was thut das?«« sprach der Prinz, »»ist es nicht dasselbe? In der That, Eure Wortmacher sind große Schulfüchse.««

Man lachte viel über diesen philologischen Irrthum von Herrn von Beaufort, dessen Verstöße in dieser Hinsicht sprichwörtlich zu werden anfingen, und es wurde beschlossen, daß insofern der Parteigeist für immer aus diesen freundschaftlichen Versammlungen verbannt bleiben müßte, d’Artagnan und Porthos die Prinzen verspotten könnten, unter der Bedingung, daß es Athos und Aramis gestattet sein sollte, Mazarin zu gourmiren.

»Meiner Treue,« sagte d’Artagnan zu seinen zwei Freunden, »Ihr habt Recht, diesem Mazarin zu grollen, denn ich schwört Euch, daß er Euch ebenfalls nicht wohl will.«

»Wirklich?« sagte Athos; »würde ich glauben, dieser Bursche kenne mich dem Namen nach, so ließe ich mich umtaufen, aus Furcht, man könnte annehmen, ich kenne auch ihn.«

»Er kennt Euch nicht bei Eurem Namen. sondern durch Eure Thaten. Er weiß, daß es zwei Edelleute gibt, welche ganz besonders zu der Flucht von Herrn von Beaufort beigetragen haben, und er läßt sie sehr tüchtig suchen, dafür stehe ich Euch.«

»Durch wen?«

»Durch mich.«

»Wie, durch Euch?«

»Ja, er hat mich noch an diesem Morgen holen lassen, um mich zu fragen, ob ich irgend eine Kunde hätte.

»Ueber diese zwei Edelleute?«

»Und was habt Ihr ihm geantwortet?«

»Ich hätte keine, aber ich würde mit zwei Personen zu Mittag speisen, die mir wohl Auskunft geben könnten.«

»Dies habt Ihr ihm gesagt?« sprach Porthos, und eine unbeschreibliche Heiterkeit verbreitete sich über seinem Antlitz. »Bravo, und das macht Euch nicht bange, Athos?«

»Nein,« sagte Athos, »es ist nicht eine Nachforschung von Mazarin, was ich befürchte.«

»Ihr?« versetzte Aramis. »Sagt mir doch ein wenig, was Ihr fürchtet!«

»Nichts, in diesem Augenblick wenigstens, das ist wahr.«

»Und in der Vergangenheit?« sagte Porthos.

»Ah, in der Vergangenheit, das ist etwas Anderes,« sprach Athos mit einem Seufzer; »in der Vergangenheit und in der Zukunft.«

»Fürchtet Ihr etwa für Euern jungen Raoul?« fragte Aramis.

»Bah!« rief d’Artagnan, »man wird nie im ersten Gefecht getödtet.«

»Und auch nicht in dem zweiten,« versetzte Aramis.

»Und eben so wenig in dem dritten,« sprach Porthos. »Ueberdies kommt man zurück, wenn man todt ist, der Beweis davon sind wir.«

»Nein,« entgegnete Athos, »es ist auch nicht Raoul, was mich beunruhigt, denn er wird sich hoffentlich wie ein Edelmann betragen, und stirbt er, so wird es der Tod des Tapfern sein. Doch hört, wenn ihm dieses Unglück begegnete …« Athos fuhr mit der Hand über seine bleiche Stirne.

»Nun?« fragte Aramis.

»Wohl, ich würde dieses Unglück als eine Sühnung betrachten.«

»Ah, ah!« rief d’Artagnan, »ich weiß, was Ihr sagen wollt.«

»Und ich auch,« sprach Aramis, »aber man muß nicht daran denken, Athos. Was geschehen ist, ist geschehen.«

»Ich verstehe Euch nicht,« sagte Porthos.

»Die Geschichte von Armentières!« flüsterte d’Artagnan.

»Die Geschichte von Armentières!« sagte Portos.

»Mylady …«

»Ah ja, das hatte ich vergessen.«

Athos schaute ihn mit seinem tiefen Auge an und sprach:

»Ihr habt es vergessen, Porthos?«

»Meiner Treue, ja, es ist schon lange her.«

»Die Sache lastet also nicht auf Eurem Gewissen.«

»Meiner Treue, nein,« antwortete Porthos.

»Und bei Euch, Aramis?«

»Ich denke zuweilen daran, wie an einen von den Gewissensfällen, welche sich ganz besonders zur Discussion eignen.«

»Und Ihr, d’Artagnan?«

»Ich gestehe, wenn mein Geist bei dieser furchtbaren Epoche stille steht, so habe ich nur Erinnerungen für den eisigen Körper der armen Madame Bonacieux. Ja, ja,« murmelte er, »ich habe oft ein Bedauern wegen des Opfers, nie Gewissensbisse für die »Mörderin gehabt.«

Athos schüttelte zweifelhaft den Kopf.

»Bedenkt,« sagte Aramis, »daß diese Frau, wenn Ihr die göttliche Gerechtigkeit und ihre Theilnahme, an den Dingen dieser Welt zugebt, nach dem Willen Gottes bestraft worden ist.«

»Aber der freie Wille des Menschen, Aramis?«

»Was thut der Richter? Er hat auch seinen freien Willen und verurtheilt ohne Furcht. Was thut der Henker? Er ist Herr seiner Arme und schlägt dennoch ohne Gewissensbisse.«

»Der Henker,« murmelte Athos, und man sah, daß ihn eine Erinnerung fesselte.«

»Ich weiß, daß es furchtbar ist,« sagte d’Artagnan, »aber wenn ich bedenke, daß wir Engländer, Rocheller, Spanier, sogar Franzosen tödteten, die uns nichts Schlimmeres zufügten, als daß sie auf uns anschlagen und uns fehlten, daß sie kein anderes Unrecht gegen uns hatten, als daß sie den Degen mit uns kreuzten und nicht schnell zur Parade kamen, so entschuldigen wir uns über den Tod dieser Frau bei meiner Ehre.«

»Nun,« sagte Porthos. »da Ihr die Erinnerung in mir hervorgerufen habt, Athos, so sehe ich die Scene vor mir, als ob ich noch dabei stünde. Mylady war dort, wo Ihr seid (Athos erbleichte), ich war an dem Platze, wo sich d’Artagnan befindet; ich hatte an meiner Seite ein Schwert, welches schnitt wie ein Damascener. Ihr erinnert Euch, Aramis, denn Ihr nanntet es meinen Balizardo? Nun wohl, ich schwöre Euch allen Dreien, wenn der Henker von Bethune nicht dagewesen wäre … nicht wahr, von Bethune, so würde ich dieser Verbrecherin, ohne mich zu besinnen oder sogar auch mit Vorbedacht, den Kopf abgeschlagen haben.«

»Und dann,« »sagte Aramis mit dem Tone sorgloser Philosophie, den er angenommen hatte, seitdem er der Kirche angehörte, und worin viel mehr Atheismus als Vertrauen zu Gott lag, wozu soll es nützen, an Alles das zu denken? Was geschehen ist, ist geschehen. Wir beichten diese Handlung in der letzten Stunde, und Gott wird besser wissen, als wir, ob es ein Verbrechen, ein Fehler oder eine verdienstliche Handlung war. Es bereuen, sagt Ihr? Meiner Treue, nein! Auf Ehre und auf das Kreuz, ich bereue es nur, weil es eine Frau war.«

»Das Beruhigendste bei Allem dem ist, daß von diesem Vorfall keine Spur mehr übrig bleibt,« sprach d’Artagnan.

»Sie hatte einen Sohn,« sagte Athos.

»Ah! ja, ich weiß es,« versetzte d’Artagnan, »Ihr habt mir davon gesprochen. Aber wer weiß, was aus, ihm geworden ist. Todt die Schlange, todt die Brut! Glaubt Ihr, von Winter, sein Oheim, werde diese junge Schlange aufgezogen haben? Lord Winter hat sicherlich den Sohn verdammt, wie er die Mutter verdammte.«

»Dann wehe Lord Winter, denn das Kind hatte ihm nichts gethan.«

»Das Kind ist todt oder der Teufel soll mich holen,« rief Porthos. »Es gibt so viel Nebel in diesem abscheulichen Lande, wie d’Artagnan versichert … «

In dem Augenblicke, wo dieser Schluß von Porthos auf die mehr oder minder verdüsterten Stirnen vielleicht die Heiterkeit zurückgeführt hätte, vernahm man das Geräusch von Tritten auf der Treppe, und es wurde an die Thüre geklopft.

 

»Herein!« sagte Athos.

»Meine Herren,« sprach der Wirth, »es ist ein Mann da, welcher große Eile hat und einen von Euch! zu sprechen wünscht.«

»Welchen?« fragten die vier Freunde.

»Denjenigen, welcher sich Graf de la Fère nennt.«

»Das bin ich,« sagte Athos.

»Und wie heißt der Bursche?«

»Grimaud.«

»Ah,« murmelte Athos erbleichend, »was ist Bragelonne begegnet.«

»Laßt ihn eintreten,« sprach d’Artagnan.

Aber Grimaud war bereits die Treppe herauf gelaufen und wartete auf der Schwelle. Bald stürzte er in das Zimmer und schickte sogleich den Wirth mit einer Geberde weg. Der Wirth verschloß die Thüre wieder. Die vier Freunde harrten in gespannter Erwartung – die Aufregung von Grimaud, seine Blässe, der Schweiß, der über sein Gesicht lief, der Staub mit dem feine Kleider überzogen waren. Alles kündigte an, daß er sich zum Boten einer wichtigen, furchtbaren Nachricht gemacht hatte.

»Meine Herren,« sagte er, »diese Frau hatte ein Kind, das Kind ist ein Mann geworden. Die Tigerin hatte ein Junges, der Tiger ist aufgeschossen. Er kommt, seid aus Eurer Hut.«

Athos schaute seine Freunde mit einem schwermüthigen Lächeln an; Porthos suchte sein Schwert, das an der Wand hing; Aramis ergriff sein Messer; d’Artagnan stand auf.

»Was willst Du damit sagen, Grimaud?« fragte der letztere.

»Daß der Sohn von Mylady England verlassen hat, daß er sich in Frankreich befindet, daß er nach Paris kommt, wenn er nicht schon hier ist.«

Diese Erklärung wurde mit einem langen Stillschweigen aufgenommen. Grimaud war so keuchend, so ermattet, daß er auf einen Stuhl sank.

Athos füllte ein Glas mit Champagner und brachte es ihm.

»Nun, im Ganzen, sagte d’Artagnan, »wenn er lebte, wenn er nach Paris käme wir haben wohl schon Andere gesehen. Er mag kommen!«

»Ja,« versetzte Porthos, mit seinem an der Wand ausgehängten Degen liebäugelnd, »er mag kommen!«

»Ueberdies ist es nur ein Kind,« sprach Aramis.

Grimaud stand auf.

»Ein Kind!« rief er. »Wißt Ihr, was dieses Kind gethan hat? Als Mönch verkleidet, hat es die ganze Geschichte, den Henker von Bethune Beichte hörend, entdeckt, und nachdem es die Beichte gehört und Alles von ihm erfahren hatte, hat es ihm zur Absolution diesen Dolch in das Herz gestoßen. Seht, er ist noch roth und feucht; denn es sind nicht mehr als dreißig Stunden, daß man ihm demselben aus der Wunde gezogen hat.«

Und Grimaud warf den von dem Mönche in der Wunde des Henkers zurückgelassenen Dolch auf den Tisch.

D’Artagnan, Porthos und Aramis erhoben sich und liefen mit einer gleichzeitigen Bewegung nach ihren Degen.

Athos allein blieb ruhig und träumerisch auf seinem Stuhle.

»Und Du sagst, er sei als Mönch gekleidet, Grimaud?«

»Ja, als Augustinermönch.«

»Was für ein Mensch ist es?«

»Von meinem Wuchse, wie mir der Wirth mit getheilt hat, mager, bleich, mit hellblauen Augen und blonden Haaren.«

»Und … er hat Raoul nicht gesehen?«

»Im Gegentheil, sie haben sich begegnet und der Vicomte selbst führte ihn an das Bett des Sterbenden.«

Athos stand auf, ohne ein Wort zu sprechen, und nahm ebenfalls seinen Degen von der Wand.

»Ah, meine Herren!« rief d’Artagnan und versuchte es zu lachen, »wißt Ihr, daß wir aussehen, wie alberne Weibsbilder, wir vier Männer, die wir, , ohne eine Miene zu verziehen, Heeren Stand gehalten haben, wir zittern vor einem Kinde!«

»Ja,« sprach Athos, »aber dieses Kind kommt im Namen Gottes.«

Und sie verließen schleunigst die Gastwirthschaft.

13Wir mußten darauf Verzicht leisten, für diese Anekdote ein deutsches Wortspiel aufzufinden, und konnten nur die französischen Ausdrücke mit der üblichen Abänderung der Endsylben gebrauchen. Der Prinz von Beaufort ist historisch bekannt durch beständige Verwechslung ähnlich lautender Wörter. Er gebraucht hier den Ausdruck goumer: mit Fäusten schlagen, für das Wort gourmander: ausschelten.
Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»