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Der Pechvogel

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Diese lange Erzählung hatte Challamel durstig gemacht: er ging von seiner ursprünglichen Entschließung etwas ob und reichte seinem Kameraden das Glas hin.

Herr Batifol erhob sich und verließ das Zelt; er war vollkommen befriedigt: er war auf die Idee gekommen diejenigen die er als seine Feinde betrachtete gegeneinander aufzuhetzen, und er wollte diesen Plan sogleich ins Werk setzen.

Er entlehnte das Cabriolet Berlingards, gab dem Pferde tüchtig die Peitsche und fuhr nach Paris.

XVI.
Die Folgen eines nächtlichen Balls

—–

Der Ball von Varenne erinnerte nur sehr wenig an den städtischen Geschmack welcher bei den meisten Ergötzlichkeiten des Tags vorgewaltet hatte.

Der große Festordner Herr Batifol schien diesen Theil seines Programms ganz zu verachten und dieß ganze Geschäft der Natur überlassen zu haben: die Natur aber hatte es so eingerichtet daß, wenn auch nicht vielleicht Batifol und seine Freunde, doch wenigstens alle Liebhaber des Pittoresken volle Befriedigung fanden.

Man hatte den Ball in einem Walde von Ulmen und Buchen, genannt der Mönchswald, mitten auf einen Kreuzweg verlegt, der von einem doppelten Spalier hundertjähriger Eichen beschattet war.

Herr Batifol hatte für die Dekoration seines nautischen Schauspiels eine solche Masse vielfarbigen Zizes verwendet, daß er unmöglich noch mehr auftreiben konnte um die plumpe hölzerne Gallerie der Musikanten mit den nothwendigsten Fahnen auszustatten; auch die Beleuchtung war mit häuslicher Sparsamkeit vertheilt; einige rauchige Lampen die an den Stämmen der Buchen hingen, ein Kronleuchter mit fackelnden Lämpchen und von den großen Zweigen herabhängend die sich gleich den Armen eines schwarzen Riesen über die Köpfe der Tänzerinnen bogen, beschrieben spärlich einen leichten Lichtkreis inmitten des Roudels; ihr Glanz machte die Strahlen des Mondes nicht erblassen, der den grünen Dom mit seinem weichen zitternden Schein versilberte, und dessen milder Glanz zwischen dem Laubwerk hin über die knotige Rinde der Bäume irrte.

Der schallende Widerhall der Kupferinstrumente, der sich in das bereits gleich einer Winterdrehung trübselige Geräusch mischte welches die Blätter machen wenn der Herbst sie schüttelt, der Anblick dieser Schatten die im Halbdunkel auf und abschwankten und sichtbar wurden wenn sie in die Lichtzone traten, sodann wiederum verschwanden um im Augenblick nachher wieder zu erscheinen, die Wunderlichkeit der meisten Costüme, das Gesinge, Geschrei und Gelächter in der mysteriösen Dunkelheit, alles das Verlieh diesem Ball einen seltsamen wilden Charakter der eindrucksfähige Seelen tief aufregen mußte.

Die Kahnführer waren statt sich wie gewöhnlich bei Nacht zurückzuziehen und die Oeffnung der Schlagbäume zu benützen welche die Marne schließen, in Masse dageblieben.

Challamel hatte seiner schwatzhaften Zunge, nachdem sie einmal in Bewegung gesetzt worden, keine Bande mehr anlegen können; das Gerücht von den Plänen des Capitäns der Möve hatte sich unter all diesen jungen Leuten verbreitet, die theils aus Corpsgeist, theils aus Neugierde voll Verlangen der weiteren Entwicklung des Abenteuers entgegensahen.

Diejenigen unter ihnen die nicht tanzten stellten sich auf die Zehen um das junge Mädchen zu sehen, und lächelten boshaft so bald sie erröthend die Augen niederschlug, wenn sie dem Flammenblicke Richards begegnete. Andere, die genaueren Freunde des Bildhauers hatten es übernommen Pechvogel, welcher die Blonde begleitet hatte, zu zerstreuen und;, ihren Kameraden von einer Aufsicht zu befreien die seine Pläne durchkreuzen konnte.

Dieß war indeß nicht nöthig. Franz Guichard, hatte dem Mahle ungewohnt, seine Nüchternheit hatte ihn vor dem Rausche bewahrt den seine Nachbarn ihm anzuhängen gedacht, aber man war mit solchem Eifer auf seinen paradoxen Lieblingsgegenstand eingegangen; man hatte so weidlich über die Menschen geflucht die sich ein Eigenthumsrecht auf das Wasser anmaßen; auf das was die Natur, schon dadurch daß sie es in beständiger Flüssigkeit schuf, zum allgemeinen Genuß des ganzen Menschengeschlechtes beistimmt zu haben schien; man hatte die alberne Phrase welche der alte Fischer schön wie das Evangelium fand:, »Wenn diese Fische ihnen gehören, so sollen sie doch das Zeichen vorweisen womit Gott sie gestempelt hat, um ihren Besitz zu rechtfertigen,« so oft geheult; man hatte die Stadtherrn im Allgemeinen und Herrn Batifol insbesondere so sehr geschmäht und herabgesetzt, daß der arme alte Mann sich in Worten und Lärm, statt im Wein, berauscht hatte und in seiner Begeisterung auf alle diese wackern jungen Leute das Vertrauen ausdehnte welches Valentin und Richard ihm bereits einzuflößen gewußt hatten.

Huberte hatte im Anfang über die Abwesenheit Valentins geweint, zuletzt aber ihren Freund gänzlich vergessen.

Das Vergnügen will unbeschränkt sein; so lange es herrscht, duldet es keine Nebenbuhler in dem Herzen worin es eingezogen ist.

Kaum daß von Zeit zu Zeit ein Seufzer, ein Gedanke den Busen des jungen Mädchens hob oder , ihre Wimpern schwer machte und im Namen des Abwesenden gegen diese Heiterkeit protestirte; sie überließ sich rückhaltlos der Wonne einmal ums andere zu hören daß sie schön sei; sie fühlte sich unwiderstehlich hingerissen von diesen lärmenden Freuden denen ihr natürlicher Hang sie nur allzu sehr geneigt machte.

Der Ball vollendete die Bezauberung. Wir kennen bereits aus Hubertens eigenem Mund die Unruhe und Aufregung die er in ihrer Seele hervorrief; zwar der fade Contretanz welchen sie am hellen Tage versucht hatte, unter der Befürchtung von ihrem Großvater überrascht zu werden, hatte noch nichts von dem Zauber und der Macht dieses Festes; aber dieses Halbdunkel, diese lärmende Musik, dieses beständige Singen und Lachen, die glühenden Phrasen womit Richard ihr seit dem frühen Morgen unaufhörlich seine Liebe geschildert hatte, alles das steigerte die Unruhe ihres Herzens bis zur förmlichen Unordnung. Diese Unordnung nahm dermaßen überhand, daß ihre Freude zuweilen unter der Herrschaft eines schrecklichen Ueberreizes in Leiden ausartete:; es war ihr als wolle ihr Kopf sich spalten, als wolle ihr Gehirn herausspringen, und dennoch vermochte sie die Kraft nicht in sich zu finden um sich diesen unseligen Aufregungen zu entreißen.

Sie walzte; sie war blaß, ihre Augen verschleierten sich vorübergehend, dann öffneten sie sich wieder und schleuderten Blitze in den Wirbeln des Walzers: ein Theil ihres schönen Haares hatte sich aufgelöst und umflatterte ihren Kopf wie ein durchsichtiger Heiligenschein.

– Huberte, Huberte, sagte Richard, dem von allen diesen Bewegungen in der Seele des jungen Mädchens nichts entgangen war; Huberte, gibt es, aus Erden ein größeres Glück als das unsrige? Es ist als drehe sich der Himmel über unsern Köpfen, als hüpfe die Erde unter unsern Füßen wie ein Spielball! man könnte meinen, der Sturm entführe und wiege uns! Ach wenn Deine süße Stimme in einem solchen Augenblick murmelte: Ich liebe Dich, dann gäbe es unter dem Himmel kein Glück das dem meinigen gliche.

Huberte antwortete nicht, aber Richard fühlte daß das Herz der Blonden schneller klopfte, und ihr Fuß – beschleunigte das Tempo, als wollte er voll Ungeduld den Raum verschlingen.

– Huberte, man könnte sagen, unsere Herzen seien miteinander verwachsen, denn sie sind in einem und demselben Schlage vermengt, unsere Herzen bilden nur noch eines, Huberte; sage mir daß Du sie niemals trennen wirst, dann mag auch alles Elend dieser Welt, mag der Tod kommen, ich werde ihm trotz bieten.

– Laß uns walzen, walzen! flüsterte das junge Mädchen.

Richard antwortete damit daß er seine Tänzerin mit einer schwindelnden Schnelligkeit herumwirbelte, so daß das Auge ihr kaum zu folgen vermochte, dann neigte er sich an ihr Ohr und sagte:

– Ja das Leben ist kurz, man muß sich beeilen wenn man es genießen will. Gott hat zwischen der Schale und den Lippen nicht Raum genug zu einer Ueberlegung gelassen.

– Ei diese Musikanten schlafen ja ein auf ihren Bänken!

– Schneller doch, ihr Dorffiedler! rief der Commandant der Möve. Ha, tausend Stückpforten, sie hängen die Köpfe auf ihre Pulte wie Neulinge auf ihre Ruder, und doch hat die Nacht kaum begonnen. Komm, wir wollen sie vollends in Paris zubringen, Huberte, ich will Dich auf einen Ball führen wo die Musik Deiner Aufregung zu Hilfe kommen soll.

– Nein, nein, murmelte Huberte voll Schrecken.

– Komm, komm, Deine Augen werden geblendet werden vom Glanze der Toiletten und Lichter, Deine Ohren werden bezaubert werden von den lieblichen Klängen des Orchesters, und wir werden bei diesen Klängen bis zum Tag springen, während unsere Herzen an einander pochen.

– O ich beschwöre Sie, sprechen Sie nicht so, Herr Richard!

– Was kannst Du fürchten? Werde ich nicht bei Dir sein? Was ist die Sorgsamkeit eines Vaters oder Bruders um seine Tochter oder Schwester im Vergleich mit der Zärtlichkeit eines Liebhabers gegen diejenige die er liebt? Wer dürfte es also wagen, Dir ein Haar zu krummen wenn ich da bin meinen Schatz zu vertheidigen, der in meinen Augen kostbarer ist als alle Schätze der Erde?.

– O Herr Richard, Valentin würde nicht so sprechen.

– Valentin, versetzte der Bildhauer mit vollkommener Sicherheit; und was thut denn er in diesem Augenblick? Gleich uns überläßt er sich dem Vergnügen; ist dieß nicht das Gesetz das die ganze Erde beherrscht? Komm! Komm! Ich werde so glücklich sein in Deinem Glück, so stolz die ersten Regungen zu überraschen welche das magische Schauspiel das ich Dir vor Augen führe in Deiner Seele hervorrufen wird! Bedenke Dich nicht länger, Huberte, komm!

– Ich kann nicht, mein armer Vater. . .

– Wir sind zurück ehe er Deine Abwesenheit bemerkt; überdieß, wenn er sie auch entdeckte, nun wohl, so würde ich zu ihm sagen. . . ich würde zu ihm sagen daß ich Dich liebe, daß Du mich liebest und es bliebe ihm nichts Anderes übrig als uns zu segnen.

 

Der Bildhauer hatte dieser letzten Phrase eine ironische Absicht gegeben, die wunderlich gegen den überzeugungstreuen Ton abstach welchen seine Worte gehabt hatten, als er sich genöthigt glaubte die großen Triebfedern der Leidenschaft spielen zu lassen. Huberte war zu treuherzig und zu naiv um es zu bemerken.

– Wirklich, Herr Richard, Sie würden das wirklich thun?

– Ob ich es thäte? tausend Stückpforten!

– Sie lieben mich so sehr, daß Sie sich nicht schämen würden mich zu heir. . .

– Ob ich Dich liebe, ob ich Dich liebe? Sieh, Himmel und Erde könnten vor mir stehen, so würde ich diese Frage nicht anders beantworten als ich sie in diesem Augenblick beantworte.

So sprechend neigte sich der Bildhauer über den Kopf des jungen Mädchens hin und drückte einen Kuß auf ihre Stirn.

Sie fuhr zusammen als wäre sie ihrer Aufregung unterlegen.

– Platz, Kameraden, bitte, bitte, sagte Richard leise.

Die tumultuarischen Reihen der Tänzer öffneten sich wie auf ein Zauberwort und schlossen sich so schnell wieder, der Walzer begann, während der Befehlshaber der Möve die Blonde fortriß, mit solcher Hartnäckigkeit von Neuem, daß die Zuschauer nicht Zeit hatten diese Bewegung zu bemerken.

In diesem Augenblicke erschien ein Mann mit bleichen, verstörtem Gesichte und kothbeschmuzten Kleidern auf dem Ball.

Es war Valentin.

Zehn Schritte hinter ihm ging Herr Batifol, der sich vergnügt die Hände rieb und auf dessen Lippen ein boshaftes Lächeln sich zeichnete.

Valentin ließ seinen Blick ängstlich im Gewühl umherschweifen und suchte die Tiefen desselben zu erforschen; er ging auf dem ganzen Tanzplatz umher, und als er weder seinen Freund noch Huberte sah, erweiterte sich seine Brust, er fuhr mit der Hand über seine schweißgebadete Stirne und athmete laut.

Er befand sich gerade neben dem Platz wo die Musikanten; standen; als er denselben umging, kam er plötzlich Pechvogel gegenüber zu stehen, der unter einem Baum saß, umgeben von Bekannten denen er einige Fischerstükchen erzählte mit jener selbstgefälligen, den Greifen eigenthümlichen Weitschweifigkeit welche Homer so gut geschildert hat, und die man bei den Fischern wie bei den Königen findet.

Valentin lief auf Franz Guichard zu, schob barsch die ihn von dem Alten trennenden Personen bei Seite und rief:

– Wo ist Huberte?

– Huberte? antwortete der Greis, betäubt von dieser plötzlichen Erscheinung.

– Was habt Ihr aus Eurem Kinde gemacht? Antwortet! wiederholte der junge Mann.

– Ich könnte Ihnen antworten daß es Sie nichts angehe, Herr Valentin, ich will aber lieber sagen daß ich glaube, es gehe mit Ihren Augen wie mit den Geräthschaften unserer Stadtherren: das ist zierlich gedreht, sauber geflochten, aber es taugt zu nichts. Sie müssen also nicht klar sehen, wenn Sie nicht bemerkt haben daß Huberte sich da drinnen mit Ihren Freunden und andern jungen Leuten ihres Alters lustig macht.

– Ach Guichard, Guichard, Ihr seid ein Narr!

– Ei, ei! Herr Valentin, das ist nicht schön von Ihnen daß Sie mir Grobheiten machen, denn bloß Ihnen und Herrn Richard zu Gefallen habe ich ihr ein Vergnügen erlaubt das, wie Sie wohl wissen, mit meinen Neigungen und Grundsätzen gar nicht zusammenpaßt.

– Aber sie ist nicht mehr da, sie ist nicht mehr da! rief Valentin, selbst halb wahnsinnig vor Verzweiflung.

– Nicht mehr da? murmelte Pechvogel, wie wenn er seine Augen vor dem Abgrund verschlossen hätte den er sich öffnen sah, und dessen Anblick ihn mit Schrecken erfüllte; nein, nein, das ist unmöglich, sie kann nicht ferne sein! Huberte! Huberte! rief er dann laut, indem er ganz verstört um den Kreis herumlief der sich vor ihm gebildet hatte.

Seine Stimme blieb ohne Echo. Der Alte war auf einmal wie zermalmt vom Schauer der Wirklichkeit; dann drehte er sich gegen Valentin um und rief mit einem unsäglichen Ausdruck von Angst: Aber wo ist sie, wo ist sie?

Valentin beugte sein Haupt ohne zu antworten. So schwer Richard sich gegen ihn vergangen hatte, so widerstrebte es ihm doch den Namen seines ehemaligen Freundes der Rache eines Vaters preiszugeben.

– Nein, nein! ich kanns nicht glauben, begann Pechvogel wieder, indem er zum letzten mal gegen die Wahrheit ankämpfte die sich in seiner Seele Bahn brach. Huberte, mein Kind, mein einziges Kind! Nein, es ist nicht so, Ihr wollet über mich spotten, meine Herren, Ihr wollet über die Unruhe eines armen Vaters lachen. Es ist vielleicht nicht Recht die Zärtlichkeit eines Vaters zu verhöhnen und weiße Haare zum Gespötte zu machen, aber gleichviel ich verzeihe Euch; gebt mir sie zurück, verlängert dieses grausame Spiel nicht, ich bitte Euch, meine Herren; ich liebe sie so sehr, es ist auch wahrlich kein Wunder; als sie noch ganz klein war, beweinte ich ihre Mutter und ihre Großmutter, meine Tochter und mein Weib; ich habe sie gewiegt, ich habe sie erzogen, sie ist in meinen Armen groß geworden, ich habe für sie das Herz eines Vaters und einer Mutter zugleich . . . und dann habe ich nur sie; andere Leute haben ihre Vergnügungen, ihren Ehrgeiz, Gold, Titel, eine Menge Sachen die ihnen Zerstreuungen geben; ich habe nichts als sie; sie ist der Sonnenstrahl der meine Wohnung etwas weniger düster macht, ihr Lächeln soll mir beim Sterben helfen. Gebt sie mir zurück, meine Herren, ich beschwöre Euch darum.

Dann, als er seine ganze Umgebung schweigen sah, fuhr er fort:

– Ha, Millionen Donnerwetter, wenn es wahr wäret wenn man sie mir entführt hättet wenn man mein Kind verzaubert hättet wenn einer dieser schlechten Bursche meine Huberte an seiner Leimruthe gefangen hätte, o wehe ihm!

– Beruhiget Euch, Vater Guichard, beruhiget Euch! sagte Valentin.

Pechvogel schien ihn nicht gehört zu haben, aber in diesem Augenblick bemerkte er Herrn Batifol in seiner Nähe: er sprang ihm an die Kehle, drückte ihm die Halsbinde so zusammen daß er ihn beinahe erdrosselte, und rief:

– Ha, Du Elender, ha! Du niederträchtiger Hallunke, Du bist es der mir mein Kind gestohlen hat. . . ich kenne alle Deine Schliche, nur Du bist zu diesem abscheulichen Raube fähig. . . Was hast Du aus ihr gemacht? Antworte oder ich zertrete Dich wie ein Ungeziefer das Du bist, und sollte es mich auch meinen Kopf kosten!

– Herr Guichard, laßt mich los, ich beschwöre Euch . . . Polizei . . . Hilfe. . . Herr Valentin, helfen Sie mir!

Valentin und die Umstehenden hatten die größte Mühe den Faconmacher den Händen des alten Fischers zu entreißen.

– Kommt, kommt, sagte der Bijoutier zu dem letzteren, gehet nach Hause, Vater Guichard, gehet nach Hause, ich werde Euch begleiten.

– Nach Hause gehen, wo ich meine arme Blonde nicht mehr finden werde, wenn ich nicht weiß wo sie ist! Nach Hause gehen, o mein Gott! mein Gott! fuhr der unglückliche Greis fort, indem er sich die Haare ausraufte.

Die meisten Kahnführer hatten sich entfernt, diese Scene hatte einen ganz andern Eindruck auf sie gemacht als sie erwartet hatten; Herr Batifol, welcher die durch Pechvogels Gewaltthätigkeit hervorgebrachte Unordnung in seinen Kleidern wieder gut gemacht hatte, näherte sich dem Alten.

Wie die Kahnführer, obschon von einem ganz entgegengesetzten Standpunkte aus, hatte Batifol aus eine ganz verschiedene Endentwicklung gerechnet; der Schmerz dieses Vaters genügte dem Grolle nicht welchen der Fabrikant auf die verschiedenen Personen unserer Geschichte geworfen hatte.

– Ihr habt mich so eben beschuldigt, sagte er; nun wohl, ich will Euch dazu verhelfen daß Ihr Euer Kind wiederfindet.

– Sie?

– Ja ich. Aber wir dürfen keine Secunde verlieren. Ich weiß daß sie vor kaum zehn Minuten- aufgebrochen sind; sie fahren die Marne hinab, sich werden den Schlagbaum verschlossen finden, sie müssen den Kahn ans Land bringen und jenseits der Schleuse hinaufziehen. Wenn wir die Ebene quer durchschneiden, kommen wir vor ihnen an den Schlagbaum.

– Fort, fort, rief der Alte, indem er sich quer durch das Dickicht warf.

Valentin wollte ihn zurückhalten, aber der Fischer war schon fern; es blieb nichts Anderes mehr übrig als ihm zu folgen.

Herr Batifol that dasselbe; er war überzeugt daß Richard seinen Raub nicht leicht loslassen würde.

Alle drei durchschritten die Ebene, indem sie durch das Brachfeld in das Ackerland hingingen, über die Gräben sprangen, die Hecken durchbrechen und geradewegs auf die Pappeln von Creteil lossteuerten, die sich schwarz am Horizont abzeichneten.

Valentin und Batifol keuchten; den Athem Pechvogels hörte man nicht, und gleichwohl war er seinen beiden Gefährten beständig voran.

Endlich gelangten sie an den Schlagbaum.

Pechvogel, der zuerst da war, fuhr mit seinen Händen über die Binsen, um sich zu überzeugen ob nicht das Durchkommen eines schweren Körpers sie auf die feuchte Erde niedergebeugt habe, und um eine Furche zu suchen welche der Kiel eines Kahnes gräbt wenn man ihn auf den Boden zieht.

– Vielleicht sind sie schon vorüber, sagte Herr Batifol.

– Nein, antwortete Franz Guichard.

– Still, sagte Valentin, da sind sie.

In der That hörte man hundert Schritte aufwärts regelmäßige Ruderschläge, und zu gleicher Zeit erhob sich inmitten der stillen Nacht eine kräftige, vibrirende Stimme, die Stimme Richards, welche sang:

 
Unschuld'ge Freuden mögen Andern
Genügen in zufried’ner Brust,
Wir lieben's hin und her zu wandern,
Zu kosten feurigere Lust.
Wenn steigt der Schlaf aus Hinrmelsthoren,
Wird oft das Segel losgemacht;
Wir wünschen guten Tag Auroren,
Wir wünschen Hespern gute Nacht.
 
 
Ihr Bürger, sollt uns kennen müssen,
Ruft Pförtner, ruft die Diener vor,
Laßt Thore und die Fenster schließen,
Hier kommt der frohen Schiffer Chor.
 

Dann wiederholte ein Chor von Männerstimmen den Refrain .

– Sie ist nicht da, Valentin, sie ist nicht da! Ach mein Gott, wir haben im Hause nicht nachgesehen, sagte Pechvogel, der sich von Neuem der Hoffnung hingab; vielleicht ist sie heimgegangen.

– Schweigt, sagte seinerseits Herr Batifol.

 
– Die Stimme fuhr fort:
Das Boot streicht auf dem Stromgeleise,
Es zieht die Flagge flatternd auf,
Und wie ein Schlittschuh auf dein Eise
Wählt's eine Furche kaum im Lauf.
Ich bin der losen Welle Schrecken,
Und zwing’, ein kühner Schiffersmann,
Sie mit der feuchten Zung’ zu lecken
Den glatten Bauch von meinem Kahn.
 
 
Ihr Bürger, sollt uns kennen müssen,
Ruft Pförtner, ruft die Diener vor,
Laßt Thore und die Fenster schließen,
Hier kommt der frohen Schiffer Chor.
 

Aber dießmal, als der Chor die letzten Worte wiederholte, stieß Pechvogel ein leises Geächze aus; er setzte sich an das Ufer und verbarg sein Gesicht in den Händen.

Er hatte Hubertens Stimme unter den andern erkannt.

Richard kam an seinen dritten Vers:

 
Ha, seht ihr dort an den Gestaden
Dein Tisch gedecket zum Genuß?
Frisch auf ihr lust’gen Kameraden,
Laßt singend landen uns vom Fluß,
Und von dem frühen Morgenstrahle;
Bis wiederkehrt des Tages Schein,
Soll uns die tolle Bachanale
Den Vorgeschmack der Hölle leih’n.
 
 
Ihr Bürger, sollt uns kennen müssen,
Ruft Pförtner, ruft die Diener vor,
Laßt Thore und die Fenster schließen,
Da kommt der frohen Schiffer Chor.
 

– Die ungläubigen Halunken! murmelte Herr Batifol.

In seiner Entrüstung über diesen unmoralischen Gesang machte der Fabrikant eine Bewegung und trat aus dem Schatten der Gebüsche welche die kleine Gruppe beschützten. Ohne Zweifel bemerkte man seine Silhouette von der Barke aus, welche man wie eine schwarze, über die silberne Fläche hingleitende Gestalt zu erkennen anfing, denn man hörte unmittelbar darauf wie Richard seinen Leuten Halt gebot.

– Wer da? fragte er.

Pechvogel machte keine Bewegung; er schien weder zu sehen noch zu hören was um ihn her vorging.

– Wer da? wiederholte Richard.

– Jungfer Huberte, antwortete Valentin, der es vermeiden wollte seinen ehemaligen Freund anzureden, Jungfer Huberte, es ist Ihr Großvater; er möchte gern mit Ihnen reden.

– Mein Vaters Mein Vater! rief das junge Mädchen. Ach Herr Richard, lassen Sie mich aussteigen, ich bitte Sie um Alles.

– Fortgerudert! gebot der Commandant der Möve seinen Matrosen, ohne auf die Bitte des jungen Mädchens zu antworten; wir fahren über den Schlagbaum hinweg, statt zu landen. Achtung aufs Manöver und belastet das Hintertheil gehörig wenn es in die Schnelle kommt, damit die Möve sich kräftig wieder erhebt.

 

– Herr Richard, ich sage Ihnen daß ich meinen Vater sehen will, daß ich zu ihm zurückkehren will; Herr Richard, lassen Sie mich los.

– Ihr da, verlieret eure Zeit nicht damit daß ihr die Grimassen des Mädchens ansehet, vorwärts, gerudert! tausend Stückpforten!

– Richard, Du bist ein Elender, ein Schandbube, heulte Valentin.

– He, he, schöner Kahnführer, der Sie die Andern so schön mit der Justiz bedrohen, sagte zu gleicher Zeit Herr Batifol; es scheint mir, Sie sind selbst sehr nahe daran in ihre Klauen zu fallen.

– Richard« ich beschwöre Sie, rief Huberte, wenn Sie mich lieben, wie Sie behaupten, so lassen Sie mich zu meinem Vater zurückkehren; o bringen Sie mich nicht zur Verzweiflung! Sie haben mir so viel Glück versprochen, mein Gott, daß Sie nicht wünschen können daß unsere Verbindung mit dein Fluch dieses armen alten Mannes beginne.

Dann als der Bildhauer Challamel und Knirps ein Zeichen gab ihre Anstrengungen zu wiederholen, fuhr Huberte fort:

– Wenn Sie-meinen Wunsch nicht erfüllen, Richard, so springe ich augenblicklich in den Fluß.

Der Befehlshaber der Möve stieß einen wüthenden Fluch aus, ließ aber zu gleicher Zeit den Helmstock heftig arbeiten, und der Kahn, der nur noch einige Fuß von dem Wasserfall entfernt war dessen dumpfes Getöse man hörte, drehte sich um sich selbst und kam gegen das Ufer vor.

– Vater Guichard, sagte Valentin, den tausend verschiedene Empfindungen aufregten, als er den Alten bei der Schulter berührte; Vater Guichard, fasset Muth, seht, da kehrt Eure Tochter zu Euch zurück.

– Wer kehrt zu mir zurück? sprach der Greis, indem er sich empor richtete. Glauben Sie denn, eine Tochter könne ihren Vater nur so verlassen und wieder annehmen wie es in diesen liederlichen Liebesgeschichten zu lesen steht?. . . Wer kehrt zu mir zurück? Es gibt einen Weg zum Hinabsteigen, aber nicht um wieder hinanzusteigen. Nein, nein, ich habe kein Kind mehr: man rede mir nicht mehr von derjenigen die ich geliebt habe; die Erinnerung an sie ist nicht die Erinnerung an die Verstorbenen: sie tröstet nicht, sie schmettert nieder.

– Vater« Vater« sagte Huberte, die aus dem Kahn ans Ufer gesprungen war, ich bitte Euch um alles, verzeihet mir.

– Was wollt Ihr? erwiderte der alte Fischer, indem er den Arm der Tochter zurückstieß welche die Beine des Großvaters zu umschlingen suchte: was wollt Ihr? ich kenne Euch nicht!

– Ihr kennt mich nicht, mich, Huberte?

– Es ist hier keine Huberte, es ist hier nur eine schlechte Dirne die sich zum Spielzeug für liederliche Gesellen hergibt, die ihnen zu ihren Ausschweifungen folgt und Schandlieder mitsingt; Huberte war brav und rein, es gibt keine Huberte mehr. Ihr meine Tochter! Könntet Ihr es wagen dieses Zimmer zu betreten wo Eure Mutter und Großmutter beide rein und heilig wie die lieben Engel des Himmels gestorben sind? Wahrhaftig, wenn Ihr es wagtet, die Decke würde über Eurem Haupte zusammenbrechen.

– O mein Gott! o mein Gott! sagte die Blonde, indem sie verzweiflungsvoll die Hände rang.

– Vater Guichard, sagte Valentin, Ihr seid zu hart gegen dieses Kind! Ich halte Richard für keinen schlechten Menschen, und so groß auch das Aergerniß sein mag, so läßt es sich doch wieder gut machen.

– O Richard, Richard, bedenken Sie was Sie mir versprochen haben, sprechen Sie mit dem Großvater, sprechen Sie mit ihm, ich bitte Sie um Alles in der Welt, sagte Huberte, indem sie vor dein Bildhauer die Hände faltete.

Und als Richard nicht sogleich antwortete, begann Pechvogel:

– Dieser falsche Arbeiter hat Dich verführt; nun wohl, wie alle Verführer, wird er den Vater rächen den Du beschimpft hast. Adieu!

Der alte Fischer machte eine Bewegung um sich zu entfernen, aber Huberte klammerte sich mit der ganzen Kraft der Verzweiflung an seine Hände fest.

– Vater, Vater, sagte sie, laßt mich Euch folgen, laßt mich mit Euch gehen; ich bin unschuldig; ich bin noch des Andenkens derjenigen würdig die Ihr beweinet.

– Wem willst Du das weiß machen? Nein, das junge Mädchen ist nicht mehr vorhanden, nur das Weib wird in meine Wohnung zurückkehren; dieser Mann der Euch in den Augen Aller entehrt hat, mache seinen und Euren Fehler wieder gut, dann wird mein Haus Euch geöffnet sein, dann werde ich verzeihen, wenn ich auch nicht vergesse. Früher versuchet es nicht vor meiner Thüre zu erscheinen, denn ich würde der Erste sein der Schmach und Schande über Euch riefe, und danket Gott wenn ich noch einen Tage warte bevor ich Euch fluche.

Mit diesen Worten machte der Alte sich von der Umschlingung seiner Enkelin los, sprang auf die Böschung und entfernte sich rasch.

Huberte war in Ohnmacht gefallen.

Was Valentin betraf, so schien der moralische Schmerz den er empfunden, verbunden mit dem tiefen Eindruck welchen diese Scene auf ihn gemacht, alle seine Kräfte gelähmt zu haben; er hatte keine Geberde gemacht um Pechvogel zurückzuhalten, er machte keinen Versuch ihn zu begleiten; aber als er Huberte auf dem Boden liegen sah, als er das matte und dumpfe Geräusch hörte welches der Kopf des jungen Mädchens bei ihrem Fall auf den Rasen machte, da eilte er auf sie zu.

Bereits waren der Commandant der Möve und seine Matrosen ihm zuvorgekommen; sie versuchten die Blonde aufzurichten.

– Was willst Du? fragte Richard brutal, als er seinen alten Freund auf das junge Mädchen zukommen sah.

– Kannst Du noch fragen?

– Ich verbiete Dir die Hand an meine Geliebte zu legen.

– Deine Geliebte? Nein, nein, sie ist nicht Deine Geliebte! Für so verdorben ich Dich auch halte, so hättest Du sie nicht unter den väterlichen Fluch beugen lassen, wenn sie Deine Geliebte gewesen wäre.

Richard antwortete mit einem Gelächter in welches die beiden Matrosen einstimmten und an welchem auch Herr Batifol sich betheiligen zu können glaubte.

– Nein, sie ist nicht Deine Geliebte, und wenn sie es wäre, so wäre es eine Niederträchtigkeit von Dir damit zu prahlen.

– Weil Du bei Weibern tölpelhaft bist, so ist das kein Grund gegen Männer grob zu sein, erwiderte der Bildhauer mit erkünstelter Ruhe.

– Richard, bei Allem was für Dich auf Erden noch heilig ist, antworte mir: Ist dieses Mädchen Deine Geliebte?

– Wenn ein junges Mädchen seinen Vater verläßt um einem jungen Manne zu folgen, so sind wohl einige Vermuthungen vorhanden daß beide durch irgend ein geheimes Band verbunden seien. Wenn Dir übrigens daran liegt diese Selbsttäuschung zu Deinem Troste in der Zukunft zu bewahren, so will ich sie Dir von Herzen gern lassen.

– Der Glaube hat schon manchem Ehemann geholfen, bemerkte Challamel.

– Und dieser Herr besitzt alles was nöthig ist um es zu werden, fügte Knirps hinzu.

Valentin verschmähte es auf diese Spöttereien zu antworten; er empfand einen unsäglichen Schmerz, sein Herz war zerrissen, seine letzte Hoffnung zerstört; aber wie alle Seelen von gediegener Härtung fand er eben im Uebermaß seines Leidens seine Kaltblütigkeit wieder.

– Richard, sagte er mit fester, obschon von Aufregung noch vibrirender Stimme, Richard, Du hast die Jugend und die Leichtgläubigkeit dieses Kindes mißbraucht, es sei; aber da Du im Grund ein rechtschaffener Bursche bist, so wirft Du sie nicht allen Folgen ihrer Unehre aussetzen.

– Ich werde Deine Rathschläge befolgen, Valentin; Du weißt deren so gute zu ertheilen, wenn sie Dir selbst nützen sollen.

– Du wirst dieses Mädchen heirathen, sagte Valentin, ohne ihn scheinbar gehört zu haben.

– So wäre es Dir angenehm sie als die Frau Deines Freundes zu sehen?

– Du wirst sie heirathen, weil die Billigkeit es erfordert; Du versprichst es mir nicht wahr?

– Wir haben wohl Zeit daran zu denken, bis ich und sie einmal graue Haare haben.

– Du wirst sie unverzüglich heirathen.

– Bah! Du willst mir nicht einmal Zeit zum Rasieren lassen? Wer will mich zwingen sie zu heirathen?

– Ich.

– Und wenn ich mich weigere?

– So tödte ich Dich, Richard, versetzte Valentin mit tiefer Stimme, die aber zischte wie eine Degenklinge wenn man sie durch die Luft schnellt.

– Ah, ah, sagte Richard, der immer lebhafter zu werden anfing, als sein ehemaliger Freund sich kälter und ruhiger zeigte, es scheint, die Liebe hat Dich wüthend gemacht. Du lässest eine Herausforderung an mich ergehen, und da ich Dich keinen Augenblick auf dem Glauben lassen will daß die Großsprechereien eines Gamin von Deiner Sorte mich einschüchtern, so nehme ich sie an.

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