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La San Felice

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»Warum zu spät?«

»Weil der König mir eine Beleidigung zugefügt hat, die ein Fürst aus meinem Hause nicht verzeiht.«

»Mein lieber Admiral, in der Sache, welche ich unterstütze und für welche ich bereit bin mein Leben zu opfern, ist nicht von dem König die Rede; es handelt sich hier vielmehr blos um das Vaterland.«

Der Admiral schüttelte den Kopf.

»Unter einem absoluten König, Eminenz,« sagte er, »gibt es kein Vaterland, denn ein Vaterland gibt es nur da, wo es Bürger gibt. Es gab ein Vaterland in Sparta, als Leonidas sich bei den Thermopylen tödten ließ. Es gab ein Vaterland in Athen, als Themistokles die Perser bei Salamis besiegte. Es gab ein Vaterland in Rom, als Curtius sich in den Abgrund stürzte, und deshalb stellt die Geschichte das Andenken eines Leonidas, eines Themistokles und eines Curtius der Nachwelt zur Bewunderung und Verehrung dar. Zeigen Sie mir aber etwas dem Entsprechendes unter absoluten Regierungen. Nein, sich einem absoluten König und tyrannischen Principien weihen, heißt sich der Undankbarkeit und der Vergessenheit widmen. Nein, Eminenz, die Caracciolo begehen dergleichen Fehler nicht. Als Bürger betrachte ich es als ein Glück, daß ein schwacher und bedrängter König vom Throne gestürzt wird. Als Fürst freue ich mich, daß die Hand, die auf mir lastete, entwaffnet wird. Als Mensch fühle ich mich glücklich, wenn ein ausschweifender Hof, welcher Europa das Beispiel der Immoralität gab, in das Dunkel der Verbannung wandern muß. Mein Diensteifer gegen den König ging so weit, daß ich ein Leben und das der königlichen Familie auf ihrer Flucht beschützte; er wird aber nicht so weit gehen, daß er eine unfähige Dynastie wieder auf dem Throne befestigen hilft. Glauben Sie, daß, wenn ein politischer Sturm eines schönen Tages den Thron der Cäsaren Claudius und Messalina umgestürzt hätte, Corbulon zum Beispiel der Menschheit einen großen Dienst geleistet haben würde, wenn er Germanien mit seinen Legionen verlassen und einen beschränkten Kaiser und eine ausschweifende Kaiserin wieder auf den Thron gesetzt hätte? Nein. Ich bin so glücklich, wieder in das Privatleben zurückkehren zu können. Ich werde das, was geschieht, mit ansehen, aber ohne mich hineinzumischen.«

»Und ein intelligenter Mann wie der Admiral Francesco Caracciolo kann eine solche Unmöglichkeit träumen!« hob der Cardinal wieder an. »Gibt es wohl mitten unter den politischen Ereignissen, welche sich vorbereiten, für einen Mann von Ihrem Werthe ein Privatleben? Gibt es wohl eine mögliche Dunkelheit für einen Mann, der sein Licht in sich selbst trägt? Ist es, wenn die Einen für das Königthum, die Anderen für die Republik kämpfen, einem loyalen Herzen, einem muthigen Geist möglich, sich weder an dem einen noch an dem andern Kampf zu betheiligen? Die Männer, welche Gott mit Reichthum, Geburt und Genie begabt hat, gehören nicht sich selbst, sie gehören Gott und erfüllen eine Mission auf Erden. Dennoch aber folgen sie in ihrer Blindheit zuweilen dem Wege des Herrn, zuweilen widersetzen sie sich einen Absichten. In dem einen wie in dem andern Falle aber arbeiten sie für die Aufklärung ihrer Mitbürger eben so wie durch ihre Triumphe. Die Einzigen, welchen Gott nicht verzeiht, sind – glauben Sie mir dies – Diejenigen, welche sich in ihren Egoismus einschließen wie in eine uneinnehmbare Citadelle und die, gegen Pfeile und Wurfspieße geschützt, von der Höhe ihrer Mauern herab der großen Schlacht zuschauen, die das Menschengeschlecht seit achtzehn Jahrhunderten liefert. Vergessen Sie dies nicht, Excellenz. Die Engel, welche Dante der Verachtung am würdigten erachtet, sind die, welche weder für Gott noch für den Satan waren.«

»Und wen nennen Sie bei dem Kampf, welcher sich jetzt vorbereitet, Gott, und wen nennen Sie Satan?«

»Brauche ich Ihnen zu sagen, Fürst, daß ich eben so wie Sie den König achte, welchem ich mein Leben nach seinem wahren Werth gebe, und daß ein Mann wie ich – und wenn ich sage, ein Mann wie ich, so erlauben Sie mir gleichzeitig zu sagen, ein Mann wie Sie – keinem andern Manne dient, von dem er weiß, daß derselbe ihm in Bezug auf Erziehung, auf Intelligenz und auf Muth nachsteht? Er dient vielmehr dem unsterblichen Princip, welches in diesem Manne wohnt, eben so wie die Seele in einem umförmlichen und häßlichen Körper wohnen kann. Die Principien aber – gestatten Sie mir dies zu sagen, mein lieber Admiral – erscheinen unseren menschlichen Augen gerecht oder ungerecht, je nach dem Standpunkte, von welchem aus man sie betrachtet. So erzeigen Sie mir zum Beispiel auf einen Augenblick die Ehre, mir eine Intelligenz zuzugestehen, welche in jeder Beziehung der Ihrigen gleich wäre. Wohlan, dann können wir dennoch ganz dasselbe Princip von ganz entgegengesetzten Gesichtspunkten untersuchen, würdigen und beurtheilen und zwar aus dem einfachen Grunde, weil ich Prälat und hochgestellter Würdenträger der römischen Kirche bin, während Sie dagegen ein dem Laienstande angehöriger, nach weltlichen Würden trachtender Fürst sind.«

»Das gebe ich zu.«

»Nun ist der Statthalter Christi, der Papst Pius der Sechste, entthront worden. Wohlan, wenn ich die Restauration Ferdinands betreibe, so betreibe ich zugleich auch die Pius des Sechsten. Wenn ich den König beider Sicilien wieder auf den Thron setze, so setze ich zugleich Angelo Broschi auf den Thron des heiligen Petrus. Ich kümmere mich nicht darum, ob die Neapolitaner sich freuen werden, ihren König wiederzusehen, oder ob es den Römern lieb ist, ihren Papst wiederzufinden. Nein, ich bin Cardinal und folglich Soldat des Papstthums. Ich kämpfe für das Papstthum, das ist Alles.«

»Sie sind sehr glücklich, Eminenz, eine so scharfgezeichnete Linie vor sich zu haben. Die meinige ist weniger leicht zu finden. Ich habe zwischen den Principien, welche meine Erziehung verletzen, aber meinen Geist zufriedenstellen, und einem Fürsten zu wählen, von welchem mein Geist sich abwendet, an welchen aber meine Erziehung mich fesselt. Ueberdies hat dieser Fürst mir das Wort gebrochen, mich in meiner Ehre verletzt und in meiner Würde beleidigt. Ich kann daher zwischen ihm und seinen Feinden neutral bleiben; meine Absicht ist positiv keine andere, als diese Neutralität zu bewahren. Wenn ich gezwungen bin, zu wählen, so werde ich sicherlich dem Feinde, welcher mich ehrt, den Vorzug vor dem Könige geben, der mich verachtet.«

»Denken Sie an Coriolan bei den Volskern, mein lieber Admiral.«

»Die Volsker waren die Feinde des Vaterlandes, während ich im Gegentheile, wenn ich zu den Republikanern übergehe, in die Reihen der Patrioten trete, welche die Freiheit, den Ruhm und die Ehre ihres Vaterlandes wollen. Die Bürgerkriege haben ihr besonderes Gesetzbuch, Herr Cardinal. Condé ist nicht dadurch entehrt worden, daß er sich auf die Seite der Frontisten schlug, und das, was Dumouriez in der Geschichte zur Unehre gereicht, ist nicht der Umstand, daß er, nachdem er Minister Ludwigs des Sechzehnten gewesen, für die Republik kämpfte, sondern vielmehr der Umstand, daß er zu Oesterreich überging.«

»Ja, das weiß ich Alles; nehmen Sie es aber mir nicht übel, wenn ich Sie in den Reihen zu sehen wünsche, in welchen ich kämpfe, und daß ich bedaure, Ihnen in den entgegengesetzten Reihen zu begegnen. Wenn ich selbst es bin, dem Sie begegnen, so haben Sie allerdings nichts zu fürchten und ich stehe Kopf um Kopf für Sie. Hüten Sie sich aber vor Leuten wie Acton, Nelson und Hamilton. Hüten Sie sich auch vor der Königin und deren Favoritin. Befinden Sie sich einmal in den Händen dieser Personen, so sind Sie verloren und ich werde nicht im Stande sein Sie zu retten.«

»Dem Menschen ist ein Los bestimmt und diesem kann er nicht entrinnen,« sagte Caracciolo mit jener Sorglosigkeit, welche den Leuten eigen zu sein pflegt, die der Gefahr so oft entronnen sind, daß sie nicht glauben, die Gefahr könne Macht über sie haben. Welches das meine auch sei, so werde ich mich dareinfügen.«

»Nun,« fragte der Cardinal, »wollen Sie wenigstens bei mir speisen? Ich werde Ihnen die besten Fische vorsetzen, die hier in dieser Meerenge gefangen werden.«

»Ich danke Ihnen, bitte Sie aber, mir zu erlauben, Ihre gefällige Einladung abzulehnen und zwar aus zwei Gründen. Der erste ist, daß ich eben wegen jener lauen Freundschaft, welche der König mir erweist, und des unverhohlenen Hasses, womit die Anderen mich verfolgen. Sie, wenn ich Ihre Einladung annähme, compromittieren würde. Zweitens sagen Sie selbst, daß die Ereignisse, welche in Neapel vor sich gehen, ernst sind, und dieser Ernst verlangt meine Gegenwart. Ich besitze bedeutende Güter, wie Sie wissen. Man spricht von Confiscationsmaßregeln, welche, wie es heißt, die Republikaner in Bezug auf die Emigrierten in Anwendung zu bringen gedenken. Man könnte mich daher leicht für einen Emigrierten erklären und sich meiner Güter bemächtigen. So lange ich im Dienste des Königs stand und sein Vertrauen genoß, hätte ich es darauf ankommen lassen können; als abgesetzter, in Ungnade gefallener Staatsdiener jedoch müßte ich von Sinnen sein, wenn ich einem undankbaren Monarchen ein Vermögen zum Opfer brächte, welches unter allen Fürsten mir meine Unabhängigkeit sichern wird. Leben Sie daher wohl, lieber Cardinal, setzte der Fürst hinzu, indem er dem Prälaten die Hand reichte, »und lassen Sie mich Ihnen alles Wohlergehen wünschen.«

»Ich werde in meinen Wünschen nicht ganz so weit gehen, Fürst,« antwortete der Cardinal. »Ich werde Gott blos bitten, Sie vor jedem Unglück zu bewahren. Leben Sie denn wohl und der Herr behüte Sie.«

Mit diesen Worten und nachdem sie einander herzlich die Hand gedrückt, verließen diese beiden Männer, welche jeder eine so gewaltige Individualität repräsentierten, einander, um sich nur unter den furchtbaren Umständen wiederzufinden, welche wir später zu erzählen haben werden.

Achtes Capitel.
Eleonora Fonseca Pimentel

Am Abend desselben Tages, wo der Cardinal Ruffo sich von Francesco Caracciolo am Strande von Catona trennte, vereinigte der Salon der Herzogin Fusco die ausgezeichnetsten Personen von Neapel, welche sich zu den neuen Principien bekannten und für die seit acht Tagen proclamierte Republik und für die Franzosen, welche dieselbe gebracht, erklärt hatten.

 

Wir kennen schon so ziemlich sämtliche Beförderer dieser Revolution. Wir haben sie bei der Arbeit gesehen und wir wissen, mit welcher Mühe sie arbeiteten.

Dennoch haben wir noch die Bekanntschaft einiger anderen Patrioten zu machen, welche der Gang unserer Erzählung uns noch nicht vor Augen geführt hat, und welche es von uns undankbar wäre zu vergessen, da ja die Nachwelt ihnen ein so ruhmreiches Andenken bewahren wird.

Wir öffnen daher die Thür des Salons der Herzogin zwischen acht und neun Uhr, und wohnen kraft des jedem Romanschreiber verliehenen Vorrechtes, zu sehen, ohne gesehen zu werden, einer jener ersten Soiréen bei, wo Neapel mit voller Lunge die frische Luft der Freiheit einathmete. Der Salon, in welchem die interessante Gesellschaft versammelt war, in deren Mitte wir jetzt den Leser einführen, besaß den Umfang, welchen die italienischen Architekten niemals vergaßen den vornehmsten Räumen ihrer Paläste zu geben.

Die al fresco gemalte Decke war durch in die Wand eingemauerte Säulen gestützt. Die Frescogemälde waren von Solimenes und hatten der Gewohnheit der damaligen Zeit zufolge mythologische Scenen zum Gegenstand.

Auf einer der schmäleren Seiten des Raumes, welcher die Form eines länglichen Viereckes hatte, war eine kleine Bühne errichtet, auf welche man mittelst dreier Stufen hinaufgelangte und die gleichzeitig als Theater zur Darstellung kleiner Stücke und bei Bällen als Estrade für die Musik dienen konnte.

Am Piano standen drei Personen, von welchen die eine ein Notenblatt in der Hand hielt, plauderten oder studierten vielmehr die Noten und den Text, womit das Papier beschrieben war.

Diese drei Personen waren Eleonora Fonseca Pimentel, der Dichter Vicenzo Monti und der Maestro Dominico Cimarosa.

Eleonora Fonseca Pimentel, deren Namen wir schon mehrmals und zwar stets mit der Bewunderung, welche der Tugend gebührt, und der Achtung, welche dem Unglück folgt, genannt, war eine Frau von dreißig bis fünfunddreißig Jahren, von mehr anziehendem als schönem Aeußern. Sie war groß, wohlgewachsen, hatte schwarze Augen, wie es einer Neapolitanerin von spanischer Abkunft zukommt, und ihre Geber den waren ernst und majestätisch, wie wenn eine antike Statue plötzlich Leben bekommen hätte. Sie war gleichzeitig Dichterin, Sängerin und Politikerin. Es lag in ihr etwas von der Frau von Staël, der Delphine Gay und der Madame Roland. In der Poesie wetteiferte sie mit Metastafio, in der Musik mit Cimarosa, in der Politik mit Mario Pagano.

In dem gegenwärtigen Augenblick studierte sie eine patriotische Ode von Vicenzo Monti, welche von Cimarosa in Musik gesetzt worden.

Vicenzo Monti war ein Mann von fünfundvierzig Jahren und der Nebenbuhler Alfieris, welchen er in Bezug auf Harmonie, Poesie und Eleganz des Ausdruckes übertraf. In seiner Jugend war er Secretär jenes beschränkten, unersättlichen Fürsten Braschi, des Neffen Pius des Sechsten, gewesen, welcher, um ihn zu bereichern, einen scandalösen Prozeß durchgeführt hatte. Vicenzo Monti hatte drei Trauerspiele geschrieben: »Aristodemes, »Cajus Gracchus« und »Manfredi«, dann ein Gedicht in vier Gesängen, »die Basvigliana«, dessen Gegenstand der Tod Basvilles war. Dann war er Secretär des Directoriums der cisalpinischen Republik, Professor der Beredsamkeit in Paris und der schönen Wissenschaften in Mailand geworden.

Er hatte soeben die italienische Marseillaise gedichtet, zu welcher Cimarosa die Musik geliefert, und die Verse, welche Eleon-olra Pimentel jetzt mit Enthusiasmus las, weil sie ihren eigenen Gesinnungen entsprachen, waren die seinigen.

Dominici Cimarosa, welcher an dem Piano saß, auf dessen Tasten seine Finger zerstreut umherirrten, war in demselben Jahre geboren wie Monti, nie aber konnten zwei Männer, wenigstens in physischer Beziehung, verschiedener von einander ein, als der Poet und der Componist. Monti war lang und schlank, Cimarosa klein und dick; Monti hatte ein lebhaftes, durchdringendes Auge; Cimarosas weit hervortretende Augen dagegen waren kurzsichtig und ohne Ausdruck. Während man schon bei Montis Anblick sich sagen konnte, daß man einen Menschen höherer Art vor sich habe, ward dagegen bei Cimarosa das Genie, mit welchem er begabt war, durch nichts angedeutet, und kaum konnte man, wenn sein Name genannt ward, glauben, daß er der Mann sei, welcher mit neunzehn Jahren eine Laufbahn begann, die in Bezug auf Fruchtbarkeit und Berühmtheit fast der Rossinis gleichkommt.

Die bemerkenswertheste Gruppe nach dieser, welche übrigens die anderen beherrschte wie Apollo und die Musen den Parnaß bestand, aus drei Frauen und zwei Männern.

Die drei Frauen waren drei der makellosesten von Neapel: die Herzogin Fusco, in deren Salon man sich hier befand und welche wir schon längst als die beste und intimste Freundin Luisas kennen, die Herzogin von Pepoli und die Herzogin von Cassano.

Wenn die Frauen von der Natur kein außergewöhnliches Talent, wie zum Beispiel Angelica Kaufmann für die Malerei, wie Frau von Staël für die Politik, wie George Sand für die Schriftstellerei, erhalten haben, so ist ihr schönster Ruhm der, keusche Gattinnen und tadellose Familienmütter zu sein. »Domum mansit, lanam fecit,« sagten die Alten. »Sie hütete das Haus und spann Wolle,« damit war Alles gesagt.

Wir werden demgemäß das Lob der Herzogin Fusco, der Herzogin von Pepoli und der Herzogin von Caffamo auf das beschränken, was wir bereits von ihnen gesagt.

Was dagegen den ältesten und bemerkenswerthesten der Männer betrifft, welche zu dieser Gruppe gehörten, so werden wir uns weitläufiger über ihn verbreiten.

Dieser Mann, welcher ungefähr sechzig Jahre zu zählen schien, trug das Costüm des achtzehnten Jahrhunderts in seiner ganzen Reinheit, das heißt kurze Beinkleider, seidene Strümpfe, Schnallenschuhe, eine lang herabreichende Weste, den classischen Frack Jean Jacques Rousseaus und wenn auch keine Perrücke, doch wenigstens Puder im Haar. Seine sehr liberalen und sehr vorgeschrittenen Meinungen hatten in dieser Beziehung keinerlei Veränderung hervorgerufen.

Dieser Mann war Mario Pagano, einer der ausgezeichnetsten Advocaten nicht blos Neapels, sondern ganz Europas.

Geboren war er in Brienza, einem kleinen Dorfe der Basilicata, und Schüler jenes berühmten Verojeti, welcher zuerst durch seine Werke den Neapolitanern einen politischen Horizont eröffnete, der ihnen bis dahin unbekannt gewesen. Er war der intime Freund Gaetanos Filangieri, Verfassers der Wissenschaft der Gesetzgebung, und von diesen beiden genialen Männern geleitet, war er eines der Lichter der Jurisprudenz geworden.

Wohllaut einer Stimme und die Milde seines Wortes hatten ihm den Beinamen des Plato der Campania erworben. Noch jung hatte er die »Criminalgerichtspflege« geschrieben, ein Buch, welches in alle Sprachen übersetzt worden und von der französischen Nationalversammlung einer ehrenvollen Erwähnung würdig erachtet ward.

Als die Tage der Verfolgung kamen, hatte Mario Pagano den Muth, die Vertheidigung Emanueles de Deo und seiner beiden Cameraden zu übernehmen.

Jede Vertheidigung aber war unnütz, und wie glänzend die eine auch war, so hatte sie doch weiter keine Wirkung, als daß dadurch der Ruf des Redners und das Mitleid gesteigert ward, welches man den Schlachtopfern zollte, die er nicht hatte retten können.

Die drei Angeklagten waren im voraus verurtheilt und alle drei wurden, wie wir bereits mitgetheilt, hingerichtet.

Die über den Muth und die Beredsamkeit des berühmten Advocaten erstaunte Regierung begriff, daß er einer jener Menschen war, die man besser für sich als gegen sich hat. Pagano ward demgemäß zum Richter ernannt. Auf diesem neuen Posten bewahrte er jedoch eine solche Energie des Charakters und eine so unwandelbare Redlichkeit, daß er für die Vanni und Guidobaldi ein lebender Vorwurf ward. Eines Tages ward er, ohne daß man wußte weshalb, festgenommen und in einen gruftartigen Kerker geworfen, in welchem er dreizehn Monate zubrachte. In diesen Kerker fiel durch eine schmale Oeffnung ein einziger Lichtstrahl, welcher im Namen der Sonne zu sagen schien: »Verzweifle nicht, Gott sieht Dich.«

Bei dem Scheine dieses Strahles schrieb Mario Pagano eine »Abhandlung über das Schöne,« ein Werk, aus welchem eine heitere Ruhe athmet und welchem man mit leichter Mühe ansieht, daß es unter einem Lichtstrahl geschrieben worden.

Endlich ward er, ohne unschuldig erklärt zu werden, damit die Staatsjunta fortwährend wieder die Hand nach ihm ausstrecken konnte, der Freiheit zurückgegeben, aber aller einer Aemter beraubt.

Wohl einsehend, daß er in diesem Lande der Ungerechtigkeit nicht länger leben konnte, war er über die Grenze gegangen und hatte sich nach Rom geflüchtet, wo soeben die Republik proclamiert worden.

Mack und Ferdinand aber waren ihm dicht auf dem Fuße dahin gefolgt, und er sah sich daher genöthigt, sich in die Reihen der französischen Armee zu flüchten. Jetzt war er nach Neapel zurückgekehrt, und Championnet, der seinen ganzen Werth kannte, hatte ihn zum Mitglied der provisorischen Regierung ernennen lassen.

Der Mann, mit welchem er jetzt sprach, war damals noch nicht so berühmt, als er es später durch seine berühmte Schrift über die Revolutionen von Neapel ward. Dennoch war er auch jetzt schon ein durch seine Redlichkeit und Gelehrsamkeit ausgezeichneter Magistratsbeamter. Seine sehr lebhafte Conversation mit Pagano drehte sich um die Nothwendigkeit, in Neapel ein politisches Journal nach Art des französischen Moniteur zu gründen. Es war dies das erste Blatt dieser Art, welches in der Hauptstadt der beiden Sicilien erscheinen sollte. Der streitige Punkt war blos dieser: Sollten sämtliche Artikel unterzeichnet werden, oder im Gegentheil ohne Unterschrift erscheinen?

Pagano faßte die Frage vom moralischen Gesichtspunkte auf. Nach seiner Ansicht war nichts natürlicher, als daß man, sobald man einen Satz behauptete, denselben auch unterschreibe.

Cuoco dagegen meinte, durch strenge Beobachtung dieses Princips werde man eine Menge talentvoller Leute entfernt halten, welche, sobald sie wüßten, daß sie gezwungen sein würden, das, was sie schrieben, auch zu vertreten, aus Furchtsamkeit nicht mehr wagen würden, dem Journal der Republik ihre Mitwirkung zu leihen.

Championnet, welcher der Soirée beiwohnte, ward von Pagano aufgefordert, sich ebenfalls über diese wichtige Frage auszusprechen.

Er sagte, in Frankreich würden nur die Artikel Verschiedenes und Wissenschaftliches unterzeichnet, ebenso wie außerdem noch einige hervorragendere Leistungen, welche ihre Verfasser aus Eitelkeit nicht unter dem Schleier des Incognito an dem Publicum vorübergehen lassen wollten.

Championnets Meinung über diese Sache fiel um so schwerer in die Wagschale, als die Idee der Gründung eines solchen Journals von ihm ausgegangen war.

Man kam demgemäß überein, daß die Schriftsteller, welche ihre Artikel unterzeichnen wollten, dies thun könnten, während anderen, die ihr Incognito zu wahren wünschten, auch dies erlaubt sein sollte.

Es blieb nun noch immer die Frage übrig, wer zum Oberredacteur zu wählen sei. Es war, wenn man die Möglichkeit einer Restauration voraussetzte, eine mißliche Sache, Redacteur des parthenopäischen Moniteurs gewesen zu sein und konnte den Betreffenden leicht an den Galgen bringen.

Aber auch diesmal beseitigte Championnet die Schwierigkeit, indem er sagte, dieser Oberredacteur sei bereits gefunden.

Bei diesen Worten erwachte Cuoco's leicht empfindliches Nationalgefühl. Wenn dieser Oberredacteur durch Championnet vorgeschlagen ward, so mußte es nothwendig ein Ausländer sein, und so klug der würdige Magistratsbeamte auch war, so hätte er doch lieber seinen Kopf riskiert und seinen Namen am Fuße des amtlichen Blattes unterzeichnet, als hier den Namen eines Franzosen gesehen.

Uebrigens erschien die erste Nummer schon am nächstfolgenden Morgen. Während man sich stritt, ob der parthenopäische Moniteur mit den Namensunterschriften der Mitarbeiter versehen werden müsse oder nicht, ward das Blatt bereits gesetzt.

Um einen großen mit einem grünen Teppich gedeckten Tische herum, auf welchem Schreibmaterialien standen, saßen fünf oder sechs Mitglieder der Comités und redigierten Ordonnanzen, welche den nächstfolgenden Morgen öffentlich angeschlagen werden sollten. Carlo Laubert führte dabei den Vorsitz.

Die Ordonnanzen, welche die Mitglieder der Comités redigierten, betrafen die königliche Schuld, welche als Nationalschuld anerkannt ward. Es wurden in dieselbe alle Plünderungen inbegriffen, welche der König im Augenblick seiner Abreise, sei es an den Privatbanken, sei es an den Wohlthätigkeitsanstalten, wie: dem Leihhaus, dem Waisenhospiz und dem Serraglio dei pover, hatte begehen lassen.

 

Dann folgte ein Dekret über die Unterstützungen, welche man den Witwen der Märtyrer der Revolution oder der Opfer des Krieges und den Müttern der Helden bewilligt, welche künftighin für das Vaterland sterben würden. Manthonnet war es, welcher dieses Decret redigierte, und nachdem er damit fertig war, schrieb er an den Rand des letzten Paragraphen die einfache Bemerkung:

»Ich hoffe, daß auch meine Mutter einst ein Recht auf diese Unterstützung haben wird.«

Dann folgte ein anderes Dekret über die Herabsetzung der Brod- und Maccaronipreise, über die Aufhebung des Eingangszolles auf Oel und des Handkusses unter Männern und des Titels Excellenz.

An einem besondern Tische redigierte General Dufresse folgende seltsame Ordonnanz in Bezug auf das Theater:

»Der Generalcommandant des Platzes und der Castelle.

»Die Berichte, welche die Municipalität und die Directoren der verschiedenen Theater jeden Tag bei mir gegen die Militärs aller Grade einreichen, nöthigen mich, letztere an ihre Pflichten zu erinnern und sie in aller Form zu warnen. Nachdem diese Warnung einmal ertheilt worden, wird jeder, der, die Disciplin verachtend, sich selbst und zugleich das vergißt, was er der Gesellschaft schuldig ist, streng bestraft werden.

»Die Theater sind von jeher dazu bestimmt gewesen die Lächerlichkeiten, die Tugenden und die Laster der Nationen, der Gesellschaft und der einzelnen Personen zu veranschaulichen. Sie sind zu allen Zeiten ein Mittelpunkt der Vereinigung, ein Gegenstand der Achtung, ein Ort der Belehrung für die Einen, der harmlosen Erholung für die Andern, der Erholung für Alle gewesen. In Anbetracht dieser Erwägungen und seit der französischen Regeneration werden die Theater die Schule der Sitten genannt. Demzufolge wird jeder Militär oder jedes Individuum, welches in den Theatern die Ordnung stört, oder die Gebote des Anstandes vergißt, welcher das erste Gesetz der öffentlichen Orte sein muß – sei es nun durch übermäßige Beifalls- oder Mißfallsbezeigungen gegen die Schauspieler und Störung oder Unterbrechung der Vorstellung, gleichviel auf welche Weise es geschehe – sofort festgenommen und durch die Wache des Buon governo nach dem Hause des Platzcommandanten geführt und hier je nach der Schwere des begangenen Fehlers bestraft werden.

»Jeder Militär oder jedes Individuum, welches trotz der von dem Obergeneral erlassenen Gesetze und Verordnungen über die Achtung der Person und des Eigenthums sich einen Platz anzumaßen sucht, welcher ihm nicht zukommt – wie dies jetzt alle Tage geschieht – wird ebenfalls vor den Platzcommandanten geführt werden.

»Jeder Militär und jedes Individuum, welches der Ordnung und dem bestehenden Gebrauch der Theater zum Trotz versuchen wird, die Schildwache zu umgehen und auf die Bühne oder in die Logen der Schauspieler einzudringen, wird ebenfalls festgenommen und vor den Platzcommandanten geführt werden. Der wachthabende Officier und der Adjutant-Major des Platzes sind beauftragt, die Ausführung dieses Reglements zu überwachen, und diejenigen, welche im Fall einer Ruhestörung die Urheber derselben nicht festnehmen lassen, sollen eben so betrachtet und bestraft werden, wie die Ruhestörer selbst.«

Als der General Dufresse mit diesem Reglement fertig war, gab er Championnet, der beim Scheine eines Candelabers ein Papier las, durch einen Wink zu verstehen, daß er seine Arbeit beendet habe und sie ihm mitzutheilen wünsche.

Championnet unterbrach sich in seiner Lectüre, nähert sich Dufresse, hörte einen Rapport an und billigte ihn in jeder Beziehung.

Stolz auf diesen Beifall unterzeichnete Dufresse sein Reglement.

Championnet ersuchte ihn hierauf, ihm einen Augenblick Gehör zu schenken, und forderte sodann Velasco und Nicolino Caracciolo, die beiden Politiker, welche zusammen nicht mehr als dreiundvierzig Jahre zählten und während die ernsten Leute sich mit der Erziehung des Volkes beschäftigten, ihrerseits sich über die des Papageies der Herzogin Fusco unterhielten, auf, Schweigen zu gebieten.

Dies war keine sehr schwere Aufgabe. Durch eine Sanftmuth, durch seine Festigkeit, durch seine Achtung der Sitten, durch seine Liebe zur Kunst hatte Championnet sich die Zuneigung aller Classen erworben, und in Neapel, der vorzugsweise undankbaren Stadt, nennt heute noch ein gewisses durch die Zeit geschwächtes, aber dennoch immer noch wahrnehmbares Echo der Zeitgenossen durch fünf Generationen und zwei Drittheile eines Jahrhunderts hindurch seinen Namen.

Championnet näherte sich dem Kamine, stellte sich wieder in den von dem Candelaber verbreiteten Lichtschein, entfaltete das Papier, welches er im Begriffe gewesen zu lesen, als Dufresse ihn unterbrochen, und sagte mit seiner wohllautenden und gleichzeitig sonoren Stimme in vortrefflichem Italienisch:

»Meine Damen und meine Herren, ich bitte um Erlaubniß, Ihnen den ersten Artikel des parthenopäischen Moniteurs vorzulesen, welcher morgen Sonnabend den 4. Februar 1799 alten Styles erscheint. Ich bediene mich dieses Styles, weil Sie, wie ich glaube, sich noch nicht vollkommen an den neuen gewöhnt haben, denn sonst würde ich Sonnabend den 18. Pluviose sagen. Es ist der Probeabzug dieses Artikels, den ich in diesem Augenblicke aus der Druckerei erhalte. Wollen Sie ihn hören? Und da er in kurzen Worten der Ausdruck Aller sein wird, so wollen Sie dann Ihre Bemerkungen darüber, wenn Sie deren zu machen haben, mir mittheilen.«

Diese Ankündigung erweckte die lebhafteste Neugier. Wir haben schon gesagt, daß der Name des Oberredakteurs des Moniteur noch unbekannt war, und Alle waren begierig zu wissen, auf welche Weise er in dieser in Neapel vollständig unbekannten Kunst der täglichen Publicität debutiren würde. Alle schwiegen daher, selbst Monti, selbst Cimarosa, selbst Velasco, selbst Nicolino, selbst ihr Zögling, der Papagei der Herzogin.

Championnet las hierauf mitten unter dem tiefsten Schweigen das nachstehende Programm:

»Freiheit Gleichheit
Parthenopäischer Moniteur
Nr. 1
Sonnabend, am 18. Pluviose, Jahr VII
der Freiheit und der einen und
untheilbaren neapolitanischen Republik.

»Endlich sind wir frei!«

Ein Schauer durchrieselte die Versammlung und jeder war bereit mit lauter Acclamation diesen Ruf zu wiederholen, welcher sich allen edelmüthigen Herzen entrang und wodurch ein neues Organ der von Frankreich ins Leben gerufenen Principien der Welt seine Existenz verkündete.

Championnet fuhr, noch ehe diese Bewegung sich gelegt hatte, fort:

»Endlich ist der Tag erschienen, wo wir ohne Furcht die heiligen Namen der Freiheit und Gleichheit aussprechen können, indem wir uns als würdige Söhne der Mutterrepublik und als die würdigen Brüder der freien Völker Italiens und Europas proclamiren.

»Wenn die gestürzte Regierung ein unerhörtes Beispiel von blinder, unversöhnlicher Verfolgung gegeben hat, so ist dadurch die Zahl der Märtyrer des Vaterlandes blos vermehrt worden. Dies ist Alles. Nicht ein einziger von ihnen hat im Angesicht des Todes auch nur einen Schritt rückwärts gethan, alle haben vielmehr im Gegentheil das Schaffot mit ruhig heiterem Blick betrachtet und mit festem Schritt die Stufen desselben erstiegen. Viele sind mitten unter dem grausamsten Schmerzen taub geblieben gegen die Versprechungen von Straflosigkeit, gegen die Anerbietungen von Belohnungen, die man ihnen ins Ohr murmelte. Ihrem politischen Glauben treu standen sie in ihren Ueberzeugungen fest. Die schlimmen Leidenschaften, welche man seit so vielen Jahren durch alle möglichen Mittel der Verführung unter den unwissendsten Classen des Volkes verbreitet, welchem die Proclamationen und Belehrungen der Geistlichen die edelmüthige französische Nation in den schwärzesten Farben schilderten; die niedrigen Umtriebe des Generalvicars Francesco Pignatelli, bei dessen Namen schon sich das Herz empört, Umtriebe, welche den Zweck hatten, dem Volke glauben zu machen, daß die Religion abgeschafft, das Eigenthum gefährdet wäre, daß seine Frauen und Töchter geschändet, seine Söhne ermordet würden, haben leider das schöne Werk unserer Wiedergeburt mit Blut befleckt. Mehrere Gegenden haben sich erhoben, um die französische Garnison zu überfallen, und sind von den Kriegsgerichten verurtheilt worden. Andere haben, nachdem sie viele ihrer Mitbürger gemordet, sich bewaffnet, um sich der neuen Ordnung der Dinge zu widersetzen. Nach einem kurzen Kampfe haben sie sich genöthigt gesehen, der Gewalt zu weichen.

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