Sportpädagogik in 60 Minuten

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Sportpädagogik in 60 Minuten
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Stefan König

Sportpädagogik in 60 Minuten

UVK Verlag · München

Umschlagabbildung und Kapiteleinstiegsseiten: © iStock – baona

„Sportpädagogik in 60 Minuten“ führt kompakt und verständlich in die Problemstellungen und Methoden dieser Teildisziplin der Sportwissenschaft ein.

Alle Titel „in 60 Minuten“: Sportpädagogik, Sportgeschichte, Sportsoziologie, Sportökonomik, Sportmedizin, Sportpsychologie, Bewegungswissenschaft und Trainingswissenschaft.

Prof. Dr. Stefan König arbeitet als Professor für Sportwissenschaft mit dem Schwerpunkt Empirische Sportpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Weingarten. Schwerpunkte seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit sind u. a. Schulsportforschung, Sportspielvermittlung und -training sowie Mixed Methods Research. koenig@ph-weingarten.de

© UVK Verlag 2020

‒ ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen

www.narr.de · info@narr.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN 978-3-7398-3057-5 (ePDF)

ISBN 978-3-7398-8057-0 (ePub)

Inhalt

  Sportpädagogik in 60 Minuten

  1 Einführung – Phänomene und Themen der Sportpädagogik

  2 Entstehung und Entwicklung der Sportpädagogik

  3 Themenfelder, Theorien und Methoden der Sportpädagogik

  4 Verhältnis der Sportpädagogik zur Sportpraxis

  Praxisbeispiel: Kinder und Jugendliche im Spitzensport – sportpädagogisch betrachtet

  Literatur

  Kommentierte Links zu Verbänden, Zeitschriften, aktuellen Podcasts und Videos


Sportpädagogik in 60 Minuten

Historisch betrachtet stand die Sportpädagogik am Anfang der Sportwissenschaft, wenn man die Erzieher des ausgehenden 18. Jahrhunderts als Sportpädagogen ansieht (Grupe & Krüger, 2007; Prohl, 2010). Ausgangspunkt dieser Entwicklung waren Erfahrungen und Vorstellungen einzelner Lehrer über den erzieherischen Wert von Gymnastik, Turnen oder Leibesübungen. Sie führten zunächst zu einer Aufwertung und einem pädagogischen Umgang mit Bewegung, später dann zu einer wachsenden gesellschaftlichen Bedeutung und Politisierung (Prohl, 2010). Erst nach dem Zweiten Weltkrieg etablierte sich mit der Theorie der Leibeserziehung ein erstes Theoriegebäude, das als bildungstheoretisch bezeichnet werden kann, weil es davon ausging, dass Leibeserziehung zur Gesamterziehung von Kindern und Jugendlichen gehören muss. Mit der zunehmenden gesellschaftlichen Bedeutung des Sports und seiner damit einhergehenden Verwissenschaftlichung wurde erstmals 1969 von der Sportpädagogik als Teilgebiet der sich ebenfalls entwickelnden Sportwissenschaft gesprochen. Heute ist die Sportpädagogik eine von vielen sportwissenschaftlichen Teildisziplinen, in deren Fokus die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Bildung und Erziehung in sportlichen Kontexten steht (Grupe, 1984; Grupe & Kurz, 2003). Allerdings kennzeichnet sie ebenfalls eine Nähe zur Erziehungswissenschaft (Prohl, 2013, S.6), auch wenn ihr dortiger Stellenwert als „ernüchternd gering“ (Beckers, 2001, S.25) bezeichnet werden kann und die Sportpädagogik sich eher unabhängig von der Erziehungswissenschaft entwickelt hat (Grupe, 2001, S.13).

Eine Auseinandersetzung mit der Sportpädagogik und ihres „state of the art“ ist im Rahmen einer größeren Anzahl sportwissenschaftlicher Studiengänge, aber auch vieler anderer Ausbildungen im Bereich des Sports unabdingbar, wofür folgende Gründe, Entwicklungen und Überlegungen sprechen:

 Traditionell hat sich die Sportpädagogik auf den Schulsport konzentriert (Grupe & Kurz, 2003, S.527) und tut dies mit Blick auf die erzieherische Funktion von Schulsport immer noch (Fessler, Hummel & Stibbe, 2010; Serwe, 2011), sodass sie für akademisch gebildete Sportlehrkräfte zur Berufs- und Beratungswissenschaft geworden ist (Haag & Hummel, 2001; Hummel, 2012; Prohl, 1994; Prohl & Gröben, 1997).

 Allerdings hat sich die Sportpädagogik auch anderen Altersgruppen und Settings geöffnet. Dies hatte und hat zur Folge, dass heute ebenso die Einflüsse von Training und Wettkampf, Gesundheit, Abenteuer, Freizeit etc. hinsichtlich ihrer Wirkungen auf Erziehung und Bildung untersucht werden (Grupe & Kurz, 2003; Haag & Hummel, 2001; Prohl & Lange, 2004). Damit wird sie zum Inhalt von Bachelor- und Master-Studiengängen unterschiedlichster Schwerpunkte und Profilierungen.

 Schließlich bezeichnet die Sportpädagogik sowohl pädagogisches Handeln und sportpädagogische Praxis als auch das Reflektieren über diese sportpädagogische Praxis in wissenschaftlichen Diskursen (Grupe & Krüger, 2007, S.17). Damit ist letztendlich die Absicht verbunden, sportpädagogische Praxis zu verbessern. Insofern sind die Sportpädagogik und ihre Erkenntnisse auch für alle praktischen Tätigkeiten, wie Unterrichten, Trainieren und Lehren, von Bedeutung.

Die Sportpädagogik ist folglich aus ihrem ursprünglichen Schatten einer reinen Schulsportorientierung herausgetreten und befasst sich in der Zwischenzeit mit nahezu allen Bereichen des Sports. Deshalb kann sie die Bearbeitung ihrer zentralen Fragestellungen nach Erziehung und Bildung in sportlichen Kontexten nicht allein aus sich heraus vornehmen, sondern muss auch Ergebnisse aus anderen sportwissenschaftlichen Disziplinen, z.B. der sportpsychologischen Lernforschung (Schmidt & Conzelmann, 2011; Tietjens, Ungerer-Röhrich & Strauß, 2007), der trainingswissenschaftlichen Belastungsforschung (König, 2011; Thienes & Baschta, 2016) oder der bewegungswissenschaftlichen Motorikforschung (Lutz, 2018; Scherer, 2015), aufnehmen und diese mit Blick auf deren Auswirkungen auf Bildung und Erziehung diskutieren (Grupe & Kurz, 2003, S.527).

Lernziele

 Die Leser erfahren, mit welchen Phänomenen sich die Sportpädagogik beschäftigt und welche Themen aus ihrer Sicht relevant sind.

 Sie erkennen, wie die Sportpädagogik entstanden ist, wie sie sich bis zum heutigen Stand entwickelt hat und welche Verbindungen zu ihrer Mutterwissenschaft bestehen.

 Sie lernen wissenschaftliche Zielsetzungen und Aufgaben der Sportpädagogik kennen und reflektieren, mit welchen Theorien sich die Sportpädagogik den für sie relevanten Phänomenen und Themen nähert, welchen Problem-/Fragestellungen sie sich widmet und welche Methoden dabei typischerweise zum Einsatz kommen.

 Sie erfahren, in welchem Verhältnis die Sportpädagogik zur Sportpraxis steht, insbesondere welche Bedeutung die Sportpraxis ihren Forschungsergebnissen beimisst.


1 Einführung – Phänomene und Themen der Sportpädagogik

Blickt man aus heutiger Sicht auf die Sportpädagogik als Teildisziplin der Sportwissenschaft, können ihre Grundfragen und Aufgaben in Anlehnung an Prohl (2010, S.13–15) in einem ersten Schritt folgendermaßen umrissen werden:

 Die Sportpädagogik begründet ihr wissenschaftliches Tun in der philosophischen Lehre vom Menschen, der Anthropologie, deren Vorannahmen – etwa in Form von Menschenbildern – jegliche erzieherische Entscheidung beeinflussen.

 Sie orientiert sich einerseits an Theorien und Themen der Erziehungswissenschaft, arbeitet andererseits aber auch mit dem Methodeninventar der Sportwissenschaft.

 Sie versucht, die Sportdidaktik als Theorie des Lehrens und Lernens sowie des Sportunterrichts zu beraten.

Vor diesem Hintergrund ist zum einen eine bildungstheoretische Perspektive der Sportpädagogik in den Blick zu nehmen. Diese wird in der Regel als normativ bezeichnet und befasst sich mit der Frage, welchen spezifischen Beitrag die Bewegungskultur zur Bildung des Menschen leisten kann. Diese Perspektive war und ist untrennbar mit der geisteswissenschaftlichen Pädagogik verbunden (Grupe & Krüger, 2007, S.26; Gudjons, 2008, S.30–32; Prohl, 2010, S.17–18). Seit einigen Jahren erlebt sie im Rahmen der Diskussion um den Auftrag des Schulsports wieder eine deutliche Rennaissance (Balz, 2009; Beckers, 2001; Neuber, Golenia, Krüger & Pfitzner, 2013).

 

Dem ist eine erfahrungswissenschaftliche Perspektive gegenüberzustellen, die mittels sozialwissenschaftlicher Verfahren sportpädagogisch relevante Phänomene beschreiben, analysieren und möglichst auch erklären möchte. Ihr geht es um die Erhebung und Prüfung von Tatsachen der Erziehungswirklichkeit (Prohl, 2010, S.18).

Betrachtet man diese beiden generellen Perspektiven als grundlegende Positionen, lassen sich in einem weiteren Schritt und in Anlehnung an Meinberg (1981), Scherler (1992) sowie Grupe und Krüger (2007) folgende zentralen Subdisziplinen der Sportpädagogik benennen:

Eine Historische Sportpädagogik befasst sich mit der Geschichte des Gegenstands von Sportpädagogik, also insbesondere mit der Frage ihrer Entstehung, aber auch mit den erzieherischen Absichten, die mit Gymnastik, Turnen, Leibesübungen und Sport in unterschiedlichen Epochen verfolgt wurden. Beispiel hierfür ist etwa eine problemgeschichtliche Betrachtung gesellschaftlicher Interessen und politischer Strömungen im 19.Jahrhundert, die letztendlich zur Institutionalisierung von Turnen als Schulfach geführt haben und somit im Kern sportdidaktische Konzeptionen der Neuzeit durchaus beeinflussen (Hummel & Balz, 1995). Im Detail wird auf diesen Bereich der Sportpädagogik in Kapitel 2 eingegangen.

Die Systematische Sportpädagogik ist nach Scherler (1992) als Gegensatz zur historischen Perspektive zu sehen und bemisst den Erkenntnisgewinn folglich und ausschließlich an der Gegenwart. Demzufolge sind Themen wie die erkenntnis- oder handlungstheoretische Basis der Sportpädagogik, ihre wissenschaftstheoretische Diskussion und Positionierung sowie ihre methodologische Konzeption von zentralem Interesse (Scherler, 1992, S.164). Exponierte Beispiele in der Entwicklung der Sportpädagogik hierfür sind zum einen die von Kurz (1992) und Scherler (1992) geführte Diskussion, ob die Sportpädagogik eine Teildisziplin der Sportwissenschaft oder aber integrativer Kern ist, sowie die von Krüger und Grupe (1998) formulierten Thesen zum Erhalt des Begriffs „Sportpädagogik“ und gegen die Einführung eines Terminus „Bewegungspädagogik“.

Die Analyse der Sportpädagogik ist viele Jahre fast ausschließlich mit Blick auf ihre Entwicklung in Deutschland geführt worden (Grupe & Krüger, 2007; Prohl, 2010). Demgegenüber betrachtet die Vergleichende Sportpädagogik die Rolle von Bewegung, Spiel und Sport und deren Stellung in erzieherischen Kontexten in anderen Ländern oder Kulturen. Beispiele hierfür sind in jüngster Zeit verstärkt durchgeführte Analysen von Schulsportkonzepten in Europa (Onofre et al., 2012a, 2012b; Richter, 2007), die länderspezifische Leitideen schulischen Sportunterrichts heraus- und gegenüberstellen. Hierbei werden beispielsweise unterschiedliche Schwerpunktsetzungen zwischen Bewegungs- (Niederlande), Gesundheits- (Finnland) und Sporterziehung (Deutschland) deutlich.

Die Anthropologische Sportpädagogik ist organisch aus der Theorie der Leibeserziehung hervorgegangen (Grupe & Krüger, 2007, S.343). Meinberg (1981, S. 11–12) sieht in ihr eine Verknüpfung von anthropologischen Ansätzen mit fachdidaktischen Modellen, um Wesenszüge des Menschen für didaktische Entwürfe aufzuarbeiten. Ein Beispiel für solche Überlegungen sind spieltheoretische Ansätze, mit deren Hilfe etwa Sutton-Smith (1978) und Grupe (1982) versucht haben, Gründe, Ursachen und Erklärungsansätze menschlichen Spielens zu beschreiben. Hierbei steht der Mensch zwar im Mittelpunkt, allerdings wäre eine anthropologische Vorgehensweise einseitig, wenn sie nur den Menschen in seiner Individualität betrachten würde. Vielmehr müssen auch kulturelle, soziale und gesellschaftliche Einflüsse auf das menschliche Handeln berücksichtigt werden. Damit wird auch der Gefahr entgangen, den Menschen nur als eine Konstante zu sehen; gesellschaftliche und kulturelle Gegebenheiten verändern sich und ein solcher Wandel führt immer auch zu einer Veränderung des menschlichen Verhaltens; jüngstes Beispiel hierfür ist der enorme Aufschwung von E-Sport (Borggrefe, 2018; Wendeborn, Schulke & Schneider, 2018).

Die Schulsport-Pädagogik, die sich in Anlehnung an die Schulpädagogik mit Erziehung und Bildung im Schulsport befasst, steht in einem besonderen Spannungsfeld: Sie ist es, die einerseits der Fachdidaktik pädagogische Begründungen für Unterrichtsziele und -inhalte zu liefern hat (Prohl, 2010, S.16), demgegenüber aber besonders kritisch die Erkenntnisse anderer sportwissenschaftlicher Teildisziplinen berücksichtigen muss (Kurz, 1992). Eng mit ihr verbunden ist deshalb die Fachdidaktik Sport, die wiederum in engem Zusammenhang mit einer Didaktik und Methodik der Sportarten bzw. der Sportaktivitäten steht (Grupe & Krüger, 2007, S.85). Aktuelle Beispiele für schulsportpädagogische Forschungsfragen sind unter anderem, welche Rollen Bewegung, Spiel und Sport in der Ganztagesschule (Naul, 2011) oder im schulischen Innovationsprozess respektive einer Schulprogrammentwicklung spielen, ob und wie Lehrpläne von der administrativen in die Unterrichtsebene transformiert werden können (Baumberger, 2018; Kölner Sportdidaktik, 2016) und inwiefern fachdidaktische Leitideen weiterzuentwickeln sind (Balz, 2009; Serwe, 2011; Stibbe, 2004; Thiele & Schierz, 2011).

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