Die Earanna Chroniken

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Из серии: Die Earanna Chroniken #2
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Die Earanna Chroniken
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Wolfgang Seibert

Die Earanna Chroniken

Band2: Wie Ora gefunden wurde

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1: Mittenwald

Kapitel 2: Der Wächter auf der Lichtung

Kapitel 3: Grumbols Schatzhaus

Kapitel 4: Der Irrgarten beginnt.

Kapitel 5: Hinter den Schwertern

Kapitel 6: Das Verlies der Drachin

Impressum neobooks

Kapitel 1: Mittenwald

„Was ist das für ein Geruch?“ fragte Narael bevor sie noch das Torhaus betraten.

Sie näherten sich an diesem Tag das zweite Mal dem Stadttor, doch diesmal hielt niemand sie auf. Im Gegenteil: Der Torwächter tat so als ob er sie gar nicht kenne und winkte sie mit einem nichts sagenden Lächeln gleich weiter.

„Das sind die Eisenholzstämme.“ erklärte Kraan. „Die Palisade und die Torbauten sind daraus erbaut. Sie riechen zwar moderig, sind aber sehr zäh und äußerst schwierig in Brand zu stecken.“

„Da ist auch noch ein anderer Geruch in der Luft!“ behauptete Narael als sie das Torhaus durchquerte, „Es riecht nach Abfall, ranzigem Fett und kalter Asche. Dazu noch die Ausdünstungen vieler ungewaschener Menschen! “

„Na ja, wie ihr seht ist hier alles ein wenig enger als in Darrelbrück und innerhalb der hohen Palisaden weht nur selten einmal ein kräftiger Wind.“ gab Kraan zur Antwort.

Narael rümpfte nur einmal kurz die Nase und zog dann die Kapuze ihres Umhangs tiefer in ihr Gesicht. Ihr gefiel Mittenwald nicht sonderlich. Es wirkte düster und alt, viel älter als Darrelbrück zum Beispiel und sie wusste dass es sich genau umgekehrt verhielt.

Alle Häuser waren aus demselben dunklen, verwitterten Holz gebaut; schmucklos und abweisend hockten sie dicht aneinander gedrängt entlang der engen Straßen. Die wenigen Menschen denen sie begegneten, gingen grußlos an ihnen vorbei und schienen auch einander wenig zu beachten. Vor den Geschäften lagen keine Waren aus und die Kunden schlossen die Türen hinter sich wenn sie ein und aus gingen.

Doch am Merkwürdigsten fand Narael, das ihnen nirgendwo Kinder begegneten. „Wo verstecken sie die Kinder in dieser trostlosen Stadt?“ wollte sie wissen.

„Sie hat Recht, Kraan. Es ist zu still hier!“ sagte Targon.

„Ich weiß!“ antwortete Kraan kurz angebunden. Die Mittenwalder waren immer schon eher still und zurückhaltend, das wusste er von früheren Besuchen. Doch diese Stille war bedrückend und die Abwesenheit der Kinder beunruhigend. Ihm war bekannt, das sowohl Halam als auch Zweiburgen begehrliche Blicke in Richtung Mittenwald warfen, während die Herren von Mittenwald uneins waren. Das die Bürger dieser Stadt sich unter diesen Umständen noch verschlossener zeigten war verständlich. Vermutlich war in letzter Zeit auch einiges vorgefallen, so dass es den Menschen hier ratsam erschien ihre Kinder von den Straßen fern zu halten.

„Ist es noch weit bis zu diesen Herbergen von denen Birka sprach?“ wollte Narael wissen.

„Die Kupferkanne ist gleich an der nächsten Kreuzung und Tarkens Weinfass ist fast am anderen Ende der Stadt.“ Wusste Kraan. „Ich vermute aber, wir werden ihn in der Kupferkanne finden, denn dort quartieren sich üblicherweise die Flussreisenden ein.“

„Wenn er noch hier ist!“ murmelte Targon.

„Wenn er weiß was gut für ihn ist, ist er noch hier!“ gab Kraan zurück.

Targon zuckte daraufhin nur mit den Schultern und wollte die Tür zum Schankraum der Kupferkanne öffnen vor der sie soeben angekommen waren. Kraan legte die Hand auf seinen Arm und sagte:

„Ich gehe zuerst, dann Narael und du machst die Rückendeckung. Bleib gute drei Schritte hinter ihr, einverstanden?“

Als Targon nickte, öffnete Kraan die Tür und betrat den Schankraum.

Niemand bemerkte ihr Eintreten, denn alle Anwesenden lauschten einem Fremden, der scheinbar schon eine Weile damit beschäftigt war diesen Menschen vor Augen zu führen auf welche Weise das grüne Haus versuchte ihnen zu schaden.

In diesem Moment sprach er von den verräterischen Kauffern und Tuchern, die er als willige Handlanger des grünen Hauses bezeichnete: „Wenn man die Zunftmeister fragt, warum sie denn so bereitwillig nach Darrelbrück gegangen sind, so antworten sie immer: Weil hier der Sitz des Gildenrichters ist! - Wer aber sieht, wie Kaufferburg und Tucherhof trutzig, Seite an Seite vor Galens Haus kauern, wie abgerichtete Hütehunde bei Fuß, der weiß welchem Herrn sie dienen!“

In diesem Moment bemerkte der Redner die Neuankömmlinge. Er zögerte kaum merklich und zeigte anklagend auf Kraan und Narael: „Und das nenne ich eine gute Fügung, denn dort kommen sie gerade zur Tür herein: Eine so genannte ehrwürdige Schwester und ihr Büttel!“

Targon war etwas zurück geblieben und hatte sich mit zwei schnellen Schritten rechts von der Tür hinter einen Pfeiler gestellt, so dass er von dem Redner nicht gesehen werden konnte. Kraan und Narael gingen weiter bis zur Mitte des Raumes. Dort schaute Kraan sich um und sagte dann: „Einen guten Tag auch dir, Fremder. Ist es in deiner Heimat Sitte andere Gäste in der Schänke zu beleidigen?“

„Seid nicht viel mehr Ihr die Fremden, Du und deine Schwester?“

Die anderen Gäste hatten den Wortwechsel mit Spannung verfolgt und während einige ihren Unmut äußerten ob der beleidigenden Rede des Fremden, hörte man hier und da auch ein hämisches Lachen.

„Zwei Dinge verraten dich, Fremder:“ erklärte ihm Kraan, „Kein Mittenwalder würde so unverschämt sein Gastrecht missbrauchen und andere Bürger gegen das grüne Haus aufwiegeln und kein Bürger Harans würde zu diesem Zweck die Kauffer und Tucher verleumden.“

„Hört, hört!“ rief da ein Gast und viele nickten zustimmend.

„Ja – hört, hört!“ rief der Fremde. „Hört wie der Büttel es versteht euch Honig um den Bart zu schmieren! Fragt ihn doch woher er kommt und hört ob er es wagt wahrheitsgemäß zu antworten! – Ja fragt ihn wo er seine Bütteldienste feilbietet! Warum würde es mich nicht wundern wenn Königsend die Antwort wäre?“

„Königsend heißt die Brücke, von welcher der König bei seinem letzten Kampf stürzte und ja, sie steht in meiner Stadt, welche Darrelbrück genannt wird. Ich bin Kraan, Meister der Tempelwache in Galens Haus, was dir so mancher Bürger dieser Stadt bestätigen kann. Wirst du mir nun deinem Namen und deine Herkunft verraten, Fremder?“

„Warum sollte ich dir Rede und Antwort stehen, Templer? Dies ist nicht deine Stadt!“

Narael hatte während des Wortwechsels schweigend hinter Kraan gestanden. Nun trat sie an seine Seite und sagte: „Sicherlich wirst du mich nicht belügen, wenn ich dich nach deinem Namen frage.“

Sie hob ihre Hände um ihre Kapuze ein wenig zurück zu schieben, da sprang der Fremde einen Schritt zurück, riss sein Schwert aus der Scheide und schrie:

„Keine falsche Bewegung, Hexe! Du wirst mich nicht behexen; vorher haue ich dich in Stücke!“

Rundherum sprangen die Gäste von ihren Sitzen auf und versuchten sich in Sicherheit zu bringen.

Kraan hatte unterdessen seinen Schlagstock aus der Gürtelschlaufe gezogen und sich mit derselben Bewegung schützend vor Narael gestellt.

„Genug!“ donnerte er den Fremden an, „Stecke dein Schwert weg!“

Der Fremde lachte: „Meinst du ich habe Angst vor deinem Knüppel?“ Mit einem verächtlichen Lächeln wollte er Kraans Schlagstock zur Seite schlagen, doch sein Schwert traf ins Leere und stattdessen erhielt er einen leichten Schlag auf den Unterarm.

„Mach keine Dummheiten, Mann! Stecke dein Schwert weg, bevor es Dir leid tut!!“ sagte Kraan beinahe freundlich.

Die Tempelwache des grünen Hauses und damit auch Kraan, galt in gewisser Weise weniger als gefürchteter, sondern vielmehr ein entnervender Gegner. Selbst in kriegerischen Auseinandersetzungen blieben sie bei ihren stumpfen Waffen, welche sie exzellent zu führen wussten. Entnervend war vor Allem ihr Kampfstil, welcher ganz und gar von der Philosophie ihres Hauses durchdrungen war:

Zuallererst strebten sie stets danach ihren Gegner zu entwaffnen ohne ihm ein Leid zu tun, außer er wehrte sich gar zu heftig. Dann stellte sich heraus, dass sie wohl wussten, wo es weh tat und aufs Treffen verstanden sie sich auch. Und immer noch achteten sie darauf dem Gegner keinen ernsthaften Schaden zuzufügen. Sie waren überraschend erfolgreich mit diesem Stil und äußerst großzügig zu den Besiegten. So mussten sie sich nur noch selten beweisen, denn so Mancher der gegen sie zu Felde zog, fand sich entwaffnet oder ausmanövriert bevor er noch das Signal zum Angriff geben konnte.

Offensichtlich glaubte dieser hier die Geschichten über die Tempelwächter nicht, oder er kannte sie noch nicht, denn er griff mit einer raschen Folge von wütenden Hieben an.

Kraan wich nicht einen Finger breit zurück und ließ jeden Schlag wirkungslos an seinem Schlagstock abgleiten. Auch als der Angreifer seine Anstrengungen verdoppelte, schien es als ob Kraan jeden Schlag ohne Mühe abwehren würde, denn nun ging er dazu über seinem Gegner zwischen jeweils zwei Verteidigungsschlägen einen Schlag zu versetzen. Gerade hart genug um schmerzhaft zu sein ohne wirklichen Schaden anzurichten. Nachdem er ein halbes Dutzend Treffer eingesteckt hatte, sprang der Fremde zurück um sich eine Atempause zu verschaffen.

 

„Reicht es Dir?“ fragte Kraan.

Statt einer Antwort sprang der Fremde plötzlich wieder vor und zielte mit ausgestrecktem Schwertarm auf Kraans Herz. Der lenkte das Schwert mit einem raschen Seitwärtshieb aus der Bahn, vollführte eine halbe Drehung und rammte seinen linken Ellbogen in den Magen seines Gegners während er ihn mit einem harten Schlag seines Schlagstocks auf das Handgelenk entwaffnete.

In diesem Moment wollten zwei Kumpane dem Fremden zur Hilfe eilen, einer von links und einer von rechts.

Doch Targon hatte schon vorher bemerkt das diese zwei sich anders verhielten als die anderen Gäste. Während Jene den Kampf aus sicherer Entfernung beobachteten, hatten diese zwei einander Zeichen gegeben und sich unauffällig in Position gebracht.

Targon hatte sich derweil ebenfalls an den Kumpan auf seiner Seite heran gearbeitet und als dieser nun angreifen wollte brachte er ihn mit seinem Stab zu Fall während er Kraan eine Warnung zurief. Doch der dritte Angreifer verlor in diesem Moment seine Nerven, ließ sein Schwert fallen und rannte davon.

Kraans Gegner war ebenfalls zu Boden gegangen. Kraan stellte nun seinen Fuß auf dessen Schwert und ging vor ihm in die Hocke. Vorsichtig stupste er mit seinem Schlagstock an der Schulter des Mannes bis er ihm sein Gesicht zu wandte.

„Ich hoffe dein Handgelenk ist nicht gebrochen, Fremder. Vielleicht sollte die ehrwürdige Schwester es sich einmal ansehen.“

„Nein!“ presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Haltet die Hexe von mir fern!“

Zu seinem Erstaunen erkannte Kraan, das der Fremde wirklich Angst vor Narael hatte. „Was haben sie dir nur über die ehrwürdigen Schwestern erzählt?“ fragte Kraan und schüttelte den Kopf.

Targon hatte sich mittlerweile seinen Fremden, der immer noch, dank des Stabes zwischen seinen Schulterblättern, bäuchlings vor ihm lag, genauer angesehen und ein ledernes Band bemerkt, welches dieser um den Hals trug. Kurz entschlossen bückte er sich, packte den Mann an den Schultern und drehte ihn auf den Rücken.

„Halt schön still, Bürschchen!“, sagte er und setzte seinen Stab auf die Stirn des Mannes. „Lass uns doch mal sehen was du da um den Hals hängen hast!“

Mit der freien Hand zog er nun an dem Lederband bis ein roter Anhänger unter dem Wams hervor kam, der die Form einer Mondsichel hatte. Der Anhänger war jedoch so an dem Band befestigt, das beide Hörner nach unten zeigten. Mit einer schnellen Bewegung zog er den Anhänger über den Kopf des Mannes und richtete sich wieder auf.

„Schau dir das an, Kraan!“ sagte er und warf ihm das Fundstück zu.

„Serekan!“ knurrte der verächtlich und stand auf. „Nun wird mir einiges klar. Seht her!“ wandte er sich an die anderen Gäste, die immer noch gebannt das Geschehen verfolgten, „Kennt ihr dieses Zeichen noch, oder ist es schon in Vergessenheit geraten? Es prangte auf den Bannern der Armee die im 911ten Jahre Harans das Reich überfiel und in Darrelbrück den König tötete!“

Auf einigen Gesichtern zeichnete sich Erkennen ab, auf Anderen Entrüstung. Es war eine Sache über andere Städte des Reiches und ihre Häuser zu klatschen und zu tratschen, selbst wenn es manchmal boshaft wurde und die Wahrheit außer Acht gelassen wurde. Doch es war eine ganz andere Sache, wenn erklärte Feinde des Reiches die Rivalitäten der Häuser für ihre eigenen, unlauteren Absichten benutzten.

Dementsprechend schlug nun die Stimmung um. Selbst diejenigen die vorhin noch hämisch lachten, als die Fremden so ungebührlich mit der ehrwürdigen Schwester und dem Templer sprachen, taten nun ihren Ärger lautstark kund. Hier und da wurden die ersten Drohungen laut und Kraan erkannte das es für die beiden Fremden in kurzer Zeit gefährlich werden konnte.

„Wer von euch wird nun gehen und die Stadtwache holen?“ fragte er darum, „Denn diese hier gehören in Gewahrsam damit Mittenwalds Herren sie befragen können!“

Zwei machten sich daraufhin auf den Weg und andere holten Stricke damit den beiden Serekan die Hände gebunden wurden.

Targon fragte die beiden nun nach anderen Serekan die womöglich noch in der Stadt wären und ob sie einen jungen Mann in ihrer Begleitung hätten. Die beiden Männer antworteten ihm jedoch nicht und auch die anderen Anwesenden, die er nach Jengar und seinen Begleitern fragte schienen nichts zu wissen.

Plötzlich wurde die Tür der Schänke so heftig aufgestoßen das sie krachend gegen die Wand schlug. Vier Stadtwachen und ein Hauptmann marschierten mit gezückten Schwertern bis in die Mitte des Schankraums.

„Was geht hier vor?“ schnauzte der Hauptmann, nachdem er die Situation überschaut und missdeutet hatte. „Macht das grüne Haus jetzt Gefangene wo es will?“

„Keineswegs Hauptmann!“ antwortete Kraan in derselben Lautstärke. „Dieser erhob sein Schwert wider die ehrwürdige Schwester und Jener wollte ihm zur Hilfe kommen, als ich Diesen entwaffnete. Ein Dritter floh und ist nun auf freiem Fuß in deiner Stadt, Hauptmann.“

Der Hauptmann war durch Kraans militärischen Ton ein wenig verunsichert, wollte aber dennoch für jedermann deutlich machen, wer hier das sagen hatte: „So, so! Das mag wohl sein, aber darum kümmern wir uns! Du bist nicht dazu berechtigt einen Bürger des Reiches außerhalb deiner Mark gefangen zu setzen!“

„Es waren Bürger dieser Stadt die den Beiden die Hände fesselten und mit gutem Grund!“ stellte Kraan klar. „Dass der dort ein Bürger des Reiches ist, bezweifle ich!“ fuhr er fort und zeigte ihm das Symbol der Serekan. „Sieh nur was sie bei sich trugen!“

Der Hauptmann reagierte aber immer noch unnahbar. Starr geradeaus blickend antwortete er: „So, so! Dann scheint ja alles seine Richtigkeit zu haben! Wenn du mir dann noch dieses Beweisstück aushändigen würdest, kannst du diese leidige Geschichte schnell hinter dich bringen.“

Kraan übergab dem Hauptmann den Anhänger und wunderte sich ein wenig – er hätte eine stärkere Reaktion beim Anblick des Serekan-Emblems erwartet.

Die Stadtwachen nahmen die Gefangenen in die Mitte und nach ein paar weiteren wichtigtuerischen Bemerkungen des Hauptmanns marschierten sie wieder hinaus.

Kraan wunderte sich nun noch mehr, denn normalerweise hätte ein Hauptmann der Stadtwache sich die Ereignisse schildern lassen und sicherlich noch einige Fragen dazu gehabt. Ein Versuch seinerseits, auf solche Methoden hinzuweisen, wäre von dem Hauptmann als Amtsanmaßung verstanden worden, davon war er überzeugt.

Aus alter Gewohnheit schaute er sich noch einmal um, bevor er die Schänke verließ und bemerkte einen alten Mann der etwas abseits stand und ihm unauffällig Zeichen gab. Er hatte das wettergegerbte Gesicht eines Flussfischers und Hände, die Seile und Ruder kannten, schon ein Leben lang. Als er sicher war das Kraan ihn bemerkt hatte, ging er langsam zur Tür und hinaus.

„Wollen wir doch mal sehen, was der Alte uns zu sagen hat!“ raunte er Targon zu.

„Einverstanden. Hier erfahren wir sowieso nichts mehr.“ antwortete der Zauberer ebenso leise.

Womit er auch Recht hatte. Die anderen Gäste der Schänke hatten sich schon längst wieder ihren Humpen und Tellern und ihren alltäglichen Gesprächen zugewandt. Niemand schenkte ihnen sonderliche Beachtung, als sie die Kupferkanne wieder verließen.

Draußen wartete der alte Mann am Eingang einer kleinen Gasse auf sie, winkte ihnen zu und zog sich in die Gasse zurück.

„Entweder er fürchtet sich oder er lockt uns in einen Hinterhalt!“ meinte Kraan.

„Ich denke er ist vorsichtig.“ antwortete Narael. „Er sah nicht aus wie ein Spitzbube.“

Targon nickte nur zustimmend und übernahm die Führung.

In der Gasse erwartete sie der Alte schon. Er ging noch einmal bis zur Ecke zurück und vergewisserte sich, dass ihnen auch niemand gefolgt war.

„Sicher ist sicher!“ sagte er, als er zurück kam. „Sind längst nicht mehr alle Augen freundlich, die da neugierig schauen!“ fügte er hinzu und kicherte.

Dann wurde er wieder ernst und schaute sie prüfend an: „Dieser Junge nach dem ihr fragtet – was bedeutet er euch?“

„Er ist ein Freund und wir befürchten, das er in schlechter Gesellschaft reist.“ antwortete Kraan.

„Nur um sicher zu sein, dass wir von Demselben sprechen: Wie heißt dieser Freund?“

„Sein Name ist Jengar, guter Mann.“ gab Targon zur Antwort. „Und in Darrelbrück hat er einen Bruder der sich große Sorgen um ihn macht.“

„ Jengar ist es, ja, ja!“ nickte der Alte.

„Ich hab’s gehört, wie sie ihn riefen, unten am Fluss. Dort bin ich immer noch auf meinem Boot, fast jeden Tag. Hab ein Auge auf den Fluss und was er anspült, wisst ihr. Der Fluss bringt nicht nur Gutes nach Mittenwald, sag ich immer. Hab bald mein ganzes Leben auf dem Fluss verbracht müsst ihr wissen, mein ganzes Leben…!“

„Was ist denn mit Jengar geschehen, unten am Fluss?“ unterbrach Narael mit sanfter Stimme.

Der Alte schaute sich noch einmal misstrauisch um dann flüsterte er: „Rüber auf die andere Seite sind sie, Grumbols Schatz zu finden, die Narren!“

„Wann war das?“ fragte Kraan schnell.

„Wann? – Ja, wann…? Ja, gestern war es! Eine schlechte Nachricht, leider. - Schade um den Jungen!“

„Gibst du ihn jetzt schon verloren?“

„Noch mag er leben, Templer, aber:

Grumbols Schatz ist gut bewacht

hat jedem noch den Tod gebracht!“

Den reimenden Teil seiner Antwort trug er in einem zittrigen Singsang vor und schaute sie danach erwartungsvoll an.

„Wer sollte Grumbols Schatz denn jetzt noch bewachen?“ fragte Kraan zweifelnd.

Der Alte schaute sich noch einmal um, als erwarte er Lauscher die sich heimlich angeschlichen hätten und flüsterte dann: „Ja habt ihr denn noch nie vom Wächter auf der Lichtung gehört?“

„Nein!“ gab Kraan sich skeptisch. “Wer sollte das sein? Und wie überlebt er im großen Wald?“ Natürlich kannte Kraan die Legenden um Grumbol, den Schatz und den Wächter, sie aber ohne jeden Beweis für bare Münze zu nehmen widersprach seinem nüchternen Denken.

„Oh, dieser Grumbol hatte seine Verbündeten auch im Großen Wald, da bin ich mir sicher! Welcher Art diese Verbündeten waren, will ich gar nicht wissen, meine Alpträume sind so schon schlimm genug!“

„Klingt nach Lagerfeuergeschichte, wenn du mich fragst.“ warf Targon ein.

„Ja wie sonst wohl kam er ganz allein zurück aus dem Wald, kannst du mir das sagen?“ wandte der Alte sich an den Zauberer. „Er war ein starker und gewalttätiger Mann, aber ganz allein hätte er seine Kumpane niemals bezwungen!“

„Das mag sein, guter Mann, dennoch werden wir unseren Freund suchen und wenn es sein muss, auch auf der anderen Seite des Flusses.“ antwortete Targon. „Die Frage ist nur: Wo fangen wir an? Kannst du uns dazu noch etwas sagen?“

„Ihr müsst hinüber zum Jägersteg. Dort beginnt der Weg zur Lichtung.“

„Würdest du uns übersetzen, mit deinem Boot?“ fragte Kraan.

„Auf die andere Seite?“ Der Alte starrte ihn entsetzt an und wich einen Schritt zurück, „Ich bin doch nicht verrückt!“

„Wer würde uns fahren?“

Er blickte sich nervös um: „Für den richtigen Preis werdet ihr unten am Fluss schon einen Fährmann finden. Doch erwähnt mich nicht, darum bitte ich euch. Ich hab schon viel zu lange mit euch geredet, nichts für ungut. Ich muss jetzt gehen!“ Damit drehte er sich plötzlich um und ging ohne ein weiteres Wort eilig davon.

„Was soll man davon halten?“ fragte Kraan und schaute dem Alten kopfschüttelnd hinterher.

„Offensichtlich gehen in Mittenwald merkwürdige Dinge vor!“ antwortete Targon.

„Ja und sie machen ihm Angst!“ pflichtete Narael ihm bei. „Wir werden noch einige Dinge besorgen müssen, wenn wir Jengar folgen wollen.“

Bevor Kraan ein ablehnendes Wort sagen konnte, drehte Targon sich grinsend herum und sagte: „Sie hat Recht!“

„Dir macht das Ganze wohl auch noch Spaß, was?“

„Ich sehe mich nur bestätigt!“

„Wovon redest du?“

„Von den ungewöhnlichen Menschen, welche uns zu diesen ungewöhnlichen Ereignissen führen!“

Kraan wusste natürlich von Anfang an worauf der Zauberer anspielte, gab sich aber weiterhin unwirsch und sagte nur: „Ist ja gut! Lass uns einkaufen!“

 

*

Zurück in Birkas Hütte berichtete Kraan von ihren Erlebnissen in Mittendorf, während Targon und Narael ihre Einkäufe auf dem Tisch ausbreiteten.

Birka zeigte sich wenig überrascht, weder über die Erwähnung der Serekan, noch über das Verhalten des Wachmannes. „Solche Rede hörst du schon seit einigen Monaten in Mittenwald!“ sagte sie zum Ersten und: „Sie werden sie laufen lassen.“ zum Zweiten.

Als Kraan von dem alten Mann und seinen Worten berichtete, sagte sie: „Das wird Lon gewesen sein. Viele beachten ihn nicht, weil er so alt ist und, wie sie glauben, auch nicht ganz richtig im Kopf.“

„Und was glaubst du?“ wollte Kraan wissen.

„Ich glaube, er beobachtet recht genau, was am Wasser vorgeht und es gefällt ihm nicht alles was er sieht. Er sagt immer: Der Fluss bringt nicht nur Gutes nach Mittenwald!“

„Ja, genau das sagte er.“ bestätigte Kraan.

„Ihr wollt also auch hinüber auf die andere Seite?“ fragte Birka und zeigte auf die Ausrüstung. Als Kraan nickte sagte sie: „Ich habe ein Boot und ich kenne den Weg. Ich werde euch fahren!“

Kraan holte tief Luft und öffnete gerade den Mund, als Ardun `Yieppiey´ machte, Narael in die Hände klatschte, Bron sich verneigte und Targon lachte.

Kraan schloss seinen Mund und lachte ebenfalls: „Du hast ein großes Herz, Birka. Damit hilfst du uns sehr. Dein Vater wäre Stolz auf Dich!“

„Er hätte nicht weniger getan – eher mehr!“ antwortete sie und klang dabei als schäme sie sich. „Nun – viel haben sie mir nicht gelassen“ – fuhr sie nach einer kleinen Pause fort, „aber um euch eine gute Gastgeberin zu sein, reicht es noch alle Mal! Also lasst uns was zu Essen machen!“

*

Bald nach Sonnenaufgang brachen sie auf und Birka verriegelte ihre Hütte mit den Worten: „Ein Schloss würde keinen Unterschied machen. Hier kommt außer den Palisadenwächtern kaum jemand vorbei!“

Da kam Targon noch einmal zurück und malte mit dem Daumen ein schimmerndes Zeichen auf die Tür, welches gleich darauf verschwand. „Nun müssten sie die Tür schon einschlagen!“ sagte er und machte sich wieder auf den Weg.

Heute kam keine Fähre nach Mittenwald, wusste Birka. Es sollte darum um diese Zeit noch niemand vor dem Tor sein. Die Freunde wollten ihre Reise möglichst ohne großes Aufsehen beginnen.

Einer war aber schon dort und schien damit beschäftigt die Leinen eines schlanken Bootes mit einer langen Ruderpinne zu überprüfen.

„Das ist Bootsherr Staak. Ich frage mich was er hier will!“ raunte Birka als sie sich den Anlegestellen näherten

„Das werden wir schon herausfinden!“ gab Kraan ebenso leise zurück.

„Guten Morgen, die Damen und Herren!“ begrüßte sie der Bootsherr als sie am Wasser ankamen.

„Einen Guten Morgen auch euch mein Herr!“ antwortete Kraan und betrachtete eingehend das Boot an welchem Staak beschäftigt war.

„Ich sehe, mein Boot interessiert euch, mein Herr.“ sagte Staak daraufhin. „Braucht ihr etwa die Dienste eines Fährmanns?“

„Das mag schon sein. Könntest du uns über den Fluss bringen?“

„Sicherlich.“

„Was ist dein Preis?“

Ich werde euch einen guten Preis machen: Fünf und Dreißig Kupferlinge für die Fahrt zum Jägersteg!“

„Hat der lange Staak etwa Not, dass er sich so billig zeigt? Oder zahlt ein anderer die zwei Drittel die noch am Fährgeld fehlen?“

„Was willst du damit sagen, Ochsin?“

„Das du nur zu deinem Vorteil fährst und den kann ich im Fährgeld nicht erkennen.“

„Du kennst meinen Geschäftssinn gut, Ochsin“ sagte der Bootsherr mit einem kühlen Lächeln. „Natürlich habe ich den Gewinn an dieser Fahrt schon längst gemacht! Eine Jagdgesellschaft erwartet mich am Jägersteg, welche die Heimreise schon bezahlt hat“

„Du hast schon besser gelogen, Staak!“

Dies sagte sie, weil er zu jenen gehörte, welche nach dem Tod ihres Vaters angebliche Schulden bei ihr eingefordert hatten. „Du kannst dir deine Mühe sparen, ich selbst werde meine Freunde fahren!“

„Du willst sie fahren? In dieser Nussschale?“ der lange Staak zeigte auf ihr Boot, lachte verächtlich und wandte sich wieder an Kraan: „Ich glaube, so leichtsinnig werdet ihr nicht sein!“

„Mein Boot ist kaum kleiner als deines!“ erwiderte Birka während sie Staak an die Schulter fasste und wieder zu sich drehte. Neben ihr wirkte der `lange´ Staak gar nicht so lang sondern eher schmächtig.

Er ließ sich aber nicht einschüchtern, sondern erwiderte: „Das mag wohl sein, aber es sieht älter und grauer aus als meine Großmutter!“

„Und wer garantiert mir, dass die bunten Farben an deinem Boot nicht morsches Holz verstecken?“ konterte Birka und starrte ihn herausfordernd an

Narael trat neben Birka und fragte: „Woher wisst ihr, dass wir zum Jägersteg wollen?“

„Äh, äh, äh…“ machte er. „Habt nicht ihr selbst es gesagt, mein Herr?“ fragte er Kraan.

„Keineswegs! Ihr habt uns die Fahrt dorthin angeboten!“ Kraans streng gewordener Blick machte ihn sichtlich nervös.

„Aber wo sonst könntet ihr hin wollen?“ fragte Staak in dem Bemühen die Situation noch zu retten.

Doch da trat Bron neben ihn, ging mit seiner Nase dicht an seinen Hals und schnupperte. Staak brach der Schweiß aus, aber er blieb still stehen und bemühte sich einen gelassenen Eindruck zu machen.

„Dieser Mann lügt!“ stellte Bron fest.

Staak wollte sofort seine Unschuld beteuern, doch Narael schnitt ihm das Wort ab:„Ich sehe die Lüge in euren Augen, Bootsherr Staak! Darum beschämt weder uns, noch euch selbst, indem ihr sie uns als Wahrheit verkauft!“

Sie wandte sich an Birka und sagte: „Führe uns zu deinem Boot, Birka, es hat eine ehrliche Farbe.“

Der lange Staak brauchte noch eine Weile um sich von dieser Art Abfuhr zu erholen. Sie waren alle der Schwester gefolgt ohne noch ein weiteres Wort an ihn zu verlieren. Er stand noch eine Weile bei seinem Boot und schaute den Freunden zu, die ihre Ausrüstung verluden und ihn scheinbar schon vergessen hatten. Schlussendlich entfernte er sich in Richtung Stadttor und kurz darauf machte Birka die Leinen los und lenkte das Boot hinaus auf den Fluss. Sie machten sogleich gute Fahrt, denn ein frischer Wind aus dem Süden unterstützte sie gegen die Strömung.

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