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La San Felice

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Sechstes Capitel.
Das Diplom des Cardinals Ruffo

»Cardinal Ruffo!

»Die Nothwendigkeit, so schnell als möglich und durch die wirksamsten Mittel zur Rettung der Provinzen des Königreiches Neapel zu gelangen und sie vor den zahl- reichen Intriguen zu bewahren, welche die Feinde der Religion, der Krone und der öffentlichen Ordnung schmieden, um sie zur Rebellion zu verleiten, bestimmen mich, dem Talent dem Eifer und der Anhänglichkeit Ew. Eminenz die ernste und wichtige Mission der Vertheidigung dieses Theiles des Königreiches anzuvertrauen, welcher bis jetzt noch rein ist von den Unordnungen aller Art und von dem Verderben, welches dem Königreich in dieser furchtbaren Krisis droht.

»Demzufolge beauftrage ich Ew. Eminenz, sich nach Calabrien zu begeben, weil diese Provinz unseres Königreiches die ist, welcher wir mit besonderer Vorliebe zugethan sind und in welcher es am leichtesten ist, die Vertheidigung zu organisieren und die Operationen zu combinieren, mit deren Hilfe man den Fortschritt des gemeinschaftlichen Feindes aufhalten und beide Küsten gegen jeden feindseligen oder Verführungsversuch schützen kann, welcher von den Uebelgesinnten der Hauptstadt oder von dem übrigen Italien unternommen werden könnte.

»Die beiden Calabrien, die Basilicata und die Provinzen Lecce, Barri und Salerno werden der Gegenstand meiner eifrigsten und energischsten Fürsorge sein. Alle Rettungsmittel, welche Ew. Eminenz im Namen der Anhänglichkeit an die Religion und des Wunsches, das Eigenthum, das Leben und die Ehre der Familie zu retten, vorschlagen, die Belohnungen, welche Denen zu gewähren sein werden, welche sich bei dem von Ihnen zu unternehmenden Restaurationswerke auszeichnen, sollen von mir ohne Widerspruch und ohne Beschränkung eben so genehmigt werden wie die strengsten Züchtigungen, welche Sie über die Rebellen verhängen zu müssen glauben. Mit einem Worte, es soll Euer Eminenz freistehen, von jedem Hilfsmittel Gebrauch zu machen, wovon Sie glauben, daß es im Stande sei, die Einwohner zu einer gerechten Vertheidigung zu ermuthigen.

»Ganz besonders aber erscheint uns das Feuer eines richtig geleiteten Enthusiasmus am geeignetsten zur Bekämpfung und zum Sturz der neuen Principien.

»Diese königsmörderischen und die Auflösung aller gesellschaftlichen Ordnung herbeiführenden Principien sind mächtiger, als Sie vielleicht glauben, denn sie schmeicheln dem Ehrgeiz der Einen und der Habgier der Andern, zugleich aber auch der Eitelkeit und Eigenliebe Aller, indem sie in den gemeinten Herzen jene trügerischen Hoffnungen erwecken, welche die Verbreiter moderner Meinungen und revolutionärer Umtriebe ausstreuen – Meinungen und Umtriebe, welche überall, wo sie zur Geltung gekommen, das Verderben des Staates herbeigeführt haben, wie man, wenn man die Augen nur auf Frankreich und Italien wirft, deutlich sehen kann.

»Zu diesem Zwecke und um all unserem Elend durch rasche Maßregeln zur Wiedereroberung unserer vom Feinde besetzten Provinzen, sowie jener irregeleiteten Hauptstadt, welche mit dem Beispiel der Unordnung vorangeht, ein Ende zu machen, autorisiere ich Ew. Eminenz, das Amt eines Generalcommissärs in der ersten Provinz auszuüben, wo sich das Bedürfniß einer solchen Mission herausstellt; eben sowie das eines Generalvicars des Königreiches, sobald Sie sich im Besitz des ganzen oder eines Theiles dieses Königreiches an der Spitze der activen Streitkraft sehen werden, mit dem Recht, in unserem Namen jede Proclamation zu erlassen, welche Sie für die Sache nützlich und förderlich halten werden.

»Uebrigens ertheile ich Ew. Eminenz als meinem Alterego das Recht, jedes Präsidium zu ändern, jeden Administrator, jeden Gerichtspräsidenten, jeden Ober- oder Unterbeamten der politischen oder bürgerlichen Verwaltung abzusetzen, ebenso wie jeden militärischen Staatsdiener zu suspendieren, zu cassiren oder festzunehmen, wenn Sie Gründe zur Anwendung dieser Strenge zu haben glauben, dagegen interimistisch Diejenigen anzustellen, zu welchen Sie Vertrauen haben und welchen Sie die erledigten Posten übertragen wollen, bis ich auf die an mich gestellten Gesuche die Ernennung approbiert haben werde.

»Alles dies soll geschehen, damit Alle, die von meiner Regierung abhängen, in Ew. Eminenz mein erstes Werkzeug erkennen und ohne Zögern oder Widerspruch handeln, ganz so wie es in den kritischen und schwierigen Augenblicken, in welchen wir uns jetzt befinden, nöthig und unerläßlich ist.

»Dieses Amt eines Generalcommiffärs und Vicars des Königreichs wird durch Ew. Eminenz ganz nach eigenem Gutdünken ausgeübt werden, denn ich will, daß Sie meiner souveränen Autorität Achtung und Geltung verschaffen und mein Königreich vor weiteren Beeinträchtigungen bewahren, da die, welche es bis jetzt erlitten, schon unheilvoll genug sind.

»Ew. Eminenz wird daher mit der größten Strenge und der unerbittlichsten Gerechtigkeit zu Werke gehen, sei es nun, um sich, je nachdem die Nothwendigkeit des Augenblickes es verlangt, Gehorsam zu verschaffen, sei es um gute Beispiele zu geben und die bösen verschwinden zu machen, sei es endlich, um die Wurzeln jener unheilvollen Pflanze der Freiheit, welche so leicht und schnell an den Orten emporgewuchert ist, wo meine Autorität verkannt wird, auszurotten, damit das schon angerichtete Unheil wiedergut gemacht werde und wir nicht noch größerem, neuem Unglück entgegengehen.

»Alle Cassen des Königreiches, unter welche Benennung dieselben auch gehören mögen, werden von Ew. Eminenz abhängen und Ihren Befehlen gehorchen. Sie werden darüber wachen, daß keine Geldsumme an die Hauptstadt abgesandt werde, so lange dieselbe sich in dem Zustand von Anarchie wie jetzt befindet. Das Geld der genannten Cassen wird vielmehr durch Ew. Eminenz zum Besten und Bedürfniß der Provinzen, zur nothwendigen Bezahlung der Beamten, zur Anschaffung von Vertheidigungsmitteln und zur Besoldung unserer Vertheidiger verwendet werden.

»Ew. Eminenz werden mir einen regelmäßigen Status über das, was Sie ausgeführt und noch auszuführen gedenken, ausarbeiten, damit ich Ihnen in Bezug auf das Geschehene oder noch zu Geschehende meine Resolutionen kundgeben und meine Befehle übermitteln kann.

»Ew. Eminenz werden zwei oder drei erprobte und Ihres Vertrauenswürdige Assessoren aus der Zahl der Beamten wählen, damit dieselben ihr Urtheil in wichtigeren Fällen abgeben, in Bezug, worauf die Appellation in gewöhnlichen Zeiten bei dem Tribunal der Hauptstadt erhoben wird. Diese Assessoren werden die Tribunale von Neapel ersetzen, damit die Entscheidungen nicht in die Länge gezogen werden.

»Zur Besetzung dieser Aemter werden Ew. Eminenz sich der Provinzial- Magistratspersonen bedienen und dieselben ermächtigen, gleichzeitig über jede andere Sache zu entscheiden, welche es Ihnen gefallen wird, denselben zu unterbreiten, ebenso wie über die Appellationen, welche an sie gestellt werden.

»Durch die verschiedenen Papiere, welche ich Ew. Eminenz zustelle, werden Sie sich überzeugen, daß ich in der Voraussetzung, die zahlreiche Armee, welche ich in meinem Königreiche unterhielt, eine Armee, die mir so schlecht gedient, sei noch nicht ganz versprengt, Befehl gegeben hatte, daß die Ueberreste derselben sich nach Palermo und nach Calabrien zu dem Zwecke begeben sollten, um diese Provinzen zu vertheidigen und die Verbindung derselben mit Sicilien aufrecht zu erhalten. Unter den jetzt obwaltenden Umständen werden die Commandanten, die sich unterwegs Ew. Eminenz mit ihren Truppenhaufen vorstellen, ganz in Uebereinstimmung mit Ew. Eminenz verfahren, welche Stellung ihnen auch durch meine früheren Ordres angewiesen worden sein möge. Was den General de la Salandra und jeden anderen General betrifft, der sich mit diesen selben Truppen an Ew. Eminenz anschließen sollte, so wird er den ihm zuletzt ertheilten Vorschriften gehorchen. Ew. Eminenz wird sie diesen Generalen bekanntgeben, und ich werde, sobald ich davon unterrichtet bin, die weiteren Verfügungen treffen, welche Ew. Eminenz bei mir beantragen wird.

»In Bezug auf die Militärmacht – und wir müssen vernünftigerweise voraussetzen, daß es keine reguläre Militärmacht mehr gibt – wird Ew. Eminenz Sorge tragen, dieselbe mit Aufbietung aller nur möglichen Mittel wieder zu schaffen oder zu organisieren. Da sie diesmal auf dem Boden des Vaterlandes kämpfen wird, so wird man, obschon sie nur aus flüchtigen Soldaten und Deserteuren zusammengesetzt sein kann, bemüht sein, ihr den Muth einzuflößen, den meine braven Calabresen in den Kämpfen gezeigt, welche sie gegen den Feind bestanden. Ebenso wird es mit den Corps sein, welche sich aus den Bewohnern der Provinzen bilden werden, die sich durch ihren Patriotismus und ihre Liebe zur Religion getrieben fühlen, die Waffen zu ergreifen und meine Sache zu vertheidigen.

»Um zu diesem Ziel zu gelangen, schreibe ich Ew. Eminenz kein besonderes Verfahren vor. Ich überlasse im Gegentheile alles Ihrem Eifer sowohl in Bezug auf die Methode der Organisation als in Bezug auf die Vertheilung der Belohnungen aller Art, welche Sie gewähren zu müssen glauben werden. Wenn diese Belohnungen in Geld bestehen, so können Sie dieselben selbst verheilen. Bestehen sie in Ehrenstellen und Aemtern, so können Sie diese Ehren und Aemter einstweilen verleihen und an mir wird es dann sein, sie zu genehmigen, da jede höhere Gunst von meiner Ratification abhängig bleiben muß.

»Wenn die regulären Truppen, die ich erwarte, angelangt sein werden, kann man einen Theil derselben nach Calabrien ebenso wie nach jedem andern Theil des Festlandes schicken. Dasselbe ist mit den Geschützen und der Munition der Fall, welche zwischen Sicilien und Calabrien getheilt werden kann.

»Ew. Eminenz wird die Militär- und Civilbeamten wählen, mit welchen Sie sich umgeben zu müssen glauben. Sie werden denselben provisorische Bedingungen stellen und jedem den Posten anweisen, welcher ihm nach Ihrem Dafürhalten am besten zusagt.

 

»Was Ihre Ausgaben betrifft, Eminenz, so soll Ihnen die Summe von fünfzehnhundert Ducaten oder sechstausend Francs monatlich, eine Summe, welche wir für Ihre Bedürfnisse als unumgänglich nothwendig betrachten, bewilligt werden. Ueberdies bewillige ich Ihnen jede weitere, wenn auch noch viel beträchtlichere Summe, welche Sie für die Ausführung Ihres Auftrages nothwendig erachten, besonders bei Ihren Reisen von einem Ort zum andern, ohne daß diese vermehrten Ausgaben in irgend einer Weise auf meinen Völkern lasten dürfen.

»Außerdem gestatte ich Ihnen die Verfügung über die Gelder, welche Sie in den öffentlichen Cassen vorfinden und welche durch Ihre Vermittlung noch ferner eingehen werden. Sie werden einen Theil davon verwenden, um sich die für Ihre Sicherheit nothwendigen neuen Nachrichten zu verschaffen, sei es nun, daß diese Nachrichten aus der Hauptstadt kommen, sei es, daß die Bewegungen des Feindes außerhalb derselben betreffen.

»Da die Hauptstadt in Anbetracht der zahlreichen Parteien, deren Opfer das Volk ist, sich in diesem Augenblick in großer Unordnung befindet, so werden Sie durch geschickte und in dieser Kunst erfahrene Leute Alles, was dort vorgeht, überwachen und sich unverweilt davon in Kenntniß setzen lassen. Sie werden zu diesem Zwecke kein Geld sparen, sobald Sie glauben, daß die Verschwendung ihre Früchte trage.

»In anderen Fällen, wo dergleichen Ausgaben Ihnen nothwendig erscheinen, kann Ew. Eminenz solchen Personen, welche dem Staate, der Religion und der Krone ersprießliche Dienste leisten können, Geldbelohnungen versprechen, oder auch sofort baar gewähren.

»Ich verbreite mich nicht über die Vertheidigungsmaßregeln, welche ich von Ihnen erwarte, und noch weniger über die Art und Weise, auf welche Sie die Emeuten, die inneren Unruhen, die Zusammenrottungen, die Verführungen und die Umtriebe der jakobinischen Emissäre zu unterdrücken haben. Ich überlasse deshalb Ew. Eminenz die Sorge, die geeigneten Bestimmungen zu treffen, damit alle diese Verbrechen zur gerechten Strafe gezogen werden. Die Präfecten, ganz besonders der von Lecce, diejenigen meiner Vasallen, welche noch ein loyales Herz besitzen, die Bischöfe, die Pfarrer und alle redlichen Seelsorger werden Sie von allen Bedürfnissen, eben so wie von den Hilfsmitteln der einzelnen Ortschaften in Kenntniß setzen und hierzu durch die Energie und Nothwendigkeit angefeuert werden, welche unter den Umständen, in denen wir uns gegenwärtig befinden, geboten sind. Von dem Kaiser von Oesterreich erwarte ich Hilfsleistungen aller Art; der Sultan verspricht mir deren gleicherweise; Rußland nimmt mir gegenüber dieselben Verpflichtungen auf sich, und schon sind die an unsere Küsten gerückten Geschwader dieser letztern Macht bereit, uns Beistand zu leisten.

»Ich setze Ew. Eminenz hiervon in Kenntniß, damit Sie bei Gelegenheit sich auf diese fremde Hilfe stützen und im Nothfalle sogar einen Theil dieser Truppen in der Provinz landen lassen können, ebenso wie ich Sie autorisiere, von diesen Geschwadern alle Hilfsleistungen zu verlangen, welche die Art und Weise der Operationen als für die Vertheidigung nützlich erscheinen läßt.

»Heute füge ich noch hinzu, daß Sie bei meinen Bundesgenossen Zuflucht und Schutz finden werden, doch werde ich Ihnen binnen Kurzem noch weitere Instructionen zugehen lassen, welche Ihnen für die Zukunft eine kräftigere Mitwirkung sichern werden. Derselbe Fall ist es mit dem englischen Geschwader, für welches ich Ihnen meine Instructionen zufertigen werde und welches, an den Küsten Siciliens und Calabriens kreuzend, die Sicherheit derselben überwachen wird.

»Ew. Eminenz werden einen sicheren Weg ausfindig machen, um mir zweimal wöchentlich Nachrichten in Bezug auf die wichtigsten Angelegenheiten Ihrer Mission zugehen zu lassen. Ich erachte es für die Vertheidigung des Königreiches unbedingt nothwendig, daß unsere Couriere rasch und in geeigneten Fristen aufeinanderfolgen.

»Schließlich vertraue ich mich Ihrer Einsicht und Ihrer Anhänglichkeit an und bin überzeugt, daß Sie dem hohen Vertrauen, welches ich in Ihren Patriotismus und in Ihre Treue gegen meine Person setze, entsprechen werden.

»Palermo, am 25. Januar 1799.

»Ferdinand B.«

Siebentes Capitel.
Der erste Schritt gegen Neapel

Alles war, wie man sieht, nicht blos mit der Klugheit des Kriegers, sondern auch mit der mißtrauischen Vorsicht des Mannes der Kirche ins Auge gefaßt.

Ferdinand fühlte nur Bewunderung und Entzücken, Generale, Officiere, Soldaten, Minister hatten ihn verrathen. Diejenigen, deren Beruf es war, den Degen am der Seite zu tragen, hatten denselben entweder nicht gezogen, oder dem Feinde ausgeantwortet; diejenigen, deren Berufes war, Neuigkeiten zu erfahren und dieselben zu benutzen, hatten entweder keine zu erfahren gesucht, oder sie nicht benutzt. Die Räthe, deren Berufes war, Rathschläge zu geben, hatten keine ertheilt.

Der König hatte mit einem Worte bei Allen, wo er berechtigt war, Muth, Treue, Intelligenz und Hingebung zu fordern, von allen diesen Eigenschaften keine gefunden.

Und nun fand er dies Alles auf einmal nicht in Einem von Denen, welche er mit Gunstbezeigungen überhäuft, sondern in dem Manne der Kirche, welcher sich recht wohl in die Schranken der Pflichten eines solchen einschließen, oder mit andern Worten sich darauf beschränken gekonnt hätte, sein Brevier zu lesen und seinen Segen zu ertheilen.

Dieser Mann der Kirche hatte Alles vorgesehen. Wie ein Mann der Politik hatte er die Revolte organisiert. Wie ein Polizeiminister hatte er sich von Allem zu unterrichten gewußt. Wie ein General hatte er den Krieg vorbereitet, und in demselben Augenblick, wo Mack seinen Degen zu Championnets Füßen niederfallen ließ, zog er das Schwert des heiligen Krieges und erbot sich, ohne Munition zur Eroberung von Neapel zu schreiten, auf die Fahne Constantins zu zeigen und auszurufen: »In hoc signo vinces!«

Seltsames Land, sonderbares Volk, wo Straßenräuber das Königreich vertheidigen und wo, nachdem es verloren worden, ein Priester sich erhob, um es wieder zu erobern.

Diesmal wußte Ferdinand zufällig ein Geheimniß zu bewahren und sein Versprechen zu halten. Er gab dem Cardinal die versprochenen zweitausend Ducaten, welche mit den eintausend, die er selbst besaß, zusammen eine Summe von zwölftausendfünfhundert Francs repräsentierten.

Noch an demselben Tag, wo die Instructionen des Cardinals unterzeichnet worden, das heißt am 27. Januar, die Urkunde ward – wir wissen nicht aus welchem Grunde um zwei Tage zurückdatiert – nahm der Cardinal Abschied von dem König unter dem Vorwand, eine Reise nach Messina zu machen.

Er brach dann unverweilt auf und legte den Weg bald zu Wasser, bald zu Lande zurück, je nachdem sich ihm die Mittel zum schnellen Vorwärtskommen darboten.

Er brauchte auf diese Weise vier Tage und langte am Nachmittage des 31. Januar in Messina an.

Hier begann er sofort den Marquis Taccone aufzusuchen, welcher ihm auf Befehl des Königs die zwei Millionen zustellen sollte, die er von Neapel mitgebracht.

Den Marquis fand er auch, die Millionen aber waren, wie er übrigens schon vorausgesehen, nicht zu finden. Die Aufforderung des Cardinals beantwortete der Marquis Taccone damit, daß er vor seiner Abreise von Neapel auf Befehl des Generals Acton alle Summen, die er in den Händen gehabt, dem Fürsten Pignatelli zugestellt habe.

Kraft seines Mandats forderte der Cardinal ihn nun auf, ihm über seine Situation oder vielmehr über den Stand seiner Casse Rechenschaft abzulegen.

Auf diese Weise in die Enge getrieben, antwortete der Marquis, es sei ihm unmöglich, Rechenschaft abzulegen, da ja alle Register und sämtliche Papiere der Schatzkammer in Neapel zurückgeblieben seien.

Der Cardinal, der auch dies vorausgesehen und es dem König vorhergesagt, wendete sich nun zu dem General Danero, in der Meinung, daß Waffen und Munition ihm noch nothwendiger seien als Geld.

Der General Danero aber entgegnete, es verlohne nicht der Mühe, dem Cardinal Waffen zu überlassen, welche nicht verfehlen könnten, dem Feind in die Hände zu fallen, und er verweigerte sie ihm daher trotz der bestimmtem Befehle des Königs.

Der Cardinal schrieb nach Palermo, um sich bei dem König zu beklagen. Danero schrieb, Taccone schrieb. Jeder klagte den Andern an und suchte sich selbst herauszureden.

Der Cardinal beschloß, um völlig ins Reine zu kommen, die Antwort des Königs in Messina abzuwarten. Er erhielt dieselbe am sechsten Tage, und der Marquis Malaspina war der Ueberbringer.

Der König beklagte sich in sehr wehmüthigem Tone, daß er nur von Räubern und Verräthern bedient würde. Er forderte zugleich den Cardinal auf, sein Unternehmen mit alleiniger Aufbietung der Hilfsquellen seines Genies zu versuchen, und schickte ihm den Marquis Malaspina, indem er ihn bat, denselben als Adjutanten anzunehmen.

Es war klar wie der Tag, daß Ferdinand, seiner Gewohnheit, an allen Menschen zu zweifeln, treu, an Ruffo ebenso zu zweifeln begann wie an den Anderen und ihm einen Spion und Aufpasser beizugeben wünschte.

Zum Glück war dieser Aufpasser schlecht gewählt. Der Marquis Malaspina war vor allen Dingen ein Mann der Opposition, und als der Cardinal den Brief des Königs erhielt, lächelte er und sah den Ueberbringer an.

»Es versteht sich von selbst, Herr Marquis,« sagte er, »daß der Wunsch des Königs für mich Befehl ist, obschon es für einen Mann des Degens wie Sie eine eigenthümliche Stellung sein muß, wenn er Adjutant eines Mannes der Kirche wird. Ohne Zweifel aber, fuhr er fort, »hat Seine Majestät Ihnen irgend einen besonderen Auftrag ertheilt wodurch Ihre Stellung bei mir erklärlich gemacht und gerechtfertigt wird.«

»Ja, Eminenz,« antwortete Malaspina, »der König hat mir glänzende Wiederaufnahme in seiner Gunst versprochen, wenn ich ihn mittelst einer besonderen Correspondenz fortwährend von Allem unterrichtet hielte, was Sie vornehmen werden. Wie es scheint, hat er zu mir als Spion mehr Vertrauen denn als Jäger.«

»Dann sind Sie also so unglücklich, Herr Marquis, bei Sr. Majestät in Ungnade gefallen zu sein?«

»Es sind drei Wochen, Eminenz, daß ich nicht mehr – zu seiner Spielpartie eingeladen werde.«

»Und welches Verbrechen haben Sie begangen, um eine solche Strafe zu verdienen?« fuhr der Cardinal fort.

»Ein allerdings ganz unverzeihliches, Eminenz.«

»Beichten Sie es mir,« fuhr der Cardinal lachend fort. »Ich kann es Ihnen vergeben.«

»Ich habe ein Wildschwein, anstatt auf das Blatt in den Bauch getroffen.«

»Mein lieber Marquis,« antwortete der Cardinal, »dieses Verbrechen kann ich Ihnen nicht verzeihen, denn so weit erstreckt sich meine Vollmacht nicht. Ich kann Ihnen blos Reue und Buße empfehlen. Doch Scherz bei Seite,« fuhr er in ernsterem Tone und dem Marquis die Hand bietend fort. »Ich verlange von Ihnen nicht, Herr Marquis, daß Sie für den König, aber eben so wenig, daß Sie für mich seien. Ich sage blos: wollen Sie als freimüthiger, loyaler Neapolitaner für das Vaterland sein?«

»Eminenz,« sagte Malaspina, durch diese offene Erklärung gerührt, obschon er sonst ein großer Skeptiker war, »ich habe mich dem König gegenüber verbindlich gemacht, ihm einmal wöchentlich zu schreiben. Ich werde ihm gehorchen, versichere Ihnen aber auf mein Ehrenwort, daß kein Brief von mir abgesendet werden wird, bevor Sie ihn gelesen haben.«

»Dies ist nicht nöthig, Herr Marquis. Ich werde mich bemühen, so zu handeln, daß Sie Ihre Mission gewissenhaft ausführen und Sr. Majestät Alles sagen können.«

Da man dem Cardinal soeben gemeldet, daß der Hofrath Don Angelo de Fiore aus Calabrien eingetroffen sei, so befahl er denselben sofort eintreten zu lassen.

Der Marquis wollte sich entfernen, der Cardinal hielt ihn zurück.

»Entschuldigen Sie, Marquis,« sagte er. Sie treten in Function. Haben Sie daher die Güte zu bleiben.«

Der Hofrath Don Angelo de Fiore trat ein.

Es war ein Mann von fünf- bis achtundvierzig Jahren, dessen harte, scharf markierte Züge und finster blickendes Auge in eigenthümlicher Weise mit seinem Namen contrastierten, der im Italienischen bekanntlich die Blume bedeutet.

Er kam, wie wir bereits bemerkt, aus Calabrien, um zu melden, daß Palmi, Bagnara, Scylla und Reggio im Begriff stünden demokratisch zu werden.

Er forderte deshalb den Cardinal auf, dort so bald als möglich zu landen, weil, sobald diese Städte einmal demokratisiert wären, die Landung ein geradezu wahnsinniges Unternehmen würde. Es war, wie der Hofrath versicherte, nur schon allzuviel Zeit verloren worden, um die schwankenden Herzen zu dem König zurückzuführen.

 

Der Cardinal sah Malaspina an.

»Was meinen Sie dazu, mein Herr Adjutant?« fragte er ihn.

»Nun, ich meine, sagte Malaspina, ›es sei kein Augenblick zu verlieren und die Landung müsse sofort erfolgen.‹

»Das ist auch meine Ansicht,« sagte der Cardinal.

Da es für denselben Tag indessen schon zu spät war, um noch aufbrechen zu können, so verschob man die Ueberfahrt über die Meerenge auf den nächstfolgenden Tag.

An diesem nächstfolgenden Tage, dem 8. Februar 1799, schiffte der Cardinal sich demzufolge um sechs Uhr Morgens in Messina ein und landete eine Stunde später an dem Strande von Catona, Messina gegenüber, das heißt auf demselben Punkte, den man zu der Zeit, wo Calabrien »Großgriechenland« war, mit dem Namen Columna Regina bezeichnete.

Das Gefolge des Cardinals bestand aus dem Marquis Malaspina, Lieutenant des Königs, dem Abbé Lorenzo Spazzoni, seinem Secretär Don Annibal Caporoni, einem Caplan – diese beiden Letzteren waren hohe Sechziger – und Don Carlo Occara von Caserta, seinem Kammerdiener.

Er brachte eine Fahne mit, auf welcher einerseits das königliche Wappen und andererseits ein Kreuz mit dem von uns schon citierten Wahlspruch der religiösen Eroberungen: »In hoc signo vinces« gestickt war.

Don Angelo de Fiore war dem Cardinal schon am Abend vorher vorausgereist und erwartete ihn am Landungsplatze mit dreihundert Mann, größtentheils Vasallen der Ruffo von Scylla und der Ruffo von Bagnara, der Brüder und Cousins des Cardinals.

Scipio fiel, als er den Boden Afrikas betrat, nieder, richtete sich auf ein Knie empor und sagte: »Dieses Land ist mein!« Als Ruffo am Strande von Catono den Fuß ans Land setzte, hob er die Hände zum Himmel empor und sagte: »Calabrien, empfange mich wie einen Sohn!«

Enthusiastische Freudenrufe begrüßten dieses Gebet eines der berühmtesten Söhne jenes rauhen Brutium, welches zur Zeit der Römer den entlaufenen Sclaven zum Asyl diente.

Der Cardinal ging an der Spitze seiner dreihundert Mann, an die er eine kurze Anrede hielt, seine Wohnung bei seinem Bruder, dem Herzog von Baranella, zu nehmen, dessen Villa auf dem schönsten Punkte dieser prachtvollen Meerenge stand.

Von seinen dreihundert Mann bewacht, entfaltete der Cardinal unverweilt die Fahne auf dem Balcon, an dessen Fuße der kleine Trupp, der Kern der künftigen Armee, bivouakirte.

Von dieser ersten Etappe schrieb der Cardinal eine Encyclica an die Bischöfe, an die Pfarrer, an die übrige Geistlichkeit, an die ganze Bevölkerung nicht blos Calabriens, sondern des ganzen Königreiches. In dieser Encyclica sagte der Cardinal:

»In dem Augenblick, wo die Revolution in Frankreich durch den Königsmord, durch die Proscription, durch den Atheismus, durch die Drohungen gegen die Priester, durch die Plünderung der Kirchen, durch die Entweihung der heiligen Stätten gefördert wird; wo in Rom durch das fluchwürdige Attentat auf den Stellvertreter Jesu Christi dasselbe geschieht; wo der Gegenschlag dieser Revolution sich in Neapel durch den Verrath der Armee, durch den Ungehorsam der Unterthanen, durch die Empörung in der Hauptstadt und in den Provinzen fühlbar macht: ist es die Pflicht jedes redlichen Bürgers, die Religion, den König, das Vaterland, die Ehre der Familie, das Eigenthum zu vertheidigen, und dieses heilige Werk, diese erhabene Mission ist es ganz besonders, in welcher die Männer Gottes mit ihrem Beispiel vorangehen müssen.«

Er setzte hierauf auseinander, zu welchem Zwecke er Sicilien verlassen und in welcher Hoffnung er gegen Neapel marschiere. Als Vereinigungspunkt für diejenigen, welche seinem Rufe folgen würden, bestimmte er Palmi für die Männer des Gebirges und Mileto für die Männer der Ebene.

Die Calabresen der Ebene und des Gebirges wurden deshalb aufgefordert, zu den Waffen zu greifen und sich an den bezeichneten Sammelplätzen einzufinden.

Nachdem der Generalvicar seine Encyclica geschrieben, in Ermanglung einer Buchdruckerei fünfundzwanzig-bis dreißigmal copiren lassen und mit Courieren nach allen vier Himmelsgegenden fortgeschickt hatte, begab er sich auf den Balcon, um frische Luft zu schöpfen und sich an der prachtvollen Aussicht zu weiden, welche sich hier vor seinen Augen entrollte.

Obschon es an dem weiten Bogen des Horizontes, den sein Blick umfaßte, Gegenstände von noch ganz anderer Bedeutung gab, so haftete ein Auge doch fast wider seinen Willen auf einer kleinen Schaluppe, welche um die Spitze des Leuchtthurmes herumsteuerte und mit drei Männern besetzt war.

Zwei davon, welche im Vordertheil standen, beschäftigten sich mit dem Regieren eines kleinen lateinischen Segels, dessen Schote der im Hintertheil stehende Mann in der rechten Hand hielt, während er sich mit der linken auf das Steuerruder stützte.

Je länger der Cardinal diesen Letzteren ansah, desto mehr glaubte er ihn zu erkennen. Endlich, als die Barke näher kam, blieb ihm kein Zweifel mehr übrig.

Dieser Mann war der Admiral Caracciolo, welcher in Folge seiner Verabschiedung nach Neapel zurückkehrte und beinahe zu gleicher Zeit wie Ruffo, aber in ganz anderer Absicht und von völlig entgegengesetzter Gesinnung beseelt in Calabrien landete.

Wenn man die schräge Linie, welcher die Barke folgte, berechnete, so war es klar, daß sie vor der Villa an's Land stoßen mußte.

Der Cardinal ging hinunter, um an der betreffenden Stelle zu sein und dem Admiral in dem Augenblicke, wo er ans Land steigen würde, die Hand zu bieten.

In der That fand Caracciolo in dem Augenblicke, wo er aus dem Boote an den Strand sprang, den Cardinal bereit, ihn zu empfangen.

Der Admiral stieß einen Ruf der Ueberraschung aus. Er hatte Palermo noch an demselben Tage verlassen, wo seine Entlassung angenommen worden, und war mit demselben Boote, in welchem er anlangte, die Küste entlang gesteuert. Jeden Abend hatte er angelegt und sich jeden Morgen wieder aufgemacht – mit dem Segel, wenn der Wind ging und derselbe günstig war, mit dem Ruder, wenn es keinen Wind gab, oder wenn man denselben nicht benutzen konnte.

Er wußte daher von der Expedition des Cardinals durchaus nichts, und als er einen Trupp Bewaffneter sah und die königliche Fahne erkannte, lenkte er seine Barke nach diesem Trupp und dieser Fahne, um Aufschluß über dieses Räthel zu erhalten.

Zwischen Francesco Caracciolo und dem Cardinal Ruffo bestand keine große Sympathie. Diese beiden Männer waren an Geist, Meinung und Gesinnung zu verschieden, um Freunde zu sein. Ruffo achtete indessen den Charakter des Admirals, und der Admiral achtete das Genie Ruffos.

Beide repräsentierten, wie man bereits weiß, die zwei mächtigsten Familien Neapels oder vielmehr des ganzen Königreiches.

Sie näherten sich daher einander mit jener Rücksicht, welche zwei hochgestellte Männer von großen Geistesanlagen einander nicht verweigern können, und beide mit lächelndem Munde.

»Kommen Sie, um sich mir anzuschließen, Fürst?« fragte der Cardinal.

»Das wäre wohl möglich, Eminenz, und ich würde es als eine große Ehre betrachten, wenn ich in Ihrer Gesellschaft reisen könnte, dafern ich noch im Dienste Seiner Majestät stünde,« antwortete Caracciolo. »Der König hat jedoch auf meine Bitte geruht mir meinen Abschied zu bewilligen und Sie sehen daher weiter nichts als einen einfachen Touristen in mir.«

»Setzen Sie hinzu, hob der Cardinal wieder an, ›daß ein Mann der Kirche Ihnen wahrscheinlich nicht der Mann zu sein scheint, dessen es zu einer militärischen Expedition bedarf, und daß der, welcher das Recht hat, als Chef zu dienen, keinen Vorgesetzten anerkennt.‹

»Sie irren sich, Eminenz, wenn Sie mich so beurtheilen,« hob Caracciolo wieder an. »Ich habe mich gegen den König, wenn er die Vertheidigung von Neapel organisieren und Ihnen das Obercommando über die Truppen übertragen wollte, erboten, mich mit meinen Seeleuten unter die Befehle Ew. Eminenz zu stellen. Der König weigerte sich jedoch darauf einzugehen. Heute ist es zu spät.«

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