Бесплатно

Die Prinzen von Orleans

Текст
0
Отзывы
iOSAndroidWindows Phone
Куда отправить ссылку на приложение?
Не закрывайте это окно, пока не введёте код в мобильном устройстве
ПовторитьСсылка отправлена

По требованию правообладателя эта книга недоступна для скачивания в виде файла.

Однако вы можете читать её в наших мобильных приложениях (даже без подключения к сети интернет) и онлайн на сайте ЛитРес.

Отметить прочитанной
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

Franzosen! Gebt der Welt das Beispiel, welches Paris für Frankreich gegeben hat; bereitet euch durch Ordnung und Selbstvertrauen auf die kräftigen Institutionen vor, die ihr euch zu geben werdet berufen werden. Die provisorische Regierung will die Republik, unter dem Vorbehalte der Ratification des französischen Volkes, welches sogleich befragt werden wird. Weder das Volk von Paris, noch die provisorische Regierung macht Anspruch darauf, ihre Meinung an die Stelle der Meinung der Bürger zu setzen, über die definitive Form der Regierung, welche die Volkssouverainetät proclamieren wird. Die Einheit der Nation, der Nation, von jetzt an durch alle Klassen gebildet aus welchen sie besteht; die Regierung der Nation durch sie selbst; Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit als Grundsätze; das Volk als Devise und Losungswort; das ist die demokratische Regierung, welche Frankreich sich selbst schuldig ist, und welche unsere Anstrengungen ihm werden zu sichern wissen.«

Die Vertheilung der Geschäfte der provisorischen Regierung war folgende: Hr. Dupont (de l'Eure) ward zum Conseilpräsidenten der Minister ohne Portefeuille ernannt; Lamartine, Minister des Auswärtigen; Arago, Marine- minister; Cremieux, Justizminister; Bedeau, Kriegsminister; [ 108 ] Marie, Minister der öffentlichen Arbeiten; Ledru- Rollin, Minister des Innern; Bethmont, Minister des Handels; Carnot, Minister des öffentlichen Unterrichts; Goudehaux, Minister der Finanzen; Garnier-Pages, Maire von Paris; Guinard und Recurt, Adjuncten des Maire. Die übrigen Maires sowie ihre Adjuncten waren provisorisch beibehalten worden, unter dem Namen von Arrondissements-Maireadjuncten. Die Polizeipräfektur wurde unter den Befehl des Maire von Paris gestellt, die Municipalgarde verabschiedet. Die Bewachung der Stadt Paris wurde der Nationalgarde anvertraut, unter dem Befehle des Herrn Courtais, Oberbefehlshabers der Nationalgarde von Paris. General Cavalignac ward zum Generalgouverneur von Algerien ernannt, Etienne Arago zum provisorischen Director der Postverwaltung, Marc Cauffidiere zum provisorischen Chef der Polizeiverwaltung von Paris.

Nach der Besetzung der Tuilerien durch das Volk wurden noch folgende Proclamationen an alle Mauern von Paris angeschlagen:

»Pariser! ! ! Die Regierung von 1830 hat die Nation herausgefordert. Die Nation hat gesiegt. Sie hat das Recht, ihren Willen kund zu geben. Derselbe ist folgender: Eine provisorische Regierung, aus fünfzehn Männern zusammengesetzt, welche ihr Vertrauen einflößen; die Nationalgarde und das Volk sollen die Waffen nicht niederlegen, bis die neue Regierung vollkommen eingerichtet ist.«

»Paris, 24. Febr. An die Bürger von Paris! Es ist eine große Revolution vollbracht worden. In zwei Tagen hat die öffentliche Meinung sich mit einer Energie und einer Einmüthigkeit ausgesprochen, welche, wir fürchten es nicht zu sagen, ihres Gleichen in der Geschichte sucht. 80.000 Mann Nationalgardisten befinden sich unter den [ 109 ] Fahnen. Mehr als 100.000 Bürger haben zu den Waffen gegriffen. Ihr sorgt für die Bedürfnisse der Freiheit, ihr müßt auch an die Bedürfnisse der Ordnung denken. Orga- niirt euch, bildet Patrouillen, vermischt euch mit der Natio- nalgarde, verbindet unter einander die verschiedenen Punkte der Hauptstadt. Bis sich die öffentlichen Gewalten auf ihren natürlichen Grundlagen organisiert haben, bis die Männer, welche es auf sich nehmen werden, die Leitung der Geschäfte zu übernehmen, angefangen haben, ihre Pflichten gegen euch zu erfüllen, seid ihr es, die Paris hüten. Paris verläßt sich auf euren Patriotismus und eure Ergebenheit. Vor Allem aber keine Spaltung«

»Im Namen des französischen Volkes. Die provisorische Regierung decretiert: Die Kammer der Deputierten ist aufgelöst, der Kammer der Pairs untersagt, sich zu versammeln. Eine Nationalversammlung wird zusammenberufen werden, sobald erst die provisorische Regierung die nothwendige Anordnung und eine polizeiliche Maßregel für die Stimmgebung aller Bürger bestimmt haben wird. Lamartine, Ledru-Rollin, Louis Blanc, Arago«

»Im Namen 2c. Die provisorische Regierung dekretiert: Die Versammlung der Exkammer der Pairs ist verboten. Dupont de l'Eure, Lamartine, Ledru-Rollin, A. Cremieux, Marie, Arago

»Oberst Dumoulin, ehemaliger Adjutant des Kaisers, ist mit dem Obercommando im Louvre und der besondern Ueberwachung der Bibliothek desselben und des Nationalmuseums beauftragt. Herr F. Bouvier ist ihm beigegeben. Der Minister des Unterrichts Carnot

»Die provisorische Regierung bestellt den Capitain von der ersten Legion, Herrn St.-Armand, zum Commandanten des Palastes der Tuilerien. A. Cremieur, Garnier- Pagès, Ledru-Rollin, Dupont de l'Eure.« [ 110 ] Diese sämmtlichen Decrete, Proclamationen 2c. datieren vom 24. Febr.

Als Grundzüge der neuen Constitution, welche in Berathung kommen soll, ward angegeben: »Das Volk tritt wieder in alle Rechte seiner Souverainetät. Die Pairskammer, ein aristokratisches Institut, ist aufgehoben. Die Deputiertenkammer, ein Product der Bevorrechtung, des Monopols und der Corruption, ist und bleibt aufgelöst. Die Nation constituiert sich als Republik und bleibt in Waffen, bis sie in sicherm Besitz aller ihrer Rechte ist. Jeder majorenne Bürger ist Nationalgardist; jeder Bürger ist Wähler und ist wählbar. Unbeschränkte Preß- und Gedankenfreiheit. Allgemeines Recht politischer und industrieller Association. Errichtung berathender Versammlungen überall, um die Bevollmächtigten der Volksregierung zu ernennen. Jeglicher Versuch einer Herstellung der gefallenen Gewalten ist Hochverrath.«

So war denn Ludwig Philipp gefallen. Er war nicht besiegt, sondern hatte selbst durch seine List einen Stein nach dem andern von dem starken Fundamente, auf dem er 1830 stand, weggerissen, bis er zuletzt durch den ersten zufälligen Anstoß fallen mußte. Nach dem unglücklichen Ereignisse vom 23sten Abends, durch das gegen 50 Leute vor dem Hotel des Ministeriums des Auswärtigen fielen, ging es von Mund zu Mund: »On nous trahit! Man hat so gethan, als ob man nachgeben wolle, um uns in einen Hinterhalt zu locken und uns niedermachen zu lassen!« Und die unendliche Mehrzahl des Volkes von Paris glaubte diese »unglaubliche« Beschuldigung. Und sie glaubte es, weil sie gesehen hatte, wie der kluge und feine Politiker alle Welt von Lafitte und Lafayette herab betrogen hatte, bis endlich selbst das kluge, feine England von ihm gefoppt war. In diesem Glauben oder Unglauben vielmehr liegt die eigentliche Ursache dersfo schmachvollen Niederlage der Orleans. Der Ruf: On nous trahit! [ 111 ] wiederholte sich Schritt vor Schritt. – In der Nacht waren Thiers und O.-Barrot Minister geworden; Morgens kündete der »Moniteur« kaum die Ernennung des Herrn Bugeaud zum Commandanten der Nationalgarde an, als das Volk sagte: »Seht Ihr, man belügt uns, man will uns narren!« Dennoch trat eine Art Waffenstillstand ein, als Thiers, Odilon-Barrot, Oskar Lafayette und General Lamoricière durch die Straßen, über die Boulevards ritten und erklärten, daß der König nachgebe und Odilon- Barrot Minister sei. Eine Colonne Nationalgarden mit Truppen, die der General Bedeau führte, kam zu derselben Zeit auf dem Platze de la Concorde an. Hier war ein Wachthaus der Municipalgarde. Das Volk, welches diese Soldaten ihrer bewiesenen Brutalität wegen sehr haßte, schrie ihnen entgegen, sich zu ergeben. Sie aber antworteten mit Schüssen, welche Nationalgarden, Soldaten und Volk zugleich verwundeten. Augenblicklich ertönte von Neuem der Ruf: On nous trahit! der dann von Mund zu Mund über die Boulevards zurückging, jetzt von dem weiteren Rufe: Aux Tuileries! begleitet. Rasch bildeten sich hier jene Colonnen, die eine Stunde später auf die Tuilerien zurückten und sie fast ohne Schwertstreich einnahmen. Der Ruf: Aux Tuileries! war so wenig ein verabredeter, daß man im Hauptquartier derjenigen Republikaner, die durch Ledru-Rollin und das Blatt »La Reforme« vertreten waren, noch in der Nacht v. 23. auf den 24. an nichts weniger als eine Erstürmung der Tuilerien gedacht, sondern Alles erreicht zu haben glaubte, wenn man am 24. die Mehrzahl der Nationalgarde um die Deputiertenkammer versammeln könne, um hier die Wahl- und Parlamentsreform durchzusetzen. Kein Republikaner von Paris hoffte, träumte am Morgen noch die Möglichkeit, daß gegen Mittag die Tuilerien gestürmt sein könnten. Ludwig [ 112 ] Philipp fiel in die Schlinge, die er Andern so oft gelegt hatte – er war »zu klug«. Sein Sturz ist eine Morale en action in der Politik. Die Zeit wird kommen, wo die Menschen endlich wieder einsehen lernen, daß ein bischen selbst in der Politik mehr werth ist, als alle List der Welt.

Die Männer der provisorischen Regierung

Wir wollen hiermit den Lesern dieses Blattes hier eine biographische Skizze jener Männer liefern, die inmitten dieser gefahrdrohenden Krisis die Ruder der Staatsgewalt übernommen haben.

An der Spitze derselben steht als Präsident, der Deputierte Jacques Charles Dupont (de l'Eure), geb. 1797 zu Rouen in der Normandie, einer der ersten Rechtsgelehrten, der nach der ersten Restauration und während der Hundert Tage Vicepräsident der Deputiertenkammer, aber nach der zweiten Rückkehr des achtzehnten Ludwig als unerschrockener Vertheidiger der französischen Freiheit von der Regierung erst desavouiert und später angefeindet worden war. Treu seinen Grundsätzen hatte er sich als Abgeordneter des Eure-Depardements mit unermüdlicher Energie den verfassungswidrigen Schritten der bourbonischen Minister widersetzt und unablässig für die gesetzmäßige Freiheit seiner Nation gekämpft. Im Jahre 1830 gehörte er zu jenen 221 Deputierten, welche nach Auflösung der Kammer jene denkwürdige Adresse an Karl X. votiert und durch sie den ersten Anstoß zu der Julirevolution gegeben hatten. Nach der Thronbesteigung Ludwig Philipp's zum Justizminister und Großsiegelbewahrer ernannt, behielt der beide Stellen nur kurze Zeit und nahm dann wieder seinen Platz in der Kammer ein, die ihn seit [ 113 ], drei Decennien zu den kräftigsten und gewandtesten Mitgliedern der Oppositionspartei zählt.

 

Der Minister der Marine, Dominique François Arago, geb. am 28. Februar 1786 zu Estagel, einem unbedeutenden Marktflecken zu Perpignan, im Schooße der Pyrenäen, ist einer der größten, hervorragendsten und ausgezeichnetsten Gelehrten von ganz Europa, Frankreichs Alexander von Humboldt, eben so gefeiert als Mathematiker wie als Physiker, einer der glänzendsten Sterne der Naturwissenschaften und seit 1809 als Nachfolger des berühmten Astronomen Lalande Mitglied des Nationalinstituts. Seitdem beeiferten sich alle Akademieen, ihn in die Reihen ihrer Mitglieder auf zunehmen, stolz darauf, seinen Namen in das goldene Buch ihrer Notablen einzeichnen zu dürfen. Die königliche Gesellschaft der Wissenschaften zu London votierte ihm eine Ehrenmedaille, die Universität zu Edinburg übersendete ihm ein Diplom als Doctor der Rechte und der König von Preußen verlieh ihm den Orden des Verdienstes. Eben so groß steht er als Staatsmann und Redner da: mit glühender Kraft, mit heldenkühnem Muth und mit der ganzen Macht seiner scharfen Logik vertheidigte er seit der Julirevolution die Sache des Volkes und dessen mehrfach gefährdete Freiheiten. Im Jahr 1832 gehörte er zu jenen Deputierten, die sich dem Plane der Befestigung von Paris widersetzten, ein Plan, dessen Ausführung erst später der sclauen, gleißnerischen und perfiden Beredtsamkeit des Herrn Thiers gelang.

Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Alphons de Lamartine, geboren 1792 zu St. Point bei Mâcon in Burgund, dem Heimathlande Bossuet's und Diderot's, ist einer der ersten Koryphäen des französischen Parnaffes, der Tasso Frankreichs, der hochbegeisterte Sänger der »Méditations poétiques«, die in dem kurzen Zeitraume von [ 114 ] neun Jahren (1820—29) achtzehn Auflagen erlebt hatten, der Schöpfer der »Harmonies religieuses«, der Dichter der Religion, der Liebe und der bekannten »Marseillaise de la Paix«, der Antwort auf das Becker'sche Rheinlied: »Sie sollen ihn nicht haben«. Doch nicht allein als Dichter, auch als Gelehrter hat sich Herr de Lamartine durch seine in fast alle Sprachen Europas übersetzte »Reise nach dem Orient« einen der ersten Plätze in dem glänzenden Phalanx der französischen Literatur erobert, und erst im verflossenen Jahre hat er sich durch seine meister- und musterhafte »Histoire de la Gironde« – das Hohelied der französischen Revolution von 1792 – einen neuen Lorbeerkranz um seine Dichterstirn gewunden. Sein erster Schritt als politischer Schriftsteller war ein offener Brief an das Volk: »Contre la peine der mort«, die im Oktober 1830 erschien. Schon damals wollte er die Todesstrafe als ein Ueberbleibsel der alten Barbarei abgeschafft wissen. In demselben Jahre wurde er an Darus Stelle zum Mitgliede der Akademie gewählt. Seitdem hat er sich auch als Redner, Staatsmann und eigentlicher Urheber der Reformpläne eine so große allgemeine Achtung erworben, daß wir zur Characteristik desselben an den Ausspruch eines alten Legitimisten erinnern, der schon vor Jahren von Lamartine gesagt hat: »C'est plus qu'un ministre, c'est un- ministère.« (Er ist mehr als ein Minister, er ist ein ganzes Ministerium)

Der Minister der Justiz ist Herr Adolphe Cremieux, ein eben so sehr durch die Unbescholtenheit seines Charakters als durch die Macht seiner tiefen Gelehrsamkeit gefeierter Jude, eine der ersten Zierden des französischen Advokatenstandes, populär durch seine sprichwörtlich gewordene Uneigennützigkeit, der Anwalt aller Armen und Unglücklichen, der großherzige Vertheidiger seiner Glaubensgenoffen, [ 115 ] Umderemwillen er in Vereine mit Sir Moses Montesiore, dem damaligen Sheriff von London, die schöne Mission an die Höfe von Petersburg und Wien übernommen hatte, um dort die Befreiung seiner schwergeknechteten Glaubensbrüder vom Joche barbarischer Vorurtheile zu betreiben. Auch Herr Crémieux ist, wenn wir nicht irren, Mitglied des Instituts.

Minister des Innern ist Herr Ledru-Rollin, einer der reinsten Charaktere von ganz Frankreich, ein Mann, dem selbst seine politischen Widersacher Gerechtigkeit widerfahren lassen, daß er Alles aus Ueberzeugung und nichts aus Eigennutz und kleinlichem Ehrgeiz, ein Mann, der Alles für das Volk und nichts für sich selbst will ein Mann, welcher um so höher glänzt, weil er durchaus nicht glänzen will, ein Republikaner im schönern Sinne des Wortes eine Erscheinung, die in mehrfacher Hinsicht an einen der edelsten Charaktere der Conventszeit, an jenen Leon de Saint-Just erinnert, der an die platonische Republik geglaubt und dieser Idee sich selbst zum Opfer gebracht hatte.

Minister des öffentlichen Unterrichts ist Herr Carnot, der Sohn jenes großen Strategikers, Lazare Nicolas Marguerite Carnot, der mit Bonaparte, Rewbel, Barras und La Reveillière die Herrschaft der Directorialregierung getheilt hatte und später vom ersten Consul zum Kriegsminister erhoben worden war. Sein Sohn, Mitglied der Deputiertenkammer, ist außerdem auch als historischer Schriftsteller bekannt. Lange Jahre hatte Herr Carnot in Magdeburg gelebt, wo sein Vater, wie bekannt, 1823 im Exit gestorben war.

Minister des Kriegs ist der General Subervic; Befehlshaber der Flotte Admiral Baudin; über Beide wissen wir bis jetzt noch nichts Näheres.

Minister der Finanzen war zu Anfang Herr Michel Gaudchaux, von dem uns bis jetzt nur bekannt ist [ 116 ] daß er, wie Herr Crémieur, dem mosaischen Glauben angehört und einer der angesehensten, wenn auch nicht reichsten Bankiers von Paris und ein geborner Elsasser ist. (Bereits abgegangen.)

Maire der Stadt Paris (dermaliger Finanzminister) ist Herr Garnier-Pages, ein jüngerer Bruder des am 23. Jan. 1841 von mehr als 40.000 Menschen zu seinem Grabe geleiteten Deputierten, von welchem einer seiner Biographen sagt, daß er zu jenen Characteren gehöre, die zu jeder Zeit und von jeder Partei den Tribut der Bewunderung einzufordern berechtigt sind; ein Mann, der nie um ein Haar breit sein politisches Glaubensbekenntniß geändert habe und bis zum letzten Althemzuge seines Lebens seinen Grundsätzen unerschütterlich treu geblieben sei. Er war es, der 1832 in der Kammer gesagt hat: »Wenn das Volk durch schlechte Verwaltung dahin getrieben wird zu thun, was es im Juli 1830 gethan, dann werde ich mit dem Volke und für das Volk sein.« Und das Versprechen, das der eine dieser Brüder gethan, hat jetzt der andere erfüllt.

Die drei Secretaire der provisorischen Regierung sind Armand Marraf, Redacteur des National, derselbe, der schon im Jahre 1833 in Folge der strengen September gefetze, als Herausgeber der Tribune einer langjährigen Freiheitsstrafe durch die Flucht nach England entgangen, doch, später amnestiert, wieder nach Frankreich zurückgekehrt war; Ferdinand Flocon, Redakteur der socialistischen Reforme, einer der gewandtesten und immer schlagfertigen Journalisten, der Spartacus der republikanischen Presse; und Louis Blanc, der Verfasser des in seiner Art classischen Geschichtswerks: »Histoire des dix ans« (1830—40), von dem unsre deutsche Literatur nicht weniger als sechs verschiedene Uebersetzungen aufzuweisen hat. Alle drei, innig befreundet durch gleiche Prinzipien, sind in gleichem Alter, Männer von 45—48 Jahren. [117 ]

Generaldirektor der Posten ist. Etienne Arago, ein jüngerer Bruder des gleichnamigen Gelehrten, welcher jetzt das Portefeuille der Marine hat, und einer der geistreichsten Theaterdichter, der einige Dutzend reizend hübscher Vaudevilles, u. A. »L'anneau de Gyges«, »C’est demain le treize«, »Lia ou une nuit d'absence«, und erst in ganz jüngster Zeit ein sehr witziges Lustspiel »L'Aristocratie« geschrieben hat, das im Théâtre français von Publikum und Kritik mit wohlverdientem Beifall aufgenommen worden ist.

Alle diese Männer der provisorischen Regierung gehören, nur Drei ausgenommen, dem Gelehrten- und Schriftstellerstande an, und es hat nun den Anschein, als wolle sich die Weissagung des sterbenden Talleyrand erfüllen: »Après 1"empire des canons commencera le règne de la presse«. (Nach der Herrschaft der Kanonen, wird das Reich der Presse beginnen.)

##################

Um 5 Uhr Abends constituierte sich diese provisorische Regierung im Stadthause, umgeben von einem bewaffneten, begeisterten Volke. Dort wurden die Namen noch einmal verlesen, mehrere davon, die mißfielen, verworfen, und andere an ihrer Stelle vorgeschlagen und ausgerufen. Während die Mitglieder derselben im Berathungssaale noch über die nothwendigsten Maßnahmen sich berathschlagten, füllten dichte Volkshaufen das ganze Stadthaus und umbrausten die Thore. Kein menschlicher Ausdruck ist im Stande, den Anblick dieser wilden Fanatiker zu beschreiben, die in zerriffenen Kleidern, noch schwarz von Pulver, Gewehre, Degen und andere Waffen schwangen; ihre Haltung war drohend, ihre Ungeduld schreckhaft; ein einziges Geschrei kam aus Aller Munde: »Die Republik, die Republik« – Plötzlich wurde die Thür des Berathungssaales gewaltsam eingeschlagen; das Volk verlangte mit großem Geschrei Mittheilung des ersten Artikels, [ 118 ] den die provisorische Regierung angenommen. Die Regierung verlangte, sich in ein Berathungszimmer zurückzuziehen, um noch über die Form der neuen Regierung zu berathen. Dieser Wunsch ward indeß sehr ungünstig aufgenommen unter dem allgemeinen Rufe: »Es ist hierüber nichts zu berathen, wir wollen die Republik und keine andere Art Regierung!« Nach einigen Vorstellungen. Ledru-Rollin's und Lamartine's, welche dem Volke vorstellten, daß die eben gewählten Mitglieder sich doch über eine so wichtige Frage erst verständigen und Beschluß fassen müßten, beschwichtigte sich das Volk augenblicklich und erklärte, das Ergebniß der Berathung abwarten zu wollen. Nach einer halben Stunde kehrte die Regierung in die Volksversammlung zurück, und Herr Dupont de l'Eure erklärte in ihrem Namen: »die prov. Regierung halte sich nicht berechtigt, irgendeine Form definitiv anzunehmen, und wolle hierüber die Nation durch Urwahlen (élections primaires) entscheiden lassen; jedoch wolle die Regierung, ebenso wie das hier versammelte Volk, die Republik« Diese Erklärung brachte nicht nur einen größeren Sturm als der frühere hervor, sondern setzte das Volk so sehr in Wuth, daß es seine geladenen Gewehre gegen die Mitglieder der Regierung richtete. Ledru-Rollin, Lamartine und Crémieux hatten den Muth, eine Zeit lang dieser Drohung die Stirn zu bieten und in eindringlichen Reden dem Volke begreiflich zu machen, daß sie kein Recht hätten, eine bestimmte Regierungsform zu proclamiren; doch ihre Beredtsamkeit war vergebens, sie wurden fortwährend mit dem Ruf: »Es lebe die Republik« unterbrochen, und die Gewehre blieben so lange gegen sie gerichtet, bis sie erklärten, daß sie die Republik proklamieren würden. Jetzt erst begab sich Louis Blanc, begleitet von mehreren, Schülern der polytechnischen Schule, inmitten einer zahllosen Menge nach [ 119 ] dem Greveplatz und verkündete namens der provisorischen Regierung die Republik. Bei diesen Worten erscholl der stürmischste Beifall von allen Seiten. In der ersten Proclamation des provisorischen Gouvernements hatte dasselbe von der Republik nur als von einem Wunsche gesprochen, den 25. aber wurde es solcher gestalt durch Drohungen des Volks gezwungen, sie sofort zu proclamiren. Nur erst die seit dem 25. publizierten Actenstücke trugen die Ueberschrift: »Französische Republik – provisorisches Gouvernement.« Lamartine übrigens war die Seele der Bewegung, der Repräsentant der öffentlichen Meinung, der Urheber, der Herold, der Redner, der Staatsmann der Republik, der in dem entscheidenden Augenblicke des ersten Kampfes die Schreckensherrschaft unmöglich machte. Die rothe Blutfahne wehte am 26. bereits von allen öffentlichen Gebäuden mit wildgeschwungenen rothen Blutfahnen stürzten schon unzählbare Volkshaufen nach dem Stadthause und bedrohten die neue Regierung, der sie mißtraueten, und brüllten mit gräßlichem Geschrei: »Dupont zum Fenster hinaus! Marie zum Fenster hinaus!« Da trat Lamartine vor, und redete das unter den Fenstern des Rathhauses versammelte Volk also an: »So laßt Ihr Euch von Verleumdung zu Verleumdung verleiten gegen die Männer, welche sich mit Kopf, Herz und Brust hingegeben haben, um Euch eine wahre Republik zu geben, die Republik aller Rechte, aller Interessen und aller gesetzlichen Rechte des Volks! Gestern fordertet Ihr im Namen des Volks von Paris, die Rechte von 40 Millionen Menschen zu usurpiren, und denselben eine absolute Republik, anstatt einer mit der Stärke ihrer Zustimmung bekleideten, zu geben, das heißt, Ihr wolltet eine solche, aufgedrungene und nicht gewährleistete Republik, aus dem Willen eines Theils des Volks, [ 120 ] nicht aber aus dem Willen der ganzen Nation hervorgehen lassen. Heute fordert Ihr von uns die rothe Fahne statt der Tricolore. Bürger! Was mich betrifft, ich werde niemals die rothe Fahne annehmen, und ich will Euch mit einem Worte sagen, warum ich mich, mit der ganzen Kraft meines Patriotismus dagegen stemme. Bürger, es ist deshalb, weil die dreifarbige Flagge, während der Republik und des Kaiserreichs mit unserer Freiheit und unserm Ruhme um die ganze Welt gezogen ist, während die rothe Fahne nur über das Champ de mars durch Ströme von Bürgerblut geschleppt wurde.« Sobald Herr Lamartine bereits erschöpft von einer Sitzung von 40 Stunden, umringt von einer aufgereizten Menge, zu diesem letzten Theile seiner Rede gelangt war, wurde alles plötzlich durch seine Worte gerührt. Man reichte sich die Hände und vergoß Thränen, und endigte damit, ihm die Hände zu schütteln, ihn zu umarmen und im Triumph herum zu tragen. Einen Augenblick nachher drangen neue Massen Volks, mit Säbeln und Bayonnetten bewaffnet, ein. Sie klopften an die Thüren, sie füllten die Säle. Man hielt schon. Alles für verloren. Man glaubte, daß das Volk vorhabe, die Mitglieder der provisorischen Regierung zu erschießen oder zu verjagen. Da rief man Herrn Lamartine aufs Neue. Er wurde gebeten, noch einmal, zum letzten Mal eine Anrede an das Volk zu halten. Er stand auf den obern Stufen der Treppe. Eine halbe Stunde lang konnte er sich bei dem Haufen, der unter Geschrei die Waffen über seinem Haupte schwang, kein Gehör verschaffen. Herr Lamartine kreuzte seine Arme und begann von Neuem, und er endigte damit, daß er das Volk beruhigte und besänftigte, und es dazu bestimmte theils abzuziehen, theils selbst eine Sicherheitswache für die provisorische Regierung zu bilden.

 

Es gibt noch jetzt in Frankreich eine Partei, die allerdings [ 121 ] in Robespierre und Marat ihre wahren Vorbilder sieht, und diese Partei war es auch, welche die rothe Fahne und die rothe Cocarde aufsteckte. Diese Partei aber wurde am 25sten durch das Benehmen Lamartine's auf dem Hotel de Ville besiegt und zur Herausgabe ihrer Fahne veranlaßt. Der Beschluß, der die Todesstrafe abschafft, wurde in gewisser Beziehung als eine Barriere zwischen diese Partei und das Volk geschoben. Herr Lamartine hat sich damit eine schöne Stelle in der Geschichte Frankreichs errungen, und wir hoffen, daß der Sieg, den er davon getragen, ein dauernder bleiben wird. Und wirklich hat es fast den Anschein, als ob dieses der Fall sein werde. Die Gemüther sind seitdem wieder so beruhigt, wie vor dem Kampf, ja, in gewisser Beziehung ruhiger geworden; denn vor dem Kampfe sahen eben sehr Viele diesen Kampf selbst kommen, heute hofft alle Welt daß er zu Ende sei und daß die Regierung in der Bahn der Ordnung, in die sie eingelenkt, sich auch erhalten werde. Man übersieht die großen Schwierigkeiten nicht, die sie zu besiegen hat; man täuscht sich auch darüber nicht, daß die Anhänger der rothen Fahne es wahrscheinlich bei dieser ersten Niederlage nicht bewenden lassen werden. Aber das verhindert nicht, daß allgemeines Vertrauen überall wieder hervortritt. Die unendliche Mehrzahl der Nation will Ruhe und Ordnung, und die Anhänger der gestürzten Regierung hoffen dieselbe nur von einem festen Anschließen an die neue Regierung. Um mit einem Worte die Lage der Dinge zu bezeichnen, braucht man nur zu sehen, daß gegenwärtig der »National« als conservatives Blatt an die Stelle der »Debats« getreten ist, und daß alle anderen Parteien, die früher conservativ waren, sich der Partei des »National« so fest als möglich anschließen. [ 122 ]

Schon am 27. Febr. war inmitten der großen Bewegung, die Ordnung in Paris zurückgekehrt. Die Ruhe in den Gemüthern stellte sich mit der Wiederkehr einer gewissen. Regelmäßigkeit in den Geschäften und dem Gesammtverkehr wieder her. Die meisten Läden waren wieder geöffnet, die Passage für Fuhrwerk fast durch die ganze Stadt wieder frei. Allenthalben hatte die Nationalgarde der Erhaltung der Ordnung, kräftig unterstützt von Zöglingen der polytechnischen Schule und dem guten Willen der Bevölkerung, ihre thätigte Mitwirkung gewährt. Von Neuilly nur hörte man, daß ein Theil der kostbaren Geräthschaften dieses Lustschlosses durch einen darin eingedrungenen Volkshaufen den Flammen geopfert worden war. Die provisorische Regierung hatte aber auch ihrerseits, dieser allgemeinen Stimmung ganz conforme Maßregeln ergriffen, die Verproviantirung der Stadt gesichert, durch Errichtung von 24 Bataillonen mobiler und besoldeter Nationalgarden, durch die Vertheilung von Anweisungen auf Fleisch und Brot, die Oeffnung von Arbeitsanstalten für den Unterhalt der Bevölkerung gesorgt. Unordnungen kamen nur in der Umgebung von Paris vor, die Urheber derselben aber waren Menschen, die keiner Partei angehörten, Uebelthäter, wie sie leider jede große Stadt aufzuweisen hat, und gegen die sehr bald Maßregeln ergriffen wurden. Alle Oberoffiziere der Land- und Seemacht beeilten sich daher auch, der neuen Regierung ihren Beitritt zu erklären. Nach den fünf großen Kriegshäfen Brest, Cherbourg, Lorient wurden. Bevollmächtigte der provisorischen Regierung abgeordnet, und alle Mitglieder des Cassationshofes aufgefordert, in die Hände des provisorischen Justizministers Herrn Crémieux, in corpore ihre Verpflichtung abzulegen, was sie auch ohne Weigerung thaten. – Das eben so feste und energische als versöhnliche [ 123 ] Benehmen der provisorischen Regierung erweckte überall Vertrauen. In allen Kirchen wurden Seelenmessen für die Todten gelesen. In der Kathedrale Notre Dame begann Abbé Lacordaire eine schon länger angekündigte Reihe von Predigten vor einer ungeheuren Zuhörermenge. Zuerst verlas er den Brief des Erzbischofs, worin der Prälat auf Begehren der Regierung den Befehl gibt, daß fortan das »Domine, salvum fac populum« in allen Kirchen gesungen werden soll. Er sagte sodann, zu dem Bischof gewendet:

»Monseigneur! Das Land dankt Ihnen durch meine Stimme für das muthige und katholische Beispiel, welches Sie gegeben haben; es dankt Ihnen dafür, daß Sie die Unveränderlichkeit der Kirche und die Heiligkeit der Eide mit den Veränderungen, welche Gott in der Welt durch Menschenhände bewirkt, zu versöhnen wußten.«

An demselben Tage faßte die provisorische Regierung die Entschließung, der künftigen Nationalversammlung die Abschaffung der Todesstrafe für politische Fälle vorzuschlagen. Die desfallsige Erklärung lautet: »In der Ueberzeugung, daß Hoheit der Seele die höchste Politik sei, und jede vom französischen Volke vollbrachte Revolution, der Welt die Weihe einer philosophischen Wahrheit mehr schuldig ist; in Betracht, daß es kein erhabeneres Prinzip als das der Unverletzlichkeit des menschlichen Lebens giebt; in Erwägung, daß in den denkwürdigen Tagen, in denen wir leben, die provisorische Regierung mit Stolz gesehen hat, daß nicht ein Ruf der Rache und des Todes aus dem Munde des Volks kam, erklärt die provisorische Regierung, daß nach ihrer Ansicht die Todesstrafe für politische Fälle abgeschafft ist und sie dieses Gesetz der Nationalversammlung zur Bestätigung vorlegen wird. Sie hat eine so feste Ueberzeugung von der Wahrheit, die sie im Namen [ 124 ] des französischen Volks proclamiert, daß, wenn die schuldvollen Männer, welche in Frankreich Blutvergießen herbeiführten, in den Händen des Volks sich befänden, es in ihren Augen eine exemplarischere Strafe sein würde, sie zu degradiren als sie zu treffen.«

Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»