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Der Graf von Bragelonne

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»Morgen früh werde ich einen Entschluß gefaßt haben.«.

»Sehr wohl, Sire,« erwiederte Colbert außer sich, obgleich er sich in Gegenwart des Königs bewältigte.

Der König machte eine Geberde, und der Intendant wandte sich rückwärts nach der Thüre.

»Meine Bedienung!« rief der König.

Die Bedienung des Königs trat in das Gemach ein.


Philipp verließ seinen Beobachtungsposten.

»Einen Augenblick,« sagte Aramis mit seiner gewöhnlichen Milde, »was so eben vorgefallen, ist nur eine Einzelheit, und wir werden uns morgen nichts mehr darum bekümmern; aber die Nachtbedienung, die Etiquette beim kleinen Schlafengehen, ah! Monseigneur, das ist wichtig! Erfahrt, lernt, wie Ihr zu Bette geht, Sire. Schaut, schaut.«

XVI.
Colbert

Die Geschichte wird uns erzählen, oder sie hat uns vielmehr die Ereignisse des nächsten Tages und die glänzenden Feste erzählt, die der Oberintendant dem König gab. Zwei bedeutende Schriftsteller haben den großen Streit bestätigt, der zwischen der Cascade und der Wassergarbe, zwischen der Kronsontaine und den Thieren stattfand, um zu erfahren, was mehr gefiele. Es war also am andern Tag Belustigung und Freude; es fanden Promenade, Mahl und Komödie statt, eine Komödie, bei der Porthos zu seinem großen Erstaunen Herrn Coquelin von Volière erkannte, welcher in der Posse: die Aergerlichen, spielte. So nannte dieses Lustspiel Herr Bracieux de Pierrefonds.

La Fontaine urtheilte ohne Zweifel nicht ebenso, denn er schrieb an seinen Freund Maucrou:

 
C’est un ouvrage de Molière.
Cst écrivain par sa maniere
Charme à present toute la cour.
De la facon que son nom court,
Il doit déja être par dela Rome.
J’en suis ravi, car c’est un homme.17
 

Man sieht, daß La Fontaine den Rath von Pelisson benützt und den Reim sorgfältig behandelt hatte,

Uebrigens war Porthos der Ansicht von La Fontaine, und er hätte wie dieser gesagt: »Bei Gott! dieser Molière ist mein Mann!« Doch nur was die Kleider betrifft. Hinsichtlich des Theaters war, wie gesagt, Molière für Herrn de Bracieux de Pierrefonds nur ein Possenreißer.

Doch in seinen Gedanken mit der Scene vom vorhergehender Tage beschäftigt, doch das Gift ausbrütend, das Colbert eingeträufelt hatte, zeigte sich der König während dieses ganzen, so glänzenden, so wechselreichen, so unvorhergesehenen Tages, wo alle Wunder aus Tausend und eine Nacht unter seinen Füßen zu erstehen schienen, zeigte sich der König kalt, zurückhaltend, schweigsam. Nichts konnte seine Stirne entrunzeln; man fühlte, daß ein tiefer, von fern kommender Verdruß, allmälig angewachsen, wie die Quelle, die zum Flusse wird durch die tausend Bächlein, die sie speisen, in der tiefsten Tiefe seiner Seele zitterte. Erst gegen Mittag fing er an ein wenig Heiterkeit zu erlangen. Ohne Zweifel war sein Entschluß gefaßt.

Aramis, der ihm Schritt für Schritt, in seinem Geiste, wie in seinem Gange, folgte, schloß, das Ereigniß, dem er entgegensah, würde nicht lange aus sich warten lassen.

Diesmal schien Colbert im Einklang mit dem Bischof von Vannes zu gehen, und würde er für jede Nadel, mit der er in das Herz des Königs stach, das Losungswort bekommen haben, er hätte es nicht besser machen können.

Der König, für den es ohne Zweifel Bedürfniß war, einen düstern Gedanken zu verbannen, schien den ganzen Tag ebenso thätig die Gesellschaft von la Vallière zu suchen, als er die von Herrn Colbert oder die von Herrn Fouquet zu fliehen eifrigst bemüht war.

Es kam der Abend. Der König hatte erst nach dem Spiel spazieren zu gehen gewünscht. Zwischen dem Abendbrod und dem Spaziergang spielte man also. Der König gewann tausend Pistolen, und nachdem er sie gewonnen hatte, steckte er sie in die Tasche, stand aus und sagte:

»Vorwärts, meine Herren, gehen wir in den Park.«

Er fand hier die Damen. Der König hatte, wie gesagt, tausend Pistolen gewonnen und eingesteckt. Herr Fouquet hatte zehn tausend zu verlieren gewußt, so, daß den Höflingen noch ein Vortheil von hundert und neunzig tausend Livres zugefallen war, was aus den Gesichtern der Höflinge und den Officieren der Haustruppen die freudigsten Gesichter der Erde machte.

Nicht dasselbe war beim Gesichte des Königs der Fall, aus dem trotz des Gewinns, für den er nicht unempfindlich war, immer noch ein Stück von einer Wolke blieb. An der Ecke einer Allee erwartete ihn Colbert. Ohne Zweifel befand sich Herr Colbert hier kraft eines gegebenen Rendez-vous, denn Ludwig XIV., der ihn vermieden oder sich den Anschein gegeben hatte, als vermeide er ihn, machte ihm ein Zeichen und vertiefte sich mit ihm in den Park.

La Vallière hatte diese düstere Stirne und diesen flammenden Blick des Königs auch gesehen; sie hatte ihn gesehen, und da nichts von dem, was in dieser Seele brütete, für ihre Liebe unerforschlich war, so hatte sie begriffen, daß dieser unterdrückte Zorn Jemand bedrohte. Sie stellte sich aus dem Wege der Rache wie der Engel der Barmherzigkeit aus.

Ganz traurig, ganz verwirrt, halb wahnsinnig darüber, daß sie von ihrem Geliebten so lange getrennt gewesen war, unruhig über die innere Bewegung, die sie errathen hatte, zeigte sie sich Anfangs dem König mit einem verlegenen Aussehen, das Ludwig in der schlimmen Verfassung seines Geistes ungünstig auslegte.

Nun, da sie allein oder beinahe allein waren, insofern Colbert, als er das Mädchen erblickte, ehrerbietig stehen blieb und sich zehn Schritte entfernt hielt, näherte sich der König la Vallière, nahm sie bei der Hand und sagte zu ihr:

»Mein Fräulein, darf ich Euch, ohne unbescheiden zu sein, fragen, was Ihr habt? Eure Brust scheint angeschwollen, Eure Augen sind feucht.«

»Oh! Sire, wenn meine Brust angeschwollen ist, wenn meine Augen feucht sind, wenn ich traurig bin, so ist dies die Traurigkeit Eurer Majestät.«

»Meine Traurigkeit? oh! Ihr seht schlecht, mein Fräulein. Nein, es ist nicht Traurigkeit, was ich empfinde.«

»Und was empfindet Ihr denn, Sire?«

»Demüthigung.«

»Demüthigung? Oh! was sagt Ihr da?«

»Ich sage, mein Fräulein, daß da, wo ich bin, kein Anderer der Herr sein müßte. Nun! so schaut, ob ich, der König von Frankreich, nicht vor dem König dieses Besitzthums unsichtbar werde. Oh!« fuhr er dann mit den Zähnen knirschend und die Faust ballend fort, »oh! . . . Und wenn ich bedenke, daß dieser König . . . «

»Nun?« fragte la Vallière erschrocken.

»Daß dieser König ein ungetreuer Diener ist, der sich mit dem Gute, das er mir gestohlen, brüstet! Ich werde ihm auch, diesem unverschämten Minister, sein Fest in eine Trauer verwandeln, der sich die Nymphe von Vaux wie diese Dichter sagen, lange erinnern wird.«

»Oh! Eure Majestät.«

»Ah! mein Fräulein, wollt Ihr die Partie von Herrn Fouquet nehmen!« rief der König voll Ungeduld.

»Nein, Sire, ich erlaube mir nur, Euch zu fragen, ob Ihr gut unterrichtet seid. Eure Majestät hat mehr als einmal den Werth von Hofanschuldigungen kennen gelernt.«

Ludwig XIV. winkte Colbert durch ein Zeichen herbei.

»Sprecht, Herr Colbert,« sagte der junge Fürst, »denn in der That, mir scheint, Fräulein de la Vallière hier braucht Euer Wort, um an das Wort des Königs zu glauben. Sagt dem Fräulein, was Herr Fouquet gethan hat. Und Ihr, mein Fräulein, oh! es wird nicht lange dauern, ich bitte Euch, habt die Güte, zu hören.«

Warum drängte Ludwig XIV. so? Das ist ganz einfach: sein Herz war nicht ruhig, sein Geist war nicht ganz überzeugt; er errieth einen düsteren, lichtscheuen, krummen Schleichweg unter dieser Geschichte der dreizehn Millionen, und es wäre ihm lieb gewesen, wenn das Herz von la Vallière, empört bei dem Gedanken an einen Diebstahl, mit einem einzigen Wort den Entschluß, den er gefaßt und den er nichtsdestoweniger auszuführen zögerte, gebilligt hätte.

»Sprecht, mein Herr,» sagte la Vallière zu Colbert, der herbeigekommen war; »sprecht, da es der Wille des Königs ist, daß ich Euch höre. Sagt, was ist das Verbrechen von Herrn Fouquet?«

»Oh! es ist nicht sehr bedeutend, mein Fräulein,« erwiederte der schwarze Mensch, »ein einfacher Vertrauensmißbrauch . . . «

»Sprecht, sprecht, Colbert, und wenn Ihr gesprochen habt, verlaßt uns und benachrichtigt Herrn d’Artagnan, daß ich ihm Befehle zu geben habe.«

»Herrn d’Artagnan!« rief la Vallière, »und warum Herrn d’Artagnan benachrichtigen, Sire? sagt es mir, ich flehe Euch an.«

»Bei Gott! um diesen stolzen Titanen zu verhaften, der, seinem Wahlspruche getreu, meinen Himmel zu erstürmen droht.«

»Herrn Fouquet verhaften, sagt Ihr?«

»Ah! Ihr wundert Euch darüber?«

»In seinem Hause?«

»Warum nicht, wenn er schuldig ist? er ist schuldig in seinem Hause, wie anderswo.«

»Herrn Fouquet, der sich in diesem Augenblick zu Grunde richtet, um seinem König Ehre zu erweisen?«

»Ich glaube wahrhaftig, Ihr vertheidigt diesen Verräther, mein Fräulein?«

Colbert lachte ganz leise. Der König wandte sich bei dem Zischen dieses Gelächters um.

»Sire,« sprach la Vallière, »nicht Herrn Fouquet vertheidige ich, sondern Euch selbst.«

»Mich selbst! . . . Ihr vertheidigt mich?«

 

»Sire, Ihr entehrt Euch, indem Ihr einen solchen Befehl gebt.«

»Mich entehren!« murmelte, der König, vor Zorn erbleichend. »Wahrhaftig, Ihr setzt bei dem, was Ihr sagt, eine seltsame Leidenschaft ein.«

»Ich bin leidenschaftlich, nicht bei dem, was ich sage, sondern um Eurer Majestät zu dienen,« entgegnete das edle Mädchen. »Ich würde, wenn es sein müßte, hierbei mein Leben einsetzen, und dies mit derselben Leidenschaft, Sire.«

Colbert wollte murren. Da erhob sich la Vallière, das sanfte Lamm, gegen ihn und sprach, indem sie ihm mit entflammtem Auge Stillschweigen auferlegte:

»Mein Herr, handelt der König gut, und es geschieht dadurch auch mir oder den Meinigen Eintrag, so schweige ich; begünstigt jedoch der König mich oder diejenigen, welche ich liebe, und er handelt schlimm, so sage ich es ihm.«

»Aber mir scheint, ich liebe den König auch, mein Fräulein,« wagte Colbert zu bemerken.

»Ja, mein Herr, wir lieben ihn Beide, jedes aus seine Art,« entgegnete la Vallière mit einem Ausdruck, von dem das Herz des Königs tief durchdrungen war. »Nur liebe ich ihn so stark, daß alle Welt es weiß, daß der König selbst nicht an meiner Liebe zweifelt. Er ist mein König und mein Herr, ich bin seine unterthänige Magd; aber wer seine Ehre anrührt, rührt mein Leben an. Ich wiederhole nun, daß diejenigen den König entehren, welche ihm rathen, Herrn Fouquet in seinem Hause verhaften zu lassen.«

Colbert neigte das Haupt, denn er fühlte sich vom König verlassen. Während er aber das Haupt neigte, murmelte er:

»Mein Fräulein, ich hätte nur noch ein Wort zu sagen.«

»Sagt es mir nicht, dieses Wort, denn ich würde es nicht hören, mein Herr. Was würdet Ihr mir übrigens sagen? Daß Herr Fouquet Verbrechen begangen hat? Ich weiß es, weil es der König gesagt; und sobald der König gesagt hat: »»Ich glaube,«« braucht mir nicht ein anderer Mund zu sagen: »»Ich bestätige.«« Doch Herr Fouquet, und wäre er der letzte der Menschen, ich sage es laut, Herr Fouquet ist dem König heilig, weil der König sein Gast ist. Sein Haus, und wäre es ein Aufenthalt wilder Thiere, Vaux, und wäre es eine Höhle von Falschmünzern und Banditen, sein Haus ist heilig, sein Schloß ist unverletzlich, weil hier seine Frau wohnt, und das ist ein Asyl, welches selbst Henker nicht verletzen würden.«

La Vallière schwieg. Unwillkührlich bewunderte sie der König; er war besiegt durch die Wärme dieser Stimme, durch den Adel dieser Schutzrede. Colbert beugte sich, der Ungleichheit des Kampfes erliegend. Der König athmete, schüttelte den Kopf, reichte la Vallière die Hand und sprach mit sanfter Stimme:

»Mein Fräulein, warum redet Ihr gegen mich? Wißt Ihr, was der Elende thun wird, wenn ich ihn athmen lasse?«

»Ei! mein Gott, ist das nicht eine Beute, die Euch immer gehören wird?«

»Und wenn er entweicht, wenn er flieht?« rief Colbert.

»Ah! mein Herr, es wird dem König zum ewigen Ruhm gereichen, daß er ihn hat entfliehen lassen; und je mehr Herr Fouquet schuldig gewesen ist, desto größer wird der Ruhm des Königs im Vergleich mit dieser Erbärmlichkeit, mit dieser Schmach sein.«

Ludwig sank aus seine Knie und küßte la Vallière die Hand.

»Ich bin verloren,« dachte Colbert. Dann klärte sich plötzlich sein Gesicht auf. »Oh! nein, nein, noch nicht,« sagte er zu sich selbst.

Und während der König, beschützt durch die Dicke einer ungeheuren Linde, la Vallière mit aller Gluth einer unaussprechlichen Liebe umfangen hielt, suchte Colbert ruhig in seinem Notizenbuch und zog aus diesem ein in Form eines Briefes zusammengelegtes Papier, ein etwas vergilbtes Papier, das jedoch kostbar sein mußte, da Colbert lächelte, während er es anschaute. Dann lenkte er seinen gehässigen Blick wieder aus die reizende Gruppe zurück, die im Schatten der König und das Mädchen bildeten, eine Gruppe, die nur durch den Schimmer von Fackeln, welche sich näherten, beleuchtet wurde.

Ludwig sah den Widerschein dieser Fackeln aus dem weißen Kleide von Louise.

»Gehe, Louise, denn man kommt,« sagte er.

»Mein Fräulein, mein Fräulein, man kommt,« fügte Colbert bei, um den Abgang des Mädchens zu beschleunigen.

Louise verschwand rasch zwischen den Bäumen,

Dann, als der König, der vor dem Mädchen niedergekniet war, sich erhob, sagte Colbert:

»Ah! Fräulein de la Vallière hat etwas fallen lassen.«

»Was denn?« fragte der König. «Ein Papier, einen Brief, etwas Weißes; seht, dort, Sire.«

Der König bückte sich schnell und hob, ihn zerknitternd, den Brief aus.

In diesem Augenblick kamen die Fackeln und übergoßen diese dunkle Scene mit Licht.

XVII.
Eifersucht

Dieses wahre Licht, dieser Eifer Aller, diese neue Huldigung, von Fouquet dem König dargebracht, hoben die Wirkung eines Beschlusses aus, den la Vallière schon sehr im Herzen von Ludwig XIV. erschüttert hatte.

Er schaute Fouquet mit einer Art von Dankbarkeit dafür an, daß er la Vallière Gelegenheit verschafft hatte, so edelmüthig, so mächtig über sein Herz zu sein.

Es war dies der Augenblick der letzten Wunden. Kaum hatte Fouquet den König nach dem Schlosse zurückgeführt, als eine Feuermasse, mit einem majestätischen Rollen aus der Kuppel von Vaux hervorbrechend, eine blendende Morgenröthe, Alles, bis aus die kleinsten Einzelheiten der Blumenbeete, erleuchtete.

Das Feuerwerk begann. Zwanzig Schritte vom König entfernt, den die Gebieter von Vaux huldigend umgaben, suchte Colbert durch die Hartnäckigkeit seines Geistes die Aufmerksamkeit von Ludwig auf Ideen zurückzuführen, welche die Pracht des Schauspiels schon zu sehr entfernte.

Plötzlich, in dem Augenblick, wo er sie Fouquet reichen wollte, fühlte der König in seiner Hand das Papier, das allem Anschein nach la Vallière im Entfliehen zu seinen Füßen hatte fallen lassen.

Der stärkere Magnet des Liebesgedankens führte den jungen Fürsten zur Erinnerung an seine Geliebte zurück.

Beim Schimmer des immer mehr an Schönheit zunehmenden Feuers, das Schreie der Bewunderung in den umliegenden Dörfern ausstoßen machte, las der König das Billet, von dem er glaubte, es sei ein von la Vallière für ihn bestimmter Liebesbrief.

Während er las, erbleichte sein Antlitz, und der dumpfe Zorn, beleuchtet von diesen tausendfarbigen Feuern, bildete ein schreckliches Schauspiel, worüber Jedermann gebebt hätte, hätte Jeder in diesem von den finstersten Leidenschaften durchwühlten Herz lesen können. Für ihn gab es keinen Waffenstillstand in der Eifersucht und in der Wuth mehr. Von dem Augenblick an, wo er die düstere Wahrheit entdeckt hatte, verschwand Alles: Mitleid, Sanftmuth, Religion und Gastfreundschaft.

Wenig fehlte, daß er nicht bei dem scharfen Schmerz, der sein Herz zusammendrehte, welches noch zu schwach war, um sein Leiden zu verbergen, wenig fehlte, daß er einen Schreckensschrei ausgestoßen und seine Garden um sich gerufen hätte.

Dieser, wie man schon errathen hat, von Colbert auf den Weg des Königs geworfene Brief war der, welcher mit dem Portier Tobie in Fontainebleau nach dem von Fouquet aus das Herz von la Vallière gemachten Versuche verschwand.

Fouquet sah die Blässe, errieth aber die Ursache nicht; Colbert sah den Zorn und freute sich aus das Herannahen des Sturmes.

Die Stimme von Fouquet entzog den jungen Fürsten seiner wilden Träumerei.

»Was habt Ihr, Sire?« fragte liebreich der Oberintendant.

Ludwig machte eine Anstrengung, eine ganz gewaltige Anstrengung gegen sich selbst und erwiederte:

»Nichts!«

»Ich befürchte, Eure Majestät leidet.«

»Ich leide in der That, ich habe es schon gesagt, mein Herr, doch es ist nichts.«

Und ohne das Ende des Feuerwerks abzuwarten, wandte sich der König nach dem Schlosse.

Fouquet begleitete den König. Alle Welt folgte hinter ihnen.

Die letzten Raketen verbrannten traurig für sich selbst.

Der Oberintendant versuchte es, den König abermals zu befragen, erhielt jedoch keine Antwort. Er muthmaßte, es habe ein Streit zwischen Ludwig und la Vallière stattgefunden, ein Zerwürfniß sei dadurch entstanden, und der König, seiner Natur nach wenig zänkisch, aber ganz seiner Liebeswuth hingegeben, habe einen Haß gegen die ganze Welt gefaßt, seitdem seine Geliebte mit ihm schmollte. Dieser Gedanke genügte, um ihn zu trösten; er hatte sogar ein freundschaftliches und tröstendes Lächeln für den König, als ihm dieser gute Nacht wünschte.

Das war nicht Alles für den König. Er mußte die Bedienung durchmachen. Diese Abendbedienung sollte in großer Etiquette stattfinden. Der andere Tag war für die Abreise bestimmt. Die Gäste mußten dem Wirthe danken und ihm eine Artigkeit für seine zwölf Millionen geben.

Das Einzige, was der König Liebenswürdiges für Fouquet fand, waren, als er ihn entließ, die Worte:

»Herr Fouquet, Ihr sollt Nachricht von mir erhalten; ich bitte, laßt Herrn d’Artagnan hierher kommen.«

Und das Blut von Ludwig Xlll., das sich so sehr verstellt hatte, kochte nun in seinen Adern, und er war nahe daran, Fouquet erwürgen zu lassen, wie sein Vorgänger den Marschall d’Ancre hatte erwürgen lassen. Er verbarg auch den abscheulichen Entschluß unter einer von jenen lächelnden Mienen, welche die Blitze der Staatsstreiche sind.

Fouquet nahm die rechte Hand des Königs und küßte sie. Ludwig schauerte am ganzen Leib, ließ aber seine Hand von den Lippen von Fouquet berühren.

Nach fünf Minuten trat d’Artagnan, dem man den königlichen Befehl überbracht hatte, in das Zimmer von Ludwig XIV.

Aramis und Philipp waren in dem ihrigen, stets aufmerksam, stets horchend.

Der König ließ dem Kapitän der Musketiere nicht Zeit, bis zu seinem Lehnstuhl zu kommen.

Er lies ihm entgegen.

»Seid besorgt, daß Niemand hier herein kommt,« rief er.

»Gut, Sire,« erwiederte der Soldat, dessen Blick schon lange die Verheerungen in diesem Gesichte analysirt hatte.

Und er gab bei der Thüre Befehl; dann kehrte er zum König zurück und sagte:

»Gibt es Neues bei Eurer Majestät?«

»Wie viel habt Ihr Leute hier?« fragte der König, ohne anders aus die Frage, die man an ihn gerichtet, zu antworten.

»Wozu, Sire?«

»Wie viel habt Ihr Leute?« wiederholte der König, mit dem Fuße stampfend.

»Ich habe die Musketiere.«

»Ferner?«

»Ich habe zwanzig Garden und dreizehn Schweizer.«

»Wie viel braucht man Leute, um . . . «

»Um . . . « wiederholte der Musketier mit seinen großen, ruhigen Augen.

»Um Herrn Fouquet zu verhaften?«

D’Artagnan machte einen Schritt rückwärts.

»Herrn Fouquet verhaften!« rief er.

»Werdet Ihr mir auch sagen, das sei unmöglich!« schrie der König mit einer kalten, gehässigen Wuth.

»Ich sage nie, es sei etwas unmöglich,« erwiederte d’Artagnan, tief verwundet.

»Nun! so thut es.«

D’Artagnan drehte sich aus seinen Absätzen und ging auf die Thüre zu.

Der Raum, den er zu durchlaufen hatte, war kurz; er legte ihn mit sechs Schritten zurück. Da blieb er stehen und sagte:

»Verzeiht, Sire.«

»Was?« fragte der König.

»Um diese Verhaftung vorzunehmen, möchte ich gern einen geschriebenen Befehl haben,«

»Warum und seit wann genügt Euch das Wort des Königs nicht?«

»Weil ein Königswort, aus dem Gefühle des Zornes hervorgegangen, sich ändern kann, wenn sich das Gefühl ändert.«

»Keine Phrasen, mein Herr! Ihr habt einen andern Gedanken.«

»Oh! ich habe immer Gedanken, und zwar Gedanken, welche leider die Andern nicht haben,« erwiederte frecher Weise d’Artagnan.

Im Ungestüm seines Zornes beugte sich der König vor diesem Mann, wie das Pferd die Häcksen unter der mächtigen Hand des Bändigers beugt.

»Euer Gedanke?« rief er.

»Höret, Sire,« erwiederte d’Artagnan. »Ihr laßt einen Mann verhaften, während Ihr noch bei ihm seid. Das ist der Zorn. Wenn Ihr nicht mehr zornig seid, werdet Ihr es bereuen. Dann will ich Euch Eure Unterschrift zeigen können. Wenn das nichts wieder gut macht, so wird es uns doch zeigen, daß der König Unrecht hat, in Zorn zu gerathen.«

»Unrecht hat, in Zorn zu gerathen!« brüllte der König in seiner Wuth. »Beim Leibe Christi! gerieth der König, mein Vater, gerieth mein Großvater nicht auch in Zorn?«

»Der König Euer Vater, der König Euer Großvater geriethen immer nur in ihrem Hause in Zorn.«

»Der König ist überall Herr, wie in seinem Hause.«

»Das ist eine Schmeichlerphrase, die von Herrn Colbert herkommen muß, aber es ist keine Wahrheit. Der König ist in jedem Hause bei sich, wenn er den Eigenthümer daraus vertrieben hat.«

Ludwig biß sich aus die Lippen.

»Wie!« sagte d’Artagnan, »das ist ein Mann, der sich für Euch zu Grunde richtet, und Ihr wollt ihn verhaften lassen! Mordioux! Sire, wenn ich Fouquet hieße und man mir das thäte, ich würde Raketen verschlingen und Feuer daran legen, um mich, mich und alles Uebrige, in die Luft zu sprengen l Gleichviel, Ihr wollt es und ich gehe.«

 

»Geht,« sagte der König. »Ihr habt Leute genug?«

»Glaubt Ihr, Sire, ich werde einen Gefreiten mit mir nehmen? Herrn Fouquet verhaften, das ist so leicht, daß es ein Kind thäte. Herrn Fouquet verhaften? das ist, als ob man ein Gläschen Absinthe tränke. Man macht ein saures Gesicht, und das ist Alles.«

»Wenn er sich vertheidigt?«

»Er! ah! sich vertheidigen, während ihn eine Strenge, wie diese, zum König und Märtyrer macht! Höret, wenn ihm eine Million bleibt, was ich bezweifle, ich wette, er würde sie geben, um dieses Ende zu haben. Sire, ich gehe.«

»Wartet,« sprach der König.

»Ah! was gibt es?«

»Macht seine Verhaftung nicht öffentlich.«

»Das ist schwieriger.«

»Warum?«

»Weil nichts einfacher sein kann, als inmitten von tausend begeisterten Personen, die ihn umgeben, aus Herrn Fouquet zuzugehen und zu ihm zu sagen: »»Im Namen des Königs, mein Herr, ich verhafte Euch!«« Aber auf ihn zugehen, ihn drehen und umdrehen, ihn in irgend einem Winkel des Schachbretts festhalten, ihn allen seinen Gästen stehlen und gefangen halten, ohne daß man eines von seinen Ach! gehört hätte, das ist eine wirkliche, wahre, große Schwierigkeit, welche zu überwinden dem Geschicktesten kaum möglich sein wird.«

»Sagt doch geradezu: Es ist unmöglich, und Ihr werdet geschwinder fertig sein. Oh! mein Gott! mein Gott! wäre ich nur von Leuten umgeben, die mich hindern, zu thun, was ich will?«

»Ich, ich hindere Euch nicht, irgend etwas zu thun. Ist das abgemacht?«

»Bewacht mir Herrn Fouquet, bis ich morgen einen Entschluß gefaßt habe.«

»Das soll geschehen, Sire.«

»Und kommt zu meinem Ausstehen, um neue Befehle bei mir einzuholen.«

»Ich werde kommen.«

»Nun lasse man mich allein.«

»Ihr braucht nicht einmal Herrn Colbert?« sagte der Musketier, im Augenblick des Abgangs seinen letzten Pfeil absendend.

Der König bebte. Ganz mit seiner Reise beschäftigt, hatte er den Gegenstand des Verbrechens vergessen.

»Nein, Niemand,« sagte er, »Niemand hier! Laßt mich.«

D’Artagnan entfernte sich. Der König schloß selbst seine Thüre und fing an wüthend im Zimmer umher zu rennen, wie der verwundete Stier, der die Schlingen und die eisernen Haken, die man nach ihm geschleudert, fortschleppt. Endlich erleichterte er sich durch Schreie.

»Ah! der Elende! nicht nur stiehlt er mir meine Finanzen, sondern mit diesem Geld besticht er mir Geheimschreiber, Freunde, Generale, Künstler, und er nimmt mir sogar meine Geliebte weg! Ah! darum hat ihn diese Treulose so muthig vertheidigt! . . . Das war Dankbarkeit! . . . Wer weiß, vielleicht sogar Liebe! . . . «

Er versank einen Augenblick in seine schmerzlichen Betrachtungen.

»Ein Satyr!« dachte er, mit jenem tiefen Haß, den die große Jugend gegen reife Männer hegt, welche noch an die Liebe denken, »ein Faun, der den Galanten spielt und nie Widerspänstige gesunden hat, ein Weiberknecht, der Blümchen von Gold und Diamanten verschenkt und Maler hält, um die Portraits seiner Geliebtinnen im Costume von Göttinnen machen, zu lassen!«

Der König bebte vor Verzweiflung.

»Er beschmutzt mir Alles!« fuhr er fort. »Er richtet mir Alles zu Grunde! Er wird mich umbringen! Dieser Mensch ist zu viel für mich! Er ist mein Todfeind! Dieser Mensch wird fallen! Ich hasse ihn! . . . ich hasse ihn! . . . ich hasse ihn! . . . «

Und indem er diese Worte sprach, klopfte er mit verdoppelten Schlägen aus die Arme des Lehnstuhls, in welchen er sich setzte, und aus dem er wie ein Epileptischer aufstand.

»Morgen! morgen! . . . « murmelte er. »Oh! ein schöner Tag, wenn die Sonne ausgeht und ich nur noch mich zum Nebenbuhler haben werde. Dieser Mensch wird so tief fallen, daß man, wenn man die Trümmer sieht, die mein Zorn gemacht hat, endlich zugestehen wird, ich sei größer, als er.«

Unfähig, sich länger zu bemeistern, warf der König mit einem Faustschlag einen Tisch um, der bei seinem Bette stand, und weinend, beinahe erstickend in dem Schmerz, den er empfand, stürzte er sich ganz angekleidet, wie er war, aus seine Betttücher, um darein zu beißen und um hier die Ruhe des Körpers zu finden.

Das Bett ächzte unter diesem Gewicht, und abgesehen von einigen Seufzern, die der keuchenden Brust des Königs entschlüpften, hörte man nichts mehr im Morpheus-Zimmer.

Die exaltirte Wuth, die sich des Königs beim Anblick und beim Lesen des Briefes von Fouquet an la Vallière bemächtigt hatte, zerschmolz allmälig in eine schmerzliche Müdigkeit.

Voll Gesundheit und Leben, ist es für die Jugend Bedürfniß, sogleich wiederherzustellen, was sie verloren hat; sie kennt die Schlaflosigkeiten ohne Ende nicht, welche für den Unglücklichen die Fabel von der immer wieder wachsenden Leber des Prometheus verwirklicht. Da, wo der reifere Mann in seiner Kraft, wo der Greis in seiner Erschöpfung eine beständige Nahrung für den Schmerz finden, entkräftet sich der durch die Offenbarung des Uebels überraschte junge Mann in Schreien, in unmittelbaren Kämpfen, und läßt sich schneller durch den unbeugsamen Feind, den er bekämpft, niederschmettern. Ist er einmal niedergeschmettert, so leidet er nicht mehr.

Ludwig war in einer Viertelstunde bezähmt; dann hörte er aus, seine Fäuste krampfhaft zu ballen und mit seinen Blicken die unsichtbaren Gegenstände seines Hasses zu versengen: er hörte aus, durch heftige Worte Herrn Fouquet und la Vallière anzuklagen; er verfiel von der Wuth in die Verzweiflung und von der Verzweiflung in die Niedergeschlagenheit.

Nachdem er sich einige Augenblicke aus seinem Bette abwechselnd angestrafft und gekrümmt hatte, fielen seine Arme wieder träge an seiner Seite herab. Sein Kopf sank auf das Spitzenkissen, seine erschöpften Glieder bebten, von leichten Zusammenziehungen der Muskeln bewegt, und seine Brust ließ nur seltene Seufzer durchsickern.

Der Gott Morpheus, der als unumschränkter Gebieter in diesem Zimmer herrschte, welchem er seinen Namen gegeben hatte, und gegen den Ludwig seine durch den Zorn erschwerten und durch die Thränen gerötheten Augen richtete, der Gott Morpheus ergoß aus ihn den Mohn, von dem seine Hände voll waren, so daß der König sachte die Augen schloß und entschlummerte.

Da kam es ihm vor, wie es oft in diesem ersten so sanften und so leichten Schlafe geschieht, der den Körper über das Lager, die Seele über die Erde erhebt, es kam ihm vor, als ob ihn der an den Plafond gemalte Gott Morpheus mit ganz menschlichen Augen anschaute; als ob in der Kuppel etwas glänzte und sich bewegte, als ob die Schwärme finsterer Träume, einen Augenblick auf die Seite gerückt, das Gesicht eines Menschen, die Hand auf seinen Mund gelegt und in der Haltung eines beschaulichen Nachsinnens, entblößt ließen. Und . . . seltsame Erscheinung . . . dieser Mensch glich dergestalt dem König, daß Ludwig sein eigenes Bild in einem Spiegel zurückgeworfen zu sehen glaubte. Nur war dieses Gesicht durch ein Gefühl tiefen Mitleids verdüstert.

Dann kam es ihm allmälig vor, als ob die Kuppel flöhe und seinem Blick entschwände, und als ob die von Lebrun gemalten Figuren und Attribute sich in einer stufenweisen Entfernung verdunkelten. Eine sanfte, gleichmäßige, abgemessene Bewegung, wie die eines Schiffes, das unter die Welle taucht, war aus die Unbeweglichkeit des Bettes gefolgt.

Der König machte ohne Zweifel einen Traum, und in diesem Traum entfernte sich die goldene Krone, welche die Vorhänge festhielt, wie die Kuppel, an der sie hing, so daß der geflügelte Genius, der mit seinen beiden Händen diese Krone stützte, vergebens den König, der fern von ihr verschwand, zu rufen schien.

Das Bett sank immer. Die Augen offen, ließ sich Ludwig durch diese furchtbare Sinnenblendung täuschen. Endlich verdunkelte sich das Licht des königlichen Gemachs, und etwas Düsteres, Kaltes, Unerklärliches erfüllte die Luft. Keine Gemälde, kein Gold, keine Sammetvorhänge mehr, sondern Mauern von einem trüben Grau, dessen Schatten immer dichter wurde. Und dennoch sank das Bett immer mehr, und nach einer Minute, die dem König ein Jahrhundert dünkte, erreichte es eine schwarze, eisige Luftschichte. Hier blieb es stellen.

Der König sah das Licht seines Zimmers nicht mehr, als man aus der Tiefe eines Brunnen das Licht des Tages steht.

»Ich habe einen abscheulichen Traum!« dachte er. »Es ist Zeit, daß ich erwache. Auf, erwachen wir!«

Alle Welt hat empfunden, was wir hier sagen; es gibt keinen Menschen, der sich nicht, erstickenden Alp, mit Hilfe jener Lampe, welche im Grunde des Gehirnes wacht, wenn alles menschliche Licht erloschen ist, gesagt hat: Es ist nichts, es ist ein Traum!

Das hatte sich der König auch gesagt, doch bei dem Worte: Erwachen wir! bemerkte er, daß er nicht nur wach war, sondern daß er auch die Augen offen hatte. Da schaute er umher.

Zu seiner Rechten und zu seiner Linken standen zwei bewaffnete Männer, jeder in einen weiten Mantel gehüllt und das Gesicht mit einer Larve bedeckt.

17Das ist ein Werk von Molière. Dieser Schriftsteller bezaubert durch seine Manier gegenwärtig den ganzen Hof. So, wie sein Name sich rasch verbreitet, muß er schon jenseits Rom sein. Ich bin entzückt darüber, denn das ist ein Mann.
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